Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 3/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Oktober 1998 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung wegen ihres Unfalls vom 22. März 1997 hat; umstritten ist insbesondere, ob sie unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Die bei der Beklagten gegen Unfall versicherte KIägerin betreibt als Selbständige im Erdgeschoß eines zweigeschossigen Hauses, dessen obere Etage sie mit ihrer Familie bewohnt, eine Gaststätte. Wohnung und Betriebsräume der Gaststätte sind durch ein Treppenhaus miteinander verbunden. Am 22. März 1997 begab sich die Klägerin gegen 12.30 Uhr in die Gaststätte und reinigte diese bis ca 13.45/14.00 Uhr. Anschließend kehrte sie in ihre Wohnung zurück, duschte und kleidete sich für die späteren Arbeiten (Bedienung) in der Gaststätte um. Nachdem sie dies erledigt und auch Kaffee getrunken und Zigaretten geraucht hatte, verließ sie gegen 15.10 Uhr ihre Wohnung, um sich wieder in die Gaststätte zu begeben. Bevor sie die Betriebsräume erreicht hatte, stürzte sie im Treppenhaus und verletzte sich.
Die Beklagte lehnte eine Entschädigung wegen des Unfalls ab, weil das Treppenhaus zum unversicherten privaten Wirkungsbereich gehöre und die Klägerin den Betriebsbereich zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht erreicht gehabt habe (Bescheid vom 12. Mai 1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 19. August 1997). Das Sozialgericht Dortmund (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. Februar 1998). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, "das Ereignis vom 22. März 1997 als Arbeitsunfall zu entschädigen" (Urteil vom 28. Oktober 1998). Der Unfall habe sich auf einem (versicherten) Betriebsweg ereignet. Zwar seien Wege zwischen privaten Wohnräumen und im selben Hause gelegenen Betriebsstätten regelmäßig dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen. Eine Ausnahme gelte jedoch dann, wenn - wie hier - der Weg zwischen häuslichem und betrieblichem Bereich infolge der bereits aufgenommenen Tätigkeit erforderlich geworden sei, um die versicherte Tätigkeit fortsetzen zu können. Der Wechsel von den betrieblichen Räumen in die Wohnung habe hier maßgeblich auf dem Willen der Klägerin beruht, sich zu reinigen und die Kleidung für ihre spätere Tätigkeit in der Gaststätte zu wechseln; diese Handlungen und der damit verbundene Wechsel in den privaten Bereich seien objektiv erforderlich gewesen, da sie ihre Arbeit nach den Putzarbeiten nicht ohne entsprechende - in der Gaststätte selbst nicht mögliche - Herrichtung ihrer Person habe aufnehmen können. Dieser betriebliche Zusammenhang sei durch die eigenwirtschaftlichen Verrichtungen nicht gelöst worden.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte, der Unfall der Klägerin habe sich nicht infolge einer versicherten Tätigkeit ereignet, da sie ihren persönlichen Bereich noch nicht verlassen gehabt habe. Der Weg sei nicht infolge der bereits aufgenommenen Tätigkeit erforderlich geworden, um die versicherte Tätigkeit fortsetzen zu können. Das LSG verkenne die tatsächliche Motivation der Klägerin, wenn es annehme, daß der Wechsel von den betrieblichen Räumen in die Wohnräume maßgeblich auf dem Willen der Klägerin beruht habe, sich zu reinigen und die Kleidung für ihre spätere Tätigkeit in der Gaststätte zu wechseln. Vielmehr sei maßgeblich der Wunsch gewesen, die Mittagspause zusammen mit ihrer Familie zu verbringen. Ebenso ziehe das LSG einen falschen Schluß, wenn es annehme, die Klägerin hätte ihre Arbeit in der Gaststätte nicht ohne entsprechendes Herrichten ihrer Person aufnehmen können; dagegen spreche die geringe Dauer und Intensität der Putzarbeiten. Angesichts der Gesamtzeit zwischen der Beendigung der Reinigungsarbeiten und der Wiederaufnahme der Tätigkeit in der Gaststätte nehme die privat motivierte Pause von ca einer halben Stunde einen so großen Raum ein, daß der möglicherweise bestehende betriebliche Zusammenhang dadurch jedenfalls gelöst worden sei. Die privaten Handlungen und die erhebliche Dauer der Pause führten dazu, daß der Wechsel in den privaten Bereich sein wesentliches Gepräge durch die zuvor verrichtete Tätigkeit verloren habe und nicht durchgehend hiervon bestimmt worden sei.
Ein Versicherungsschutz ließe sich nur dann begründen, wenn die Körperreinigung bzw der Umkleidevorgang als wesentlich von betrieblichen Vorgängen beeinflußt anzusehen und diese Verrichtungen ohne Verzögerung durch den Einschub eigenwirtschaftlicher Handlungen durchgeführt worden wären. Dies sei hier indes nicht der Fall, da der betriebliche Zusammenhang jedenfalls durch die nicht betriebsbezogenen Handlungen gelöst worden sei. Eine andere Wertung würde diejenigen Versicherten ungerechtfertigt schlechter stellen, deren Arbeitsstätte außerhalb des Wohnhauses liege und bei denen der Versicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten der Außentür beginne.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Oktober 1998 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Februar 1998 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Entschädigung wegen des Unfalls vom 22. März 1997, wie das LSG zutreffend entschieden hat.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den Vorschriften des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), weil der von ihr geltend gemachte Arbeitsunfall nach diesem Zeitpunkt eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG), § 212 SGB VII).
Gemäß § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. § 8 Abs 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das bisher geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO), wobei das Wort "infolge" in Satz 1 aaO lediglich deutlicher als das Wort "bei" in § 548 Abs 1 Satz 1 RVO zum Ausdruck bringen soll, daß ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall erforderlich ist (vgl Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNr 26); Satz 2 aaO übernimmt den von der Rechtsprechung und Literatur (stellvertretend BSG SozR 2200 § 548 Nr 56 und Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNrn 7 ff) entwickelten Unfallbegriff (s Begründung zum UVEG, BT-Drucks 13/2204, S 77). Die zur RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeits- und auch Wegeunfällen nach den Vorschriften des SGB VII weiter herangezogen werden, soweit nicht die wenigen - hier nicht relevanten - Änderungen des materiellen Rechts hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes bei einzelnen Verrichtungen (ua § 8 Abs 2 Nrn 2 bis 5 SGB VII) entgegenstehen.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, daß das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und daß diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muß also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn 82 und 97; SozR 3-2200 § 548 Nrn 19 und 26). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muß der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen und daher für den Senat bindend (§ 163 SGG) sind, ist die bei der Beklagten als Unternehmerin (selbständige Betreiberin einer Gaststätte) versicherte Klägerin (§ 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII) im Treppenhaus auf ihrem Wege von der Wohnung zur Gaststätte, wo sie ihrer versicherten Tätigkeit nachgehen wollte, gestürzt. Dabei handelte es sich allerdings nicht um einen nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII unter Unfallversicherungsschutz stehenden Weg nach dem Ort der Tätigkeit. Hierfür wäre in jedem Fall das Verlassen des häuslichen Bereichs durch die Außentür des Hauses, in dem sich ihre Wohnung befindet, erforderlich gewesen (BSGE 2, 239, 243; 63, 212, 213 = SozR 2200 § 550 Nr 80; Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 217).
Befinden sich die Betriebs- und Wohnräume - wie hier - innerhalb eines Gebäudes, so steht der Versicherte zwar nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auf dem Weg von der Wohnung zur Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, solange er den persönlichen Lebensbereich noch nicht verlassen hat, es sei denn, daß dieser auch wesentlich betrieblichen Zwecken dient und damit bereits zum Betrieb gehört (stellvertretend BSGE 12, 165, 167 = SozR Nr 26 zu § 542 RVO aF; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 480x mwN). Da das Treppenhaus nach den bindenden berufungsgerichtlichen Feststellungen dem Publikumsverkehr nicht offenstand und auch sonst nicht wesentlich betrieblichen Zwecken diente, gehörte es noch zum privaten Bereich.
Das bedeutet jedoch nicht, daß eine betriebsdienliche Verrichtung dem Unfallversicherungsschutz deshalb nicht unterläge, weil sie im häuslichen, privaten Bereich ausgeübt wird (Brackmann, aaO, S 480y). Das BSG hat vielmehr ua Versicherungsschutz auf Wegen innerhalb des häuslichen Bereichs in einem Haus, in dem sich Wohnung und Betriebsräume befinden, angenommen, wenn ein (sonst grundsätzlich unversicherter, BSGE 18, 143, 147 = SozR Nr 33 zu § 537 RVO aF mwN) Wechsel der Kleidung durch den Übergang von einer - bereits ausgeführten - betrieblichen Beschäftigung zu einer anderen versicherten Tätigkeit erforderlich ist und der Weg zurückgelegt werden muß, um an die Kleidung zu gelangen (BSG SozR Nr 54 zu § 542 RVO aF und Urteil vom 28. Oktober 1966 - 2 RU 234/63 -; Brackmann, aaO, S 481). Ein solcher Weg ist selbst Teil der versicherten Tätigkeit.
Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin ihre privaten Wohnräume nach Beendigung der betriebsdienlichen Putzarbeiten in der Gaststätte in der Absicht aufgesucht, dort zu duschen, sich umzuziehen und sich persönlich für die anschließende versicherte Tätigkeit in der Gaststätte herzurichten. Diese Handlungen waren objektiv erforderlich, um die Klägerin in die Lage zu versetzen, nach den Putzarbeiten ihre vornehmlich in der Bedienung der Gäste bestehende Arbeit in der Gaststätte wieder aufzunehmen. Auch diese Feststellungen sind für den Senat bindend. Zwar hat die Beklagte insoweit gerügt, das LSG habe mit seiner Annahme, die Klägerin habe nach Beendigung der Putzarbeiten ihre Arbeit nicht ohne Herrichten der Person aufnehmen können, wegen der geringen Dauer und Intensität dieser Arbeiten einen falschen Schluß gezogen und auch die tatsächliche Motivation der Klägerin verkannt. Diese Rügen betreffen indes die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht, die grundsätzlich in dessen Ermessen steht. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob das Tatsachengericht bei seiner Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hat (BSG Urteil vom 27. Januar 1994 - 2 RU 3/93 - = HVBG-Info 1994, 943 = USK 9422 mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl 1997, III, RdNrn 162 f). Einen solchen Verstoß hat die Beklagte jedoch nicht schlüssig vorgetragen. Allgemeine Erfahrungssätze, gegen die das Berufungsgericht verstoßen haben könnte, hat sie nicht genannt. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nicht schon dann vor, wenn das Gericht eine falsche Folgerung gezogen hat, sondern nur dann, wenn aus dem festgestellten Sachverhalt nur eine Schlußfolgerung gezogen werden kann, jede andere, also auch die, welche das Gericht tatsächlich gezogen hat, mithin nicht "denkbar" ist (BSG Beschluss vom 28. September 1998 - B 2 U 236/98 B - = HVBG-Info 1999, 2933; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, 1998, § 128 RdNr 12 mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Die Beklagte setzt vielmehr im Kern ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts; dies ist im Revisionsverfahren jedoch unzulässig (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31; s auch BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19).
Damit liegen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit jedenfalls für den Weg der Klägerin aus der Gaststätte in ihre Privaträume und während des Umkleidens usw vor. Diese Verrichtungen waren zur Fortsetzung der versicherten Tätigkeit in der Gaststätte erforderlich, standen mithin in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als selbständiger Gastwirtin und auch die Handlungstendenz der Klägerin war darauf gerichtet, diese betriebsdienlichen Verrichtungen vorzunehmen. Da der Rückweg das Schicksal des Hinwegs teilt, befand sich die Klägerin auch noch im Zeitpunkt des Unfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, erlitt also einen Arbeitsunfall iS des § 8 Abs 1 SGB VII.
Die Einwände der Beklagten, Versicherungsschutz habe nicht bestanden, weil maßgebliches Motiv der Klägerin für das Aufsuchen der Privaträume das gemeinsame Verbringen der Mittagspause mit ihrer Familie gewesen sei und der betriebliche Zusammenhang auch bei Annahme einer betriebsbedingten Tätigkeit durch die auch vom LSG festgestellten nicht betriebsbezogenen Handlungen - Kaffeetrinken, Zigarettenrauchen und Ausruhen - jedenfalls zum Zeitpunkt des Unfalls gelöst gewesen sei, greifen nicht durch. Zum einen handelt es sich bei der vom LSG vorgenommenen Beurteilung, welchem in Betracht zu ziehenden Motiv der Schwerpunkt beizulegen ist, um eine Frage richterlicher Beweiswürdigung, welche die Beklagte jedoch nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffen hat. Das Berufungsgericht hat zwar nicht ausdrücklich festgestellt, daß die Klägerin von vornherein (auch) mit der Absicht die Privaträume aufgesucht hat, den genannten Verrichtungen, die jedenfalls ohne Vorliegen - hier nicht ersichtlicher - betriebsbezogener Besonderheiten grundsätzlich eigenwirtschaftlicher Natur sind (vgl Brackmann, aaO, S 481 h I mwN), nachzugehen. Dies kann indes angesichts des Gesamtzusammenhangs angenommen werden. Allerdings führt das hier nicht zum Wegfall des Versicherungsschutzes. Ist eine Tätigkeit, insbesondere ein Weg, sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken zu dienen bestimmt und ist sie nicht eindeutig in einen - versicherten - unternehmensbedingten und einen - unversicherten - unternehmensfremden Teil zu zerlegen, so ist entscheidend, ob die Tätigkeit im Einzelfall dem Betrieb, wenn auch nicht überwiegend, so doch wesentlich dient; ist dies nicht der Fall, scheidet ein Unfallversicherungsschutz aus (BSG SozR 2200 § 548 Nrn 19, 90; BSGE 64, 159, 161 = SozR 2200 § 548 Nr 93; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 27). Ob die gemischtwirtschaftliche Tätigkeit dem Betrieb wesentlich dient, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine solche Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, ist, ob sie hypothetisch auch bei Entfallen des privaten Zweckes vorgenommen worden wäre (BSGE 20, 219 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19; BSG Urteil vom 8. Dezember 1998 - B 2 U 36/97 R - = HVBG-Info 1999, 230).
Auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts ist hier zwar hinsichtlich der in der Wohnung ausgeführten Verrichtungen eine klare Aufteilung in einen dem Betriebszweck dienenden (Duschen, Umkleiden, Herrichten) und einen eigenwirtschaftlichen Teil (Kaffeetrinken, Zigarettenrauchen, möglicherweise Zusammensein mit der Familie) vorzunehmen, nicht jedoch hinsichtlich der Wege zu und von diesen Verrichtungen im Privatbereich, die beiden Zwecken zu dienen bestimmt waren. Da jedoch das Umkleiden, Duschen und Herrichten, also die dem Betriebszweck dienenden Verrichtungen, nach den Feststellungen des LSG erforderlich waren, um der Klägerin die Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit in der Gaststätte überhaupt zu ermöglichen, muß davon ausgegangen werden, daß die Klägerin sich auch ohne den eigenwirtschaftlichen Teil in die Wohnung begeben hätte, weil sie nach den Feststellungen des LSG im Bereich der Betriebsräume dazu keine Gelegenheit hatte. Da die Klägerin den betriebsbezogenen Teil auch selbst - nach der Würdigung des LSG glaubhaft - als wesentlichen Teil ihrer Motivation angegeben hat, entsprach dies auch ihren subjektiven Vorstellungen.
Entgegen der Auffassung der Revision stand die Klägerin bei dem Unfall auch nicht deswegen nicht mehr unter Versicherungsschutz, weil sie sich vorher durch die eigenwirtschaftlichen Verrichtungen bereits vom Betrieb gelöst gehabt hätte. Das BSG hat für den Bereich der Wegeunfälle nach § 550 Abs 1 RVO (nunmehr § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII) zwar den Grundsatz aufgestellt, daß ein Versicherter, der den Weg von dem Ort der versicherten Tätigkeit bzw zum Ort der Tätigkeit durch eine privaten Zwecken dienende Verrichtung unterbricht oder den Antritt des Weges aus dem gleichen Grunde um mehr als zwei Stunden hinausschiebt, sich von der versicherten Tätigkeit endgültig löst und so auf dem anschließenden Weg im allgemeinen nicht mehr unter Unfallversicherungsschutz steht (BSG SozR 2200 § 548 Nr 76 mwN; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 18 mwN). Diese Grundsätze sind indes für Betriebswege, denen die hier von der Klägerin zurückgelegten Wege gleichzusetzen wären, nicht uneingeschränkt anwendbar; hier lebt auch nach einer länger als zwei Stunden dauernden Unterbrechung durch eigenwirtschaftliche Verrichtungen der Versicherungsschutz grundsätzlich wieder auf, wenn sich nicht etwa aus der Art der während der Unterbrechung ausgeübten Verrichtungen schließen läßt, daß die anschließende Fortsetzung des Weges nicht mehr als Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit angesehen werden könnte (BSG SozR 2200 § 548 Nr 76).
Im vorliegenden Fall ist der Rückweg zu den Gasträumen als dem Ort der versicherten Tätigkeit nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt zum einen von der Klägerin nicht länger als etwa eine halbe Stunde, also um einen weitaus geringeren Zeitraum als zwei Stunden, hinausgeschoben worden. Zum anderen nahm die Klägerin während der Unterbrechung typische Verrichtungen vor, wie sie auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen während einer Arbeitspause ausgeführt zu werden pflegen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung legen Arbeitnehmer gerade um die Mittagszeit Pausen ein, in denen sie etwa Kaffee trinken, rauchen, sich ausruhen oder diese Zeit des Tages auch gesellig zusammen mit ihrer Familie verbringen, ohne daß damit die betriebliche Tätigkeit als beendet anzusehen wäre. Die eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten der Klägerin zwischen der Beendigung der betriebsbezogenen Handlungen und dem Antritt des Rückwegs zur Gaststätte bewirkten demnach nicht, daß der anschließende Rückweg, bei dem sich der Unfall ereignete, bei natürlicher Betrachtung nach der Verkehrsanschauung nicht mehr als betriebliche Tätigkeit angesehen werden konnte (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 63 mwN).
Entgegen der Ansicht der Revision bedeutet die Annahme von Unfallversicherungsschutz in einem solchen Fall keine Benachteiligung der Versicherten, die außerhalb des Hauses, in dem sich die Betriebsräume befinden, wohnen. Auch sie wären in einem gleichgelagerten Fall auf dem Weg zu ihrer Wohnung und zurück im allgemeinen Verkehrsraum, aber auch im privaten Bereich ihres Wohnhauses bzw ihrer Wohnung versichert.
Die Revision der Beklagten war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Gründe:
I
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung wegen ihres Unfalls vom 22. März 1997 hat; umstritten ist insbesondere, ob sie unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Die bei der Beklagten gegen Unfall versicherte KIägerin betreibt als Selbständige im Erdgeschoß eines zweigeschossigen Hauses, dessen obere Etage sie mit ihrer Familie bewohnt, eine Gaststätte. Wohnung und Betriebsräume der Gaststätte sind durch ein Treppenhaus miteinander verbunden. Am 22. März 1997 begab sich die Klägerin gegen 12.30 Uhr in die Gaststätte und reinigte diese bis ca 13.45/14.00 Uhr. Anschließend kehrte sie in ihre Wohnung zurück, duschte und kleidete sich für die späteren Arbeiten (Bedienung) in der Gaststätte um. Nachdem sie dies erledigt und auch Kaffee getrunken und Zigaretten geraucht hatte, verließ sie gegen 15.10 Uhr ihre Wohnung, um sich wieder in die Gaststätte zu begeben. Bevor sie die Betriebsräume erreicht hatte, stürzte sie im Treppenhaus und verletzte sich.
Die Beklagte lehnte eine Entschädigung wegen des Unfalls ab, weil das Treppenhaus zum unversicherten privaten Wirkungsbereich gehöre und die Klägerin den Betriebsbereich zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht erreicht gehabt habe (Bescheid vom 12. Mai 1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 19. August 1997). Das Sozialgericht Dortmund (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. Februar 1998). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, "das Ereignis vom 22. März 1997 als Arbeitsunfall zu entschädigen" (Urteil vom 28. Oktober 1998). Der Unfall habe sich auf einem (versicherten) Betriebsweg ereignet. Zwar seien Wege zwischen privaten Wohnräumen und im selben Hause gelegenen Betriebsstätten regelmäßig dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen. Eine Ausnahme gelte jedoch dann, wenn - wie hier - der Weg zwischen häuslichem und betrieblichem Bereich infolge der bereits aufgenommenen Tätigkeit erforderlich geworden sei, um die versicherte Tätigkeit fortsetzen zu können. Der Wechsel von den betrieblichen Räumen in die Wohnung habe hier maßgeblich auf dem Willen der Klägerin beruht, sich zu reinigen und die Kleidung für ihre spätere Tätigkeit in der Gaststätte zu wechseln; diese Handlungen und der damit verbundene Wechsel in den privaten Bereich seien objektiv erforderlich gewesen, da sie ihre Arbeit nach den Putzarbeiten nicht ohne entsprechende - in der Gaststätte selbst nicht mögliche - Herrichtung ihrer Person habe aufnehmen können. Dieser betriebliche Zusammenhang sei durch die eigenwirtschaftlichen Verrichtungen nicht gelöst worden.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte, der Unfall der Klägerin habe sich nicht infolge einer versicherten Tätigkeit ereignet, da sie ihren persönlichen Bereich noch nicht verlassen gehabt habe. Der Weg sei nicht infolge der bereits aufgenommenen Tätigkeit erforderlich geworden, um die versicherte Tätigkeit fortsetzen zu können. Das LSG verkenne die tatsächliche Motivation der Klägerin, wenn es annehme, daß der Wechsel von den betrieblichen Räumen in die Wohnräume maßgeblich auf dem Willen der Klägerin beruht habe, sich zu reinigen und die Kleidung für ihre spätere Tätigkeit in der Gaststätte zu wechseln. Vielmehr sei maßgeblich der Wunsch gewesen, die Mittagspause zusammen mit ihrer Familie zu verbringen. Ebenso ziehe das LSG einen falschen Schluß, wenn es annehme, die Klägerin hätte ihre Arbeit in der Gaststätte nicht ohne entsprechendes Herrichten ihrer Person aufnehmen können; dagegen spreche die geringe Dauer und Intensität der Putzarbeiten. Angesichts der Gesamtzeit zwischen der Beendigung der Reinigungsarbeiten und der Wiederaufnahme der Tätigkeit in der Gaststätte nehme die privat motivierte Pause von ca einer halben Stunde einen so großen Raum ein, daß der möglicherweise bestehende betriebliche Zusammenhang dadurch jedenfalls gelöst worden sei. Die privaten Handlungen und die erhebliche Dauer der Pause führten dazu, daß der Wechsel in den privaten Bereich sein wesentliches Gepräge durch die zuvor verrichtete Tätigkeit verloren habe und nicht durchgehend hiervon bestimmt worden sei.
