L 4 KR 145/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 156/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 145/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung bzw. Kostenfreistellung für die Behandlung von Eigenblut-Zytokinen (= 68.558,76 DM).

Die am 1957 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet an einem malignen fibrösen Hystiozytom (Tumor an den unteren Extremitäten). Sie begann am 19.06.1996 mit einer Therapie des Instituts für Immunologie und Zellbiologie M. (Direktor Dr.K.), die in der Verabreichung von Eigenblut-Zytokinen besteht.

Der Allgemeinarzt Dr.L. (L.) beantragte mit dem Attest vom 26.07.1996 für die Klägerin die Kostenübernahme dieser Therapie, die in zahlreichen Behandlungsschritten vom 19.06.1996 bis 09.05.2000 durchgeführt wurde.

Mit Bescheid vom 07.08.1996 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten mit der Begründung ab, die Therapie sei in den NUB-Richtlinien nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode anerkannt. Die Regierung von Oberbayern habe außerdem mit Bescheid vom 09.01.1992 Dr.K. das Inverkehrbringen seiner Eigenblutprodukte untersagt. Am 26.11.1997 beantragte Dr.K. für die Klägerin die Kostenerstattung für das Arzneimittel; Eigenblut-Zytokine seien Arzneimittel und würden über die Apotheke, den Arzt oder das Krankenhaus abgegeben. Für die Herstellung der Eigenblut-Zytokine habe die Regierung von Oberbayern die Herstellungserlaubnis erteilt. Die Therapie sei frei von Nebenwirkungen, nachgewiesenermaßen antitumor-wirksam und kostengünstig. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 09.12. 1997 die Kostenerstattung unter Bezugnahme auf den früheren Bescheid erneut ab. Sie bot der Klägerin die Mitteilung von Anschriften von Vertragsärzten bzw. zur vertragsärztlichen Behandlung ermächtigten Instituten mit dem Schwerpunkt Onkologie an.

Die Klägerin legte hiergegen am 03.01.1998 Widerspruch ein und erteilte Dr.K. Vollmacht. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe weder das Arzneimittel Eigenblut-Zytokine noch die Therapie mit Eigenblut-Zytokinen untersucht bzw. beurteilt. Es handle sich vorliegend um einen Systemmangel, der die Beklagte zur Kostenerstattung verpflichte. Die Therapie mit Eigenblut-Zytokinen habe sich in der ärztlichen Praxis durchgesetzt, sie sei ein Teil der Schulmedizin, die u.a. von Prof.Dr. Dr.K. (Universitätsklinikum B.) befürwortet werde. Die Behandlung sei wirksam und frei von Nebenwirkungen. Zumindest müsse die Beklagte die Kosten ab dem Zeitpunkt übernehmen, zu dem die Herstellung der Eigenblut-Zytokine genehmigt worden ist (12.09.1997).

Die Beklagte holte eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Gutachter K.) vom 11.03.1999 ein, die zu dem Ergebnis gelangte, das Präparat sei wissenschaftlich nicht anerkannt, statistisch relevante Studien würden fehlen. Die Deutsche Krebsforschungsgesellschaft, das Deutsche Krebsforschungszentrum, die Deutsche Dermatologische Gesellschaft, die Bayerische Krebsgesellschaft und die Schweizerische Gesellschaft für Onkologie hätten von der Anwendung der Methode abgeraten. Die Prüfung von einzelnen Chargen habe ergeben, dass die zur Therapie verwendeten Einzelsubstanzen (Zytokine) in den ausgelieferten Ampullen in niedrigerer Konzentration vorhanden gewesen seien, als im Ausgangsmaterial, dem Blut des Patienten. Die fachliche Diskussion über die Methode sei in den letzten Jahren sehr rege, das Urteil aller seriösen Wissenschaftler aber vernichtend gewesen. Dem MDK lägen keine Unterlagen vor, dass die Methode eine hinreichende Verbreitung in der Praxis gefunden habe. Sie sei kurzfristig in der Reha-Klinik Südharz als privatärztliche Leistung angeboten worden.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.1999 den Widerspruch zurück. Nach den BUB-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen dürfe die Autologe Target Zytokine-Behandlung nach K. (ATC) in der vertragsärztlichen Versorgung nicht angewendet werden. Diese Richtlinien seien auch für die Versicherten gültig. Überdies sei die von Dr.K. durchgeführte Methode nicht überprüfbar, da von ihm keinerlei verwertbare wissenschaftliche Unterlagen vorhanden seien. Eine Dokumentation der Therapie sei bisher nicht vorgelegt worden. Die Erteilung der Herstellungserlaubnis bedeute nicht, dass die Wirksamkeit des Produkts nachgewiesen sei. Eine hinreichende Verbreitung der Methode in der Praxis sei nicht erwiesen.

Die Klägerin hat mit der Klage vom 10.06.1999 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) die Erstattung der Kosten für die Herstellung und den Transport der Zytokine geltend gemacht. Unter der Therapie mit Eigenblut-Zytokinen sei der seit zehn Jahren unaufhaltsame Fortschritt der Erkrankung gestoppt und die beginnende Regression des Tumors festgestellt worden. Ein Zuwarten mit der Behandlung bis zur Ablehnung durch die Beklagte sei der Klägerin nicht zuzumuten gewesen. Die Eigenblut-Zytokine und deren Vorgängerprodukt die "ATC" seien ein Eigenblutprodukt aus der seit Jahren bewährten Eigenblutspende und infolgedessen keine neue Behandlungsmethode. Zytokine seien bereits seit Jahren ein fester Bestandteil der medizinischen Therapie bei Krebsbehandlungen. Sollte jedoch eine neue Behandlungsmethode vorliegen, müsse der Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 08.04.1995, mit dem die ATC unter Nr.18 als nicht anerkannte Behandlungsmethode in die Anlage 2 der NUB-Richtlinien aufgenommen worden sei, als rechtswidrig beurteilt werden. Prof.Dr.Dr.K. habe bestätigt, dass der NUB-Ausschuss nicht die ATC-Therapie beurteilt habe. Damit sei der Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 08.05.1995 eine Willkürentscheidung. Die streitgegenständliche Therapie habe in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden. Die Zytokine aus dem Eigenblut der Patienten seien damit den seit Jahren im Handel befindlichen Fertigarzneimittel-Zytokinen aus Fremdblut als Arzneimittel gleichgestellt. Dr.K. habe in den Jahren 1993 und 1994 gut besuchte Workshops veranstaltet und im Jahr 1996 sein Therapiekonzept im Universitätsklinikum Großhadern vorgestellt. Im Jahr 1997 habe er mit Prof.Dr.Dr.K. und anderen Ärzten ein Symposium über den Stand der Eigenblut-Therapie und ihrer Perspektiven bei Tumorerkrankungen durchgeführt. Die ATC-Therapie und die Humaneigenblut-Zytokine-Therapie seien auch von einer ganz erheblichen Zahl von Ärzten angewendet worden. Die ATC-Therapie sei von 1992 bis 1994 von jeweils 1.000 Ärzten und von 1995 bis 1996 von 1.300 Ärzten in Zusammenarbeit mit Dr.K. angewendet worden. Auch Prof.Dr.Dr.K. habe zur objektiven Klärung der Wirksamkeit der Therapie eine rückschauende Stichprobenuntersuchung an 483 Patienten durchgeführt und objektive Beweise zur allgemeinen Wirksamkeit des Arzneimittels gefunden. Eine weitere Prüfung der Wirksamkeit der Humaneigenblut-Zytokine an der Charité solle in Form einer wissenschaftlichen Studie durchgeführt werden. Wegen Versagung im Beschaffungssystem sei die fehlende Zulassung von Dr.K. unerheblich.

Demgegenüber hat die Beklagte eingewendet, der Antrag auf Kostenübernahme sei erst nach Beginn der Behandlung eingegangen. Ein Notfall sei zu verneinen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe die ATC-Behandlung nach Dr.K. nicht anerkannt und in der vertragsärztlichen Versorgung als nicht verordnungsfähig bezeichnet. Der Vorbehalt der Prüfung der Behandlungsmethode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gelte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch für neuartige Arzneitherapien insbesondere für nicht zulassungspflichtige Rezepturarzneimittel. Der Bundesausschuss habe sich am 15.10.1998 erneut mit der ATC-Therapie nach Dr.K. beschäftigt. Die übersandten Unterlagen seien nicht geeignet gewesen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit dieser Behandlungsmethode für die vertragsärztliche Versorgung zu belegen. Es fehle auch an einem Wirksamkeitsnachweis für die Human-Eigenblutzytokine. Die von Prof.Dr. Dr.K. vorgelegten Ergebnisse einer rückschauenden Stichprobenuntersuchung an Patienten seien in keiner Weise aussagekräftig und würden keine statistisch belegten Wirksamkeitsnachweise darstellen. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass es sich bei der streitigen Therapie um ein völlig anderes Produkt als das vom Bundesausschuss beurteilte handle, zumal auch Prof.Dr.Dr.K. im Gutachten vom 28.01.1998 das Arzneimittel Human-Eigenblut-Zytokine als Eigenblut-Zytokine (Autologe Target-Zytokine (ATC)) bezeichnet und somit der ATC gleichsetzt habe. Die Ablehnung des Inverkehrbringens des Produkts mit Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 09.01. 1992 sei verwaltungsgerichtlich in zweiter Instanz am 15.02. 1996 bestätigt worden. Eine Abgabe an andere Ärzte zum Zweck der Anwendung an Patienten sei somit ein Verstoß gegen das geltende Arzneimittelrecht gewesen. Daher könne die Behauptung, die ATC-Therapie sei in den Jahren von 1992 bis 1996 von 1.000 bzw. 1.300 Ärzten angewendet worden, nicht nachvollzogen werden. Eine Herstellungserlaubnis sei nur dann entbehrlich, wenn das Arzneimittel vom herstellenden Arzt selbst in seinen Praxisräumen oder bei einem Hausbesuch verabreicht werde. Dementsprechend wäre vor Erteilung der Herstellungserlaubnis Dr.K. der einzige Arzt gewesen, der die ATC-Therapie in seiner Praxis hätte anwenden dürfen.

Mit Schriftsatz vom 30.06.2000 hat der (neue) Klägerbevollmächtigte geltend gemacht, die Klägerin habe nach dem Grundgesetz ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, woraus sich ein Anspruch auf medizinische Versorgung bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung ergebe. Er hat mit dem weiteren Schriftsatz vom 09.08.2000 eine Aufstellung der Rechnungen vornehmlich des Instituts für Immunologie und Zellbiologie M. in der Zeit vom 01.07.1996 bis 16.05.2000 vorgelegt und den geltend gemachten Erstattungsbetrag mit 68.557,76 DM angegeben. Er hat in der mündlichen Verhandlung am 19.10.2000 dem SG Rechnungen des Instituts übergeben.

