Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 14/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Juli 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Der Kläger stürzte am 29. August 1992 auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause und verletzte sich dabei. Nach Einholung medizinischer Gutachten lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente durch Bescheid vom 28. Juli 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1996 ab. Das Sozialgericht Konstanz (SG) hat die Klage nach eigenen medizinischen Ermittlungen abgewiesen (Urteil vom 11. August 1998).
Hiergegen hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Mit Schreiben vom 14. Juni 1999 hat der Berichterstatter den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, der streitige Sachverhalt werde als aufgeklärt angesehen und es sei nicht beabsichtigt, ein weiteres Gutachten einzuholen. Falls von dem Antragsrecht nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gebrauch gemacht werde, sei bis zum 16. Juli 1999 der gutachterlich anzuhörende Arzt zu nennen und ein Vorschuß einzuzahlen. Sollte die Berufung nicht zurückgenommen und ein Antrag nach § 109 SGG nicht gestellt werden, gelte der Hinweis, daß das LSG nach § 153 Abs 4 SGG die Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückweisen könne, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte; nach dem Akteninhalt komme diese Möglichkeit in Betracht. Der Kläger habe Gelegenheit, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis zum 16. Juli 1999 Stellung zu nehmen.
Dieses Schreiben ist gegen Empfangsbekenntnis (EB) zugestellt worden. Die Prozeßbevollmächtigten des Klägers haben das EB an das LSG mit der Bestätigung zurückgesandt, die "Verfügung des Gerichts vom 10.06.1999" (gemeint war offenbar die vom 14. Juni 1999) am 28. Juli 1999 erhalten zu haben. Zusammen mit diesem EB ist ein Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten vom 29. Juli 1999 per Telefax bei dem LSG eingegangen, in dem mitgeteilt wird, offenkundig sei versehentlich das Schreiben des Gerichts vom 14. Juni 1999 nebst dem angehefteten EB zur Akte gelegt worden, ohne in den normalen Geschäftsgang zu kommen. Jedenfalls habe der Unterzeichner (Rechtsanwalt S. ) als alleiniger Sachbearbeiter von ihm erst am 28. Juli 1999 durch Anruf des Gerichts Kenntnis erlangt; nicht mehr nachvollziehbar sei, weshalb es zu diesem Ablauf gekommen sei. Der Unterzeichner versichere, daß ihm die vom Gericht bis zum 16. Juli 1999 gesetzte Frist nicht bekannt gewesen sei. Der Kläger werde Gebrauch von der Möglichkeit machen, Antrag auf gutachterliche Anhörung eines weiteren Arztes zu stellen; hierzu werde spätestens bis zum 10. August 1999 abschließend vollständig vorgetragen und der gewünschte Kostenvorschuß einbezahlt.
Das LSG hat die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 28. Juli 1999, dessen Zustellung durch den Vorsitzenden am 29. Juli 1999 verfügt worden war und der den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 4. August 1999 zugestellt wurde, zurückgewiesen.
Mit seiner - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision rügt der Kläger unter Wiederholung der Angaben im Schriftsatz vom 29. Juli 1999, der Beschluss des LSG sei unter Verstoß gegen zwingende Verfahrensvorschriften ergangen und beruhe auf diesen Verfahrensmängeln. Das LSG habe gegen die den nach Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf rechtliches Gehör konkretisierende Bestimmung des § 153 Abs 4 SGG - Verpflichtung zur Anhörung vor einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss - verstoßen, da es seinen Beschluss zu einem Zeitpunkt erlassen habe, als ihm - dem Kläger - die Absicht des Gerichts, so zu entscheiden, noch nicht bekannt gewesen sei. Die Zustellung einer an den Prozeßbevollmächtigten einer Partei gerichteten Verfügung des Gerichts werde erst wirksam, wenn dieser sie zur Kenntnis nehmen könne. Bei dem gerichtlichen Schreiben vom 14. Juni 1999 sei dies erst am 28. Juli 1999 der Fall gewesen. Die angefochtene Entscheidung vom selben Tage beruhe auf diesem Verfahrensfehler und sei deshalb unrichtig. Da weiter gutachterlich zu ermitteln sei, rege er an, die Sache an das LSG zurückzuverweisen. Er werde von seinem Antragsrecht nach § 109 SGG Gebrauch machen und PD Dr. Sp. als Sachverständigen benennen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 28. Juli 1999 sowie das Urteil des SG Konstanz vom 11. August 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 28. Juli 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1996 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. August 1992 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das Berufungsverfahren leidet an einem vom Kläger ordnungsgemäß gerügten Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl §§ 162, 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Das LSG hat seinen Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt.
