L 4 KR 134/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 KR 312/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 134/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 18/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 4.373,30 DM (entsprechend in Euro) Mehrkosten für Hörgeräte zu bezahlen.

Der am 1963 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Er leidet unter hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit rechts und Taubheit links. Mit der Begründung, das vorhandene Gerät reiche für die Anforderung während der Arbeit nicht aus, verordneten die Ohrenärzte Dres.N. dem Kläger am 22.07.1997 Hörhilfen für beide Ohren. Vom Hörgerätfachgeschäft W. & H. wurde dem Kläger daraufhin am 04.09.1997 eine Hörgeräteversorgung zum Gesamtpreis von 2.270,50 DM vorgeschlagen. Der Kläger bestätigte, diese Hörhilfen am 04.09.1997 erhalten zu haben. Am 01.10.1997 gaben dann Dres.N. an, es werde eine ausreichende Hörverbesserung erzielt, das vorgeschlagene Gerät sei zweckmäßig.

Am 10.10.1997 wurde der Kläger mit neuen Hörgeräten der Marke Phonak Sono Forte 332 XAZ versorgt. Der Beklagten wurde ein Kostenvoranschlag in Höhe von 6.450,00 DM vorgelegt. Dres.N. attestierten hierzu am 22.10.1997, es handele sich nicht um ei- ne luxuriöse Anschaffung. Das Fachgeschäft für Hörgeräte W. & H. begründete die neue Versorgung damit, mit herkömmlichen analogen Hörgeräten erreiche der Kläger nicht mehr als 0 % Hörvermögen.

Die Beklagte hörte zur Übernahme der Mehrkosten den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an. Der dort tätige HNO-Arzt Dr.D. kam nach Aktenlage zu dem Ergebnis, eine Kostenübernahme für zwei Hörgeräte nur in Höhe der Festbetragsregelung zu befürworten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine Versorgung mit nicht digitalen Geräten zu einem nullprozentigen Sprachverständnis führen würde. Die durchgeführte Versorgung sei unumstritten sehr hochwertig, sie übersteige jedoch das Maß des Notwendigen und Wirtschaftlichen und sei überteuert.

Die Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit Bescheid vom 24.02.1998 mit, sie könne Kosten lediglich in Höhe der Festbeiträge übernehmen. Die vom Kläger erhobene Klage wurde als Widerspruch angesehen. Der Widerspruch wurde aufrecht erhalten, obwohl sich die Beklagte bereit erklärt hatte, sich trotz Senkung der Festbeträge zum 01.10.1998 an der Hörgeräteversorgung des Klägers mit insgesamt 3.500,00 DM zu beteiligen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.1999 zurück. Im Bescheid erläuterte sie die Berechnung der Festbeträge und teilte unter Bezugnahme auf die Ausführungen des MDK mit, die Festbetragsregelung sei ausreichend.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage beantragte der Kläger die volle Kostenerstattung. Das Sozialgericht holte die Hördokumentation der im Jahr 1995 erfolgten Versorgung ein. Von der Beklagten wurde ein drittes Gutachten des Dr.D. (MDK) vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.05.2001 abgewiesen. Die Beklagte sei ihrer Leistungspflicht durch Bezahlung der Festbeträge nachgekommen. Die Festbetragsregelung sei verfassungsmäßig. Das Bundessozialgericht habe dies mehrfach entschieden, auch das Fehlen einer allgemeinen Härteklausel bei Hilfsmitteln stelle keine unabsichtiche Regelungslücke dar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung. Der Bevollmächtigte des Klägers führt aus, konkret werde mit der Berufung gerügt, dass sich das SG mit den medizinischen, vor allem aber den technischen Voraussetzungen nicht direkt und selbst auseinandergesetzt habe und es insofern auch konsequenterweise die Rechtmäßigkeit der Festbetragsregelung gar nicht prüfen konnte. Dies wäre aber notwendig gewesen, da die Grundlage der Entscheidung § 33 Abs.1 Satz 1 SGB V sei. Diese Bestimmung lege fest, dass ein Anspruch auf Versorgung insoweit bestehe, als diese erforderlich sei, um die bestehende Behinderung auszugleichen. Dies führe dazu, dass eine Bejahung der Rechtmäßigkeit der Festbetragsregelungen in erster Linie daran festzu- machen sei, ob die Erforderlichkeit im Sinne des § 33 Abs.1 Satz 1 SGB V bei der nach der Festbetragsregelung vorgesehenen pauschalen Beurteilung beobachtet wurde. Dies hätte das Sozialgericht umfassender aufklären müssen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.05.2001 und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 24.02.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm DM 4.373,30 - entsprechend in Euro - Mehrkosten für die beiden in der Rechnung vom 09.01.1998 aufgeführten für Hörgeräte zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt zur Begründung aus, das Sozialgericht habe sich im Urteil mit den rechtlichen Aspekten der Festbetragsregelung ausführlich und zutreffend auseinander gesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte des Sozialgerichts und der Beklagten sowie auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes (§ 144 SGG) nicht der Zulassung bedarf, erweist sich als unbegründet.

Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass sich die Leistungspflicht der Beklagten auf die Bezahlung des Festbetrags beschränkt.

Der Kläger ist schwerhörig. Dass er im Rahmen der Krankenbehandlung nach §§ 11 Abs.1 Nr.4 i.V.m. 27 und 33 SGB V zwei Hörgeräte benötigt, ist unbestritten. Hörgeräte sind für den Kläger erforderliche Hilfsmittel im Sinn des § 33 Abs.2 SGB V, für die nach § 36 SGB V ein Festbetrag festgesetzt ist. Die Kosten in Höhe des Festbetrages hat die Beklagte übernommen. Dass der Festbetrag in Höhe von 2.270,50 DM nicht zutreffend errechnet sei, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es ist aktenkundig, dass der Kläger am 04.09.1997 die von den Hals-Nasen-Ohrenärzten Dres.N. verordnete Hörhilfe erhalten hat. Die Versorgung erfolgte auf Vorschlag des Hörgerätefachgeschäfts W. & H. unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit zum Festbetrag. Dres.N. haben am 01.10.1997 bescheinigt, dass durch die vorgeschlagenen Hörgeräte eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und die Geräte zweckmäßig sind. Die Beklagte hat den Festbetrag bezahlt. Damit war die der Verordnung entsprechende Versorgung abgeschlossen.

Für die am 10.10.1997 durchgeführte Versorgung mit den neuen Hörgeräten der Marke Phonak mit digitaler Fernbedienung fehlt eine neue ärztliche Verordnung. Die über dem Festbetrag liegenden Kosten wurden dem Kläger in Rechnung gestellt.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Kläger unter keinem rechtlichen Aspekt Anspruch auf Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Kosten. Die gemäß § 12 Abs.2 SGB V geschuldete wirtschaftliche und notwendige Versorgung war zum Festbetrag möglich. § 33 Abs.2 Satz 1, wonach die Krankenkasse Kosten für ein Hilfsmittel nur in Höhe des Festbetrages zu tragen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Bundessozialgericht hat sich im Urteil vom 14.09.1994 (SozR 3-2500 § 33 Nr.12) ausführlich zur Verfassungsmäßigkeit geäußert. Es sieht in der Beschränkung der Kostenerstattung weder einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art.14 Grundgesetz noch in der Tatsache, dass bei Hilfsmitteln keine Härteklauseln existieren, eine Verletzung des Rechtsstaats- oder Sozialstaats- prinzips. Die verfassungsrechtlichen Bedenken die das Bundes- sozialgericht bezüglich der Festsetzung nicht als Rechtsnorm durch dazu legitimierte Rechtsetzungsorgane, sondern durch Verwaltungsbehörden hatte (siehe hierzu Vorlage des 3. Senats vom 14.06.1995, UKS 95 167) hat das Verfassungsgericht nicht geteilt. Die in den §§ 35 und 36 SGB V den Verbänden eingeräumte Ermächtigung, Festbeträge festzusetzen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12. 2002, Az.: 1 BVL 28/95, 29/95, 30/95; BGBl.I 2003, 126). Das Bundesverfassungsgericht weist in diesem Urteil allerdings auf die besondere Bedeutung der gerichtlichen Kontrolle der Festbetragsfestsetzung hin. Sie sei geeignet, die Rechte der Versicherten zu wahren. Sie verhindere, dass der Festbetrag so niedrig festgesetzt wird, dass eine ausreichende Versorgung der Versicherten durch vertragsgebundene Leistungserbringer nicht mehr gewährleistet ist. Die Kontrolle des hier zu entscheidenden Einzelfall des Klägers hat ergeben, dass die ausreichende Versorgung des Klägers mit Hörgeräten zum Festbetrag möglich war. Kosten für eine aufwendigere Versorgung hat die Beklagte nicht zu tragen. Unter diesem Aspekt sieht der Senat keine Notwendigkeit mehr, zu überprüfen, wie sich der vom Kläger geforderte Betrag errechnet. Offensichtlich hat der Leistungserbringer dem Kläger eine andere Summe in Rechnung gestellt, als er der Beklagten im Kostenvoranschlag genannt hat.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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