Das SG hat mit Urteil vom 19.10.2000 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Freistellung für die Herstellung sowie den Transport der Eigenblut-Zytokine bestehe nicht. Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten beträfen weder eine ärztliche Leistung noch eine im Rahmen einer ärztlichen Behandlung zu Lasten der Beklagten wirksam verordnete Leistung eines Leistungserbringers im Sinne des 4. Kapitels des Sozialgesetzbuches V. Das Institut für Immunologie und Zellbiologie in M. sei kein krankenversicherungsrechtlich zulässiger Leistungserbringer. Seine Tätigkeit sei daher weder verordnungs- noch erstattungsfähig. Im Übrigen sei eine Leistungspflicht der Beklagten zu verneinen, weil die bei der Versicherten durchgeführte Therapie mit Eigenblut-Zytokinen nicht von der Sachleistungspflicht der Beklagten umfasst sei. Der hierfür zuständige Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe keine positive Empfehlung über den therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsmethode abgegeben. Ob die Therapie mit Eigenblut-Zytokinen mit der vom Bundesausschuss der Anlage 2 der NUB-Richtlinien zugeordneten ATC-Therapie identisch sei, könne dahinstehen. Sofern eine solche Identität gegeben sei, liege nicht nur keine positive Empfehlung des Bundesausschusses, sondern bereits eine ablehnende Entscheidung vor. Soweit geltend gemacht werde, es bestehe keine Identität, sei bereits zweifelhaft, ob der zur Anerkennung der ATC-Therapie an den Bundesausschuss gestellte Antrag die Eigenblut-Zytokine-Therapie mitumfassen würde. Nach den überzeugenden Ausführungen des MDK im Gutachten vom 11.03.1999 habe bis zu diesem Zeitpunkt für die von Dr.K. unter dem Begriff der spezifischen Immuntherapie mit den Bezeichnungen ATC-Therapie und Eigenblut-Zytokine-Therapie angewandten Behandlungsverfahren kein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit vorgelegen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18.12. 2000, mit der sie die für die Therapie mit Eigenblut-Zytokinen entstandenen Kosten in Höhe von 68.558,76 DM geltend macht. Prof.Dr.Dr.K. habe die Wirksamkeit der Therapie nachgewiesen, ein individueller Heilerfolg könne die medizinische Notwendigkeit belegen. Die geforderten wissenschaftlichen Studien hätten nur eine begrenzte Aussagekraft. Auch die Wirksamkeit der Chemotherapie, der sich die Klägerin nach Auffassung der Beklagten hätte weiter unterziehen müssen, sei nicht durch Studien nachgewiesen. Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei noch nicht gefestigt und im Übrigen auch verfassungswidrig.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.10.2000 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 07.08. 1996 und 09.12.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 68.558,76 DM - entsprechend in Euro - an die Klägerin zu bezahlen bzw. die Klägerin von der Forderung des Dr.K. freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die geltend gemachten Kosten beträfen weder eine ärztliche Leistung noch eine im Rahmen einer ärztlichen Behandlung zu Lasten der Beklagten wirksam verordnete Leistung eines Leistungserbringers. Die gefestigte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden werde von der Klägerin nicht beachtet. Gleiches gelte auch für die Tatsache, dass nach den BUB-Richtlinien die ATC-Behandlung nach Dr.K. nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden dürfe. Eigenblut-Zytokine seien medizinisch nichts anderes als Autologe Target-Zytokine (ATC); auch sie könnten nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozial- gerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels maßgebenden Betrag von 1.000,00 DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG a.F.).

Die Berufung ist unbegründet.

Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. -freistellung der Kosten für die Behandlung mit Eigenblut-Zytokinen hat.

Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 13 Abs.3 Sozialgesetz- buch V (SGB V) in Betracht. Konnte danach die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Es fehlt im vorliegenden Fall zunächst eine schlüssige Darlegung der geltend gemachten Kosten. In der Rechnungsübersicht vom 09.08.2000 werden Schreiben des Instituts für Immunologie und Zellbiologie M. vom 29.10.1997 und 23.01.1998 angegeben, mit denen jeweils die Zahlung von 4.595,40 DM gefordert worden sei. Entsprechende Rechnungen wurden jedoch nicht vorgelegt, sondern unter dem Datum 29.10.1997 eine Rechnung mit einem Teilbetrag von 1.500,00 DM und unter dem 23.01.1998 eine Rechnung mit dem Endbetrag von 2.500,00 DM. Außerdem enthalten die Rechnungen vom 01.07.1996 und 05.07.1996 nicht nur den gleichen Betrag, sondern sie betreffen für die gleichen Abrechnungszeiträume (19.06. bis 21.06.1996) identische Leistungen.

Einer Erstattung der mit den Rechnungen vom 01.07., 05.07. und 22.07.1996 geltend gemachten Kosten steht ferner entgegen, dass die Klägerin die Erstattung der Kosten vor Erbringung der Leistungen nicht beantragt hat. Denn § 13 Abs.3 SGB V setzt voraus, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten Kosten entstanden sind. Selbst wenn der Senat eine Unaufschiebbarkeit der streitigen Leistungen hier unterstellt, ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie es versäumt hat, die Beklagte vor Aufnahme der Behandlungen im Juni 1996 von der außervertraglichen Therapie in Kenntnis zu setzen. Nach der Entscheidung des BSG vom 25.09. 2000 (SozR 3-2500 § 13 Nr.22) wird für die erste Alternative des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs.3 SGB V neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. Der Kostenerstattungsanspruch kann mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nur begründet werden, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zumutbar war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten. Derartige Gründe sind hier weder von der Klägerin vorgetragen worden noch den sonstigen Umständen der Leistungserbringung zu entnehmen.

Der Klägerin steht eine Kostenerstattung auch nicht nach der zweiten Alternative des § 13 Abs.3 SGB V zu. Auch hier kommt dem Umstand, dass die Klägerin bereits die ersten Behandlungen abgeschlossen hat, bevor sie die Beklagte mit ihrem Begehren der Kostenerstattung für eine außervertragliche Leistung konfrontiert hat, Bedeutung zu. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG vom 19.06.2001 SGb 2001, 549; BSG vom 15.04.1997 SozSich 1998, 38; BSG vom 24.09.1996 BSGE 79, 125; BSG vom 16.12.1993 SozR 3-2500 § 12 Nr.4; BSG vom 10.02.1993 SozR 3-2200 § 182 Nr.15) sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung im Regelfall nicht zu erstatten, wenn der Versicherte sich die Leistung besorgt, ohne zuvor mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten. Einer der Beschaffung vorgeschalteten Entscheidung der Krankenkasse bedarf es unabhängig davon, welcher Art die in Anspruch genommene Leistung ist und in welcher Höhe dafür Kosten anfallen. Damit schließt § 13 Abs.3 SGB V eine Kostenerstattung für die Zeit vor der Leistungserbringung generell aus. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu, da die Klägerin die Beklagte nach dem Akteninhalt frühestens am 26.07.1996 über ihren behandelnden Arzt um Kostenübernahme gebeten hat, während die in Rechnung gestellten Leistungen in der Zeit vom 19.06. bis 21.07. 1996 stattgefunden haben.

Die Rechnung vom 29.10.1997 und alle nachfolgenden Rechnungen bis 09.05.2000 sind keine Rechnungen, die gemäß § 13 Abs.3 SGB V zur Erstattung berechtigen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 23.07.1998 SozR 3-2500 § 13 Nr.17) hat die Krankenkasse nicht nach § 13 Abs.3 SGB V für Kosten aufzukommen, die dem Versicherten für ärztliche Leistungen unter Missachtung der Vorschriften der GOÄ in Rechnung gestellt werden. Die Erstattung von Kosten setzt sowohl begrifflich als auch nach dem Wortlaut und Zweck von § 13 Abs.3 SGB V voraus, dass dem Versicherten Kosten entstanden sind (BSG vom 15.04.1997 BSGE 80, 181). Da der Anspruch nicht von einer tatsächlich geleisteten Zahlung abhängen kann, reicht es allerdings aus, wenn der Versicherte einer Honorarforderung des Leistungserbringers ausgesetzt ist; insoweit umfasst § 13 Abs.3 AGB V auch einen entsprechenden Freistellungsanspruch. Im Falle einer ärztlichen Behandlung besteht ein Vergütungsanspruch des Arztes nur, wenn dem Patienten darüber eine Abrechnung nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erteilt worden ist. § 1 Abs.1 GOÄ verpflichtet alle Ärzte, die Vergütung für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Für Leistungen, die nicht im Gebührenverzeichnis enthalten sind, darf nach § 6 Abs.2 GOÄ das Honorar einer gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses gefordert werden. Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs.1 GOÄ). Vorher trifft den Patienten keine Zahlungsverpflichtung. § 12 Abs.2 GOÄ regelt im Einzelnen die Anforderungen an die Abrechnung der Vergütung. Danach muss die Rechnung des Arztes u.a. das Datum der Erbringung der Leistung, bei Gebühren die Nummer der einzelnen Leistung, die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung, den jeweiligen Betrag und den Steigerungssatz enthalten. Diese nicht abdingbaren (§ 2 GOÄ) Formerfordernisse für eine ärztliche Rechnung sind für die Rechnungen des "Dr.K. Institut für Immunologie und Zellbiologie" ab dem 29.10.1997 nicht erfüllt. Denn es ist nicht das Datum der Erbringung der Leistung ersichtlich, sondern lediglich das Eingangsdatum. Es fehlen auch die Angaben der Gebührennummern mit entsprechender Leistungsbeschreibung, der jeweilige Gebührenansatz sowie der Steigerungssatz.

Die Rechnungen vom 01.07.1996 bis 09.07.1997 enthalten überwiegend Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, sondern analog bewertet wurden. Hieraus kann sich ein Kostenerstattungs- bzw. -freistellungsanspruch nicht ergeben, da ein entsprechender Sachleistungsanspruch nicht besteht. Der in der vertragsärztlichen Versorgung geltende Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) enthält für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer die bundeseinheitlich verbindliche Abrechnungsgrundlage. Eine ärztliche Leistung gehört grundsätzlich dann zur vertragsärztlichen Versorgung, wenn sie als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab enthalten ist (BSG vom 23.07.1998 SozR 3-2500 § 13 Nr.7; BSG vom 16.09.1997 BSGE 81, 73). Da dies nicht der Fall ist und eine Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen fehlt, scheidet auch schon im Anschluss an diese Rechtsprechung eine Kostenerstattung aus. Der analoge Ansatz einer Leistung der GOÄ ist für die Kostenerstattung unbeachtlich, wenn die erbrachte Leistung nicht im EBM enthalten ist. Daraus ergibt sich also, dass die insoweit geltend gemachten Kosten von vornherein nicht erstattungsfähig sind im Sinne des § 13 Abs.3 SGB V.

Auch die Kosten der Rechnung der G. GmbH Essen vom 22.07.1996 sind nicht erstattungsfähig, da ihnen keine unter das SGB V fallende Leistung zu Grunde liegt. Es handelt sich danach um die Kosten der Verwaltung, Logistik, Transportversicherung, sonstige Leistungen und den Kurierdienst. Das SGB V enthält ein abgeschlossenes Leistungssystem, das in § 11 SGB V bezüglich der Leistungsarten beschrieben ist. Die in dieser Rechnung genannten Leistungen sind den Leistungsarten des § 11 SGB V nicht zuzuordnen.

