Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 6 KR 506/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8/14 KR 21/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 8/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei einem freiwillig versicherten Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind bei der Beitragsbemessung positive Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht mit Verlusten aus Vermietung und Verpachtung zu saldieren (Verbot des vertikalen Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkunftsarten).
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 18. November 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Klägerin für ihre Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlenden Beiträge.
Die 1929 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. März 1994 von der Deutschen Rentenversicherung Regelaltersrente. Als nicht versicherungspflichtige Rentnerin ist sie seitdem bei der Beklagten freiwillig krankenversichert.
Am 16. Juli 2000 legte die Klägerin eine Einkommenserklärung vor, in der sie für das Jahr 1999 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 257,60 DM monatlich sowie Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 25.768,00 DM mitteilte. Bezüglich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verwíes sie auf ein Negativeinkommen in Höhe von 6.374,00 DM.
Mit Bescheid vom 17. August 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, für sie sei (wie bisher) die Beitragsklasse 901 mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von 321,00 DM zur Krankenversicherung und 41,66 DM zur Pflegeversicherung maßgeblich. Eine Saldierung verschiedener Einkunftsarten sei nicht möglich, weshalb negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung positive Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht ausgleichen könnten.
Die Klägerin erhob am 8. September 2000 Widerspruch und wandte sich u.a. gegen die abgelehnte Saldierung der positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen mit den negativen Einkünften aus Vermietung. In der Folge legte sie am 9. Januar 2001 den Steuerbescheid des Finanzamts M. für das Jahr 1999 vor. Hierin waren der Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 46.676,00 DM zugerechnet worden. Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 28. März 2001 mit, dass sie ab dem 1. April 2001 in der Beitragsklasse 981 geführt werde (monatlicher Krankenversicherungsbeitrag 531,00 DM plus Pflegeversicherungsbeitrag 68,86 DM). Anschließend wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2001 den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei entsprechend ihren Einkünften in die zutreffenden Beitragsklassen eingestuft worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Saldierung von positiven Einkünften mit negativen Einkünften aus anderen Einkunftsarten nicht möglich.
Die Klägerin hat am 11. Juli 2001 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben. Sie hat vorgetragen, die Verluste aus Vermietung seien durch größere Reparaturaufwendungen – insbesondere am Dach - an dem von ihr vermieteten Objekt B. in M. entstanden. Die Finanzierung dieser Kosten sei zum Teil durch die Mieterträge und zum Teil durch Verwendung der Erträge aus dem Kapitalvermögen erfolgt. Solche tatsächlich entstandenen Kosten müssten bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden, weil dadurch ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt worden sei.
Mit Urteil vom 18. November 2003 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2001 geändert und die Beklagte verurteilt, die Klägerin für die Zeit ab dem 1. Juli 2000 unter Berücksichtigung der Verluste aus Vermietung in die entsprechende niedrigere Beitragsklasse einzustufen. Nach § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankversicherung durch die Satzung der Krankenkasse geregelt, wobei sicherzustellen sei, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Aus dem Wortlaut der Vorschrift folge, dass der von der Klägerin begehrte Verlustausgleich zuzulassen sei, weil ihre Leistungsfähigkeit nicht nur von positiven Einkünften, sondern auch von etwaigen Verlusten abhänge. Zwar habe das BSG die beitragsmindernde Berücksichtigung von Verlusten aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gegenüber den anderen beitragspflichtigen Einnahmen (Versorgungsbezüge und Einkünfte aus Kapitalvermögen) abgelehnt. Dabei habe das BSG jedoch im Wesentlichen darauf abgestellt, das vom Gesetzgeber keine Besserstellung des freiwillig Versicherten gegenüber dem versicherungspflichtigen Mitglied gewollt gewesen sei. Denn auch bei einem versicherungspflichtigen Krankenkassenmitglied könnten Einkünfte aus Arbeitseinkommen (selbstständiger Tätigkeit), sofern sie negativ seien, nur unberücksichtigt bleiben, führten jedoch nicht zu einer Saldierung mit anderen Einkunftsarten. Das BSG habe jedoch ausdrücklich offen gelassen, ob bei Einkunftsarten, die (wie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Einkünfte aus Kapitalvermögen) nur bei freiwillig Versicherten beitragspflichtig sein könnten, ein vertikaler Verlustausgleich stattfinden könne. Solche Verluste seien der Klägerin durch Reparaturaufwendungen entstanden. Es entspreche allgemeinem Gerechtigkeitsempfinden, die Verluste aus der Vermietung mit den Zinseinkünften zu saldieren, weil nur der Differenzbetrag von der Klägerin ausgegeben werden könne.
