Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 EG 6/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 8/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.01.2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Bundeserziehungsgeld (BErzg) für den Zeitraum 27.11.1997 mit 01.02.1999 streitig.
I.
Die am 1969 geborene verheiratete Klägerin ist die Mutter der am 1997 geborenen R. und zweier weiterer Kinder (L. , geboren 1990, und A. , geboren 1994).
Am 24.06.1999 ging im Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg ein Schreiben des Steuerbüros S. vom 22.06.1999 ein, in dem für den "Folgeantrag der R. R." ohne Angabe des Veranlagungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von DM 18.637,-- sowie aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 6.825,-- mitgeteilt wurden. Die Steuererklärung sei erst "heute" abgegeben worden. Da ein Vorgang nicht ermittelt werden konnte, wurde die Antragstellerin um die Mitteilung des entsprechenden Aktenzeichens gebeten.
Nach Aktenlage ist der Antrag vom 19.01.1998 für das erste und zweite Lebensjahr der Tochter am 02.08.1999 eingegangen. Darin wurde u.a. angegeben, die Klägerin übe ab 23.01.1998 eine geringfügige Teilzeitbeschäftigung aus, sie betreue und erziehe das Kind im eigenen Haushalt. Vorgelegt wurde Einkommensfragebogen vom 19.01.1998 über voraussichtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (der Klägerin) in Höhe von DM 19.874,--, über negative Einkünfte aus Gewerbe (Blumenhandel der Klägerin) und über Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (des Ehemannes) in Höhe von DM 71.911,--. Letztmals sei ein Einkommensteuerbescheid für 1996 erteilt worden. Die AOK Donauwörth bestätigte den Bezug von Mutterschaftsgeld in Höhe von DM 25,-- kalendertäglich im Zeitraum 22.10.1997 mit 22.01.1998.
Nach diesen Vorgängen sind in der Erziehungsgeldakte jeweils ohne Eingangsstempel bzw. -vermerk eine Anlage L vom 20.10. 1998, eine Erklärung zur Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft vom 20.10.1998, eine Kopie der Einkommensteuerbescheide für 1996 vom 17.02.1998 und für 1997 vom 19.07.1999 abgeheftet. Mit Schreiben vom 11.08.1999, eingegangen am 17.08.1999, teilte die Klägerin mit, der Einkommensteuerbescheid für 1998 liege nicht vor, die Steuererklärung sei noch nicht eingereicht worden. Der Gewerbebetrieb sei im Übrigen zum 31.12.1998 erloschen.
Durch Bescheid vom 07.10.1999 versagte die Beklagte BErzg für das erste Lebensjahr der Tochter, denn dieses könne rückwirkend gemäß § 4 Abs.2 BErzGG höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung gewährt werden. Mit weiterem Bescheid vom 07.10. 1999 wurde die Leistung für das zweite Lebensjahr in Höhe von DM 600,-- monatlich gewährt, aufgrund der oben angeführten Rückwirkungsregelung jedoch erst ab 02.02.1999. Zugrunde gelegt wurden positive Einkünfte aus 1998 in Höhe von DM 14.081,--, von denen pauschal 27 v.H. abgesetzt wurden (DM 3.801,87), so dass ein berücksichtigungsfähiges Einkommen in Höhe von DM 10.279,13 verblieb, das die einschlägigen Einkommensgrenzen im Sinne des § 5 Abs.2 Sätze 2 und 3 BErzGG nicht überstieg. Der hiergegen eingelegte Rechtsbehelf blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.01.2000).
II.
Vor dem angerufenen Sozialgericht (SG) Augsburg trug die Klägerin vor, der Antrag sei unmittelbar nach dem 19.01.1998 per Post eingereicht worden. Kurz nach dem Eingang habe eine Mitarbeiterin des Amtes, vermutlich Frau M. , telefonisch vorgeschlagen, die gesamten Unterlagen zurückzusenden und mit der neu überreichten und noch auszufüllenden Anlage L die Einkünfte aus Landwirtschaft für 1997 zu belegen. Infolgedessen sei das Original des Antrags auch formlos zurückgesandt worden. Dieses habe man nach Erhalt der Einkommensnachweise für 1998 im August 1999 nochmals eingereicht, und zwar erweitert um den Zweitantrag. Der Beklagte legte eine schriftliche Stellungnahme der Bediensteten D. H. vom 01.08.2000 vor, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird. Die 10. Kammer hörte den Ehemann der Klägerin uneidlich als Zeugen, auch auf dessen Bekundungen im Einzelnen wird verwiesen.
Mit Urteil vom 22.01.2001 verpflichtete das SG den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 07.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2000, BErzg dem Grunde nach ab der Geburt des Kindes bis 01.02.1999 unter Anrechnung des bezogenen Mutterschaftsgeldes zu gewähren. Bereits das Schreiben des Steuerbüros der Klägerin vom 22.06.1999 hätte als Antrag ausgelegt werden müssen, und zwar mit Rückwirkung bis 24.12.1998. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei darüber hinaus davon auszugehen, dass der Antrag vom 19.01.1998 zeitgerecht eingereicht, nach einem Telefonat der Bearbeiterin mit der Klägerin bzw. deren Ehemann aber zurückgesandt worden sei, damit unter anderem die Anlage L ausgefüllt wurde. Offensichtlich seien die Unterschriften erst nach Aufforderung durch das Amt geleistet worden, nachdem das Antragsformular bereits in anderen Händen gewesen sei. Es sei hier von einer atypischen Bearbeitung auszugehen, da entgegen dem üblichen Verfahrensgang mehrfach auf in den Akten befindlichen Schriftstücken kein Eingangsstempel aufgebracht worden sei. Ein solcher dürfte sich auf dem Kuvert befunden haben, das zwischenzeitlich verlorengegangen sei, auch wenn vor der Rücksendung der Antragsformulare keine Kopien für den Akt gefertigt worden seien, was durchaus vorkommen könne. Der Beklagte sei daher verpflichtet, bereits ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes BErzg unter Berücksichtigung des bezogenen Mutterschaftsgeldes zu gewähren.
III.
Mit der zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hält der Beklagte die Aussage des Ehemannes der Klägerin vor dem Erstgericht für unschlüssig und nicht nachvollziehbar. Unter anderem sei der angeblich bereits im Januar 1998 eingereichte Erstantrag nämlich weder von der EDV erfasst noch kopiert worden, noch enthalte er ein Aktenzeichen. Auch sei ein Akt nicht angelegt worden. Der Verfahrensablauf, wie er von der Bediensteten D. H. geschildert worden sei, wäre also nicht beachtet worden, was nicht vorstellbar sei. Auf eine Anfrage des Senats teilte die Steuerkanzlei S. mit, dass der Antrag zur Erstellung der Bilanz 1997 erst Anfang März 1999 erteilt worden sei.
Der Senat hat neben der Streitakte des ersten Rechtszuges die Erziehungsgeldakte des Beklagten beigezogen und die Zeugen D. H. sowie R. R. uneidlich gehört. Auf deren Bekundungen im Einzelnen wird Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des SG Augsburg vom 22.01.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin stellt den Antrag, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Augs- burg vom 22.01.2001 zurückzuweisen.
Die Beteiligten erklären darüber hinaus ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Inhalt der Streitakten beider Rechtszüge sowie der Erziehungsgeldakte des Beklagten Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift des Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 12.12.2002.
Entscheidungsgründe:
Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung des Beklagten, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet.
Der Senat entscheidet aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter, § 155 Abs.4 i.V.m. Abs.3 SGG.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 07.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2000, mit denen BErzg für die am 1997 geborene R. erst ab 02.02.1999 gewährt worden ist. Zu Recht hat das SG den Beklagten auf die zutreffende Anfechtungs- und Leistungsklage verurteilt, die oben angeführte Familienleistung unter Berücksichtigung des Mutterschaftsgeldes dem Grunde nach bereits ab der Geburt des Kindes zu gewähren.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Erziehungsgeld (Erzg) ist das Gesetz über die Gewährung von BErzg und Erziehungsurlaub (BErzGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.01. 1994, BGBl. I Seite 181). Anspruch auf BErzg hat gemäß § 1 Abs.1 BErzGG in der für Geburten nach dem 01.07.1993 geltenden Fassung (zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.03.1997 - BGBl I Seite 594), wer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des BErzGG hat (Nr.1), mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt (Nr.2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr.3) und zumindest keine volle Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 ausübt (Nr.4). Die Leistung wird § 4 zufolge vom Tag der Geburt an, bei Geburten nach dem 31.12.1992 bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats gewährt (Abs.1), und zwar rückwirkend höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung (Abs.2 Satz 3). Dabei ist für die Zeit nach der Geburt laufend zu zahlendes Mutterschaftsgeld anzurechnen, § 7 Abs.1 und 2. Die einkommensabhängige Leistung wird in den ersten Lebensmonaten des Kindes unter Beachtung der Einkommensgrenze des § 5 Abs.1 Satz 1, ab dem 7. Lebensmonat unter Beachtung der Grenzen der Sätze 2 und 3 gewährt. Das maßgebliche Einkommen richtet sich dabei nach § 6 BErzGG.
In der vorliegenden Erziehungsgeldangelegenheit ist allein streitig, wann der maßgebliche Antrag beim zuständigen Amt bzw. einer der in § 16 Abs.1 SGB I genannten Stellen gestellt worden, also tatsächlich eingegangen ist, § 4 Abs.2 Satz 2 BErzGG.
Insoweit hat der Senat keine vernünftigen Zweifel daran, dass der streitgegenständliche Antrag für das erste Lebensjahr des Kindes nicht erst am 02.08.1999, sondern bereits Anfang 1998 beim zuständigen Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg eingegangen ist, wie das Erstgericht im Einzelnen ausführlich dargelegt hat. Zwar hat die seinerzeitige Bearbeiterin H. überzeugend, zweifelsfrei und in Übereinstimmung mit ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 01.08.2000 generell den auch dem Senat bekannten üblichen Ablauf des Verwaltungsverfahrens bekundet. Dieser schließt grundsätzlich den von der Klägerin zur Begründung des Anspruchs geschilderten Geschehensablauf im Regelfall aus, zumal das Augsburger Amt gerichtsbekannt eigens für Erziehungsgeldfälle eine gesonderte Stelle eingerichtet hat, in der der Bedienstete S. Erstanträge erfasst und eingibt. Jedoch hat der Senat bei seiner Entscheidung auch zu würdigen, dass der Ehemann der Klägerin ungeachtet eines natürlichen Interesses am Ausgang des Berufungsverfahrens bei der gerichtlichen Einvernahme in beiden Tatsacheninstanzen beharrlich die Darstellung bestätigt hat, die die Klägerin bereits im Widerspruchsverfahren abgegeben hat, nämlich dass er einerseits den Erstantrag zeitnah mit der Geburt der Tochter beim Versorgungsamt auf dem Postweg eingereicht habe und kurze Zeit danach vom zuständigen Sachgebiet wegen der im Hinblick auf die Anlage L unvollständigen Unterlagen angerufen worden sei. Es sei ihm seinerzeit von der Bearbeiterin im Einzelnen mitgeteilt worden, die Unterlagen würden zurückgesandt und seien nach Ergänzung durch die Anlage L erneut einzureichen. Dementsprechend seien ihm die kompletten Antragsunterlagen nebst der hinzugefügten Anlage L auch tatsächlich zurückgeleitet worden. Erst im Jahre 1999 habe das Steuerbüro dann die Einkünfte aus Landwirtschaft festgestellt und die Unterlagen an das Amt weitergeleitet.
