L 5 RJ 258/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 1408/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 258/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 8. April 2002 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2003 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. -

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 1947 geborene Kläger bosnischer Staatsangehörigkeit wohnt in seinem Heimatland. Er hat keine Berufsausbildung absolviert und in Bosnien zuletzt bis 1986 als halbqualifizierter Maurer gearbeitet. In Deutschland war er von Februar 1970 bis September 1976 als Bauarbeiter tätig gewesen. Der bosnische Versicherungsverlauf weist Anfang 1984, von Juli 1985 bis Oktober 1985 und von Dezember 1985 bis August 1985 Lücken auf. Der bosnische Versicherungsträger hat es am 27.03. 2000 abgelehnt, trotz Invaliditätskategorie II Rente zu gewähren, weil der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis steht. In Zusammenhang mit dem Rentenantrag vom 10.11.1997 wurde das Gutachten der Invalidenkommission vom 03.03.2000 übersandt. Danach kann der Kläger wegen Zustands nach Verwundung des rechten Fußes im September 1991, Gonarthrose links und Spondylarthrose keine Tätigkeiten mehr ausüben, die längeres Stehen und Gehen erfordern. Im bisher ausgeübten Beruf sei er unter zweistündig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsatzfähig. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag am 27.07.2000 mit der Begründung ab, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht gegeben. Ab 1986 lägen keinerlei Beitragszeiten vor und Lücken seien auch zwischen dem 01.01.1984 und August 1986 vorhanden. Im Widerspruchsbescheid vom 29.11.2000 heißt es, entsprechend der sozialärztlichen Stellungnahme zum Gutachten der Invalidenkommission seien leichte Arbeiten zu ebener Erde, ohne dauerndes Stehen und Gehen, ohne häufiges Bücken, in geschlossenen, temperierten, trockenen Räumen vollschichtig zumutbar. Weder Erwerbsunfähigkeit noch Berufsunfähigkeit seien daher gegeben. Dagegen hat der Kläger am 29.12.2000 Klage erhoben und geltend gemacht, von 1986 bis 1991 tatsächlich gearbeitet zu haben; der Arbeitgeber habe aber keine Versicherungsbeiträge entrichtet. Jetzt sei er krank und bedürftig. Das Sozialgericht hat die Klage am 08.04.2002 aufgrund fehlender besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung und wegen Fehlens des Versicherungsfalls abgewiesen. Gegen den am 19.04.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.04.2002 Berufung eingelegt und von der Beklagten eine Abfindung erbeten. Eine Beitragserstattung hat die Beklagte mit Bescheid vom 17.01.2003 unter Belehrung über das Recht zum Widerspruch abgelehnt. Am 08.01.2003 ist an den Kläger der richterliche Hinweis ergangen, dass die Berufung keine Erfolgsaussicht habe und der Erstattungsbescheid nicht Streitgegenstand sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.04. 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2000 zu verurteilen, ab 01.11.1997 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17.01.2003 zur Beitragserstattung zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.04.2002 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 17.01.2003 abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Sozialgerichtsakte sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens ist allein der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Auch wenn die Beklagte nach Berufungseinlegung am 29.04.2002 am 17.01.2003 einen neuen Bescheid erteilt hat und § 96 SGG nach allgemeiner Meinung auch im Berufungsverfahren gilt (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 96 Rdz.7 m.w.N.), ist der Bescheid vom 17.01.2003 nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Dieser die Beitragserstattung ablehnende Bescheid stellt weder eine Abänderung noch einen Ersatz des streitgegenständlichen Bescheides vom 27.07.2000 dar. Beide Regelungen stehen isoliert nebeneinander. Auch aus prozessökonomischen Gründen ist es nicht geboten, den neuen Bescheid in das Verfahren einzubeziehen, weil die bisherigen Ermittlungen mit dem neuen Streitstoff in keinerlei Zusammenhang stehen. Die Klage gegen den Bescheid vom 17.01.2003 war daher als unzulässig abzuweisen. Er kann innerhalb der noch offenen Widerspruchsfrist angegriffen werden. Im Übrigen ist die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.04.2002 ist ebenso wenig zu beanstanden, wie der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11. 2000. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit. Zutreffend hat das Sozialgericht dargestellt, dass weder nach dem bis 31.12.2000 geltenden Recht noch nach neuem Recht ein Anspruch des Klägers zu begründen ist. Sowohl die §§ 43, 44 SGB VI a.F., die wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 gemäß § 300 Abs.2 SGB VI zu berücksichtigen sind, als auch § 43 Abs.1 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung, sehen als Anspruchsvoraussetzung vor, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung bzw. Erwerbsun- fähigkeit oder Berufsunfähigkeit mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben muss. Diese besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt der Kläger in keinem Fall.

Unabhängig davon, dass bislang eine relevante Erwerbsminderung nicht nachgewiesen ist - die Invalidenkommission hat in ihrem Gutachten vom 03.03. 2000 die Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bejaht -, ist die 3/5-Belegung selbst dann nicht gegeben, wenn man dem Vortrag des Klägers folgt, er sei seit seiner Verwundung im September 1991 Invalide. Seither hat er keine Arbeiten mehr verrichtet. Im davorliegenden Fünfjahreszeitraum von September 1986 bis September 1991 weist der Versicherungsverlauf keine Beiträge auf. Der Kläger hat selbst eingeräumt, dass in dieser Zeit keine Beiträge entrichtet worden sind. Der letzte Pflichtbeitrag wurde im August 1986 geleistet. Anhaltspunkte für Verlängerungstatbestände im Sinn des § 43 Abs.4 SGB VI bzw. § 43 Abs.3 SGB VI a.F. liegen nicht vor. Zwar sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit für solche Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Unstreitig hat der Kläger vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt. Er hat jedoch in der Zeit von März 1984 bis Juni 1985, im November 1985 und ab September 1986 bis zum fiktiven Eintritt der Erwerbsminderung im September 1991 keine Anwartschaftserhaltungszeiten vorzuweisen. Der Kläger hat kein Recht, die genannten Lücken mit freiwilligen Beiträgen zu schließen. Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31.03. des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, bezahlt werden (§ 197 Abs.2 SGB VI). Diese Fristen sind längst abgelaufen. Der bosnische Rentenversicherungsträger hat in einem vergleichbaren Verfahren auf Anfrage mitgeteilt, dass auch das bosnische Recht keine Möglichkeit biete, nachträglich mittels freiwilliger Beiträge Versicherungszeiten zu erwerben. Damit sind die Voraussetzungen der in § 241 SGB VI enthaltenen Sonderregelung nicht erfüllt bzw. erfüllbar. Wenn es zutrifft, dass der Kläger zwischen 1986 und 1991 tatsächlich gearbeitet und der Arbeitgeber Versicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten hat, obliegt es dem Kläger, den bosnischen Versicherungsträger zur Nacherhebung von Pflichtbeiträgen und Korrektur des Versicherungsverlaufs zu veranlassen. Selbst dann ist jedoch angesichts der noch 2000 bejahten vollschich- tigen Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt der Eintritt des Versicherungsfalls fraglich. Anhaltspunkte für einen früheren Eintritt des Leistungsfalls der Berufsunfähigkeit vor September 1991 ergeben sich nicht. Zwar hat der Kläger zuletzt im August 1986 als halbqualifizierter Maurer gearbeitet, er hat aber selbst angegeben, keine Berufsausbildung absolviert und in Deutschland als Bauarbeiter gearbeitet zu haben. Vom letzten Arbeitgeber in Deutschland war keine Auskunft zu erhalten. Vor diesem Hintergrund ist ein Berufsschutz im Sinne des § 43 SGB VI a.F. ausgeschlossen. Darüber hinaus fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger zwischen August 1986 und September 1991 aus gesundheitlichen Gründen an einer Arbeitsleistung als Bauarbeiter gehindert war. Schließlich hat er auch erstmals 1997 Rente beantragt. Es mag sein, dass der Kläger krank und ohne Einkommen ist. Die deutsche Rentenversicherung kennt jedoch keine einkommensabhängigen Leistungen, die losgelöst von einem engen Beitragsleistungsbezug zu gewähren wären.

Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved