B 14 KG 2/99 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 KG 2/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Oktober 1998 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger, seine Ehefrau und ihre am 13. Dezember 1991 geborene Tochter A sind Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina. Im April 1992 reisten sie aus ihrem Heimatland nach Deutschland ein und hielten sich von da an - ausländerrechtlich geduldet - hier auf. Der Kläger war seit Juni 1992 ohne Unterbrechung - erlaubt - versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 31. Januar 1994 beantragte er für seine Tochter A Kindergeld (Kg). Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 7. Februar 1994; Widerspruchsbescheid vom 11. März 1994). Nach der bis Ende 1993 geltenden Fassung des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) habe der Kläger keinen Anspruch auf Kg gehabt, weil er als ausländerrechtlich lediglich geduldeter Bürgerkriegsflüchtling aus Bosnien-Herzegowina im Geltungsbereich des Gesetzes weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Nach dem BKGG in der ab 1. Januar 1994 geltenden Fassung hätten Ausländer ohne Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis keinen Anspruch auf Kg.

Das Sozialgericht hat die Beklagte - unter Abweisung der Klage im übrigen - verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1993 Kg zu gewähren (Urteil vom 29. April 1996). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte ein vom Kläger angenommenes Teilanerkenntnis über Kg in Höhe der Leistungssätze des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1993 abgegeben. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Beklagte verurteilt, Abkommenskindergeld auch für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1995 zu gewähren. Im übrigen hat es die Berufungen der Beteiligten zurückgewiesen (Urteil vom 21. Oktober 1998).

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, das LSG habe verschiedene Vorschriften des deutsch-jugoslawischen Abkommens über soziale Sicherheit und § 1 Abs 3 BKGG verletzt. Der Kläger falle nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des Abkommens. Dieses gelte nur für den geregelten Austausch von Arbeitnehmern. Auf den Schutz staatsvertraglicher Regelungen könne sich im übrigen nicht berufen, wer sich dem Schutz seines Heimatstaates durch Flucht ins Ausland entziehe. Auch wenn das Abkommen hier anwendbar sein sollte, so sei ein Anspruch auf Kg nach § 1 Abs 3 BKGG ausgeschlossen, weil der Kläger weder eine Aufenthaltsberechtigung noch eine Aufenthaltserlaubnis habe.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Oktober 1998 insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Zahlung von Kindergeld nach Maßgabe des deutsch-jugoslawischen Abkommens über soziale Sicherheit für das Kind A des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1995 verpflichtet worden ist.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Berufungsurteil für zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Kg für seine Tochter A auch für die - im Revisionsverfahren allein noch umstrittenen - Jahre 1994 und 1995. Das ergibt sich aus dem BKGG idF vom 1. Januar 1994 (neu bekanntgemacht am 31. Januar 1994, BGBl I 1994, S 169) iVm dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (AbkJugSozSich nachfolgend: Abk) vom 12. Oktober 1968 (BGBl II 1969, S 1438) idF des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl II 1975, S 389). Der Senat gibt die seinen Urteilen vom 19. November 1997 (14/10 RKg 19/96 - ZAR 2000, 18) und vom 22. Januar 1998 (B 14 KG 2/97 R) zugrundeliegende abweichende Rechtsauffassung auf.

Die Beklagte kann nicht geltend machen, der Kläger habe als Ausländer, der sich in Deutschland nicht gewöhnlich aufhalte, keinen Anspruch auf Kg. Zwar ist der Anspruch nach § 1 Abs 3 BKGG für solche Ausländer ausgeschlossen, die weder eine Aufenthaltsberechtigung noch eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, und nach § 1 Abs 1 Nr 1 BKGG ist nur anspruchsberechtigt, wer im Geltungsbereich des Gesetzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Obwohl der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er in Deutschland ausländerrechtlich nur geduldet wird, ihm somit ein qualifizierter Aufenthaltstitel fehlt und er sich hier mangels eines rechtlich gesicherten und damit zukunftsoffenen Aufenthalts auch nicht "gewöhnlich" iS des § 30 Abs 1, 3 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch - (SGB I) iVm dem BKGG aufhält (vgl dazu - zuletzt - das Senatsurteil vom 22. November 1998 - B 14 KG 2/97 R -), hat er Anspruch auf Kg. Denn nach den spezielleren Vorschriften des Abk steht er einem deutschen Staatsangehörigen gleich und die Voraussetzung des Inlandsaufenthaltes gilt für ihn nicht (ebenso für das einkommenssteuerrechtliche Kg: FG Düsseldorf, EFG 1999, 567; Hildesheim, DStZ 2000, 25, 29 f; aA FG Rheinland-Pfalz, EFG 1998, 1598; FG Münster, EFG 1998, 1208; Hessisches FG, EFG 1999, 78 für das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit).

Das Abk ist im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien und Herzegowina weiter anzuwenden (Bekanntmachung über die Fortgeltung der deutsch-jugoslawischen Verträge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien und Herzegowina vom 16. November 1992, BGBl II 1992, 1196). Der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 11) ist, ohne sich mit dieser Frage näher zu befassen von der Anwendbarkeit des Abk im Verhältnis zur Republik Bosnien und Herzegowina ausgegangen, obwohl die zuständigen Körperschaften (Bundestag und Bundesrat) der durch die Regierungen erklärten Weiteranwendung der deutsch-jugoslawischen Verträge im Verhältnis zwischen Deutschland und Bosnien-Herzegowina nicht in Form eines Bundesgesetzes (Art 59 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG)) zugestimmt haben (vgl außerdem die Rechtsprechung des 5. und des 13. Senats über die Weitergeltung des Abk im Verhältnis zu Kroatien (BGBl II 1992, 1146): BSGE 81, 37 = SozR 3-1500 § 66 Nr 7 und BSGE 80, 108 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 22 sowie des 13. Senats für die Weitergeltung des Abk im Verhältnis zu Slowenien (BGBl II 1993, 1261): Urteil vom 3. November 1994 - 13 RJ 61/93 = SozSich 1997, 75). Der erkennende Senat hat bereits im Urteil vom 16. Dezember 1999 - B 14 KG 1/99 R - (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) entschieden, daß das Abk im Verhältnis zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien weiter anzuwenden ist (vgl die Bekanntmachung über die Fortgeltung: BGBl II 1994, S 326). Nichts anderes kann im Verhältnis zur Republik Bosnien und Herzegowina gelten. Eines Transformationsgesetzes nach Art 59 Abs 2 Satz 1 GG bedurfte es nicht (vgl demgegenüber zur Fortgeltung der von der DDR geschlossenen Sozialabkommen nach Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland: BSGE 83, 19, 22 f und 224, 229 f = SozR 3-8100 Art 12 Nrn 1 und 3 sowie BSG, Urteil vom 1. Februar 2000 - B 8 KN 8/97 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Die Bundesregierung ist von der Fortgeltung deutsch-jugoslawischer Verträge im Verhältnis zu den Nachfolgestaaten Jugoslawiens ipso iure ausgegangen und hat sich diese Auffassung von den neuen Partnerstaaten bestätigen lassen (vgl Beemelmans, OstEuR 1994, 339, 366). Bundestag und Bundesrat teilen diese Auffassung. Das ergibt sich aus dem (Zustimmungs-)Gesetz zu dem Abkommen vom 24. September 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien über Soziale Sicherheit (BGBl II 1998, 1985). Denn dort ist in Art 43 bestimmt, daß das Abk 1968 - erst - mit Inkrafttreten dieses neuen Abkommens - am 1. September 1999 (BGBl II 1999, 796) - außer Kraft tritt, bis dahin also im Verhältnis zu Slowenien weitergegolten hat.

Die zwischenstaatlichen Normen des Abk sind gegenüber den Vorschriften des BKGG vorrangig. Der Vorrang über- und zwischenstaatlichen Rechts vor inländischen Normen ist, im Gegensatz zum Sozialversicherungsrecht (vgl § 6 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - (SGB IV)), im BKGG nicht ausdrücklich geregelt; er ist jedoch - wenn auch beschränkt auf Regelungen über den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt - in § 30 Abs 2 SGB I positiv-rechtlich ausgesprochen und gilt als allgemeiner Rechtsgrundsatz (BSGE 52, 210, 213 = SozR 6180 Art 13 Nr 3; allgemein zum Vorrang zweiseitiger Kollisionsnormen: Eichenhofer, Internationales Sozialrecht, 1994, RdNr 129; von Maydell, Internationales Sozialversicherungsrecht, Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des Bundessozialgerichts, 943, 961 f; Seewald, KassKomm, § 6 SGB IV RdNr 1; zum Vorrang des Abkommensrechts vor dem deutschen internationalen Kg-Recht vgl Eichenhofer, aaO, RdNr 562; Schuler, Das internationale Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1988, 820).

Der Kläger fällt auch als Bürgerkriegsflüchtling unter den persönlichen Anwendungsbereich des Abk; allerdings erst vom Zeitpunkt seiner Beschäftigung als Arbeitnehmer in Deutschland an. Zu Unrecht meint die Beklagte, die Vertragsstaaten des Abk hätten lediglich Wanderarbeitnehmer gegenseitig begünstigen wollen, also Arbeitnehmer, die mit Wissen und Willen der beteiligten Regierungen in einem der Vertragsstaaten auf Zeit unselbständig erwerbstätig sind. Weder aus dem Text des Abk, noch aus dem Schlußprotokoll zum Abk, noch aus der das Abk begleitenden Denkschrift und auch nicht aus der Begründung zum Vertragsgesetz (sämtlich wiedergegeben in BR-Drucks 98 und 99/69) ergibt sich ein Anhaltspunkt für ein derartiges Regelungsziel. In der den Abschluß und das Inkrafttreten des Abk begleitenden Literatur wird ausdrücklich klargestellt, daß der persönliche Geltungsbereich des Abk nicht abgegrenzt ist, es vielmehr alle Personen einbezieht, die innerhalb des sachlichen Anwendungsbereiches rechtserhebliche Tatbestände erfüllen (Terbach, BArbBl 1969, 213, 214).

Der Senat verkennt nicht, daß Anlaß für den Abschluß des Abk vor allem die soziale Sicherstellung der damals in Deutschland beschäftigten etwa 100.000 jugoslawischen Arbeitnehmer gewesen ist (vgl BR-Drucks 98/69, S 19), die überwiegend in einem geordneten Anwerbeverfahren für eine Arbeit in Deutschland gewonnen worden waren (vgl dazu die Formulierung "andere Anwerbeländer" in dem 1974 eingefügten Art 28 Abs 2 Satz 2 Abk). Selbst wenn man aus diesen bei Abschluß des Abkommens herrschenden Verhältnissen eine Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereiches ableiten wollte, so führte dies jedenfalls nicht zum Ausschluß von Bürgerkriegsflüchtlingen, die den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt und damit zu den Systemen der sozialen Sicherheit nicht über ein Anwerbeverfahren gefunden, sondern aufgrund eigener Initiative durch die ihnen nach der Flucht vor den Bürgerkriegswirren - ungeachtet fehlender qualifizierter Aufenthaltstitel - ausnahmsweise erteilten Arbeitserlaubnisse erreicht haben. In diesem Zusammenhang kann unentschieden bleiben, was für Asylbewerber gilt, die sich wegen politischer Verfolgung im (Heimat-)Vertragsstaat von diesem abgewendet haben. Ebenso kann unentschieden bleiben, ob die Auffassung zutrifft, daß zu den durch das Abk begünstigten Personen solche nicht gehören, durch deren Beschäftigung gegen Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstoßen wird (vgl Dienstanweisung des Bundesamtes für Finanzen zur Durchführung des Familienlastenausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommenssteuergesetzes unter Ziff 112.1 Abs 3). Denn der Kläger ist kein Asylbewerber und hat seine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG seit 1992 erlaubt ausgeübt.

Sachlich bezieht sich das Abk nach Art 2 Abs 1 Buchst d auf die deutschen Vorschriften über das Kg für Arbeitnehmer. Ein solcher Fall liegt hier vor. Persönlich stehen nach Art 3 Abs 1 Buchst a Abk bei Anwendung der Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland deren Staatsangehörigen die Staatsangehörigen des anderen Vertragsstaates (Jugoslawiens, hier nunmehr Bosnien-Herzegowinas) gleich, wenn sie sich im Gebiet eines Vertragsstaates (Bundesrepublik Deutschland oder Bosnien-Herzegowina) gewöhnlich aufhalten. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger in dem hier strittigen Zeitraum. Es kommt nicht darauf an, ob er in der Bundesrepublik Deutschland - mangels Zukunftsoffenheit - seinen gewöhnlichen Aufenthalt iS des BKGG noch nicht und in Bosnien-Herzegowina - infolge der Flucht und der seither vergangenen Zeit - nicht mehr, also in den Jahren 1994 und 1995 überhaupt keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. Ein solches möglicherweise aus § 30 Abs 1, 3 SGB I iVm dem BKGG folgendes Ergebnis schließt das Abk aus. Die Forderung des Art 3 Abs 1 Abk nach einem gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten (vgl BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 11) dient lediglich der Abgrenzung des uneingeschränkt berechtigten Personenkreises zu solchen Personen, die sich außerhalb der Gebiete beider Vertragsstaaten gewöhnlich aufhalten (Art 3 Abs 2 Abk). Das Abk geht ersichtlich davon aus, daß jedermann einen gewöhnlichen Aufenthalt hat und zwar entweder in einem der Vertragsstaaten oder außerhalb ihrer Gebiete. Kommen - wie hier - nur die Vertragsstaaten in Betracht, so folgt daraus die uneingeschränkte Gleichstellung nach Art 3 Abs 1 Abk.

Es kommt im Blick auf § 1 Abs 1 BKGG auch nicht darauf an, in welchem der Vertragsstaaten der Kläger nach seiner Flucht und anschließend während der hier streitigen Zeit (1994 und 1995) seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. Nach Art 4 Abs 1 Satz 1 Abk gelten, soweit das Abk nichts anderes bestimmt, die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates (hier der Bundesrepublik Deutschland), nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen vom Inlandsaufenthalt abhängig ist, nicht für die in Art 3 Abs 1 genannten Personen, die sich im Gebiet des anderen Vertragsstaates (Jugoslawiens, nunmehr Bosnien-Herzegowinas) aufhalten. Danach steht es der Anspruchsvoraussetzung des § 1 Abs 1 BKGG, wonach kindergeldberechtigt nur ist, wer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des BKGG hat gleich, wenn sich eine Person im anderen Vertragsstaat aufhält.

Dem Anspruch des Klägers auf Kg steht schließlich § 2 Abs 5 BKGG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift werden Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes haben. Die Tochter A hat zwar - nach dem Maßstab des § 30 Abs 1, 3 SGB I iVm dem BKGG (vgl dazu zuletzt das Senatsurteil vom 22. November 1998 - B 14 KG 2/97 R -) - ebensowenig wie der Kläger selbst seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Anspruchsvoraussetzung des Inlandsaufenthaltes gilt nach § 4 Abs 1 Satz 1 Abk bei einem Aufenthalt des Kindes im anderen Vertragsstaat aber nicht (vgl dazu für das Krankenversicherungsrecht BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 11: Anspruch eines Bürgerkriegsflüchtlings aus Bosnien-Herzegowina auf Familienbeihilfe für Angehörige trotz fehlenden Inlandsaufenthaltes). Danach ist es grundsätzlich auch gleichgültig, wo A sich gewöhnlich aufgehalten hat, solange dafür - wie hier im streitigen Zeitraum - nicht das Vertragsausland, sondern nur einer der Vertragsstaaten in Betracht kommt.

Dieses Ergebnis wird durch Art 28 Abk bestätigt. Nach dieser Vorschrift haben in einem Vertragsstaat (Deutschland) beschäftigte Personen Anspruch auf Kg für ihre im Gebiet des anderen Vertragsstaates (Bosnien-Herzegowina) gewöhnlich sich aufhaltenden Kinder - nur - in Höhe besonders vereinbarter Sätze. Durch diese Vorschrift wird - anders als vom LSG angenommen - nicht erst ein Anspruch auf Kg für solche Kinder begründet, die sich nicht im Beschäftigungsland des Arbeitnehmers, sondern im anderen Vertragsstaat gewöhnlich aufhalten. Wie gezeigt folgen solche Ansprüche schon aus Art 4 Abs 1 Abk. Durch Art 28 Abk werden diese Ansprüche - vor allem der Höhe nach - begrenzt auf das sog Abkommenskindergeld. Die - niedrigeren - Sätze des Abkommenskindergeldes berücksichtigen das Kaufkraftgefälle und die unterschiedlichen Unterhalts- und Erziehungskosten in Deutschland einerseits und Jugoslawien (hier: Bosnien-Herzegowina) andererseits. Art 28 Abk hat danach keine andere Funktion, als im Abkommensrecht das "Wohnlandprinzip" durchzusetzen: Die Höhe des Kg richtet sich nach den Unterhalts- und Erziehungskosten des Landes, in dem das Kind wohnt oder - in den Worten der Vorschrift - sich gewöhnlich aufhält (vgl Leder, BArbBl 1975, 33, 37; Eichenhofer aaO RdNr 567). Der Kläger hätte danach für A im streitigen Zeitraum Anspruch auf Kg sogar nach den Sätzen des BKGG gehabt. Denn seine Tochter wohnte in Deutschland. Dieser Anspruch auf Inlandskindergeld läßt sich im vorliegenden Revisionsverfahren allerdings nicht durchsetzen, weil der Senat das allein von der Beklagten angegriffene Urteil nicht zu deren Ungunsten ändern durfte (sog Verbot der reformatio in peius, vgl dazu BSGE 53, 284, 287 = SozR 5550 § 15 Nr 1; BSGE 58, 263, 266 = SozR 2200 § 1237 Nr 20).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Rechtskraft
Aus
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