Ein Versicherungsschutz ließe sich nur dann begründen, wenn die Körperreinigung bzw der Umkleidevorgang als wesentlich von betrieblichen Vorgängen beeinflußt anzusehen und diese Verrichtungen ohne Verzögerung durch den Einschub eigenwirtschaftlicher Handlungen durchgeführt worden wären. Dies sei hier indes nicht der Fall, da der betriebliche Zusammenhang jedenfalls durch die nicht betriebsbezogenen Handlungen gelöst worden sei. Eine andere Wertung würde diejenigen Versicherten ungerechtfertigt schlechter stellen, deren Arbeitsstätte außerhalb des Wohnhauses liege und bei denen der Versicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten der Außentür beginne.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Oktober 1998 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Februar 1998 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Entschädigung wegen des Unfalls vom 22. März 1997, wie das LSG zutreffend entschieden hat.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den Vorschriften des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), weil der von ihr geltend gemachte Arbeitsunfall nach diesem Zeitpunkt eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG), § 212 SGB VII).
Gemäß § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. § 8 Abs 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das bisher geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO), wobei das Wort "infolge" in Satz 1 aaO lediglich deutlicher als das Wort "bei" in § 548 Abs 1 Satz 1 RVO zum Ausdruck bringen soll, daß ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall erforderlich ist (vgl Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNr 26); Satz 2 aaO übernimmt den von der Rechtsprechung und Literatur (stellvertretend BSG SozR 2200 § 548 Nr 56 und Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNrn 7 ff) entwickelten Unfallbegriff (s Begründung zum UVEG, BT-Drucks 13/2204, S 77). Die zur RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeits- und auch Wegeunfällen nach den Vorschriften des SGB VII weiter herangezogen werden, soweit nicht die wenigen - hier nicht relevanten - Änderungen des materiellen Rechts hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes bei einzelnen Verrichtungen (ua § 8 Abs 2 Nrn 2 bis 5 SGB VII) entgegenstehen.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, daß das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und daß diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muß also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn 82 und 97; SozR 3-2200 § 548 Nrn 19 und 26). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muß der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen und daher für den Senat bindend (§ 163 SGG) sind, ist die bei der Beklagten als Unternehmerin (selbständige Betreiberin einer Gaststätte) versicherte Klägerin (§ 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII) im Treppenhaus auf ihrem Wege von der Wohnung zur Gaststätte, wo sie ihrer versicherten Tätigkeit nachgehen wollte, gestürzt. Dabei handelte es sich allerdings nicht um einen nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII unter Unfallversicherungsschutz stehenden Weg nach dem Ort der Tätigkeit. Hierfür wäre in jedem Fall das Verlassen des häuslichen Bereichs durch die Außentür des Hauses, in dem sich ihre Wohnung befindet, erforderlich gewesen (BSGE 2, 239, 243; 63, 212, 213 = SozR 2200 § 550 Nr 80; Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 217).
Befinden sich die Betriebs- und Wohnräume - wie hier - innerhalb eines Gebäudes, so steht der Versicherte zwar nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auf dem Weg von der Wohnung zur Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, solange er den persönlichen Lebensbereich noch nicht verlassen hat, es sei denn, daß dieser auch wesentlich betrieblichen Zwecken dient und damit bereits zum Betrieb gehört (stellvertretend BSGE 12, 165, 167 = SozR Nr 26 zu § 542 RVO aF; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 480x mwN). Da das Treppenhaus nach den bindenden berufungsgerichtlichen Feststellungen dem Publikumsverkehr nicht offenstand und auch sonst nicht wesentlich betrieblichen Zwecken diente, gehörte es noch zum privaten Bereich.
Das bedeutet jedoch nicht, daß eine betriebsdienliche Verrichtung dem Unfallversicherungsschutz deshalb nicht unterläge, weil sie im häuslichen, privaten Bereich ausgeübt wird (Brackmann, aaO, S 480y). Das BSG hat vielmehr ua Versicherungsschutz auf Wegen innerhalb des häuslichen Bereichs in einem Haus, in dem sich Wohnung und Betriebsräume befinden, angenommen, wenn ein (sonst grundsätzlich unversicherter, BSGE 18, 143, 147 = SozR Nr 33 zu § 537 RVO aF mwN) Wechsel der Kleidung durch den Übergang von einer - bereits ausgeführten - betrieblichen Beschäftigung zu einer anderen versicherten Tätigkeit erforderlich ist und der Weg zurückgelegt werden muß, um an die Kleidung zu gelangen (BSG SozR Nr 54 zu § 542 RVO aF und Urteil vom 28. Oktober 1966 - 2 RU 234/63 -; Brackmann, aaO, S 481). Ein solcher Weg ist selbst Teil der versicherten Tätigkeit.
Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin ihre privaten Wohnräume nach Beendigung der betriebsdienlichen Putzarbeiten in der Gaststätte in der Absicht aufgesucht, dort zu duschen, sich umzuziehen und sich persönlich für die anschließende versicherte Tätigkeit in der Gaststätte herzurichten. Diese Handlungen waren objektiv erforderlich, um die Klägerin in die Lage zu versetzen, nach den Putzarbeiten ihre vornehmlich in der Bedienung der Gäste bestehende Arbeit in der Gaststätte wieder aufzunehmen. Auch diese Feststellungen sind für den Senat bindend. Zwar hat die Beklagte insoweit gerügt, das LSG habe mit seiner Annahme, die Klägerin habe nach Beendigung der Putzarbeiten ihre Arbeit nicht ohne Herrichten der Person aufnehmen können, wegen der geringen Dauer und Intensität dieser Arbeiten einen falschen Schluß gezogen und auch die tatsächliche Motivation der Klägerin verkannt. Diese Rügen betreffen indes die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht, die grundsätzlich in dessen Ermessen steht. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob das Tatsachengericht bei seiner Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hat (BSG Urteil vom 27. Januar 1994 - 2 RU 3/93 - = HVBG-Info 1994, 943 = USK 9422 mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl 1997, III, RdNrn 162 f). Einen solchen Verstoß hat die Beklagte jedoch nicht schlüssig vorgetragen. Allgemeine Erfahrungssätze, gegen die das Berufungsgericht verstoßen haben könnte, hat sie nicht genannt. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nicht schon dann vor, wenn das Gericht eine falsche Folgerung gezogen hat, sondern nur dann, wenn aus dem festgestellten Sachverhalt nur eine Schlußfolgerung gezogen werden kann, jede andere, also auch die, welche das Gericht tatsächlich gezogen hat, mithin nicht "denkbar" ist (BSG Beschluss vom 28. September 1998 - B 2 U 236/98 B - = HVBG-Info 1999, 2933; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, 1998, § 128 RdNr 12 mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Die Beklagte setzt vielmehr im Kern ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts; dies ist im Revisionsverfahren jedoch unzulässig (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31; s auch BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19).
Damit liegen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit jedenfalls für den Weg der Klägerin aus der Gaststätte in ihre Privaträume und während des Umkleidens usw vor. Diese Verrichtungen waren zur Fortsetzung der versicherten Tätigkeit in der Gaststätte erforderlich, standen mithin in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als selbständiger Gastwirtin und auch die Handlungstendenz der Klägerin war darauf gerichtet, diese betriebsdienlichen Verrichtungen vorzunehmen. Da der Rückweg das Schicksal des Hinwegs teilt, befand sich die Klägerin auch noch im Zeitpunkt des Unfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, erlitt also einen Arbeitsunfall iS des § 8 Abs 1 SGB VII.
Die Einwände der Beklagten, Versicherungsschutz habe nicht bestanden, weil maßgebliches Motiv der Klägerin für das Aufsuchen der Privaträume das gemeinsame Verbringen der Mittagspause mit ihrer Familie gewesen sei und der betriebliche Zusammenhang auch bei Annahme einer betriebsbedingten Tätigkeit durch die auch vom LSG festgestellten nicht betriebsbezogenen Handlungen - Kaffeetrinken, Zigarettenrauchen und Ausruhen - jedenfalls zum Zeitpunkt des Unfalls gelöst gewesen sei, greifen nicht durch. Zum einen handelt es sich bei der vom LSG vorgenommenen Beurteilung, welchem in Betracht zu ziehenden Motiv der Schwerpunkt beizulegen ist, um eine Frage richterlicher Beweiswürdigung, welche die Beklagte jedoch nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffen hat. Das Berufungsgericht hat zwar nicht ausdrücklich festgestellt, daß die Klägerin von vornherein (auch) mit der Absicht die Privaträume aufgesucht hat, den genannten Verrichtungen, die jedenfalls ohne Vorliegen - hier nicht ersichtlicher - betriebsbezogener Besonderheiten grundsätzlich eigenwirtschaftlicher Natur sind (vgl Brackmann, aaO, S 481 h I mwN), nachzugehen. Dies kann indes angesichts des Gesamtzusammenhangs angenommen werden. Allerdings führt das hier nicht zum Wegfall des Versicherungsschutzes. Ist eine Tätigkeit, insbesondere ein Weg, sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken zu dienen bestimmt und ist sie nicht eindeutig in einen - versicherten - unternehmensbedingten und einen - unversicherten - unternehmensfremden Teil zu zerlegen, so ist entscheidend, ob die Tätigkeit im Einzelfall dem Betrieb, wenn auch nicht überwiegend, so doch wesentlich dient; ist dies nicht der Fall, scheidet ein Unfallversicherungsschutz aus (BSG SozR 2200 § 548 Nrn 19, 90; BSGE 64, 159, 161 = SozR 2200 § 548 Nr 93; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 27). Ob die gemischtwirtschaftliche Tätigkeit dem Betrieb wesentlich dient, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine solche Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, ist, ob sie hypothetisch auch bei Entfallen des privaten Zweckes vorgenommen worden wäre (BSGE 20, 219 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19; BSG Urteil vom 8. Dezember 1998 - B 2 U 36/97 R - = HVBG-Info 1999, 230).
Auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts ist hier zwar hinsichtlich der in der Wohnung ausgeführten Verrichtungen eine klare Aufteilung in einen dem Betriebszweck dienenden (Duschen, Umkleiden, Herrichten) und einen eigenwirtschaftlichen Teil (Kaffeetrinken, Zigarettenrauchen, möglicherweise Zusammensein mit der Familie) vorzunehmen, nicht jedoch hinsichtlich der Wege zu und von diesen Verrichtungen im Privatbereich, die beiden Zwecken zu dienen bestimmt waren. Da jedoch das Umkleiden, Duschen und Herrichten, also die dem Betriebszweck dienenden Verrichtungen, nach den Feststellungen des LSG erforderlich waren, um der Klägerin die Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit in der Gaststätte überhaupt zu ermöglichen, muß davon ausgegangen werden, daß die Klägerin sich auch ohne den eigenwirtschaftlichen Teil in die Wohnung begeben hätte, weil sie nach den Feststellungen des LSG im Bereich der Betriebsräume dazu keine Gelegenheit hatte. Da die Klägerin den betriebsbezogenen Teil auch selbst - nach der Würdigung des LSG glaubhaft - als wesentlichen Teil ihrer Motivation angegeben hat, entsprach dies auch ihren subjektiven Vorstellungen.
Entgegen der Auffassung der Revision stand die Klägerin bei dem Unfall auch nicht deswegen nicht mehr unter Versicherungsschutz, weil sie sich vorher durch die eigenwirtschaftlichen Verrichtungen bereits vom Betrieb gelöst gehabt hätte. Das BSG hat für den Bereich der Wegeunfälle nach § 550 Abs 1 RVO (nunmehr § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII) zwar den Grundsatz aufgestellt, daß ein Versicherter, der den Weg von dem Ort der versicherten Tätigkeit bzw zum Ort der Tätigkeit durch eine privaten Zwecken dienende Verrichtung unterbricht oder den Antritt des Weges aus dem gleichen Grunde um mehr als zwei Stunden hinausschiebt, sich von der versicherten Tätigkeit endgültig löst und so auf dem anschließenden Weg im allgemeinen nicht mehr unter Unfallversicherungsschutz steht (BSG SozR 2200 § 548 Nr 76 mwN; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 18 mwN). Diese Grundsätze sind indes für Betriebswege, denen die hier von der Klägerin zurückgelegten Wege gleichzusetzen wären, nicht uneingeschränkt anwendbar; hier lebt auch nach einer länger als zwei Stunden dauernden Unterbrechung durch eigenwirtschaftliche Verrichtungen der Versicherungsschutz grundsätzlich wieder auf, wenn sich nicht etwa aus der Art der während der Unterbrechung ausgeübten Verrichtungen schließen läßt, daß die anschließende Fortsetzung des Weges nicht mehr als Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit angesehen werden könnte (BSG SozR 2200 § 548 Nr 76).
Im vorliegenden Fall ist der Rückweg zu den Gasträumen als dem Ort der versicherten Tätigkeit nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt zum einen von der Klägerin nicht länger als etwa eine halbe Stunde, also um einen weitaus geringeren Zeitraum als zwei Stunden, hinausgeschoben worden. Zum anderen nahm die Klägerin während der Unterbrechung typische Verrichtungen vor, wie sie auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen während einer Arbeitspause ausgeführt zu werden pflegen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung legen Arbeitnehmer gerade um die Mittagszeit Pausen ein, in denen sie etwa Kaffee trinken, rauchen, sich ausruhen oder diese Zeit des Tages auch gesellig zusammen mit ihrer Familie verbringen, ohne daß damit die betriebliche Tätigkeit als beendet anzusehen wäre. Die eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten der Klägerin zwischen der Beendigung der betriebsbezogenen Handlungen und dem Antritt des Rückwegs zur Gaststätte bewirkten demnach nicht, daß der anschließende Rückweg, bei dem sich der Unfall ereignete, bei natürlicher Betrachtung nach der Verkehrsanschauung nicht mehr als betriebliche Tätigkeit angesehen werden konnte (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 63 mwN).
Entgegen der Ansicht der Revision bedeutet die Annahme von Unfallversicherungsschutz in einem solchen Fall keine Benachteiligung der Versicherten, die außerhalb des Hauses, in dem sich die Betriebsräume befinden, wohnen. Auch sie wären in einem gleichgelagerten Fall auf dem Weg zu ihrer Wohnung und zurück im allgemeinen Verkehrsraum, aber auch im privaten Bereich ihres Wohnhauses bzw ihrer Wohnung versichert.
Die Revision der Beklagten war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
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