L 5 RJ 475/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 90/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 475/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
L
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 1. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. -

Tatbestand:

Strittig ist eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit (EU/BU) für die Zeit 01.03.1992 bis 31.01.1999.

Der am 1934 im vormaligen Jugoslawien geborene Kläger ist Angehöriger des Staates Bosnien-Herzegowina, in welchem er auch wohnt. In seiner Heimat hat er Versicherungszeiten von 1951 bis 1966 sowie von 1972 bis 1976 und von 1980 bis Oktober 1991 zurückgelegt. In Deutschland war er von 1966 bis 1972 versicherungspflichtig als Bauarbeiter beschäftigt.

Auf Antrag vom 06.11.1991 wurde ihm in seinem Heimatstaat eine Invalidenpension ab 23.01.1992 bewilligt. Nach Angabe des Klinikums M. war er 1993 Angehöriger des Verteidigungsrates. Seit 01.02.1999 bezieht er von der Beklagten eine Regelaltersrente.

Mit Bescheid vom 20.06.1997 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 23.10.1997 - lehnte die Beklagte die beantragte Bewilligung von Rente wegen BU/EU ab. Grundlage der Entscheidung waren beigezogene Unterlagen aus der Heimat des Klägers, die auf orthopädischem Gebiet eine Funktionsminderung der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen und Bandscheibenschaden ohne Wurzelreizung, Verschleißerscheinungen der Gelenke, auf internistischem Gebiet eine Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck und Übergewicht sowie psychiatrischerseits Neurotik mit ängstlichen, depressiven, hypochondrischen, phobischen und agressiven Tendenzen bei Elementen einer posttraumatischen Stressstörung attestierten. Diese erlaubten nach Auffassung des Sozialmediziners Dr.D. bei Ausschluss von Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung ohne besonderen Zeitdruck, ohne Schicht bzw. Nachtschicht und ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten ein vollschichtiges Einsatzvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf welchen er mangels Berufsschutzes verweisbar sei.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG Landshut hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Rente wegen EU/BU für den Zeitraum März 1992 bis Januar 1999 zu verurteilen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er sei nicht im Stande, vollschichtig leichte Arbeiten zu verrichten, weil er völlig erwerbsunfähig sei. Dies ergebe sich aus den Gutachten der Invalidenkommission Z. sowie daraus, dass er seit 1986 in ständiger Behandlung wegen seines schweren psychischen Gesundheitszustandes befinde. Nach Ermittlungen des SG zum Datum der Antragstellung hat der Kläger in Bezug auf die Notwendigkeit einer Begutachtung zu seinem Gesundheitszustand erklärt, er sei mit einer Untersuchung in Deutschland nicht einverstanden, weil es sich um eine rückwirkende Entscheidung handele und Befundberichte für die Vergangenheit zur Verfügung stünden. Deshalb bitte er um ein Gutachten nach Aktenlage. Daraufhin hat das SG ein sozialmedizinisches Gutachten der Dr.T. (26.03.2001) eingeholt, die im Wesentlichen wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Veränderungen mit rezidivierender Ischialgie und Schulterarmsyndrom, Bluthochdruck, chronischer Bronchitis bei Nikotinabusus, rezidivierende depressive Störung, reaktiv und involutiv, diagnostiziert hat. Diese Befunde ergäben sich aus den beigezogenen Unterlagen und Röntgenaufnahmen. Zum psychischen Zustand hat sie darauf hingewiesen, dass die Invalidenkommission Z. , auf die sich der Kläger bezogen hatte, am 27.02.1997 einen unauffälligen, altersgemäßen Status festgestellt habe. Dort habe der Kläger Alkoholkonsum verneint. Dem stehe die Diagnose einer Involutionsdepression des Klinikums M. vom 30.01.1997 gegenüber sowie ein Befund im Gutachten aus C. vom 26.03.1997, welcher übermäßigem Alkoholkonsum und eine posttraumatische Stressstörung feststelle. Aus diesen divergierenden Beschreibungen könne nur geschlossen werden, dass eine durchgehende gravierende depressive Symptomatik mit der Folge einer zeitlichen Leistungseinschränkung nicht angenommen werden könne. Der Kläger könne deshalb regelmäßig vollschichtig leichte Arbeiten ohne Haltungskonstanz, Überkopfarbeit und ohne Stressbelastung unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen ausüben. Der Kläger sei nach den vorliegenden Befunden reisefähig. Eine Untersuchung in Deutschland könne für die Vergangenheit ab 1997 Rückschlüsse zulassen - eine Rückbeurteilung ab 1992 sei jedoch praktisch nicht mehr möglich. Daraufhin hat das SG mehrfach angefragt, ob der Kläger zu einer Untersuchung in Deutschland bereit sei. Diese Anfragen sind ohne Anwort geblieben (20.11.2001; 11.01.2002; 21.02.2002 Rückschein; 04.03.2002).

Mit Urteil vom 01.07.2002 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei trotz der von Dr.T. zutreffend und überzeugend festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen gesundheitlicher Art noch in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben. Auf diesen sei er mangels Berufsschutzes verweisbar, so dass weder BU noch EU bestehe. Auch der psychische Zustand des Klägers bedinge wegen der differierenden Beurteilungen im Heimatland keine andere Einschätzung, zumal der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises nicht bereit gewesen sei, bei bestehender Reisefähigkeit sich zur Abklärung des Sachverhalts in Deutschland untersuchen zu lassen.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, er sei von 1992 bis 1999 nicht im Stande gewesen, irgendwelche Tätigkeiten zu verrichten, vielmehr habe in der stritten Zeit völlige Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Dies ergebe sich aus den Invalidengutachten und aus zahlreichen vorgelegten Befundberichten über die psychischen Störungen (Involutionsdepression). Die psychische Störung habe das SG gar nicht berücksichtigt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Landshut vom 01.07.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit für den Zeitraum 01.03.1992 bis 31.01.1999 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Landshut vom 01.07.2002 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Beklagtenakten sowie die Akten beider Rechtszüge. Auf diese wird zur Ergänzung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - oder auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI - in der gemäß § 300 SGB VI anzuwendenden Fassung vor der ab 01.01.2001 geltenden Rechtsänderung aufgrund des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - BGBl. I S.1827.

Der Senat weist die Berufung des Klägers zurück aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG, so dass es insoweit keiner weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe bedarf (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.01.1993).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Erstgericht entgegen der Behauptung des Klägers sowohl die Gutachten als auch die anderen Befunde zu den psychischen Störungen, mit welchen der Kläger die Berufung begründet hat, berücksichtigt und in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Hierzu hat das SG insbesondere eingehend und überzeugend dargestellt, dass die vorgelegten Befunde in sich widersprüchlich sind und deshalb relevante Störungen für den fraglichen Zeitraum in der Vergangenheit nicht angenommen werden können.

Zu weiteren Sachverhaltsermittlungen sieht der Senat keine Veranlassung. Zum einen hat Dr.T. in ihrem Gutachten vom 26.03.2001 sowie in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.11.2001 überzeugend ausgeführt, dass für den streitigen Teilzeitraum 1992 bis Januar 1999 eine Rückbeurteilung praktisch nicht mehr möglich und eine Untersuchung nicht sinnvoll wäre. Zum anderen hat der Kläger trotz bestehender Reisefähigkeit auf nachgewiesen zugestellte Aufforderungen des SG, sich in Deutschland zur Sachverhaltsaufklärung untersuchen zu lassen, nicht reagiert und seine Berufung nur mit der Bezugnahme auf Befunde aus der Vergangenheit begründet. Unter diesen Umständen kann der Senat nicht erkennen, dass sich die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen aufdrängt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 103 Rdnr.16).

Die Berufung bleibt damit in vollem Umfange ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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