Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 13 RA 2374/98
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 RA 306/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 45/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach Inkrafttreten des SGB VI sind amerikanische Minizeiten (Teil II Art 8 Nr 2 SozSichAbk USA) je Monat mit dem Monatsdurchschnitt der nach den allgemeinen deutschen Vorschriften auf Grund des deutschen Versicherungsverlaufs erlangten Entgeltpunkte zu bewerten und der Summe der Entgeltpunkte nach deutschem Recht hinzuzuzählen. Bei der Feststellung der nach dem SozSichAbk USA maßgeblichen Entgeltpunkte sind jedoch die Monate an amerikanischen Minizeiten von der Anzahl der belegungsfähigen Monate abzuziehen.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um den Wert des Rechts auf Altersrente des Klägers und in diesem Zusammenhang, wie die amerikanischen Beitragszeiten des Klägers bei dem Wert des Rechts auf Rente zu berücksichtigen sind.
Die Beklagte gewährt dem 1930 geborenen Kläger seit 1. August 1993 eine Altersrente. Mit Bescheid vom 16. Februar 1998 stellte sie den Wert des Rechts auf Rente unter Hinweis auf § 44 SGB X neu fest, wobei sie erstmals neun Monate amerikanischer Beitragszeiten berücksichtigte, indem sie den Gesamtdurchschnittswert an Entgeltpunkten aus deutschen Beitragszeiten, beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten zu Grunde legte. Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, die amerikanischen Versicherungszeiten seien allein mit dem Durchschnitt aus den deutschen Beitragszeiten zu bewerten. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1998 unter Bezugnahme auf Teil II Art 7 Abs 2 und 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (DASVA) vom 7. Januar 1976 (BGBl 1976 II, S 1358) idF des Zusatzabkommens vom 2. Oktober 1986 (BGBl 1988 II, S 83) und des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl 1996 II, S 302) zurück.
Mit Urteil vom 2. Dezember 1999 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verurteilt, bei dem Wert der Rente für die amerikanischen Zeiten einen höheren Wert pro Monat zu Grunde zu legen. Es hat die Auffassung vertreten, eine Auslegung des DASVA ergebe, dass die amerikanischen Zeiten nach den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens geltenden deutschen Rechtsvorschriften, mithin des AVG bzw der RVO, zu bewerten seien. Hiernach hätten allein der Durchschnitt der Beitragszeiten gemäß Teil I Art 1 Nr 7 DASVA der Bewertung zu Grunde gelegt werden dürfen. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. Juni 2001). Es hat ausgeführt: Die vom Kläger in den Vereinigten Staaten von Amerika zurückgelegten Beitragszeiten seien auf der Grundlage des DASVA in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen, da in den Vereinigten Staaten nicht die Mindestversicherungszeit zurückgelegt worden sei. Die rentenrechtliche Bewertung dieser Zeiten folge aus Teil II Art 8 Nr 3 DASVA. Danach seien für die Rentenbemessungsgrundlage die nach deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten heranzuziehen. Versicherungszeiten in diesem Sinne seien jedoch nach Teil I Art 1 Nr 7 DASVA sämtliche Zeiten, die für die Rentenberechnung von Bedeutung seien, also neben den Beitragszeiten auch die beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger einen Verstoß von Teil II Art 8 Nr 3 iVm Teil I Art 1 Nr 7 DASVA und trägt vor: Das SG habe zutreffend entschieden. Das LSG habe hingegen den Vertragstext unzutreffend, weil nicht vom Wortlaut ausgehend, ausgelegt. Denn es habe die einer Beitragszeit nicht gleichstehenden Zeiten, wie Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten, als Versicherungszeit nach Teil I Art 1 Nr 7 DASVA der Bewertung zu Grunde gelegt. Wäre dies die Absicht der Vertragsparteien gewesen, so hätte das Abkommen geändert oder durch den Abschluss eines neuen Abkommens an die fortschreitende Rechtsentwicklung, an das SGB VI, angepasst werden müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen LSG vom 26. Juni 2001 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 2. Dezember 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Streitig sei allein, nach welchen Modalitäten die in Teil II Art 7 Abs 3 DASVA angeordnete Berücksichtigung von amerikanischen "Minizeiten" erfolgen müsse. Entgegen der Auffassung des LSG finde Teil II Art 8 Nr 3 DASVA keine Anwendung; die Bestimmung treffe keine Regelung über die Bewertung der Minizeiten. Vielmehr beziehe sie sich ausschließlich auf Teil II Art 7 Abs 1 DASVA und damit auf die von dem "anderen" Träger, der eine Rente zu leisten habe, zu berücksichtigenden Versicherungszeiten. Sie habe jedem Kalendermonat amerikanischer Zeiten einen Durchschnittswert zugeordnet, der sich aus der Summe sämtlicher Entgeltpunkte für inländische rentenrechtliche Zeiten ergebe, dividiert durch die Anzahl sämtlicher vom Kläger zurückgelegter rentenrechtlicher Zeiten. Damit sei gewährleistet, dass sich die amerikanischen Zeiten des Klägers rentenerhöhend ausgewirkt hätten.
