Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 28/01 R
Datum
Kategorie
Beschluss
Das Verfahren wird ausgesetzt. Dem Europäischen Gerichtshof werden zur Vorabentscheidung nach Art 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Amsterdamer Vertrages vom 2. Oktober 1997 - BGBl II 1998, 387 (EG-Vertrag) folgende Fragen vorgelegt: Ist es mit der Regelung in Artikel 49 und 50 des EG-Vertrages vereinbar, wenn ein Mitgliedstaat, der sein Krankenversicherungssystem nach dem Sachleistungsprinzip ausgestaltet hat und die ambulante ärztliche Versorgung durch zugelassene Ärzte erbringen lässt, eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme nicht zugelassener Ärzte - auch bei einer Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat - nur für den Fall erlaubt, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung innerhalb des Sachleistungssystems nicht zur Verfügung steht? 2. Falls darin eine unzulässige Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs gesehen wird: Lassen es die genannten Bestimmungen des EG-Vertrages zu, dass das deutsche Recht - abgesehen von Notfällen - eine Kostenerstattung bei selbstbeschafften medizinischen Leistungen davon abhängig macht, dass vorher eine Entscheidung der Krankenkasse über die Berechtigung der außervertraglichen Behandlung herbeigeführt wurde?
Gründe:
I
Die Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie befand sich seit 1996 wegen eines ausgedehnten Feuermals (Naevus flammeus) am rechten Oberschenkel in Behandlung bei dem als Vertragsarzt zugelassenen Hautarzt Dr. V. , der zusammen mit seiner Ehefrau in S. /Baden-Württemberg eine dermatologische Gemeinschaftspraxis betreibt. In dieser Praxis waren die Hautärztinnen Dr. V. und Dr. D. jeweils halbtags als Assistentinnen und später als angestellte Ärztinnen beschäftigt. Daneben unterhielten Frau Dr. V. und Frau Dr. D. zeitweilig eine eigene Praxis im ca. 100 km entfernten B. /Österreich. Die von Dr. V. als Sachleistung zu Lasten der Beklagten erbrachte Behandlung mit einem Farbstofflaser wurde im Juni 1998 vorübergehend unterbrochen und - auf Privatrechnung - von Frau Dr. V. in der Praxis in B. fortgeführt. Für die einstündige Behandlung am 27. Juni 1998 stellte die Ärztin der Klägerin einen Betrag von 13.164 DM (entspricht 6.730,65 Euro) in Rechnung, den sie in Anlehnung an die für Vertragsärzte in Deutschland maßgebenden Gebührenvorschriften berechnete.
Die Beklagte hat es abgelehnt, die durch die Behandlung in Österreich entstandenen Kosten zu übernehmen. Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Landessozialgerichts steht ihr schon deshalb kein Anspruch zu, weil sie die Auslandsbehandlung ohne vorherige Rücksprache mit der Beklagten begonnen hat. Jedenfalls hätte die konkrete Behandlung auch in Deutschland durchgeführt werden können, was eine Leistungspflicht der Beklagten ausschließe. Die Anwendung des europäischen Gemeinschaftsrechts führe zu keinem anderen Ergebnis. Es sei schon zweifelhaft, ob es sich überhaupt um einen grenzüberschreitenden Wirtschaftsvorgang handele, da nicht nur die Patientin, sondern auch die behandelnde Ärztin deutsche Staatsangehörige seien und die Behandlung offenbar nur deshalb vorübergehend nach Österreich verlagert worden sei, um Leistungsbeschränkungen des deutschen Vertragsarztrechts auszuweichen. Unabhängig davon könnten die Aussagen des Europäischen Gerichtshofs zur Dienstleistungsfreiheit bei der Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher Leistungen innerhalb der Europäischen Union (Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-158/96, Kohll, Slg 1998, I-1931)auf das deutsche Sachleistungssystem nicht übertragen werden.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verstöße gegen Art 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) in der Fassung des Amsterdamer Vertrages vom 2. Oktober 1997 (BGBl II 1998, 387). Die Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr seien, wie der Europäische Gerichtshof in dem Urteil vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C-157/99, Smits/Peerbooms (Slg 2001, I-5473) klargestellt habe, auch in Krankenversicherungssystemen zu beachten, die ihren Mitgliedern die Krankenbehandlung als Sachleistung gewähren. Eine Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts der deutschen Krankenversicherung sei mit der Kostenerstattung bei Auslandsbehandlungen nicht verbunden, und auch andere zwingende Gründe, die eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen könnten, habe die Beklagte nicht aufgezeigt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen zu verurteilen, die Kosten der am 27. Juni 1998 von Frau Dr. V. in B. durchgeführten Farbstofflaserbehandlung in der Höhe zu übernehmen, wie sie bei einer vertragsärztlichen Behandlung in Deutschland angefallen wären.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Das Verfahren war auszusetzen, um gemäß Art 234 des EG-Vertrages eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu den eingangs gestellten Fragen einzuholen.
Das nationale deutsche Recht lässt im Fall der Klägerin eine Übernahme der durch die Farbstofflaserbehandlung in Österreich entstandenen Kosten nicht zu. Das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V), das die Krankenversicherung regelt, bestimmt in seinem § 2 Abs 2, dass die Krankenkassen ihren Versicherten die benötigten Leistungen als Sach- und Dienstleistungen zu gewähren haben. Kosten dürfen sie nach § 13 Abs 1 SGB V nur erstatten, soweit das Gesetz dies ausnahmsweise vorsieht. Die hier einzig in Betracht kommende Ausnahme regelt § 13 Abs 3 SGB V: Danach hat die Krankenkasse die Kosten einer vom Versicherten auf eigene Rechnung beschafften Leistung zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und als Sachleistung nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden konnte oder wenn die Kasse die Gewährung als Sachleistung zu Unrecht abgelehnt hatte (dazu näher: Urteil des Senats vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R, veröffentlicht in SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Beides war bei der in Rede stehenden Therapie nicht der Fall, wie die Klägerin selbst einräumt. Da schon aus diesem Grunde kein Anspruch besteht, kann außer Betracht bleiben, dass § 18 Abs 1 SGB V die Leistungspflicht der Krankenversicherung bei Auslandsbehandlungen - möglicherweise gemeinschaftsrechtswidrig - zusätzlich einschränkt und insoweit eine Kostenübernahme nur zulässt, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung im Inland nicht möglich ist.
Die Klage könnte bei dieser rechtlichen Ausgangslage nur Erfolg haben, wenn die Beschränkungen des deutschen Rechts, die den Versicherten auf das Sachleistungssystem verweisen, Vorschriften des EG-Vertrages über den Schutz des freien Dienstleistungsverkehrs verletzen. Der für die Anwendung des EG-Vertrages notwendige Auslandsbezug ist gegeben, obwohl alle an dem Leistungsgeschehen beteiligten Personen deutsche Staatsangehörige und in Deutschland wohnhaft sind und obwohl die Umstände den Verdacht nahe legen, dass die Behandlung der Klägerin nur deshalb vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verlagert worden ist, um Leistungsbeschränkungen des deutschen Vertragsarztrechts auszuweichen. Es reicht aus, dass die Behandlung in Österreich durchgeführt wurde, wo Frau Dr. V. eine eigene Praxis unterhalten hat und bei der zuständigen Ärztekammer als Wahlärztin registriert war. Ein grenzüberschreitender Wirtschaftsvorgang liegt nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-157/99, Kommission/Griechenland (Slg 1991, I-727) auch vor, wenn sich Leistungsanbieter und Leistungsempfänger zur Erbringung der Dienstleistung gemeinsam ins Ausland begeben. Allein dann, wenn alle wesentlichen Elemente der fraglichen Betätigung nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen, sind danach die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr nicht anwendbar.
Ob die angeführten Regelungen des nationalen deutschen Rechts mit dem EG-Vertrag vereinbar sind, ist durch die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht abschließend geklärt.
Wie der Gerichtshof entschieden hat, sind Gesundheitsleistungen, die Gegenstand sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche sind, von der Garantie der Dienstleistungsfreiheit in Artikel 49 (vormals Art 59) des EG-Vertrages nicht ausgenommen (Urteil vom 28. April 1998, Rechtssache C-158/96, Kohll, Slg 1998, I-1931 RdNr 21, 46; Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-368/98, Vanbraekel, Slg 2001, I-5363 RdNr 41-42).Das gilt auch, wenn der Leistungsempfänger einem Krankenversicherungssystem angehört, das die Krankenbehandlung als Sachleistung gewährt (Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-157/99, Smits/Peerbooms,Slg 2001, I-5473 RdNr 55-58). Das Gemeinschaftsrecht lässt zwar die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt; doch müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Befugnis das Gemeinschaftsrecht beachten. Beschränkungen des nationalen Rechts, die geeignet sind, den freien Austausch von medizinischen Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Union zu behindern, sind grundsätzlich unzulässig und können nur ausnahmsweise aus Gründen der öffentlichen Gesundheit (Art 55 iVm Art 46 EG-Vertrag) oder aus anderen zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein. Als solche Gründe hat der Gerichtshof zum einen eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts der Krankenversicherung und des Ziels einer ausgewogenen, allen zugänglichen ärztlichen und klinischen Versorgung, zum anderen die Erhaltung eines bestimmten Versorgungsumfangs oder eines bestimmten Niveaus der Heilkunde im Inland genannt (EuGH, Urteil vom 28. April 1998, Rechtssache C-158/96, Kohll, Slg 1998, I-1931 RdNr 41, 46, 50-51; Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-368/98, Vanbraekel, Slg 2001, I-5363 RdNr 47-49; Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-157/99, Smits/ Peerbooms, Slg 2001, I-5473 RdNr 72-74).
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Gerichtshof entschieden, dass einem Versicherten, der einem Krankenversicherungssystem mit Kostenerstattung angeschlossen ist, die Inanspruchnahme einer ambulanten ärztlichen Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht dadurch erschwert werden darf, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse von einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht wird (Rechtssache C-158/96, Kohll). In Fällen einer stationären Krankenhausbehandlung hat er dagegen unabhängig von der Art des Krankenversicherungssystems die mit einem Genehmigungserfordernis verbundene Behinderung des Dienstleistungsverkehrs als gerechtfertigt angesehen, weil im Krankenhaussektor eine Planung und damit einhergehende Reglementierung für die Gewährleistung einer ausgewogenen und finanzierbaren klinischen Versorgung der Bevölkerung unerlässlich sei (Rechtssache C-157/99, Smits/Peerbooms). Die für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidende Frage, ob die im Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache Kohll für die ambulante ärztliche Behandlung aufgestellten Grundsätze auf Sachleistungssysteme im Allgemeinen und auf die deutsche soziale Krankenversicherung im Besonderen übertragbar sind, lässt sich anhand der zitierten Rechtsprechung nicht zweifelsfrei beantworten.
In Deutschland sind in der so genannten gesetzlichen Krankenversicherung alle gegen Arbeitsentgelt beschäftigten Arbeitnehmer und Auszubildenden bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze pflichtversichert (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V). Versicherungspflicht besteht ferner für Bezieher von Lohnersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit (§ 5 Abs 1 Nr 2 SGB V) sowie für Rentner (§ 5 Abs 1 Nr 11 bis 12). Weitere Personengruppen können der Krankenversicherung freiwillig beitreten (§ 9 SGB V). Der Ehegatte oder Lebenspartner sowie die Kinder eines Mitglieds sind bei diesem beitragsfrei mitversichert, sofern sie nicht über einen anderweitigen Krankenversicherungsschutz oder über die dafür notwendigen Mittel verfügen (§ 10 SGB V). Am 1. Oktober 1998 waren in der Krankenversicherung 71.658.573 Personen versichert, was einem Bevölkerungsanteil von knapp 87,5 Prozent entspricht (Bundesministerium für Gesundheit, Die gesetzliche Krankenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1998, S 18, 66).
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Krankenkassen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung organisiert sind. Historisch bedingt gibt es verschiedene Kassenarten mit unterschiedlichen Versichertenstrukturen (nach derzeitigem Stand 17 Allgemeine Ortskrankenkassen, 24 Innungskrankenkassen, 270 Betriebskrankenkassen, 7 Ersatzkassen für Angestellte, 6 Ersatzkassen für Arbeiter, 11 landwirtschaftliche Krankenkassen, je eine Krankenkasse der Bergleute und der Seeleute). Zur Bestreitung ihrer Ausgaben erheben die Krankenkassen Beiträge, die im Normalfall des versicherungspflichtigen Arbeitnehmers vom Versicherten und seinem Arbeitgeber je zur Hälfte getragen werden (§ 249 Abs 1 SGB V). Unter den Krankenkassen findet ein kassenartenübergreifender bundesweiter Finanzausgleich (Risikostrukturausgleich) statt (§§ 266 bis 269 SGB V).
Die Krankenkassen stellen ihren Versicherten die benötigte Krankenbehandlung als Naturalleistung kostenfrei zur Verfügung (§ 2 Abs 2 SGB V). Da sie kein eigenes medizinisches Personal beschäftigen, bedienen sie sich für die ambulante ärztliche Versorgung der Mitwirkung freipraktizierender niedergelassener Ärzte und Zahnärzte. Die dazu notwendigen Vertragsbeziehungen bestehen nicht mit den einzelnen Leistungserbringern, sondern mit den Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen. Das sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Zusammenschluss aller an der Kassenpraxis teilnehmenden (Zahn-)Ärzte damit beauftragt sind, die ambulante ärztliche und zahnärztliche Behandlung der krankenversicherten Bevölkerung (so genannte vertragsärztliche Versorgung) mit ihren Mitgliedern sicherzustellen (§ 72 SGB V). Die Teilnahme des einzelnen Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung erfordert eine Zulassung, auf die bei Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (§ 95 Abs 1 SGB V). Einschränkungen ergeben sich durch die gesetzlich vorgeschriebene Bedarfsplanung, die eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur Gewähr leisten und sicherstellen soll, dass eine regionale Über- oder Unterversorgung vermieden wird (§§ 100, 101 SGB V). Alle wesentlichen Einzelheiten zur Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung werden innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens in öffentlich-rechtlichen Kollektivverträgen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Verbänden der Krankenkassen geregelt.
Als Entgelt für die vertragsärztliche Versorgung entrichtet die Krankenkasse vierteljährlich an die Kassenärztliche Vereinigung eine Gesamtvergütung, deren Höhe vertraglich vereinbart wird (§ 85 Abs 1 SGB V). Die Berechnung erfolgt nicht auf der Grundlage der tatsächlich durchgeführten Behandlungen, sondern orientiert sich in der Regel an der Zahl der Versicherten und dem durchschnittlichen Jahresbedarf eines Versicherten an vertragsärztlichen Leistungen (so genannte Kopfpauschale). Mit der Zahlung der Gesamtvergütung wird pauschal der gesamte Versorgungsbedarf der Versicherten der betreffenden Krankenkasse abgegolten. Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt anschließend die erhaltene Gesamtvergütung unter ihre Mitglieder, wobei sie die von dem einzelnen Vertragsarzt nach einem festgelegten Bewertungsmaßstab abgerechneten Leistungen zu Grunde legt (§ 85 Abs 4 SGB V). Erst im Rahmen dieses Verteilungsprozesses ergibt sich, welcher Bruchteil der Gesamtvergütung auf die einzelne erbrachte Leistung entfällt und wie hoch demzufolge das Honorar des Arztes ist.
Von dem beschriebenen Sachleistungsgrundsatz sieht das Gesetz in § 13 Abs 2 SGB V eine Ausnahme für freiwillige Mitglieder und ihre mitversicherten Familienangehörigen vor. Diese können für die Dauer der freiwilligen Versicherung an Stelle der Sachleistung Kostenerstattung wählen. Sie können dies allerdings nicht von Fall zu Fall und für einzelne Behandlungen tun, sondern müssen sich vorab für eine in der Satzung der Krankenkasse bestimmte Mindestzeit verbindlich auf das Kostenerstattungsverfahren festlegen (§ 13 Abs 2 Satz 6 SGB V). Auch Versicherte, die Kostenerstattung gewählt haben, dürfen nur die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte in Anspruch nehmen (§ 13 Abs 2 Satz 2 SGB V). Erstattet werden ihnen höchstens die Kosten, die für die entsprechende Sachleistung angefallen wären (§ 13 Abs 2 Satz 4 SGB V). Darüber hinaus sind Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorgeschrieben (§ 13 Abs 2 Satz 6 SGB V). Die Ausgaben der Krankenkasse für Kostenerstattungsfälle nach § 13 Abs 2 SGB V werden bei der Berechnung der für Sachleistungen zu entrichtenden Gesamtvergütung angerechnet (§ 85 Abs 2 Satz 8 SGB V). Die Möglichkeit, an Stelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung zu wählen, hat in der Vergangenheit zeitweise auch für pflichtversicherte Krankenkassenmitglieder bestanden, ohne dass die Klägerin davon Gebrauch gemacht hat.
Da das Sozialgesetzbuch die Versicherten auf die Behandlung durch zugelassene Ärzte verweist, hätte Frau Dr. V. , die keine Kassenzulassung besaß, von der Klägerin auch dann nicht zu Lasten der Krankenkasse in Anspruch genommen werden können, wenn sich ihre Praxis in Deutschland befunden hätte. Obwohl die Beschränkung auf zugelassene Ärzte für das Inland und das Ausland gleichermaßen gilt, stellt sie im Ergebnis ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft dar, weil Zulassungen nur für Kassenarztsitze im Inland erteilt werden und die Versicherten deshalb darauf angewiesen sind, sich die Behandlung in Deutschland zu beschaffen, wenn sie nicht selbst mit den Kosten belastet bleiben wollen. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die für das Funktionieren des Sachleistungssystems in Deutschland unverzichtbare Beschränkung auf zugelassene Ärzte durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
Für die deutsche soziale Krankenversicherung gelten insoweit ähnliche Überlegungen, wie sie dem Gerichtshof bereits in den anhängigen Verfahren zum niederländischen Krankenversicherungsrecht vorgetragen worden sind (Schlussanträge des Generalanwalts Dámaso Ruiz-Jarabo Colomer vom 22. Oktober 2002 in der Rechtssache C-385/99, Müller-Fauré/van Riet, Randnummern 50 bis 62). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug und weist ergänzend auf Folgendes hin:
Nach dem Antrag der Klägerin soll die Beklagte nur so viel an Kosten erstatten, wie sie für die entsprechende Sachleistung im Inland hätte bezahlen müssen. Damit wird der Eindruck erweckt, die Behandlung durch eine nicht zugelassene Ärztin sei für die Krankenversicherung kostenneutral. Dass dies unzutreffend ist, hat schon der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Müller-Fauré / van Riet unter der Randnummer 49 zu Recht dargelegt. Genau genommen führt die Kostenerstattung nicht nur zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung, sondern zu einer Doppelzahlung. Da die Klägerin - von der einmaligen Auslandsbehandlung abgesehen - im Sachleistungssystem verblieben ist, sind alle von ihr im betreffenden Quartal benötigten medizinischen Leistungen mit der von der Krankenkasse an die Kassenärztliche Vereinigung entrichteten Gesamtvergütung abgegolten. Die Krankenkasse müsste deshalb eine auf diesem Wege bereits bezahlte Behandlung ein zweites Mal vergüten. Insofern unterscheidet sich der Fall von demjenigen des freiwillig Versicherten, der von der Wahlmöglichkeit nach § 13 Abs 2 SGB V Gebrauch macht, damit ganz aus dem Sachleistungssystem ausscheidet und bei der Kalkulation der Gesamtvergütung nicht mehr berücksichtigt wird.
Die Umstände des vorliegenden Prozesses - und weiterer beim Senat anhängiger Parallelverfahren, in denen Frau Dr. V. und Frau Dr. D. andere Patientinnen aus derselben Kassenarztpraxis zeitweise in Österreich behandelt haben - stützen die vom Generalanwalt in der Sache Müller-Fauré/van Riet (Randnummer 51 und 52) geäußerte Befürchtung, dass bei Zubilligung eines Kostenerstattungsanspruchs die Inanspruchnahme von Auslandsbehandlungen nicht auf Einzelfälle beschränkt bleiben wird. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sind bei zahlreichen ärztlichen Leistungen, so auch bei den in Rede stehenden Farbstofflaserbehandlungen, die Vergütungen durch so genannte Praxisbudgets und Zusatzbudgets begrenzt, um einer medizinisch nicht gerechtfertigten Mengenausweitung zum Nachteil anderer Vertragsärzte entgegenzuwirken. Für Praxen, die wie die Gemeinschaftspraxis der Dres. V. angestellte Ärzte beschäftigen, gelten Leistungsobergrenzen, die verhindern sollen, dass durch die Anstellung weiterer ärztlicher Mitarbeiter das Leistungsvolumen der Praxis erhöht und die Ziele der ärztlichen Bedarfsplanung unterlaufen werden. Derartige Reglementierungen schaffen Anreize, Behandlungen, die innerhalb des Sachleistungssystems im Inland nicht oder nicht mehr in voller Höhe vergütet werden, in das benachbarte Ausland zu verlagern, um den am Niederlassungsort geltenden Beschränkungen zu entgehen. Insbesondere bei teueren medizinisch-technischen Leistungen kann ein solches Ausweichen auch für Ärzte attraktiv sein, deren Kassenpraxis sich nicht im unmittelbaren Grenzgebiet befindet.
Besondere Bedeutung kommt nach Auffassung des Senats dem Umstand zu, dass sich eine Öffnung der Krankenversicherung für externe Leistungserbringer aus Gründen des nationalen Verfassungsrechts voraussichtlich nicht auf Leistungserbringer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union begrenzen lässt. Der Antrag eines Versicherten, der unter Berufung auf die Möglichkeit, nicht zugelassene Ärzte im europäischen Ausland aufzusuchen, Kostenerstattung für eine Behandlung durch einen nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt im Inland begehrt, könnte mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz und das daraus abzuleitende Benachteiligungsverbot nur abgelehnt werden, wenn sich eine unterschiedliche Behandlung der beiden Sachverhalte sachlich rechtfertigen ließe. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht diese Frage bislang nicht zu entscheiden gehabt, so dass die Rechtslage in diesem Punkt nicht abschließend geklärt ist. Es spricht aber vieles dafür, dass sich die Beschränkung auf zugelassene Leistungsanbieter insgesamt nicht aufrechterhalten ließe, wenn sie für Ärzte in anderen Mitgliedstaaten nicht gelten würde.
Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages können allerdings regelmäßig nicht mit der Begründung eingeschränkt werden, dass ihre Verwirklichung wegen entgegenstehender Vorschriften des nationalen Rechts zu einer Schlechterstellung von Inländern gegenüber gemeinschaftsangehörigen Ausländern ("Inländerdiskriminierung") führen würde. Vielmehr muss eine solche Schlechterstellung gegebenenfalls über eine Änderung des nationalen Rechts behoben werden. Hier besteht aber die Besonderheit, dass eine Beseitigung der für die deutsche Krankenversicherung grundlegenden Versorgungsstrukturen durch Aufhebung des Zulassungserfordernisses und Öffnung für alle externen Leistungsanbieter dem Sachleistungssystem insgesamt die Grundlage entziehen würde. Der Grundsatz, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt lässt, wäre in Frage gestellt, wenn dem einzelnen Mitgliedstaat die Entscheidung darüber, ob er seinen Versicherten die Krankenbehandlung als Sachleistung oder gegen Kostenerstattung gewähren will, unter Berufung auf den Schutz des freien Dienstleistungsverkehrs aus der Hand genommen würde.
Sofern die Beschränkung der Versicherten auf das Sachleistungssystem des Sozialgesetzbuchs und die damit verbundene Unmöglichkeit, sich eine als Sachleistung verfügbare ärztliche Behandlung zu Lasten der Krankenversicherung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gegen Kostenerstattung zu beschaffen, gegen Vorschriften des EG-Vertrages verstoßen sollte, muss weiter geklärt werden, ob es mit der Garantie der Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist, dass das deutsche Recht eine Kostenerstattung bei selbstbeschafften medizinischen Leistungen grundsätzlich davon abhängig macht, dass zuvor eine Entscheidung der Krankenkasse über die Berechtigung der außervertraglichen Behandlung herbeigeführt wurde. Dieses aus § 13 Abs 3 SGB V abgeleitete Erfordernis hat Ordnungsfunktion und gilt für In- und Auslandsbehandlungen gleichermaßen. Es soll den Versicherten zwingen, sich vor einer Behandlung außerhalb des Sachleistungssystems über die Möglichkeiten der systemkonformen Leistungsbeschaffung beraten zu lassen. Dabei geht es nicht allein um die Möglichkeit der Inanspruchnahme nicht zugelassener Ärzte, sondern beispielsweise auch darum, ob die beabsichtigte Behandlung überhaupt zum Leistungsumfang der Krankenversicherung gehört und welche Einschränkungen gegebenenfalls hinsichtlich der Kostenübernahme zu beachten sind. Inhaltlich hängt das Bestehen des Leistungsanspruchs allerdings nicht von der Entscheidung der Krankenkasse ab; insbesondere steht ihr kein Ermessen zu. Lehnt sie ein berechtigtes Leistungsbegehren ab, lässt dies den Kostenerstattungsanspruch unberührt.
Obwohl die Entscheidung der Krankenkasse somit - anders als möglicherweise die Ablehnung der Genehmigung durch den luxemburgischen Versicherungsträger in der Sache C-158/96, Kohll oder durch den niederländischen Versicherungsträger in der Sache C-157/99, Smits/Peerbooms - keine eigenständige materiellrechtliche Bedeutung hat, erschwert sie tendenziell eine Behandlung außerhalb des Sachleistungssystems und damit zwangsläufig auch eine Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft. Es bedarf deshalb der Klärung, ob dies durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
Gründe:
I
Die Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie befand sich seit 1996 wegen eines ausgedehnten Feuermals (Naevus flammeus) am rechten Oberschenkel in Behandlung bei dem als Vertragsarzt zugelassenen Hautarzt Dr. V. , der zusammen mit seiner Ehefrau in S. /Baden-Württemberg eine dermatologische Gemeinschaftspraxis betreibt. In dieser Praxis waren die Hautärztinnen Dr. V. und Dr. D. jeweils halbtags als Assistentinnen und später als angestellte Ärztinnen beschäftigt. Daneben unterhielten Frau Dr. V. und Frau Dr. D. zeitweilig eine eigene Praxis im ca. 100 km entfernten B. /Österreich. Die von Dr. V. als Sachleistung zu Lasten der Beklagten erbrachte Behandlung mit einem Farbstofflaser wurde im Juni 1998 vorübergehend unterbrochen und - auf Privatrechnung - von Frau Dr. V. in der Praxis in B. fortgeführt. Für die einstündige Behandlung am 27. Juni 1998 stellte die Ärztin der Klägerin einen Betrag von 13.164 DM (entspricht 6.730,65 Euro) in Rechnung, den sie in Anlehnung an die für Vertragsärzte in Deutschland maßgebenden Gebührenvorschriften berechnete.
Die Beklagte hat es abgelehnt, die durch die Behandlung in Österreich entstandenen Kosten zu übernehmen. Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Landessozialgerichts steht ihr schon deshalb kein Anspruch zu, weil sie die Auslandsbehandlung ohne vorherige Rücksprache mit der Beklagten begonnen hat. Jedenfalls hätte die konkrete Behandlung auch in Deutschland durchgeführt werden können, was eine Leistungspflicht der Beklagten ausschließe. Die Anwendung des europäischen Gemeinschaftsrechts führe zu keinem anderen Ergebnis. Es sei schon zweifelhaft, ob es sich überhaupt um einen grenzüberschreitenden Wirtschaftsvorgang handele, da nicht nur die Patientin, sondern auch die behandelnde Ärztin deutsche Staatsangehörige seien und die Behandlung offenbar nur deshalb vorübergehend nach Österreich verlagert worden sei, um Leistungsbeschränkungen des deutschen Vertragsarztrechts auszuweichen. Unabhängig davon könnten die Aussagen des Europäischen Gerichtshofs zur Dienstleistungsfreiheit bei der Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher Leistungen innerhalb der Europäischen Union (Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-158/96, Kohll, Slg 1998, I-1931)auf das deutsche Sachleistungssystem nicht übertragen werden.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verstöße gegen Art 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) in der Fassung des Amsterdamer Vertrages vom 2. Oktober 1997 (BGBl II 1998, 387). Die Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr seien, wie der Europäische Gerichtshof in dem Urteil vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C-157/99, Smits/Peerbooms (Slg 2001, I-5473) klargestellt habe, auch in Krankenversicherungssystemen zu beachten, die ihren Mitgliedern die Krankenbehandlung als Sachleistung gewähren. Eine Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts der deutschen Krankenversicherung sei mit der Kostenerstattung bei Auslandsbehandlungen nicht verbunden, und auch andere zwingende Gründe, die eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen könnten, habe die Beklagte nicht aufgezeigt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen zu verurteilen, die Kosten der am 27. Juni 1998 von Frau Dr. V. in B. durchgeführten Farbstofflaserbehandlung in der Höhe zu übernehmen, wie sie bei einer vertragsärztlichen Behandlung in Deutschland angefallen wären.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Das Verfahren war auszusetzen, um gemäß Art 234 des EG-Vertrages eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu den eingangs gestellten Fragen einzuholen.
Das nationale deutsche Recht lässt im Fall der Klägerin eine Übernahme der durch die Farbstofflaserbehandlung in Österreich entstandenen Kosten nicht zu. Das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V), das die Krankenversicherung regelt, bestimmt in seinem § 2 Abs 2, dass die Krankenkassen ihren Versicherten die benötigten Leistungen als Sach- und Dienstleistungen zu gewähren haben. Kosten dürfen sie nach § 13 Abs 1 SGB V nur erstatten, soweit das Gesetz dies ausnahmsweise vorsieht. Die hier einzig in Betracht kommende Ausnahme regelt § 13 Abs 3 SGB V: Danach hat die Krankenkasse die Kosten einer vom Versicherten auf eigene Rechnung beschafften Leistung zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und als Sachleistung nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden konnte oder wenn die Kasse die Gewährung als Sachleistung zu Unrecht abgelehnt hatte (dazu näher: Urteil des Senats vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R, veröffentlicht in SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Beides war bei der in Rede stehenden Therapie nicht der Fall, wie die Klägerin selbst einräumt. Da schon aus diesem Grunde kein Anspruch besteht, kann außer Betracht bleiben, dass § 18 Abs 1 SGB V die Leistungspflicht der Krankenversicherung bei Auslandsbehandlungen - möglicherweise gemeinschaftsrechtswidrig - zusätzlich einschränkt und insoweit eine Kostenübernahme nur zulässt, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung im Inland nicht möglich ist.
Die Klage könnte bei dieser rechtlichen Ausgangslage nur Erfolg haben, wenn die Beschränkungen des deutschen Rechts, die den Versicherten auf das Sachleistungssystem verweisen, Vorschriften des EG-Vertrages über den Schutz des freien Dienstleistungsverkehrs verletzen. Der für die Anwendung des EG-Vertrages notwendige Auslandsbezug ist gegeben, obwohl alle an dem Leistungsgeschehen beteiligten Personen deutsche Staatsangehörige und in Deutschland wohnhaft sind und obwohl die Umstände den Verdacht nahe legen, dass die Behandlung der Klägerin nur deshalb vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verlagert worden ist, um Leistungsbeschränkungen des deutschen Vertragsarztrechts auszuweichen. Es reicht aus, dass die Behandlung in Österreich durchgeführt wurde, wo Frau Dr. V. eine eigene Praxis unterhalten hat und bei der zuständigen Ärztekammer als Wahlärztin registriert war. Ein grenzüberschreitender Wirtschaftsvorgang liegt nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-157/99, Kommission/Griechenland (Slg 1991, I-727) auch vor, wenn sich Leistungsanbieter und Leistungsempfänger zur Erbringung der Dienstleistung gemeinsam ins Ausland begeben. Allein dann, wenn alle wesentlichen Elemente der fraglichen Betätigung nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen, sind danach die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr nicht anwendbar.
Ob die angeführten Regelungen des nationalen deutschen Rechts mit dem EG-Vertrag vereinbar sind, ist durch die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht abschließend geklärt.
Wie der Gerichtshof entschieden hat, sind Gesundheitsleistungen, die Gegenstand sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche sind, von der Garantie der Dienstleistungsfreiheit in Artikel 49 (vormals Art 59) des EG-Vertrages nicht ausgenommen (Urteil vom 28. April 1998, Rechtssache C-158/96, Kohll, Slg 1998, I-1931 RdNr 21, 46; Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-368/98, Vanbraekel, Slg 2001, I-5363 RdNr 41-42).Das gilt auch, wenn der Leistungsempfänger einem Krankenversicherungssystem angehört, das die Krankenbehandlung als Sachleistung gewährt (Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-157/99, Smits/Peerbooms,Slg 2001, I-5473 RdNr 55-58). Das Gemeinschaftsrecht lässt zwar die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt; doch müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Befugnis das Gemeinschaftsrecht beachten. Beschränkungen des nationalen Rechts, die geeignet sind, den freien Austausch von medizinischen Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Union zu behindern, sind grundsätzlich unzulässig und können nur ausnahmsweise aus Gründen der öffentlichen Gesundheit (Art 55 iVm Art 46 EG-Vertrag) oder aus anderen zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein. Als solche Gründe hat der Gerichtshof zum einen eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts der Krankenversicherung und des Ziels einer ausgewogenen, allen zugänglichen ärztlichen und klinischen Versorgung, zum anderen die Erhaltung eines bestimmten Versorgungsumfangs oder eines bestimmten Niveaus der Heilkunde im Inland genannt (EuGH, Urteil vom 28. April 1998, Rechtssache C-158/96, Kohll, Slg 1998, I-1931 RdNr 41, 46, 50-51; Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-368/98, Vanbraekel, Slg 2001, I-5363 RdNr 47-49; Urteil vom 12. Juli 2001, Rechtssache C-157/99, Smits/ Peerbooms, Slg 2001, I-5473 RdNr 72-74).
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Gerichtshof entschieden, dass einem Versicherten, der einem Krankenversicherungssystem mit Kostenerstattung angeschlossen ist, die Inanspruchnahme einer ambulanten ärztlichen Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht dadurch erschwert werden darf, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse von einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht wird (Rechtssache C-158/96, Kohll). In Fällen einer stationären Krankenhausbehandlung hat er dagegen unabhängig von der Art des Krankenversicherungssystems die mit einem Genehmigungserfordernis verbundene Behinderung des Dienstleistungsverkehrs als gerechtfertigt angesehen, weil im Krankenhaussektor eine Planung und damit einhergehende Reglementierung für die Gewährleistung einer ausgewogenen und finanzierbaren klinischen Versorgung der Bevölkerung unerlässlich sei (Rechtssache C-157/99, Smits/Peerbooms). Die für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidende Frage, ob die im Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache Kohll für die ambulante ärztliche Behandlung aufgestellten Grundsätze auf Sachleistungssysteme im Allgemeinen und auf die deutsche soziale Krankenversicherung im Besonderen übertragbar sind, lässt sich anhand der zitierten Rechtsprechung nicht zweifelsfrei beantworten.
In Deutschland sind in der so genannten gesetzlichen Krankenversicherung alle gegen Arbeitsentgelt beschäftigten Arbeitnehmer und Auszubildenden bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze pflichtversichert (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V). Versicherungspflicht besteht ferner für Bezieher von Lohnersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit (§ 5 Abs 1 Nr 2 SGB V) sowie für Rentner (§ 5 Abs 1 Nr 11 bis 12). Weitere Personengruppen können der Krankenversicherung freiwillig beitreten (§ 9 SGB V). Der Ehegatte oder Lebenspartner sowie die Kinder eines Mitglieds sind bei diesem beitragsfrei mitversichert, sofern sie nicht über einen anderweitigen Krankenversicherungsschutz oder über die dafür notwendigen Mittel verfügen (§ 10 SGB V). Am 1. Oktober 1998 waren in der Krankenversicherung 71.658.573 Personen versichert, was einem Bevölkerungsanteil von knapp 87,5 Prozent entspricht (Bundesministerium für Gesundheit, Die gesetzliche Krankenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1998, S 18, 66).
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Krankenkassen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung organisiert sind. Historisch bedingt gibt es verschiedene Kassenarten mit unterschiedlichen Versichertenstrukturen (nach derzeitigem Stand 17 Allgemeine Ortskrankenkassen, 24 Innungskrankenkassen, 270 Betriebskrankenkassen, 7 Ersatzkassen für Angestellte, 6 Ersatzkassen für Arbeiter, 11 landwirtschaftliche Krankenkassen, je eine Krankenkasse der Bergleute und der Seeleute). Zur Bestreitung ihrer Ausgaben erheben die Krankenkassen Beiträge, die im Normalfall des versicherungspflichtigen Arbeitnehmers vom Versicherten und seinem Arbeitgeber je zur Hälfte getragen werden (§ 249 Abs 1 SGB V). Unter den Krankenkassen findet ein kassenartenübergreifender bundesweiter Finanzausgleich (Risikostrukturausgleich) statt (§§ 266 bis 269 SGB V).
Die Krankenkassen stellen ihren Versicherten die benötigte Krankenbehandlung als Naturalleistung kostenfrei zur Verfügung (§ 2 Abs 2 SGB V). Da sie kein eigenes medizinisches Personal beschäftigen, bedienen sie sich für die ambulante ärztliche Versorgung der Mitwirkung freipraktizierender niedergelassener Ärzte und Zahnärzte. Die dazu notwendigen Vertragsbeziehungen bestehen nicht mit den einzelnen Leistungserbringern, sondern mit den Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen. Das sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Zusammenschluss aller an der Kassenpraxis teilnehmenden (Zahn-)Ärzte damit beauftragt sind, die ambulante ärztliche und zahnärztliche Behandlung der krankenversicherten Bevölkerung (so genannte vertragsärztliche Versorgung) mit ihren Mitgliedern sicherzustellen (§ 72 SGB V). Die Teilnahme des einzelnen Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung erfordert eine Zulassung, auf die bei Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (§ 95 Abs 1 SGB V). Einschränkungen ergeben sich durch die gesetzlich vorgeschriebene Bedarfsplanung, die eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur Gewähr leisten und sicherstellen soll, dass eine regionale Über- oder Unterversorgung vermieden wird (§§ 100, 101 SGB V). Alle wesentlichen Einzelheiten zur Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung werden innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens in öffentlich-rechtlichen Kollektivverträgen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Verbänden der Krankenkassen geregelt.
Als Entgelt für die vertragsärztliche Versorgung entrichtet die Krankenkasse vierteljährlich an die Kassenärztliche Vereinigung eine Gesamtvergütung, deren Höhe vertraglich vereinbart wird (§ 85 Abs 1 SGB V). Die Berechnung erfolgt nicht auf der Grundlage der tatsächlich durchgeführten Behandlungen, sondern orientiert sich in der Regel an der Zahl der Versicherten und dem durchschnittlichen Jahresbedarf eines Versicherten an vertragsärztlichen Leistungen (so genannte Kopfpauschale). Mit der Zahlung der Gesamtvergütung wird pauschal der gesamte Versorgungsbedarf der Versicherten der betreffenden Krankenkasse abgegolten. Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt anschließend die erhaltene Gesamtvergütung unter ihre Mitglieder, wobei sie die von dem einzelnen Vertragsarzt nach einem festgelegten Bewertungsmaßstab abgerechneten Leistungen zu Grunde legt (§ 85 Abs 4 SGB V). Erst im Rahmen dieses Verteilungsprozesses ergibt sich, welcher Bruchteil der Gesamtvergütung auf die einzelne erbrachte Leistung entfällt und wie hoch demzufolge das Honorar des Arztes ist.
Von dem beschriebenen Sachleistungsgrundsatz sieht das Gesetz in § 13 Abs 2 SGB V eine Ausnahme für freiwillige Mitglieder und ihre mitversicherten Familienangehörigen vor. Diese können für die Dauer der freiwilligen Versicherung an Stelle der Sachleistung Kostenerstattung wählen. Sie können dies allerdings nicht von Fall zu Fall und für einzelne Behandlungen tun, sondern müssen sich vorab für eine in der Satzung der Krankenkasse bestimmte Mindestzeit verbindlich auf das Kostenerstattungsverfahren festlegen (§ 13 Abs 2 Satz 6 SGB V). Auch Versicherte, die Kostenerstattung gewählt haben, dürfen nur die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte in Anspruch nehmen (§ 13 Abs 2 Satz 2 SGB V). Erstattet werden ihnen höchstens die Kosten, die für die entsprechende Sachleistung angefallen wären (§ 13 Abs 2 Satz 4 SGB V). Darüber hinaus sind Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorgeschrieben (§ 13 Abs 2 Satz 6 SGB V). Die Ausgaben der Krankenkasse für Kostenerstattungsfälle nach § 13 Abs 2 SGB V werden bei der Berechnung der für Sachleistungen zu entrichtenden Gesamtvergütung angerechnet (§ 85 Abs 2 Satz 8 SGB V). Die Möglichkeit, an Stelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung zu wählen, hat in der Vergangenheit zeitweise auch für pflichtversicherte Krankenkassenmitglieder bestanden, ohne dass die Klägerin davon Gebrauch gemacht hat.
Da das Sozialgesetzbuch die Versicherten auf die Behandlung durch zugelassene Ärzte verweist, hätte Frau Dr. V. , die keine Kassenzulassung besaß, von der Klägerin auch dann nicht zu Lasten der Krankenkasse in Anspruch genommen werden können, wenn sich ihre Praxis in Deutschland befunden hätte. Obwohl die Beschränkung auf zugelassene Ärzte für das Inland und das Ausland gleichermaßen gilt, stellt sie im Ergebnis ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft dar, weil Zulassungen nur für Kassenarztsitze im Inland erteilt werden und die Versicherten deshalb darauf angewiesen sind, sich die Behandlung in Deutschland zu beschaffen, wenn sie nicht selbst mit den Kosten belastet bleiben wollen. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die für das Funktionieren des Sachleistungssystems in Deutschland unverzichtbare Beschränkung auf zugelassene Ärzte durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
Für die deutsche soziale Krankenversicherung gelten insoweit ähnliche Überlegungen, wie sie dem Gerichtshof bereits in den anhängigen Verfahren zum niederländischen Krankenversicherungsrecht vorgetragen worden sind (Schlussanträge des Generalanwalts Dámaso Ruiz-Jarabo Colomer vom 22. Oktober 2002 in der Rechtssache C-385/99, Müller-Fauré/van Riet, Randnummern 50 bis 62). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug und weist ergänzend auf Folgendes hin:
Nach dem Antrag der Klägerin soll die Beklagte nur so viel an Kosten erstatten, wie sie für die entsprechende Sachleistung im Inland hätte bezahlen müssen. Damit wird der Eindruck erweckt, die Behandlung durch eine nicht zugelassene Ärztin sei für die Krankenversicherung kostenneutral. Dass dies unzutreffend ist, hat schon der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Müller-Fauré / van Riet unter der Randnummer 49 zu Recht dargelegt. Genau genommen führt die Kostenerstattung nicht nur zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung, sondern zu einer Doppelzahlung. Da die Klägerin - von der einmaligen Auslandsbehandlung abgesehen - im Sachleistungssystem verblieben ist, sind alle von ihr im betreffenden Quartal benötigten medizinischen Leistungen mit der von der Krankenkasse an die Kassenärztliche Vereinigung entrichteten Gesamtvergütung abgegolten. Die Krankenkasse müsste deshalb eine auf diesem Wege bereits bezahlte Behandlung ein zweites Mal vergüten. Insofern unterscheidet sich der Fall von demjenigen des freiwillig Versicherten, der von der Wahlmöglichkeit nach § 13 Abs 2 SGB V Gebrauch macht, damit ganz aus dem Sachleistungssystem ausscheidet und bei der Kalkulation der Gesamtvergütung nicht mehr berücksichtigt wird.
Die Umstände des vorliegenden Prozesses - und weiterer beim Senat anhängiger Parallelverfahren, in denen Frau Dr. V. und Frau Dr. D. andere Patientinnen aus derselben Kassenarztpraxis zeitweise in Österreich behandelt haben - stützen die vom Generalanwalt in der Sache Müller-Fauré/van Riet (Randnummer 51 und 52) geäußerte Befürchtung, dass bei Zubilligung eines Kostenerstattungsanspruchs die Inanspruchnahme von Auslandsbehandlungen nicht auf Einzelfälle beschränkt bleiben wird. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sind bei zahlreichen ärztlichen Leistungen, so auch bei den in Rede stehenden Farbstofflaserbehandlungen, die Vergütungen durch so genannte Praxisbudgets und Zusatzbudgets begrenzt, um einer medizinisch nicht gerechtfertigten Mengenausweitung zum Nachteil anderer Vertragsärzte entgegenzuwirken. Für Praxen, die wie die Gemeinschaftspraxis der Dres. V. angestellte Ärzte beschäftigen, gelten Leistungsobergrenzen, die verhindern sollen, dass durch die Anstellung weiterer ärztlicher Mitarbeiter das Leistungsvolumen der Praxis erhöht und die Ziele der ärztlichen Bedarfsplanung unterlaufen werden. Derartige Reglementierungen schaffen Anreize, Behandlungen, die innerhalb des Sachleistungssystems im Inland nicht oder nicht mehr in voller Höhe vergütet werden, in das benachbarte Ausland zu verlagern, um den am Niederlassungsort geltenden Beschränkungen zu entgehen. Insbesondere bei teueren medizinisch-technischen Leistungen kann ein solches Ausweichen auch für Ärzte attraktiv sein, deren Kassenpraxis sich nicht im unmittelbaren Grenzgebiet befindet.
Besondere Bedeutung kommt nach Auffassung des Senats dem Umstand zu, dass sich eine Öffnung der Krankenversicherung für externe Leistungserbringer aus Gründen des nationalen Verfassungsrechts voraussichtlich nicht auf Leistungserbringer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union begrenzen lässt. Der Antrag eines Versicherten, der unter Berufung auf die Möglichkeit, nicht zugelassene Ärzte im europäischen Ausland aufzusuchen, Kostenerstattung für eine Behandlung durch einen nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt im Inland begehrt, könnte mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz und das daraus abzuleitende Benachteiligungsverbot nur abgelehnt werden, wenn sich eine unterschiedliche Behandlung der beiden Sachverhalte sachlich rechtfertigen ließe. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht diese Frage bislang nicht zu entscheiden gehabt, so dass die Rechtslage in diesem Punkt nicht abschließend geklärt ist. Es spricht aber vieles dafür, dass sich die Beschränkung auf zugelassene Leistungsanbieter insgesamt nicht aufrechterhalten ließe, wenn sie für Ärzte in anderen Mitgliedstaaten nicht gelten würde.
Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages können allerdings regelmäßig nicht mit der Begründung eingeschränkt werden, dass ihre Verwirklichung wegen entgegenstehender Vorschriften des nationalen Rechts zu einer Schlechterstellung von Inländern gegenüber gemeinschaftsangehörigen Ausländern ("Inländerdiskriminierung") führen würde. Vielmehr muss eine solche Schlechterstellung gegebenenfalls über eine Änderung des nationalen Rechts behoben werden. Hier besteht aber die Besonderheit, dass eine Beseitigung der für die deutsche Krankenversicherung grundlegenden Versorgungsstrukturen durch Aufhebung des Zulassungserfordernisses und Öffnung für alle externen Leistungsanbieter dem Sachleistungssystem insgesamt die Grundlage entziehen würde. Der Grundsatz, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt lässt, wäre in Frage gestellt, wenn dem einzelnen Mitgliedstaat die Entscheidung darüber, ob er seinen Versicherten die Krankenbehandlung als Sachleistung oder gegen Kostenerstattung gewähren will, unter Berufung auf den Schutz des freien Dienstleistungsverkehrs aus der Hand genommen würde.
Sofern die Beschränkung der Versicherten auf das Sachleistungssystem des Sozialgesetzbuchs und die damit verbundene Unmöglichkeit, sich eine als Sachleistung verfügbare ärztliche Behandlung zu Lasten der Krankenversicherung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gegen Kostenerstattung zu beschaffen, gegen Vorschriften des EG-Vertrages verstoßen sollte, muss weiter geklärt werden, ob es mit der Garantie der Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist, dass das deutsche Recht eine Kostenerstattung bei selbstbeschafften medizinischen Leistungen grundsätzlich davon abhängig macht, dass zuvor eine Entscheidung der Krankenkasse über die Berechtigung der außervertraglichen Behandlung herbeigeführt wurde. Dieses aus § 13 Abs 3 SGB V abgeleitete Erfordernis hat Ordnungsfunktion und gilt für In- und Auslandsbehandlungen gleichermaßen. Es soll den Versicherten zwingen, sich vor einer Behandlung außerhalb des Sachleistungssystems über die Möglichkeiten der systemkonformen Leistungsbeschaffung beraten zu lassen. Dabei geht es nicht allein um die Möglichkeit der Inanspruchnahme nicht zugelassener Ärzte, sondern beispielsweise auch darum, ob die beabsichtigte Behandlung überhaupt zum Leistungsumfang der Krankenversicherung gehört und welche Einschränkungen gegebenenfalls hinsichtlich der Kostenübernahme zu beachten sind. Inhaltlich hängt das Bestehen des Leistungsanspruchs allerdings nicht von der Entscheidung der Krankenkasse ab; insbesondere steht ihr kein Ermessen zu. Lehnt sie ein berechtigtes Leistungsbegehren ab, lässt dies den Kostenerstattungsanspruch unberührt.
Obwohl die Entscheidung der Krankenkasse somit - anders als möglicherweise die Ablehnung der Genehmigung durch den luxemburgischen Versicherungsträger in der Sache C-158/96, Kohll oder durch den niederländischen Versicherungsträger in der Sache C-157/99, Smits/Peerbooms - keine eigenständige materiellrechtliche Bedeutung hat, erschwert sie tendenziell eine Behandlung außerhalb des Sachleistungssystems und damit zwangsläufig auch eine Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft. Es bedarf deshalb der Klärung, ob dies durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
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