Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 RJ 1852/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RJ 17/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, auf welche Weise die dem Kläger aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) gewährte Verletztenrente auf die Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV ) anzurechnen ist.
Der 1945 geborene Kläger erlitt am 02. Juni 1982 während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Kraftfahrer einen schweren Verkehrsunfall. Aufgrund der dabei erlittenen Verletzungen erhielt er von der Beklagten ab dem 01. Juli 1983 zunächst eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit (Bescheid vom 05. April 1984), die mit Bescheid vom 11. Dezember 1985 als Dauerrente weitergewährt wurde. Die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BG) gewährte dem Kläger eine Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE von 75 v.H. (01. Juli 1983 bis 29. Februar 1984) bzw. von 70 v.H. ab dem 01. März 1984 (Bescheid vom 28. Mai 1984). Die Beklagte stellte nach § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO) das Ruhen der Erwerbsunfähigkeitsrente insoweit fest, als sie zusammen mit der Verletztenrente sowohl 80 % des in der UV berücksichtigten Jahresarbeitsverdienstes als auch 80 % der Rentenbemessungsgrundlage überstieg (Bescheide vom 19. Juni 1984 und 06. Juli 1984).
Am 03. Juli 1990 erlitt der Kläger einen Folgeunfall. Aufgrund der Verschlimmerung der Unfallfolgen gewährte die BG rückwirkend ab dem 01. August 1990 eine Verletztenrente nach einer MdE von 80 v.H. (Bescheid vom 21. Juli 1998). Im Widerspruchsverfahren erkannte sie - ebenfalls rückwirkend ab dem 01. August 1990 - eine MdE von 100 v.H. an (Bescheid vom 19. Februar 1999).
Mit Bescheiden vom 07. August 1998 und 25. Februar 1999 berechnete die Beklagte den Umfang des Ruhens der Erwerbsunfähigkeitsrente aufgrund der rückwirkend ab 01. August 1990 erhöht gewährten Verletztenrente neu, hob die entgegenstehenden Bewilligungsbescheide auf, forderte vom Kläger die Erstattung der überzahlten Rentenbeträge (vom 01. August 1990 bis 31. März 1999 i.H.v. 63.599,92 DM) und setzte mit Bescheid vom 25. Februar 1999 den zukünftig ab 01. April 1999 unter Anrechnung der Verletztenrente zu gewährenden Zahlbetrag der Erwerbsunfähigkeitsrente auf 547,47 DM fest.
Im Widerspruchsverfahren erkannte die Beklagte, dass sie die Rentengewährung nicht rückwirkend gegenüber dem Versicherten hätte aufheben dürfen, weil der Ausgleich zwischen dem vor- und nachrangig verpflichteten Sozialleistungsträger nach der Rechtsprechung des BSG allein im Verhältnis der Träger zueinander zu erfolgen habe und hob ihre Bescheide vom 07. August 1998 und 25. Februar 1999 insoweit auf. Die Rückforderung überzahlter Rentenbeträge vom 01. August 1990 bis 31. März 1999 gegenüber dem Kläger sei damit gegenstandslos (Bescheid vom 31. März 2000). Im übrigen blieb der Widerspruch erfolglos. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eintrete, sei der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Voraussetzungen lägen vor, da die BG höhere Verletztenrente gewähre. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei daher aufgrund der Vorschrift des § 311 Sozialgesetzbuch / Sechstes Buch (SGB VI) für die Zukunft neu zu berechnen. Dies sei im angefochtenen Bescheid entsprechend den gesetzlichen Vorschriften geschehen (Widerspruchsbescheid vom 04. August 2000).
Mit der zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Erwerbsunfähigkeitsrente sei in alter Höhe neben der neu berechneten Verletztenrente auszuzahlen. Der Grenzbetrag werde durch die Summe beider Renten nicht überschritten.
