Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 72/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. August 1999 aufgehoben, soweit mit ihm höhere Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 16. September bis 31. Dezember 1997 abgelehnt worden ist, und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Im Streit ist (nur noch) die Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 16. September 1997 bis 31. Dezember 1997.
Der am 28. August 1941 geborene Kläger war von 1977 bis zum 30. Juni 1994 als Kraftfahrer bei den britischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Seit Juli 1994 bezog er von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) und im Anschluß daran Alhi. Daneben erhielt er eine Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich). Der TV SozSich war von der Bundesrepublik Deutschland im Einvernehmen mit den obersten Behörden der Stationierungsstreitkräfte mit den zuständigen Gewerkschaften abgeschlossen worden.
Der Kläger beantragte am 27. August 1997 die Wiederbewilligung von Alhi für den am 16. September 1997 beginnenden neuen Bewilligungszeitraum. Die Beklagte bewilligte ihm diese daraufhin lediglich in Höhe von 100,32 DM wöchentlich (Bescheid vom Oktober 1997). Zuvor war dem Kläger bis 15. September 1997 Alhi in Höhe von 342,60 DM wöchentlich bewilligt worden. Die Beklagte berücksichtigte nunmehr die dem Kläger gezahlte Überbrückungsbeihilfe in Höhe von 239,29 DM wöchentlich als Einkommen. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1998). Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 28. September 1998; Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 5. August 1999). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, seit der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) ab 1. April 1997 sei die Überbrückungsbeihilfe als Einkommen auf die Alhi anzurechnen. Die Überbrückungsbeihilfe werde nicht - wie die Neuregelung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG voraussetze - "aufgrund" bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften gezahlt, sondern nach dem einschlägigen Tarifvertrag. Zwar würden auch Tarifverträge Rechtsnormen im materiellen Sinne darstellen und könnten in einem weiteren Sinne als Gesetz oder gesetzliche Regelung betrachtet werden. Allerdings sei § 138 Abs 3 Nr 4 AFG unter Zugrundelegung der gesetzgeberischen Motive so auszulegen, daß mit dem Begriff bundes- und landesgesetzliche Vorschriften nur formelle, durch Parlamente erlassene Gesetze gemeint seien. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 242x Abs 7 AFG für die weitere Anwendung von § 138
Abs 3 Nr 4 AFG aF. Die Alhi werde auch nicht von der Eigentumsgarantie des Art 14 Grundgesetz (GG) erfaßt. Ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG liege nicht vor, weil dem Kläger jedenfalls der Anspruch auf Sozialhilfe erhalten bleibe.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 138 Abs 3 Nr 4 und Nr 6 AFG sowie des § 242x Abs 7 AFG iVm Art 3, 9 und 20 GG. Im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG könne ein bundeseinheitlicher Tarifvertrag, der von der Bundesrepublik Deutschland selbst geschlossen werde, nicht anders behandelt werden als eine gesetzliche Vorschrift der Bundesrepublik Deutschland. Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, mit der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zu verhindern, daß private Arbeitgeber zu Lasten der öffentlichen Hand Nettolohngarantievereinbarungen abschlössen. Weder sei aber im TV SozSich eine Nettolohngarantie vereinbart worden, noch sei die Bundesrepublik insofern ein privater Arbeitgeber. Vielmehr seien Gesetzgeber und Tarifvertragspartei hier ebenso identisch wie die Geldquelle, aus der Alhi und Überbrückungsbeihilfe bezahlt würden, weil beide Leistungen vom Bund getragen und aus Steuermitteln finanziert würden. Die Überbrückungsbeihilfe werde auch zum Ausgleich eines Schadens iS des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG gezahlt und sei deshalb privilegiertes Einkommen. Hier werde eine Abfindung lediglich in Form der Überbrückungsbeihilfe als Dauerleistung gewährt, weshalb die Überbrückungsbeihilfe auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 GG) nicht anders behandelt werden dürfe als eine einmalig gezahlte Abfindung. § 138 Abs 3 Nr 4 AFG greife insbesondere iVm der Übergangsregelung des § 242x Abs 7 AFG in unverhältnismäßiger Weise zu Lasten der Versicherten in einen geschützten Vertrauenstatbestand ein. Die in der Norm liegende unechte Rückwirkung sei aufgrund der Schwere des Eingriffs (Höhe der Kürzung der Alhi) nicht durch übergeordnete Interessen hinreichend gerechtfertigt gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Änderung des LSG- und SG-Urteils sowie des Bescheides vom Oktober 1997 über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 16. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1998 zu verurteilen, ihm höhere Arbeitslosenhilfe ohne Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe als Einkommen für die Zeit vom 16. September bis 31. Dezember 1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, daß mit der Neuregelung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG beabsichtigt gewesen sei, nunmehr lediglich Leistungen zu privilegieren, die aufgrund formeller Gesetze gewährt würden. Der Tarifvertrag stelle daher keine gesetzliche Vorschrift iS des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG dar. Der Anspruch auf Anschluß-Alhi unterliege nicht der Eigentumsgarantie des Art 14 GG, weil diese Leistung aus Steuermitteln finanziert werde. Dem Gesetzgeber stehe - auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - deshalb ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der hier nicht überschritten worden sei. Auch das Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG sei nicht verletzt, denn dem Kläger stehe der Zugang zu dem System der Sozialhilfe weiterhin offen. Mit Stichtagsregelungen wie hier §§ 242x Abs 7 AFG iVm 242x Abs 3 Satz 1 Nr 2 AFG seien notwendigerweise Härten verbunden.
II
1. Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das LSG hat den Privilegierungstatbestand des § 11 Satz 1 Nr 6 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) vom 7. August 1974 (in Kraft seit 1. September 1974, hier idF, die § 11 durch die 4. Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 27. Juni 1995, BGBl I 902, erhalten hat) nicht zugunsten des Klägers angewandt. Bei der dem Kläger gewährten Überbrückungsbeihilfe handelt es sich aber um eine aus sozialen Gründen gewährte Zuwendung aus öffentlichen Mitteln iS des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV. Jedoch ist mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG keine Entscheidung darüber möglich, ob aus der Anwendbarkeit des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV zugunsten des Klägers eine höhere Alhi resultiert, als sie von der Beklagten bewilligt worden ist.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erklärten Beschränkung der Revision nur noch die Gewährung höherer Alhi für die Zeit vom 16. September 1997 bis 31. Dezember 1997 (Bewilligungsbescheid wohl vom 6. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1998). Hierüber ist auf die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) zu befinden. Allerdings sind im Hinblick auf § 139a Abs 2 AFG alle Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi dem Grunde und der Höhe nach ohne Bindung an die frühere Bewilligung zu prüfen (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 42/99 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Dies bedeutet, daß nicht nur über einzelne Berechnungselemente, insbesondere - wie vorliegend - über die Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe bei der Bedürftigkeit, zu entscheiden ist, sondern der dem Kläger zustehende Alhi-Zahlbetrag nach Bemessungsentgelt (Arbeitsentgelt) iS des § 136 Abs 2 AFG (und § 136 Abs 2b AFG), Leistungsgruppe (§§ 136 Abs 3 Satz 2, 111 Abs 2 Sätze 2 bis 6 AFG, § 134 Abs 4 Satz 1 AFG iVm § 113 AFG), Nettolohnersatzquote (§ 136 Abs 1 AFG) und zu berücksichtigendem Einkommen (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG iVm §§ 137, 138 AFG) zu ermitteln ist (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72). Das Urteil des LSG enthält insoweit ausschließlich Ausführungen und tatsächliche Feststellungen zur Beurteilung des § 138 Abs 3 AFG betreffend die Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe als Einkommen.
Der Höhenstreit im sozialgerichtlichen Verfahren ist aber grundsätzlich keiner gesonderten Entscheidung über einzelne Berechnungselemente zugänglich, wie sie § 113 Abs 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eröffnet (BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72; SozR 3-4100 § 138 Nr 10 S 54). Ob allerdings die Ansicht aufrechterhalten bleiben kann, daß ein Grundurteil bei einem Höhenstreit gemäß § 130 SGG, also eine Verurteilung zu einer höheren Leistung dem Grunde nach, unzulässig ist (so BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 10 S 54; aA BSG SozR 2200 § 1241 Nr 22 S 78; zum Problem vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72 und SozR 4100 § 138 Nr 14 S 52 f), bedarf keiner Entscheidung. Denn die sonstigen Voraussetzungen für ein Grundurteil - bei Annahme seiner Zulässigkeit auch im Höhenstreit - liegen hier nicht vor (vgl zu den Voraussetzungen eines Grundurteils: BSG SozR 3-1500 § 141 Nr 8 mwN; BSGE 66, 44, 47 mwN = SozR 5795 § 7 Nr 1; Pawlak in Hennig, SGG, Stand Juli 1999, RdNrn 56 ff zu § 130); die tatsächlichen Feststellungen des LSG ermöglichen auch keine hinreichend sichere Aussage darüber, ob dem Grunde nach ein Anspruch auf höhere Leistung zu bejahen ist.
2. Im Ergebnis hat das LSG zu Unrecht entschieden, daß die dem Kläger gezahlte Überbrückungsbeihilfe im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Einkommen zu berücksichtigen ist. Dies beurteilt sich nach § 138 Abs 3 AFG (hier idF, die § 138 durch das AFRG vom 24. März 1997, BGBl I 594, in Kraft seit 1. April 1997, erhalten hat) und nach § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV. Nach § 138 Abs 3 AFG (vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III)) gelten ua nicht als Einkommen:
- Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi gewährt werden (Nr 4; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III) - im folgenden unter 3 -
- Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt werden (Nr 6; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 7 SGB III) - im folgenden unter 4 -
- ... Zuwendungen, ... die ein Dritter zur Ergänzung der Alhi gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein (Nr 7; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 8 SGB III) - im folgenden unter 5 -
Außer den in § 138 Abs 3 AFG genannten Einkommen gelten gemäß § 11 Satz 1 AlhiV iVm § 138 Abs 4 AFG ua nicht als Einkommen
die aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, insbesondere solche, die wegen Bedürftigkeit an besonders verdiente Personen oder Künstler oder deren Hinterbliebene gewährt werden (Nr 6; vor Änderung durch die 3. Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 10. Oktober 1990, BGBl I 2171 Nr 8; zur Weitergeltung der AlhiV ab 1. Januar 1998 Art 81 und 82 AFRG) - im folgenden unter 6 -
3. Es spricht vieles dafür, daß die Voraussetzungen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG nicht vorliegen. Dabei kann dahinstehen - was für die am Rechtsstreit Beteiligten weitgehend im Vordergrund stand -, ob § 138 Abs 3 Nr 4 AFG durch das AFRG mit Wirkung zum 1. April 1997 tatsächlich zum Nachteil des Klägers geändert worden ist. Eine solche nachteilige Gesetzesänderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG wurde von der Beklagten und den Vorinstanzen darin gesehen, daß nunmehr nur noch Leistungen "nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften" privilegiert werden sollten und die Überbrückungsbeihilfe eben nicht nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne dieser Norm, sondern aufgrund eines "Tarifvertrags" gewährt werde.
Vorliegend ist indes die Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF in der Zeit vor dem 1. April 1997 schon deshalb zweifelhaft, weil es sich bei der dem Kläger gewährten Überbrückungsbeihilfe entgegen der Auffassung der Beklagten wohl von vornherein nicht um eine Leistung gehandelt hat, die "unter Anrechnung der Alhi" gewährt wurde. Denn die Anrechnung der Alhi auf die Überbrückungsbeihilfe würde voraussetzen, daß die Überbrückungsbeihilfe dem Empfänger dem Grunde und der Höhe nach zunächst ohne Rücksicht auf einen Bezug von Alhi zustünde (vgl Burger, Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht, 1991, S 182), also - was auch die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (vgl BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25, BT-Drucks 13/5676, S 6 zu Nr 18, BT-Drucks 13/5730, S 3 zu Nr 18) voraussetzt - durch den Schuldner ein Mindestbetrag garantiert wird, der sich jeweils um den Alhi-Betrag reduzieren würde. Voraussetzung dafür, daß die Überbrückungsbeihilfe "unter Anrechnung der Alhi" iS des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (alter wie neuer Fassung) gezahlt wird, wäre mithin, daß ein bestimmter, geschuldeter Betrag X an Überbrückungsbeihilfe jeweils um die real gezahlte Alhi reduziert würde, ohne daß sich hinsichtlich des garantierten Gesamtbetrags (als jeweiliger Summe aus Überbrückungsbeihilfe und Alhi) eine Änderung ergibt. Gerade dies dürfte jedoch nach § 4 Nrn 1 und 2 TV SozSich nicht der Fall sein.
Nach § 4 Nr 1 Buchst b TV SozSich, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus erstreckt und der mithin entweder als Tarifvertrag gemäß § 162 SGG bzw als Formularvertrag (vgl BSG, Urteil vom 8. Februar 1996, 11 RAr 61/95, - unveröffentlicht -, mwN) in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt, wird Überbrückungsbeihilfe gezahlt zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) aus Anlaß von Arbeitslosigkeit oder beruflichen Bildungsmaßnahmen (Alg/Alhi, Unterhaltsgeld (Uhg)). Nach § 4 Nr 2 Buchst a Abs 1 TV SozSich wird die Überbrükkungsbeihilfe zu den Leistungen der BA (Nr 1 Buchst b) "in den Fällen des § 44 Abs 4, der §§ 115, 121, 123, 126, 233 Abs 2 AFG nach dem ungekürzten Alg bzw Uhg berechnet; entsprechendes gilt für die Alhi". Dies zeigt, daß § 4 Nr 1 und Nr 2 TV SozSich keine Anrechnungsnormen im soeben aufgezeigten Sinn enthalten (ebenso das Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496). Eine Anrechnungsnorm findet sich vielmehr erst in § 5 TV SozSich, der ausdrücklich normiert, welche anderen Leistungen als gerade die nach § 4 Nr 1 auf die Überbrückungsbeihilfe anzurechnen sind. Darüber hinaus ist nach § 4 Nr 2 Buchst a Abs 2 TV SozSich für Fälle eines wegen Bedürftigkeit fehlenden Alhi-Anspruchs geregelt, daß nur die zuvor zum Alg gezahlte Überbrückungsbeihilfe innerhalb des Anspruchszeitraums nach § 4 Nr 5 TV SozSich insgesamt bis zur Dauer von 52 Wochen - längstens jedoch bis zum Ablauf des Anspruchszeitraums - weitergezahlt wird. Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des TV SozSich ergibt sich mithin, daß es bereits vor der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zum 1. April 1997 äußerst zweifelhaft gewesen sein dürfte, ob die Überbrückungsbeihilfe als Leistung, die unter Anrechnung der Alhi gewährt wird, privilegiert war.
Dieser Umstand dürfte auch ein Grund für die Redaktionsbesprechung vom 14. und 15. April 1971 in Bonn zwischen Vertretern des Bundes einerseits und Vertretern der DGB-Gewerkschaften sowie der Deutschen Angestelltengewerkschaft andererseits über den TV SozSich vom 31. August 1971 gewesen sein, deren Niederschrift das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dem Senat zugänglich gemacht hat. Danach hat sich das BMF verpflichtet, den Gewerkschaften eine schriftliche Bestätigung der Erklärung des Vertreters des zuständigen Bundesressorts zu übermitteln, daß die Überbrückungsbeihilfe keine Anrechnung auf das Alg oder die Alhi finde. Die Problematik der Frage, ob die
Überbrückungsbeihilfe unter den Privilegierungstatbestand des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF fällt - die AlhiV war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlassen -, war den Vertragsparteien offenbar bewußt.
Daß die Beklagte in der Folgezeit § 138 Abs 3 Nr 4 AFG bis zur Gesetzesänderung durch das AFRG zum 1. April 1997 wohl entsprechend dieser Niederschrift vom 14./15. April 1971 ausgelegt hat, ändert nichts an der soeben aufgezeigten Zweifelhaftigkeit der Rechtslage bereits zu § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF. Dies gilt um so mehr, als die Gesetzesänderung damit begründet wurde, daß die Leistung der aus Steuermitteln des Bundes finanzierten Alhi nicht mehr vertretbar sei, soweit der Arbeitslose auf andere Weise, zB durch eine Nettolohngarantie seines früheren Arbeitgebers, gesichert sei (BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25). Eine Mindestentgeltgarantie sieht aber die Bundesrepublik Deutschland in den vertraglichen Regelungen des Tarifvertrags vom 31. August 1971 selbst nicht (vgl das beim BAG anhängige Revisionsverfahren 6 AZR 420/99). Die Bejahung einer Mindestentgeltgarantie würde ohnedies dazu führen, daß letztlich Alhi überhaupt nicht mehr und nur noch Überbrückungsbeihilfe zu zahlen wäre (vgl aber die damit unvereinbare Regelung des § 4 Nr 4 Buchst b TV SozSich). Dann aber dürfte sich die Frage nicht mehr stellen, ob § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der ab 1. April 1997 geänderten Form trotz der Beschränkung auf Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, nach Sinn und Zweck der Neuregelung weiterhin die Überbrückungsbeihilfe erfaßt, die unmittelbar zu Lasten des Bundeshaushalts gezahlt und die jeweils im Haushaltsplan des Bundes, also in einem formellen Gesetz (vgl Art 110 Abs 2 GG), ausgeworfen wird. Wäre schon § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF nicht einschlägig, so würde sich weiterhin die Frage nicht stellen, inwiefern § 242x Abs 7 iVm Abs 3 Satz 1 Nrn 2 und 3 AFG als Übergangsvorschrift die Rechte des erst nach dem dort vorgesehenen Stichtag - 14. Februar 1941 - geborenen Klägers in unzulässiger Weise einschränkte.
4. Die Voraussetzungen des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG für eine Privilegierung der Überbrükkungsbeihilfe liegen entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor. Nicht als Einkommen gelten nach § 138 Abs 3 Nr 6 AFG Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie nicht für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt werden. Die Überbrückungsbeihilfe wird hingegen zum Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Einkommen gewährt. Die Überbrückungsbeihilfe soll - befristet oder unbefristet - zusammen mit sonstigen Einkünften (Arbeitsentgelte, bestimmte Lohnersatzleistungen) zunächst Einkünfte in der Höhe, wie sie im fortbestehenden Arbeitsverhältnis als Grundvergütung bezogen worden wären, und nach Ablauf eines Jahres in geringfügig verminderter Höhe gewährleisten (BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 497; Urteil vom 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 -, AP Nr 7 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 1342, 1343). Dies zeigt sich insbesondere daran, daß sich die Höhe der Überbrückungsbeihilfe aus dem Unterschied zwischen bestimmten Prozentsätzen einer Bemessungsgrundlage (§ 4 Nr 3 TV SozSich) und den in § 4 Nrn 1 und 2 genannten Einkünften (also auch Alg bzw Alhi) des entlassenen Arbeitnehmers ergibt (§ 4 Nr 4 TV SozSich). Damit orientiert sich die Höhe der Überbrückungsbeihilfe an der Grundvergütung für die vertragliche regelmäßige Arbeitszeit eines Kalendermonats im Zeitpunkt der Entlassung (§ 4 Nr 3 Buchst a TV SozSich; vgl BAG, Urteil vom 23. Februar 1995 - 6 AZR 615/94 -, AP Nr 5 zu § 42 TVAL II = NZA 1996, 98, 99).
5. Bei der Überbrückungsbeihilfe handelt es sich auch nicht um privilegiertes Einkommen iS des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG. Nach dieser Norm sind abzusetzen Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit und Zuwendungen, die die freie Wohlfahrtspflege oder die ein Dritter zur Ergänzung der Alhi gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein. Es kann hier dahinstehen, ob es sich bei der Überbrükkungsbeihilfe überhaupt um eine Zuwendung handelt, die zur Ergänzung der Alhi gewährt wird (vgl nur § 4 Nr 2 Buchst a Abs 2 TV SozSich). Jedenfalls wird sie von einem Dritten, der Bundesrepublik Deutschland, aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung gewährt. Ob dabei die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich vorlagen und inwieweit dieser Vertrag zulässigerweise eine solche Leistung überhaupt regeln durfte, ist hierbei ohne Belang. Es genügt im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG, daß die Leistung aus der Sicht des Schuldners zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erbracht worden ist. Schon dann fehlt es an der Freiwilligkeit, die die Regelung hinsichtlich der Leistungsgewährung voraussetzt.
6. Allerdings greift zugunsten des Klägers der neben § 138 Abs 3 AFG anwendbare § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV ein. Zwar handelt es sich bei der Überbrückungsbeihilfe nicht um die in dieser Norm ausdrücklich genannten Zuwendungen, die wegen Bedürftigkeit an besonders verdiente Personen oder Künstler oder deren Hinterbliebene gewährt werden (vgl hierzu auch § 3 Nrn 20 und 43 Einkommensteuergesetz). Jedoch macht bereits die Formulierung des § 11 Satz 1 Nr 6 AFG ("insbesondere") deutlich, daß es sich um eine lediglich exemplarische und keinesfalls abschließende Aufzählung von aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln handelt. Die dem Kläger aufgrund des TV SozSich gezahlte Überbrückungsbeihilfe erfüllt ebenfalls die allgemeinen Voraussetzungen dieser Norm für eine Privilegierung. Die Überbrückungsbeihilfe wurde zunächst aus sozialen Gründen gezahlt (siehe sogleich unter a). Sie wurde auch aus öffentlichen Mitteln iS des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV gewährt (vgl unter b). Schließlich bestehen weder aus dem Gesamtzusammenhang und der Systematik der gesetzlichen
Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen auf die Alhi noch aus Gesichtspunkten höherrangigen Rechts Bedenken gegen eine Anwendung des Privilegierungstatbestands des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV auf die Überbrückungsbeihilfe (vgl unter c).
a) Die Überbrückungsbeihilfe wurde aus sozialen Gründen gezahlt. Dies macht die Zielsetzung der aufgrund des TV SozSich gezahlten Überbrückungsbeihilfe unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung deutlich. Der Kläger gehört zur Gruppe der bei den ausländischen Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer, deren Rechtsstellung und Arbeitsbedingungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besondere Ausgestaltungen erfahren haben. Für die Bundesrepublik Deutschland ohne West-Berlin galten hierbei Regelungen des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut (NATOTrStat) vom 19. Juni 1951) und des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des NATOTrStat hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (NATOTrStatZAbk). Obwohl Arbeitgeber der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer der jeweilige Entsendestaat war und ist (BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496; Beschluss vom 9. Februar 1993 - 1 ABR 43/92 -, AP Nr 17 zu Art 56 NATOTrStatZAbk mwN), obliegt es nach § 56 Abs 5 NATOTrStatZAbk den deutschen Behörden, im Einvernehmen mit den Behörden einer Truppe oder eines zivilen Gefolges die als Grundlage für die einzelnen Arbeitsverträge dienenden Arbeitsbedingungen, einschließlich der Löhne, der Gehälter und der Einreihung der einzelnen Tätigkeitsarten in Lohn- und Gehaltsgruppen, festzusetzen, Tarifverträge abzuschließen und das Entlohnungsverfahren zu regeln. Trotz fehlender Arbeitgebereigenschaft und damit Tariffähigkeit iS des § 2 Tarifvertragsgesetz war damit der Bundesrepublik Deutschland die Tarifzuständigkeit zum Abschluß von Tarifverträgen zugestanden worden (Marschall in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, 1993, § 166 RdNr 13; BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496). Die Bundesrepublik Deutschland trat gegenüber den Arbeitnehmern hinsichtlich der Lohn- und Gehaltszahlungen lediglich in Vorleistung, und die Stationierungsstreitkräfte erstatteten ihr die verauslagten Summen (Volk, Die Rechtsstellung der deutschen Zivilbeschäftigten bei den Stationierungsstreitkräften im Bundesgebiet und bei den alliierten Streitkräften in West-Berlin, 1972, S 229 ff). Bei Rechtsstreitigkeiten waren die Klagen statt gegen den Arbeitgeber gegen die Bundesrepublik zu richten (Art 56 Abs 8 NATOTrStatZAbk).
Vor diesem Hintergrund sind auch die Regelungen des TV SozSich zu sehen. Das BAG hat diesen Vertrag ebenfalls als wirksamen Tarifvertrag in Anwendung der Regelung zur Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit nach dem NATOTrStatZAbk angesehen (BAG, Urteil vom 5. September 1990 - 4 AZR 11/90 -, unveröffentlicht; Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495 ff; Urteil vom 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 -, AP Nr 7 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 1342 ff; Urteil vom 5. April 1999 - 6 AZR 56/98 -, AP Nr 1 zu § 16 TVAL II). Ob dem zu folgen ist, ist nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls sollte mit dem TV SozSich und der darin geregelten Leistung der Überbrückungsbeihilfe der besonderen sozialen Situation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer Rechnung getragen werden. Denn zu den Eigentümlichkeiten dieser Arbeitnehmer gehört es, entsprechend den wechselnden militärischen Erfordernissen beweglich sein und bleiben zu müssen (vgl Wargin in dem vom BMF dem Senat übermittelten Bulletin vom 23. Oktober 1971). Diese Abhängigkeit von militärischen Erfordernissen bringt für die Arbeitnehmer, insbesondere wenn sie lange bei den Alliierten beschäftigt waren, eine nicht kalkulierbare Ungewißheit mit sich, weil sie nicht voraussehen können, ob und wann ihr Arbeitseinsatz infolge von Umorganisation aus militärischen Gründen wegfällt. Mit dem TV SozSich wurde ein Instrumentarium geschaffen, das neben den bereits bestehenden Möglichkeiten des AFG den besonderen Belangen dieses Personenkreises Rechnung tragen sollte (Wargin, aaO). Der TV SozSich findet seine Rechtfertigung darin, daß den Arbeitsverhältnissen bei der ausländischen militärischen Truppe bzw einem militärischen Gefolge ein Moment der Ungewißheit eigen ist, das bei anderen Arbeitsverhältnissen in diesem Ausmaß nicht besteht. Die Maßnahmen des TV SozSich - und insbesondere die Gewährung von Überbrükkungsbeihilfe - wurden als geeignet angesehen, einen Ausgleich zu gewährleisten, wenn im Einzelfall eine soziale Härte auftreten sollte (Wargin, aaO). Die Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wurde also aus sozialen Gründen iS des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV gezahlt.
b) Die Überbrückungsbeihilfe wurde auch aus öffentlichen Mitteln im Sinne dieser Vorschrift gewährt, ohne daß es einer genaueren Umschreibung dieser Voraussetzung bedürfte, denn die Überbrückungsbeihilfe wurde in der Bundesrepublik Deutschland - selbst wenn sie (formal) für den jeweiligen Entsendestaat geleistet wurde - nach einer Verbalnote des Auswärtigen Amtes vom 3. September 1971 immer aus Haushaltsmitteln des Bundes gezahlt und im Innenverhältnis zu den Stationierungsmächten auch vom Bund selbst getragen. Die Leistungen wurden zudem jährlich in den Bundeshaushaltsplan aufgenommen. Schon vor Abschluß des TV SozSich im Jahre 1971 hat das BMF - wie bereits oben unter 3 ausgeführt - den Gewerkschaften zugesagt, daß die Überbrückungsbeihilfe weder auf das Alg noch auf die Alhi angerechnet werde. Daß es sich damit bei der Überbrückungsbeihilfe dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV entsprechend um Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln handelt, unterliegt keinen Zweifeln.
c) Einer Subsumtion der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich unter die Norm des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV kann weder entgegengehalten werden, daß § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV nicht neben § 138 Abs 3 AFG Anwendung finden könne, noch, daß die Regelung nicht ermächtigungskonform sei bzw es an einer hinreichenden Ermächtigung iS des Art 80 Abs 1 GG fehle. Vielmehr fügt sich § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV nahtlos in die Gesamtsystematik des § 138 Abs 3 AFG und die dieser Gesamtsystematik folgenden Regelungen des § 11 AlhiV ein. Gerade wegen der in § 138 Abs 3 AFG erkennbaren Systematik ist schließlich auch den Voraussetzungen des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG (Bestimmtheitsgebot hinsichtlich der Ermächtigungsnorm) genügt, weil sich aus dem Gesetz selbst ermitteln läßt, welches vom Gesetzgeber normierte Programm durch die Verordnung erreicht werden soll (vgl zu dieser Voraussetzung: Bauer in Dreier, Grundgesetz, Band 2, 1998 RdNrn 29 ff zu Art 80 mwN; Lücke in Sachs, Grundgesetz, 1996, RdNrn 21 ff zu Art 80 mwN).
138 Abs 3 AFG verfolgt bei der Privilegierung bestimmter Einkommen unterschiedliche Ziele. So geht es zum einen darum, bestimmte zweckgebundene Leistungen nicht durch Berücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung zu entwerten (Nrn 1, 2, 3, 3a und 8; vgl auch § 11 Satz 1 Nrn 1 und 4 AlhiV). Bei anderen Regelungen ist der Entstehungsgrund (Schadensausgleich) für die Nichtberücksichtigung maßgeblich (Nrn 5 und 6; vgl auch § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV). Durch eine weitere Gruppe der Privilegierungstatbestände soll eine unzumutbare Belastung Dritter verhindert werden (Nrn 9 und 10; vgl auch § 11 Satz 1 Nrn 5 und 7 AlhiV). Schließlich handelt es sich bei einer vierten Kategorie um konkurrierende, aber aus verschiedenen Gründen als mit der Gewährung von Alhi vereinbar (kompatibel) zu bewertende andere Hilfeleistungen, wie etwa Leistungen aufgrund von Eigenvorsorge (Nr 7; vgl auch § 11 Satz 1 Nr 3 und Satz 2 AlhiV), aufgrund freiwilliger fremder Hilfe (Nr 7) bzw aufgrund ausdrücklicher bundes- oder landesgesetzlicher Regelung (Nr 4). Letztere Regelung, deren Anwendung auf die Überbrückungsbeihilfe - wie oben unter Nr 3 bereits ausgeführt - zweifelhaft ist, folgt spätestens seit 1. April 1997 erkennbar dem allgemeinen Gesichtspunkt, daß der Staat nicht mit der einen Hand etwas nehmen darf, was er zuvor mit der anderen Hand gegeben bzw zugestanden hat.
In dieses Schema fügt sich § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV, der nicht als generelle Auffangnorm für alle denkbaren Sozialleistungen verstanden werden kann, ohne weiteres ein. Nach § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV sind nur solche Sozialleistungen privilegiert, die nach Entstehungsgrund und Zweckbestimmung oder Übung vereinbar mit Sinn und Zweck der Sozialleistung Alhi, also "alhi-kompatibel", sind und die folglich nach der soeben aufgezeigten Gesetzessystematik bei der Prüfung der Bedürftigkeit unberücksichtigt bleiben sollen. Diese Voraussetzung der "Alhi-Kompatibilität" ist für die Überbrückungsbeihilfe erfüllt, die aufgrund der besonderen Bedarfssituation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer vom Bund gezahlt und von diesem - wie oben unter 3 ausgeführt - von Anfang an als nicht schädlich für die Gewährung von Alhi bezeichnet worden ist, wobei der Bund - wenn auch rechtlich zweifelhaft - eine Nichtberücksichtigung der Überbrükkungsbeihilfe im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zugesagt hat. Diese durch den Träger der Alhi (§ 188 AFG) erteilte Zusage wurde später durch das Inkrafttreten der AlhiV am 1. September 1974 gewissermaßen legalisiert. Im übrigen folgt auch die Regelung der mit Wirkung ab Januar 1998 in Kraft getretenen Nr 8 des § 11 Satz 1 AlhiV diesem Gesichtspunkt der Alhi-Kompatibilität anderer Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln. Danach werden bestimmte Übergangsbeihilfen, die Arbeitnehmern der Eisen- und Stahlindustrie von ihren Arbeitgebern gezahlt werden, nur als privilegiertes Einkommen bezeichnet, soweit dem Unternehmer die gewährte Übergangsbeihilfe von der BA erstattet wird.
Einer Auslegung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV im bezeichneten Sinne steht auch nicht die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG durch das AFRG zum 1. April 1997 entgegen. Zum einen stehen die in § 138 Abs 3 AFG und in § 11 AlhiV im einzelnen aufgeführten Privilegierungstatbestände schon nach dem Wortlaut dergestalt nebeneinander, daß grundsätzlich mehrere dieser Tatbestände gleichzeitig erfüllt sein können. Zum anderen macht gerade die Gesetzesänderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG deutlich, daß die Überbrückungsbeihilfe von § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV erfaßt werden muß. Mit der Gesetzesänderung sollte nämlich nur eine Kostenbelastung des Bundes zugunsten eines Dritten verhindert werden, der eigentlich einen "Gesamtbetrag" - wenn auch unter Anrechnung gezahlter Alhi - garantiert hat (vgl hierzu nur BT-Drucks 13/4941, S 240 zu § 138). Vorliegend wollte der Bund allerdings von Anfang an Alhi und Überbrückungsbeihilfe nebeneinander zahlen, so daß sich eine unbillige Belastung des Bundes gerade nicht ergibt. Dies gilt um so mehr, als durch die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG keine Entlastung des "Dritten" eintreten sollte, sondern eine entsprechende Mehrbelastung des Dritten durch die Entlastung des Bundeshaushaltes bezweckt war. Diese Mehrbelastung träfe allerdings dieselbe juristische Person, die sich gleichwohl weigert, die Überbrückungsbeihilfe entsprechend aufzustocken.
Der Auslegung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV im bezeichneten Sinn steht schließlich nicht entgegen, daß der parlamentarische Staatssekretär Günther am 19. Dezember 1996 auf eine Frage des Abgeordneten Ostertag die Meinung vertreten hat, daß "die Überbrükkungsbeihilfe nach § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der durch das AFRG vorgesehenen Fassung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi als Einkommen zu berücksichtigen sei" (BT-Drucks 13/6665, S 34 zu Nr 71). Insoweit handelt es sich nur um eine Rechtsansicht, die weder im Gesetzeswortlaut noch in den Gesetzesbegründungen ihren Niederschlag gefunden hat. Abgesehen davon, daß die Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG auf die Überbrückungsbeihilfe ohnedies zweifelhaft war, hätte es einer ausdrücklichen Änderung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV bedurft, wenn mit der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zugleich auch die Anwendung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV hätte ausgeschlossen werden sollen. Dies ist indes nicht geschehen.
7. Das LSG wird nach der Zurückverweisung der Sache die Höhe der Alhi einer genauen Überprüfung zuzuführen haben, wobei es nicht nur das Bemessungsentgelt (ggf unter Anwendung des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG) nach Lohn- und Zeitfaktor genau zu bestimmen hat, sondern auch die maßgebliche Steuerklasse und die Nettolohnersatzquote sowie das Vorhandensein von sonstigem Einkommen oder Vermögen zu ermitteln bzw festzustellen hat. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Gründe:
I
Im Streit ist (nur noch) die Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 16. September 1997 bis 31. Dezember 1997.
Der am 28. August 1941 geborene Kläger war von 1977 bis zum 30. Juni 1994 als Kraftfahrer bei den britischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Seit Juli 1994 bezog er von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) und im Anschluß daran Alhi. Daneben erhielt er eine Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich). Der TV SozSich war von der Bundesrepublik Deutschland im Einvernehmen mit den obersten Behörden der Stationierungsstreitkräfte mit den zuständigen Gewerkschaften abgeschlossen worden.
Der Kläger beantragte am 27. August 1997 die Wiederbewilligung von Alhi für den am 16. September 1997 beginnenden neuen Bewilligungszeitraum. Die Beklagte bewilligte ihm diese daraufhin lediglich in Höhe von 100,32 DM wöchentlich (Bescheid vom Oktober 1997). Zuvor war dem Kläger bis 15. September 1997 Alhi in Höhe von 342,60 DM wöchentlich bewilligt worden. Die Beklagte berücksichtigte nunmehr die dem Kläger gezahlte Überbrückungsbeihilfe in Höhe von 239,29 DM wöchentlich als Einkommen. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1998). Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 28. September 1998; Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 5. August 1999). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, seit der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) ab 1. April 1997 sei die Überbrückungsbeihilfe als Einkommen auf die Alhi anzurechnen. Die Überbrückungsbeihilfe werde nicht - wie die Neuregelung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG voraussetze - "aufgrund" bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften gezahlt, sondern nach dem einschlägigen Tarifvertrag. Zwar würden auch Tarifverträge Rechtsnormen im materiellen Sinne darstellen und könnten in einem weiteren Sinne als Gesetz oder gesetzliche Regelung betrachtet werden. Allerdings sei § 138 Abs 3 Nr 4 AFG unter Zugrundelegung der gesetzgeberischen Motive so auszulegen, daß mit dem Begriff bundes- und landesgesetzliche Vorschriften nur formelle, durch Parlamente erlassene Gesetze gemeint seien. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 242x Abs 7 AFG für die weitere Anwendung von § 138
Abs 3 Nr 4 AFG aF. Die Alhi werde auch nicht von der Eigentumsgarantie des Art 14 Grundgesetz (GG) erfaßt. Ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG liege nicht vor, weil dem Kläger jedenfalls der Anspruch auf Sozialhilfe erhalten bleibe.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 138 Abs 3 Nr 4 und Nr 6 AFG sowie des § 242x Abs 7 AFG iVm Art 3, 9 und 20 GG. Im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG könne ein bundeseinheitlicher Tarifvertrag, der von der Bundesrepublik Deutschland selbst geschlossen werde, nicht anders behandelt werden als eine gesetzliche Vorschrift der Bundesrepublik Deutschland. Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, mit der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zu verhindern, daß private Arbeitgeber zu Lasten der öffentlichen Hand Nettolohngarantievereinbarungen abschlössen. Weder sei aber im TV SozSich eine Nettolohngarantie vereinbart worden, noch sei die Bundesrepublik insofern ein privater Arbeitgeber. Vielmehr seien Gesetzgeber und Tarifvertragspartei hier ebenso identisch wie die Geldquelle, aus der Alhi und Überbrückungsbeihilfe bezahlt würden, weil beide Leistungen vom Bund getragen und aus Steuermitteln finanziert würden. Die Überbrückungsbeihilfe werde auch zum Ausgleich eines Schadens iS des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG gezahlt und sei deshalb privilegiertes Einkommen. Hier werde eine Abfindung lediglich in Form der Überbrückungsbeihilfe als Dauerleistung gewährt, weshalb die Überbrückungsbeihilfe auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 GG) nicht anders behandelt werden dürfe als eine einmalig gezahlte Abfindung. § 138 Abs 3 Nr 4 AFG greife insbesondere iVm der Übergangsregelung des § 242x Abs 7 AFG in unverhältnismäßiger Weise zu Lasten der Versicherten in einen geschützten Vertrauenstatbestand ein. Die in der Norm liegende unechte Rückwirkung sei aufgrund der Schwere des Eingriffs (Höhe der Kürzung der Alhi) nicht durch übergeordnete Interessen hinreichend gerechtfertigt gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Änderung des LSG- und SG-Urteils sowie des Bescheides vom Oktober 1997 über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 16. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1998 zu verurteilen, ihm höhere Arbeitslosenhilfe ohne Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe als Einkommen für die Zeit vom 16. September bis 31. Dezember 1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, daß mit der Neuregelung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG beabsichtigt gewesen sei, nunmehr lediglich Leistungen zu privilegieren, die aufgrund formeller Gesetze gewährt würden. Der Tarifvertrag stelle daher keine gesetzliche Vorschrift iS des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG dar. Der Anspruch auf Anschluß-Alhi unterliege nicht der Eigentumsgarantie des Art 14 GG, weil diese Leistung aus Steuermitteln finanziert werde. Dem Gesetzgeber stehe - auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - deshalb ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der hier nicht überschritten worden sei. Auch das Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG sei nicht verletzt, denn dem Kläger stehe der Zugang zu dem System der Sozialhilfe weiterhin offen. Mit Stichtagsregelungen wie hier §§ 242x Abs 7 AFG iVm 242x Abs 3 Satz 1 Nr 2 AFG seien notwendigerweise Härten verbunden.
II
1. Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das LSG hat den Privilegierungstatbestand des § 11 Satz 1 Nr 6 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) vom 7. August 1974 (in Kraft seit 1. September 1974, hier idF, die § 11 durch die 4. Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 27. Juni 1995, BGBl I 902, erhalten hat) nicht zugunsten des Klägers angewandt. Bei der dem Kläger gewährten Überbrückungsbeihilfe handelt es sich aber um eine aus sozialen Gründen gewährte Zuwendung aus öffentlichen Mitteln iS des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV. Jedoch ist mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG keine Entscheidung darüber möglich, ob aus der Anwendbarkeit des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV zugunsten des Klägers eine höhere Alhi resultiert, als sie von der Beklagten bewilligt worden ist.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erklärten Beschränkung der Revision nur noch die Gewährung höherer Alhi für die Zeit vom 16. September 1997 bis 31. Dezember 1997 (Bewilligungsbescheid wohl vom 6. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1998). Hierüber ist auf die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) zu befinden. Allerdings sind im Hinblick auf § 139a Abs 2 AFG alle Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi dem Grunde und der Höhe nach ohne Bindung an die frühere Bewilligung zu prüfen (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 42/99 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Dies bedeutet, daß nicht nur über einzelne Berechnungselemente, insbesondere - wie vorliegend - über die Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe bei der Bedürftigkeit, zu entscheiden ist, sondern der dem Kläger zustehende Alhi-Zahlbetrag nach Bemessungsentgelt (Arbeitsentgelt) iS des § 136 Abs 2 AFG (und § 136 Abs 2b AFG), Leistungsgruppe (§§ 136 Abs 3 Satz 2, 111 Abs 2 Sätze 2 bis 6 AFG, § 134 Abs 4 Satz 1 AFG iVm § 113 AFG), Nettolohnersatzquote (§ 136 Abs 1 AFG) und zu berücksichtigendem Einkommen (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG iVm §§ 137, 138 AFG) zu ermitteln ist (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72). Das Urteil des LSG enthält insoweit ausschließlich Ausführungen und tatsächliche Feststellungen zur Beurteilung des § 138 Abs 3 AFG betreffend die Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe als Einkommen.
Der Höhenstreit im sozialgerichtlichen Verfahren ist aber grundsätzlich keiner gesonderten Entscheidung über einzelne Berechnungselemente zugänglich, wie sie § 113 Abs 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eröffnet (BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72; SozR 3-4100 § 138 Nr 10 S 54). Ob allerdings die Ansicht aufrechterhalten bleiben kann, daß ein Grundurteil bei einem Höhenstreit gemäß § 130 SGG, also eine Verurteilung zu einer höheren Leistung dem Grunde nach, unzulässig ist (so BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 10 S 54; aA BSG SozR 2200 § 1241 Nr 22 S 78; zum Problem vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72 und SozR 4100 § 138 Nr 14 S 52 f), bedarf keiner Entscheidung. Denn die sonstigen Voraussetzungen für ein Grundurteil - bei Annahme seiner Zulässigkeit auch im Höhenstreit - liegen hier nicht vor (vgl zu den Voraussetzungen eines Grundurteils: BSG SozR 3-1500 § 141 Nr 8 mwN; BSGE 66, 44, 47 mwN = SozR 5795 § 7 Nr 1; Pawlak in Hennig, SGG, Stand Juli 1999, RdNrn 56 ff zu § 130); die tatsächlichen Feststellungen des LSG ermöglichen auch keine hinreichend sichere Aussage darüber, ob dem Grunde nach ein Anspruch auf höhere Leistung zu bejahen ist.
2. Im Ergebnis hat das LSG zu Unrecht entschieden, daß die dem Kläger gezahlte Überbrückungsbeihilfe im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Einkommen zu berücksichtigen ist. Dies beurteilt sich nach § 138 Abs 3 AFG (hier idF, die § 138 durch das AFRG vom 24. März 1997, BGBl I 594, in Kraft seit 1. April 1997, erhalten hat) und nach § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV. Nach § 138 Abs 3 AFG (vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III)) gelten ua nicht als Einkommen:
- Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi gewährt werden (Nr 4; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III) - im folgenden unter 3 -
- Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt werden (Nr 6; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 7 SGB III) - im folgenden unter 4 -
- ... Zuwendungen, ... die ein Dritter zur Ergänzung der Alhi gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein (Nr 7; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 8 SGB III) - im folgenden unter 5 -
Außer den in § 138 Abs 3 AFG genannten Einkommen gelten gemäß § 11 Satz 1 AlhiV iVm § 138 Abs 4 AFG ua nicht als Einkommen
die aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, insbesondere solche, die wegen Bedürftigkeit an besonders verdiente Personen oder Künstler oder deren Hinterbliebene gewährt werden (Nr 6; vor Änderung durch die 3. Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 10. Oktober 1990, BGBl I 2171 Nr 8; zur Weitergeltung der AlhiV ab 1. Januar 1998 Art 81 und 82 AFRG) - im folgenden unter 6 -
3. Es spricht vieles dafür, daß die Voraussetzungen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG nicht vorliegen. Dabei kann dahinstehen - was für die am Rechtsstreit Beteiligten weitgehend im Vordergrund stand -, ob § 138 Abs 3 Nr 4 AFG durch das AFRG mit Wirkung zum 1. April 1997 tatsächlich zum Nachteil des Klägers geändert worden ist. Eine solche nachteilige Gesetzesänderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG wurde von der Beklagten und den Vorinstanzen darin gesehen, daß nunmehr nur noch Leistungen "nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften" privilegiert werden sollten und die Überbrückungsbeihilfe eben nicht nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne dieser Norm, sondern aufgrund eines "Tarifvertrags" gewährt werde.
Vorliegend ist indes die Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF in der Zeit vor dem 1. April 1997 schon deshalb zweifelhaft, weil es sich bei der dem Kläger gewährten Überbrückungsbeihilfe entgegen der Auffassung der Beklagten wohl von vornherein nicht um eine Leistung gehandelt hat, die "unter Anrechnung der Alhi" gewährt wurde. Denn die Anrechnung der Alhi auf die Überbrückungsbeihilfe würde voraussetzen, daß die Überbrückungsbeihilfe dem Empfänger dem Grunde und der Höhe nach zunächst ohne Rücksicht auf einen Bezug von Alhi zustünde (vgl Burger, Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht, 1991, S 182), also - was auch die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (vgl BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25, BT-Drucks 13/5676, S 6 zu Nr 18, BT-Drucks 13/5730, S 3 zu Nr 18) voraussetzt - durch den Schuldner ein Mindestbetrag garantiert wird, der sich jeweils um den Alhi-Betrag reduzieren würde. Voraussetzung dafür, daß die Überbrückungsbeihilfe "unter Anrechnung der Alhi" iS des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (alter wie neuer Fassung) gezahlt wird, wäre mithin, daß ein bestimmter, geschuldeter Betrag X an Überbrückungsbeihilfe jeweils um die real gezahlte Alhi reduziert würde, ohne daß sich hinsichtlich des garantierten Gesamtbetrags (als jeweiliger Summe aus Überbrückungsbeihilfe und Alhi) eine Änderung ergibt. Gerade dies dürfte jedoch nach § 4 Nrn 1 und 2 TV SozSich nicht der Fall sein.
Nach § 4 Nr 1 Buchst b TV SozSich, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus erstreckt und der mithin entweder als Tarifvertrag gemäß § 162 SGG bzw als Formularvertrag (vgl BSG, Urteil vom 8. Februar 1996, 11 RAr 61/95, - unveröffentlicht -, mwN) in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt, wird Überbrückungsbeihilfe gezahlt zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) aus Anlaß von Arbeitslosigkeit oder beruflichen Bildungsmaßnahmen (Alg/Alhi, Unterhaltsgeld (Uhg)). Nach § 4 Nr 2 Buchst a Abs 1 TV SozSich wird die Überbrükkungsbeihilfe zu den Leistungen der BA (Nr 1 Buchst b) "in den Fällen des § 44 Abs 4, der §§ 115, 121, 123, 126, 233 Abs 2 AFG nach dem ungekürzten Alg bzw Uhg berechnet; entsprechendes gilt für die Alhi". Dies zeigt, daß § 4 Nr 1 und Nr 2 TV SozSich keine Anrechnungsnormen im soeben aufgezeigten Sinn enthalten (ebenso das Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496). Eine Anrechnungsnorm findet sich vielmehr erst in § 5 TV SozSich, der ausdrücklich normiert, welche anderen Leistungen als gerade die nach § 4 Nr 1 auf die Überbrückungsbeihilfe anzurechnen sind. Darüber hinaus ist nach § 4 Nr 2 Buchst a Abs 2 TV SozSich für Fälle eines wegen Bedürftigkeit fehlenden Alhi-Anspruchs geregelt, daß nur die zuvor zum Alg gezahlte Überbrückungsbeihilfe innerhalb des Anspruchszeitraums nach § 4 Nr 5 TV SozSich insgesamt bis zur Dauer von 52 Wochen - längstens jedoch bis zum Ablauf des Anspruchszeitraums - weitergezahlt wird. Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des TV SozSich ergibt sich mithin, daß es bereits vor der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zum 1. April 1997 äußerst zweifelhaft gewesen sein dürfte, ob die Überbrückungsbeihilfe als Leistung, die unter Anrechnung der Alhi gewährt wird, privilegiert war.
Dieser Umstand dürfte auch ein Grund für die Redaktionsbesprechung vom 14. und 15. April 1971 in Bonn zwischen Vertretern des Bundes einerseits und Vertretern der DGB-Gewerkschaften sowie der Deutschen Angestelltengewerkschaft andererseits über den TV SozSich vom 31. August 1971 gewesen sein, deren Niederschrift das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dem Senat zugänglich gemacht hat. Danach hat sich das BMF verpflichtet, den Gewerkschaften eine schriftliche Bestätigung der Erklärung des Vertreters des zuständigen Bundesressorts zu übermitteln, daß die Überbrückungsbeihilfe keine Anrechnung auf das Alg oder die Alhi finde. Die Problematik der Frage, ob die
Überbrückungsbeihilfe unter den Privilegierungstatbestand des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF fällt - die AlhiV war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlassen -, war den Vertragsparteien offenbar bewußt.
Daß die Beklagte in der Folgezeit § 138 Abs 3 Nr 4 AFG bis zur Gesetzesänderung durch das AFRG zum 1. April 1997 wohl entsprechend dieser Niederschrift vom 14./15. April 1971 ausgelegt hat, ändert nichts an der soeben aufgezeigten Zweifelhaftigkeit der Rechtslage bereits zu § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF. Dies gilt um so mehr, als die Gesetzesänderung damit begründet wurde, daß die Leistung der aus Steuermitteln des Bundes finanzierten Alhi nicht mehr vertretbar sei, soweit der Arbeitslose auf andere Weise, zB durch eine Nettolohngarantie seines früheren Arbeitgebers, gesichert sei (BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25). Eine Mindestentgeltgarantie sieht aber die Bundesrepublik Deutschland in den vertraglichen Regelungen des Tarifvertrags vom 31. August 1971 selbst nicht (vgl das beim BAG anhängige Revisionsverfahren 6 AZR 420/99). Die Bejahung einer Mindestentgeltgarantie würde ohnedies dazu führen, daß letztlich Alhi überhaupt nicht mehr und nur noch Überbrückungsbeihilfe zu zahlen wäre (vgl aber die damit unvereinbare Regelung des § 4 Nr 4 Buchst b TV SozSich). Dann aber dürfte sich die Frage nicht mehr stellen, ob § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der ab 1. April 1997 geänderten Form trotz der Beschränkung auf Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, nach Sinn und Zweck der Neuregelung weiterhin die Überbrückungsbeihilfe erfaßt, die unmittelbar zu Lasten des Bundeshaushalts gezahlt und die jeweils im Haushaltsplan des Bundes, also in einem formellen Gesetz (vgl Art 110 Abs 2 GG), ausgeworfen wird. Wäre schon § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF nicht einschlägig, so würde sich weiterhin die Frage nicht stellen, inwiefern § 242x Abs 7 iVm Abs 3 Satz 1 Nrn 2 und 3 AFG als Übergangsvorschrift die Rechte des erst nach dem dort vorgesehenen Stichtag - 14. Februar 1941 - geborenen Klägers in unzulässiger Weise einschränkte.
4. Die Voraussetzungen des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG für eine Privilegierung der Überbrükkungsbeihilfe liegen entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor. Nicht als Einkommen gelten nach § 138 Abs 3 Nr 6 AFG Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie nicht für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt werden. Die Überbrückungsbeihilfe wird hingegen zum Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Einkommen gewährt. Die Überbrückungsbeihilfe soll - befristet oder unbefristet - zusammen mit sonstigen Einkünften (Arbeitsentgelte, bestimmte Lohnersatzleistungen) zunächst Einkünfte in der Höhe, wie sie im fortbestehenden Arbeitsverhältnis als Grundvergütung bezogen worden wären, und nach Ablauf eines Jahres in geringfügig verminderter Höhe gewährleisten (BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 497; Urteil vom 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 -, AP Nr 7 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 1342, 1343). Dies zeigt sich insbesondere daran, daß sich die Höhe der Überbrückungsbeihilfe aus dem Unterschied zwischen bestimmten Prozentsätzen einer Bemessungsgrundlage (§ 4 Nr 3 TV SozSich) und den in § 4 Nrn 1 und 2 genannten Einkünften (also auch Alg bzw Alhi) des entlassenen Arbeitnehmers ergibt (§ 4 Nr 4 TV SozSich). Damit orientiert sich die Höhe der Überbrückungsbeihilfe an der Grundvergütung für die vertragliche regelmäßige Arbeitszeit eines Kalendermonats im Zeitpunkt der Entlassung (§ 4 Nr 3 Buchst a TV SozSich; vgl BAG, Urteil vom 23. Februar 1995 - 6 AZR 615/94 -, AP Nr 5 zu § 42 TVAL II = NZA 1996, 98, 99).
5. Bei der Überbrückungsbeihilfe handelt es sich auch nicht um privilegiertes Einkommen iS des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG. Nach dieser Norm sind abzusetzen Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit und Zuwendungen, die die freie Wohlfahrtspflege oder die ein Dritter zur Ergänzung der Alhi gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein. Es kann hier dahinstehen, ob es sich bei der Überbrükkungsbeihilfe überhaupt um eine Zuwendung handelt, die zur Ergänzung der Alhi gewährt wird (vgl nur § 4 Nr 2 Buchst a Abs 2 TV SozSich). Jedenfalls wird sie von einem Dritten, der Bundesrepublik Deutschland, aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung gewährt. Ob dabei die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich vorlagen und inwieweit dieser Vertrag zulässigerweise eine solche Leistung überhaupt regeln durfte, ist hierbei ohne Belang. Es genügt im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG, daß die Leistung aus der Sicht des Schuldners zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erbracht worden ist. Schon dann fehlt es an der Freiwilligkeit, die die Regelung hinsichtlich der Leistungsgewährung voraussetzt.
6. Allerdings greift zugunsten des Klägers der neben § 138 Abs 3 AFG anwendbare § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV ein. Zwar handelt es sich bei der Überbrückungsbeihilfe nicht um die in dieser Norm ausdrücklich genannten Zuwendungen, die wegen Bedürftigkeit an besonders verdiente Personen oder Künstler oder deren Hinterbliebene gewährt werden (vgl hierzu auch § 3 Nrn 20 und 43 Einkommensteuergesetz). Jedoch macht bereits die Formulierung des § 11 Satz 1 Nr 6 AFG ("insbesondere") deutlich, daß es sich um eine lediglich exemplarische und keinesfalls abschließende Aufzählung von aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln handelt. Die dem Kläger aufgrund des TV SozSich gezahlte Überbrückungsbeihilfe erfüllt ebenfalls die allgemeinen Voraussetzungen dieser Norm für eine Privilegierung. Die Überbrückungsbeihilfe wurde zunächst aus sozialen Gründen gezahlt (siehe sogleich unter a). Sie wurde auch aus öffentlichen Mitteln iS des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV gewährt (vgl unter b). Schließlich bestehen weder aus dem Gesamtzusammenhang und der Systematik der gesetzlichen
Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen auf die Alhi noch aus Gesichtspunkten höherrangigen Rechts Bedenken gegen eine Anwendung des Privilegierungstatbestands des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV auf die Überbrückungsbeihilfe (vgl unter c).
a) Die Überbrückungsbeihilfe wurde aus sozialen Gründen gezahlt. Dies macht die Zielsetzung der aufgrund des TV SozSich gezahlten Überbrückungsbeihilfe unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung deutlich. Der Kläger gehört zur Gruppe der bei den ausländischen Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer, deren Rechtsstellung und Arbeitsbedingungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besondere Ausgestaltungen erfahren haben. Für die Bundesrepublik Deutschland ohne West-Berlin galten hierbei Regelungen des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut (NATOTrStat) vom 19. Juni 1951) und des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des NATOTrStat hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (NATOTrStatZAbk). Obwohl Arbeitgeber der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer der jeweilige Entsendestaat war und ist (BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496; Beschluss vom 9. Februar 1993 - 1 ABR 43/92 -, AP Nr 17 zu Art 56 NATOTrStatZAbk mwN), obliegt es nach § 56 Abs 5 NATOTrStatZAbk den deutschen Behörden, im Einvernehmen mit den Behörden einer Truppe oder eines zivilen Gefolges die als Grundlage für die einzelnen Arbeitsverträge dienenden Arbeitsbedingungen, einschließlich der Löhne, der Gehälter und der Einreihung der einzelnen Tätigkeitsarten in Lohn- und Gehaltsgruppen, festzusetzen, Tarifverträge abzuschließen und das Entlohnungsverfahren zu regeln. Trotz fehlender Arbeitgebereigenschaft und damit Tariffähigkeit iS des § 2 Tarifvertragsgesetz war damit der Bundesrepublik Deutschland die Tarifzuständigkeit zum Abschluß von Tarifverträgen zugestanden worden (Marschall in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, 1993, § 166 RdNr 13; BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496). Die Bundesrepublik Deutschland trat gegenüber den Arbeitnehmern hinsichtlich der Lohn- und Gehaltszahlungen lediglich in Vorleistung, und die Stationierungsstreitkräfte erstatteten ihr die verauslagten Summen (Volk, Die Rechtsstellung der deutschen Zivilbeschäftigten bei den Stationierungsstreitkräften im Bundesgebiet und bei den alliierten Streitkräften in West-Berlin, 1972, S 229 ff). Bei Rechtsstreitigkeiten waren die Klagen statt gegen den Arbeitgeber gegen die Bundesrepublik zu richten (Art 56 Abs 8 NATOTrStatZAbk).
Vor diesem Hintergrund sind auch die Regelungen des TV SozSich zu sehen. Das BAG hat diesen Vertrag ebenfalls als wirksamen Tarifvertrag in Anwendung der Regelung zur Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit nach dem NATOTrStatZAbk angesehen (BAG, Urteil vom 5. September 1990 - 4 AZR 11/90 -, unveröffentlicht; Urteil vom 1. Oktober 1998 - 6 AZR 228/97 -, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495 ff; Urteil vom 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 -, AP Nr 7 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 1342 ff; Urteil vom 5. April 1999 - 6 AZR 56/98 -, AP Nr 1 zu § 16 TVAL II). Ob dem zu folgen ist, ist nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls sollte mit dem TV SozSich und der darin geregelten Leistung der Überbrückungsbeihilfe der besonderen sozialen Situation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer Rechnung getragen werden. Denn zu den Eigentümlichkeiten dieser Arbeitnehmer gehört es, entsprechend den wechselnden militärischen Erfordernissen beweglich sein und bleiben zu müssen (vgl Wargin in dem vom BMF dem Senat übermittelten Bulletin vom 23. Oktober 1971). Diese Abhängigkeit von militärischen Erfordernissen bringt für die Arbeitnehmer, insbesondere wenn sie lange bei den Alliierten beschäftigt waren, eine nicht kalkulierbare Ungewißheit mit sich, weil sie nicht voraussehen können, ob und wann ihr Arbeitseinsatz infolge von Umorganisation aus militärischen Gründen wegfällt. Mit dem TV SozSich wurde ein Instrumentarium geschaffen, das neben den bereits bestehenden Möglichkeiten des AFG den besonderen Belangen dieses Personenkreises Rechnung tragen sollte (Wargin, aaO). Der TV SozSich findet seine Rechtfertigung darin, daß den Arbeitsverhältnissen bei der ausländischen militärischen Truppe bzw einem militärischen Gefolge ein Moment der Ungewißheit eigen ist, das bei anderen Arbeitsverhältnissen in diesem Ausmaß nicht besteht. Die Maßnahmen des TV SozSich - und insbesondere die Gewährung von Überbrükkungsbeihilfe - wurden als geeignet angesehen, einen Ausgleich zu gewährleisten, wenn im Einzelfall eine soziale Härte auftreten sollte (Wargin, aaO). Die Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wurde also aus sozialen Gründen iS des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV gezahlt.
b) Die Überbrückungsbeihilfe wurde auch aus öffentlichen Mitteln im Sinne dieser Vorschrift gewährt, ohne daß es einer genaueren Umschreibung dieser Voraussetzung bedürfte, denn die Überbrückungsbeihilfe wurde in der Bundesrepublik Deutschland - selbst wenn sie (formal) für den jeweiligen Entsendestaat geleistet wurde - nach einer Verbalnote des Auswärtigen Amtes vom 3. September 1971 immer aus Haushaltsmitteln des Bundes gezahlt und im Innenverhältnis zu den Stationierungsmächten auch vom Bund selbst getragen. Die Leistungen wurden zudem jährlich in den Bundeshaushaltsplan aufgenommen. Schon vor Abschluß des TV SozSich im Jahre 1971 hat das BMF - wie bereits oben unter 3 ausgeführt - den Gewerkschaften zugesagt, daß die Überbrückungsbeihilfe weder auf das Alg noch auf die Alhi angerechnet werde. Daß es sich damit bei der Überbrückungsbeihilfe dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV entsprechend um Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln handelt, unterliegt keinen Zweifeln.
c) Einer Subsumtion der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich unter die Norm des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV kann weder entgegengehalten werden, daß § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV nicht neben § 138 Abs 3 AFG Anwendung finden könne, noch, daß die Regelung nicht ermächtigungskonform sei bzw es an einer hinreichenden Ermächtigung iS des Art 80 Abs 1 GG fehle. Vielmehr fügt sich § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV nahtlos in die Gesamtsystematik des § 138 Abs 3 AFG und die dieser Gesamtsystematik folgenden Regelungen des § 11 AlhiV ein. Gerade wegen der in § 138 Abs 3 AFG erkennbaren Systematik ist schließlich auch den Voraussetzungen des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG (Bestimmtheitsgebot hinsichtlich der Ermächtigungsnorm) genügt, weil sich aus dem Gesetz selbst ermitteln läßt, welches vom Gesetzgeber normierte Programm durch die Verordnung erreicht werden soll (vgl zu dieser Voraussetzung: Bauer in Dreier, Grundgesetz, Band 2, 1998 RdNrn 29 ff zu Art 80 mwN; Lücke in Sachs, Grundgesetz, 1996, RdNrn 21 ff zu Art 80 mwN).
138 Abs 3 AFG verfolgt bei der Privilegierung bestimmter Einkommen unterschiedliche Ziele. So geht es zum einen darum, bestimmte zweckgebundene Leistungen nicht durch Berücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung zu entwerten (Nrn 1, 2, 3, 3a und 8; vgl auch § 11 Satz 1 Nrn 1 und 4 AlhiV). Bei anderen Regelungen ist der Entstehungsgrund (Schadensausgleich) für die Nichtberücksichtigung maßgeblich (Nrn 5 und 6; vgl auch § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV). Durch eine weitere Gruppe der Privilegierungstatbestände soll eine unzumutbare Belastung Dritter verhindert werden (Nrn 9 und 10; vgl auch § 11 Satz 1 Nrn 5 und 7 AlhiV). Schließlich handelt es sich bei einer vierten Kategorie um konkurrierende, aber aus verschiedenen Gründen als mit der Gewährung von Alhi vereinbar (kompatibel) zu bewertende andere Hilfeleistungen, wie etwa Leistungen aufgrund von Eigenvorsorge (Nr 7; vgl auch § 11 Satz 1 Nr 3 und Satz 2 AlhiV), aufgrund freiwilliger fremder Hilfe (Nr 7) bzw aufgrund ausdrücklicher bundes- oder landesgesetzlicher Regelung (Nr 4). Letztere Regelung, deren Anwendung auf die Überbrückungsbeihilfe - wie oben unter Nr 3 bereits ausgeführt - zweifelhaft ist, folgt spätestens seit 1. April 1997 erkennbar dem allgemeinen Gesichtspunkt, daß der Staat nicht mit der einen Hand etwas nehmen darf, was er zuvor mit der anderen Hand gegeben bzw zugestanden hat.
In dieses Schema fügt sich § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV, der nicht als generelle Auffangnorm für alle denkbaren Sozialleistungen verstanden werden kann, ohne weiteres ein. Nach § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV sind nur solche Sozialleistungen privilegiert, die nach Entstehungsgrund und Zweckbestimmung oder Übung vereinbar mit Sinn und Zweck der Sozialleistung Alhi, also "alhi-kompatibel", sind und die folglich nach der soeben aufgezeigten Gesetzessystematik bei der Prüfung der Bedürftigkeit unberücksichtigt bleiben sollen. Diese Voraussetzung der "Alhi-Kompatibilität" ist für die Überbrückungsbeihilfe erfüllt, die aufgrund der besonderen Bedarfssituation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer vom Bund gezahlt und von diesem - wie oben unter 3 ausgeführt - von Anfang an als nicht schädlich für die Gewährung von Alhi bezeichnet worden ist, wobei der Bund - wenn auch rechtlich zweifelhaft - eine Nichtberücksichtigung der Überbrükkungsbeihilfe im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zugesagt hat. Diese durch den Träger der Alhi (§ 188 AFG) erteilte Zusage wurde später durch das Inkrafttreten der AlhiV am 1. September 1974 gewissermaßen legalisiert. Im übrigen folgt auch die Regelung der mit Wirkung ab Januar 1998 in Kraft getretenen Nr 8 des § 11 Satz 1 AlhiV diesem Gesichtspunkt der Alhi-Kompatibilität anderer Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln. Danach werden bestimmte Übergangsbeihilfen, die Arbeitnehmern der Eisen- und Stahlindustrie von ihren Arbeitgebern gezahlt werden, nur als privilegiertes Einkommen bezeichnet, soweit dem Unternehmer die gewährte Übergangsbeihilfe von der BA erstattet wird.
Einer Auslegung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV im bezeichneten Sinne steht auch nicht die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG durch das AFRG zum 1. April 1997 entgegen. Zum einen stehen die in § 138 Abs 3 AFG und in § 11 AlhiV im einzelnen aufgeführten Privilegierungstatbestände schon nach dem Wortlaut dergestalt nebeneinander, daß grundsätzlich mehrere dieser Tatbestände gleichzeitig erfüllt sein können. Zum anderen macht gerade die Gesetzesänderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG deutlich, daß die Überbrückungsbeihilfe von § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV erfaßt werden muß. Mit der Gesetzesänderung sollte nämlich nur eine Kostenbelastung des Bundes zugunsten eines Dritten verhindert werden, der eigentlich einen "Gesamtbetrag" - wenn auch unter Anrechnung gezahlter Alhi - garantiert hat (vgl hierzu nur BT-Drucks 13/4941, S 240 zu § 138). Vorliegend wollte der Bund allerdings von Anfang an Alhi und Überbrückungsbeihilfe nebeneinander zahlen, so daß sich eine unbillige Belastung des Bundes gerade nicht ergibt. Dies gilt um so mehr, als durch die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG keine Entlastung des "Dritten" eintreten sollte, sondern eine entsprechende Mehrbelastung des Dritten durch die Entlastung des Bundeshaushaltes bezweckt war. Diese Mehrbelastung träfe allerdings dieselbe juristische Person, die sich gleichwohl weigert, die Überbrückungsbeihilfe entsprechend aufzustocken.
Der Auslegung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV im bezeichneten Sinn steht schließlich nicht entgegen, daß der parlamentarische Staatssekretär Günther am 19. Dezember 1996 auf eine Frage des Abgeordneten Ostertag die Meinung vertreten hat, daß "die Überbrükkungsbeihilfe nach § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der durch das AFRG vorgesehenen Fassung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi als Einkommen zu berücksichtigen sei" (BT-Drucks 13/6665, S 34 zu Nr 71). Insoweit handelt es sich nur um eine Rechtsansicht, die weder im Gesetzeswortlaut noch in den Gesetzesbegründungen ihren Niederschlag gefunden hat. Abgesehen davon, daß die Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG auf die Überbrückungsbeihilfe ohnedies zweifelhaft war, hätte es einer ausdrücklichen Änderung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV bedurft, wenn mit der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zugleich auch die Anwendung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV hätte ausgeschlossen werden sollen. Dies ist indes nicht geschehen.
7. Das LSG wird nach der Zurückverweisung der Sache die Höhe der Alhi einer genauen Überprüfung zuzuführen haben, wobei es nicht nur das Bemessungsentgelt (ggf unter Anwendung des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG) nach Lohn- und Zeitfaktor genau zu bestimmen hat, sondern auch die maßgebliche Steuerklasse und die Nettolohnersatzquote sowie das Vorhandensein von sonstigem Einkommen oder Vermögen zu ermitteln bzw festzustellen hat. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
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