S 11 AL 67/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AL 67/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 12.04.2002 und unter Abänderung des Bescheides vom 16.04.2002, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2002 Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen, den damit verbundenen Beginn des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und die Minderung der Anspruchsdauer.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit 00.1987 als Sprinkler- und Heizungsmonteur bei der C GmbH in L beschäftigt. Ende der 90er Jahre wurde die C GmbH von der N GmbH mit Sitz in C1 P übernommen und als Niederlassung weiterbetrieben. Die für die Arbeitgeberin maßgebliche Kündigungsfrist betrug 5 Monate zum Monatsende. Am 00.00.2001 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Wegen der "nachhaltigen Verlustsituation der Niederlassung C" bestand Einigkeit darüber, verschiedene, im einzelnen aufgezählte Maßnahmen durchzuführen, was einen Personalabbau zur Folge hatte. Insgesamt 57 Mitarbeiter waren nach der Anlage 1 zum Interessenausgleich, die die Sozialdaten der einzelnen Mitarbeiter wie Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten, Eintrittsdatum u.a. enthielt, durch Kündigungen betroffen, darunter auch der Kläger. Allen betroffenen Mitarbeitern wurden Angebote zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages sowie der Übertritt in eine noch zu gründende Auffanggesellschaft unterbreitet. Im Sozialplan einigten sich Arbeitgeberin und Betriebsrat nach Grund und Höhe über die Abfindungen für entlassene Mitarbeiter.

Am 00.00.2001 schloss der Kläger mit der Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag, wonach das Beschäftigungsverhältnis mit Wirkung zum 00.00.2002 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 0.000,- EUR endete.

Der Kläger meldete sich am 28.03.2002 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2002. In seiner Stellungnahme wies er darauf hin, dass er, hätte er den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, zum 31.03.2002 gekündigt worden wäre. Der Übertritt in die Auffanggesellschaft sei für ihn nicht in Frage gekommen.

Mit Bescheid vom 12.04.2002 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen vom 01.04.2002 bis zum 23.06.2002 fest, da der Kläger die Arbeitslosigkeit durch Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zumindest grob fahrlässig herbeigeführt habe, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Außerdem stellte sie die Minderung der Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld um ein Viertel (165 Tage) fest.

Mit Bescheid vom 16.04.2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld nach Ablauf der Sperrzeit ab dem 24.06.2002 für die Dauer von 579 Tagen.

Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 24.04.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen, dass ihm in jedem Fall zum selben Termin betriebsbedingt gekündigt worden wäre.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein wichtiger Grund liege auch dann nicht vor, wenn dem Kläger zum selben Zeitpunkt betriebsbedingt gekündigt worden wäre, denn es wäre ihm zuzumuten gewesen, diese Kündigung abzuwarten.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 05.06.2002 erhobenen Klage, mit der er seine bisherige Begründung im Wesentlichen wiederholt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 12.04.2002 und unter Abänderung des Bescheides vom 16.04.2002, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2002 Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen J L1 und X L2. Wegen des genauen Wortlauts der Zeugenaussage wird auf Bl. 50 - 52 der Gerichtsakte verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da diese rechtswidrig sind. Dem Kläger steht Arbeitslosengeld bereits ab dem 01.04.2002 zu, da eine Sperrzeit nicht eingetreten ist. Infolgedessen mindert sich auch der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld nicht.

Gemäß § 144 Absatz 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Gemäß § 128 Absatz 1 Nr. 4 SGB III mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von 12 Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht.

Zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass der Kläger durch den Aufhebungsvertrag vom 00.00.2001 sein Beschäftigungsverhältnis mit der N GmbH im Sinne des § 144 Absatz 1 Nr. 1 SGB III gelöst und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Der Arbeitslose hat das Arbeitsverhältnis gelöst, wenn er es selbst gekündigt oder, wie das hier geschehen ist, durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beendet hat. Es genügt, dass der Arbeitnehmer durch seine Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag eine wesentliche Ursache für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesetzt hat. Wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer oder, was hier der Fall war, vom Arbeitgeber ausgegangen ist (Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 12.04.1984, Az.: 7 RAr 28/83, Urteil vom 13.08.1986, Az.: 7 RAr 1/86).

Durch diese Lösung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger seine Arbeitslosigkeit ab dem 01.04.2002 herbeigeführt und zwar zumindest grob fahrlässig. Der Arbeitnehmer führt mit einer Lösung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit wenn nicht vorsätzlich, so doch grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (st. Rspr. des BSG, seit Urteil vom 20.04.1977, Az.: 7 RAr 112/75). Solche Aussichten bestanden nicht. Der Kläger ist vielmehr auch heute noch arbeitslos.

Eine Sperrzeit von 12 Wochen tritt jedoch nur ein, wenn der Arbeitslose gehandelt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Was als wichtiger Grund im Sinne des § 144 Absatz 1 SGB III anzusehen ist, hat das Gesetz nicht näher bestimmt. Die Sperrzeit beruht auf dem Grundgedanken, dass sich eine Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Die Sperrzeit soll die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen, dass Anspruchsberechtigte das Risiko ihrer Arbeitslosigkeit manipulieren. Andererseits gibt es Lebenssachverhalte, die eine Aufgabe der Arbeit als gerechtfertigt erscheinen lassen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Sperrzeit allgemein nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 20.04.1977, Az.: 7 RAr 112/75). Der wichtige Grund muss dabei auch den Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses decken, d. h. der Arbeitslose muss einen wichtigen Grund dafür haben, dass er das Beschäftigungsverhältnis zu dem bestimmten, von ihm gewählten Zeitpunkt auflöst (BSG, Urteil vom 20.04.1977, a.a.O.).

Ein wichtiger Grund kann demnach nicht ohne weiteres darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer dem Ausspruch einer drohenden Kündigung des Arbeitgebers zuvorkommt. Grundsätzlich ist es dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (BSG, Urteil vom 25.04.2002, Az: B 11 AL 100/01 R). Solche besonderen Umstände können dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer eine nach Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und er durch die einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ergeben (BSG, Urteil vom 25.04.2002, a.a.O.).

Dem Kläger hat eine arbeitgeberseitige Kündigung gedroht. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, nämlich insbesondere der Aussage des Zeugen L2, zur Überzeugung der Kammer fest. Der Zeuge L2 hat glaubhaft vorgetragen, dass die N GmbH den Kläger im Rahmen der Entlassungswelle in der Niederlassung C betriebsbedingt gekündigt hätte. Die Kammer hatte keine Bedenken, ihrer Entscheidung die Aussage des Zeugen L2 zugrunde zu legen. Der Zeuge L2 war ehemaliger Betriebsratsvorsitzender der Niederlassung C und war als solcher an den Entscheidungen der N GmbH beteiligt worden. Die Aussage ist schlüssig und in sich stimmig. Der Zeuge hat insbesondere kein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Im übrigen deckt sich seine Aussage auch mit der vorgelegten Anlage 1 zum Interessenausgleich, auf der der Kläger als einer der zu entlassenden Arbeitnehmer geführt wurde. Dass dem Kläger gleichzeitig der Übertritt in die Auffanggesellschaft angeboten wurde, ist ohne Belang. Denn auch dieser Übertritt setzte eine vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus.

Die Kündigung wäre auch nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen rechtmäßig gewesen. Ob die Kündigung rechtmäßig ist, richtet sich nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), das auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung fand (vgl. §§ 1, 23 KSchG). Die beabsichtigte Kündigung wäre nur dann rechtswirksam gewesen, wenn sie sozial gerechtfertigt gewesen wäre (§ 1 Absatz 1 KSchG). Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Bereich entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Absatz 2 KSchG). Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Ob dringende betriebliche Gründe vorliegen, ist allein eine unternehmerische Entscheidung, die von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar ist (Ascheid in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Auflage Stand 2001, 430 KSchG, § 1 Rdnr. 373). Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen L2 steht fest, dass die N GmbH aufgrund der nachhaltigen Verlustsituation in der Niederlassung C den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hatte, die Arbeitnehmerzahl dort auf etwa die Hälfte zu reduzieren. Die Aussage stimmt insofern auch überein mit dem vorgelegten Interessenausgleich, wonach der Personalabbau im Wesentlichen als Lösung angesehen wurde, um die wirtschaftliche Schieflage der Niederlassung C zu beheben. Selbst wenn nach Abschaffung des § 1 Absatz 5 KSchG keine gesetzliche Vermutung mehr für die Annahme eines dringenden betrieblichen Erfordernisses streitet, wenn aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet werden, so ist es nach der Überzeugung der Kammer nach wie vor ein wichtiges Indiz, wenn so verfahren wird. Das war hier der Fall. Die Kündigungen in der Niederlassung C stellten eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG dar. Dies ist immer dann der Fall, wenn hieraus wesentliche Nachteile - was bei einem Verlust des Arbeitsplatzes der Fall ist - für erhebliche Teile der Belegschaft entstehen (Hanau/Kania, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl. Stand 2001, 210 BetrVG, § 111 Rdnr. 9). Ob ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist, richtet sich nach der Anzahl der von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer. Maßgeblich sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die Zahlenverhältnisse des § 17 Absatz 1 KSchG (z.B. BAG, Urteile vom 06.12.1988 und 07.08.1999, AP BetrVG 1972, § 111 Nrn. 26 und 30). Bei einer Betriebsgröße von 60 bis 500 Arbeitnehmern liegt danach eine Betriebsänderung dann vor, wenn mehr als 25 %, mindestens jedoch 5 % der Belegschaft (vgl. BAG, Urteil vom 07.08.1999, a.a.O.) entlassen werden. Das war hier der Fall, da von 120 Mitarbeitern 57 gekündigt wurden. Da der Kläger in dem zwischen dem Betriebsrat und der N GmbH vereinbarten Interessenausgleich namentlich genannt ist (Anlage 1), geht die Kammer davon aus, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorlagen, die die Entlassung des Klägers nötig gemacht haben.

Nach der Aussage des Zeugen L2 ist die Kammer auch davon überzeugt, dass die Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Der Zeuge L2 hat insofern glaubhaft bekundet, dass alle von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter unter Berücksichtigung ihrer relevanten Sozialdaten (Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten, Betriebszugehörigkeit, etc.) ausgewählt worden sind. Hiervon konnte sich das Gericht auch anhand der vorgelegten Anlage 1 zum Interessenausgleich überzeugen. Auch wenn die übrigen Namen von der N GmbH geschwärzt worden waren, so ergibt sich hieraus dennoch, dass die relevanten Sozialdaten der zu kündigenden Mitarbeiter erfasst worden waren. Dabei kommt es wegen der unterschiedlichen Verfahrensgrundsätze im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren nicht darauf an, ob eine Kündigungsschutzklage Erfolg gehabt hätte. Die Prüfung hat vielmehr dem Ermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) zu entsprechen (BSG, Urteil vom 25.04.2002, B 11 AL 65/01 R). Das BSG hat in verschiedenen Zusammenhängen auf die Grenzen der Amtsermittlungspflicht hingewiesen, die sich nicht auf Gegenstände erstreckt, für deren Bestehen die Umstände des Einzelfalles keine Anhaltspunkte bieten (BSGE 78, 203, 213; 81, 259, 263; 87, 132, 138). Wegen des Ermittlungsgrundsatzes ist Zweifeln an der sozialen Rechtfertigung von angedrohten Kündigungen nachzugehen, sofern die Umstände des Einzelfalles dafür Anhaltspunkte bieten. Solche Anhaltspunkte lagen hier nicht vor.

Weiterhin steht fest, dass dem Kläger die betriebsbedingte Kündigung zum selben Zeitpunkt gedroht hätte. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen L2 hätte die N GmbH bei Scheitern der Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag am 00.00.2001 unmittelbar eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen, mit der Folge, dass diese wegen der geltenden Kündigungsfrist von 5 Monaten zum Monatsende ebenfalls zum 31.03.2002 wirksam geworden wäre.

Einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitslose aber nur dann, wenn ihm die Hinnahme einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung nicht zuzumuten war. Das Interesse an einer Entlassungsentschädigung reicht hierfür allein nicht aus, insbesondere wenn dem Kläger - wie hier - nach dem Interessenausgleich die Abfindung auch bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zugestanden hätte. Allerdings hat das Bundessozialgericht bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die einverständliche Lösung des Beschäftigungsverhältnisses sich positiv auf die Eingliederungsmöglichkeiten des Arbeitslosen auswirken und damit der Solidargemeinschaft zu Gute kommen kann (u.a. BSG, Urteil vom 10.08.2000, B 11 AL 115/99 R, Urteil vom 25.04.2002, B 11 AL 100/01 R)). Das ist hier zu bedenken, denn der Kläger ist 0000 geboren und gehörte damit nicht zu der Altersgruppe, für die der Gesetzgeber von Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben ausgeht und deshalb von Leistungsbeziehern nicht fordert, alle Möglichkeiten zu nutzen und nutzen zu wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden (vgl. § 428 Absatz 1 SGB III). Die Voraussetzungen der Erstattungspflicht von Arbeitgebern bei der Entlassung von Arbeitnehmern, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, deuten in die gleiche Richtung. Gerade in Fällen einer rechtmäßigen Kündigung, in denen der Arbeitnehmer sich rechtlich nicht gegen die Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses wehren kann, ist der Zweck der Sperrzeit und das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, an dem alles staatliche Handeln zu messen ist (BSGE 76, 12, 15) zu bedenken. Auf Grund seines Alters ist bei dem Kläger die berufliche Wiedereingliederungschance nach der Überzeugung der Kammer bei einer einvernehmlichen Lösung des Beschäftigungsverhältnisses höher anzusiedeln als bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung. Denn damit zeigt der Arbeitnehmer nicht zuletzt auch, dass er sachgerechten Lösungen zugänglich ist. Die Kammer ist davon überzeugt, dass eine solche Haltung bei einem Einstellungsgespräch positiv berücksichtigt wird.

Da eine Sperrzeit nicht eintritt, ist dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2002 und zwar ohne Minderung der Anspruchsdauer zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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