II
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG (§ 170 Abs 2 SGG).
Die vom LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - getroffenen Feststellungen reichen zur abschließenden Entscheidung nicht aus.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) hat Erfolg, wenn die angefochtene Rentenhöchstwertfestsetzung gegen § 64 SGB VI verstößt und die Beklagte damit das Recht des Klägers auf richtige Feststellung dieses Wertes verletzt hat. Dies ist der Fall, wenn die Beklagte der nur nach den deutschen Vorschriften festzustellenden Summe der Entgeltpunkte (EP) allein aus den in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten (1. Schritt) für jeden Monat an amerikanischen Minizeiten einen unzutreffenden monatlichen Durchschnittswert an EP hinzugezählt hat. Zur Feststellung dieses Durchschnittswertes kommt es auf den ermittelten Durchschnitt an EP aus der deutschen Versicherung an (oben 1. Schritt); dabei sind jedoch die Monate an amerikanischen Minizeiten stets als nicht belegungsfähige Kalendermonate (vgl § 72 Abs 3 Nr 1 Regelung 1 SGB VI) von der Anzahl der (im 1. Schritt) belegungsfähigen Monate abzuziehen (2. Schritt); der Monatsdurchschnittswert an EP aus diesem 2. Schritt ist für jeden Monat an amerikanischen Zeiten der Summe der EP aus den deutschen Zeiten (1. Schritt) hinzuzuzählen (3. Schritt). Es steht nicht fest, ob die Beklagte den zweiten Schritt durchgeführt und ob sie ggf dabei die Monate an amerikanischen Zeiten als belegungsfähige Monate (und uU damit im Ergebnis sogar wie Versicherungslücken, dh wie nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegte belegungsfähige Monate) rangstellenmindernd berücksichtigt oder ob sie die Anzahl der belegungsfähigen Monate entsprechend vermindert hat.
1. Zu Recht sind die Vorinstanzen und die Beklagte davon ausgegangen, dass die Bewertung der amerikanischen Versicherungszeiten nach dem DASVA vorzunehmen ist. Ferner haben sie zutreffend angenommen, dass die amerikanischen Versicherungszeiten des Klägers so genannte "Minizeiten" sind. Denn der Kläger hat in den Vereinigten Staaten von Amerika weniger als die Mindestversicherungszeit von sechs Vierteljahren, nämlich nur neun Monate, zurückgelegt (Teil II Art 7 Abs 2 iVm Abs 3 DASVA). Unzutreffend ist allerdings die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, diese Zeiten seien nach Teil II Art 8 Nr 3 DASVA zu bewerten, wonach für die Rentenbemessungsgrundlage nur die nach den deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten und somit nur die Zeiten iS von Teil I Art 1 Nr 7 DASVA heranzuziehen sind. Teil II Art 8 Nr 3 DASVA findet auf die Bewertung der nach amerikanischem Recht zurückgelegten, vom deutschen Rentenversicherungsträger zu berücksichtigenden Minizeiten keine Anwendung.
Eine am Wortlaut des DASVA orientierte Auslegung ergibt, dass Teil II Art 8 Nr 2 DASVA ausschließlich und abschließend die Bewertung der amerikanischen Minizeiten regelt, indem bestimmt wird, dass "die nach amerikanischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten, die nach Art 7 Abs 3 (Minizeiten) vom zuständigen Träger bei der Berechnung der von ihm zu gewährenden Rente zu berücksichtigen sind, lediglich die Zahl der nach deutschen Rechtsvorschriften anrechnungsfähigen Versicherungsjahre erhöhen". Der von SG und LSG in Bezug genommene Teil II Art 8 Nr 3 DASVA hingegen knüpft an Teil II Art 7 Abs 1 DASVA an, und damit an die Bestimmung, die regelt, wie der "andere" Vertragsstaat die von ihm zu gewährende Rente nach Zurücklegung der Mindestversicherungszeit und Eintritt des Versicherungsfalls zu berechnen hat. Teil II Art 8 Nr 2 DASVA bestimmt hingegen allein, dass die amerikanischen Zeiten lediglich die Zahl der (nach deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden) Versicherungsjahre erhöhen; sie gehen in diesem Umfang wertsteigernd in die Rentenbewertung ein, haben aber keine sonstigen Auswirkungen auf die Rentenhöhe; insbesondere wird ihnen kein individueller, konkreter, bestimmter Rangstellenwert zugeordnet, sondern (im Ergebnis) ein Durchschnittswert, der sich aus den deutschen rentenrechtlichen Zeiten ergibt. Insoweit sind die amerikanischen Minizeiten diesen Zeiten gleichgestellt.
2. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des DASVA bestimmte sich der Wert des Rechts auf Altersrente nach dem AVG (§§ 31, 32 ff AVG) bzw nach der RVO (§§ 1254, 1255 ff RVO). Danach (§ 31 AVG) belief sich der Jahresbetrag des Altersruhegeldes für jedes anrechnungsfähige Versicherungsjahr (§ 35 AVG - VJ) auf 1,5 vH der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage (§ 32 AVG - pB). Diese "pB" ergab sich im Wesentlichen aus dem Verhältnis, in dem das versicherte Entgelt des Versicherten zum Durchschnittsentgelt aller Versicherten in den zurückgelegten Beitragszeiten gestanden hatte (bezogen auf die allgemeine Bemessungsgrundlage); dies war der Rangstellenwert allein aus Beitragszeiten, der heute in §§ 63 Abs 1 und 2, 70 Abs 1 SGB VI im neuen System ähnlich ausgestaltet ist. Nach Art 8 Nr 2 DASVA wirkten sich amerikanische Minizeiten auf die "pB" des Versicherten, seine Rangstelle aus deutschen Beitragszeiten (und aus den in §§ 32a, 33 AVG genannten Beitrags- und gleichstehenden Zeiten) nicht aus, erhöhten diese auch nicht. Die Minizeiten waren "lediglich" den "VJ" hinzuzurechnen, die nach § 35 AVG außer den bei der "pB" genannten Zeiten auch die Ausfallzeiten (§ 36 AVG) umfassten (ferner in der Erwerbsminderungsversicherung auch die Zurechnungszeiten - § 37 AVG). Art 8 Nr 2 DASVA schreibt vor, dass die Minizeiten die Anzahl aller dieser Zeiten lediglich erhöhen, ohne dass das DASVA selbst einen bestimmten Rangstellenwert vermittelt. Damit hatte das DASVA diesen Zeiten den deutschen Durchschnittswert aller dieser anrechnungsfähigen Zeiten zugeordnet, um den sie den Wert der nach deutschem Recht erlangten Position erhöhten. Allerdings beruhte dieser Wert damals nur auf wirklich zurückgelegten und anrechenbaren deutschen rentenrechtlichen Zeiten; Versicherungslücken (dh nicht belegte, aber belegbare Zeiten) waren für den Rangstellenwert aus beitragslosen rentenrechtlichen Zeiten ohne Bedeutung.
Das wurde mit der Einführung des Systems der Gesamtleistungsbewertung durch das SGB VI geändert. Seit dem 1. Januar 1992 ist es für den durch beitragsfreie rentenrechtliche Zeiten vermittelten Rangstellenwert entscheidend, in welchem Umfang der Versicherte im Laufe seines Erwerbslebens (belegungsfähiger Gesamtzeitraum, § 72 SGB VI) Monate ohne rentenrechtliche Zeiten, die seinen Rangstellenwert mindern, zurückgelegt hat. Dies konnte Art 8 Nr 2 DASVA nicht berücksichtigen; er ist aber so zu verstehen, dass die amerikanischen Minizeiten die Zahl der deutschen rentenrechtlichen Zeiten (§ 35 AVG) erhöhen. Dann können sie nach dem SGB VI bei Anwendung des DASVA keine "Versicherungslücken" sein. Entsprechende Vorschriften enthält das hier maßgebliche SGB VI nicht. Eine dynamische, am Sinn und Zweck orientierte Auslegung des Abkommens ergibt jedoch, wie Teil II Art 8 Nr 2 DASVA unter den geänderten Verhältnissen - nach Inkrafttreten des SGB VI - vertragsgerecht anzuwenden ist. Nach diesen Auslegungsgrundsätzen ist jeder Monat an amerikanischen Minizeiten mit dem monatlichen Durchschnittswert aus der nach deutschem Recht auf Grund des danach zurückgelegten Versicherungsverlaufs erlangten Summe der EP zu bewerten und diese um die EP-Summe aus den Minizeiten zu erhöhen.
a) Das DASVA ist mit Inkrafttreten des SGB VI und damit Außerkrafttreten der in RVO und AVG enthaltenen abweichenden Regelungen nicht etwa "obsolet" geworden. Dessen Vorschriften unterliegen zwar als dem Range nach "einfaches" Bundesgesetz ebenso wie die diesem zu Grunde liegenden völkerrechtlichen Verträge (Art 59 Abs 1 GG) einer jederzeitigen Abänderbarkeit durch ein späteres Parlamentsgesetz. Allerdings ist Teil II Art 8 Nr 2 DASVA als Bestandteil des Gesetzes zum DASVA und zu den Zusatzabkommen eine "lex specialis" im Verhältnis zum innerstaatlichen Recht, sodass insoweit der Grundsatz gilt, dass ein allgemeines späteres Gesetz ein spezielles früheres Gesetz nicht außer Kraft setzen kann. Derartige Spezialregelungen sind in aller Regel im Verhältnis zum innerstaatlichen Recht auch die Sozialversicherungsabkommen (vgl BSG SozR 3-1200 § 30 Nr 5 S 9; BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 22 f). Infolgedessen unterliegen sie als völkerrechtliche Verträge auch den gewohnheitsrechtlich geltenden Regelungen des allgemeinen Völkerrechts (Art 25 GG), die in dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WVK) vom 23. Mai 1969 (BGBl 1985 II, S 926, in Kraft getreten für die Bundesrepublik Deutschland am 20. August 1987, BGBl II, S 757), kodifiziert sind. Danach sind völkerrechtliche Verträge einzuhalten (vgl Art 26 WVK); die Bundesrepublik Deutschland darf mithin die Verträge nicht einseitig ändern, sondern nur durch Übereinkunft mit der Vertragspartei eine Vertragsänderung vornehmen (vgl hierzu Art 39 WVK; vgl entsprechend zu Art 22 Nr 3 DISVA: BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 23).
b) Wollte man die Bundesrepublik Deutschland am damaligen Bezugspunkt - "VJ" - des Vertragstextes festhalten, würde dies dem Sinn des Abkommens nicht gerecht. Unberücksichtigt bliebe, dass internationale Abkommen, die - wie hier - auf eine langfristige Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten auf einem bestimmten Sektor, hier dem der sozialen Sicherheit, auf Dauer angelegt sind. In diesen Fällen ist die Auslegung im Lichte des Vertragszieles und dessen dauernder Förderung, also "dynamisch" vorzunehmen (vgl hierzu Herdegen, Völkerrecht, § 15 RdNr 32 f). Infolgedessen sieht Art 31 Abs 1 WVK auch vor, dass ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zwecks auszulegen ist. Geht man hiervon aus, so ist bei der Auslegung derartiger Verträge einerseits zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien langfristig eine dauerhafte Grundlage für die in dem Abkommen geregelten Sachfragen schaffen wollten, sodass nicht jede Änderung von Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates zwangsläufig zu einer Änderung des Abkommens führen muss. Die Grenze einer gebotenen und zulässigen Auslegung ist jedoch andererseits überschritten, wenn durch gesetzliche Änderungen Sinn und Zweck des Abkommens unterlaufen würden. Die Vorgaben in dem Abkommen sind mithin vertragsgerecht nach Treu und Glauben umzusetzen.
c) Berücksichtigt man, dass das DASVA den amerikanischen Minizeiten schon unter der Geltung von AVG bzw RVO keinen bestimmten Rangstellenwert, sondern den Durchschnittswert aus allen damals rentenrechtlich erheblichen deutschen Zeiten zugeordnet hatte, so kann diese Wertermittlung im Wesentlichen auch nach dem SGB VI fortgeführt werden. Den Minizeiten wird grundsätzlich weiterhin der Durchschnittswert aus sämtlichen deutschen rentenrechtlichen Zeiten zugeordnet. Allerdings umfasst seit Inkrafttreten des SGB VI der Rangstellenwert der deutschen "beitragsfreien" Zeiten auch Versicherungslücken, also die Monate im belegungsfähigen Gesamtzeitraum (vom 16./17. Lebensjahr bis zum Monat vor Beginn der Rente), die keine rentenrechtliche Zeiten sind und in denen keine Renten bezogen wurden (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 19 f). Nach Art 8 Nr 2 DASVA sind aber die amerikanischen Minizeiten bei Anwendung des DASVA wie rentenrechtliche Zeiten den Rangstellenwert erhöhend einzustufen, dürfen also nicht diesen mindernd berücksichtigt werden. Daher dürfen sie im 2. Schritt keinesfalls als Versicherungslücken berücksichtigt, sondern müssen stets von der Zahl der belegungsfähigen Monate abgezogen werden.
Geht man hiervon aus, so weisen die amerikanischen Minizeiten nach Teil II Art 8 Nr 2 DASVA, was die Zielsetzung bei der pauschalen Abgeltung ihres Wertes anbelangt, bei der Anwendung dieses Vertrages im Rahmen des SGB VI keine entscheidenden Unterschiede zu den nach den Bestimmungen des SGB VI zu bewertenden beitragsfreien Zeiten auf. Sie sind wie diese "als rentenrechtliche Zeiten" zu bewerten. Sie dürfen insbesondere nicht als Versicherungslücken in den belegungsfähigen Gesamtzeitraum einbezogen werden. Würden diese Kalendermonate dennoch als belegungsfähig erfasst, würde der monatliche Durchschnittswert für diese amerikanischen Versicherungszeiten nicht nach Maßgabe des Durchschnitts aus den zurückgelegten deutschen Zeiten, wie das deutsche Recht diese bewertet, erhöht, sondern abkommenswidrig gesenkt (vgl hierzu entsprechend BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 22).
Nach alledem hat die Beklagte den Rentenhöchstwert nur dann zutreffend festgesetzt, wenn sie bei der Bewertung der amerikanischen Minizeiten (2. Schritt) die Anzahl der belegungsfähigen Monate entsprechend gesenkt hat. Da insoweit vom LSG keine Feststellungen getroffen worden sind, ist das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um den Wert des Rechts auf Altersrente des Klägers und in diesem Zusammenhang, wie die amerikanischen Beitragszeiten des Klägers bei dem Wert des Rechts auf Rente zu berücksichtigen sind.
Die Beklagte gewährt dem 1930 geborenen Kläger seit 1. August 1993 eine Altersrente. Mit Bescheid vom 16. Februar 1998 stellte sie den Wert des Rechts auf Rente unter Hinweis auf § 44 SGB X neu fest, wobei sie erstmals neun Monate amerikanischer Beitragszeiten berücksichtigte, indem sie den Gesamtdurchschnittswert an Entgeltpunkten aus deutschen Beitragszeiten, beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten zu Grunde legte. Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, die amerikanischen Versicherungszeiten seien allein mit dem Durchschnitt aus den deutschen Beitragszeiten zu bewerten. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1998 unter Bezugnahme auf Teil II Art 7 Abs 2 und 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (DASVA) vom 7. Januar 1976 (BGBl 1976 II, S 1358) idF des Zusatzabkommens vom 2. Oktober 1986 (BGBl 1988 II, S 83) und des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl 1996 II, S 302) zurück.
Mit Urteil vom 2. Dezember 1999 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verurteilt, bei dem Wert der Rente für die amerikanischen Zeiten einen höheren Wert pro Monat zu Grunde zu legen. Es hat die Auffassung vertreten, eine Auslegung des DASVA ergebe, dass die amerikanischen Zeiten nach den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens geltenden deutschen Rechtsvorschriften, mithin des AVG bzw der RVO, zu bewerten seien. Hiernach hätten allein der Durchschnitt der Beitragszeiten gemäß Teil I Art 1 Nr 7 DASVA der Bewertung zu Grunde gelegt werden dürfen. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. Juni 2001). Es hat ausgeführt: Die vom Kläger in den Vereinigten Staaten von Amerika zurückgelegten Beitragszeiten seien auf der Grundlage des DASVA in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen, da in den Vereinigten Staaten nicht die Mindestversicherungszeit zurückgelegt worden sei. Die rentenrechtliche Bewertung dieser Zeiten folge aus Teil II Art 8 Nr 3 DASVA. Danach seien für die Rentenbemessungsgrundlage die nach deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten heranzuziehen. Versicherungszeiten in diesem Sinne seien jedoch nach Teil I Art 1 Nr 7 DASVA sämtliche Zeiten, die für die Rentenberechnung von Bedeutung seien, also neben den Beitragszeiten auch die beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger einen Verstoß von Teil II Art 8 Nr 3 iVm Teil I Art 1 Nr 7 DASVA und trägt vor: Das SG habe zutreffend entschieden. Das LSG habe hingegen den Vertragstext unzutreffend, weil nicht vom Wortlaut ausgehend, ausgelegt. Denn es habe die einer Beitragszeit nicht gleichstehenden Zeiten, wie Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten, als Versicherungszeit nach Teil I Art 1 Nr 7 DASVA der Bewertung zu Grunde gelegt. Wäre dies die Absicht der Vertragsparteien gewesen, so hätte das Abkommen geändert oder durch den Abschluss eines neuen Abkommens an die fortschreitende Rechtsentwicklung, an das SGB VI, angepasst werden müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen LSG vom 26. Juni 2001 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 2. Dezember 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Streitig sei allein, nach welchen Modalitäten die in Teil II Art 7 Abs 3 DASVA angeordnete Berücksichtigung von amerikanischen "Minizeiten" erfolgen müsse. Entgegen der Auffassung des LSG finde Teil II Art 8 Nr 3 DASVA keine Anwendung; die Bestimmung treffe keine Regelung über die Bewertung der Minizeiten. Vielmehr beziehe sie sich ausschließlich auf Teil II Art 7 Abs 1 DASVA und damit auf die von dem "anderen" Träger, der eine Rente zu leisten habe, zu berücksichtigenden Versicherungszeiten. Sie habe jedem Kalendermonat amerikanischer Zeiten einen Durchschnittswert zugeordnet, der sich aus der Summe sämtlicher Entgeltpunkte für inländische rentenrechtliche Zeiten ergebe, dividiert durch die Anzahl sämtlicher vom Kläger zurückgelegter rentenrechtlicher Zeiten. Damit sei gewährleistet, dass sich die amerikanischen Zeiten des Klägers rentenerhöhend ausgewirkt hätten.
II
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG (§ 170 Abs 2 SGG).
Die vom LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - getroffenen Feststellungen reichen zur abschließenden Entscheidung nicht aus.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) hat Erfolg, wenn die angefochtene Rentenhöchstwertfestsetzung gegen § 64 SGB VI verstößt und die Beklagte damit das Recht des Klägers auf richtige Feststellung dieses Wertes verletzt hat. Dies ist der Fall, wenn die Beklagte der nur nach den deutschen Vorschriften festzustellenden Summe der Entgeltpunkte (EP) allein aus den in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten (1. Schritt) für jeden Monat an amerikanischen Minizeiten einen unzutreffenden monatlichen Durchschnittswert an EP hinzugezählt hat. Zur Feststellung dieses Durchschnittswertes kommt es auf den ermittelten Durchschnitt an EP aus der deutschen Versicherung an (oben 1. Schritt); dabei sind jedoch die Monate an amerikanischen Minizeiten stets als nicht belegungsfähige Kalendermonate (vgl § 72 Abs 3 Nr 1 Regelung 1 SGB VI) von der Anzahl der (im 1. Schritt) belegungsfähigen Monate abzuziehen (2. Schritt); der Monatsdurchschnittswert an EP aus diesem 2. Schritt ist für jeden Monat an amerikanischen Zeiten der Summe der EP aus den deutschen Zeiten (1. Schritt) hinzuzuzählen (3. Schritt). Es steht nicht fest, ob die Beklagte den zweiten Schritt durchgeführt und ob sie ggf dabei die Monate an amerikanischen Zeiten als belegungsfähige Monate (und uU damit im Ergebnis sogar wie Versicherungslücken, dh wie nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegte belegungsfähige Monate) rangstellenmindernd berücksichtigt oder ob sie die Anzahl der belegungsfähigen Monate entsprechend vermindert hat.
1. Zu Recht sind die Vorinstanzen und die Beklagte davon ausgegangen, dass die Bewertung der amerikanischen Versicherungszeiten nach dem DASVA vorzunehmen ist. Ferner haben sie zutreffend angenommen, dass die amerikanischen Versicherungszeiten des Klägers so genannte "Minizeiten" sind. Denn der Kläger hat in den Vereinigten Staaten von Amerika weniger als die Mindestversicherungszeit von sechs Vierteljahren, nämlich nur neun Monate, zurückgelegt (Teil II Art 7 Abs 2 iVm Abs 3 DASVA). Unzutreffend ist allerdings die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, diese Zeiten seien nach Teil II Art 8 Nr 3 DASVA zu bewerten, wonach für die Rentenbemessungsgrundlage nur die nach den deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten und somit nur die Zeiten iS von Teil I Art 1 Nr 7 DASVA heranzuziehen sind. Teil II Art 8 Nr 3 DASVA findet auf die Bewertung der nach amerikanischem Recht zurückgelegten, vom deutschen Rentenversicherungsträger zu berücksichtigenden Minizeiten keine Anwendung.
Eine am Wortlaut des DASVA orientierte Auslegung ergibt, dass Teil II Art 8 Nr 2 DASVA ausschließlich und abschließend die Bewertung der amerikanischen Minizeiten regelt, indem bestimmt wird, dass "die nach amerikanischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten, die nach Art 7 Abs 3 (Minizeiten) vom zuständigen Träger bei der Berechnung der von ihm zu gewährenden Rente zu berücksichtigen sind, lediglich die Zahl der nach deutschen Rechtsvorschriften anrechnungsfähigen Versicherungsjahre erhöhen". Der von SG und LSG in Bezug genommene Teil II Art 8 Nr 3 DASVA hingegen knüpft an Teil II Art 7 Abs 1 DASVA an, und damit an die Bestimmung, die regelt, wie der "andere" Vertragsstaat die von ihm zu gewährende Rente nach Zurücklegung der Mindestversicherungszeit und Eintritt des Versicherungsfalls zu berechnen hat. Teil II Art 8 Nr 2 DASVA bestimmt hingegen allein, dass die amerikanischen Zeiten lediglich die Zahl der (nach deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden) Versicherungsjahre erhöhen; sie gehen in diesem Umfang wertsteigernd in die Rentenbewertung ein, haben aber keine sonstigen Auswirkungen auf die Rentenhöhe; insbesondere wird ihnen kein individueller, konkreter, bestimmter Rangstellenwert zugeordnet, sondern (im Ergebnis) ein Durchschnittswert, der sich aus den deutschen rentenrechtlichen Zeiten ergibt. Insoweit sind die amerikanischen Minizeiten diesen Zeiten gleichgestellt.
2. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des DASVA bestimmte sich der Wert des Rechts auf Altersrente nach dem AVG (§§ 31, 32 ff AVG) bzw nach der RVO (§§ 1254, 1255 ff RVO). Danach (§ 31 AVG) belief sich der Jahresbetrag des Altersruhegeldes für jedes anrechnungsfähige Versicherungsjahr (§ 35 AVG - VJ) auf 1,5 vH der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage (§ 32 AVG - pB). Diese "pB" ergab sich im Wesentlichen aus dem Verhältnis, in dem das versicherte Entgelt des Versicherten zum Durchschnittsentgelt aller Versicherten in den zurückgelegten Beitragszeiten gestanden hatte (bezogen auf die allgemeine Bemessungsgrundlage); dies war der Rangstellenwert allein aus Beitragszeiten, der heute in §§ 63 Abs 1 und 2, 70 Abs 1 SGB VI im neuen System ähnlich ausgestaltet ist. Nach Art 8 Nr 2 DASVA wirkten sich amerikanische Minizeiten auf die "pB" des Versicherten, seine Rangstelle aus deutschen Beitragszeiten (und aus den in §§ 32a, 33 AVG genannten Beitrags- und gleichstehenden Zeiten) nicht aus, erhöhten diese auch nicht. Die Minizeiten waren "lediglich" den "VJ" hinzuzurechnen, die nach § 35 AVG außer den bei der "pB" genannten Zeiten auch die Ausfallzeiten (§ 36 AVG) umfassten (ferner in der Erwerbsminderungsversicherung auch die Zurechnungszeiten - § 37 AVG). Art 8 Nr 2 DASVA schreibt vor, dass die Minizeiten die Anzahl aller dieser Zeiten lediglich erhöhen, ohne dass das DASVA selbst einen bestimmten Rangstellenwert vermittelt. Damit hatte das DASVA diesen Zeiten den deutschen Durchschnittswert aller dieser anrechnungsfähigen Zeiten zugeordnet, um den sie den Wert der nach deutschem Recht erlangten Position erhöhten. Allerdings beruhte dieser Wert damals nur auf wirklich zurückgelegten und anrechenbaren deutschen rentenrechtlichen Zeiten; Versicherungslücken (dh nicht belegte, aber belegbare Zeiten) waren für den Rangstellenwert aus beitragslosen rentenrechtlichen Zeiten ohne Bedeutung.
Das wurde mit der Einführung des Systems der Gesamtleistungsbewertung durch das SGB VI geändert. Seit dem 1. Januar 1992 ist es für den durch beitragsfreie rentenrechtliche Zeiten vermittelten Rangstellenwert entscheidend, in welchem Umfang der Versicherte im Laufe seines Erwerbslebens (belegungsfähiger Gesamtzeitraum, § 72 SGB VI) Monate ohne rentenrechtliche Zeiten, die seinen Rangstellenwert mindern, zurückgelegt hat. Dies konnte Art 8 Nr 2 DASVA nicht berücksichtigen; er ist aber so zu verstehen, dass die amerikanischen Minizeiten die Zahl der deutschen rentenrechtlichen Zeiten (§ 35 AVG) erhöhen. Dann können sie nach dem SGB VI bei Anwendung des DASVA keine "Versicherungslücken" sein. Entsprechende Vorschriften enthält das hier maßgebliche SGB VI nicht. Eine dynamische, am Sinn und Zweck orientierte Auslegung des Abkommens ergibt jedoch, wie Teil II Art 8 Nr 2 DASVA unter den geänderten Verhältnissen - nach Inkrafttreten des SGB VI - vertragsgerecht anzuwenden ist. Nach diesen Auslegungsgrundsätzen ist jeder Monat an amerikanischen Minizeiten mit dem monatlichen Durchschnittswert aus der nach deutschem Recht auf Grund des danach zurückgelegten Versicherungsverlaufs erlangten Summe der EP zu bewerten und diese um die EP-Summe aus den Minizeiten zu erhöhen.
a) Das DASVA ist mit Inkrafttreten des SGB VI und damit Außerkrafttreten der in RVO und AVG enthaltenen abweichenden Regelungen nicht etwa "obsolet" geworden. Dessen Vorschriften unterliegen zwar als dem Range nach "einfaches" Bundesgesetz ebenso wie die diesem zu Grunde liegenden völkerrechtlichen Verträge (Art 59 Abs 1 GG) einer jederzeitigen Abänderbarkeit durch ein späteres Parlamentsgesetz. Allerdings ist Teil II Art 8 Nr 2 DASVA als Bestandteil des Gesetzes zum DASVA und zu den Zusatzabkommen eine "lex specialis" im Verhältnis zum innerstaatlichen Recht, sodass insoweit der Grundsatz gilt, dass ein allgemeines späteres Gesetz ein spezielles früheres Gesetz nicht außer Kraft setzen kann. Derartige Spezialregelungen sind in aller Regel im Verhältnis zum innerstaatlichen Recht auch die Sozialversicherungsabkommen (vgl BSG SozR 3-1200 § 30 Nr 5 S 9; BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 22 f). Infolgedessen unterliegen sie als völkerrechtliche Verträge auch den gewohnheitsrechtlich geltenden Regelungen des allgemeinen Völkerrechts (Art 25 GG), die in dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WVK) vom 23. Mai 1969 (BGBl 1985 II, S 926, in Kraft getreten für die Bundesrepublik Deutschland am 20. August 1987, BGBl II, S 757), kodifiziert sind. Danach sind völkerrechtliche Verträge einzuhalten (vgl Art 26 WVK); die Bundesrepublik Deutschland darf mithin die Verträge nicht einseitig ändern, sondern nur durch Übereinkunft mit der Vertragspartei eine Vertragsänderung vornehmen (vgl hierzu Art 39 WVK; vgl entsprechend zu Art 22 Nr 3 DISVA: BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 23).
b) Wollte man die Bundesrepublik Deutschland am damaligen Bezugspunkt - "VJ" - des Vertragstextes festhalten, würde dies dem Sinn des Abkommens nicht gerecht. Unberücksichtigt bliebe, dass internationale Abkommen, die - wie hier - auf eine langfristige Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten auf einem bestimmten Sektor, hier dem der sozialen Sicherheit, auf Dauer angelegt sind. In diesen Fällen ist die Auslegung im Lichte des Vertragszieles und dessen dauernder Förderung, also "dynamisch" vorzunehmen (vgl hierzu Herdegen, Völkerrecht, § 15 RdNr 32 f). Infolgedessen sieht Art 31 Abs 1 WVK auch vor, dass ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zwecks auszulegen ist. Geht man hiervon aus, so ist bei der Auslegung derartiger Verträge einerseits zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien langfristig eine dauerhafte Grundlage für die in dem Abkommen geregelten Sachfragen schaffen wollten, sodass nicht jede Änderung von Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates zwangsläufig zu einer Änderung des Abkommens führen muss. Die Grenze einer gebotenen und zulässigen Auslegung ist jedoch andererseits überschritten, wenn durch gesetzliche Änderungen Sinn und Zweck des Abkommens unterlaufen würden. Die Vorgaben in dem Abkommen sind mithin vertragsgerecht nach Treu und Glauben umzusetzen.
c) Berücksichtigt man, dass das DASVA den amerikanischen Minizeiten schon unter der Geltung von AVG bzw RVO keinen bestimmten Rangstellenwert, sondern den Durchschnittswert aus allen damals rentenrechtlich erheblichen deutschen Zeiten zugeordnet hatte, so kann diese Wertermittlung im Wesentlichen auch nach dem SGB VI fortgeführt werden. Den Minizeiten wird grundsätzlich weiterhin der Durchschnittswert aus sämtlichen deutschen rentenrechtlichen Zeiten zugeordnet. Allerdings umfasst seit Inkrafttreten des SGB VI der Rangstellenwert der deutschen "beitragsfreien" Zeiten auch Versicherungslücken, also die Monate im belegungsfähigen Gesamtzeitraum (vom 16./17. Lebensjahr bis zum Monat vor Beginn der Rente), die keine rentenrechtliche Zeiten sind und in denen keine Renten bezogen wurden (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 19 f). Nach Art 8 Nr 2 DASVA sind aber die amerikanischen Minizeiten bei Anwendung des DASVA wie rentenrechtliche Zeiten den Rangstellenwert erhöhend einzustufen, dürfen also nicht diesen mindernd berücksichtigt werden. Daher dürfen sie im 2. Schritt keinesfalls als Versicherungslücken berücksichtigt, sondern müssen stets von der Zahl der belegungsfähigen Monate abgezogen werden.
Geht man hiervon aus, so weisen die amerikanischen Minizeiten nach Teil II Art 8 Nr 2 DASVA, was die Zielsetzung bei der pauschalen Abgeltung ihres Wertes anbelangt, bei der Anwendung dieses Vertrages im Rahmen des SGB VI keine entscheidenden Unterschiede zu den nach den Bestimmungen des SGB VI zu bewertenden beitragsfreien Zeiten auf. Sie sind wie diese "als rentenrechtliche Zeiten" zu bewerten. Sie dürfen insbesondere nicht als Versicherungslücken in den belegungsfähigen Gesamtzeitraum einbezogen werden. Würden diese Kalendermonate dennoch als belegungsfähig erfasst, würde der monatliche Durchschnittswert für diese amerikanischen Versicherungszeiten nicht nach Maßgabe des Durchschnitts aus den zurückgelegten deutschen Zeiten, wie das deutsche Recht diese bewertet, erhöht, sondern abkommenswidrig gesenkt (vgl hierzu entsprechend BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 22).
Nach alledem hat die Beklagte den Rentenhöchstwert nur dann zutreffend festgesetzt, wenn sie bei der Bewertung der amerikanischen Minizeiten (2. Schritt) die Anzahl der belegungsfähigen Monate entsprechend gesenkt hat. Da insoweit vom LSG keine Feststellungen getroffen worden sind, ist das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
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