L 7 P 31/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 P 144/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 31/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe III streitig.

Dem am 1920 geborenen Kläger wurde 1942 der rechte Unterschenkel, der seither mit einer Prothese versorgt ist, amputiert, zudem erlitt er einen Teilverlust der linken Ferse. Die Beklagte bewilligte ihm zunächst Pflegegeld nach Stufe I. Nachdem der Kläger im Juli 2000 einen Schlaganfall mit Halbseitenlähmung rechts erlitten hatte, bewilligte sie ihm Pflegegeld nach Stufe II.

Am 03.05.2001 beantragte der Kläger höhere Leistungen. Nachdem eine Pflegefachkraft des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Bayern (MDK) nach Durchführung eines Hausbesuches am 17.07.2001 in dem Gutachten vom 07.08.2001 den täglichen Grundpflegebedarf mit 179 Minuten angegeben hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.08.2001 die Bewilligung höherer Leistungen ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2001 zurück.

Mit seiner zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, der Zeitansatz für das tägliche Duschen von 4 Minuten sei nicht ausreichend. Ein Wannenbad mit Haarwäsche finde zweimal in der Woche statt. Durch die stark eingeschränkte Bewegung und das endlose Sitzen seien mehrmals täglich Massagen der verspannten Rücken- und Schulterpartie nötig. Für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung seien zwölf Minuten nicht ausreichend. Diese würden allein schon für die tägliche Einnahme der Medikamente benötigt. Für die Einnahme der Nahrung seien zwei Stunden erforderlich. Er müsse bei den Gängen zu Ämtern, zur Post, Bank und zu den Fachärzten begleitet werden, ebenso bei gelegentlichen Einladungen und Lokalbesuchen.

Im Auftrag des SG hat der Medizinaloberrat Dr.L. den Kläger am 18.02.2002 zu Hause untersucht und das Gutachten vom 25.02. 2002 erstellt: In der Grundpflege bestehe ein Bedarf von 80 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten. Mit Urteil vom 15.04.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Bestimmte Verrichtungen, für die der Kläger im Tagesablauf die Hilfe seiner Ehefrau benötige, seien im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung nicht zu berücksichtigen. Hierzu gehörten die Massage verspannter Körperpartien und die Abgabe von Medikamenten sowie die Übernahme von Schreibarbeiten; Gleiches gelte für den Hilfebedarf bei Gängen zu Ämtern, Post oder Bank. Auch der Besuch bei Fachärzten könne nicht berücksichtigt werden, weil er nicht mindestens einmal wöchentlich anfalle. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ergebe sich selbst bei Zugrundelegung des vom Kläger vorgelegten Pflegetagebuches kein Hilfebedarf von mehr als 240 Minuten in der Grundpflege.

Mit seiner Berufung macht der Kläger eine weitere Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes geltend und wiederholt sein Vorbringen aus dem Klageverfahren.

Er beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.04.2002 und des Bescheides vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2001 zu verurteilen, ihm ab 03.05.2001 Pflegegeld nach Stufe III zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Auftrag des Senats, der einen Befundbericht der Allgemeinärztin Dr.K. vom 08.11.2002 eingeholt hat, hat die Sachverständige Dr.B. den Kläger am 26.11.2002 zu Hause untersucht und das Gutachten vom gleichen Tag erstellt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger gegenwärtig keinen Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe III hat.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe III ist gemäß § 15 Abs.3 Nr.3 SGB III, dass der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden beträgt, wobei auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen müssen. Dies ist beim Kläger nach den schlüssigen Gutachten der Dr.L. und Dr.B. , an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, nicht der Fall.

Danach ist beim Kläger fünf Mal in der Woche die vollständige Übernahme der Ganzkörperwäsche erforderlich, für die 18 Minuten anzusetzen sind. Die einmal täglich erforderliche vollständige Übernahme der Teilwäsche unter dem Arm und der Intimhygiene erfordert, wenn man im Sinne des § 15 Abs.3 SGB III die Pflege durch eine durchschnittliche, nicht ausgebildete Pflegeperson unterstellt, 15 Minuten. Duschen wird nach Feststellung der Sachverständigen nicht praktiziert, statt dessen wird der Kläger zweimal wöchentlich gebadet, wofür insgesamt 49 Minuten ausreichend sind. Der hierbei erforderliche Transfer in die Wanne wird zusätzlich im Rahmen des Hilfebedarfs im Bereich der Mobilität berücksichtigt.

Das mehrmals täglich stattfindende Reinigen der Zahnprothese erfordert fünf Minuten, das Bürsten der Haare vier Minuten und die Hilfe bei der Nassrasur 10 Minuten. Die Hilfe bei der Blasen- und Darmentleerung ist mit 20 Minuten anzusetzen.

Der Hilfebedarf für das mundgerechte Herrichten der Nahrung umfasst neun Minuten, das einmal täglich teilweise erforderliche Eingeben des Essens 10 Minuten.

Für die Hilfe beim selbständigen Aufstehen und Zubettgehen werden insgesamt vier Minuten, für das An- und Auskleiden 16 Minuten sowie für das Fahren des Rollstuhls innerhalb der Wohnung vier Minuten benötigt. Die ca. sechs Mal täglich und zwei Mal wöchentlich erforderlichen Transfers vom Bett in den Rollstuhl, in die Badewanne usw. sind mit durchschnittlich 7 Minuten täglich zu veranschlagen.

Damit ergibt sich bei den gemäß § 14 Abs.4 Nrn.1 bis 3 SGB XI maßgebenden gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in der Grundpflege, d.h. ohne den Hilfebedarf bei der Hauswirtschaftlichen Versorgung, ein Pflegebedarf von 138 Minuten. Der für die Pflegestufe III erforderliche Hilfebedarf von 240 Minuten wird damit deutlich nicht erreicht.

Zutreffend hat das SG dargelegt, dass zahlreiche, vom Kläger angeführte Verrichtungen nicht zu den nach § 14 Abs.4 SGB XI maßgeblichen Verrichtungen zählen. Der Senat schließt sich insoweit den Darlegungen des SG an und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 15.04.2002 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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