Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 175/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 97/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 4. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für eine Ausleitungstherapie.
Die am 1955 geborene und bei der Beklagten bis 31.12.1999 versicherte Klägerin, eine arbeitslose Diplomingenieurin, die von Arbeitlosen- bzw. Sozialhilfe lebt, beantragte am 19.05.1998 bei der Beklagten die Übernahme der Behandlungskosten und Fahrkosten zu dem Arzt Dr.F. (I.), der eine Schwermetallausleitung sowie eine kinesiologische Testung durchführen sollte. Am 29.05.1998 beantragte sie bei der Beklagten außerdem die Genehmigung der Schwermetallausleitung nach Dr.K. (S./USA), wobei das Präparat Bio-Reurella verwendet werden sollte und reichte bei der Beklagten die Rechnung von Dr.F. vom 09.06.1998 über eine an diesem Tage durchgeführte psycho-kinesiologische Sitzung ein (Betrag 150,00 DM). In der Folge legte die Klägerin der Beklagten Rezepte von Dr.F. und Dr.B. über die Verordnung des Präparates Bio-Reurella (jeweils 59,00 DM) vor. Die Beklagte erteilte der Klägerin eine Zwischennachricht und holte eine Auskunft des "Instituts für Psycho-Kinesiologie nach Dr.K. GmbH" (Stuttgart) über einen Vortrag des Arztes ein, den dieser im Jahr 1996 auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen im Rahmen eines Seminars gehalten hatte. Die Klägerin beantragte am 10.06.1998 die Erstattung der Kosten für die psycho-kinesiologische Sitzung, der Fahrkosten sowie am 06.07.1998 der Kosten der Rezepte.
Das von der Beklagten eingeholte Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Dr.B.) gelangte zum Ergebnis, dass aufgrund der vorliegenden Unterlagen eine Schwermetallvergiftung der Klägerin nicht nachgewiesen und daher eine Entgiftung nicht erforderlich sei. Die psycho-kinesiologische Testung und die Ausleitung der Entgiftung mit dem Algenpräparat (Bio-Reurella), das ein Nahrungsergänzungsmittel sei, entsprächen nicht dem derzeit allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und würden nicht den medizinischen Fortschritt berücksichtigen. Diese Theorien seien spekulativ, die behaupteten Wirkungen nicht überprüfbar belegt.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit den Bescheiden vom 31.07.1998 die Kostenübernahme für die Schwermetallausleitung nach Dr.K. sowie der Fahrkosten ab. Auf den Widerspruch der Klägerin gegen beide Bescheide erließ die Beklagte bezüglich der Fahrkosten am 18.08.1998 einen weiteren ablehnenden Bescheid. Sie wies mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.1999 die Widersprüche mit der Begründung zurück, die Schwermetallausleitungstherapie nach Dr.K. sei keine im Rahmen der Krankenbehandlung vertraglich vereinbarte Leistung. Auch das in der Therapie miteingesetzte Präparat Bio-Reurella sei wie alle anderen Algenpräparate ein Nahrungsergänzungsmittel und stelle keine Kassenleistung dar. Die Fahrkosten zur Ausleitungstherapie seien eine unselbständige Nebenleistung, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen würden. Da die Ausleitungstherapie nach Dr.K. keine Leistung der Kasse sei, seien auch die Fahrkosten nicht zu erstatten.
Die Klägerin hat mit der Klage vom 16.03.1999 beim Sozialgericht München (SG) geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, die Kosten einer Ausleitungstherapie zu übernehmen, da die die Organbeschwerden verursachenden schädigenden Metalle entfernt werden müssten. Sie müsse auch die Fahrkosten sowie die Laborkosten erstatten und sei zu verurteilen, die vorgelegten Arztatteste anzuerkennen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und das Ablehnungsgesuch waren erfolglos.