Im Übrigen steht der Erstattung der Rechnungen des (Dr.K.) Institut für Immunologie und Zellbiologie M. entgegen, dass es sich hierbei nicht um eine ärztliche Behandlung gehandelt hat (§ 15 Abs.1 SGB V). Nach dieser gesetzlichen Vorschrift wird ärztliche Behandlung von Ärzten erbracht. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden. Zweck dieser Regelung ist das Bestreben des Gesetzgebers, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Grundlage der medizinischen Versorgung zu machen (§ 2 Abs.1 Satz 3 SGB V) sowie eine ausreichende Ausbildung, Kontrolle und Überwachung der Heilpersonen zu gewährleisten. Das Arztmonopol steht damit in engem Zusammenhang mit der grundsätzlichen Verpflichtung des Vertragsarztes zur persönlichen Leistungserbringung (§ 32 Abs.1 Satz 1 Ärzte-ZV). Diesen Erfordernissen genügt die angeblich für den jeweiligen Behandlungsfall hergestellte Arznei durch ein Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht. Denn es ist nicht ersichtlich, inwieweit ein Arzt persönlich tätig geworden ist. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Institut im Verhältnis zur Praxis von Dr.K. unselbstständige Hilfeleistungen erbracht hat. Delegationsfähige Hilfeleistungen müssen vom Arzt angeordnet und unter seiner Verantwortung erbracht werden (§ 15 Abs.1 Satz 2 SGB V). Der Arzt muss daher persönlich die Hilfsperson je nach den Erfordernissen anleiten und überwachen sowie den Behandlungserfolg kontrollieren. Diese Voraussetzung ist schon deswegen nicht erfüllt, weil die Eigenblut-Zytokine im vorliegenden Fall nicht in der Praxis von Dr.K. , sondern vom Hausarzt in eigener Verantwortung der Klägerin verabreicht worden sind. Das genannte Institut hat auch keine selbstständigen Hilfeleistungen erbracht, die im Rahmen des SGB V zu einer Leistungsverpflichtung der Beklagten führen können. Zum einen fällt das Institut nicht unter die im SGB V genannten Leistungserbringer, zum anderen fehlt eine entsprechende Verordnung eines Arztes für die Durchführung der Leistungen. Das BSG hat in einem Fall der geltend gemachten Kostenerstattung einer von einem Gerätehersteller in Rechnung gestellten ärztlichen Behandlung entschieden, dass die Krankenkasse hierfür nicht nach § 13 Abs.3 SGB V aufzukommen hat (BSG vom 15.04.1997 BSGE 80, 181 = SozR 3-2500 § 13 Nr.14). Danach hat § 13 Abs.3 SGB V den Zweck, den Versicherten so zu stellen wie bei Gewährung einer Sachleistung und kann folglich nur Kosten erfassen, von denen der Versicherte bei regulärer Leistungserbringung befreit wäre. Andere Kosten - etwa Verpflichtungen gegenüber einem anderen als dem krankenversicherungsrechtlich zulässigen Leistungserbringer - lösen keinen Anspruch aus, weil eine Sachleistung insoweit nicht gewährt werden dürfte und der Versicherte in jedem Fall mit Kosten belastet bliebe. Derartige Erwägungen stehen auch einem Freistellungsanspruch entgegen, weil sonst die krankenversicherungsrechtliche Bindung an den zulässigen Leistungserbringer durch den Anspruch auf Kostenerstattung ohne weiteres durchbrochen werden könnte.

Schließlich beruft sich die Klägerin im vorliegenden Fall zu Unrecht auf das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art.2 Abs.2 Satz 1 Grundgesetz (GG). Abgesehen davon, dass dieses Recht nicht tangiert ist, weil die Beklagte der Klägerin eine von ihr geschuldete Krankenbehandlung nicht verweigert hat, sondern vielmehr ausdrücklich im angefochtenen Bescheid vom 09.12.1997 angeboten hat, Anschriften von Vertragsärzten bzw. zur vertragsärztlichen Behandlung ermächtigten Instituten mit dem Schwerpunkt Onkologie mitzuteilen, enthält die genannte Vorschrift des Grundgesetzes keinen eigenständigen Anspruch auf eine bestimmte medizinische Versorgung, sondern lediglich einen Anspruch auf sachgerechte Teilhabe an vorhandenen Einrichtungen (Jarass/Pieroth, GG, Art.2 Rn.49a m.w.N.). In diesem Zusammenhang haben das BSG und das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass aus Art.2 Abs.1, Abs.2 Satz 1 GG zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates folgt, das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen und im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts zu gewährleisten, dass dem Erkrankten die Letztentscheidung über die in seinem Fall anzuwendende Therapie belassen wird. Daraus ergibt sich jedoch kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung oder Finanzierung bestimmter Gesundheitsleistungen. Der Umfang des Krankenbehandlungsanspruchs ist vielmehr durch die Leistungsgesetze bestimmt und begrenzt. Liegt keine Behandlung mit einer erfahrungsgemäß wirksamen, sondern die Erpro- bung einer vorerst unsicheren Methode vor, kann der Grundrechtsschutz nicht berührt sein (Bundesverfassungsgericht vom 05.03. 1997 NJW 1997, 3085, BSG vom 16.09.1997 1 Rk 17/95 = USK 97114).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved