Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 12 KA 14/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die erstattungsfähigen Kosten des Beklagten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz 00000 C T, Auf der C1 00, bedarfsabhängig zuzulassen ist.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin schloss das 1966 begonnene Studium der Psychologie mit der am 00.00.1972 an der Universität Tübingen bestandenen Diplom-Hauptprüfung für Psychologen ab. Von 00.1972 bis 00.1975 arbeitete sie als Fachpsychologin im Psychologischen Dienst der Arbeitsämter E, E1 und X. Daran anschließend baute sie von 00.1975 bis 00.1975 den Psychologischen Dienst im H der Stadt N auf, den sie bis 00.1987 leitete. Von 00.1988 bis 00.1998 war sie als Leitende Psychologin an der T1-Klinik, Zentrum für kardiologische und onkologische Rehabilitation der M tätig. Seit 1978 betreibt sie zudem als Psychologische Psychotherapeutin eine Praxis in N und in C T.
Ihren Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin lehnte der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk E2 mit Beschluss vom 28.04.1999 ab und führte dazu aus, sie habe innerhalb des Zeitfensters vom 25.06.1994 bis zum 24.06.1997 nicht an der ambulanten Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 95 Abs. 10 SGB V teilgenommen. Dieser Beschluss ist für die Beteiligten in der Sache bindend geworden.
Am 00.00.2000 wurde die Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin in das Arztregister eingetragen.
Ihren am 31.12.1998 hilfsweise gestellten Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T lehnte der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk E2 mit Beschluss vom 19.04.2000 ab. In der Begründung heißt es, der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe am 03.11.1999 das nach §§ 101 bzw. 103 SGB V und § 16b Ärzte- Zulassungsverordnung in Verbindung mit den Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte vorgesehene Verfahren zur Feststellung der Überversorgung in der vertragstherapeutischen Versorgung in Westfalen-Lippe durchgeführt und für den Planungsbereich Lippe bei den Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen angeordnet. Nach § 95 Abs. 12 SGB V seien Zulassungsanträge wegen Zulassungsbeschränkungen nach erstmaliger Feststellung durch den Landesausschuss auch dann abzulehnen, wenn diese bei Antragstellung nicht angeordnet gewesen seien.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 05.10.2000 begründete die Klägerin damit, dass der Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung positiv zu bescheiden sei, da die Zulassungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung am 31.12.1998 vorgelegen hätten. Rechtlich ohne Bedeutung sei, dass der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 03.11.1999 Zulassungsbeschränkungen aufgestellt habe, denn diese entfalteten keine Rückwirkung auf zeitlich vorhergehend gestellte Anträge.
Eine entsprechende Rückwirkung sei auch in § 95 Abs. 12 SGB V nicht vorgesehen. Die Voraussetzungen der Zulassungen richteten sich gemäß § 19 Ärzte-Zulassungsverordnung vielmehr nach den Erfordernissen und rechtlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Antragstellung. Diese Vorschrift sehe klar und deutlich vor, dass ein Antrag wegen Zulassungsbeschränkungen nur dann abgelehnt werden könne, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet gewesen sei. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen. Die entsprechenden Zulassungsbeschränkungen seien vielmehr erst am 03.11.1999 und damit mehr als 10 Monate nach Antragstellung erlassen worden.
Mit Beschluss vom 25.06.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus, es beständen bereits Zweifel daran, ob es sich bei dem am 31.12.1998 beim Zulassungsausschuss eingegangenen Antrag um einen Antrag handele, der vor dem 01.01.1999 gestellt worden sei. Nach § 18 Abs. 1 Ärzte-ZV müssten dem schriftlich zu stellenden Antrag ein Auszug aus dem Arztregister, Bescheinigungen über die seit der Approbation ausgeübten ärztlichen Tätigkeiten und weitere Unterlagen beigefügt werden. Zurzeit der Antragstellung am 31.12.1998 sei die Klägerin jedoch noch nicht im Arzt-Register eingetragen gewesen. Diese Eintragung sei erst am 00.00.2000 erfolgt. Entscheidend sei jedoch, dass das Regelsystem der Zulassungen und Ermächtigungen von Psychotherapeuten zur vertragstherapeutischen Versorgung für alle approbierten Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die einen Antrag auf Zulassung nach dem 01.01.1999 gestellt hätten, gelte. Anträge von Behandlern, die vor diesem Zeitpunkt gestellt worden seien, die jedoch offensichtlich nicht die Zulassungsprivilegien nach § 95 Abs. 10 SGB V in Anspruch nähmen und auch nicht eine Ermächtigung zur Nachqualifikation verfolgten, seien als nach dem 01.01.1999 gestellte Anträge zu behandeln. Da damit der Antrag der Klägerin bereits als nach dem 31.12.1998 gestellt gelte, sei ihr Antrag aufgrund der im November 1999 angeordneten Zulassungsbeschränkungen nach § 95 Abs. 12 SGB V abzulehnen.
Hiergegen richtet sich die am 05.10.2001 erhobene Klage, mit der die Klägerin weiterhin eine bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T verfolgt. Sie trägt hierzu vor, sie erfülle die Voraussetzungen für eine bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragstherapeutischen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin. Sämtliche Zulassungsvoraussetzungen seien zum Zeitpunkt der Antragstellung am 31.12.1998 gegeben gewesen. Dass am 03.11.1999, ein Jahr nach Antragstellung, nachträglich Zulassungsbeschränkungen normiert worden seien, könne wegen der fehlenden rechtlichen Möglichkeit der Rückwirkung für ihren Antrag keine Bedeutung haben. Die Frage der Zulassung richte sich allein nach den Vorgaben des § 19 Abs. 1 Ärzte-ZV. Die Vorschrift des § 95 Abs. 12 Satz 2 SGB V beziehe sich nur auf Anträge nach Satz 1, d.h. auf Anträge, die ab 01.01.1999 gestellt worden seien. Daraus folge als Umkehrschluss, dass Anträge, die bis zum 31.12.1998 gestellt worden seien, nicht wegen Zulassungsbeschränkungen abgelehnt werden könnten. Da sie ihren Antrag am 31.12.1998 gestellt habe, greife § 95 Abs. 12 SGB V nicht. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung des § 95 Abs. 12 SGB V würde Artikel 12 Grundgesetz (GG) hinsichtlich der Berufsausübungsfreiheit nachhaltig tangiert.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 25.06.2001 zu verurteilen, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 31.12.1998 die bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T zu erteilen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 4) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie halten den angefochtenen Beschluss für richtig. Nach Auffassung der Beklagten sei § 95 Abs. 12 Satz 2 SGB V im vorliegenden Fall anwendbar. Durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene Psychotherapeutengesetz (PsychTHG) seien Psychologische Psychotherapeuten in das bestehende System der vertragsärztlichen Versorgung integriert worden. Demgemäss seien sie in die vertragsärztliche Bedarfsplanung einzubeziehen. Die Übergangsregelung des § 95 Abs. 12 Satz 2 SGB V sei lex specialis zu § 19 Ärzte-ZV. Da die Prüfung der Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen, ob eine Überversorgung vorliege, eine geraume Zeit dauernd würde, habe der Gesetzgeber in § 95 Abs. 12 SGB V eine Entscheidungssperre verhängt. Von dieser Sperre werde auch der Antrag vom 31.12.1998 erfasst. Er hätte nämlich erst wirksam am 01.01.1999 gestellt werden können, als das PhychTHG in Kraft getreten sei. Ansonsten wäre die Regelung des § 95 Abs. 10 SGB V überflüssig, da Psychologische Psychotherapeuten nach der Rechtsauffassung der Klägerin aufgrund eines Hilfsantrages bis 31.12.1998 immer bedarfsabhängig zuzulassen wären.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die angefochtene Entscheidung des Beklagten ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T.
Der Klägerin konnte in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht gefolgt werden, soweit sie der Auffassung ist, ihr sei die begehrte Zulassung auf der Grundlage des § 19 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) zu erteilen, weil vor Antragstellung für den betroffenen Planungsbereich keine Überversorgung festgestellt worden sei. Zwar gilt für die Psychologischen Psychotherapeuten grundsätzlich auch § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, wonach wegen Zulassungsbeschränkungen ein Antrag (auf Zulassung) nur dann abgelehnt werden kann, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren. Diese Vorschrift wird jedoch durch die Übergangsregelung des § 95 Abs. 12 Satz 1 SGB V verdrängt, die insoweit als lex specialis anzusehen ist. Danach kann der Zulassungsausschuss über Zulassungsanträge von Psychotherapeuten und überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten, die nach dem 31.12.1998 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Anträge nach Satz 1 sind wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese bei Antragstellung noch nicht angeordnet waren.
Soweit die Klägerin geltend macht, § 95 Abs. 12 SGB V erfasse nur Zulassungsanträge, die nach dem 31.12.1998 gestellt wurden, so dass ihr Antrag nicht vom Regelungsgehalt dieser Norm betroffen sei, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Artikel 2 PsychTHG trennt nämlich zwischen der Zulassung als Psychotherapeut nach Abs. 2 Satz 1 aufgrund vorheriger Eintragung in das Arztregister, nach Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit den zum 01.01.1999 in Kraft getretenen Änderungen der Ärzte-ZV (Art. 7, 15 Abs. 3 PsychTHG) und der Zulassung aufgrund der durch Antragstellung bis zum 31.12.1998 gekennzeichneten Übergangsregelung nach § 95 Abs. 10 SGB V, die keine vorherige Eintragung in das Arztregister erfordert. Nur die Zulassung nach Abs. 10 eröffnet das Recht zur bedarfsunabhängigen Zulassung am selbstgewählten Praxissitz (§ 101 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Für die ab dem 01.01.1999 gestellten Zulassungsanträge oder - wie hier - zwar vorher gestellten, aber die Zulassungsvoraussetzungen des Abs. 10 nicht erfüllenden Anträge, bedarf es zunächst der Eintragung in das Arztregister durch die Kassenärztliche Vereinigung nach Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 95c SGB V mit der Folge, dass gemäß § 95 Abs. 12 SGB V der Zulassungsausschuss hierüber erst entscheiden kann, wenn der Landesausschuss Ärzte/Krankenkassen die Feststellung über das Vorliegen einer Überversorgung gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat (vgl. Kasseler Kommentar, V. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung, Hess, Dezember 2000 § 95 Rd.-Nr. 100). Demgemäss sind Anträge von Behandlern, welche vor dem 01.01.1999 gestellt wurden, die jedoch offensichtlich nicht die Zulassungsprivilegierung nach § 95 Abs. 10 SGB V in Anspruch nehmen und auch nicht eine Ermächtigung zur Nachqualifikation verfolgen, als Anträge zu behandeln, die nach dem 01.01.1999 gestellt wurden (Schirmer: Eingliederung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung in MedR 1998 Heft 10 S. 438). Dies entspricht auch dem Sinn und dem Zweck der Vorschrift, denn der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass der Ausschluss von Zulassungen in überversorgten Gebieten nicht dadurch unterlaufen wird, dass in den ersten Monaten des Jahres 1999 in erheblichem Umfang Zulassungsanträgen entsprochen werden müssten, weil die Landesausschüsse die erstmalige Feststellung nach § 103 SGB V kaum vor Mitte/Ende 1999 würden treffen können. Wenn die Entscheidung über die Zulassung nach § 95 Abs. 12 SGB V bis zur Feststellung des Landesausschusses über das Vorliegen einer Überversorgung gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V hinausgeschoben werden muss, ist damit notwendigerweise auch eine materielle Bindung der Zulassungsgremien an die Entscheidung des Landesausschusses über Zulassungssperren in einzelnen Planungsbereichen verbunden und gewollt.
Die dem entgegenstehende Auffassung der Klägerin würde zudem die Regelung des § 95 Abs. 10 SGB V leerlaufen lassen, mit der der Gesetzgeber ausschließlich die übergangsweise Zulassung von Zulassungsbewerbern lösen wollte. In diesem Übergangssystem sind neben der Erfüllung verfahrensrechtlicher Voraussetzungen gegenüber dem Zulassungsausschuss eine Übergangsfachkunde sowie eine "schutzwürdige Vortätigkeit" (Besitzstand psychotherapeutischer Berufstätigkeit) nachzuweisen. Einer bedarfsunabhängigen Zulassung, wie sie in dieser Vorschrift vorgesehen ist, bedürfte es jedoch nicht, wenn die Psychologischen Psychotherapeuten nach ihrem regelmäßig zusammen mit dem Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung bis zum 31.12.1998 gestellten Hilfsantrag dann immer bedarfsabhängig zuzulassen wären.
Inwieweit die dargestellte gesetzliche Regelung des § 95 Abs. 12 SGB V mit Art. 12 GG unvereinbar sein könnte, ist für die Kammer nicht erkennbar. Durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene PsychTHG sind die Psychologischen Psychotherapeuten in das bestehende System der vertragsärztlichen Versorgung integriert und demgemäss auch in die vertragsärztliche Bedarfsplanung einbezogen worden. Danach können Psychotherapeuten - ebenso wie Vertragsärzte - Zulassungen grundsätzlich nur in solchen Planungsbereichen erhalten, für die keine Zulassungs- sperren wegen Überversorgung angeordnet worden sind. Das SGB V geht von dem Regelfall der bedarfsabhängigen Zulassung auch für Psychotherapeuten aus. Diese vertragsärztliche Bedarfsplanung ist verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht zuletzt auch für die Einbeziehung der neu zuzulassenden Psychotherapeuten entschieden hat (BSGE, Urteil vom 08.11.2000 -Az. B 6 KA 52/00 R-), weil damit u.a. das Ziel verfolgt wird, eine gleichmäßige Versorgung mit psychotherapeutischen Leistungen im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten.
Da der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 03.11.1999 das nach § 101 bzw. § 103 SGB V und § 16b Ärzte-ZV in Verbindung mit den Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte vorgesehene Verfahren zur Feststellung der Überversorgung in der vertragstherapeutischen Versorgung in Westfalen-Lippe durchgeführt und für den Planungsbereich Lippe für die Psychotherapeuten Zulassungssperren angeordnet hat, war der Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz 00000 C T, Auf der C1 00, bedarfsabhängig zuzulassen ist.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin schloss das 1966 begonnene Studium der Psychologie mit der am 00.00.1972 an der Universität Tübingen bestandenen Diplom-Hauptprüfung für Psychologen ab. Von 00.1972 bis 00.1975 arbeitete sie als Fachpsychologin im Psychologischen Dienst der Arbeitsämter E, E1 und X. Daran anschließend baute sie von 00.1975 bis 00.1975 den Psychologischen Dienst im H der Stadt N auf, den sie bis 00.1987 leitete. Von 00.1988 bis 00.1998 war sie als Leitende Psychologin an der T1-Klinik, Zentrum für kardiologische und onkologische Rehabilitation der M tätig. Seit 1978 betreibt sie zudem als Psychologische Psychotherapeutin eine Praxis in N und in C T.
Ihren Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin lehnte der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk E2 mit Beschluss vom 28.04.1999 ab und führte dazu aus, sie habe innerhalb des Zeitfensters vom 25.06.1994 bis zum 24.06.1997 nicht an der ambulanten Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 95 Abs. 10 SGB V teilgenommen. Dieser Beschluss ist für die Beteiligten in der Sache bindend geworden.
Am 00.00.2000 wurde die Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin in das Arztregister eingetragen.
Ihren am 31.12.1998 hilfsweise gestellten Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T lehnte der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk E2 mit Beschluss vom 19.04.2000 ab. In der Begründung heißt es, der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe am 03.11.1999 das nach §§ 101 bzw. 103 SGB V und § 16b Ärzte- Zulassungsverordnung in Verbindung mit den Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte vorgesehene Verfahren zur Feststellung der Überversorgung in der vertragstherapeutischen Versorgung in Westfalen-Lippe durchgeführt und für den Planungsbereich Lippe bei den Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen angeordnet. Nach § 95 Abs. 12 SGB V seien Zulassungsanträge wegen Zulassungsbeschränkungen nach erstmaliger Feststellung durch den Landesausschuss auch dann abzulehnen, wenn diese bei Antragstellung nicht angeordnet gewesen seien.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 05.10.2000 begründete die Klägerin damit, dass der Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung positiv zu bescheiden sei, da die Zulassungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung am 31.12.1998 vorgelegen hätten. Rechtlich ohne Bedeutung sei, dass der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 03.11.1999 Zulassungsbeschränkungen aufgestellt habe, denn diese entfalteten keine Rückwirkung auf zeitlich vorhergehend gestellte Anträge.
Eine entsprechende Rückwirkung sei auch in § 95 Abs. 12 SGB V nicht vorgesehen. Die Voraussetzungen der Zulassungen richteten sich gemäß § 19 Ärzte-Zulassungsverordnung vielmehr nach den Erfordernissen und rechtlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Antragstellung. Diese Vorschrift sehe klar und deutlich vor, dass ein Antrag wegen Zulassungsbeschränkungen nur dann abgelehnt werden könne, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet gewesen sei. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen. Die entsprechenden Zulassungsbeschränkungen seien vielmehr erst am 03.11.1999 und damit mehr als 10 Monate nach Antragstellung erlassen worden.
Mit Beschluss vom 25.06.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus, es beständen bereits Zweifel daran, ob es sich bei dem am 31.12.1998 beim Zulassungsausschuss eingegangenen Antrag um einen Antrag handele, der vor dem 01.01.1999 gestellt worden sei. Nach § 18 Abs. 1 Ärzte-ZV müssten dem schriftlich zu stellenden Antrag ein Auszug aus dem Arztregister, Bescheinigungen über die seit der Approbation ausgeübten ärztlichen Tätigkeiten und weitere Unterlagen beigefügt werden. Zurzeit der Antragstellung am 31.12.1998 sei die Klägerin jedoch noch nicht im Arzt-Register eingetragen gewesen. Diese Eintragung sei erst am 00.00.2000 erfolgt. Entscheidend sei jedoch, dass das Regelsystem der Zulassungen und Ermächtigungen von Psychotherapeuten zur vertragstherapeutischen Versorgung für alle approbierten Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die einen Antrag auf Zulassung nach dem 01.01.1999 gestellt hätten, gelte. Anträge von Behandlern, die vor diesem Zeitpunkt gestellt worden seien, die jedoch offensichtlich nicht die Zulassungsprivilegien nach § 95 Abs. 10 SGB V in Anspruch nähmen und auch nicht eine Ermächtigung zur Nachqualifikation verfolgten, seien als nach dem 01.01.1999 gestellte Anträge zu behandeln. Da damit der Antrag der Klägerin bereits als nach dem 31.12.1998 gestellt gelte, sei ihr Antrag aufgrund der im November 1999 angeordneten Zulassungsbeschränkungen nach § 95 Abs. 12 SGB V abzulehnen.
Hiergegen richtet sich die am 05.10.2001 erhobene Klage, mit der die Klägerin weiterhin eine bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T verfolgt. Sie trägt hierzu vor, sie erfülle die Voraussetzungen für eine bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragstherapeutischen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin. Sämtliche Zulassungsvoraussetzungen seien zum Zeitpunkt der Antragstellung am 31.12.1998 gegeben gewesen. Dass am 03.11.1999, ein Jahr nach Antragstellung, nachträglich Zulassungsbeschränkungen normiert worden seien, könne wegen der fehlenden rechtlichen Möglichkeit der Rückwirkung für ihren Antrag keine Bedeutung haben. Die Frage der Zulassung richte sich allein nach den Vorgaben des § 19 Abs. 1 Ärzte-ZV. Die Vorschrift des § 95 Abs. 12 Satz 2 SGB V beziehe sich nur auf Anträge nach Satz 1, d.h. auf Anträge, die ab 01.01.1999 gestellt worden seien. Daraus folge als Umkehrschluss, dass Anträge, die bis zum 31.12.1998 gestellt worden seien, nicht wegen Zulassungsbeschränkungen abgelehnt werden könnten. Da sie ihren Antrag am 31.12.1998 gestellt habe, greife § 95 Abs. 12 SGB V nicht. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung des § 95 Abs. 12 SGB V würde Artikel 12 Grundgesetz (GG) hinsichtlich der Berufsausübungsfreiheit nachhaltig tangiert.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 25.06.2001 zu verurteilen, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 31.12.1998 die bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T zu erteilen.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 4) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie halten den angefochtenen Beschluss für richtig. Nach Auffassung der Beklagten sei § 95 Abs. 12 Satz 2 SGB V im vorliegenden Fall anwendbar. Durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene Psychotherapeutengesetz (PsychTHG) seien Psychologische Psychotherapeuten in das bestehende System der vertragsärztlichen Versorgung integriert worden. Demgemäss seien sie in die vertragsärztliche Bedarfsplanung einzubeziehen. Die Übergangsregelung des § 95 Abs. 12 Satz 2 SGB V sei lex specialis zu § 19 Ärzte-ZV. Da die Prüfung der Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen, ob eine Überversorgung vorliege, eine geraume Zeit dauernd würde, habe der Gesetzgeber in § 95 Abs. 12 SGB V eine Entscheidungssperre verhängt. Von dieser Sperre werde auch der Antrag vom 31.12.1998 erfasst. Er hätte nämlich erst wirksam am 01.01.1999 gestellt werden können, als das PhychTHG in Kraft getreten sei. Ansonsten wäre die Regelung des § 95 Abs. 10 SGB V überflüssig, da Psychologische Psychotherapeuten nach der Rechtsauffassung der Klägerin aufgrund eines Hilfsantrages bis 31.12.1998 immer bedarfsabhängig zuzulassen wären.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die angefochtene Entscheidung des Beklagten ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C T.
Der Klägerin konnte in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht gefolgt werden, soweit sie der Auffassung ist, ihr sei die begehrte Zulassung auf der Grundlage des § 19 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) zu erteilen, weil vor Antragstellung für den betroffenen Planungsbereich keine Überversorgung festgestellt worden sei. Zwar gilt für die Psychologischen Psychotherapeuten grundsätzlich auch § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, wonach wegen Zulassungsbeschränkungen ein Antrag (auf Zulassung) nur dann abgelehnt werden kann, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren. Diese Vorschrift wird jedoch durch die Übergangsregelung des § 95 Abs. 12 Satz 1 SGB V verdrängt, die insoweit als lex specialis anzusehen ist. Danach kann der Zulassungsausschuss über Zulassungsanträge von Psychotherapeuten und überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten, die nach dem 31.12.1998 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Anträge nach Satz 1 sind wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese bei Antragstellung noch nicht angeordnet waren.
Soweit die Klägerin geltend macht, § 95 Abs. 12 SGB V erfasse nur Zulassungsanträge, die nach dem 31.12.1998 gestellt wurden, so dass ihr Antrag nicht vom Regelungsgehalt dieser Norm betroffen sei, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Artikel 2 PsychTHG trennt nämlich zwischen der Zulassung als Psychotherapeut nach Abs. 2 Satz 1 aufgrund vorheriger Eintragung in das Arztregister, nach Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit den zum 01.01.1999 in Kraft getretenen Änderungen der Ärzte-ZV (Art. 7, 15 Abs. 3 PsychTHG) und der Zulassung aufgrund der durch Antragstellung bis zum 31.12.1998 gekennzeichneten Übergangsregelung nach § 95 Abs. 10 SGB V, die keine vorherige Eintragung in das Arztregister erfordert. Nur die Zulassung nach Abs. 10 eröffnet das Recht zur bedarfsunabhängigen Zulassung am selbstgewählten Praxissitz (§ 101 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Für die ab dem 01.01.1999 gestellten Zulassungsanträge oder - wie hier - zwar vorher gestellten, aber die Zulassungsvoraussetzungen des Abs. 10 nicht erfüllenden Anträge, bedarf es zunächst der Eintragung in das Arztregister durch die Kassenärztliche Vereinigung nach Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 95c SGB V mit der Folge, dass gemäß § 95 Abs. 12 SGB V der Zulassungsausschuss hierüber erst entscheiden kann, wenn der Landesausschuss Ärzte/Krankenkassen die Feststellung über das Vorliegen einer Überversorgung gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat (vgl. Kasseler Kommentar, V. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung, Hess, Dezember 2000 § 95 Rd.-Nr. 100). Demgemäss sind Anträge von Behandlern, welche vor dem 01.01.1999 gestellt wurden, die jedoch offensichtlich nicht die Zulassungsprivilegierung nach § 95 Abs. 10 SGB V in Anspruch nehmen und auch nicht eine Ermächtigung zur Nachqualifikation verfolgen, als Anträge zu behandeln, die nach dem 01.01.1999 gestellt wurden (Schirmer: Eingliederung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung in MedR 1998 Heft 10 S. 438). Dies entspricht auch dem Sinn und dem Zweck der Vorschrift, denn der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass der Ausschluss von Zulassungen in überversorgten Gebieten nicht dadurch unterlaufen wird, dass in den ersten Monaten des Jahres 1999 in erheblichem Umfang Zulassungsanträgen entsprochen werden müssten, weil die Landesausschüsse die erstmalige Feststellung nach § 103 SGB V kaum vor Mitte/Ende 1999 würden treffen können. Wenn die Entscheidung über die Zulassung nach § 95 Abs. 12 SGB V bis zur Feststellung des Landesausschusses über das Vorliegen einer Überversorgung gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V hinausgeschoben werden muss, ist damit notwendigerweise auch eine materielle Bindung der Zulassungsgremien an die Entscheidung des Landesausschusses über Zulassungssperren in einzelnen Planungsbereichen verbunden und gewollt.
Die dem entgegenstehende Auffassung der Klägerin würde zudem die Regelung des § 95 Abs. 10 SGB V leerlaufen lassen, mit der der Gesetzgeber ausschließlich die übergangsweise Zulassung von Zulassungsbewerbern lösen wollte. In diesem Übergangssystem sind neben der Erfüllung verfahrensrechtlicher Voraussetzungen gegenüber dem Zulassungsausschuss eine Übergangsfachkunde sowie eine "schutzwürdige Vortätigkeit" (Besitzstand psychotherapeutischer Berufstätigkeit) nachzuweisen. Einer bedarfsunabhängigen Zulassung, wie sie in dieser Vorschrift vorgesehen ist, bedürfte es jedoch nicht, wenn die Psychologischen Psychotherapeuten nach ihrem regelmäßig zusammen mit dem Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung bis zum 31.12.1998 gestellten Hilfsantrag dann immer bedarfsabhängig zuzulassen wären.
Inwieweit die dargestellte gesetzliche Regelung des § 95 Abs. 12 SGB V mit Art. 12 GG unvereinbar sein könnte, ist für die Kammer nicht erkennbar. Durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene PsychTHG sind die Psychologischen Psychotherapeuten in das bestehende System der vertragsärztlichen Versorgung integriert und demgemäss auch in die vertragsärztliche Bedarfsplanung einbezogen worden. Danach können Psychotherapeuten - ebenso wie Vertragsärzte - Zulassungen grundsätzlich nur in solchen Planungsbereichen erhalten, für die keine Zulassungs- sperren wegen Überversorgung angeordnet worden sind. Das SGB V geht von dem Regelfall der bedarfsabhängigen Zulassung auch für Psychotherapeuten aus. Diese vertragsärztliche Bedarfsplanung ist verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht zuletzt auch für die Einbeziehung der neu zuzulassenden Psychotherapeuten entschieden hat (BSGE, Urteil vom 08.11.2000 -Az. B 6 KA 52/00 R-), weil damit u.a. das Ziel verfolgt wird, eine gleichmäßige Versorgung mit psychotherapeutischen Leistungen im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten.
Da der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 03.11.1999 das nach § 101 bzw. § 103 SGB V und § 16b Ärzte-ZV in Verbindung mit den Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte vorgesehene Verfahren zur Feststellung der Überversorgung in der vertragstherapeutischen Versorgung in Westfalen-Lippe durchgeführt und für den Planungsbereich Lippe für die Psychotherapeuten Zulassungssperren angeordnet hat, war der Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
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