Ungeklärt bleibt in diesem Zusammenhang zwar, aus welchem Grund der Steuerkanzlei erst im März 1999 der Auftrag erteilt worden ist, die Bilanz für 1997 zu erstellen. Etwaige nach Januar 1998 geschehene "Schlampereien", die der Klägerin zugerechnet werden müssen, berühren jedoch nicht die von deren Ehemann nach Belehrung über die Wahrheitspflicht und die Folgen einer falschen uneidlichen Aussage vor Gericht schlüssig und glaubhaft bekundeten Umstände der erstmaligen Einreichung des Antrages. Dem Sozialgericht ist aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme beider Tatsacheninstanzen daher darin beizupflichten, dass im vorliegenden Fall aufgrund des vom Zeugen R. konkret und widerspruchsfrei geschilderten Geschehensablaufs, der vom gewöhnlichen Verwaltungsverfahren erheblich abweicht, der Schluss von der üblichen Verwaltungspraxis auf den im Einzelfall auch tatsächlich eingetretenen Vollzug ausnahmsweise nicht plausibel erscheint, zumal die gerichtlich gehörte Bedienstete H. sich an ein Telefonat mit dem Ehemann der Klägerin im Januar 1998 sowie an die konkreten Umstände der Behandlung des streitgegenständlichen Erstantrags nicht erinnern konnte. Der vom Senat gehörte glaubwürdige Zeuge und Ehemann der Klägerin verfügt demgegenüber insbesondere aufgrund der Erfahrungen aus früheren Erziehungsgeldverfahren seiner am 1990 und 1994 geborenen weiteren Kinder zumindest über rudimentäre Kenntnisse des Verwaltungsverfahrens, die von einem Gärtnermeister nicht unbedingt vorausgesetzt werden können. Diese stehen aus seiner Sicht nicht im Widerspruch zu seinen Bekundungen im hier streitigen Verfahren.
Der Senat verweist abschließend zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darlegungen in den Urteilsgründen des Erstgerichts und sieht insoweit von einer weiteren eigenen Darstellung ab, § 153 Abs.2 SGG.
Die streitgegenständlichen Bescheide sind nach allem zu Recht vom Erstgericht abgeändert worden. Dem Rechtsmittel des Beklagten musste der Erfolg mithin versagt bleiben.
Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang war der Beklagte zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen zu verurteilen, die der Klägerin im Berufungsverfahren zu deren Rechtsverfolgung entstanden sind.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
II. Der Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Bundeserziehungsgeld (BErzg) für den Zeitraum 27.11.1997 mit 01.02.1999 streitig.
I.
Die am 1969 geborene verheiratete Klägerin ist die Mutter der am 1997 geborenen R. und zweier weiterer Kinder (L. , geboren 1990, und A. , geboren 1994).
Am 24.06.1999 ging im Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg ein Schreiben des Steuerbüros S. vom 22.06.1999 ein, in dem für den "Folgeantrag der R. R." ohne Angabe des Veranlagungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von DM 18.637,-- sowie aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 6.825,-- mitgeteilt wurden. Die Steuererklärung sei erst "heute" abgegeben worden. Da ein Vorgang nicht ermittelt werden konnte, wurde die Antragstellerin um die Mitteilung des entsprechenden Aktenzeichens gebeten.
Nach Aktenlage ist der Antrag vom 19.01.1998 für das erste und zweite Lebensjahr der Tochter am 02.08.1999 eingegangen. Darin wurde u.a. angegeben, die Klägerin übe ab 23.01.1998 eine geringfügige Teilzeitbeschäftigung aus, sie betreue und erziehe das Kind im eigenen Haushalt. Vorgelegt wurde Einkommensfragebogen vom 19.01.1998 über voraussichtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (der Klägerin) in Höhe von DM 19.874,--, über negative Einkünfte aus Gewerbe (Blumenhandel der Klägerin) und über Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (des Ehemannes) in Höhe von DM 71.911,--. Letztmals sei ein Einkommensteuerbescheid für 1996 erteilt worden. Die AOK Donauwörth bestätigte den Bezug von Mutterschaftsgeld in Höhe von DM 25,-- kalendertäglich im Zeitraum 22.10.1997 mit 22.01.1998.
Nach diesen Vorgängen sind in der Erziehungsgeldakte jeweils ohne Eingangsstempel bzw. -vermerk eine Anlage L vom 20.10. 1998, eine Erklärung zur Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft vom 20.10.1998, eine Kopie der Einkommensteuerbescheide für 1996 vom 17.02.1998 und für 1997 vom 19.07.1999 abgeheftet. Mit Schreiben vom 11.08.1999, eingegangen am 17.08.1999, teilte die Klägerin mit, der Einkommensteuerbescheid für 1998 liege nicht vor, die Steuererklärung sei noch nicht eingereicht worden. Der Gewerbebetrieb sei im Übrigen zum 31.12.1998 erloschen.
Durch Bescheid vom 07.10.1999 versagte die Beklagte BErzg für das erste Lebensjahr der Tochter, denn dieses könne rückwirkend gemäß § 4 Abs.2 BErzGG höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung gewährt werden. Mit weiterem Bescheid vom 07.10. 1999 wurde die Leistung für das zweite Lebensjahr in Höhe von DM 600,-- monatlich gewährt, aufgrund der oben angeführten Rückwirkungsregelung jedoch erst ab 02.02.1999. Zugrunde gelegt wurden positive Einkünfte aus 1998 in Höhe von DM 14.081,--, von denen pauschal 27 v.H. abgesetzt wurden (DM 3.801,87), so dass ein berücksichtigungsfähiges Einkommen in Höhe von DM 10.279,13 verblieb, das die einschlägigen Einkommensgrenzen im Sinne des § 5 Abs.2 Sätze 2 und 3 BErzGG nicht überstieg. Der hiergegen eingelegte Rechtsbehelf blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.01.2000).
II.
Vor dem angerufenen Sozialgericht (SG) Augsburg trug die Klägerin vor, der Antrag sei unmittelbar nach dem 19.01.1998 per Post eingereicht worden. Kurz nach dem Eingang habe eine Mitarbeiterin des Amtes, vermutlich Frau M. , telefonisch vorgeschlagen, die gesamten Unterlagen zurückzusenden und mit der neu überreichten und noch auszufüllenden Anlage L die Einkünfte aus Landwirtschaft für 1997 zu belegen. Infolgedessen sei das Original des Antrags auch formlos zurückgesandt worden. Dieses habe man nach Erhalt der Einkommensnachweise für 1998 im August 1999 nochmals eingereicht, und zwar erweitert um den Zweitantrag. Der Beklagte legte eine schriftliche Stellungnahme der Bediensteten D. H. vom 01.08.2000 vor, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird. Die 10. Kammer hörte den Ehemann der Klägerin uneidlich als Zeugen, auch auf dessen Bekundungen im Einzelnen wird verwiesen.
Mit Urteil vom 22.01.2001 verpflichtete das SG den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 07.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2000, BErzg dem Grunde nach ab der Geburt des Kindes bis 01.02.1999 unter Anrechnung des bezogenen Mutterschaftsgeldes zu gewähren. Bereits das Schreiben des Steuerbüros der Klägerin vom 22.06.1999 hätte als Antrag ausgelegt werden müssen, und zwar mit Rückwirkung bis 24.12.1998. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei darüber hinaus davon auszugehen, dass der Antrag vom 19.01.1998 zeitgerecht eingereicht, nach einem Telefonat der Bearbeiterin mit der Klägerin bzw. deren Ehemann aber zurückgesandt worden sei, damit unter anderem die Anlage L ausgefüllt wurde. Offensichtlich seien die Unterschriften erst nach Aufforderung durch das Amt geleistet worden, nachdem das Antragsformular bereits in anderen Händen gewesen sei. Es sei hier von einer atypischen Bearbeitung auszugehen, da entgegen dem üblichen Verfahrensgang mehrfach auf in den Akten befindlichen Schriftstücken kein Eingangsstempel aufgebracht worden sei. Ein solcher dürfte sich auf dem Kuvert befunden haben, das zwischenzeitlich verlorengegangen sei, auch wenn vor der Rücksendung der Antragsformulare keine Kopien für den Akt gefertigt worden seien, was durchaus vorkommen könne. Der Beklagte sei daher verpflichtet, bereits ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes BErzg unter Berücksichtigung des bezogenen Mutterschaftsgeldes zu gewähren.
III.
Mit der zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hält der Beklagte die Aussage des Ehemannes der Klägerin vor dem Erstgericht für unschlüssig und nicht nachvollziehbar. Unter anderem sei der angeblich bereits im Januar 1998 eingereichte Erstantrag nämlich weder von der EDV erfasst noch kopiert worden, noch enthalte er ein Aktenzeichen. Auch sei ein Akt nicht angelegt worden. Der Verfahrensablauf, wie er von der Bediensteten D. H. geschildert worden sei, wäre also nicht beachtet worden, was nicht vorstellbar sei. Auf eine Anfrage des Senats teilte die Steuerkanzlei S. mit, dass der Antrag zur Erstellung der Bilanz 1997 erst Anfang März 1999 erteilt worden sei.
Der Senat hat neben der Streitakte des ersten Rechtszuges die Erziehungsgeldakte des Beklagten beigezogen und die Zeugen D. H. sowie R. R. uneidlich gehört. Auf deren Bekundungen im Einzelnen wird Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des SG Augsburg vom 22.01.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin stellt den Antrag, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Augs- burg vom 22.01.2001 zurückzuweisen.
Die Beteiligten erklären darüber hinaus ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Inhalt der Streitakten beider Rechtszüge sowie der Erziehungsgeldakte des Beklagten Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift des Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 12.12.2002.
Entscheidungsgründe:
Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung des Beklagten, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet.
Der Senat entscheidet aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter, § 155 Abs.4 i.V.m. Abs.3 SGG.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 07.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2000, mit denen BErzg für die am 1997 geborene R. erst ab 02.02.1999 gewährt worden ist. Zu Recht hat das SG den Beklagten auf die zutreffende Anfechtungs- und Leistungsklage verurteilt, die oben angeführte Familienleistung unter Berücksichtigung des Mutterschaftsgeldes dem Grunde nach bereits ab der Geburt des Kindes zu gewähren.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Erziehungsgeld (Erzg) ist das Gesetz über die Gewährung von BErzg und Erziehungsurlaub (BErzGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.01. 1994, BGBl. I Seite 181). Anspruch auf BErzg hat gemäß § 1 Abs.1 BErzGG in der für Geburten nach dem 01.07.1993 geltenden Fassung (zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.03.1997 - BGBl I Seite 594), wer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des BErzGG hat (Nr.1), mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt (Nr.2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr.3) und zumindest keine volle Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 ausübt (Nr.4). Die Leistung wird § 4 zufolge vom Tag der Geburt an, bei Geburten nach dem 31.12.1992 bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats gewährt (Abs.1), und zwar rückwirkend höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung (Abs.2 Satz 3). Dabei ist für die Zeit nach der Geburt laufend zu zahlendes Mutterschaftsgeld anzurechnen, § 7 Abs.1 und 2. Die einkommensabhängige Leistung wird in den ersten Lebensmonaten des Kindes unter Beachtung der Einkommensgrenze des § 5 Abs.1 Satz 1, ab dem 7. Lebensmonat unter Beachtung der Grenzen der Sätze 2 und 3 gewährt. Das maßgebliche Einkommen richtet sich dabei nach § 6 BErzGG.
In der vorliegenden Erziehungsgeldangelegenheit ist allein streitig, wann der maßgebliche Antrag beim zuständigen Amt bzw. einer der in § 16 Abs.1 SGB I genannten Stellen gestellt worden, also tatsächlich eingegangen ist, § 4 Abs.2 Satz 2 BErzGG.
Insoweit hat der Senat keine vernünftigen Zweifel daran, dass der streitgegenständliche Antrag für das erste Lebensjahr des Kindes nicht erst am 02.08.1999, sondern bereits Anfang 1998 beim zuständigen Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg eingegangen ist, wie das Erstgericht im Einzelnen ausführlich dargelegt hat. Zwar hat die seinerzeitige Bearbeiterin H. überzeugend, zweifelsfrei und in Übereinstimmung mit ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 01.08.2000 generell den auch dem Senat bekannten üblichen Ablauf des Verwaltungsverfahrens bekundet. Dieser schließt grundsätzlich den von der Klägerin zur Begründung des Anspruchs geschilderten Geschehensablauf im Regelfall aus, zumal das Augsburger Amt gerichtsbekannt eigens für Erziehungsgeldfälle eine gesonderte Stelle eingerichtet hat, in der der Bedienstete S. Erstanträge erfasst und eingibt. Jedoch hat der Senat bei seiner Entscheidung auch zu würdigen, dass der Ehemann der Klägerin ungeachtet eines natürlichen Interesses am Ausgang des Berufungsverfahrens bei der gerichtlichen Einvernahme in beiden Tatsacheninstanzen beharrlich die Darstellung bestätigt hat, die die Klägerin bereits im Widerspruchsverfahren abgegeben hat, nämlich dass er einerseits den Erstantrag zeitnah mit der Geburt der Tochter beim Versorgungsamt auf dem Postweg eingereicht habe und kurze Zeit danach vom zuständigen Sachgebiet wegen der im Hinblick auf die Anlage L unvollständigen Unterlagen angerufen worden sei. Es sei ihm seinerzeit von der Bearbeiterin im Einzelnen mitgeteilt worden, die Unterlagen würden zurückgesandt und seien nach Ergänzung durch die Anlage L erneut einzureichen. Dementsprechend seien ihm die kompletten Antragsunterlagen nebst der hinzugefügten Anlage L auch tatsächlich zurückgeleitet worden. Erst im Jahre 1999 habe das Steuerbüro dann die Einkünfte aus Landwirtschaft festgestellt und die Unterlagen an das Amt weitergeleitet.
Ungeklärt bleibt in diesem Zusammenhang zwar, aus welchem Grund der Steuerkanzlei erst im März 1999 der Auftrag erteilt worden ist, die Bilanz für 1997 zu erstellen. Etwaige nach Januar 1998 geschehene "Schlampereien", die der Klägerin zugerechnet werden müssen, berühren jedoch nicht die von deren Ehemann nach Belehrung über die Wahrheitspflicht und die Folgen einer falschen uneidlichen Aussage vor Gericht schlüssig und glaubhaft bekundeten Umstände der erstmaligen Einreichung des Antrages. Dem Sozialgericht ist aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme beider Tatsacheninstanzen daher darin beizupflichten, dass im vorliegenden Fall aufgrund des vom Zeugen R. konkret und widerspruchsfrei geschilderten Geschehensablaufs, der vom gewöhnlichen Verwaltungsverfahren erheblich abweicht, der Schluss von der üblichen Verwaltungspraxis auf den im Einzelfall auch tatsächlich eingetretenen Vollzug ausnahmsweise nicht plausibel erscheint, zumal die gerichtlich gehörte Bedienstete H. sich an ein Telefonat mit dem Ehemann der Klägerin im Januar 1998 sowie an die konkreten Umstände der Behandlung des streitgegenständlichen Erstantrags nicht erinnern konnte. Der vom Senat gehörte glaubwürdige Zeuge und Ehemann der Klägerin verfügt demgegenüber insbesondere aufgrund der Erfahrungen aus früheren Erziehungsgeldverfahren seiner am 1990 und 1994 geborenen weiteren Kinder zumindest über rudimentäre Kenntnisse des Verwaltungsverfahrens, die von einem Gärtnermeister nicht unbedingt vorausgesetzt werden können. Diese stehen aus seiner Sicht nicht im Widerspruch zu seinen Bekundungen im hier streitigen Verfahren.
Der Senat verweist abschließend zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darlegungen in den Urteilsgründen des Erstgerichts und sieht insoweit von einer weiteren eigenen Darstellung ab, § 153 Abs.2 SGG.
Die streitgegenständlichen Bescheide sind nach allem zu Recht vom Erstgericht abgeändert worden. Dem Rechtsmittel des Beklagten musste der Erfolg mithin versagt bleiben.
Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang war der Beklagte zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen zu verurteilen, die der Klägerin im Berufungsverfahren zu deren Rechtsverfolgung entstanden sind.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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