Nach § 153 Abs 4 SGG kann das LSG eine Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (Satz 1 aaO). Die Beteiligten sind vorher zu hören (Satz 2 aaO). Dies ist hier nicht in der erforderlichen Weise geschehen. Zwar reicht es für die wirksame Anhörung aus, daß der Berichterstatter - und nicht bereits der gesamte Senat - die Sache für ein solches Verfahren als geeignet ansieht und eine entsprechende Anhörungsmitteilung verfügt; auch genügt bei anwaltlicher Vertretung der Hinweis, eine Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG komme in Betracht (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 8). Diese Anhörungsmitteilung muß den Beteiligten aber so rechtzeitig zugehen, daß sichergestellt ist, daß ihnen Gelegenheit sowohl zur ausführlichen Stellungnahme in der Sache selbst als auch zur Äußerung von etwaigen Bedenken eingeräumt wird, die sie gegen die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch Beschluss haben (vgl BSG Urteil vom 18. November 1997 - 2 RU 16/97 - = HVBG-Info 1998, 507 = USK 97100). Daran mangelt es hier.
Eine Zustellung des Anhörungsschreibens gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ist zwar nicht vorgeschrieben, aber erforderlich, um den Zugang sowie Beginn und Ende gesetzter Fristen zu beweisen (BSG aaO). Das LSG hat die Anhörungsmitteilung gegen EB zugestellt. Im sozialgerichtlichen Verfahren erfolgt die Zustellung gemäß § 63 Abs 2 SGG nach den §§ 2 bis 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Nach § 5 Abs 2 VwZG kann das Schriftstück Rechtsanwälten auf andere - dh in irgendeiner - Weise zum Zwecke der Zustellung übermittelt werden; als Nachweis der Zustellung genügt dann das mit Datum und Unterschrift versehene EB, das an die zustellende Stelle zurückzusenden ist.
Ein solches von einem Prozeßbevollmächtigten des Klägers unterzeichnetes EB liegt hier mit dem Datum "28. Juli 1999" als Zeitpunkt des Erhalts der gerichtlichen Verfügung vor. Zu diesem Zeitpunkt ist die Zustellung wirksam erfolgt. Zwar muß sich die Anhörungsmitteilung vom 14. Juni 1999 angesichts der gesamten Umstände (Absendung laut Aktenvermerk am 16. Juni 1999, Auffinden von Schriftstück und EB in der Akte der Prozeßbevollmächtigten) bereits vor diesem Zeitpunkt im Bereich der Prozeßbevollmächtigten befunden haben. Der bloße Eingang der Sendung beim Empfänger bedeutet indes noch keine Zustellung (BSG SozR Nr 4 zu § 5 VwZG). Auch die bloße Möglichkeit, von dem Schriftstück Kenntnis zu nehmen, vollendet die Zustellung noch nicht (BSG aaO). Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, des Bundesverwaltungsgerichts und des BSG ist für die Zustellung gemäß § 5 Abs 2 VwZG vielmehr der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Empfänger von dem Zugang des zuzustellenden Schriftstücks Kenntnis erlangt und bereit ist, die Zustellung entgegenzunehmen (BFHE 97, 57; 102, 457; BVerwGE 58, 107 = Buchholz 340 § 5 VwZG Nr 6; BSG SozR Nr 4 zu § 5 VwZG; BSG SozR 1960 § 5 Nr 2). Diese Voraussetzungen lassen sich hier zu einem früheren Zeitpunkt als dem des 28. Juli 1999 nicht feststellen. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings die gesetzte Frist zur Stellungnahme (16. Juli 1999) längst verstrichen und es blieb dem Kläger keine Zeit mehr, um seine Bedenken anzubringen und insbesondere den nach seinem Vorbringen beabsichtigten Antrag gemäß § 109 SGG vorzubereiten und zu stellen. Das LSG hätte mithin zu diesem Zeitpunkt nicht - wie geschehen - durch Beschluss entscheiden dürfen. Auf der unzureichenden Anhörung und damit einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 GG, § 62 SGG) des Klägers kann der angefochtene Beschluss des LSG auch beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das LSG bei ordnungsgemäßer Anhörung nicht sogleich ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden, sondern etwa auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zunächst eine weitere Beweisaufnahme durchgeführt hätte.
Aus diesem Grunde war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des LSG an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Gründe:
I
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Der Kläger stürzte am 29. August 1992 auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause und verletzte sich dabei. Nach Einholung medizinischer Gutachten lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente durch Bescheid vom 28. Juli 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1996 ab. Das Sozialgericht Konstanz (SG) hat die Klage nach eigenen medizinischen Ermittlungen abgewiesen (Urteil vom 11. August 1998).
Hiergegen hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Mit Schreiben vom 14. Juni 1999 hat der Berichterstatter den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, der streitige Sachverhalt werde als aufgeklärt angesehen und es sei nicht beabsichtigt, ein weiteres Gutachten einzuholen. Falls von dem Antragsrecht nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gebrauch gemacht werde, sei bis zum 16. Juli 1999 der gutachterlich anzuhörende Arzt zu nennen und ein Vorschuß einzuzahlen. Sollte die Berufung nicht zurückgenommen und ein Antrag nach § 109 SGG nicht gestellt werden, gelte der Hinweis, daß das LSG nach § 153 Abs 4 SGG die Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückweisen könne, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte; nach dem Akteninhalt komme diese Möglichkeit in Betracht. Der Kläger habe Gelegenheit, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis zum 16. Juli 1999 Stellung zu nehmen.
Dieses Schreiben ist gegen Empfangsbekenntnis (EB) zugestellt worden. Die Prozeßbevollmächtigten des Klägers haben das EB an das LSG mit der Bestätigung zurückgesandt, die "Verfügung des Gerichts vom 10.06.1999" (gemeint war offenbar die vom 14. Juni 1999) am 28. Juli 1999 erhalten zu haben. Zusammen mit diesem EB ist ein Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten vom 29. Juli 1999 per Telefax bei dem LSG eingegangen, in dem mitgeteilt wird, offenkundig sei versehentlich das Schreiben des Gerichts vom 14. Juni 1999 nebst dem angehefteten EB zur Akte gelegt worden, ohne in den normalen Geschäftsgang zu kommen. Jedenfalls habe der Unterzeichner (Rechtsanwalt S. ) als alleiniger Sachbearbeiter von ihm erst am 28. Juli 1999 durch Anruf des Gerichts Kenntnis erlangt; nicht mehr nachvollziehbar sei, weshalb es zu diesem Ablauf gekommen sei. Der Unterzeichner versichere, daß ihm die vom Gericht bis zum 16. Juli 1999 gesetzte Frist nicht bekannt gewesen sei. Der Kläger werde Gebrauch von der Möglichkeit machen, Antrag auf gutachterliche Anhörung eines weiteren Arztes zu stellen; hierzu werde spätestens bis zum 10. August 1999 abschließend vollständig vorgetragen und der gewünschte Kostenvorschuß einbezahlt.
Das LSG hat die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 28. Juli 1999, dessen Zustellung durch den Vorsitzenden am 29. Juli 1999 verfügt worden war und der den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 4. August 1999 zugestellt wurde, zurückgewiesen.
Mit seiner - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision rügt der Kläger unter Wiederholung der Angaben im Schriftsatz vom 29. Juli 1999, der Beschluss des LSG sei unter Verstoß gegen zwingende Verfahrensvorschriften ergangen und beruhe auf diesen Verfahrensmängeln. Das LSG habe gegen die den nach Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf rechtliches Gehör konkretisierende Bestimmung des § 153 Abs 4 SGG - Verpflichtung zur Anhörung vor einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss - verstoßen, da es seinen Beschluss zu einem Zeitpunkt erlassen habe, als ihm - dem Kläger - die Absicht des Gerichts, so zu entscheiden, noch nicht bekannt gewesen sei. Die Zustellung einer an den Prozeßbevollmächtigten einer Partei gerichteten Verfügung des Gerichts werde erst wirksam, wenn dieser sie zur Kenntnis nehmen könne. Bei dem gerichtlichen Schreiben vom 14. Juni 1999 sei dies erst am 28. Juli 1999 der Fall gewesen. Die angefochtene Entscheidung vom selben Tage beruhe auf diesem Verfahrensfehler und sei deshalb unrichtig. Da weiter gutachterlich zu ermitteln sei, rege er an, die Sache an das LSG zurückzuverweisen. Er werde von seinem Antragsrecht nach § 109 SGG Gebrauch machen und PD Dr. Sp. als Sachverständigen benennen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 28. Juli 1999 sowie das Urteil des SG Konstanz vom 11. August 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 28. Juli 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1996 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. August 1992 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das Berufungsverfahren leidet an einem vom Kläger ordnungsgemäß gerügten Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl §§ 162, 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Das LSG hat seinen Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt.
Nach § 153 Abs 4 SGG kann das LSG eine Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (Satz 1 aaO). Die Beteiligten sind vorher zu hören (Satz 2 aaO). Dies ist hier nicht in der erforderlichen Weise geschehen. Zwar reicht es für die wirksame Anhörung aus, daß der Berichterstatter - und nicht bereits der gesamte Senat - die Sache für ein solches Verfahren als geeignet ansieht und eine entsprechende Anhörungsmitteilung verfügt; auch genügt bei anwaltlicher Vertretung der Hinweis, eine Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG komme in Betracht (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 8). Diese Anhörungsmitteilung muß den Beteiligten aber so rechtzeitig zugehen, daß sichergestellt ist, daß ihnen Gelegenheit sowohl zur ausführlichen Stellungnahme in der Sache selbst als auch zur Äußerung von etwaigen Bedenken eingeräumt wird, die sie gegen die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch Beschluss haben (vgl BSG Urteil vom 18. November 1997 - 2 RU 16/97 - = HVBG-Info 1998, 507 = USK 97100). Daran mangelt es hier.
Eine Zustellung des Anhörungsschreibens gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ist zwar nicht vorgeschrieben, aber erforderlich, um den Zugang sowie Beginn und Ende gesetzter Fristen zu beweisen (BSG aaO). Das LSG hat die Anhörungsmitteilung gegen EB zugestellt. Im sozialgerichtlichen Verfahren erfolgt die Zustellung gemäß § 63 Abs 2 SGG nach den §§ 2 bis 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Nach § 5 Abs 2 VwZG kann das Schriftstück Rechtsanwälten auf andere - dh in irgendeiner - Weise zum Zwecke der Zustellung übermittelt werden; als Nachweis der Zustellung genügt dann das mit Datum und Unterschrift versehene EB, das an die zustellende Stelle zurückzusenden ist.
Ein solches von einem Prozeßbevollmächtigten des Klägers unterzeichnetes EB liegt hier mit dem Datum "28. Juli 1999" als Zeitpunkt des Erhalts der gerichtlichen Verfügung vor. Zu diesem Zeitpunkt ist die Zustellung wirksam erfolgt. Zwar muß sich die Anhörungsmitteilung vom 14. Juni 1999 angesichts der gesamten Umstände (Absendung laut Aktenvermerk am 16. Juni 1999, Auffinden von Schriftstück und EB in der Akte der Prozeßbevollmächtigten) bereits vor diesem Zeitpunkt im Bereich der Prozeßbevollmächtigten befunden haben. Der bloße Eingang der Sendung beim Empfänger bedeutet indes noch keine Zustellung (BSG SozR Nr 4 zu § 5 VwZG). Auch die bloße Möglichkeit, von dem Schriftstück Kenntnis zu nehmen, vollendet die Zustellung noch nicht (BSG aaO). Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, des Bundesverwaltungsgerichts und des BSG ist für die Zustellung gemäß § 5 Abs 2 VwZG vielmehr der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Empfänger von dem Zugang des zuzustellenden Schriftstücks Kenntnis erlangt und bereit ist, die Zustellung entgegenzunehmen (BFHE 97, 57; 102, 457; BVerwGE 58, 107 = Buchholz 340 § 5 VwZG Nr 6; BSG SozR Nr 4 zu § 5 VwZG; BSG SozR 1960 § 5 Nr 2). Diese Voraussetzungen lassen sich hier zu einem früheren Zeitpunkt als dem des 28. Juli 1999 nicht feststellen. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings die gesetzte Frist zur Stellungnahme (16. Juli 1999) längst verstrichen und es blieb dem Kläger keine Zeit mehr, um seine Bedenken anzubringen und insbesondere den nach seinem Vorbringen beabsichtigten Antrag gemäß § 109 SGG vorzubereiten und zu stellen. Das LSG hätte mithin zu diesem Zeitpunkt nicht - wie geschehen - durch Beschluss entscheiden dürfen. Auf der unzureichenden Anhörung und damit einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 GG, § 62 SGG) des Klägers kann der angefochtene Beschluss des LSG auch beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das LSG bei ordnungsgemäßer Anhörung nicht sogleich ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden, sondern etwa auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zunächst eine weitere Beweisaufnahme durchgeführt hätte.
Aus diesem Grunde war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des LSG an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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