S 19 KA 40/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
19
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 40/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 7).

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte dem Beigeladenen zu 7) zu Recht die Genehmigung erteilt hat, die Beigeladene zu 9) in dessen Praxisbetrieb zu beschäftigen.

Die Beigeladene zu 9) durchlief von Oktober 1991 bis September 1994 eine Weiterbildung auf dem Gebiet "Psychiatrie" und war von Januar 1995 bis Januar 1999 in der Praxis des Beigeladenen zu 7), der als Arzt für Neurologie und Psychiatrie seit 1990 mit dem Arzt Dr. I eine gebietsübergreifende Gemeinschaftspraxis an dem Sitz T Gasse 00, E, betreibt, als Assistentin zur Weiterbildung beschäftigt. Unter dem 12.03.1999 beantragte der Beigeladene zu 7) die Genehmigung, die Beigeladene zu 9) ab dem Quartal II/99 als angestellte Ärztin in seiner Praxis beschäftigen zu dürfen. Mit Urkunde vom 17.03.1999 erkannte die Ärztekammer Nordrhein die Beigeladene zu 9) als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie an.

Mit Beschlüssen vom 24.03.1999 entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte - E - dem Beigeladenen zu 7) die Zulassung als Vertragsarzt und lehnte dessen Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) ab. Der Beigeladene zu 7) erhob Widerspruch: Der Beschluss über die Entziehung der Zulassung sei noch nicht bestandskräftig, weil er auch gegen diesen Beschluss Widerspruch erhoben habe. Deshalb sei er weiterhin ein Vertragsarzt mit sämtlichen Rechten und Pflichten.

Die Beigeladenen zu 3), 4) und 5) sprachen sich dafür aus, dem Widerspruch stattzugeben. Mit Beschluss vom 16.02.2000 genehmigte der Beklagte die Anstellung der Beigeladenen zu 9) als ganztagsbeschäftigte Ärztin und stellte ein Gesamtpunktzahlvolumen als Obergrenze für die Quartale I/00 bis IV/00 fest: Sowohl der Beigeladenen zu 7) als auch dessen Partner Dr. I hätten eine Verpflichtungserklärung zur Beschränkung des Praxisumfangs unterzeichnet. Das durch die Zulassung erworbenen Statusrecht als Vertragsarzt umfasse auch das Recht auf Anstellung eines Arztes. Derartige Statusrechte könnten solange ausgeübt werden, wie die Zulassung nicht mit bindender Wirkung entzogen sei. Eine Gefährdung der Versorgung der Patienten sei weder vorgetragen worden noch sonstwie ersichtlich.

Die Klägerin trägt zur Begründung der dagegen binnen Monatsfrist erhobenen Klage vor: Die Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 9) als ganztagsbeschäftigte Ärztin hätte nicht erteilt werden dürfen. Eine solche Genehmigung können aufgrund der daraus resultierenden Weisungsrechte des anstellenden Vertragsarztes nur dann erteilt werden, wenn der betreffende Arzt zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen geeignet sei. Der Zulassungsausschuss habe mit Beschluss vom 24.03.1999 dem Beigeladenen zu 7) die Zulassung als Vertragsarzt deshalb entzogen, weil dieser gröblich gegen vertragsärztliche Pflichten verstoßen habe und deshalb ungeeignet zur weiteren Ausübung der vertragsärztlichen Versorgung sei. Der Beklagte habe mit Beschluss vom 15.11.2000 den vonseiten des Beigeladenen zu 7) dagegen erhobenen Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Aufgrund der Rechtsprechung zur Nichtbegründung eines Widerspruchs innerhalb der Widerspruchsfrist sei davon auszugehen, dass der Beschluss des Beklagten im laufenden Hauptsacheverfahren (Sozialgericht Duisburg, Az.: S 19 KA 72/00) bestätigt werde und damit die durch den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 30.01.2001 (Az.: S 19 KA 1/01 ER) festgestellte aufschiebende Wirkung der von dem Beigeladenen zu 7) erhobenen Klage alsbald enden werde.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 16.02.2000 aufzuheben.

Der Beigeladene zu 7) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 7) trägt vor: Die Klägerin wolle das Genehmigungsverfahren hinziehen und eine gerichtliche Entscheidung verhindern. Dieses Verhalten sei der beinahe klassische Fall eines Verhaltens, für das nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Auferlegung von Mutwillenskosten vorgesehen sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, den Widerspruchsaktenvorgang des Beklagten sowie auf die den Beigeladenen zu 7) betreffenden Arztregister- und Zulassungsakten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Beschluss des Beklagten vom 16.02.2000 beschwert die Klägerin nicht nach § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Dieser Beschluss ist rechtmäßig. Der Beklagte hat dem Beigeladenen zu 7) zu Recht die Genehmigung erteilt, die Beigeladene zu 9) in der mit Herrn Dr. I betriebenen fachgebietsübergreifenden Gemeinschaftspraxis als ganztagsbeschäftigte Ärztin anzustellen.

Nach § 136 Abs. 3 SGG sieht die Kammer von einer weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe zunächst ab und verweist auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die sie nach eingehender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage in vollem Umfang für zutreffend erachtet.

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass der von einem noch anhängigen Zulassungsentziehungsverfahren betroffene Vertragsarzt kraft der aufschiebenden Wirkung, mit der die von seiner Seite eingelegten Rechtsbehelfe nach § 96 Abs. 4 S. 4 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuch (SGB IV) und § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung verbunden sind, sogar dazu befugt wäre, seinen Vertragsarztsitz zu verlegen (§ 24 Abs. 4 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - Ärzte-ZV) oder zur Neubesetzung ausschreiben zu lassen (§ 103 Abs. 4 SGB V).

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die durch den Beschluss des Gerichts vom 30.01.2001 (Az.: S 19 KA 1/01 ER) festgestellte aufschiebende Wirkung der von dem Beigeladenen zu 7) erhobenen Klage (Az.: S 19 KA 72/00) alsbald enden werden, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, im vorliegenden Fall von den rechtlichen Konsequenzen, die sich aus der in § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG statuierenden aufschiebenden Wirkung ergeben, einer Ausnahme zu machen. Die Erfolgsaussichten der Klage, die der Beigeladene zu 7) gegen den Beschluss des Beklagten vom 15.11.2000 erhoben hat, sind in diesem Rechtsstreit nicht zu berücksichtigen. Zudem ist die zu § 44 Ärzte-ZV bisher ergangene Rechtsprechung, auf die der Beklagte seinen Beschluss vom 15.11.2000 stützt, Gegenstand eines derzeit noch bei dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahrens (Az.: 1 BvR 848/01), in welchem es unter anderem um die Frage gehen dürfte, ob die von dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vertretene Auslegung, wonach § 44 S. 1 Ärzte-ZV auch die Begründung des Widerspruchs innerhalb der in § 84 Abs. 1 SGG statuierten Monatsfrist zwingend vorschreibt und für den Fall, dass die Begründung erst nach Ablauf dieser Frist bei dem Berufungsausschuss eingeht, es dem Berufungsausschuss gestattet, einen innerhalb der Monatsfrist erhobenen Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen, mit verfahrensrechtlichen Grundrechten wie Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) bzw. Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf 193 Abs. 1 SGG. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass der Beigeladene zu 7) einen hinreichenden Anlass gehabt hat, die im Widerspruchsverfahren erlangte Genehmigung gegen die Anfechtungsklage der Klägerin mit anwaltlicher Hilfe zu verteidigen. Den übrigen Beteiligten und dem Beklagten sind keine im Rahmen von § 193 Abs. 2 bis Abs. 4 SGG erstattungsfähigen Aufwendungen entstanden.
Rechtskraft
Aus
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