L 13 R 4157/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RA 375/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4157/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5a/5 R 186/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 2. Juni 2003 wird aufgehoben.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 10. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 1998 sowie gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2002 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Verpflichtung der Beklagten zur Abänderung eines bereits bindenden Bescheides vom 04.03.1997 wegen Erwerbsunfähigkeitrente mit dem Ziel der Erlangung einer höheren Rente.

Der 1941 geborene Kläger beantragte eine höhere Rente, weil er nach seiner Ansicht entgegen den bisherigen Feststellungen der Beklagten auch für die Zeit vom 01.04.1985 bis 31.08.1987 Pflichtbeiträge entrichtet habe. Dies lehnte die Beklagte mit dem gegenständlichen Bescheid vom 10.06.1998 ab und berechnete auch in einem weiteren Rentenbescheid vom 02.12.2002, in welchem zusätzliche rentenrechtliche Zeiten des Jahres 1990 Berücksichtigung fanden, die persönlichen Entgeltpunkte (EP) ohne Beitragszeiten vom 01.04.1985 bis 31.08.1987.

Der Kläger war von August 1955 bis Juni 1978 zunächst als Beschäftigter in der Arbeiter- und ab 01.07.1970 in der Angestelltenversicherung versichert. Seit dem 16.07.1977 war er als Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Anteil von 50% an der F. D. Nachf. GmbH in Selb tätig, weswegen eine Pflichtversicherung für Selbstständige auf seinen Antrag vom 20.07.1978 erfolgte. Die in der Zeit vom 16.06.1977 bis 30.06.1978 entrichteten Pflichtbeiträge wegen einer abhängigen Beschäftigung wurden von der AOK W. bzw. der Beklagten beanstandet und galten, weil vom Kläger nicht zurückgefordert, als freiwillige Beiträge. Die regelmäßige bargeldlose Beitragsentrichtung zur Pflichtversicherung eines Selbstständigen erfolgte nur bis zum Herbst 1981 und insgesamt bis zum 31.03.1982. Als nächste rentenrechtliche Zeit waren im Versi-cherungsverlauf des Klägers eine Zeit der Krankheit ohne Beitragszahlung vom 22.01.1990 bis 31.08.1990 sowie anschließend Pflichtbeiträge und Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug gespeichert. Die F. D. Nachf. GmbH ging 1990 in Konkurs.

Eine Kontenklärung erfolgt im Jahre 1996 und machte die nachgenannten Sachverhalte bekannt.

Zu Beginn des Jahres 1987 erfolgte ein Gesellschafterwechsel, bei dem der Kläger auf eine gleichwertige Mitbeteiligung verzichtete und nur noch zu 40% bzw. (nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung) zu 42% beteiligt war. Der neue Mehrheitsgesellschafter wünschte nach den Ausführungen des Klägers, dass für diesen ab 01.04.1985 Rentenversicherungsbeiträge abgeführt werden sollten. Der Steuerberater des Klägers übersandte daraufhin der AOK W. am 05.01.1987 zunächst zwei Nachmeldungen ab April 1985 nur für die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit. Am 12.01.1987 und 28.01.1987 erfolgten Anmeldungen der GmbH an die AOK auf Formularen, die aus einem Sozialversicherungsnachweisheft entnommen waren, das der Anlage der Datenerfassungs-Verordnung (DEVO) vom 24.11.1972, nicht aber der am 29.05.1980 erlassenen 2. DEVO entsprach. Auf der allein vorhandenen ersten Durchschrift (für den Arbeitnehmer) waren beitragspflichtige Brutto-Arbeitsentgelte von 48.600,00 DM (für das Jahr 1985) bzw. 67.200,00 DM (für 1986) bescheinigt. Nach dem Auszug einer Datenerfassung vom 17.03.1988 ist am 30.01.1987 ein SVN-Heft und der Beklagten ausgestellt worden, über dessen weitere Verwendung nichts bekannt ist. Veranlasst von der AOK suchte anschließend die genannte GmbH bei der Beklagten um eine Zweitschrift der "grünen Befreiungsbescheinigung" für den Kläger nach und erhielt am 19.05.1987 die Antwort, dass diesem Antrag nicht entsprochen werden könne, weil der Kläger nie von der Versicherungspflicht befreit gewesen und im Übrigen versicherungspflichtiger Selbständiger sei. Demgegenüber behauptete der Kläger anlässlich einer persönlichen Vorsprache im Rahmen der Kontenklärung bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten am 24.10.1996, von Juni 1977 bis Dezember 1980 als Geschäftsführer und als Selbstständiger eingestuft gewesen zu sein. Der Arbeitnehmeranteil des Rentenversicherungsbeitrages sei ihm vom Gehalt abgezogen und vom Arbeitgeber direkt an die Beklagte überwiesen worden. Seine eigenen Gehaltsabrechnungen habe er 1995 vernichtet. Die Betriebsunterlagen seien ebenfalls vernichtet. Unter anderem hat der Kläger dabei eine Kopie des Schreibens der Beklagten vom 19.05.1987 an die F. D. GmbH vorgelegt, das ausweislich eines Eingangsstempels vom 27.07.1987 auch der AOK W. vorgelegen hat, sowie zwei Schreiben seines Steuerberaters vom 17. und 24.07.1987. Daraus ergibt sich der bekannte Geschehensablauf um die Befreiungsbescheinigungen sowie die Auffassung des Steuerberaters, dass der Kläger nicht sozial-versicherungspflichtig gewesen sei. Weiter ist diesem Schreiben aufgrund eines handschriftlichen Vermerks des Sachbearbeiters J. der AOK zu entnehmen, dass keine Versicherungspflicht zu Stande komme. Der Kläger sei selbstständig, ohne ihn laufe bei der GmbH nichts, er entscheide alles selber und trage aufgrund seiner Beteiligung von 40% ein gewisses Unternehmerrisiko. Er verfüge frei über seine Arbeitszeit. Der Mitgesellschafter erscheine nur ein bis zweimal im Jahr. Schließlich ist vom Sachbearbeiter J. handschriftlich vermerkt, dass zwei Anträge auf Rückerstattung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (sog. M-beiträge) an den Steuerberater übersandt worden seien.

Auf die von der Beklagten durchgeführte Beitragsklärung für den Zeitraum vom April 1985 bis Dezember 1986 teilte die AOK Bayern am 18.09.1996 mit, der Kläger sei freiwilliges Mitglied mit Beitragsgruppe 100 gewesen.

Mit Bescheid vom 04.03.1997 leistete die Beklagte ab 01.05.1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und lehnte dabei als rentenrechtliche Zeiten unter anderem ausdrücklich den Zeitraum vom 01.04.1982 bis 31.12.1989 ab. Denn weder sei der Verlust der Beitragsunterlagen noch die Beitragszahlung für diese Zeit nachgewiesen.

Am 20.01.1998 stellte der Kläger zur Niederschrift bei der Beklagten erneut einen Antrag auf "Anerkennung der Zeit, die er schon am 24.10.1996 berücksichtigt haben wollte. Dazu legte er erneut Kopien der bekannten Meldungen vom 12.01.1987 und 28.01.1987 sowie eine Bestätigung der freiwilligen Versicherung in der Krankenversicherung (Beitragsgruppe 100) sowie am 09.05.1998 schließlich eine Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge und eine Verdienstbescheinigung des Jahres 1987 bis August 1987 vor. Auf Letzterer war allerdings kein Abzug für einen Sozialversicherungzweig dokumentiert. Auf der Monatsabrechnung waren Abzüge für ausgewiesene Anteile der Renten- und Arbeitslosenversicherung für die bisherigen Monate im Jahre 1987 sowie die Gutschrift der genannten Beiträge für einen Monat verzeichnet. Daneben legte der Kläger Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1985 und 1986 vor, aus welchen ohne nähere Differenzierung ein Abzug von Sonderausgaben für Versicherungsbeiträge hervorgeht. Schließlich überließ der Kläger ein Schreiben der AOK Bayern (Direktion W.) vom 28.04.1998, wonach die "Zeit vom 01.04.1985 bis 31.12.1986 nicht bestätigt" werden könne, da nach den vorliegenden Unterlagen für diese Zeit nur Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit entrichtet worden seien.

Mit Bescheid vom 10.06.1998 berücksichtigte die Beklagte zusätzlich eine Anwartschaft aus Pflichtbeiträgen in der Zeit vom 11.12.1995 bis 31.12.1995, führte aber unter Anlage 10 aus, dass eine Beitragszahlung von April 1985 bis Dezember 1986 weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden konnte.

Mit seinem Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.1998 zurückwies, verlangte der Kläger wiederum Berücksichtigung vermeintlicher Beitragszahlungen mit der Gehaltsabrechnung für August 1987 für April 1985 bis Dezember 1986. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Beklagte an, dass für diese Zeit keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden seien. Die AOK habe mit Schreiben vom 28.04.1998 bestätigt, dass nur Beiträge zur Arbeitslosenversicherung eingegangen seien.

Die hiergegen zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage hat der Kläger wie bereits seinen Widerspruch und später im Schriftsatz vom 21.12.1998 damit begründet, dass sich aus der Verdienstbescheinigung vom 04.08.1987 eindeutig ersehen lasse, dass die Arbeitgeberfirma 4.263,60 DM für die Zeit vom 01.04.1985 bis 31.12.1986 nachbezahlt habe. Schließlich ergebe sich auch aus den vorgelegten Einkommenssteuerbescheiden ein Aufwand an Versicherungsbeiträgen. Explizit hat der Kläger dann behauptet, abhängig beschäftigt und deshalb pflichtversichert gewesen zu sein, weil ihm nach einer Änderung des Gesellschaftsvertrages nunmehr ein Anteil von 42% zugestanden habe. Der neue Mehrheitsgesellschafter habe rückwirkend ab 1. April 1985 angeordnet, dass für den Kläger Rentenversicherungsbeiträge abzuführen seien, was auch geschehen sei. Deswegen habe er für August 1987 praktisch keinen Lohn erhalten.

Das SG hat ergebnislos versucht, weitere schriftliche Unterlagen von der AOK W. und vom vormaligen Steuerberater zu erhalten.

Mit Bescheid vom 02.12.2002 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.05.1996 neu fest, weil Zeiten vom 22.01.1990 bis 21.08.1990 und vom 24.09.1990 bis 17.02.1991 zu berücksichtigen waren.

Durch Urteil vom 02.06.2003 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen (sowie des gegenständlich gewordenen Bescheides vom 02.12.2002) verurteilt, bei der Rentenberechnung für die Zeit vom 01.04.1985 bis 31.08.1987 Arbeitsentgelte bzw. Pflichtbeiträge in der Höhe zugrundezulegen, wie sie sich aus den vorgelegten Meldungen für die Jahre 1985 und 1986 und der Lohnabrechnung vom 27.08.1987 ergeben. Zur Begründung ist angeführt, dass der Kläger den Nachweis der Beitragsabführung im streitigen Zeitraum zwar nicht durch Urkunden habe führen können. Dazu komme nur die Vorlage von Versicherungskarten oder Quittungen in Betracht, nicht aber die Meldungen aus den Jahren 1985 und 1986 oder die Lohnabrechnungsbescheinigung vom August 1987. Dennnoch habe er in entsprechender Anwendung von § 203 SGB VI die Beitragsentrichtung glaubhaft gemacht. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift sei erforderlich, weil eine planwidrige Re-gelungslücke für pflichtversicherte Selbständige vorliege. Ebenso wie ab 01.01.1973 im Meldeverfahren nach dem Sozialversicherungsrecht könne es für selbstzahlende versicherungspflichtige Selbständige vorkommen, dass aus sonstigen Gründen keine Meldung gespeichert worden sei. Nachdem auch in den Verfahren der vorliegenden Art der Kläger aufgrund von Umständen, die er nicht zu vertreten habe (z.B. fehlerhafte Speicherung beim Versicherungsträger), in Beweisnot gelangen könne, müsse der Versicherte auch die Möglichkeit haben, im Wege der Glaubhaftmachung sein Versicherungskonto wieder herzustellen. Der Kläger habe ausreichend Unterlagen vorgelegt um die Entscheidung zu rechtfertigen, dass die Beitragsentrichtung überwiegend wahrscheinlich sei. Der Kläger sei steuerrechtlich Angestellter der GmbH gewesen ist. Die Lohnbuchhaltung der F. D. Nachf. GmbH bzw. das Unternehmen D. , das ab 1985 die Lohnbuchhaltung geführt habe, sei nach steuerrechtlichen Prinzipien vorgegangen und habe deswegen auch für den Kläger eine Versicherungskarte als Nachweis ausgestellt und Beiträge an die Beklagte angewiesen. Dies zeige sich auch daran, dass der Kläger - ausweislich der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1985 und 1986 - Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen habe.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie angeführt, dass in § 203 SGB VI keine planwidrige Regelunglücke für pflichtversicherte Selbstständige erkennbar sei. Die Interessenlage bei der Beitragszahlung von Beschäftigten sei nicht mit der von Selbstständigen vergleichbar. Im übrigen eigne sich der vorliegende Sachverhalt nicht zu einer Glaubhaftmachung. Die Anmeldung sei vom Steuerberater am 05.01.1987 als Nachmeldung zum 01.04.1985 erfolgt. Danach sollten lediglich Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt werden. Damit sei klargestellt, dass steuerrechtlich von keiner Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung ausgegangen wurde. Die Meldung sei auf einem veralteten Vordruck erfolgt, was sich an dem fehlenden Beitragsgruppenschlüssel zeige. Schon deswegen sei eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen. Bestätigt werde dies durch den Antrag auf Erstattung nur für den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Bestätigt werde dies auch durch die vorgelegte Gehaltsabrechnung, wonach Beiträge für die Rentenversicherung (z.B. für den August 1987 in Höhe von 532,95 DM) und für die Arbeitslosenversicherung im Umfang von 8 Monatsbeiträgen (980,40 DM) gutgeschrieben bzw. der Arbeitnehmeranteil zur Arbeitslosenversicherung für August 1987 in Höhe von 123,55 DM abgezogen worden seien. Dies widerspreche gerade einer Abführung von Beiträgen. Letztlich sei im Januar 1987 nur die Anmeldung zur Arbeitslosenversicherung erfolgt.

Schließlich hat die Beklagte ein Schreiben der AOK an den Kläger vom 10.05.2002 vorgelegt, das dieser bislang nicht in den Prozess eingeführt hatte. Darin bekundet der Teamleiter P. G. seitens der AOK Bayern, Direktion W. , dass die Meldung vom 04.01.1987 ausschließlich zu Arbeitslosenversicherung nur hätte weiterverarbeitet werden können, wenn der Kläger von der Rentenversicherung befreit gewesen wäre. Deswegen sei um eine Bescheinigung einer Befreiung nachgesucht worden. Auf die Mitteilung der Beklagten vom 19.05.1987 sei es darauf hin zur sachlichen Prüfung durch die AOK gekommen, ob der Kläger als beschäftigter Arbeitnehmer der Sozialversicherung unterliegen. Nach Klärung der Verhältnisse seien dann auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zurückgezahlt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 02. Juni 2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 10.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.1998 sowie den Bescheid vom 02.12.2002 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hat erneut vorgetragenen, dass sich zum 01.04.1985 eine Änderung in der Organisation der GmbH zugetragen habe. Es sei ein Mehrheitsgesellschafter mit 57% beteiligt worden, der einen Gesellschafterbeschluss mit Rückwirkung ab dem 01.04.1985 veran-lasst habe. Daraufhin sei die Beitragszahlung in Bezug auf die Rentenversicherung in der Form erfolgte, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer jeweils die Hälfte der Beiträge aufbrächten, während der Kläger zuvor seine Beiträge selbst entrichtet habe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) statthafte Beru-fung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG) und hat auch in der Sache Erfolg.

Mit dem Urteil vom 02.06.2003 hat das SG zu Unrecht den Bescheid vom 10.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.1998 sowie den streitgegenständlichen (§ 96 SGG analog) Bescheid vom 02.12.2002 abgeändert und die Beklagte zu einer höheren Leistung verurteilt.

Das SG hat durch die in der Abänderung enthaltene Aufhebung der genannten Bescheide und der damit verbundenen Zahlungsanordnung einer höheren Rente das vorliegende Sozialversicherungsverhältnis unzulässig selbst gestaltet. Eine derartige Regelung war nur der Beklagten vorbehalten. Diese durfte auf die Bindungswirkung des Bescheides vom 04.03.1997 über die Höhe der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.05.1996 - mit dem wesentlichen Begründungselement einer fehlenden Anwartschaft in der Zeit vom 01.04.1985 bis 31.12.1986 - vertrauen. Denn innerhalb der zulässigen Frist wurde dieser Verwaltungsakten nicht angefochten. Dessen Aufhebung hat die Beklagte vielmehr mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.1998 abgelehnt. Nur insoweit (der Weigerung zur Aufhebung) hätte dem SG die Befugnis zur Aufhebung (eine Rechtswidrigkeit vorausgesetzt) zugestanden. Das Begehren des Klägers hätte zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Meyer-Ladewig, 7. Aufl., Rndnr. 11 zu § 131 SGG) verfolgt werden und dazu eine sachgemäße Antragstellung veranlasst werden müssen (§§ 106 Abs. 1, 112 Abs. 2 SGG).

Im Zusammenhang mit dieser Verkennung des Streitgegenstandes erfolgte auch ein weiterer Verfahrensfehler. Durch den angefochtenen Bescheid vom 10.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.1998 war der Kläger hinsichtlich der Ablehnung einer Durchbrechung der früheren Regelung im Bescheid vom 04.03.1997 nur insoweit beschwert (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), als die Weigerung ihrer ausdrücklichen Regelung nach für den Zeitraum vom 01.04.1985 bis 31.12.1986 geschah. Betreffend die Anwartschaft im Zeitraum vom 01.01.1987 bis 31.08.1987 hat die Beklagte im Bescheid vom 10.06.1998 keinerlei Regelung getroffen, vielmehr diejenige des Bescheides vom 04.03.1997 wiederholt (sog. wiederholende Verfügung, vgl. von Wulffen, Randnummer 32 zu § 31 SGB X). Insoweit (Zeitraum vom 01.01.1987 bis 31.08.1987) war der erhobene Klageanspruch unzulässig. Selbst eine - hier nicht erfolgte - Klageänderung hätte nicht das Fehlen eines Vorverfahrens und einer Klagebefugnis ersetzt. Weder hat sich die Beklagte insoweit eingelassen, noch wäre mangels Verwaltungsentscheidung eine Klageänderung sachdienlich (§ 99 Abs. 1 SGG) gewesen. Es handelt sich bei dieser Art der Erweiterung des Klagegegenstandes auch nicht um eine Ergänzung der Berichtigung des ursprünglich Gewollten (§ 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG), ebenso wenig um eine Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Im Übrigen war insoweit auch die Klage nicht schlüssig begründet, weil der Kläger mehrmals vorgetragen hat, zwar im August 1987 Beiträge entrichtet zu haben, aber mit Wirkung für die Jahre 1985 und 1986. Schließlich hätte aus tatsächlichen Gründen (wegen der Höhe der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 1987 von 68.400,00 DM) die vorgenommene Verurteilung (Arbeitsentgelt in Höhe von 70.016,00 DM) für den Zeitraum vom 01.01.1987 bis 31.08.1987 dem geltenden Recht widersprochen.

Der Anspruch des Klägers auf Aufhebung eines ihn belastenden Verwaltungsaktes richtet sich nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.

Der Bescheid vom 01.05.1996 war hinsichtlich des Monatsbetrag der Rente bzw. der Nichtberücksichtigung des Zeitraums vom 01.04.1985 bis 31.12.1986 als Anwartschaftszeit nicht rechtswidrig. Der Monatsbetrag der Rente (Rentenhöhe) richtet sich gemäß § 64 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) u.a. nach den persönlichen Entgeltpunkten (EP). Diese ergeben sich, indem die Summe aller EP mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt und ggf. noch um einen Zuschlag erhöht wird (§ 66 Abs 1 SGB VI). EP werden in erster Linie für Beitragszeiten ermittelt, dh Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge (Beitragszeiten: § 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) gezahlt worden sind. Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge ver-sicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird dazu in Entgeltpunkte umgerechnet (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Beitragszeiten, um die es sich hier thematisch allein handeln kann, liegen vor, wenn Beiträge wirksam erbracht worden sind (§ 55 SGB VI). Das ist der Fall, wenn Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge nach Bundesrecht gezahlt worden sind, solange der Anspruch auf Ihre Zahlung noch nicht verjährt ist (§ 197 Abs. 1 SGB VI). Der einzige Ausnahmetatbestand, der ohne Bezug zur Beitragsabführung nur an die Versicherungspflicht (ohne Beitragsabführung) anknüpft, § 247 Abs. 2a SGB VI (Lehrlinge bis Juni 1965), liegt beim Kläger thematisch nicht vor.

Bei der Beklagten sind für den Zeitraum vom 01.04.1985 bis 31.12.1986 keine Beiträge eingegangen. Ausweislich der Versichertenakte bestand im fraglichen Zeitraum seit dem 01.04.1982 bis zum Januar 1990 keine Anwartschaft, mit welcher der Kläger einen Rentenanspruch erwarb. Die vollständigen Versicherungsunterlagen enthalten eine Beitragsabführungen weder im Januar und August 1987 noch im Zeitraum der vermeintlichen Versicherungspflicht (April 1985 bis Dezember 1986) selbst. Diese Erkenntnis stützt sich unter anderem darauf, dass am 17.03.1988 zeitnah zur behaupteten Anwartschaft eine elektronische Datenerfassung erfolgte, bei der zwar die fragliche Beitragsentrichtung als selbstständiger Pflichtversicherter vom Oktober 1981 bis März 1982 geklärt werden konnte, ein Eingang weiterer Beiträge aber nicht festgestellt wurde.

Mit der Behauptung einer rückwirkend bestehenden (vom vermeintlichen Arbeitgeber angeordneten) Versicherungspflicht übersieht der Kläger (neben dem Umstand, dass es sich um gesetzliche Tatbestände handelt, die - vgl. 32 SGB I - nicht disponibel sind oder vom Arbeitgeber entschieden werden können), dass hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Anwartschaft in der Rentenversicherung das Prinzip der materiellen Mitgliedschaft herrscht. Diese ist in der Rentenversicherung im Wesentlichen nur mit der Beitragsabführung und einem Eingang derselben beim Versicherungsträger gegeben. Daher definiert der Gesetzgeber - wie oben angeführt - Beitragszeiten als Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten - PBZ) gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

Für den fraglichen Zeitraum hat der Kläger, der für anspruchsbegründende Tatbestände die Beweislast trägt, keinen Nachweis erbracht. Weder sind Beiträge bei der Beklagten elektronisch gespeichert noch liegen insoweit bindende Feststellungen der Beklagten vor, wie dies in einem Vormerkungsbescheid der Fall sein könnte. Beim Kläger besteht auch kein Sachverhalt, bei dem als Rechtsfolge die Entrichtung von Beiträgen unterstellt wird (vgl. §§ 199, 203, 247 Abs.2a SGB VI). Schon die Behauptungen des Klägers sind insoweit widersprüchlich. So hat er noch am 24.10.1996 behauptet, dass die Beiträge direkt vom Arbeitgeber an die Beklagte überwiesen worden seien. Später wolte er dann unter Vorlage der Meldebescheinigungen eine Beitragsabführungen an die AOK im Januar 1987 unter Beweis stellen. Noch später, durch den Vortrag eines Lohnabzuges im August 1987, eine Beitragsabführung erst im August 1987. Letzteres wird wiederum diffus geschildert, zum einen als Abzug für die vorausgegangenen Jahre, zum anderen als eine Beitragsabführung nur für 1987. Dies widerspricht wiederum der Behauptung, dass vom Kläger selbst abgeführte Beiträge zur Minderung der Einkommensteuer für die Jahre 1985 und 1986 geführt haben.

Für den fraglichen Zeitraum sind keine Beschäftigungszeiten ordnungsgemäß von der Einzugsstelle an den Träger der Rentenversicherung gemeldet worden (vgl. § 199 SGB VI). Fest steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, wie es im Tatbestand dieses Urteils aufgeführt ist, dass der Steuerberater des Klägers, K. F. , im Januar 1987 Meldungen an die Einzugsstelle für die beiden vorangegangenen Jahre gemacht hat. Dies lässt sich mittelbar schließen aus der vorgelegten "Durchschrift für den Arbeitnehmer" sowie dem weiteren Verhalten der AOK W ... Nicht bewiesen ist damit aber der Eingang einer Meldung bei einem Träger der Rentenversicherung, schon gar nicht die Abführung von Beiträgen. Die weiteren Ereignisse nach dem Eingang der Meldung bei der AOK zeigen vielmehr zur Überzeugung des Senats auf, dass die Einzugsstelle eine Weiterleitung der Meldung aus guten Gründen bewusst unterlassen hatte. Denn sie ließ zunächst den versicherungsrechtlichen Status des Klägers bei der Beklagten klären - mit dem Ergebnis, dass der Kläger zwar versicherungspflichtig sei, aber nicht als Beschäftigter, für deren Beitragsabführung allein die AOK im Zusam-menwirken mit dem Arbeitgeber zuständig gewesen wäre. Schließlich hat der zuständige Sachbearbeiter bei der AOK W. , Herr J. , im Sinne der §§ 1396, 393 RVO, gegenüber dem Arbeitgeber das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ge-prüft, verneint und dem Steuerberater gegenüber mündlich bekannt gegeben. Dies ergibt sich aus den vom Kläger selbst vorgelegten Schreiben des Steuerberaters vom 17.07.1987 und 24.07.1987. Zum einen aus dem handschriftlichen Vermerk des Be-diensteten J. vom 24.07.1987, der im Tatbestand des Urteils im Einzelnen angeführt ist, zum anderen aus der Bezugnahme hierauf durch den Steuerberater im nachfolgenden Schreiben vom 24.07.1987, wonach einvernehmlich festgestellt worden sei, dass der Kläger nicht versicherungspflichtig sei. Soweit darin dennoch auf abgeführte Beiträge Bezug genommen wurde, handelte es sich ausschließlich um Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Dies ergibt sich wiederum aus dem handschriftlichen Vermerk vom 30.07.1987, wonach zwei Anträge auf Rückerstattung der M-Beiträge übersandt wurden sowie auch der Beitragshöhe die sich nur auf die Arbeitslosenversicherung beziehen konnte, was sich auch aus der Berufungsbegründung der Beklagten ergibt. Schließlich entscheidet die Einzugsstelle, nicht der Arbeitgeber, über die Versicherungspflicht (BSG 41,297). Gegen eine weitere Behandlung des Klägers als Beschäftigter und damit gegen die in § 199 SGB VI postulierte Vermutung spricht auch das Fehlen weiterer Meldungen im Folgezeitraum trotz Ausstellung eines SVN-Heftes am 30.01.1987, wie auch das Fehlen jeglichen weiteren Beitragseingangs in der Zukunft, obwohl sich bis 1990 nichts mehr an den gesellschaftlichen Verhältnissen geändert hatte. Auch alle späteren Ermittlungen bei der AOK führten lediglich zur Feststellung einer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsgruppe 100). Im einzelnen waren dies die Schreiben vom 18.09.1996 an die Beklagte sowie vom 28.04.1998 und vom 10.05.2002 an Kläger.

