L 11 AL 287/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 190/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 287/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.05.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rückforderung eines Eingliederungszuschusses (EZ) für den Arbeitnehmer Z. vom 01.10.1998 bis 19.04.1999 in Höhe von 11.880,- DM.

Aufgrund des Anstellungsvertrages für Kaufmännische Angestellte vom 25.09.1998 wurde der Arbeitnehmer Z. von der Klägerin ab dem 01.10.1998 als Techniker für den Bestückungsautomaten, am Messplatz und bei der Handbestückung beschäftigt. Während der Probezeit bis zum 31.03.1999 war eine einmonatige Kündigungsfrist vereinbart worden, danach galt eine vierteljährliche Kündigungsfrist. In § 3 des Anstellungsvertrages war ferner geregelt, dass der Arbeitnehmer monatlich nachträglich ein Gehalt von brutto 3.300,- DM erhält.

Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 27.07.1998 die Gewährung eines EZ für die Einarbeitung des Arbeitslosen R. Z ... Im Antrag verpflichtete sie sich den EZ zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes beendet würde. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Klägerin berechtigt sei, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen oder wenn der Arbeitnehmer Z. das Arbeitsverhältnis beende, ohne den Grund hierfür zu vertreten zu haben.

Mit Bescheid vom 14.10.1998 gewährte die Beklagte der Klägerin einen EZ in Höhe von monatlich 1.980,- DM vom 01.10.1998 bis 30.09.1999 bzw in Höhe von 1.584,- DM für die Zeit vom 01.10.1999 bis 30.09.2000. Unter Pkt 4 der dem Bescheid in der Anlage beigefügten Nebenbestimmungen war nochmals ausgeführt, dass der EZ zurückzuzahlen sei, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes beendet werde. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolge, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten habe.

Anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 19.04.1999 gab Herr Z. an, dass er in der gesamten Beschäftigungszeit sein monatliches Gehalt verspätet erhalten habe, wie sich aus den vorgelegten Kontoauszügen der Volksbank-Raiffeisenbank e.G. S. ergebe. Auf seine monatlichen Nachfragen sei er stets aus den unterschiedlichsten Gründen vertröstet worden. Nachdem er das Gehalt für den Monat März 1999 bislang nicht erhalten habe, hätte er den Arbeitsvertrag mit der Klägerin mit sofortiger Wirkung gekündigt.

Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte sie im Aufhebungs- und Rückzahlungsbescheid vom 29.06.1999 gemäß § 223 Abs 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur Erstattung des gewährten EZ in Höhe von 11.880,- DM auf, da die Klägerin die Gründe, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hätten, zu vertreten habe.

Der hiergegen am 27.07.1999 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 15.03.2000).

Dagegen hat die Klägerin am 14.04.2000 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.05.2001 abgewiesen. § 223 Abs 2 SGB III sei hier in der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung anzuwenden, da sowohl der Vorgang, der die gesetzlich fixierte Rückzahlungsverpflichtung ausgelöst habe, als auch der Rückforderungsbescheid der Beklagten vor dem Tag der Gesetzesänderung ergangen seien. Allein aus der Tatsache, dass der Bescheid bis zum Tag der Gesetzesänderung noch nicht rechtskräftig geworden sei, ergebe sich nicht, dass die zum 01.08.1999 geänderte Vorschrift hier Anwendung finden müsste. Nach § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III aF sei der EZ zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes beendet worden sei. Dies sei hier der Fall, wobei sich die Klägerin nicht auf § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III aF berufen könne, wonach der bereits gezahlte EZ nicht zurückzuzahlen sei, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitsnehmers hin erfolgte, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hatte. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitslosen Z. sei zwar durch fristlose Kündigung des Arbeitnehmers beendet worden, den Grund hierfür habe jedoch die Klägerin zu vertreten. Sie habe aufgrund der Vorsprachen ihres ehemaligen Arbeitnehmers gewusst, dass diesem an einer pünktlichen Zahlung seines Lohnes zum Monatsersten sehr gelegen und dieser nicht bereit war, verspätete Zahlungen dauerhaft zu tolerieren. Die unpünktlichen Zahlungen des monatlichen Gehaltes stellten einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung seitens des Arbeitnehmers dar, wie das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 23.09.1993 - 10 FA 587/93 - entschieden habe. Im Bescheid vom 29.06.1999 habe die Beklagte die Höhe der Forderung auf der Grundlage der Vorschrift des § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III aF zutreffend ermittelt. Eine Ausnahme von der Rückzahlungsverpflichtung nach § 223 Abs 2 Satz 2 Ziff 1 bis 3 SGB III aF lägen nicht vor.

Gegen das ihr am 28.06.2001 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 27.07.2001 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung, die nicht begründet wurde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Würzburg vom 22.05.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 20.06.1999 idG des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz = SGG) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

In der Sache erweist sich die Berufung jedoch als unbegründet, denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 22.05.2001 zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 29.06.1999 idG des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2000 abgewiesen.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung bildet hier § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung des AFRG. Dies ergibt sich aus § 422 SGB III, der für das gesamte Gebiet der aktiven Arbeitsförderung Grundsätze bei Rechtsänderungen normiert. Nach § 422 Abs 1 SGB III sind bei Änderungen dieses Gesetzbuches, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder Maßnahme die Vorschriften der vor dem Tage des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung anzuwenden, wenn vor diesem Tag (1.) der Anspruch entstanden ist, (2.) die Leistung zuerkannt worden ist oder (3.) die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme bewilligt worden ist.

Eingliederungszuschüsse an Arbeitgeber stellen nach § 3 Abs 2 Nr 2 iVm § 3 Abs 4 SGB III Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dar. Diese wurden der Klägerin mit Bescheid vom 14.10.1998, also vor dem 01.08.1999 bewilligt, so dass die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 SGB III für die Anwendung alten (dh hier: des vor dem 01.08.1999 geltenden) Rechts erfüllt sind (vgl zum ganzen BSG vom 21.03.2002 - B 7 AL 48/01 R).

Damit gilt hier aber auch für die Rückforderung des EZ § 223 Abs 2 SGB III aF, denn auch die Rückzahlung nach dieser Regelung betrifft "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung", auf die die Übergangsregelung des § 422 SGB III Anwendung findet. Diese Regelung bezieht sich - schon nach ihrem Wortlaut - nicht nur auf laufende Leistungen bzw Leistungsfälle, die bei Eintritt der Rechtsänderung noch nicht abgeschlossen sind, sondern auf das gesamte Gebiet der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, wie hier auf das Gebiet der Eingliederungszuschüsse nach § 217 ff SGB III, zu dem auch § 223 SGB II gehört. Insoweit sind die Regelungen über die Anspruchsvoraussetzungen für die Eingliederungszuschüsse (§§ 217 ff SGB III) und deren Rückzahlung (§ 223 Abs 2 SGB III) einheitlich als Vorschriften über "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung iS des § 422 SGB III" anzusehen.

Nach der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung des § 223 Abs 2 Satz 2 SGB III konnte von der Rückforderung eines EZ nur dann abgesehen werden, wenn (1.) der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, (2.) die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgte, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hatte oder (3.) der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hatte. Keine dieser genannten Gründe lag jedoch im Falle des Arbeitnehmers Z. vor, denn dieser hat sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19.04.1999 ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist wegen der verzögerten Lohnfortzahlung durch die Klägerin gekündigt. Die Klägerin als Arbeitgeberin hatte somit den Grund für die Kündigung zu vertreten, so dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III für ein Absehen von der Rückforderung hier nicht vorlagen. Auf die Ausführungen des SG nimmt der Senat im Übrigen Bezug (§ 153 Abs 2 SGG).

Die Höhe des von der Beklagten rechnerisch richtig festgestellte Rückforderungsbetrages von DM 11.880,- ist nicht zu beanstanden.

Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved