Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 195/02 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 B 74/02 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 03.09.2002 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert wird auf 4.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Aufsichtsanordnung, mit der die Antragsgegnerin es der Antragstellerin untersagte, ihre Versicherten auf die Möglichkeit des Arzneimittelbezuges im Wege des Versandhandels hinzuweisen und Kosten für von dort bezogene Arzneimittel zu erstatten.
Die Antragstellerin - eine bundesunmittelbare Betriebskrankenkasse mit Sitz in Köln - wies in der Ausgabe ihrer Mitgliederzeitschrift von April 2001 darauf hin, dass Medikamente durch Bestellung per Telefon, Internet oder Fax über die Apotheke 0800 doc.morris in den Niederlanden - zu günstigeren Preisen als in der Bundesrepublik Deutschland - bezogen werden könnten. Nachdem die Antragsgegnerin die Antragstellerin erfolglos um die Bestätigung gebeten hatte, den Versandhandel von Medikamenten künftig nicht mehr durch Publikationen zu fördern, nahm die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 06.05.2002 eine aufsichtsrechtliche Beratung der Antragstellerin gemäß § 89 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) vor. Sie wies dar auf hin, dass die Apotheken, die telefonisch, schriftlich oder über das Internet bestellte Arzneien an den Endverbraucher versendeten, gegen die §§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) verstießen. Sie for derte die Antragstellerin auf, binnen drei Wochen nach Erhalt des Schreibens zu bestätigen, dass sie den Versandhandel von Arzneimitteln künftig nicht mehr fördern und insbesondere keine Kosten für auf diesem Wege bezogene apothekenpflichtige Medikamente tragen werde. Im anderen Fall beabsichtige sie, einen Verpflichtungsbescheid zu erlassen, mit dem zugleich die sofortige Vollziehung des Verbots angeordnet werde, da ein besonderes öffentliches Interesse bestehe.
Nach erfolglosem Verstreichen der Dreiwochenfrist verpflichtete die Antragsgegnerin die Antragstellerin durch Bescheid vom 11.07.2002
1. es zu unterlassen, ihre Versicherten auf die Möglichkeit des Bezuges von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung hinzuweisen, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden,
2. für ihre Versicherten für apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise oder im Wege der Direktabrechnung Kosten zu tragen. Ferner ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Bescheides an.
Die Antragstellerin, die am 02.08.2002 gegen den Bescheid vom 11.07.2002 Klage erhoben hat (Sozialgericht Duisburg, Az.: S 7 KR 218/02), hat ebenfalls am 02.08.2002 vor dem Sozialgericht Köln die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt.
Zur Begründung hat sie vorgebracht: Der Antrag auf Anordnung der aufschieben den Wirkung sei begründet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 10.07.2002 nicht ausreichend begründet habe. Darüber hinaus sei aber auch die Verpflichtungsanordnung der Antragsgegnerin rechtswidrig. Ihre Hinweise auf die Möglichkeiten des Bezugs von Arzneimitteln von der Internetapotheke 0800doc.morris sei bereits nach deutschem Recht aufgrund von § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG zulässig. Außerdem müsse bei der Auslegung der Vorschriften des AMG Art. 28 des EG-Vertrages berücksichtigt werden, der die Warenverkehrs freiheit garantiere. Es sei nicht gerechtfertigt, den Versandhandel unter Hinweis auf mögliche Gefahren für Leben und Gesundheit der Versicherten zu untersagen. Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen auf dem Gebiet der Her stellung, Zulassung, Überwachung und Abgabe von Arzneimitteln sowie die die Anforderungen an pharmazeutische Berufe regelnden Vorschriften der EU gewähr ten einen hinreichenden Schutz. Gerade durch das von der Internetapotheke 0800doc.morris gewählte Verfahren bei der Bestellung und dem Versand von Arzneimitteln, das eine ständige Erreichbarkeit per Telefon, Fax oder E-Mail beinhalte, sei eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Versicherten ausgeschlossen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 25.07.2002 erhobenen Aufsichtsklage der Antragstellerin gegen die Verpflichtungsanordnung des Antragsgegners vom 11.07.2002 (Az.: II 35101.0 1315/2002) hinsichtlich der dortigen Punkte I. und II. anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.07.2002 zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr Bescheid vom 10.07.2002 rechtmäßig sei; das AMG verbiete ausdrücklich den Versandhandel mit Arzneimitteln. Eine mögliche Divergenz zu europarechtlichen Vorschriften dürfe nicht dazu führen, dass bereits durch Vorwegnahme dieser vom Euro päischen Gerichtshof zu klärenden Rechtsfrage im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die deutschen Rechtsvorschriften außer Kraft gesetzt würden. Angesichts des überragenden öffentlichen Interesses an einem uneingeschränkten Schutz der bedeutenden Rechtsgüter Arzneimittelsicherheit und Volksgesundheit sei sie auch berechtigt gewesen, den sofortigen Vollzug der Aufsichtsanordnung anzuordnen.
Durch Beschluss vom 03.09.2002 hat das Sozialgericht (SG) Köln es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 11.07.2002 anzuordnen.
Gegen den ihr am 06.09.2002 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 30.09.2002 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung macht sie geltend: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 11.07.2002 sei rechtswidrig. Die Begründung der sofortigen Vollziehung lasse eine ausreichende Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung vermissen; bereits deshalb müsse dem An trag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stattgegeben werden. In diesem Sinne habe auch bereits das Bayerische Landessozialgericht (LSG - Beschluss vom 14.08.2002, Az.: 4 B 266/02 KR ER), das LSG Niedersachsen- Bremen (Beschluss vom 30.09.2002, Az.: L 5 KR 122/02 ER) und das SG Hamburg (Beschluss vom 30.09.2002, Az.: S 22 KR 594/02 ER) entschieden. Darüber hinaus genüge die von der Antragsgegnerin vorgenommene Verpflichtungsanordnung nicht dem Bestimmtheitsgebot. Der von der Antragsgegnerin verwendete Begriff "Versandhandel" sei zu unscharf und zu unbestimmt. Soweit das SG eine Rechtsverletzung der Antragstellerin darin erblickt habe, dass diese durch die Gewährung von Kostenerstattung für nicht von zugelassenen Leistungserbringern verschaffte Arzneimittel gegen das Sachleistungsprinzip ver stoßen habe, sei zu entgegnen, dass die Warenverkehrsfreiheit des Art. 28 EG-Vertrag Vorrang gegenüber den Gestaltungskompetenzen zur Organisation des jeweiligen nationalen Gesundheitswesens einzuräumen sei. Die wiederholt von der Antragsgegnerin erhobene Behauptung, durch den Versandhandel würden Leben und Gesundheit der Versicherten gefährdet, sei unbelegt. Hierfür spreche be reits der Umstand, dass in den Niederlanden und in Großbritannien Versand handel seit Jahren erlaubt sei. Die Rechtsvorschriften des Arzneimittelge setzes müssten im Lichte der Verkehrsfreiheit des Art. 28 EG-Vertrag ausgelegt werden; die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, dass auch bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das geltende Gemeinschaftsrecht berücksichtigt werde und nicht Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes abgewartet würden. Nach der Rechtsprechung des EuGH seien alle Rechtsvorschriften, die geeignet seien, den innergemeinschaftlichen Handel unmittel bar, mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie die mengenmäßige Beschränkung i.S.d. Art. 28 EG-Vertrag anzusehen. Dies treffe auf das nach dem AMG normierte Versandhandelsverbot zu.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 03.09.2002 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Klage gegen den Be scheid der Antragsgegnerin vom 11.07.2002 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie entgegnet: Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ausreichend. Zweifellos verbiete das deutsche Recht in § 43 Abs. 1 AMG den Versandhandel mit Arzneimitteln. Diese Vorschrift stelle sich allenfalls als Regelung einer Verkaufsmodalität dar, die dann aber nicht als Maßnahme gleicher Wirkung i.S.d. Art. 28 EG-Vertrag zu beurteilen sei. Aber auch dann, wenn man Vorschriften des AMG nicht als nur produktbezogene Verkaufsmodali täten werte, seien diese Vorschriften aus Gründen des Gesundheitsschutzes gemäß Art. 30 EG-Vertrag gerechtfertigt.
II.
Der gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Antrag der Antragstellerin ist nicht begründet.
§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG bestimmt, dass das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen können. Dabei entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl., § 86b Nr. 12 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ergibt sich aufgrund einer umfassenden Interessenab wägung, dass die aufschiebende Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Klage nicht anzuordnen ist. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat aufgrund einer umfassenden Würdigung der (formellen) Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 11.07.2002 und der Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung gegenüber den bei der Antrag stellerin eintretenden Nachteilen, wobei der Erfolgsaussicht der Klage in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung beizumessen ist.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin über die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 11.07.2002 ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin war gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 5 SGG zuständig, weil sie auch die streit gegenständlichen Verfügungen getroffen hat. Gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs hat die Antragsgegnerin nicht verstoßen. Nach herrschender Meinung müssen die Beteiligten vor Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht gehört werden (VGH Baden-Württemberg, NVWZ-RR 90, 561; OVG Lüneburg, DVGL 89, 887; OVG Rheinland-Pfalz, NVWZ 88, 748; Meyer-Ladewig a.a.O. § 86a Rdn. 22). Unabhängig davon liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs hier schon deshalb nicht vor, weil die Antragstellerin aufgrund des Schreibens der Antragsgegnerin vom 06.05.2002 Gelegenheit hatte, sich auch hinsichtlich der beabsichtigten Anordnung der sofortigen Vollziehung zu äußern.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch nicht wegen einer unzureichenden Begründung formell rechtswidrig. Sie bedarf einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.01.2002, Az.: 1 DB 2/02 zu § 80 Absatz 3 Verwaltungsgerichtsordnung). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Begründung auch nicht überzogen werden (Eyermann, Kommentar, VwGO, 10. Aufl., 1998, § 80 Rdn. 43). Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Verpflichtungsbescheid vom 11.07.2002 mit dem Schutz des Lebens und der Gesund heit der Versicherten, mit dem Verbraucherschutz, mit einer fehlenden Unterscheidungsmöglichkeit zwischen seriösen und nicht seriösen Internetanbietern, mit der Verwirklichung des fairen Wettbewerbs zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und schließlich mit Wettbewerbsnachteilen für die Krankenkassen, die keinen Internetversandhandel zulassen, begründet. Das Aufzeigen dieser Gesichtspunkte ist nach Auffassung des Senats ausreichend. Die anderweitige vom LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 30.09.2002, Az.: L 4 KR 122/02 ER) und des Bayerischen LSG, Beschluss vom 14.08.2002, Az.: L 4 B 268/02 KR ER) sowie SG Hamburg (Beschluss vom 30.09.2002, S 22 KR 594/02 ER) vertretene Ansicht überzeugt nicht.
Die von der Antragstellerin aufgezeigten Gesichtspunkte verdeutlichen nämlich der Antragstellerin als Adressatin des Verwaltungsakts hinreichend, welche Gesichtspunkte für die Behörde maßgeblich waren, um den Sofortvollzug anzuordnen. Die vom LSG Niedersachsen-Bremen und dem Bayerischen LSG aufgestellten Grundsätze gehen über die formellen Anforderungen, die an das Vorliegen einer Begründung zu stellen sind, weit hinaus. Diese Gesichtspunkte mögen zwar bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache oder bei der materiellen Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung und den bei dem Adressaten des Verwaltungsaktes eintretenden Nachteilen eine Rolle spielen, sie sprengen jedoch den Rahmen der Prüfung, ob die Behörde ihrer Pflicht zur Begründung überhaupt nachgekommen ist. Ent scheidend ist allein, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens die maßgeblichen Erwägungen angestellt und dargelegt hat (wie hier auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.03.2003, Az.: L 16 B 66/02 KR ER). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass die von der Antragsgegnerin ins Feld geführten Gründe für den Sofortvollzug wenigstens zum Teil identisch sind mit der Begründung der Aufsichtsanordnung; das besondere öffentliche Vollzugsinteresse kann sich nämlich durchaus aus denselben tatsächlichen Um ständen ergeben, die auch den Erlass des Bescheids gerechtfertigt haben (vergl. Meyer-Ladewig aaO § 86b Rdnr.21 mwN).
Nach Auffassung des Senats überwiegt das öffentliche Interesse an einer so fortigen Vollziehung des Bescheids vom 11.07.2002 eindeutig die Nachteile, die infolge des Sofortvollzugs bei der Antragstellerin zu befürchten sind.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten der am 02.08.2002 erhobenen Klage in der Hauptsache führt nicht zu dem Ergebnis, dass der Verpflichtungsbescheid vom 11.07.2002 sich voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen wäre. Nach summarischer Prüfung der Rechtslage sind die durch den Bescheid vom 11.07.2002 ausgesprochenen Verbote nicht zu beanstanden, denn die von der Antragstellerin erfolgten Hinweise auf die Möglichkeit des Bezugs von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels und die damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Bereitschaft, den Versicherten die insoweit entstehenden Kosten zu erstatten, verstoßen gegen geltendes Recht.
Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist nach deutschem Recht unzulässig. Das ergibt sich aus § 43 AMG und § 73 AMG.
Gemäß § 43 Abs. 1 AMG dürfen Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass außerhalb der Apotheken, außer in den Fällen des Abs. 4 und des § 47 Abs. 1 AMG mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln, kein Handel betrieben werden darf.
Zwar hat die Antragstellerin zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der in den Niederlanden ansässigen Apotheke 0800.doc.morris um eine Apotheke i.S. dieser Vorschrift handelt. Indes bringt diese Apotheke Arzneimittel im Wege des Versandes in den Verkehr und gerade dies unterfällt dem Verbot des § 43 Abs. 1 AMG. Ein Bringen in den Verkehr für den Endverbrauch ist jede Abgabe eines Arznei mittels an eine arzneimittelverbrauchende Person (vgl. Kloesel/Cyran, AMG, Kommentar, § 43 Z.7). Im Wege des Versandes erfolgt dies, wenn die Abgabe des Arzneimittels an den Endverbraucher durch Personen oder Firmen erfolgt, deren Tätigkeit gerade in der gewerbs- oder berufsmäßigen Übermittlung von Waren sendungen, wie etwa bei Paketdiensten etc., besteht. Der Begriff des Versands ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin hinreichend bestimmt. Aller dings liegt eine Abgabe von Arzneimittel in diesem Sinne nicht stets vor, wenn der Patient sich eines Dritten bedient, um Medikamente aus einer Apothe ke abzuholen (vgl. Urteil OLG Köln, Urteil vom 07.09.2001, Az.: 6 U 186/00, Medizinrecht 2002, 148). Das OLG Köln hat in der genannten Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass durchaus ein Bedarf dafür besteht, Medikamente etwa für Schwerkranke nicht nur durch Privatpersonen, sondern auch durch gewerbsmäßig tätige Hausapotheken abholen zu lassen. Um Versandhandel im Sinne des § 43 Absatz 1 AMG handelt es sich aber jedenfalls dann, wenn sich der Versicherte oder die Apotheke dabei solcher Personen oder Firmen bedient, deren Geschäftstätigkeit ausschließlich zum Inhalt hat, Warensendungen nahezu jeder Art zu übermitteln. Gerade solcher Paketdienste bedient sich jedoch die in den Niederlanden ansässige Apotheke 0800 doc.morris, um die bestellten Arzneimittel auszuliefern.
Für eine derartige Auslegung des § 43 Abs. 1 AMG spricht bereits, dass bei einer erweiternden Auslegung i.S.d. Antragstellerin die vom Gesetzgeber vor genommene Einschränkung "nicht im Wege des Versandes" völlig leer liefe. Dar über hinaus spricht auch der Schutzzweck der Norm gegen ein solches Ergebnis. Dieser besteht in der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abgabe der Medika mente unter gleichzeitigem Angebot fachkundiger Erläuterung, z.B. der zu beachtenden Dosierungen (OLG Köln a.a.O.). Diese Voraussetzung mag gegeben sein, wenn sich der das Medikament aus der Apotheke Abholende auf diese Art des Warenverkehrs spezialisiert hat und er bereit und in der Lage ist, et waige Hinweise und Ratschläge des Apothekers individuell an den Empfänger zu übermitteln. Dies trifft jedoch bei den Paketdiensten, derer sich die in den Niederlanden tätige Apotheke bedient, unzweifelhaft nicht zu.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich auch aus § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG nicht die Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln. Diese Vorschrift ordnet eine Ausnahme von der Geltung des in Absatz 1 nor mierten grundsätzlichen Verbringungsverbots für Arzneimittel an, die im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder be rufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechen den Menge aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum be zogen werden.
§ 73 Abs. 1 AMG verbietet die Einfuhr zulassungspflichtiger Arzneimittel, die über eine Zulassung in Deutschland nicht verfügen. § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG be zieht sich demgemäß nur auf in Deutschland zulassungspflichtige, aber nicht zugelassene Arzneimittel, die allerdings im Herkunftsland (hier Niederlande) in Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. dazu OLG Frankfurt, Urteil vom 31.05.2001, Az.: 6 U 240/00, Krankenversicherung 2001, 251; LG Frankfurt, Beschluss vom 10.08.2001, Az.: 3/11 O 64/01).
§ 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG ist restriktiv dahingehend auszulegen, dass diese Vor schrift jedenfalls nicht Massenbestellungen über das Internet, per Telefon oder per Fax zulassen will. Zwar ist davon auszugehen, dass das Versandhan delsverbot des § 43 Abs. 1 AMG für Arzneimittel i.S.d. § 73 AMG nicht gilt; dies ergibt sich daraus, dass die Vorschrift des § 43 AMG in § 74 AMG nicht erwähnt ist (vgl. dazu auch OLG Frankfurt a.a.O.). Der Senat schließt sich insoweit der einschränkenden Auslegung dieser Vorschrift durch das Kammer gericht Berlin im Urteil vom 25.05.2001, Az.: 5 U 10150/00 an. Es wäre sinn widrig, wäre der Versandhandel in der Bundesrepublik Deutschland mit zugelassenen Arzneimitteln nach § 43 Abs. 1 AMG ausgeschlossen, dagegen die Möglich keit des Bezugs im weitesten Sinne nach § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG hinsichtlich in Deutschland nicht zugelassener Arzneimittel aber gestattet.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich auch nicht etwa aus europarechtlichen Vorschriften, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln ohne Weiteres zulässig wäre.