Gegen das ihr am 9. Februar 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Februar 2004 Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass Streitgegenstand lediglich die Beitragsbemessung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2001 sein soll. Die Beklagte teilt mit, für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. März 2001 seien die Beiträge unter Beachtung der Werbungskosten der Klägerin zu berechnen, was bisher (anders als für die Zeit ab dem 1. April 2001) unterblieben sei. Von den angegebenen Kapitaleinkünften von 25.768,00 DM seien dementsprechend 1.000,00 DM abzuziehen. Hieraus resultiere eine Einstufung in die Beitragsklasse 891 mit einem Monatsbeitrag von 295,00 DM (Krankenversicherung) beziehungsweise 38,26 DM (Pflegeversicherung). Soweit in den angefochtenen Bescheiden für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. März 2001 höherer Beiträge festgesetzt worden seien, würden diese aufgehoben.
Darüber hinaus könne dem Urteil des Sozialgerichts nicht gefolgt werden, es stehe mit der Rechtsprechung des BSG nicht im Einklang. Im Urteil vom 23. Februar 1995 (12 RK 66/93 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 19) habe das BSG ausgeführt, dass mit der gesetzlich angeordneten Berücksichtigung der "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbemessung an der Gesamtheit der Einnahmen und eben nicht die Differenz zwischen Einnahmen und (notwendigen) Ausgaben gemeint sei. Ausgehend von dieser Definition sei es nicht nachvollziehbar, wenn die (Un )Zulässigkeit eines vertikalen Verlustausgleiches davon abhängen solle, welcher Art die jeweiligen Einnahmen seien, weshalb also jemand, der Arbeitseinkommen erziele, Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht saldieren dürfe, während dies der Klägerin gestattet werde. Dies entspreche gerade nicht dem vom Sozialgericht angeführten Gerechtigkeitsempfinden, zumal auch der Bezieher eines Arbeitseinkommens die zu den Verlusten in der anderen Einkommensart führenden Aufwendungen zumindest teilweise aus den Einnahmen seiner selbstständigen Tätigkeit zu begleichen pflege.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 18. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Wenn die notwendige Reparatur, welche zu dem negativen Ergebnis der Einkünfte aus Vermietung geführt habe, nicht durchgeführt worden wäre, hätten sich die Mietüberschüsse in den Folgejahren verringert, was wiederum zu einer Minderung der Beitragsbemessung geführt hätte. Die Nichtberücksichtigung dieser Negativeinkünfte sei ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg kann nicht aufrechterhalten bleiben.
Gegenstand des Verfahrens ist die Beitragsfestsetzung zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2001 durch die Beklagte, die insoweit, wie im Widerspruchsbescheid zutreffend dargelegt, als Kranken- und als Pflegekasse gehandelt hat. Die diesen Zeitraum betreffenden Bescheide der Beklagten sind - unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren durch die Beklagte vorgenommene Korrektur der Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. März 2001 - rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung richtet sich nach § 240 Abs. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I Seite 2477). Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt (Abs. 1 S. 1), wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (Abs. 1 S. 2). Die Satzung der Krankenkasse muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (Abs. 2 S. 1). Auf dieser gesetzlichen Grundlage beruht die Satzung der Beklagten, die für den streitigen Zeitraum in § 22 Abs. 1 bestimmte, dass als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) und alle sonstigen Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung galten. Dementsprechend durfte die Beklagte neben der Rente der Klägerin auch ihre Einnahmen aus Kapitalertrag und aus Vermietung der Beitragsbemessung zur freiwilligen Krankenversicherung zugrunde legen. Für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gilt Gleiches; § 57 Abs. 4 S.1 SGB XI verweist für die Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung auf § 240 SGB V. Die in dem Einkommenssteuerbescheid des Finanzamts M. für das Jahr 1999 bei der Klägerin steuerlich anerkannten Verluste aus der Einkommensart Vermietung und Verpachtung können allerdings nicht mit den Einkünften der Klägerin aus dem Kapitalvermögen saldiert werden. Der gegenteiligen Auffassung des Sozialgerichts kann sich der Senat nicht anschließen.
Nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, schließt § 240 SGB V den Verlustausgleich unter den genannten verschiedenen Einkommensarten (vertikaler Verlustausgleich) aus (SozR 3-2500, § 240 Nrn. 19, 31). Denn mit der Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbelastung an der Gesamtheit der Einnahmen, nicht dagegen eine Differenz zwischen Einnahmen und (notwendigen) Ausgaben gemeint. Dementsprechend können Verluste aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gegenüber Versorgungsbezügen und Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht berücksichtigt werden, weil sie die Einnahmen als solche nicht mindern, sondern auf Ausgaben beruhen, die durch die Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit verursacht und zu deren Begleichung die erzielten Einnahmen mit verwendet werden. Damit unterscheidet sich das auf die einzelnen tatsächlich vorhandenen Einnahmen abhebende Beitragsrecht der Krankversicherung grundsätzlich von der Betrachtung der Einkünfte, wie sie im Einkommensteuerrecht erfolgt. Hätte der Gesetzgeber in § 240 SGB V einen vertikalen Verlustausgleich zulassen wollen, hätte er die Beitragslast vom Gesamtbetrag der Einkünfte und damit vom Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 Einkommensteuergesetz abhängig gemacht, was nicht geschehen ist (BSG, a.a.O., Nr. 19).
Die an den einzelnen Einnahmen ausgerichtete Betrachtungsweise und der damit verbundene Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs wird darüber hinaus durch § 240 Abs. 2 S. 1 SGB V bestätigt, wonach die Satzung mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen muss, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten findet ein Ausgleich zwischen Einnahmen aus Arbeitsentgelt, Renten und Versorgungsbezügen mit Verlusten aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit jedoch nicht statt, d.h. ein vertikaler Verlustausgleich ist kraft Gesetzes ausgeschlossen. Aus Gründen der Gleichbehandlung ist es daher nicht möglich, bei freiwilligen Mitgliedern einen Ausgleich zwischen dem Zahlbetrag von Versorgungsbezügen und Verlusten aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit vorzusehen. Ebenso ist es ausgeschlossen, Verluste aus einer Erwerbstätigkeit mit Einnahmen aus Kapitalvermögen zu verrechnen (BSG, a.a.O.). Denn damit würden im Ergebnis die freiwillig versicherten Mitglieder gegenüber den versicherungspflichtigen Mitgliedern beitragsrechtlich ohne rechtfertigenden Grund besser gestellt.
In seiner Entscheidung vom 23. Februar 1995 hat es das BSG allerdings offen gelassen, ob ein vertikaler Verlustausgleich vorgesehen werden kann, wenn es um Einkunftsarten geht, die nur bei freiwillig Versicherten beitragspflichtig sind (BSG, a.a.O.) Hingegen hat es in der Entscheidung vom 23. September 1999 ohne weitere Einschränkungen ausgeführt, ein Ausgleich der Verluste aus Vermietung und Verpachtung mit anderen Einnahmearten sei nicht zulässig, so dass sich Verluste bei den anderen Einnahmen nicht beitragsmindernd auswirken würden (BSG, a.a.O., Nr. 31). Aus der Sicht des Senats ist dies im Sinne eines allgemein gültigen vertikalen Saldierungsverbots zu verstehen, welches der Senat auch sachlich für gerechtfertigt hält. Denn die vom Sozialgericht vertretene Auffassung führt zu einer nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigte Ungleichbehandlung der verschiedenen Einkunftsarten der freiwillig Versicherten: Diejenigen, die z.B. Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und Verluste aus Vermietung haben, sind von einer Saldierung ausgeschlossen, wohingegen diejenigen, die - wie die Klägerin - Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung haben, diese Saldierung vornehmen könnten. Insoweit misst der Senat der Regelung in § 240 Abs. 2 S. 1 SGB V grundsätzliche Bedeutung im Sinne eines Saldierungsverbots bei. Denn bei einem "vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten" wird das Bruttoarbeitsentgelt, die Rente oder der Versorgungsbezug in jedem Fall zur Beitragsbemessung herangezogen, ohne dass dieser den Verlust in anderen Einkommensarten (z.B. aufgrund einer daneben ausgeübten selbständigen Tätigkeit) saldieren kann. "Mindestens" die Berücksichtigung dieser Einnahmen verlangt das Gesetz aber auch bei den freiwillig Versicherten. Damit wäre es aber nicht vereinbar, freiwillig Versicherten (nur) bei bestimmten Einkommensarten eine Saldierung positiver und negativer Einkünfte zu gestatten. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der verschiedenen Personengruppen der freiwillig Versicherten, auf die § 240 Abs. 1 SGB V entscheidend abstellt, ist unabhängig davon, ob das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit, Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen erwächst. Den Belangen der freiwillig Versicherten ist dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass diese innerhalb der jeweiligen Einkunftsart berechtigt sind, die mit der Erzielung der Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten) vom Einkommen abzuziehen (horizontaler Verlustausgleich, vgl. BSG, a.a.O., Nr. 31). Bereits hierdurch eröffnen sich selbständig Erwerbstätigen, Personen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, die Einkommenssituation in den verschiedenen Einkommensarten auch im Hinblick auf Beitragslasten zu steuern (z.B. durch Investitionsentscheidungen oder Verschiebungen zwischen den einzelnen Einkommensarten), über die abhängig Beschäftigte von vorneherein nicht verfügen; denn ihr Bruttoarbeitsentgelt wird der Beitragsbemessung zugrunde gelegt ohne Rücksicht auf die mit der Erzielung des Arbeitsentgelts verbundenen Aufwendungen. Ließe man zusätzlich den vertikalen Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunftsarten zu, so bestünde damit die erhebliche Gefahr einer unbilligen Verkürzung der Beitragspflicht der freiwillig Versicherten, eben weil das Steuerrecht (auch aus wirtschaftspolitischen Gründen) bei der Einkommensermittlung Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, welche für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu einer Einkommenssteuerlast führen kann, die mit der tatsächlichen Vermögenssituation des Pflichtigen keinen Zusammenhang aufweist (dahingehend auch: BSG, a.a.O.).
Mithin können im Rahmen der Beitragsbemessung die der Klägerin im Jahr 1999 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entstandenen Verluste nicht mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen verrechnet werden, auch wenn es sich bei der Dacherneuerung an dem vermieteten Haus um notwendige Erhaltungsaufwendungen gehandelt hat, sondern die Kapitaleinkünfte sind (nach Abzug der Werbungskosten) in voller Höhe der Beitragsberechnung zugrunde zu legen. Die rechnerische Richtigkeit der Beitragsbescheide der Beklagten in der Gestalt, welche sie durch die im Berufungsverfahren vorgenommene Neuberechnung gefunden hat, steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren im Wesentlichen nicht durchgedrungen ist.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Klägerin für ihre Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlenden Beiträge.
Die 1929 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. März 1994 von der Deutschen Rentenversicherung Regelaltersrente. Als nicht versicherungspflichtige Rentnerin ist sie seitdem bei der Beklagten freiwillig krankenversichert.
Am 16. Juli 2000 legte die Klägerin eine Einkommenserklärung vor, in der sie für das Jahr 1999 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 257,60 DM monatlich sowie Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 25.768,00 DM mitteilte. Bezüglich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verwíes sie auf ein Negativeinkommen in Höhe von 6.374,00 DM.
Mit Bescheid vom 17. August 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, für sie sei (wie bisher) die Beitragsklasse 901 mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von 321,00 DM zur Krankenversicherung und 41,66 DM zur Pflegeversicherung maßgeblich. Eine Saldierung verschiedener Einkunftsarten sei nicht möglich, weshalb negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung positive Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht ausgleichen könnten.
Die Klägerin erhob am 8. September 2000 Widerspruch und wandte sich u.a. gegen die abgelehnte Saldierung der positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen mit den negativen Einkünften aus Vermietung. In der Folge legte sie am 9. Januar 2001 den Steuerbescheid des Finanzamts M. für das Jahr 1999 vor. Hierin waren der Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 46.676,00 DM zugerechnet worden. Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 28. März 2001 mit, dass sie ab dem 1. April 2001 in der Beitragsklasse 981 geführt werde (monatlicher Krankenversicherungsbeitrag 531,00 DM plus Pflegeversicherungsbeitrag 68,86 DM). Anschließend wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2001 den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei entsprechend ihren Einkünften in die zutreffenden Beitragsklassen eingestuft worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Saldierung von positiven Einkünften mit negativen Einkünften aus anderen Einkunftsarten nicht möglich.
Die Klägerin hat am 11. Juli 2001 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben. Sie hat vorgetragen, die Verluste aus Vermietung seien durch größere Reparaturaufwendungen – insbesondere am Dach - an dem von ihr vermieteten Objekt B. in M. entstanden. Die Finanzierung dieser Kosten sei zum Teil durch die Mieterträge und zum Teil durch Verwendung der Erträge aus dem Kapitalvermögen erfolgt. Solche tatsächlich entstandenen Kosten müssten bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden, weil dadurch ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt worden sei.
Mit Urteil vom 18. November 2003 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2001 geändert und die Beklagte verurteilt, die Klägerin für die Zeit ab dem 1. Juli 2000 unter Berücksichtigung der Verluste aus Vermietung in die entsprechende niedrigere Beitragsklasse einzustufen. Nach § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankversicherung durch die Satzung der Krankenkasse geregelt, wobei sicherzustellen sei, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Aus dem Wortlaut der Vorschrift folge, dass der von der Klägerin begehrte Verlustausgleich zuzulassen sei, weil ihre Leistungsfähigkeit nicht nur von positiven Einkünften, sondern auch von etwaigen Verlusten abhänge. Zwar habe das BSG die beitragsmindernde Berücksichtigung von Verlusten aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gegenüber den anderen beitragspflichtigen Einnahmen (Versorgungsbezüge und Einkünfte aus Kapitalvermögen) abgelehnt. Dabei habe das BSG jedoch im Wesentlichen darauf abgestellt, das vom Gesetzgeber keine Besserstellung des freiwillig Versicherten gegenüber dem versicherungspflichtigen Mitglied gewollt gewesen sei. Denn auch bei einem versicherungspflichtigen Krankenkassenmitglied könnten Einkünfte aus Arbeitseinkommen (selbstständiger Tätigkeit), sofern sie negativ seien, nur unberücksichtigt bleiben, führten jedoch nicht zu einer Saldierung mit anderen Einkunftsarten. Das BSG habe jedoch ausdrücklich offen gelassen, ob bei Einkunftsarten, die (wie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Einkünfte aus Kapitalvermögen) nur bei freiwillig Versicherten beitragspflichtig sein könnten, ein vertikaler Verlustausgleich stattfinden könne. Solche Verluste seien der Klägerin durch Reparaturaufwendungen entstanden. Es entspreche allgemeinem Gerechtigkeitsempfinden, die Verluste aus der Vermietung mit den Zinseinkünften zu saldieren, weil nur der Differenzbetrag von der Klägerin ausgegeben werden könne.
Gegen das ihr am 9. Februar 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Februar 2004 Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass Streitgegenstand lediglich die Beitragsbemessung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2001 sein soll. Die Beklagte teilt mit, für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. März 2001 seien die Beiträge unter Beachtung der Werbungskosten der Klägerin zu berechnen, was bisher (anders als für die Zeit ab dem 1. April 2001) unterblieben sei. Von den angegebenen Kapitaleinkünften von 25.768,00 DM seien dementsprechend 1.000,00 DM abzuziehen. Hieraus resultiere eine Einstufung in die Beitragsklasse 891 mit einem Monatsbeitrag von 295,00 DM (Krankenversicherung) beziehungsweise 38,26 DM (Pflegeversicherung). Soweit in den angefochtenen Bescheiden für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. März 2001 höherer Beiträge festgesetzt worden seien, würden diese aufgehoben.
Darüber hinaus könne dem Urteil des Sozialgerichts nicht gefolgt werden, es stehe mit der Rechtsprechung des BSG nicht im Einklang. Im Urteil vom 23. Februar 1995 (12 RK 66/93 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 19) habe das BSG ausgeführt, dass mit der gesetzlich angeordneten Berücksichtigung der "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbemessung an der Gesamtheit der Einnahmen und eben nicht die Differenz zwischen Einnahmen und (notwendigen) Ausgaben gemeint sei. Ausgehend von dieser Definition sei es nicht nachvollziehbar, wenn die (Un )Zulässigkeit eines vertikalen Verlustausgleiches davon abhängen solle, welcher Art die jeweiligen Einnahmen seien, weshalb also jemand, der Arbeitseinkommen erziele, Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht saldieren dürfe, während dies der Klägerin gestattet werde. Dies entspreche gerade nicht dem vom Sozialgericht angeführten Gerechtigkeitsempfinden, zumal auch der Bezieher eines Arbeitseinkommens die zu den Verlusten in der anderen Einkommensart führenden Aufwendungen zumindest teilweise aus den Einnahmen seiner selbstständigen Tätigkeit zu begleichen pflege.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 18. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Wenn die notwendige Reparatur, welche zu dem negativen Ergebnis der Einkünfte aus Vermietung geführt habe, nicht durchgeführt worden wäre, hätten sich die Mietüberschüsse in den Folgejahren verringert, was wiederum zu einer Minderung der Beitragsbemessung geführt hätte. Die Nichtberücksichtigung dieser Negativeinkünfte sei ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg kann nicht aufrechterhalten bleiben.
Gegenstand des Verfahrens ist die Beitragsfestsetzung zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2001 durch die Beklagte, die insoweit, wie im Widerspruchsbescheid zutreffend dargelegt, als Kranken- und als Pflegekasse gehandelt hat. Die diesen Zeitraum betreffenden Bescheide der Beklagten sind - unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren durch die Beklagte vorgenommene Korrektur der Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. März 2001 - rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung richtet sich nach § 240 Abs. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I Seite 2477). Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt (Abs. 1 S. 1), wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (Abs. 1 S. 2). Die Satzung der Krankenkasse muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (Abs. 2 S. 1). Auf dieser gesetzlichen Grundlage beruht die Satzung der Beklagten, die für den streitigen Zeitraum in § 22 Abs. 1 bestimmte, dass als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) und alle sonstigen Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung galten. Dementsprechend durfte die Beklagte neben der Rente der Klägerin auch ihre Einnahmen aus Kapitalertrag und aus Vermietung der Beitragsbemessung zur freiwilligen Krankenversicherung zugrunde legen. Für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gilt Gleiches; § 57 Abs. 4 S.1 SGB XI verweist für die Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung auf § 240 SGB V. Die in dem Einkommenssteuerbescheid des Finanzamts M. für das Jahr 1999 bei der Klägerin steuerlich anerkannten Verluste aus der Einkommensart Vermietung und Verpachtung können allerdings nicht mit den Einkünften der Klägerin aus dem Kapitalvermögen saldiert werden. Der gegenteiligen Auffassung des Sozialgerichts kann sich der Senat nicht anschließen.
Nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, schließt § 240 SGB V den Verlustausgleich unter den genannten verschiedenen Einkommensarten (vertikaler Verlustausgleich) aus (SozR 3-2500, § 240 Nrn. 19, 31). Denn mit der Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbelastung an der Gesamtheit der Einnahmen, nicht dagegen eine Differenz zwischen Einnahmen und (notwendigen) Ausgaben gemeint. Dementsprechend können Verluste aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gegenüber Versorgungsbezügen und Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht berücksichtigt werden, weil sie die Einnahmen als solche nicht mindern, sondern auf Ausgaben beruhen, die durch die Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit verursacht und zu deren Begleichung die erzielten Einnahmen mit verwendet werden. Damit unterscheidet sich das auf die einzelnen tatsächlich vorhandenen Einnahmen abhebende Beitragsrecht der Krankversicherung grundsätzlich von der Betrachtung der Einkünfte, wie sie im Einkommensteuerrecht erfolgt. Hätte der Gesetzgeber in § 240 SGB V einen vertikalen Verlustausgleich zulassen wollen, hätte er die Beitragslast vom Gesamtbetrag der Einkünfte und damit vom Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 Einkommensteuergesetz abhängig gemacht, was nicht geschehen ist (BSG, a.a.O., Nr. 19).
Die an den einzelnen Einnahmen ausgerichtete Betrachtungsweise und der damit verbundene Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs wird darüber hinaus durch § 240 Abs. 2 S. 1 SGB V bestätigt, wonach die Satzung mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen muss, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten findet ein Ausgleich zwischen Einnahmen aus Arbeitsentgelt, Renten und Versorgungsbezügen mit Verlusten aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit jedoch nicht statt, d.h. ein vertikaler Verlustausgleich ist kraft Gesetzes ausgeschlossen. Aus Gründen der Gleichbehandlung ist es daher nicht möglich, bei freiwilligen Mitgliedern einen Ausgleich zwischen dem Zahlbetrag von Versorgungsbezügen und Verlusten aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit vorzusehen. Ebenso ist es ausgeschlossen, Verluste aus einer Erwerbstätigkeit mit Einnahmen aus Kapitalvermögen zu verrechnen (BSG, a.a.O.). Denn damit würden im Ergebnis die freiwillig versicherten Mitglieder gegenüber den versicherungspflichtigen Mitgliedern beitragsrechtlich ohne rechtfertigenden Grund besser gestellt.
In seiner Entscheidung vom 23. Februar 1995 hat es das BSG allerdings offen gelassen, ob ein vertikaler Verlustausgleich vorgesehen werden kann, wenn es um Einkunftsarten geht, die nur bei freiwillig Versicherten beitragspflichtig sind (BSG, a.a.O.) Hingegen hat es in der Entscheidung vom 23. September 1999 ohne weitere Einschränkungen ausgeführt, ein Ausgleich der Verluste aus Vermietung und Verpachtung mit anderen Einnahmearten sei nicht zulässig, so dass sich Verluste bei den anderen Einnahmen nicht beitragsmindernd auswirken würden (BSG, a.a.O., Nr. 31). Aus der Sicht des Senats ist dies im Sinne eines allgemein gültigen vertikalen Saldierungsverbots zu verstehen, welches der Senat auch sachlich für gerechtfertigt hält. Denn die vom Sozialgericht vertretene Auffassung führt zu einer nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigte Ungleichbehandlung der verschiedenen Einkunftsarten der freiwillig Versicherten: Diejenigen, die z.B. Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und Verluste aus Vermietung haben, sind von einer Saldierung ausgeschlossen, wohingegen diejenigen, die - wie die Klägerin - Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung haben, diese Saldierung vornehmen könnten. Insoweit misst der Senat der Regelung in § 240 Abs. 2 S. 1 SGB V grundsätzliche Bedeutung im Sinne eines Saldierungsverbots bei. Denn bei einem "vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten" wird das Bruttoarbeitsentgelt, die Rente oder der Versorgungsbezug in jedem Fall zur Beitragsbemessung herangezogen, ohne dass dieser den Verlust in anderen Einkommensarten (z.B. aufgrund einer daneben ausgeübten selbständigen Tätigkeit) saldieren kann. "Mindestens" die Berücksichtigung dieser Einnahmen verlangt das Gesetz aber auch bei den freiwillig Versicherten. Damit wäre es aber nicht vereinbar, freiwillig Versicherten (nur) bei bestimmten Einkommensarten eine Saldierung positiver und negativer Einkünfte zu gestatten. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der verschiedenen Personengruppen der freiwillig Versicherten, auf die § 240 Abs. 1 SGB V entscheidend abstellt, ist unabhängig davon, ob das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit, Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen erwächst. Den Belangen der freiwillig Versicherten ist dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass diese innerhalb der jeweiligen Einkunftsart berechtigt sind, die mit der Erzielung der Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten) vom Einkommen abzuziehen (horizontaler Verlustausgleich, vgl. BSG, a.a.O., Nr. 31). Bereits hierdurch eröffnen sich selbständig Erwerbstätigen, Personen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, die Einkommenssituation in den verschiedenen Einkommensarten auch im Hinblick auf Beitragslasten zu steuern (z.B. durch Investitionsentscheidungen oder Verschiebungen zwischen den einzelnen Einkommensarten), über die abhängig Beschäftigte von vorneherein nicht verfügen; denn ihr Bruttoarbeitsentgelt wird der Beitragsbemessung zugrunde gelegt ohne Rücksicht auf die mit der Erzielung des Arbeitsentgelts verbundenen Aufwendungen. Ließe man zusätzlich den vertikalen Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunftsarten zu, so bestünde damit die erhebliche Gefahr einer unbilligen Verkürzung der Beitragspflicht der freiwillig Versicherten, eben weil das Steuerrecht (auch aus wirtschaftspolitischen Gründen) bei der Einkommensermittlung Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, welche für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu einer Einkommenssteuerlast führen kann, die mit der tatsächlichen Vermögenssituation des Pflichtigen keinen Zusammenhang aufweist (dahingehend auch: BSG, a.a.O.).
Mithin können im Rahmen der Beitragsbemessung die der Klägerin im Jahr 1999 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entstandenen Verluste nicht mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen verrechnet werden, auch wenn es sich bei der Dacherneuerung an dem vermieteten Haus um notwendige Erhaltungsaufwendungen gehandelt hat, sondern die Kapitaleinkünfte sind (nach Abzug der Werbungskosten) in voller Höhe der Beitragsberechnung zugrunde zu legen. Die rechnerische Richtigkeit der Beitragsbescheide der Beklagten in der Gestalt, welche sie durch die im Berufungsverfahren vorgenommene Neuberechnung gefunden hat, steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren im Wesentlichen nicht durchgedrungen ist.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
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