Das SG hat mit Beschluss vom 31.07.2001 die vorliegende Streitsache mit anderen verbunden und den Rechtsstreit unter dem Az.: S 18 KR 175/99 fortgeführt. Es hat mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2002 die Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 30.05.2002. Die Beklagte habe die Kosten der Ausleitungstherapie in Höhe von 654,38 DM (in Euro) zu erstatten; die vorliegenden Arztatteste seien anzuerkennen. Die Therapie habe aus Laborleistungen, Kosten für Medikamente und einer psycho-kinesiologische Sitzung bestanden. Die Ausleitungstherapie nach Dr.K. sei erfolgreich gewesen, es handle sich hier um Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen. Die Klägerin hat der Berufungsbegründung vom 30.08.2002 beigefügt ein Rezept von Dr.F. vom 26.05.1998 (Bio-Reurella = 59,00 DM), ein Rezept von Dr.B. vom 01.07.1998 (Bio-Reurella = 59,00 DM), eine Rechnung von Dr.F. vom 09.06.1998 (psycho-kinesiologische Sitzung = 150,00 DM), eine Quittung einer Apotheke in M. über ein Kilogramm Schwarzkümmelsamen vom 08.05.1998 (27,85 DM) sowie drei Rechnungen der Ärzte für Laboratoriumsmedizin Dres.S. u.a. (B.) vom 21.06.1996, 14.08.1996 und 02.10.1996 über 69,82 DM, 176,41 DM und 212,30 DM. Der Senat hat Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 04.04.2000 sowie der Bescheide vom 31.07.1998 und 18.08.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.1999 zu verurteilen, die Kosten für die Ausleitungstherapie in Höhe von 654,38 DM in Euro zu erstatten und weitere Kosten dieser Therapie zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144 Abs.1 Nr.1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes der vom SG verbundenen Verfahren übersteigt 500,00 EUR. Der Senat musste den Termin nicht verlegen, weil die Klägerin sich nicht ausreichend entschuldigt hat (§ 110 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung oder Übernahme der geltend gemachten Leistungen. Nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin ist davon auszugehen, dass sie nicht nur die Erstattung der bereits angefallenen Kosten, sondern die Fortführung der Ausleitungstherapie geltend macht.
Soweit jedoch es um die Fortsetzung der Therapie geht, ist die Beklagte nicht mehr passivlegitimiert. Die Klägerin hat zwar einen Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte auf ärztliche Behandlung (§ 11 Abs.1 Satz 1 Nr.4, 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V). Dieser Anspruch ist jedoch mit dem Ende der Mitgliedschaft erloschen (§ 19 Abs.1 SGB V). Damit ist die Beklagte nicht mehr Schuldnerin des Behandlungsanspruchs.
Soweit die mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Leistungen aus den Jahren 1996 und 1998 zur Zeit der Mitgliedschaft der Klägerin durchgeführt und bezahlt worden sind, ist die Beklagte zwar passivlegitimiert, aber zur Kostenerstattung gemäß § 13 Abs.3 SGB V nicht verpflichtet. Konnte danach die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Bezüglich des Rezeptes von Dr.F. vom 26.05.1998 und der Rechnungen der Ärzte für Laboratoriumsmedizin Dres.S. u.a. hat es die Klägerin versäumt, vor der Erbringung der streitigen Leistungen die Behandlung bei der Beklagten zu beantragen. Generell setzt eine Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 SGB V, sowohl im Falle einer unaufschiebbaren Leistung, als auch einer rechtswidrigen Leistungsablehnung voraus, dass der Versicherte vor Selbstbeschaffung der Leistung Kontakt mit der Krankenkasse aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten hat. Einer der Beschaffung vorgeschalteten Entscheidung der Krankenkasse bedarf es unabhängig davon, welcher Art die in Anspruch genommene Leistung ist und in welcher Höhe dafür Kosten anfallen (Bundessozialgericht - BSG - vom 28.09.2000 SozR 3-2500 § 13 Nr.22; BSG vom 19.06.2001 SGb 2001, 549). Dies hat die Klägerin nicht getan, sondern die Kostenerstattung für das privatärztliche Rezept von Dr.F. erst am 29.05.1998 beantragt. Sie hat überdies nach dem Akteninhalt die Kostenerstattung für die Laborleistungen, die im Juni, August und Oktober 1996 durchgeführt worden sind, erst mit der Klage vom 14.03.1999 geltend gemacht. Das Gleiche gilt bezüglich der in der Klageschrift bezeichneten Laborrechnungen vom 18.09.1998 und 12.11.1998, die die Klägerin allerdings in der Berufungsbegründung nicht mehr erwähnt hat.