Der Kläger konnte auch nicht glaubhaft machen, dass er vom 01.04.1985 an bis zum 31.12.1986 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und dafür entsprechende Beiträge gezahlt worden sind (vgl. § 203 Abs. 1 SGB VI). Die retrospektive Beurteilung der Gesellschaftswirklichkeit nach 20 Jahren ist bei fehlenden Unterlagen der in Konkurs gegangenen GmbH praktisch nicht mehr möglich. Allein die steuerliche Behandlung des Klägers besagt nichts darüber, ob eine abhängige Beschäftigung i.S. von § 7 SGB IV vorlag. Nach dem Steuerrecht (§ 18 EStG) beziehen sich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Wesentlichen auf historisch begründete Sachverhalte freiberuflicher Tätigkeit (freie Berufe) wie selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe. Dazu gehörte der Kläger nicht. Damit blieb für ihn nur die Besteuerung aus nichtselbstständiger Arbeit (§§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4d, 19 EStG). Zu diesen Einkünften gehören Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Bei dieser Sachlage spricht praktisch alles für die Wertung, die der Sachbearbeiter der AOK zeitnah im Jahre 1987 vorgenommen hatte und die auch der Steuerberater des Klägers teilte, der immerhin einer Berufsgruppe zugehört, die zu derartigen Beurteilungen befähigt ist. Vollends kann der Kläger nicht glaubhaft machen, dass für ihn Beiträge zur Rentenversicherung aufgrund einer abhängigen Beschäftigung abgeführt worden sind. Allein mit der Vorlage des Durchschlags einer Meldebescheinigung ist noch kein Nachweis im Sinne der Glaubhaftmachung geführt. Diese Meldung hat vielmehr zu einer intensiven Beschäftigung der AOK mit der Versicherungspflicht des Klägers ge-führt, wie sich besonders aus dem von der Beklagten vorgelegten, aber an den Kläger gerichteten Schreiben der AOK vom 10.05.2002 ergibt. Ebensowenig kann der Kläger glaubhaft machen, dass der auf ihn entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist (§ 203 Abs. 2 SGB VI). Insoweit hätte dies tatsächlich mit einer Lohnabrechnung im August 1987 erfolgen können. Der Bei-trag wäre damals noch nicht verjährt gewesen (§§ 25 SGB IV, 197 SGB VI). Aber gerade die vorgelegte Bescheinigung weist in ihrem maßgeblichen, unteren Abschnitt un-ter der Überschrift "Verdienstbescheinigung" keinen Einbehalt für irgendeinen Zweig der Sozialversicherung aus. Der für den Monat August 1987 vorgenommene Abzug von 5.233,46 DM ist nicht im einzelnen nachvollziehbar, da er mit Gutschriften verbunden ist; am ehesten ist er verständlich mit der von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgenommen Erklärung. Im übrigen hätte der behauptete Einbehalt schon allein seiner Höhe nach nicht die Arbeitnehmeranteile in Höhe von 9% des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts vom 01.04.1985 bis 31.12.1986 umfassen können. Auf die Frage einer Beitragsabführungen im Jahre 1987 kommt es aus den oben angeführten prozessualen Gründen einer Unzulässigkeit des insoweit erhobenen Klageanspruchs schon gar nicht an.

Die vom SG vorgenommene, entsprechende Anwendung von § 203 SGB VI entbehrt einer Rechtsgrundlage, die insbesondere nicht durch eine Analogie oder durch ergänzende Rechtsfortbildung geschlossen werden kann. Im streitigen Zeitraum war der Kläger weiterhin pflichtversicherter Selbstständiger, dessen kontinuierliche Beitragsabführung aus unerfindlichen Gründen seit 1982 nicht mehr erfolgte. Ein Nachweis der Beitragsentrichtung durch entsprechende Dokumente, Vormerkungen oder Versicherungskarten ist nicht erfolgt. Im Nachhinein können keine Beiträge mehr entrichtet werden, weil Verjährung eingetreten ist (§ 25 SGB IV). Fiktionstatbestände sind hier nicht einschlägig. Der Kläger unterlag als Selbstständiger einer Antragspflichtversicherung (jetzt § 4 SGB VI). Insoweit konnte keine Lücke durch entsprechende Anwendung von § 203 SGB VI geschlossen werden. § 203 SGB VI betrifft dem eindeutigen Wortlaut nach ausschließlich die Mitgliedschaft wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung. Die Glaubhaftmachung bei nachgewiesenem Lohnabzug ist mit guten Gründen nur möglich bei einer Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung, weil der betreffende Personenkreis keinen Einfluss auf die Beitragsabführung hat (vgl. § 28a ff. SGB IV). Ein Selbstständiger ist dagegen nicht auf die Vermittlung des Arbeitgebers angewiesen, sondern kann das Risiko der Beitragsabführung an die gesetzliche Rentenversicherung selber beherrschen. Der Gesetzgeber hat durch eine ausdrückliche Ermächtigung (§ 1405 Abs. 1 RVO) eine Regelung des Beitragszahlungsverfahrens für Selbstständige er öffnet. Nach der Verordnung über das Entrichten von Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (RV - Beitragsentrichtungsverordnung - RV - BEVO vom 21.06.1976 sind genaue Zeitpunkte für die Geltung der Beitragsentrichtung bestimmt (vgl. § 6 der RV - BEVO). Zum Nachweis der Beitragsentrichtung dienen das Kontenabbuchungsverfahren (§ 8 RV - BEVO), Überweisungen oder die Einzahlung auf ein Konto oder bei einer Kasse des Trägers der Rentenversicherung. Als Nachweis der Beitragsentrichtung hat der zuständige Träger dem Versicherten spätestens bis zum 31. März jeden Jahres den Empfang des im vergangenen Kalenderjahr geleisteten Beitrages zu bestätigen (§ 8 RV - BEVO). Diese Verpflichtung gilt dann als erfüllt, wenn für das vergangene Kalenderjahr ein Versicherungsverlauf übersandt wird. Antragspflichtversicherte waren im Übrigen immer schon selbst für die Beitragsabführung ver-antwortlich. Nach § 173 Satz 1 RVO waren Beiträge, soweit nichts anderes bestimmt war, von diejenigen, die sie zu tragen haben, unmittelbar an die Träger der Sozialversicherung zu zahlen. Nach § 1218 Abs. 4b RVO waren die Pflichtbeiträge vom Versicherten alleine zu tragen.

Der vom SG für den Durchschlag der Meldungen verwendete Begriff Versicherungskarten ist, wenn damit ein Fiktionstatbestand nach § 286 SGB VI gemeint ist, irreführend. Versicherungskarten in diesem Sinne sind die gemäß §§ 1414 RVO, 136 AVG von den Trägern der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung ausgegebene Quittungskarten bzw. Versicherungskarten für die Zeit bis 31.12.1972 (vgl. KassKomm - Gürtner, Rdnr. 3 zu 286 SGB VI). Zu dem hier vorgenommenen Verfahren nach der 1. DEVO besteht keinerlei Bezug mehr.

Die Verwaltungsentscheidung erging damit zurecht. Auf den Antrag der Beklagten war das entgegenstehende Urteil des SG aufzuheben. Die Berufung hat damit insgesamt Erfolg.

Außergerichtliche Kosten sind im Kläger nicht zu erstatten. Er ist insgesamt unterlegen (§ 183, 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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