Die deutschen Vorschriften, die den Versandhandel mit Arzneimitteln einschränkend regeln, sind an der Richtlinie 97-7-EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zu messen. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass sich der Regelungsbereich der Richtlinie 97-7-EG auf die vorliegende Fallgestaltung erstreckt (vgl. Art. 1 der Richtlinie). Art. 14 der Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder auf rechterhalten können, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicher zustellen. Durch solche Bestimmungen können sie im Interesse der Allgemein heit den Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen, insbesondere Arzneimittel, in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung des EG-Vertrages verbieten. Demgemäß kommt es darauf an, ob die gegenüber der Richtlinie 97-7-EG als strengere Bestimmung einzustufenden Vorschriften des AMG mit dem EG-Vertrag in Einklang stehen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die in Rede stehenden Regelungen des AMG nicht als bloße Verkaufsmodalität zu qualifizieren sind, so dass Art. 28 EG-Vertrag anwendbar ist (vgl. dazu Schlussanträge der Gene ralanwältin in der Rechtssache C-322-01 vor dem Europäischen Gerichtshof vom 11.03.2003), kommt es darauf an, ob im Rahmen der dann anzustellenden Verhältnismäßigkeitsprüfung unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit angenommen werden kann.
Soweit es um den Versandhandel mit in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln geht, ergibt sich bereits aus Art. 3 der Richtlinie 65/65, dass ein Arzneimittel erst dann in Verkehr gebracht werden darf, wenn von der zustän digen Behörde dieses Mitgliedsstaates nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Bringen in den Verkehr erteilt wurde oder wenn eine entsprechende Genehmigung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erteilt wurde (vergl. Schlussanträge der Generalanwältin aaO). Insoweit ist damit ein Verstoß gegen Artikel 28 EG-Vertrag nicht anzunehmen.
Ist dagegen der Reimport von in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln be troffen, so mag zwar im Ergebnis ein Verstoß gegen Artikel 28 EG-Vertrag des halb vorliegen, weil es durch die Schaffung eines den Versandhandel regulie renden Rahmenrechts möglich erschiene, die Ziele des Schutzes von Leben und Gesundheit ebenfalls zu erreichen; ein generelles Verbot des Versandhandels wäre danach als unverhältnismäßig zu beurteilen (vergl. Schlussanträge der Generalanwältin aaO). Aufgrund des Fehlens einer den Versandhandel mit Arz neimitteln regulierenden gesetzlichen Regelung kann aber nach Auffassung des Senats hieraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dieser müsse nunmehr - ohne weiteres - zulässig sein. Diese Betrachtungsweise ließe die bei dieser Handelsform mit Arzneimitteln bestehenden Gefahren für Leben und Gesundheit - deren Bestehen nicht ernstlich bezweifelt werden kann - außer Acht.
Bei dieser Sachlage besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 11.07.2002. Die Antragstellerin ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts Teil der öffentlichen Gewalt. Als solche ist sie an Recht und Gesetz gebunden. Von daher muss die Antragsgegne rin auch im Interesse einer Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen auf die strikte Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch die Krankenkassen achten, so dass im Regelfall bei Gesetzesverletzungen durch Kassen die sofortige Vollziehung einer Aufsichtsanordnung geboten sein wird.
Wesentliche Nachteile sind mit der sofortigen Vollziehung für die Antragstel lerin nicht verbunden. Soweit es um in Deutschland nicht zugelassene Arznei mittel und deren Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland geht, ist nicht erkennbar, inwieweit die Antragstellerin bzw. ihre Versicherten überhaupt ein schützenswertes Interesse an der Einfuhr solcher Medikamente in die Bundesrepublik Deutschland haben könnten. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den den Versicherten der Antragstellerin verordneten Medikamenten in der Regel um in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Arzneimittel handeln dürfte. Die Einfuhr eines nicht zugelassenen Arzneimittels aufgrund eines ärztlichen Rezeptes dürfte die Ausnahme darstellen, so dass insoweit nicht ersichtlich ist, dass der Antragstellerin ein nennenswerter Nachteil erwachsen könnte.
Soweit zugelassene Arzneimittel betroffen sind, hat die Antragstellerin selbst eingeräumt, dass es sich letztlich nur um eine relativ geringe Kosten ersparnis handelt, die sie durch eine Inanspruchnahme des Bezugs von Arznei mitteln durch Versicherte über die Internetapotheke doc.morris erlangen würde. Es mag zwar sein, dass - wie die Antragstellerin meint - mit Einspa rungen zunächst immer erst einmal begonnen werden muss. Hier kann im Rahmen der Interessenabwägung aber nur das berücksichtigt werden, was die Antrag stellerin durch Bestellungen im Internet tatsächlich an Arzneimittelkosten einsparen könnte. Für in Deutschland zugelassene Arzneimittel gilt die Arzneimittelpreisverordnung, die bestimmt, dass diese Arzneimittel nur zu nach der Arzneimittelpreisverordnung ermittelten Festpreisen abgegeben werden dürfen, so dass nicht erkennbar ist, wie sich ein Kostenvorteil - bei Beach tung der Festpreise - in erheblichem Umfang ergeben könnte (vgl. dazu OLG Frankfurt a.a.O.). Auch der von der Antragstellerin behauptete Kostenvorteil in Höhe von rund 100.000 Euro/Jahr erscheint nicht als so erheblich, dass diesem Interesse der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen wäre.
Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte kommt die Anordnung der aufschieben den Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Hauptsacheklage nicht in Betracht.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert beträgt 4.000 Euro (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 13 Abs. 1, § 20 Abs. 3 Gerichtskostengesetz).
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Aufsichtsanordnung, mit der die Antragsgegnerin es der Antragstellerin untersagte, ihre Versicherten auf die Möglichkeit des Arzneimittelbezuges im Wege des Versandhandels hinzuweisen und Kosten für von dort bezogene Arzneimittel zu erstatten.
Die Antragstellerin - eine bundesunmittelbare Betriebskrankenkasse mit Sitz in Köln - wies in der Ausgabe ihrer Mitgliederzeitschrift von April 2001 darauf hin, dass Medikamente durch Bestellung per Telefon, Internet oder Fax über die Apotheke 0800 doc.morris in den Niederlanden - zu günstigeren Preisen als in der Bundesrepublik Deutschland - bezogen werden könnten. Nachdem die Antragsgegnerin die Antragstellerin erfolglos um die Bestätigung gebeten hatte, den Versandhandel von Medikamenten künftig nicht mehr durch Publikationen zu fördern, nahm die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 06.05.2002 eine aufsichtsrechtliche Beratung der Antragstellerin gemäß § 89 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) vor. Sie wies dar auf hin, dass die Apotheken, die telefonisch, schriftlich oder über das Internet bestellte Arzneien an den Endverbraucher versendeten, gegen die §§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) verstießen. Sie for derte die Antragstellerin auf, binnen drei Wochen nach Erhalt des Schreibens zu bestätigen, dass sie den Versandhandel von Arzneimitteln künftig nicht mehr fördern und insbesondere keine Kosten für auf diesem Wege bezogene apothekenpflichtige Medikamente tragen werde. Im anderen Fall beabsichtige sie, einen Verpflichtungsbescheid zu erlassen, mit dem zugleich die sofortige Vollziehung des Verbots angeordnet werde, da ein besonderes öffentliches Interesse bestehe.
Nach erfolglosem Verstreichen der Dreiwochenfrist verpflichtete die Antragsgegnerin die Antragstellerin durch Bescheid vom 11.07.2002
1. es zu unterlassen, ihre Versicherten auf die Möglichkeit des Bezuges von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung hinzuweisen, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden,
2. für ihre Versicherten für apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise oder im Wege der Direktabrechnung Kosten zu tragen. Ferner ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Bescheides an.
Die Antragstellerin, die am 02.08.2002 gegen den Bescheid vom 11.07.2002 Klage erhoben hat (Sozialgericht Duisburg, Az.: S 7 KR 218/02), hat ebenfalls am 02.08.2002 vor dem Sozialgericht Köln die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt.
Zur Begründung hat sie vorgebracht: Der Antrag auf Anordnung der aufschieben den Wirkung sei begründet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 10.07.2002 nicht ausreichend begründet habe. Darüber hinaus sei aber auch die Verpflichtungsanordnung der Antragsgegnerin rechtswidrig. Ihre Hinweise auf die Möglichkeiten des Bezugs von Arzneimitteln von der Internetapotheke 0800doc.morris sei bereits nach deutschem Recht aufgrund von § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG zulässig. Außerdem müsse bei der Auslegung der Vorschriften des AMG Art. 28 des EG-Vertrages berücksichtigt werden, der die Warenverkehrs freiheit garantiere. Es sei nicht gerechtfertigt, den Versandhandel unter Hinweis auf mögliche Gefahren für Leben und Gesundheit der Versicherten zu untersagen. Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen auf dem Gebiet der Her stellung, Zulassung, Überwachung und Abgabe von Arzneimitteln sowie die die Anforderungen an pharmazeutische Berufe regelnden Vorschriften der EU gewähr ten einen hinreichenden Schutz. Gerade durch das von der Internetapotheke 0800doc.morris gewählte Verfahren bei der Bestellung und dem Versand von Arzneimitteln, das eine ständige Erreichbarkeit per Telefon, Fax oder E-Mail beinhalte, sei eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Versicherten ausgeschlossen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 25.07.2002 erhobenen Aufsichtsklage der Antragstellerin gegen die Verpflichtungsanordnung des Antragsgegners vom 11.07.2002 (Az.: II 35101.0 1315/2002) hinsichtlich der dortigen Punkte I. und II. anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.07.2002 zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr Bescheid vom 10.07.2002 rechtmäßig sei; das AMG verbiete ausdrücklich den Versandhandel mit Arzneimitteln. Eine mögliche Divergenz zu europarechtlichen Vorschriften dürfe nicht dazu führen, dass bereits durch Vorwegnahme dieser vom Euro päischen Gerichtshof zu klärenden Rechtsfrage im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die deutschen Rechtsvorschriften außer Kraft gesetzt würden. Angesichts des überragenden öffentlichen Interesses an einem uneingeschränkten Schutz der bedeutenden Rechtsgüter Arzneimittelsicherheit und Volksgesundheit sei sie auch berechtigt gewesen, den sofortigen Vollzug der Aufsichtsanordnung anzuordnen.
Durch Beschluss vom 03.09.2002 hat das Sozialgericht (SG) Köln es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 11.07.2002 anzuordnen.
Gegen den ihr am 06.09.2002 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 30.09.2002 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung macht sie geltend: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 11.07.2002 sei rechtswidrig. Die Begründung der sofortigen Vollziehung lasse eine ausreichende Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung vermissen; bereits deshalb müsse dem An trag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stattgegeben werden. In diesem Sinne habe auch bereits das Bayerische Landessozialgericht (LSG - Beschluss vom 14.08.2002, Az.: 4 B 266/02 KR ER), das LSG Niedersachsen- Bremen (Beschluss vom 30.09.2002, Az.: L 5 KR 122/02 ER) und das SG Hamburg (Beschluss vom 30.09.2002, Az.: S 22 KR 594/02 ER) entschieden. Darüber hinaus genüge die von der Antragsgegnerin vorgenommene Verpflichtungsanordnung nicht dem Bestimmtheitsgebot. Der von der Antragsgegnerin verwendete Begriff "Versandhandel" sei zu unscharf und zu unbestimmt. Soweit das SG eine Rechtsverletzung der Antragstellerin darin erblickt habe, dass diese durch die Gewährung von Kostenerstattung für nicht von zugelassenen Leistungserbringern verschaffte Arzneimittel gegen das Sachleistungsprinzip ver stoßen habe, sei zu entgegnen, dass die Warenverkehrsfreiheit des Art. 28 EG-Vertrag Vorrang gegenüber den Gestaltungskompetenzen zur Organisation des jeweiligen nationalen Gesundheitswesens einzuräumen sei. Die wiederholt von der Antragsgegnerin erhobene Behauptung, durch den Versandhandel würden Leben und Gesundheit der Versicherten gefährdet, sei unbelegt. Hierfür spreche be reits der Umstand, dass in den Niederlanden und in Großbritannien Versand handel seit Jahren erlaubt sei. Die Rechtsvorschriften des Arzneimittelge setzes müssten im Lichte der Verkehrsfreiheit des Art. 28 EG-Vertrag ausgelegt werden; die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, dass auch bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das geltende Gemeinschaftsrecht berücksichtigt werde und nicht Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes abgewartet würden. Nach der Rechtsprechung des EuGH seien alle Rechtsvorschriften, die geeignet seien, den innergemeinschaftlichen Handel unmittel bar, mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie die mengenmäßige Beschränkung i.S.d. Art. 28 EG-Vertrag anzusehen. Dies treffe auf das nach dem AMG normierte Versandhandelsverbot zu.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 03.09.2002 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Klage gegen den Be scheid der Antragsgegnerin vom 11.07.2002 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie entgegnet: Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ausreichend. Zweifellos verbiete das deutsche Recht in § 43 Abs. 1 AMG den Versandhandel mit Arzneimitteln. Diese Vorschrift stelle sich allenfalls als Regelung einer Verkaufsmodalität dar, die dann aber nicht als Maßnahme gleicher Wirkung i.S.d. Art. 28 EG-Vertrag zu beurteilen sei. Aber auch dann, wenn man Vorschriften des AMG nicht als nur produktbezogene Verkaufsmodali täten werte, seien diese Vorschriften aus Gründen des Gesundheitsschutzes gemäß Art. 30 EG-Vertrag gerechtfertigt.
II.
Der gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Antrag der Antragstellerin ist nicht begründet.
§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG bestimmt, dass das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen können. Dabei entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl., § 86b Nr. 12 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ergibt sich aufgrund einer umfassenden Interessenab wägung, dass die aufschiebende Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Klage nicht anzuordnen ist. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat aufgrund einer umfassenden Würdigung der (formellen) Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 11.07.2002 und der Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung gegenüber den bei der Antrag stellerin eintretenden Nachteilen, wobei der Erfolgsaussicht der Klage in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung beizumessen ist.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin über die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 11.07.2002 ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin war gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 5 SGG zuständig, weil sie auch die streit gegenständlichen Verfügungen getroffen hat. Gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs hat die Antragsgegnerin nicht verstoßen. Nach herrschender Meinung müssen die Beteiligten vor Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht gehört werden (VGH Baden-Württemberg, NVWZ-RR 90, 561; OVG Lüneburg, DVGL 89, 887; OVG Rheinland-Pfalz, NVWZ 88, 748; Meyer-Ladewig a.a.O. § 86a Rdn. 22). Unabhängig davon liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs hier schon deshalb nicht vor, weil die Antragstellerin aufgrund des Schreibens der Antragsgegnerin vom 06.05.2002 Gelegenheit hatte, sich auch hinsichtlich der beabsichtigten Anordnung der sofortigen Vollziehung zu äußern.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch nicht wegen einer unzureichenden Begründung formell rechtswidrig. Sie bedarf einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.01.2002, Az.: 1 DB 2/02 zu § 80 Absatz 3 Verwaltungsgerichtsordnung). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Begründung auch nicht überzogen werden (Eyermann, Kommentar, VwGO, 10. Aufl., 1998, § 80 Rdn. 43). Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Verpflichtungsbescheid vom 11.07.2002 mit dem Schutz des Lebens und der Gesund heit der Versicherten, mit dem Verbraucherschutz, mit einer fehlenden Unterscheidungsmöglichkeit zwischen seriösen und nicht seriösen Internetanbietern, mit der Verwirklichung des fairen Wettbewerbs zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und schließlich mit Wettbewerbsnachteilen für die Krankenkassen, die keinen Internetversandhandel zulassen, begründet. Das Aufzeigen dieser Gesichtspunkte ist nach Auffassung des Senats ausreichend. Die anderweitige vom LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 30.09.2002, Az.: L 4 KR 122/02 ER) und des Bayerischen LSG, Beschluss vom 14.08.2002, Az.: L 4 B 268/02 KR ER) sowie SG Hamburg (Beschluss vom 30.09.2002, S 22 KR 594/02 ER) vertretene Ansicht überzeugt nicht.
Die von der Antragstellerin aufgezeigten Gesichtspunkte verdeutlichen nämlich der Antragstellerin als Adressatin des Verwaltungsakts hinreichend, welche Gesichtspunkte für die Behörde maßgeblich waren, um den Sofortvollzug anzuordnen. Die vom LSG Niedersachsen-Bremen und dem Bayerischen LSG aufgestellten Grundsätze gehen über die formellen Anforderungen, die an das Vorliegen einer Begründung zu stellen sind, weit hinaus. Diese Gesichtspunkte mögen zwar bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache oder bei der materiellen Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung und den bei dem Adressaten des Verwaltungsaktes eintretenden Nachteilen eine Rolle spielen, sie sprengen jedoch den Rahmen der Prüfung, ob die Behörde ihrer Pflicht zur Begründung überhaupt nachgekommen ist. Ent scheidend ist allein, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens die maßgeblichen Erwägungen angestellt und dargelegt hat (wie hier auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.03.2003, Az.: L 16 B 66/02 KR ER). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass die von der Antragsgegnerin ins Feld geführten Gründe für den Sofortvollzug wenigstens zum Teil identisch sind mit der Begründung der Aufsichtsanordnung; das besondere öffentliche Vollzugsinteresse kann sich nämlich durchaus aus denselben tatsächlichen Um ständen ergeben, die auch den Erlass des Bescheids gerechtfertigt haben (vergl. Meyer-Ladewig aaO § 86b Rdnr.21 mwN).
Nach Auffassung des Senats überwiegt das öffentliche Interesse an einer so fortigen Vollziehung des Bescheids vom 11.07.2002 eindeutig die Nachteile, die infolge des Sofortvollzugs bei der Antragstellerin zu befürchten sind.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten der am 02.08.2002 erhobenen Klage in der Hauptsache führt nicht zu dem Ergebnis, dass der Verpflichtungsbescheid vom 11.07.2002 sich voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen wäre. Nach summarischer Prüfung der Rechtslage sind die durch den Bescheid vom 11.07.2002 ausgesprochenen Verbote nicht zu beanstanden, denn die von der Antragstellerin erfolgten Hinweise auf die Möglichkeit des Bezugs von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels und die damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Bereitschaft, den Versicherten die insoweit entstehenden Kosten zu erstatten, verstoßen gegen geltendes Recht.
Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist nach deutschem Recht unzulässig. Das ergibt sich aus § 43 AMG und § 73 AMG.
Gemäß § 43 Abs. 1 AMG dürfen Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass außerhalb der Apotheken, außer in den Fällen des Abs. 4 und des § 47 Abs. 1 AMG mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln, kein Handel betrieben werden darf.
Zwar hat die Antragstellerin zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der in den Niederlanden ansässigen Apotheke 0800.doc.morris um eine Apotheke i.S. dieser Vorschrift handelt. Indes bringt diese Apotheke Arzneimittel im Wege des Versandes in den Verkehr und gerade dies unterfällt dem Verbot des § 43 Abs. 1 AMG. Ein Bringen in den Verkehr für den Endverbrauch ist jede Abgabe eines Arznei mittels an eine arzneimittelverbrauchende Person (vgl. Kloesel/Cyran, AMG, Kommentar, § 43 Z.7). Im Wege des Versandes erfolgt dies, wenn die Abgabe des Arzneimittels an den Endverbraucher durch Personen oder Firmen erfolgt, deren Tätigkeit gerade in der gewerbs- oder berufsmäßigen Übermittlung von Waren sendungen, wie etwa bei Paketdiensten etc., besteht. Der Begriff des Versands ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin hinreichend bestimmt. Aller dings liegt eine Abgabe von Arzneimittel in diesem Sinne nicht stets vor, wenn der Patient sich eines Dritten bedient, um Medikamente aus einer Apothe ke abzuholen (vgl. Urteil OLG Köln, Urteil vom 07.09.2001, Az.: 6 U 186/00, Medizinrecht 2002, 148). Das OLG Köln hat in der genannten Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass durchaus ein Bedarf dafür besteht, Medikamente etwa für Schwerkranke nicht nur durch Privatpersonen, sondern auch durch gewerbsmäßig tätige Hausapotheken abholen zu lassen. Um Versandhandel im Sinne des § 43 Absatz 1 AMG handelt es sich aber jedenfalls dann, wenn sich der Versicherte oder die Apotheke dabei solcher Personen oder Firmen bedient, deren Geschäftstätigkeit ausschließlich zum Inhalt hat, Warensendungen nahezu jeder Art zu übermitteln. Gerade solcher Paketdienste bedient sich jedoch die in den Niederlanden ansässige Apotheke 0800 doc.morris, um die bestellten Arzneimittel auszuliefern.
Für eine derartige Auslegung des § 43 Abs. 1 AMG spricht bereits, dass bei einer erweiternden Auslegung i.S.d. Antragstellerin die vom Gesetzgeber vor genommene Einschränkung "nicht im Wege des Versandes" völlig leer liefe. Dar über hinaus spricht auch der Schutzzweck der Norm gegen ein solches Ergebnis. Dieser besteht in der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abgabe der Medika mente unter gleichzeitigem Angebot fachkundiger Erläuterung, z.B. der zu beachtenden Dosierungen (OLG Köln a.a.O.). Diese Voraussetzung mag gegeben sein, wenn sich der das Medikament aus der Apotheke Abholende auf diese Art des Warenverkehrs spezialisiert hat und er bereit und in der Lage ist, et waige Hinweise und Ratschläge des Apothekers individuell an den Empfänger zu übermitteln. Dies trifft jedoch bei den Paketdiensten, derer sich die in den Niederlanden tätige Apotheke bedient, unzweifelhaft nicht zu.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich auch aus § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG nicht die Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln. Diese Vorschrift ordnet eine Ausnahme von der Geltung des in Absatz 1 nor mierten grundsätzlichen Verbringungsverbots für Arzneimittel an, die im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder be rufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechen den Menge aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum be zogen werden.
§ 73 Abs. 1 AMG verbietet die Einfuhr zulassungspflichtiger Arzneimittel, die über eine Zulassung in Deutschland nicht verfügen. § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG be zieht sich demgemäß nur auf in Deutschland zulassungspflichtige, aber nicht zugelassene Arzneimittel, die allerdings im Herkunftsland (hier Niederlande) in Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. dazu OLG Frankfurt, Urteil vom 31.05.2001, Az.: 6 U 240/00, Krankenversicherung 2001, 251; LG Frankfurt, Beschluss vom 10.08.2001, Az.: 3/11 O 64/01).
§ 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG ist restriktiv dahingehend auszulegen, dass diese Vor schrift jedenfalls nicht Massenbestellungen über das Internet, per Telefon oder per Fax zulassen will. Zwar ist davon auszugehen, dass das Versandhan delsverbot des § 43 Abs. 1 AMG für Arzneimittel i.S.d. § 73 AMG nicht gilt; dies ergibt sich daraus, dass die Vorschrift des § 43 AMG in § 74 AMG nicht erwähnt ist (vgl. dazu auch OLG Frankfurt a.a.O.). Der Senat schließt sich insoweit der einschränkenden Auslegung dieser Vorschrift durch das Kammer gericht Berlin im Urteil vom 25.05.2001, Az.: 5 U 10150/00 an. Es wäre sinn widrig, wäre der Versandhandel in der Bundesrepublik Deutschland mit zugelassenen Arzneimitteln nach § 43 Abs. 1 AMG ausgeschlossen, dagegen die Möglich keit des Bezugs im weitesten Sinne nach § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG hinsichtlich in Deutschland nicht zugelassener Arzneimittel aber gestattet.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich auch nicht etwa aus europarechtlichen Vorschriften, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln ohne Weiteres zulässig wäre.
Die deutschen Vorschriften, die den Versandhandel mit Arzneimitteln einschränkend regeln, sind an der Richtlinie 97-7-EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zu messen. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass sich der Regelungsbereich der Richtlinie 97-7-EG auf die vorliegende Fallgestaltung erstreckt (vgl. Art. 1 der Richtlinie). Art. 14 der Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder auf rechterhalten können, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicher zustellen. Durch solche Bestimmungen können sie im Interesse der Allgemein heit den Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen, insbesondere Arzneimittel, in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung des EG-Vertrages verbieten. Demgemäß kommt es darauf an, ob die gegenüber der Richtlinie 97-7-EG als strengere Bestimmung einzustufenden Vorschriften des AMG mit dem EG-Vertrag in Einklang stehen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die in Rede stehenden Regelungen des AMG nicht als bloße Verkaufsmodalität zu qualifizieren sind, so dass Art. 28 EG-Vertrag anwendbar ist (vgl. dazu Schlussanträge der Gene ralanwältin in der Rechtssache C-322-01 vor dem Europäischen Gerichtshof vom 11.03.2003), kommt es darauf an, ob im Rahmen der dann anzustellenden Verhältnismäßigkeitsprüfung unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit angenommen werden kann.
Soweit es um den Versandhandel mit in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln geht, ergibt sich bereits aus Art. 3 der Richtlinie 65/65, dass ein Arzneimittel erst dann in Verkehr gebracht werden darf, wenn von der zustän digen Behörde dieses Mitgliedsstaates nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Bringen in den Verkehr erteilt wurde oder wenn eine entsprechende Genehmigung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erteilt wurde (vergl. Schlussanträge der Generalanwältin aaO). Insoweit ist damit ein Verstoß gegen Artikel 28 EG-Vertrag nicht anzunehmen.
Ist dagegen der Reimport von in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln be troffen, so mag zwar im Ergebnis ein Verstoß gegen Artikel 28 EG-Vertrag des halb vorliegen, weil es durch die Schaffung eines den Versandhandel regulie renden Rahmenrechts möglich erschiene, die Ziele des Schutzes von Leben und Gesundheit ebenfalls zu erreichen; ein generelles Verbot des Versandhandels wäre danach als unverhältnismäßig zu beurteilen (vergl. Schlussanträge der Generalanwältin aaO). Aufgrund des Fehlens einer den Versandhandel mit Arz neimitteln regulierenden gesetzlichen Regelung kann aber nach Auffassung des Senats hieraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dieser müsse nunmehr - ohne weiteres - zulässig sein. Diese Betrachtungsweise ließe die bei dieser Handelsform mit Arzneimitteln bestehenden Gefahren für Leben und Gesundheit - deren Bestehen nicht ernstlich bezweifelt werden kann - außer Acht.
Bei dieser Sachlage besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 11.07.2002. Die Antragstellerin ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts Teil der öffentlichen Gewalt. Als solche ist sie an Recht und Gesetz gebunden. Von daher muss die Antragsgegne rin auch im Interesse einer Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen auf die strikte Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch die Krankenkassen achten, so dass im Regelfall bei Gesetzesverletzungen durch Kassen die sofortige Vollziehung einer Aufsichtsanordnung geboten sein wird.
Wesentliche Nachteile sind mit der sofortigen Vollziehung für die Antragstel lerin nicht verbunden. Soweit es um in Deutschland nicht zugelassene Arznei mittel und deren Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland geht, ist nicht erkennbar, inwieweit die Antragstellerin bzw. ihre Versicherten überhaupt ein schützenswertes Interesse an der Einfuhr solcher Medikamente in die Bundesrepublik Deutschland haben könnten. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den den Versicherten der Antragstellerin verordneten Medikamenten in der Regel um in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Arzneimittel handeln dürfte. Die Einfuhr eines nicht zugelassenen Arzneimittels aufgrund eines ärztlichen Rezeptes dürfte die Ausnahme darstellen, so dass insoweit nicht ersichtlich ist, dass der Antragstellerin ein nennenswerter Nachteil erwachsen könnte.
Soweit zugelassene Arzneimittel betroffen sind, hat die Antragstellerin selbst eingeräumt, dass es sich letztlich nur um eine relativ geringe Kosten ersparnis handelt, die sie durch eine Inanspruchnahme des Bezugs von Arznei mitteln durch Versicherte über die Internetapotheke doc.morris erlangen würde. Es mag zwar sein, dass - wie die Antragstellerin meint - mit Einspa rungen zunächst immer erst einmal begonnen werden muss. Hier kann im Rahmen der Interessenabwägung aber nur das berücksichtigt werden, was die Antrag stellerin durch Bestellungen im Internet tatsächlich an Arzneimittelkosten einsparen könnte. Für in Deutschland zugelassene Arzneimittel gilt die Arzneimittelpreisverordnung, die bestimmt, dass diese Arzneimittel nur zu nach der Arzneimittelpreisverordnung ermittelten Festpreisen abgegeben werden dürfen, so dass nicht erkennbar ist, wie sich ein Kostenvorteil - bei Beach tung der Festpreise - in erheblichem Umfang ergeben könnte (vgl. dazu OLG Frankfurt a.a.O.). Auch der von der Antragstellerin behauptete Kostenvorteil in Höhe von rund 100.000 Euro/Jahr erscheint nicht als so erheblich, dass diesem Interesse der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen wäre.
Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte kommt die Anordnung der aufschieben den Wirkung der am 02.08.2002 erhobenen Hauptsacheklage nicht in Betracht.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert beträgt 4.000 Euro (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 13 Abs. 1, § 20 Abs. 3 Gerichtskostengesetz).
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
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