Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 (27) KR 89/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Gamma-Knife-Behandlung.
Bei der 1950 geborenen - bei der Beklagten krankenversicherten - Klägerin wurde 1998 mittels eines Kernspintomogramms ein langsam wachsender rechtsseitiger Gehirntumor (sog. Meningeom) diagnostiziert. Nachdem die weitere Entwicklung zunächst ärztlich beobachtet worden war, bestand Anfang 1999 die Gefahr der vollständigen Erblindung, komplexer Augenmuskel- und Gefühlsstörungen sowie Schmerzen im Gesichts- und Kieferbereich und einer Lidschlussstörung.
Mit Schreiben vom 05.02.1999 beantragte die Klägerin durch den sie behandelnden Neurochirurgen, Dr. I, unter Vorlage eines Kostenvoranschlags die Kostenübernahme einer radiochirurgischen Behandlung mittels Gamma-Knife, also einer operationslosen Entfernung des Tumors mittel gebündelter Gammastrahlen. Die Kosten wurden dabei abhängig von der Komplexität der im Einzelfall durchgeführten Behandlung mit einem Betrag zwischen 7.672,20 DM und 21.831,00 DM veranschlagt. Die Beklagte holte daraufhin zunächst eine weitergehende Auskunft von Dr. I vom 11.03.1999 und des leitenden Oberarztes der neurochirurgischen Klinik des Klinikums L vom 25.03.1999 ein. Beide Ärzte vertraten die Auffassung, dass es keine vertragsärztliche strahlentherapeutische Behandlungsalternative für die Klägerin gäbe. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), der auf Nachfrage der Beklagten ebenfalls eine Stellungnahme abgab, vertrat dagegen die Auffassung, die Klägerin könne alternativ kostengünstiger mit einem Linearbeschleuniger im Universitätsklinikum Köln oder im Clemens-Hospital in Münster mit gleichem Erfolg behandelt werden. Die Beklagte lehnte im Anschluss an diese Stellungnahme der beratenden Ärzte des MDK die Kostenübernahme ab.
Die Gamma-Knife-Behandlung wurde am 00.00.1999 auf Wunsch der Klägerin durchgeführt. Mit Rechnung vom 08.04.1999 bat der die Klägerin behandelnde Arzt unter Vorlage folgender "Abtretungserklärung" der Klägerin
"Hiermit trete ich, Frau D L1, geb. am 00.00.1950, meine Forderung auf Kostenausgleich der durchgeführten Gama-Knife-Behandlung vom 00.00.1999 an Herrn Dr. med. H I, Mstraße 00, 00000 L, der die Behandlung durchgeführt hat, ausdrücklich ab.
Ich weise die Krankenkasse an, die entstandenen Kosten direkt Herrn Dr. I gegenüber zu begleichen.
Mir ist bekannt, dass Probleme hinsichtlich der Kosten gemäß der Ihnen bereits vorgelegten Kosteninformation in Höhe von durchschnittlich 14.751,60 DM erfolgen können. Dies ist der Hintergrund meiner Abtretungserklärung."
an ihn einen Betrag in Höhe von 21.831,00 DM zu überweisen.
Die Beklagte lehnte eine Erstattung mit Schreiben vom 16.04.1999 unter Hinweis auf ihr ablehnendes Schreiben an die Klägerin ab.
Die Klägerin legte daraufhin gegen diese Entscheidung Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die von ihr beantragte Behandlungsmethode sei die schonendere und kostengünstigere Behandlungsart. Der Nachteil bei einem Linearbeschleuniger sei die nicht punktgenaue Behandlung und damit die gleichzeitige Verletzung gesunder Organe.
Die Beklagte zog daraufhin über den MDK eine Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie e.V. vom 02.07.1997 ein, die die Auffassung vertrat, bei gleicher Zielvolumendefinition und gleicher zielvolumenumschließender Dosis gäbe es keinen medizinischen Grund und keine wissenschaftlichen Daten die einen Vorteil der Gamma-Knife-Behandlung gegenüber Linearbeschleuniger-Behandlungen nachweisen würden. Im Gegenteil sei in Zukunft eher zu erwarten, dass bei langfristiger klinischer Nachbeobachtung die klinischen Daten für die Linearbeschleuniger besser sein dürften, da sie eine homogene Dosisverteilung über das Zielvolumen ermöglichen würden im Gegensatz zu dem Gamma-Knife, das erhebliche Dosishomogenitäten in Kauf nehmen müsse. Die mechanischen Präzisionen der modernen stereotaktisch modifizierten Linearbeschleuniger seien in der klinischen Bedeutung mit dem Gamma-Knife gleichzusetzen. Ein Vorteil des Linearbeschleunigers sei jedoch, dass sie die Vorteile der stereotaktischen Lokalisationstechniken mit den strahlenbiologischen Vorteilen der fraktionierten Strahlenbehandlung verbinden könnten. Im übrigen sei man im Bemühen um objektive Gegenüberstellung der anfallenden Kosten zu dem Ergebnis gelangt, dass die stereotaktische Strahlenbehandlung mit dem modifiziertem Linearbeschleuniger für die Versicherungsträger eindeutig günstiger sei. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei Behandlungen in Universitätsklinken ein zwei- bis dreitägiger stationärer Aufenthalt notwendig sei.
Im Anschluss an diese Ausführungen lehnte die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.1999 ab.
Die Klägerin hat am 30.06.1999 Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Kostenübernahme der durchgeführten Gamma-Knife-Behandlung begehrt. Die Beklagte habe allein die Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung abgelehnt, da es sich nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Das gleiche gelte jedoch für die Behandlung mittels Linearbeschleunigers, so dass die Verhaltensweise der Beklagten nicht nachvollziehbar sei. Anders als diese Behandlung habe sich die Gamma-Knife-Behandlung sowohl in der Praxis als auch in der Fachliteratur weltweit durchgesetzt und sei seit Mitte der 80-iger Jahre im Ausland erfolgreich im Einsatz. Zur Stützung des Klagebegehrens hat die Klägerin insoweit eine Übersicht der Publikationen der Behandlungsmethode mit dem Gamma-Knife für die Zeit von 1996 bis 1999 sowie eine Studie zur Behandlung von Meningeomen (jeweils ohne Angabe des Publizisten bzw. der Fundstelle) und als Beiakte diverse Aufsätze zum Thema "Gamma-Knife-Versus stereotaktische Linearbeschleunigerbestrahlung") vorgelegt. Die Klägerin hat weiterhin vorgetragen, seit 1984 (insoweit handelt es sich wohl um einen Schreibfehler, nach eigenen Angaben der Einrichtung auf der Web-Seite des Internets handelt es sich um das Jahr 1994) würde diese Behandlungsmethode in München und seit 1998 auch in Aachen und Krefeld erfolgreich angewandt. Dagegen befände sich die Linearbeschleunigermethode entgegen der Ansicht der Beklagten noch im Forschungsstadium und würde ausschließlich im universitären Bereich betrieben. Im übrigen hat sich die Klägerin auf eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 01.09.1999 (Az.: 2/4 O 266/97) gestützt; das Landgericht sei von einer schadensersatzpflichtigen Arzthaftung wegen mangelnder Aufklärung über die alternative Behandlungsmöglichkeit mit der Gamma-Knife-Methode ausgegangen. Daraus ergebe sich, dass es sich um eine bewährte Behandlungsalternative handele.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 18.06.1999 zu verpflichten, die Kosten der Gamma-Knife-Behandlung in Höhe von 21.831,00 DM gemäß Arztrechnung des Arztes für Neurochirurgie Dr. med. H I, Mstraße 00, 00000 L, vom 08.04.1999 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt im Anschluss an den MDK und die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie weiterhin die Auffassung, das Krankheitsbild der Klägerin hätte auch mit einem Linearbeschleuniger behandelt werden können, welche stationär im Universitätsklinikum Köln sowie im Clemens-Hospital in Münster im Rahmen der Pflegesätze als Sachleistung hätte erbracht werden können. Entgegen der Ansicht der Klägerin könne sich aus der Empfehlung der Landesärztekammer Bayern zur Möglichkeit der Abrechnung durch analoge Anwendung bestimmter GoÄ-Ziffern nicht der Schluss ziehen, es handele sich bei der Gamma-Knife-Methode um ein anerkanntes Verfahren. Dies diene lediglich der Sicherstellung einer einheitlichen Abrechnung. Auch der Umstand, dass die Behandlung mit einem Linearbeschleuniger - worauf die Klägerin zurecht hinweise - nicht im EBM geregelt wird, vermöge insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Dies sei nicht notwendig, da nach der Begründung zum Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 eine wirtschaftliche Auslastung der Großgeräte erreicht werden sollte. In diesem Zusammenhang sei die Großgeräte-Verordnung (GGV) erlassen worden. Da es sich bei dem Gamma-Knife-Gerät um ein solches Großgerät handele und eine entsprechende Auslastung nur in Kliniken erreicht werden könne, seien diese auch nur dort installiert.
Unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme des MDK in Bayern vom 06.11.1997, einer gutachterlichen Stellungnahme des MDK in Hessen vom 13.07.1999 und 23.07.1999 macht die Beklagte im übrigen weiterhin geltend, dass es sich bei der Gamma-Knife-Methode nicht um ein anerkanntes Verfahren handelt, da weder der Wirksamkeitsnachweis aufgrund wissenschaftlich evaluierter Daten erbracht worden sei, noch die Behandlungsmethode eine erprobte und länger angewandte Methode in Deutschland sei. Insbesondere das von der Klägerin angeführte Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main könne nicht entscheidungsrelevant sein. In dem dort zugrundeliegenden Fall sei eine mikrochirurgische Operation vorgenommen und nicht auf ein minimal invasives Verfahren hingewiesen worden; die Beklagte hingegen verweise auf die Behandlung mit einem Linearbeschleuniger, also gerade auf ein minimal invasives Verfahren.
Unter Vorlage einer mit einem Klinikum in München getroffenen Vergütungsregelung, wonach für die Behandlung mit einem Linearbeschleuniger eine Fallpauschale in Höhe von 4.060,00 DM vereinbart wurde, vertritt die Beklagte in Ergänzung zu den bereits vorgelegten Unterlagen weiterhin die Auffassung, die von ihr vorgeschlagene Behandlungsmethode sei die kostengünstigere und daher wirtschaftlichere Behandlung.
Das Gericht hat eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 18.10.1999 eingeholt, der unter Beifügung diverser Aufsätze die Auffassung vertritt, die Gamma-Knife-Behandlung gehöre bisher nicht zum vertragsärztlichen Leistungskatalog und bislang sei auch kein entsprechender Antrag auf Aufnahme gestellt worden. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass die Methode keine spezifischen medizinischen Vorteile gegenüber anderen beinhalte, aber gegenüber der Behandlung mit einem Linearbeschleuniger als kostenaufwendiger angesehen werden müsse. Nach Vertagung einer am 27.11.2000 durchgeführten Verhandlung (wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bl. 122 der Gerichtsakte verwiesen) hat das Gericht über die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK Niedersachsen (Referat Radiologie) vom 05.06.2001 unter Berücksichtigung der vom Gericht beigezogenen Krankenakte eingeholt.
Wegen der Einzelheiten dieses Gutachtens sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im übrigen und den der beigezogenen Akten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der Beratung und Entscheidung. Der nach Erlass des Urteils am 18.02.2002 eingegangene Schriftsatz der Beklagten konnte keine Berücksichtigung mehr finden.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden waren, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1, Satz 4 SGG zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Gamma-Knife-Behandlung durch Dr. I. Sie ist daher nicht im Sinne des § 54 SGG beschwert.
Die Kammer ging bei ihrer Entscheidung davon aus, dass die Klägerin trotz der von ihr vorgelegten "Abtretungserklärung" aktiv legitimiert ist, da weder eine Annahmeerklärung von Dr. I vorliegt und diese auch nicht zwingend dem Umstand zu entnehmen ist, dass er gegenüber der Beklagten die Kostenerstattung geltend gemacht hat. Zudem spricht der Wortlaut der Erklärung nach Auffassung der Kammer eher dafür, dass die Beklagte hiermit vornehmlich ermächtigt werden sollte, an Dr. I direkt zu zahlen.
Letztlich konnte dies jedoch dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Klägerin im übrigen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Kostenübernahme bzw. -erstattung hat.
Als Anspruchsgrundlage käme allein § 13 Abs. 3 des 5. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in Betracht. Danach hat der Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe der entstandenen Kosten für eine selbst beschaffte notwenige Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu unrecht abgelehnt hat.
Nach Auffassung der Kammer lag keine unaufschiebbare Leistung im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, in dem auch privatärztliche Leistungen in Anspruch genommen werden können. Die Annahme eines solchen Notfalls setzt nämlich voraus, dass eine derart bedrohliche Erkrankung auftritt, bei der nur noch sofortige ärztliche Behandlung Hilfe bringen kann und bei der dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände die Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen nicht zuzumuten ist (vgl. z.B. Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen - LSG NW - Urteil vom 26.01.1995, Az.: L 2 Kn 109/93 mit weiteren Nachweisen). Dagegen spricht zunächst entscheidend, dass die Klägerin Dr. I nicht wegen eines plötzlich auftretenden akuten Leidens aufgesucht hat, sondern zur Behandlung ihrer bereits 1998 diagnostizierten Erkrankung. Es handelt sich zudem um eine von der Klägerin im voraus geplanten Behandlung, wie es sich aus dem Verfahrensablauf ergibt. Die Kammer bezweifelt zwar nicht, dass ein Eingriff in Anbetracht der Gefahr der vollständigen Erblindung, Augenmuskel- und Gefühlsstörungen sowie Schmerzen im Gesichts- und Kieferbereich und einer Lidschlussstörung dringend medizinisch indiziert war, dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Notfall im o.a. Sinn; eine Behandlung (mittels Linearbeschleunigers) in einem von der Beklagten genannten Krankenhäuser wäre aus zeitlichen Gründen nicht ausgeschlossen gewesen.
Die Auffassung der Kammer wird durch die Ausführungen des MDK Niedersachsen vom 05.06.2001 bestätigt. Die Sachverständige Dr. H1 führt insofern aus:
"Meningeome gehören zu den langsam wachsenden Tumoren ( ...). (Es) war seit der Erstuntersuchung 10/98 keine Größenänderung des Meningeoms eingetreten. Der Sehnerv war auf der rechten Seite durch das Meningeom bereits irreversibel geschädigt, ( ...) (ohne dass eine) Verbesserung der Sehkraft hätte erreicht werden können."
Die Voraussetzungen der zweiten Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V liegen ebenfalls nicht vor, denn die Beklagte hat auch die begehrte Leistung nicht zu unrecht abgelehnt.
Soweit die Klägerin die Kostenerstattung für die Gamma-Knife-Behandlung begehrt, ergibt sich der Leistungsausschluss bereits aus § 135 Abs. 1 SGB V i.V. mit den vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erlassenen Richtlinien über die Einführung neuerer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien).
Nach § 135 Abs. 1 SGB V darf eine neue Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkassen nämlich grundsätzlich nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Empfehlung zum Nutzen und zur medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode in den benannten Richtlinien abgegeben hat. Nach Auskunft des Bundesausschusses vom 18.10.1999 wurde keine solche Empfehlung abgegeben. Nach der Stellungnahme des Bundesausschusses ist auch bisher kein Antrag gestellt worden, diese Behandlungsmethode einer Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V zu unterziehen. Die Beklagte dürfte daher grundsätzlich die Behandlung weder als Sachleistung gewähren noch dem versicherten Kläger die Kosten für die selbst beschaffte Behandlung erstatten (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 28.03.2000, Az.: B 1 KR 11/98 R). Bei den Richtlinien handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts um untergesetzliche Rechtsnormen, die i.V. mit § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören (BSGE 78, 70, 75; 81, 73, 80 ff.). Wie das BSG in mehreren Entscheidungen zu dem am 16.09.1997 ausgeführt hat (vgl. z.B. Az.: 1 RK 32/95), steht der Anwendbarkeit des § 135 SGB V nicht entgegen, dass sich die Vorschrift vordergründig nicht mit den Leistungsansprüchen der Versicherten befasst. Da durch diese Vorschrift wie durch die Bestimmungen des Kassenarztrechts zugleich aber der Umfang der den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen festgelegt wird, ergibt sich daraus, welche Behandlungsmethode nicht als Kassenleistung vom Arzt abgerecht werden darf und damit nicht zur "Behandlung" im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V gehört, die der Versicherte als Sachleistung oder im Wege der Kostenerstattung beanspruchen kann.
Ein Kostenerstattungsanspruch kommt ausnahmsweise zwar dann in Betracht, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für die Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden ist. Einen derartigen Systemmangel vermochte die Kammer jedoch nicht festzustellen. Wie ausgeführt ist bereits nach der Stellungnahme des Bundesausschusses vom 18.10.1999 bislang kein Antrag zur Aufnahme der Gamma-Knife-Behandlung als neue Behandlungsmethode gestellt worden, so dass bereits daher eine nicht zeitgerechte Antragsbehandlung von vorneherein nicht in Betracht kommt.
Die Kammer folgt darüber hinaus der Einschätzung des Geschäftsführers des Arbeitsausschusses "ärztliche Behandlung", Dr. S, der nach den ihm (und dem Gericht) vorliegenden Informationen von einer Nicht-Anerkennung der Gamma-Knife-Behandlung für die vertragsärztliche Versorgung wegen Unwirtschaftlichkeit im Vergleich zu etablierten Standardmethoden ausgeht.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V dürfen nämlich Leistungen, die unwirtschaftlich sind, nicht von den Leistungserbringer erwirkt und von den Krankenkassen bewilligt werden. Darüber hinaus bestimmt § 135 Abs. 1 SGB V für neue Behandlungsmethoden, dass ihre Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu den bereits zulasten der Krankenkassen erbrachten Methoden gemessen werden muss. Bei einem Vergleich zwischen den Kosten der Behandlung durch Linearbeschleuniger einerseits und durch Gamma-Knife andererseits ergibt sich nach Auffassung der Kammer, dass die Behandlung durch Linearbeschleuniger kostengünstiger ist. Dies ergibt sich insbesondere aus den im Schrifttum niedergelegten Ergebnissen der Kosten-Nutzen-Relation zwischen Gamma-Knife und Linearbeschleuniger-Bestrahlung (vgl. Becker, Kortmann, Kaulich, Duffner und Bamberg, Gamma-Knife-Versus stereotaktische Linearbeschleuniger-Bestrahlung in der Zeitschrift Radiologie [1996] S. 345 ff.), mit deren Ergebnissen sich der MDK Niedersachen (Referat Radiologie) in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 05.06.2001 eingehend auseinandergesetzt hat und genauso wie die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die gleichwertige Behandlung mittels Linearbeschleuniger als die wirtschaftlichere Methode anzusehen ist.
Da die vertragsärztliche Versorgung mittels Linearbeschleuniger zumindest als gegenüber der Behandlung mit dem Gamma-Knife gleichwertig anzusehen ist, scheidet auch insofern eine Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Kosten aus. Die Kammer schließt aus dem Umstand, dass Linearbeschleuniger Eingang in den Großgerätekatalog gefunden haben und die Behandlung mittels Linearbeschleuniger an verschiedenen Krankenhäusern angeboten werden, dass diese Methode - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht "in den Anfangsstadien in der Forschung im universitären Bereich" befindet. Eine Versorgungslücke in der Patientenversorgung besteht jedenfalls nicht. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob (auch) die mittels Gamma-Knife-Methode erfolgte Behandlung medizinisch indiziert war, was die Sachverständige Dr. H1 in ihren Ausführungen vom 05.06.01 in Abrede stellt, die durchgeführte Behandlung hätte jedenfalls auch mittels der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Linearbeschleunigers (zumindest) mit gleichem Erfolg durchgeführt werden können.
Die Klage hatte daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Gamma-Knife-Behandlung.
Bei der 1950 geborenen - bei der Beklagten krankenversicherten - Klägerin wurde 1998 mittels eines Kernspintomogramms ein langsam wachsender rechtsseitiger Gehirntumor (sog. Meningeom) diagnostiziert. Nachdem die weitere Entwicklung zunächst ärztlich beobachtet worden war, bestand Anfang 1999 die Gefahr der vollständigen Erblindung, komplexer Augenmuskel- und Gefühlsstörungen sowie Schmerzen im Gesichts- und Kieferbereich und einer Lidschlussstörung.
Mit Schreiben vom 05.02.1999 beantragte die Klägerin durch den sie behandelnden Neurochirurgen, Dr. I, unter Vorlage eines Kostenvoranschlags die Kostenübernahme einer radiochirurgischen Behandlung mittels Gamma-Knife, also einer operationslosen Entfernung des Tumors mittel gebündelter Gammastrahlen. Die Kosten wurden dabei abhängig von der Komplexität der im Einzelfall durchgeführten Behandlung mit einem Betrag zwischen 7.672,20 DM und 21.831,00 DM veranschlagt. Die Beklagte holte daraufhin zunächst eine weitergehende Auskunft von Dr. I vom 11.03.1999 und des leitenden Oberarztes der neurochirurgischen Klinik des Klinikums L vom 25.03.1999 ein. Beide Ärzte vertraten die Auffassung, dass es keine vertragsärztliche strahlentherapeutische Behandlungsalternative für die Klägerin gäbe. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), der auf Nachfrage der Beklagten ebenfalls eine Stellungnahme abgab, vertrat dagegen die Auffassung, die Klägerin könne alternativ kostengünstiger mit einem Linearbeschleuniger im Universitätsklinikum Köln oder im Clemens-Hospital in Münster mit gleichem Erfolg behandelt werden. Die Beklagte lehnte im Anschluss an diese Stellungnahme der beratenden Ärzte des MDK die Kostenübernahme ab.
Die Gamma-Knife-Behandlung wurde am 00.00.1999 auf Wunsch der Klägerin durchgeführt. Mit Rechnung vom 08.04.1999 bat der die Klägerin behandelnde Arzt unter Vorlage folgender "Abtretungserklärung" der Klägerin
"Hiermit trete ich, Frau D L1, geb. am 00.00.1950, meine Forderung auf Kostenausgleich der durchgeführten Gama-Knife-Behandlung vom 00.00.1999 an Herrn Dr. med. H I, Mstraße 00, 00000 L, der die Behandlung durchgeführt hat, ausdrücklich ab.
Ich weise die Krankenkasse an, die entstandenen Kosten direkt Herrn Dr. I gegenüber zu begleichen.
Mir ist bekannt, dass Probleme hinsichtlich der Kosten gemäß der Ihnen bereits vorgelegten Kosteninformation in Höhe von durchschnittlich 14.751,60 DM erfolgen können. Dies ist der Hintergrund meiner Abtretungserklärung."
an ihn einen Betrag in Höhe von 21.831,00 DM zu überweisen.
Die Beklagte lehnte eine Erstattung mit Schreiben vom 16.04.1999 unter Hinweis auf ihr ablehnendes Schreiben an die Klägerin ab.
Die Klägerin legte daraufhin gegen diese Entscheidung Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die von ihr beantragte Behandlungsmethode sei die schonendere und kostengünstigere Behandlungsart. Der Nachteil bei einem Linearbeschleuniger sei die nicht punktgenaue Behandlung und damit die gleichzeitige Verletzung gesunder Organe.
Die Beklagte zog daraufhin über den MDK eine Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie e.V. vom 02.07.1997 ein, die die Auffassung vertrat, bei gleicher Zielvolumendefinition und gleicher zielvolumenumschließender Dosis gäbe es keinen medizinischen Grund und keine wissenschaftlichen Daten die einen Vorteil der Gamma-Knife-Behandlung gegenüber Linearbeschleuniger-Behandlungen nachweisen würden. Im Gegenteil sei in Zukunft eher zu erwarten, dass bei langfristiger klinischer Nachbeobachtung die klinischen Daten für die Linearbeschleuniger besser sein dürften, da sie eine homogene Dosisverteilung über das Zielvolumen ermöglichen würden im Gegensatz zu dem Gamma-Knife, das erhebliche Dosishomogenitäten in Kauf nehmen müsse. Die mechanischen Präzisionen der modernen stereotaktisch modifizierten Linearbeschleuniger seien in der klinischen Bedeutung mit dem Gamma-Knife gleichzusetzen. Ein Vorteil des Linearbeschleunigers sei jedoch, dass sie die Vorteile der stereotaktischen Lokalisationstechniken mit den strahlenbiologischen Vorteilen der fraktionierten Strahlenbehandlung verbinden könnten. Im übrigen sei man im Bemühen um objektive Gegenüberstellung der anfallenden Kosten zu dem Ergebnis gelangt, dass die stereotaktische Strahlenbehandlung mit dem modifiziertem Linearbeschleuniger für die Versicherungsträger eindeutig günstiger sei. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei Behandlungen in Universitätsklinken ein zwei- bis dreitägiger stationärer Aufenthalt notwendig sei.
Im Anschluss an diese Ausführungen lehnte die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.1999 ab.
Die Klägerin hat am 30.06.1999 Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Kostenübernahme der durchgeführten Gamma-Knife-Behandlung begehrt. Die Beklagte habe allein die Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung abgelehnt, da es sich nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Das gleiche gelte jedoch für die Behandlung mittels Linearbeschleunigers, so dass die Verhaltensweise der Beklagten nicht nachvollziehbar sei. Anders als diese Behandlung habe sich die Gamma-Knife-Behandlung sowohl in der Praxis als auch in der Fachliteratur weltweit durchgesetzt und sei seit Mitte der 80-iger Jahre im Ausland erfolgreich im Einsatz. Zur Stützung des Klagebegehrens hat die Klägerin insoweit eine Übersicht der Publikationen der Behandlungsmethode mit dem Gamma-Knife für die Zeit von 1996 bis 1999 sowie eine Studie zur Behandlung von Meningeomen (jeweils ohne Angabe des Publizisten bzw. der Fundstelle) und als Beiakte diverse Aufsätze zum Thema "Gamma-Knife-Versus stereotaktische Linearbeschleunigerbestrahlung") vorgelegt. Die Klägerin hat weiterhin vorgetragen, seit 1984 (insoweit handelt es sich wohl um einen Schreibfehler, nach eigenen Angaben der Einrichtung auf der Web-Seite des Internets handelt es sich um das Jahr 1994) würde diese Behandlungsmethode in München und seit 1998 auch in Aachen und Krefeld erfolgreich angewandt. Dagegen befände sich die Linearbeschleunigermethode entgegen der Ansicht der Beklagten noch im Forschungsstadium und würde ausschließlich im universitären Bereich betrieben. Im übrigen hat sich die Klägerin auf eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 01.09.1999 (Az.: 2/4 O 266/97) gestützt; das Landgericht sei von einer schadensersatzpflichtigen Arzthaftung wegen mangelnder Aufklärung über die alternative Behandlungsmöglichkeit mit der Gamma-Knife-Methode ausgegangen. Daraus ergebe sich, dass es sich um eine bewährte Behandlungsalternative handele.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 18.06.1999 zu verpflichten, die Kosten der Gamma-Knife-Behandlung in Höhe von 21.831,00 DM gemäß Arztrechnung des Arztes für Neurochirurgie Dr. med. H I, Mstraße 00, 00000 L, vom 08.04.1999 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt im Anschluss an den MDK und die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie weiterhin die Auffassung, das Krankheitsbild der Klägerin hätte auch mit einem Linearbeschleuniger behandelt werden können, welche stationär im Universitätsklinikum Köln sowie im Clemens-Hospital in Münster im Rahmen der Pflegesätze als Sachleistung hätte erbracht werden können. Entgegen der Ansicht der Klägerin könne sich aus der Empfehlung der Landesärztekammer Bayern zur Möglichkeit der Abrechnung durch analoge Anwendung bestimmter GoÄ-Ziffern nicht der Schluss ziehen, es handele sich bei der Gamma-Knife-Methode um ein anerkanntes Verfahren. Dies diene lediglich der Sicherstellung einer einheitlichen Abrechnung. Auch der Umstand, dass die Behandlung mit einem Linearbeschleuniger - worauf die Klägerin zurecht hinweise - nicht im EBM geregelt wird, vermöge insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Dies sei nicht notwendig, da nach der Begründung zum Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 eine wirtschaftliche Auslastung der Großgeräte erreicht werden sollte. In diesem Zusammenhang sei die Großgeräte-Verordnung (GGV) erlassen worden. Da es sich bei dem Gamma-Knife-Gerät um ein solches Großgerät handele und eine entsprechende Auslastung nur in Kliniken erreicht werden könne, seien diese auch nur dort installiert.
Unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme des MDK in Bayern vom 06.11.1997, einer gutachterlichen Stellungnahme des MDK in Hessen vom 13.07.1999 und 23.07.1999 macht die Beklagte im übrigen weiterhin geltend, dass es sich bei der Gamma-Knife-Methode nicht um ein anerkanntes Verfahren handelt, da weder der Wirksamkeitsnachweis aufgrund wissenschaftlich evaluierter Daten erbracht worden sei, noch die Behandlungsmethode eine erprobte und länger angewandte Methode in Deutschland sei. Insbesondere das von der Klägerin angeführte Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main könne nicht entscheidungsrelevant sein. In dem dort zugrundeliegenden Fall sei eine mikrochirurgische Operation vorgenommen und nicht auf ein minimal invasives Verfahren hingewiesen worden; die Beklagte hingegen verweise auf die Behandlung mit einem Linearbeschleuniger, also gerade auf ein minimal invasives Verfahren.
Unter Vorlage einer mit einem Klinikum in München getroffenen Vergütungsregelung, wonach für die Behandlung mit einem Linearbeschleuniger eine Fallpauschale in Höhe von 4.060,00 DM vereinbart wurde, vertritt die Beklagte in Ergänzung zu den bereits vorgelegten Unterlagen weiterhin die Auffassung, die von ihr vorgeschlagene Behandlungsmethode sei die kostengünstigere und daher wirtschaftlichere Behandlung.
Das Gericht hat eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 18.10.1999 eingeholt, der unter Beifügung diverser Aufsätze die Auffassung vertritt, die Gamma-Knife-Behandlung gehöre bisher nicht zum vertragsärztlichen Leistungskatalog und bislang sei auch kein entsprechender Antrag auf Aufnahme gestellt worden. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass die Methode keine spezifischen medizinischen Vorteile gegenüber anderen beinhalte, aber gegenüber der Behandlung mit einem Linearbeschleuniger als kostenaufwendiger angesehen werden müsse. Nach Vertagung einer am 27.11.2000 durchgeführten Verhandlung (wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bl. 122 der Gerichtsakte verwiesen) hat das Gericht über die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK Niedersachsen (Referat Radiologie) vom 05.06.2001 unter Berücksichtigung der vom Gericht beigezogenen Krankenakte eingeholt.
Wegen der Einzelheiten dieses Gutachtens sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im übrigen und den der beigezogenen Akten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der Beratung und Entscheidung. Der nach Erlass des Urteils am 18.02.2002 eingegangene Schriftsatz der Beklagten konnte keine Berücksichtigung mehr finden.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden waren, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1, Satz 4 SGG zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Gamma-Knife-Behandlung durch Dr. I. Sie ist daher nicht im Sinne des § 54 SGG beschwert.
Die Kammer ging bei ihrer Entscheidung davon aus, dass die Klägerin trotz der von ihr vorgelegten "Abtretungserklärung" aktiv legitimiert ist, da weder eine Annahmeerklärung von Dr. I vorliegt und diese auch nicht zwingend dem Umstand zu entnehmen ist, dass er gegenüber der Beklagten die Kostenerstattung geltend gemacht hat. Zudem spricht der Wortlaut der Erklärung nach Auffassung der Kammer eher dafür, dass die Beklagte hiermit vornehmlich ermächtigt werden sollte, an Dr. I direkt zu zahlen.
Letztlich konnte dies jedoch dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Klägerin im übrigen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Kostenübernahme bzw. -erstattung hat.
Als Anspruchsgrundlage käme allein § 13 Abs. 3 des 5. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in Betracht. Danach hat der Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe der entstandenen Kosten für eine selbst beschaffte notwenige Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu unrecht abgelehnt hat.
Nach Auffassung der Kammer lag keine unaufschiebbare Leistung im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, in dem auch privatärztliche Leistungen in Anspruch genommen werden können. Die Annahme eines solchen Notfalls setzt nämlich voraus, dass eine derart bedrohliche Erkrankung auftritt, bei der nur noch sofortige ärztliche Behandlung Hilfe bringen kann und bei der dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände die Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen nicht zuzumuten ist (vgl. z.B. Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen - LSG NW - Urteil vom 26.01.1995, Az.: L 2 Kn 109/93 mit weiteren Nachweisen). Dagegen spricht zunächst entscheidend, dass die Klägerin Dr. I nicht wegen eines plötzlich auftretenden akuten Leidens aufgesucht hat, sondern zur Behandlung ihrer bereits 1998 diagnostizierten Erkrankung. Es handelt sich zudem um eine von der Klägerin im voraus geplanten Behandlung, wie es sich aus dem Verfahrensablauf ergibt. Die Kammer bezweifelt zwar nicht, dass ein Eingriff in Anbetracht der Gefahr der vollständigen Erblindung, Augenmuskel- und Gefühlsstörungen sowie Schmerzen im Gesichts- und Kieferbereich und einer Lidschlussstörung dringend medizinisch indiziert war, dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Notfall im o.a. Sinn; eine Behandlung (mittels Linearbeschleunigers) in einem von der Beklagten genannten Krankenhäuser wäre aus zeitlichen Gründen nicht ausgeschlossen gewesen.
Die Auffassung der Kammer wird durch die Ausführungen des MDK Niedersachsen vom 05.06.2001 bestätigt. Die Sachverständige Dr. H1 führt insofern aus:
"Meningeome gehören zu den langsam wachsenden Tumoren ( ...). (Es) war seit der Erstuntersuchung 10/98 keine Größenänderung des Meningeoms eingetreten. Der Sehnerv war auf der rechten Seite durch das Meningeom bereits irreversibel geschädigt, ( ...) (ohne dass eine) Verbesserung der Sehkraft hätte erreicht werden können."
Die Voraussetzungen der zweiten Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V liegen ebenfalls nicht vor, denn die Beklagte hat auch die begehrte Leistung nicht zu unrecht abgelehnt.
Soweit die Klägerin die Kostenerstattung für die Gamma-Knife-Behandlung begehrt, ergibt sich der Leistungsausschluss bereits aus § 135 Abs. 1 SGB V i.V. mit den vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erlassenen Richtlinien über die Einführung neuerer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien).
Nach § 135 Abs. 1 SGB V darf eine neue Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkassen nämlich grundsätzlich nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Empfehlung zum Nutzen und zur medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode in den benannten Richtlinien abgegeben hat. Nach Auskunft des Bundesausschusses vom 18.10.1999 wurde keine solche Empfehlung abgegeben. Nach der Stellungnahme des Bundesausschusses ist auch bisher kein Antrag gestellt worden, diese Behandlungsmethode einer Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V zu unterziehen. Die Beklagte dürfte daher grundsätzlich die Behandlung weder als Sachleistung gewähren noch dem versicherten Kläger die Kosten für die selbst beschaffte Behandlung erstatten (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 28.03.2000, Az.: B 1 KR 11/98 R). Bei den Richtlinien handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts um untergesetzliche Rechtsnormen, die i.V. mit § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören (BSGE 78, 70, 75; 81, 73, 80 ff.). Wie das BSG in mehreren Entscheidungen zu dem am 16.09.1997 ausgeführt hat (vgl. z.B. Az.: 1 RK 32/95), steht der Anwendbarkeit des § 135 SGB V nicht entgegen, dass sich die Vorschrift vordergründig nicht mit den Leistungsansprüchen der Versicherten befasst. Da durch diese Vorschrift wie durch die Bestimmungen des Kassenarztrechts zugleich aber der Umfang der den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen festgelegt wird, ergibt sich daraus, welche Behandlungsmethode nicht als Kassenleistung vom Arzt abgerecht werden darf und damit nicht zur "Behandlung" im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V gehört, die der Versicherte als Sachleistung oder im Wege der Kostenerstattung beanspruchen kann.
Ein Kostenerstattungsanspruch kommt ausnahmsweise zwar dann in Betracht, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für die Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden ist. Einen derartigen Systemmangel vermochte die Kammer jedoch nicht festzustellen. Wie ausgeführt ist bereits nach der Stellungnahme des Bundesausschusses vom 18.10.1999 bislang kein Antrag zur Aufnahme der Gamma-Knife-Behandlung als neue Behandlungsmethode gestellt worden, so dass bereits daher eine nicht zeitgerechte Antragsbehandlung von vorneherein nicht in Betracht kommt.
Die Kammer folgt darüber hinaus der Einschätzung des Geschäftsführers des Arbeitsausschusses "ärztliche Behandlung", Dr. S, der nach den ihm (und dem Gericht) vorliegenden Informationen von einer Nicht-Anerkennung der Gamma-Knife-Behandlung für die vertragsärztliche Versorgung wegen Unwirtschaftlichkeit im Vergleich zu etablierten Standardmethoden ausgeht.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V dürfen nämlich Leistungen, die unwirtschaftlich sind, nicht von den Leistungserbringer erwirkt und von den Krankenkassen bewilligt werden. Darüber hinaus bestimmt § 135 Abs. 1 SGB V für neue Behandlungsmethoden, dass ihre Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu den bereits zulasten der Krankenkassen erbrachten Methoden gemessen werden muss. Bei einem Vergleich zwischen den Kosten der Behandlung durch Linearbeschleuniger einerseits und durch Gamma-Knife andererseits ergibt sich nach Auffassung der Kammer, dass die Behandlung durch Linearbeschleuniger kostengünstiger ist. Dies ergibt sich insbesondere aus den im Schrifttum niedergelegten Ergebnissen der Kosten-Nutzen-Relation zwischen Gamma-Knife und Linearbeschleuniger-Bestrahlung (vgl. Becker, Kortmann, Kaulich, Duffner und Bamberg, Gamma-Knife-Versus stereotaktische Linearbeschleuniger-Bestrahlung in der Zeitschrift Radiologie [1996] S. 345 ff.), mit deren Ergebnissen sich der MDK Niedersachen (Referat Radiologie) in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 05.06.2001 eingehend auseinandergesetzt hat und genauso wie die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die gleichwertige Behandlung mittels Linearbeschleuniger als die wirtschaftlichere Methode anzusehen ist.
Da die vertragsärztliche Versorgung mittels Linearbeschleuniger zumindest als gegenüber der Behandlung mit dem Gamma-Knife gleichwertig anzusehen ist, scheidet auch insofern eine Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Kosten aus. Die Kammer schließt aus dem Umstand, dass Linearbeschleuniger Eingang in den Großgerätekatalog gefunden haben und die Behandlung mittels Linearbeschleuniger an verschiedenen Krankenhäusern angeboten werden, dass diese Methode - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht "in den Anfangsstadien in der Forschung im universitären Bereich" befindet. Eine Versorgungslücke in der Patientenversorgung besteht jedenfalls nicht. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob (auch) die mittels Gamma-Knife-Methode erfolgte Behandlung medizinisch indiziert war, was die Sachverständige Dr. H1 in ihren Ausführungen vom 05.06.01 in Abrede stellt, die durchgeführte Behandlung hätte jedenfalls auch mittels der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Linearbeschleunigers (zumindest) mit gleichem Erfolg durchgeführt werden können.
Die Klage hatte daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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