Bezüglich der Erstattung der Kosten für das Präparat Bio-Reurella aus dem Rezept von Dr.B. vom 01.07.1998, ist auf die gutachtliche Stellungnahme des MDK zu verweisen, wonach eine Entgiftung mit dem Algen-Präparat Bio-Reurella nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, insbesondere die behaupteten Wirkungen nicht überprüfbar belegt sind (§ 2 Abs.1 Satz 4 SGB V).
Eine Erstattung der Kosten für das Präparat Schwarzkümmel kommt nicht in Frage, da es hier, falls das Präparat leistungsrechtlich den Arzneimitteln zugeordnet werden kann (§ 31 Abs.1 SGB V), an einer entsprechenden ärztlichen Verordnung fehlt.
Schließlich ist die Beklagte auch nicht zur Erstattung der Kosten für die durch Dr.F. durchgeführte "psycho-kinesiologische Sitzung" verpflichtet. Es ist von der Klägerin nicht erläutert worden, welche Leistung und welche Therapiemethoden hierunter fallen. Nach der Literatur ist die Kinesiologie der Wissenschaftszweig, der sich mit den Grundlagen der Bewegungen (physikalische und physiologische Phänomene) befasst, also meist in der Sportwissenschaft vertreten ist. Kinesiologische Aspekte werden aber auch in der Kinderneurologie beachtet, wie die Beobachtungen von Vojta zeigen, die zur Entwicklung seiner Behandlungsmethode führten. Als eigenes Therapieverfahren kommt die offensichtlich hier gemeinte Kinesiologie aus den USA in Frage; sie ist ein "Ganzheitlichkeit" beanspruchendes Diagnose- und Behandlungsverfahren. Sie versucht, fernöstliches Gedankengut mit Erfahrungen und gewissen neurophysiologischen Vorstellungen zu verbinden. Durch ein besseres, intensiveres Körperbewusstsein soll zur Entspannung verholfen werden, damit verschiedenen Stresssituationen entgegengewirkt, Gleichgewicht angestrebt wird. Eine Rolle spielt der sogenannte Muskeltest, mit dem herauszufinden ist, was für Beschwerden oder Fehlhaltungen verantwortlich ist. Wie zahlreiche ähnliche Verfahren beruht die Kinesiologie auf ideologischen Vorstellungen. Auch wenn der Name etwas anderes suggeriert, ist sie lediglich durch Erfahrungen "begründet". Es gibt keine wissenschaftlich-stichhaltigen Beweise dafür, dass es sich um eine Methode handelt, die spezifische Wirkungen auf das Nervensystem haben könnte. Die Behauptung von Vertretern der Kinesiologie sind in keiner Weise mit den neurophysiologischen und neuropsychologischen Erkenntnissen in Einklang zu bringen, die es dank moderner Methoden in zunehmendem Umfang gibt. Es gibt also keinen wissenschaftlichen Stellenwert dieser Art von Kinesiologie. Der Begriff ist zweckentfremdet und gehört eigentlich in die Sportwissenschaft (Neuhäuser, in Erweiterte Schulmedizin, Bd.3, Unkonventionelle Therapiemethoden und Arzneimittelverschreibungen, herausgegeben von Saller und Feiereis, 1997, S.199 f.). Da die Klägerin die Kinesiologie offenbar mit der Ausleitungstherapie in Verbindung bringt, muss ihr hier - abgesehen von der fehlenden Anerkennung in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vom 04.12.1990 (NUB-Richtlinien i.d.F. 04.12.1990 BArBl.2 1991 S.33, s. § 135 Abs.1 i.V.m. § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V) - entgegengehalten werden, dass nach der gutachterlichen Stellungnahme des MDK eine Ausleitungstherapie medizinisch nicht erforderlich ist. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ist eine Schwermetallvergiftung der Klägerin nicht nachgewiesen und damit eine Entgiftung medizinisch nicht notwendig (§ 12 Abs.1 SGB V).
Schließlich ist die Berufung auch insoweit erfolglos, als die Klägerin von der Beklagten die Anerkennung der vorgelegten Arztatteste geltend macht. Denn eine derartige Klage ist neben einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auf Übernahme der Kosten der beantragten Therapie mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für eine Ausleitungstherapie.
Die am 1955 geborene und bei der Beklagten bis 31.12.1999 versicherte Klägerin, eine arbeitslose Diplomingenieurin, die von Arbeitlosen- bzw. Sozialhilfe lebt, beantragte am 19.05.1998 bei der Beklagten die Übernahme der Behandlungskosten und Fahrkosten zu dem Arzt Dr.F. (I.), der eine Schwermetallausleitung sowie eine kinesiologische Testung durchführen sollte. Am 29.05.1998 beantragte sie bei der Beklagten außerdem die Genehmigung der Schwermetallausleitung nach Dr.K. (S./USA), wobei das Präparat Bio-Reurella verwendet werden sollte und reichte bei der Beklagten die Rechnung von Dr.F. vom 09.06.1998 über eine an diesem Tage durchgeführte psycho-kinesiologische Sitzung ein (Betrag 150,00 DM). In der Folge legte die Klägerin der Beklagten Rezepte von Dr.F. und Dr.B. über die Verordnung des Präparates Bio-Reurella (jeweils 59,00 DM) vor. Die Beklagte erteilte der Klägerin eine Zwischennachricht und holte eine Auskunft des "Instituts für Psycho-Kinesiologie nach Dr.K. GmbH" (Stuttgart) über einen Vortrag des Arztes ein, den dieser im Jahr 1996 auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen im Rahmen eines Seminars gehalten hatte. Die Klägerin beantragte am 10.06.1998 die Erstattung der Kosten für die psycho-kinesiologische Sitzung, der Fahrkosten sowie am 06.07.1998 der Kosten der Rezepte.
Das von der Beklagten eingeholte Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Dr.B.) gelangte zum Ergebnis, dass aufgrund der vorliegenden Unterlagen eine Schwermetallvergiftung der Klägerin nicht nachgewiesen und daher eine Entgiftung nicht erforderlich sei. Die psycho-kinesiologische Testung und die Ausleitung der Entgiftung mit dem Algenpräparat (Bio-Reurella), das ein Nahrungsergänzungsmittel sei, entsprächen nicht dem derzeit allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und würden nicht den medizinischen Fortschritt berücksichtigen. Diese Theorien seien spekulativ, die behaupteten Wirkungen nicht überprüfbar belegt.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit den Bescheiden vom 31.07.1998 die Kostenübernahme für die Schwermetallausleitung nach Dr.K. sowie der Fahrkosten ab. Auf den Widerspruch der Klägerin gegen beide Bescheide erließ die Beklagte bezüglich der Fahrkosten am 18.08.1998 einen weiteren ablehnenden Bescheid. Sie wies mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.1999 die Widersprüche mit der Begründung zurück, die Schwermetallausleitungstherapie nach Dr.K. sei keine im Rahmen der Krankenbehandlung vertraglich vereinbarte Leistung. Auch das in der Therapie miteingesetzte Präparat Bio-Reurella sei wie alle anderen Algenpräparate ein Nahrungsergänzungsmittel und stelle keine Kassenleistung dar. Die Fahrkosten zur Ausleitungstherapie seien eine unselbständige Nebenleistung, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen würden. Da die Ausleitungstherapie nach Dr.K. keine Leistung der Kasse sei, seien auch die Fahrkosten nicht zu erstatten.
Die Klägerin hat mit der Klage vom 16.03.1999 beim Sozialgericht München (SG) geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, die Kosten einer Ausleitungstherapie zu übernehmen, da die die Organbeschwerden verursachenden schädigenden Metalle entfernt werden müssten. Sie müsse auch die Fahrkosten sowie die Laborkosten erstatten und sei zu verurteilen, die vorgelegten Arztatteste anzuerkennen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und das Ablehnungsgesuch waren erfolglos.