Mit Urteil vom 17. Mai 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung des Rentenbescheides vom 05. April 1984 in der Fassung des Bescheides vom 11. Dezember 1985 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01. April 1999 lägen vor. Denn es sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei Erlass dieser Bescheide vorgelegen hätten, eingetreten, weil der Kläger mit Bescheid der BG vom 19. Februar 1999 (rückwirkend) Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. erhalten habe. Dies rechtfertige die Neufeststellung des Ruhensbetrages nach § 311 SGB VI, der für Bestandsrentenfälle am 31. Dezember 1991 für Bezugszeiten ab dem 01. Februar 1992 die Vorschriften der § 93 SGB VI und § 1278 RVO verdränge (BSG SozR 3-2600, § 311 Nr. 2). In Anwendung dieser Vorschriften habe die Beklagte den Grenzbetrag und die sich daraus ergebende Minderung des Zahlbetrages der Erwerbsunfähigkeitsrente zutreffend ermittelt. Einer vorherigen Anhörung habe es nicht bedurft, da eine einkommensabhängige Leistung den geänderten Verhältnissen habe angepasst werden sollen.
Gegen das ihm am 02. Juli 2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung vom 02. August 2001, mit der er geltend macht, § 311 SGB VI sei nicht anwendbar, so dass beide Renten nebeneinander gewährt werden müssten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 1999 in der Fassung des Bescheides vom 31. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. August 2000 aufzuheben , hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, bei der Anrechnung der Verletztenrente einen Freibetrag gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI auszusparen, die hierauf bezogenen Anpassungsbescheide entsprechend abzuändern und den Differenzbetrag nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beklagte auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (SozR 3-2600 § 311 Nr. 2) hingewiesen, nach der auch Bestandsrentner i.S.d. § 311 SGB VI in den Genuss des mit § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI grundsätzlich nur Zugangsrentnern gewährten Rechtsvorteils der Nichtberücksichtigung der Rente aus der UV in Höhe des der MdE entsprechenden Betrages der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) kommen müssen, wenn auch nur in abgeschwächter Form. Die vom Senat angeforderte Probeberechnung nach Maßgabe des genannten BSG-Urteils hat die Beklagte nicht vorgelegt. Sie hat mitgeteilt, die Rentenversicherungsträger folgten der Rechtsprechung des BSG nicht, und statt dessen eine Probeberechnung vorgelegt, die nur auf der Anwendung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI - wie bei einem Zugangsrentner - beruht. Danach erhielte der Kläger im Vergleichsmonat April 1999 statt der im Bescheid vom 25. Februar 1999 festgestellten 547,47 DM einen Zahlbetrag in Höhe von 1.176,74 DM an Erwerbsunfähigkeitsrente monatlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Rentenakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auch unter Berücksichtigung der vom BSG entwickelten Berechnungsweise der Anrechnung der Rente aus der UV auf die Rentenleistung aus der RV für Bestandsrentner ergibt sich kein höherer monatlicher Zahlbetrag.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass im vorliegenden Rechtsstreit allein über die Frage zu entscheiden ist, in welchem Umfang die Rente aus der RV wegen des Zusammentreffens mit einer Verletztenrente aus der UV ab dem 01. April 1999 nicht zu leisten ist. Denn nur insoweit enthält der Bescheid vom 25. Februar 1999 noch eine Regelung, nachdem die Beklagte dem Widerspruch im Hinblick auf den Zeitraum vom 01. August 1990 bis 31. März 1999 abgeholfen hat. Diese Regelung begrenzt den Anspruch des Klägers auf die monatlichen Auszahlungsbeträge aus dem Rentenstammrecht allein für die Zukunft, d.h. die Zeit nach Zustellung des Bescheides vom 25. Februar 1999, gegen den am 09. März 1999 Widerspruch eingelegt wurde.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft, d.h. ab Zustellung bzw. Bekanntgabe des Änderungsbescheides, insoweit aufzuheben, als in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine solche wesentliche Änderung stellt die Gewährung der Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. statt einer solchen von 70 bzw. 80 v.H. im Bescheid der BG vom 19. Februar 1999 dar. Denn § 311 Abs. 1 SGB VI bestimmt für den Fall, dass am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Rente aus der RV nach den Vorschriften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet und auf eine Rente der UV bestand (Bestandsrenten), die Rente aus der RV insoweit nicht geleistet wird, als die Summe beider Renten den in Absatz 5 der Vorschrift geregelten Grenzbetrag übersteigt. § 311 SGB VI verdrängt für Bestandsrentner die Vorschrift des § 93 SGB VI bzw.§ 1278 RVO, wie das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2600 § 311 Nr. 2) zutreffend ausgeführt hat.
Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 311 Abs. 8 SGB VI liegen entgegen der Auffassung des Klägers offensichtlich nicht vor, da dort - für eine vollständige Auszahlung beider Renten - vorausgesetzt wird, dass vor Inkrafttreten des § 311 SGB VI zum 01. Januar 1992 Anspruch auf eine "ruhensfreie" Rente aus der RV bestand. Dies ist vorliegend nicht der Fall, wie die Ruhensbescheide vom 19. Juni und 06. Juli 1984 beweisen. Offensichtlich irrig ist auch die Auffassung des Klägers, die Renten seien schon deshalb vollständig auszuzahlen, weil sie zusammen den Grenzbetrag nicht überstiegen. Vielmehr hat die Beklagte den Grenzbetrag zutreffend nach § 311 Abs. 5 SGB VI mit 80 v.H. eines Zwölftes des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Rente aus der UV zugrundeliegt, ermittelt und dabei dem Bescheid der BG vom 19. Februar 1999 den zutreffenden Betrag entnommen (53.730,84 DM). Damit steht fest, dass die Summe der Rentenbeträge zum 01. April 1999 (4.704,43 DM) den Grenzbetrag (3.582,06 DM) um 1.122,37 DM übersteigt, die Rente aus der RV (1.719,38 DM) also um diesen Betrag auf 597,01 DM (brutto, d.h. ohne Abzüge für die Kranken- und Pflegeversicherung) monatlich zu mindern ist.
Diese mit dem Wortlaut des § 311 Abs. 2 und 5 SGB VI übereinstimmende Ermittlung des Betrages, der den sogenannten Grenzbetrag übersteigt und zu einer Nichtleistung des monatlichen Rentenzahlbetrags in gleicher Höhe führt, stimmt allerdings nicht mit der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG zum Verhältnis der Vorschriften §§ 93, 266, 311 SGB VI überein (BSG SozR 3-2600 § 311 Nr. 2). In der zitierten Entscheidung, der die Rentenversicherungsträger nicht folgen, ist ausgeführt, dass die Freibetragsregelung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI im Wege der Ergänzung von § 311 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a SGB VI durch § 266 SGB VI mittelbar und modifiziert auch Bestandsrentnern zugute kommt, die am 31. Dezember 1991 nebeneinander Anspruch auf Rente aus der RV und der UV hatten. Zur Begründung hat das BSG im Wesentlichen ausgeführt, § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI enthalte im Vergleich zur früheren Rechtslage unter Geltung der RVO eine wesentliche Vergünstigung in Form eines Freibetrages, der bei der Anrechnung der Verletztenrente unberücksichtigt bleibe. Der Freibetrag diene dem Ausgleich des auf Folgen des Arbeitsunfalls beruhenden immateriellen Schadens und entspreche pauschal demjenigen Betrag, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach dem BVG geleistet werde. § 311 SGB VI behalte zwar die frühere Regelung bei, nach der der Regelgrenzbetrag für RV-Renten aus eigener Versicherung weiterhin aus 80 v.H. (statt 70 v.H. in § 93 SGB VI) eines Zwölftes des Jahresarbeitsverdienstes aus der UV ermittelt werde, lasse Bestandsrentner aber an der erheblichen Vergünstigung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI nicht einmal modifiziert teilhaben. Im vorliegenden Fall würde sich die Begünstigung für einen Zugangsrentner mit den gleichen Ansprüchen aus der UV und der RV, die der Kläger dem Grunde nach innehat, immerhin so auswirken, dass im Vergleichsmonat April 1999 1.176,74 DM statt 547,47 DM gezahlt würden. Diese Problematik hat das BSG bewogen, auch die Bestandsrentner durch Auslegung der einschlägigen Vorschriften in den Genuss einer modifizierten Freibetragsregelung kommen zu lassen. Dies geschieht dadurch, dass die Regelung des § 266 SGB VI auf die in § 311 Abs. 2 geregelte Ermittlung der Rentensumme beschränkt bleibt, während es für den dieser Summe vergleichsweise gegenüberzustellenden Grenzbetrag bei der Berechnung allein nach § 311 Abs. 5 SGB VI verbleibt. Danach gilt - dem Prinzip der abnehmenden Schutzbedürftigkeit folgend - im Einzelnen folgende Berechnung. Ist der Grenzbetrag kleiner oder gleich der RV-Rente, ergibt sich unter Zugrundelegung des modifizierten Grenzbetrages (so ausdrücklich BSG a.a.O.) eine Erhöhung in Höhe des der Grundrente entsprechenden Freibetrages. Liegt der Grenzbetrag um einen Betrag unterhalb der Höhe der Grundrente über der RV-Rente, ergibt sich eine teilweise Erhöhung. Übersteigt schließlich der Grenzbetrag die RV-Rente um den Betrag der Grundrente oder mehr, ergibt sich keine Erhöhung. Je höher also bereits der sich aus § 311 Abs. 5 SGB VI ergebende Grenzbetrag ist, desto weniger werden die betroffenen Rentner durch die ergänzende Heranziehung von § 266 SGB VI begünstigt.
Im vorliegenden Fall kann der Kläger für sich nichts Günstiges daraus herleiten, dass die Rentenversicherungsträger dieser Rechtsprechung in bedenklicher Weise nicht folgen, da die dargestellte Berechnungsweise im vorliegenden Fall nicht zu abweichenden Ergebnissen führt. Denn der Grenzbetrag nach § 311 Abs. 5 SGB VI (3.582,06 DM) übersteigt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Monat April 1999 (1.719,38 DM) um mehr als die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (1.134,00 DM) bei einer MdE von 100 v.H ...
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, auf welche Weise die dem Kläger aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) gewährte Verletztenrente auf die Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV ) anzurechnen ist.
Der 1945 geborene Kläger erlitt am 02. Juni 1982 während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Kraftfahrer einen schweren Verkehrsunfall. Aufgrund der dabei erlittenen Verletzungen erhielt er von der Beklagten ab dem 01. Juli 1983 zunächst eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit (Bescheid vom 05. April 1984), die mit Bescheid vom 11. Dezember 1985 als Dauerrente weitergewährt wurde. Die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BG) gewährte dem Kläger eine Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE von 75 v.H. (01. Juli 1983 bis 29. Februar 1984) bzw. von 70 v.H. ab dem 01. März 1984 (Bescheid vom 28. Mai 1984). Die Beklagte stellte nach § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO) das Ruhen der Erwerbsunfähigkeitsrente insoweit fest, als sie zusammen mit der Verletztenrente sowohl 80 % des in der UV berücksichtigten Jahresarbeitsverdienstes als auch 80 % der Rentenbemessungsgrundlage überstieg (Bescheide vom 19. Juni 1984 und 06. Juli 1984).
Am 03. Juli 1990 erlitt der Kläger einen Folgeunfall. Aufgrund der Verschlimmerung der Unfallfolgen gewährte die BG rückwirkend ab dem 01. August 1990 eine Verletztenrente nach einer MdE von 80 v.H. (Bescheid vom 21. Juli 1998). Im Widerspruchsverfahren erkannte sie - ebenfalls rückwirkend ab dem 01. August 1990 - eine MdE von 100 v.H. an (Bescheid vom 19. Februar 1999).
Mit Bescheiden vom 07. August 1998 und 25. Februar 1999 berechnete die Beklagte den Umfang des Ruhens der Erwerbsunfähigkeitsrente aufgrund der rückwirkend ab 01. August 1990 erhöht gewährten Verletztenrente neu, hob die entgegenstehenden Bewilligungsbescheide auf, forderte vom Kläger die Erstattung der überzahlten Rentenbeträge (vom 01. August 1990 bis 31. März 1999 i.H.v. 63.599,92 DM) und setzte mit Bescheid vom 25. Februar 1999 den zukünftig ab 01. April 1999 unter Anrechnung der Verletztenrente zu gewährenden Zahlbetrag der Erwerbsunfähigkeitsrente auf 547,47 DM fest.
Im Widerspruchsverfahren erkannte die Beklagte, dass sie die Rentengewährung nicht rückwirkend gegenüber dem Versicherten hätte aufheben dürfen, weil der Ausgleich zwischen dem vor- und nachrangig verpflichteten Sozialleistungsträger nach der Rechtsprechung des BSG allein im Verhältnis der Träger zueinander zu erfolgen habe und hob ihre Bescheide vom 07. August 1998 und 25. Februar 1999 insoweit auf. Die Rückforderung überzahlter Rentenbeträge vom 01. August 1990 bis 31. März 1999 gegenüber dem Kläger sei damit gegenstandslos (Bescheid vom 31. März 2000). Im übrigen blieb der Widerspruch erfolglos. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eintrete, sei der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Voraussetzungen lägen vor, da die BG höhere Verletztenrente gewähre. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei daher aufgrund der Vorschrift des § 311 Sozialgesetzbuch / Sechstes Buch (SGB VI) für die Zukunft neu zu berechnen. Dies sei im angefochtenen Bescheid entsprechend den gesetzlichen Vorschriften geschehen (Widerspruchsbescheid vom 04. August 2000).
Mit der zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Erwerbsunfähigkeitsrente sei in alter Höhe neben der neu berechneten Verletztenrente auszuzahlen. Der Grenzbetrag werde durch die Summe beider Renten nicht überschritten.
Mit Urteil vom 17. Mai 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung des Rentenbescheides vom 05. April 1984 in der Fassung des Bescheides vom 11. Dezember 1985 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01. April 1999 lägen vor. Denn es sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei Erlass dieser Bescheide vorgelegen hätten, eingetreten, weil der Kläger mit Bescheid der BG vom 19. Februar 1999 (rückwirkend) Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. erhalten habe. Dies rechtfertige die Neufeststellung des Ruhensbetrages nach § 311 SGB VI, der für Bestandsrentenfälle am 31. Dezember 1991 für Bezugszeiten ab dem 01. Februar 1992 die Vorschriften der § 93 SGB VI und § 1278 RVO verdränge (BSG SozR 3-2600, § 311 Nr. 2). In Anwendung dieser Vorschriften habe die Beklagte den Grenzbetrag und die sich daraus ergebende Minderung des Zahlbetrages der Erwerbsunfähigkeitsrente zutreffend ermittelt. Einer vorherigen Anhörung habe es nicht bedurft, da eine einkommensabhängige Leistung den geänderten Verhältnissen habe angepasst werden sollen.
Gegen das ihm am 02. Juli 2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung vom 02. August 2001, mit der er geltend macht, § 311 SGB VI sei nicht anwendbar, so dass beide Renten nebeneinander gewährt werden müssten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 1999 in der Fassung des Bescheides vom 31. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. August 2000 aufzuheben , hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, bei der Anrechnung der Verletztenrente einen Freibetrag gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI auszusparen, die hierauf bezogenen Anpassungsbescheide entsprechend abzuändern und den Differenzbetrag nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beklagte auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (SozR 3-2600 § 311 Nr. 2) hingewiesen, nach der auch Bestandsrentner i.S.d. § 311 SGB VI in den Genuss des mit § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI grundsätzlich nur Zugangsrentnern gewährten Rechtsvorteils der Nichtberücksichtigung der Rente aus der UV in Höhe des der MdE entsprechenden Betrages der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) kommen müssen, wenn auch nur in abgeschwächter Form. Die vom Senat angeforderte Probeberechnung nach Maßgabe des genannten BSG-Urteils hat die Beklagte nicht vorgelegt. Sie hat mitgeteilt, die Rentenversicherungsträger folgten der Rechtsprechung des BSG nicht, und statt dessen eine Probeberechnung vorgelegt, die nur auf der Anwendung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI - wie bei einem Zugangsrentner - beruht. Danach erhielte der Kläger im Vergleichsmonat April 1999 statt der im Bescheid vom 25. Februar 1999 festgestellten 547,47 DM einen Zahlbetrag in Höhe von 1.176,74 DM an Erwerbsunfähigkeitsrente monatlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Rentenakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auch unter Berücksichtigung der vom BSG entwickelten Berechnungsweise der Anrechnung der Rente aus der UV auf die Rentenleistung aus der RV für Bestandsrentner ergibt sich kein höherer monatlicher Zahlbetrag.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass im vorliegenden Rechtsstreit allein über die Frage zu entscheiden ist, in welchem Umfang die Rente aus der RV wegen des Zusammentreffens mit einer Verletztenrente aus der UV ab dem 01. April 1999 nicht zu leisten ist. Denn nur insoweit enthält der Bescheid vom 25. Februar 1999 noch eine Regelung, nachdem die Beklagte dem Widerspruch im Hinblick auf den Zeitraum vom 01. August 1990 bis 31. März 1999 abgeholfen hat. Diese Regelung begrenzt den Anspruch des Klägers auf die monatlichen Auszahlungsbeträge aus dem Rentenstammrecht allein für die Zukunft, d.h. die Zeit nach Zustellung des Bescheides vom 25. Februar 1999, gegen den am 09. März 1999 Widerspruch eingelegt wurde.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft, d.h. ab Zustellung bzw. Bekanntgabe des Änderungsbescheides, insoweit aufzuheben, als in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine solche wesentliche Änderung stellt die Gewährung der Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. statt einer solchen von 70 bzw. 80 v.H. im Bescheid der BG vom 19. Februar 1999 dar. Denn § 311 Abs. 1 SGB VI bestimmt für den Fall, dass am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Rente aus der RV nach den Vorschriften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet und auf eine Rente der UV bestand (Bestandsrenten), die Rente aus der RV insoweit nicht geleistet wird, als die Summe beider Renten den in Absatz 5 der Vorschrift geregelten Grenzbetrag übersteigt. § 311 SGB VI verdrängt für Bestandsrentner die Vorschrift des § 93 SGB VI bzw.§ 1278 RVO, wie das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2600 § 311 Nr. 2) zutreffend ausgeführt hat.
Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 311 Abs. 8 SGB VI liegen entgegen der Auffassung des Klägers offensichtlich nicht vor, da dort - für eine vollständige Auszahlung beider Renten - vorausgesetzt wird, dass vor Inkrafttreten des § 311 SGB VI zum 01. Januar 1992 Anspruch auf eine "ruhensfreie" Rente aus der RV bestand. Dies ist vorliegend nicht der Fall, wie die Ruhensbescheide vom 19. Juni und 06. Juli 1984 beweisen. Offensichtlich irrig ist auch die Auffassung des Klägers, die Renten seien schon deshalb vollständig auszuzahlen, weil sie zusammen den Grenzbetrag nicht überstiegen. Vielmehr hat die Beklagte den Grenzbetrag zutreffend nach § 311 Abs. 5 SGB VI mit 80 v.H. eines Zwölftes des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Rente aus der UV zugrundeliegt, ermittelt und dabei dem Bescheid der BG vom 19. Februar 1999 den zutreffenden Betrag entnommen (53.730,84 DM). Damit steht fest, dass die Summe der Rentenbeträge zum 01. April 1999 (4.704,43 DM) den Grenzbetrag (3.582,06 DM) um 1.122,37 DM übersteigt, die Rente aus der RV (1.719,38 DM) also um diesen Betrag auf 597,01 DM (brutto, d.h. ohne Abzüge für die Kranken- und Pflegeversicherung) monatlich zu mindern ist.
Diese mit dem Wortlaut des § 311 Abs. 2 und 5 SGB VI übereinstimmende Ermittlung des Betrages, der den sogenannten Grenzbetrag übersteigt und zu einer Nichtleistung des monatlichen Rentenzahlbetrags in gleicher Höhe führt, stimmt allerdings nicht mit der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG zum Verhältnis der Vorschriften §§ 93, 266, 311 SGB VI überein (BSG SozR 3-2600 § 311 Nr. 2). In der zitierten Entscheidung, der die Rentenversicherungsträger nicht folgen, ist ausgeführt, dass die Freibetragsregelung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI im Wege der Ergänzung von § 311 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a SGB VI durch § 266 SGB VI mittelbar und modifiziert auch Bestandsrentnern zugute kommt, die am 31. Dezember 1991 nebeneinander Anspruch auf Rente aus der RV und der UV hatten. Zur Begründung hat das BSG im Wesentlichen ausgeführt, § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI enthalte im Vergleich zur früheren Rechtslage unter Geltung der RVO eine wesentliche Vergünstigung in Form eines Freibetrages, der bei der Anrechnung der Verletztenrente unberücksichtigt bleibe. Der Freibetrag diene dem Ausgleich des auf Folgen des Arbeitsunfalls beruhenden immateriellen Schadens und entspreche pauschal demjenigen Betrag, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach dem BVG geleistet werde. § 311 SGB VI behalte zwar die frühere Regelung bei, nach der der Regelgrenzbetrag für RV-Renten aus eigener Versicherung weiterhin aus 80 v.H. (statt 70 v.H. in § 93 SGB VI) eines Zwölftes des Jahresarbeitsverdienstes aus der UV ermittelt werde, lasse Bestandsrentner aber an der erheblichen Vergünstigung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI nicht einmal modifiziert teilhaben. Im vorliegenden Fall würde sich die Begünstigung für einen Zugangsrentner mit den gleichen Ansprüchen aus der UV und der RV, die der Kläger dem Grunde nach innehat, immerhin so auswirken, dass im Vergleichsmonat April 1999 1.176,74 DM statt 547,47 DM gezahlt würden. Diese Problematik hat das BSG bewogen, auch die Bestandsrentner durch Auslegung der einschlägigen Vorschriften in den Genuss einer modifizierten Freibetragsregelung kommen zu lassen. Dies geschieht dadurch, dass die Regelung des § 266 SGB VI auf die in § 311 Abs. 2 geregelte Ermittlung der Rentensumme beschränkt bleibt, während es für den dieser Summe vergleichsweise gegenüberzustellenden Grenzbetrag bei der Berechnung allein nach § 311 Abs. 5 SGB VI verbleibt. Danach gilt - dem Prinzip der abnehmenden Schutzbedürftigkeit folgend - im Einzelnen folgende Berechnung. Ist der Grenzbetrag kleiner oder gleich der RV-Rente, ergibt sich unter Zugrundelegung des modifizierten Grenzbetrages (so ausdrücklich BSG a.a.O.) eine Erhöhung in Höhe des der Grundrente entsprechenden Freibetrages. Liegt der Grenzbetrag um einen Betrag unterhalb der Höhe der Grundrente über der RV-Rente, ergibt sich eine teilweise Erhöhung. Übersteigt schließlich der Grenzbetrag die RV-Rente um den Betrag der Grundrente oder mehr, ergibt sich keine Erhöhung. Je höher also bereits der sich aus § 311 Abs. 5 SGB VI ergebende Grenzbetrag ist, desto weniger werden die betroffenen Rentner durch die ergänzende Heranziehung von § 266 SGB VI begünstigt.
Im vorliegenden Fall kann der Kläger für sich nichts Günstiges daraus herleiten, dass die Rentenversicherungsträger dieser Rechtsprechung in bedenklicher Weise nicht folgen, da die dargestellte Berechnungsweise im vorliegenden Fall nicht zu abweichenden Ergebnissen führt. Denn der Grenzbetrag nach § 311 Abs. 5 SGB VI (3.582,06 DM) übersteigt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Monat April 1999 (1.719,38 DM) um mehr als die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (1.134,00 DM) bei einer MdE von 100 v.H ...
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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