Das SG hat mit Beschluss vom 31.07.2001 die vorliegende Streitsache mit anderen verbunden und den Rechtsstreit unter dem Az.: S 18 KR 175/99 fortgeführt. Es hat mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2002 die Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 30.05.2002. Die Beklagte habe die Kosten der Ausleitungstherapie in Höhe von 654,38 DM (in Euro) zu erstatten; die vorliegenden Arztatteste seien anzuerkennen. Die Therapie habe aus Laborleistungen, Kosten für Medikamente und einer psycho-kinesiologische Sitzung bestanden. Die Ausleitungstherapie nach Dr.K. sei erfolgreich gewesen, es handle sich hier um Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen. Die Klägerin hat der Berufungsbegründung vom 30.08.2002 beigefügt ein Rezept von Dr.F. vom 26.05.1998 (Bio-Reurella = 59,00 DM), ein Rezept von Dr.B. vom 01.07.1998 (Bio-Reurella = 59,00 DM), eine Rechnung von Dr.F. vom 09.06.1998 (psycho-kinesiologische Sitzung = 150,00 DM), eine Quittung einer Apotheke in M. über ein Kilogramm Schwarzkümmelsamen vom 08.05.1998 (27,85 DM) sowie drei Rechnungen der Ärzte für Laboratoriumsmedizin Dres.S. u.a. (B.) vom 21.06.1996, 14.08.1996 und 02.10.1996 über 69,82 DM, 176,41 DM und 212,30 DM. Der Senat hat Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 04.04.2000 sowie der Bescheide vom 31.07.1998 und 18.08.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.1999 zu verurteilen, die Kosten für die Ausleitungstherapie in Höhe von 654,38 DM in Euro zu erstatten und weitere Kosten dieser Therapie zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144 Abs.1 Nr.1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes der vom SG verbundenen Verfahren übersteigt 500,00 EUR. Der Senat musste den Termin nicht verlegen, weil die Klägerin sich nicht ausreichend entschuldigt hat (§ 110 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung oder Übernahme der geltend gemachten Leistungen. Nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin ist davon auszugehen, dass sie nicht nur die Erstattung der bereits angefallenen Kosten, sondern die Fortführung der Ausleitungstherapie geltend macht.
Soweit jedoch es um die Fortsetzung der Therapie geht, ist die Beklagte nicht mehr passivlegitimiert. Die Klägerin hat zwar einen Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte auf ärztliche Behandlung (§ 11 Abs.1 Satz 1 Nr.4, 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V). Dieser Anspruch ist jedoch mit dem Ende der Mitgliedschaft erloschen (§ 19 Abs.1 SGB V). Damit ist die Beklagte nicht mehr Schuldnerin des Behandlungsanspruchs.
Soweit die mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Leistungen aus den Jahren 1996 und 1998 zur Zeit der Mitgliedschaft der Klägerin durchgeführt und bezahlt worden sind, ist die Beklagte zwar passivlegitimiert, aber zur Kostenerstattung gemäß § 13 Abs.3 SGB V nicht verpflichtet. Konnte danach die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Bezüglich des Rezeptes von Dr.F. vom 26.05.1998 und der Rechnungen der Ärzte für Laboratoriumsmedizin Dres.S. u.a. hat es die Klägerin versäumt, vor der Erbringung der streitigen Leistungen die Behandlung bei der Beklagten zu beantragen. Generell setzt eine Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 SGB V, sowohl im Falle einer unaufschiebbaren Leistung, als auch einer rechtswidrigen Leistungsablehnung voraus, dass der Versicherte vor Selbstbeschaffung der Leistung Kontakt mit der Krankenkasse aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten hat. Einer der Beschaffung vorgeschalteten Entscheidung der Krankenkasse bedarf es unabhängig davon, welcher Art die in Anspruch genommene Leistung ist und in welcher Höhe dafür Kosten anfallen (Bundessozialgericht - BSG - vom 28.09.2000 SozR 3-2500 § 13 Nr.22; BSG vom 19.06.2001 SGb 2001, 549). Dies hat die Klägerin nicht getan, sondern die Kostenerstattung für das privatärztliche Rezept von Dr.F. erst am 29.05.1998 beantragt. Sie hat überdies nach dem Akteninhalt die Kostenerstattung für die Laborleistungen, die im Juni, August und Oktober 1996 durchgeführt worden sind, erst mit der Klage vom 14.03.1999 geltend gemacht. Das Gleiche gilt bezüglich der in der Klageschrift bezeichneten Laborrechnungen vom 18.09.1998 und 12.11.1998, die die Klägerin allerdings in der Berufungsbegründung nicht mehr erwähnt hat.
Bezüglich der Erstattung der Kosten für das Präparat Bio-Reurella aus dem Rezept von Dr.B. vom 01.07.1998, ist auf die gutachtliche Stellungnahme des MDK zu verweisen, wonach eine Entgiftung mit dem Algen-Präparat Bio-Reurella nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, insbesondere die behaupteten Wirkungen nicht überprüfbar belegt sind (§ 2 Abs.1 Satz 4 SGB V).
Eine Erstattung der Kosten für das Präparat Schwarzkümmel kommt nicht in Frage, da es hier, falls das Präparat leistungsrechtlich den Arzneimitteln zugeordnet werden kann (§ 31 Abs.1 SGB V), an einer entsprechenden ärztlichen Verordnung fehlt.
Schließlich ist die Beklagte auch nicht zur Erstattung der Kosten für die durch Dr.F. durchgeführte "psycho-kinesiologische Sitzung" verpflichtet. Es ist von der Klägerin nicht erläutert worden, welche Leistung und welche Therapiemethoden hierunter fallen. Nach der Literatur ist die Kinesiologie der Wissenschaftszweig, der sich mit den Grundlagen der Bewegungen (physikalische und physiologische Phänomene) befasst, also meist in der Sportwissenschaft vertreten ist. Kinesiologische Aspekte werden aber auch in der Kinderneurologie beachtet, wie die Beobachtungen von Vojta zeigen, die zur Entwicklung seiner Behandlungsmethode führten. Als eigenes Therapieverfahren kommt die offensichtlich hier gemeinte Kinesiologie aus den USA in Frage; sie ist ein "Ganzheitlichkeit" beanspruchendes Diagnose- und Behandlungsverfahren. Sie versucht, fernöstliches Gedankengut mit Erfahrungen und gewissen neurophysiologischen Vorstellungen zu verbinden. Durch ein besseres, intensiveres Körperbewusstsein soll zur Entspannung verholfen werden, damit verschiedenen Stresssituationen entgegengewirkt, Gleichgewicht angestrebt wird. Eine Rolle spielt der sogenannte Muskeltest, mit dem herauszufinden ist, was für Beschwerden oder Fehlhaltungen verantwortlich ist. Wie zahlreiche ähnliche Verfahren beruht die Kinesiologie auf ideologischen Vorstellungen. Auch wenn der Name etwas anderes suggeriert, ist sie lediglich durch Erfahrungen "begründet". Es gibt keine wissenschaftlich-stichhaltigen Beweise dafür, dass es sich um eine Methode handelt, die spezifische Wirkungen auf das Nervensystem haben könnte. Die Behauptung von Vertretern der Kinesiologie sind in keiner Weise mit den neurophysiologischen und neuropsychologischen Erkenntnissen in Einklang zu bringen, die es dank moderner Methoden in zunehmendem Umfang gibt. Es gibt also keinen wissenschaftlichen Stellenwert dieser Art von Kinesiologie. Der Begriff ist zweckentfremdet und gehört eigentlich in die Sportwissenschaft (Neuhäuser, in Erweiterte Schulmedizin, Bd.3, Unkonventionelle Therapiemethoden und Arzneimittelverschreibungen, herausgegeben von Saller und Feiereis, 1997, S.199 f.). Da die Klägerin die Kinesiologie offenbar mit der Ausleitungstherapie in Verbindung bringt, muss ihr hier - abgesehen von der fehlenden Anerkennung in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vom 04.12.1990 (NUB-Richtlinien i.d.F. 04.12.1990 BArBl.2 1991 S.33, s. § 135 Abs.1 i.V.m. § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V) - entgegengehalten werden, dass nach der gutachterlichen Stellungnahme des MDK eine Ausleitungstherapie medizinisch nicht erforderlich ist. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ist eine Schwermetallvergiftung der Klägerin nicht nachgewiesen und damit eine Entgiftung medizinisch nicht notwendig (§ 12 Abs.1 SGB V).
Schließlich ist die Berufung auch insoweit erfolglos, als die Klägerin von der Beklagten die Anerkennung der vorgelegten Arztatteste geltend macht. Denn eine derartige Klage ist neben einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auf Übernahme der Kosten der beantragten Therapie mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
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