L 2 U 80/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 74/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 80/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 88/03 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1955 geborene Kläger erlitt am 11.11.1994 einen Autounfall. Nach seinen Angaben stand sein Fahrzeug, als es von dem ihm nachfolgenden Fahrzeug auf den davor stehenden Wagen geschoben wurde.

Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr.K. vom Kreiskrankenhaus M. , berichtete, der Kläger sei am 12.11.1994 gegen 10.3o Uhr im Krankenhaus eingetroffen. Er habe am 11.11.1994 gegen 13.55 Uhr einen Auffahrunfall als angeschnallter Pkw-Fahrer erlitten. Nach dem Unfall habe er sich nach Hause begeben. Jetzt bestünden Druck- und Bewegungsschmerz im Bereich der 4. Rippe sowie Bewegungsschmerz der unteren Halswirbelsäule, sonst freie Beweglichkeit. Periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität seien ohne Befund. Dr.K. stellte die Diagnosen: HWS-Schleudertrauma, Fraktur 2. und 3. Rippe rechts. Bei der Nachuntersuchung am 07.12.1994 klagte der Kläger über Schmerzen im unteren Brustbeindrittel und in der Halswirbelsäule. Es bestanden eine nur endgradige Bewegungseinschränkung der HWS, ein lokaler Druckschmerz, die Nackenmuskulatur war nicht verhärtet. Röntgenaufnahmen der Rippen ergaben keinen Frakturhinweis. Dr.K. vertrat die Auffassung, es handele sich um eine Thoraxprellung. Bei weiteren Nachuntersuchungen vom 14.12.1994, 28.12.1994 und 27.01.1995 gab der Kläger anhaltende Beschwerden an. Er trug auch im Januar 1995 noch häufig die Halskrawatte. Die Beschwerden waren nicht zu objektivieren. Arbeitsfähigkeit war laut Dr.K. ab 02.01.1995 gegeben.

Der Neurologe und Psychiater Dr.F. führte im Bericht vom 02.12.1994 aus, der Kläger gebe an, einige Stunden nach dem Unfall habe er starke Nackenschmerzen verspürt. Diese Schmerzen bestünden unverändert fort. Die neurologische Untersuchung habe außer einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung des Kopfes keinerlei Ausfälle gezeigt. Die neurologischen Untersuchungen hätten keine Befunde ergeben. Es handele sich um ein HWS-Schleudertrauma ohne Hinweise für eine umschriebene Muskelläsion oder eine Schädigung des Myelons. Auch am 10.02.1995 fanden sich keine Hinweise für eine Läsion.

Der Allgemeinarzt Dr.R. bestätigte im Bericht vom 04.03. 1995 Arbeitsunfähigkeit vom 14.11. bis 30.12.1994, der Orthopäde Dr.H. bis 28.02.1995. Der Radiologe Dr.H. erklärte nach Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 10.03. 1995, es finde sich kein pathologischer Befund, insbesondere keine morphologisch fassbaren Traumafolgen.

Beigezogen sind die Unterlagen der AOK Kaufbeuren und der BKK der Bayerischen Staatsbauverwaltung. Daraus ergeben sich Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Lumboischialgie vom 28.07. bis 21.08.1987 und vom 15.02. bis 05.03.1993.

Der Chirurg Prof.Dr.B. kam im Gutachten vom 18.09.1995 zusammenfassend zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe anlagebedingt ein fixierter kyphotischer Rundrücken der Brustwirbelsäule. Durch das Unfallereignis sei es zu einem Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule gekommen, Hinweise auf unfallbedingte Verletzungen hätten sich aber nicht ergeben. Das Kernspintomogramm zeige ein regelrechtes Signalverhalten des Rückenmarks, Bandscheibenläsionen hätten ausgeschlossen werden können. Die Röntgenaufnahmen vom 12.11.1994, spätere Kontrollaufnahmen und die am 17.08.1995 gefertigten Röntgenaufnahmen ließen knöcherne Schäden der cervikalen Wirbelsäule ausschließen. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit hätten bis 01.01.1995 bestanden. Die MdE habe ab Feststellung der Arbeitsfähigkeit 0 v.H. betragen.

Mit Bescheid vom 20.12.1995 erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an, lehnte aber die Gewährung einer Rente ab.

Zur Begründung des Widerspruchs vom 12.01.1996 übersandte der Kläger ein Attest des Dr.R. vom 26.11.1995, in dem Dr.R. bestätigte, der Kläger sei in den letzten 15 Jahren nie wegen eines Halswirbelsäulenleidens in Behandlung gewesen. Die Beschwerden seien somit auf den Verkehrsunfall zurückzuführen. Dr.R. verwies auf eine vorbestehende chronische rezidivierende Intercostalneuralgie bei Kyphoskoliose der Brustwirbelsäule. Die dadurch bedingten Beschwerden seien jedoch nicht identisch mit den unfallbedingten Beschwerden. Dr.K. attestierte dem Kläger am 15.12.1994 eine MdE um 100 v.H. vom 11.11. 1994 bis 11.12.1994, danach bis 25.12.1994 um 50 v.H. und bis 31.01.1995 um 20 v.H ... Der Kläger sei derzeit noch arbeitsunfähig.

Vom 01.02.1996 bis 29.02.1996 wurde der Kläger in der Fachklinik E. stationär behandelt. Festgestellt wurde ein chronisches Cervikal- und Thorakalsyndrom bei statodynamischer Dysbalance und Zustand nach HWS-Beschleunigungstrauma am 11.11. 1994. Es bestehe eine weitgehend freie Beweglichkeit der Halswirbelsäule, eine leichte Schmerzangabe bei endgradiger Bewegung. Ein Anhalt für eine Bänderverletzung im Kopfgelenksbereich sei nicht gegeben. Es hätten sich Hinweise für Läsionen langer Bahnen zu den unteren Extremitäten und zum linken Arm ergeben, dagegen kein Hinweis für eine radikuläre Läsion.

Vom 21.05. bis 20.06.1996 befand sich der Kläger in der Neurologischen Klinik U. zur stationären Behandlung. Die Diagnosen lauteten: Cervikogener Kopfschmerz infolge HWS-Beschleunigungstrauma, leichte Bandscheibenprotrusion HWK 6/7, beginnendes Sulcus-ulnaris-Syndrom links, leichte motorische Polyneuropathie. Das aktuell angefertigte NMR der Halswirbelsäule habe keine Befundänderung im Vergleich zur Untersuchung vom März 1995 und nur diskrete Veränderungen ergeben. Im NMR der Brustwirbelsäule zeige sich ebenfalls nur eine kleine subligamentäre Bandscheibenprotrusion zwischen BWK 4/5 und eine ausgeprägte Kyphosierung ohne Hinweis für eine Affektion des Myelons. Der Kläger habe bereits 1992 einen Auffahrunfall erlitten. Im Hinblick auf die Vorbefunde, insbesondere vom März und Dezember 1993, sei davon auszugehen, dass bereits vor dem Unfall Anzeichen einer beginnenden Polyneuropathie bestanden hätten. Die Veränderungen seien nur diskret, so dass ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis eher fragwürdig erscheine. Die geklagten ausgeprägten Cervikobrachialgien seien durch die erhobenen Befunde nicht ausreichend zu erklären. Es bestünden eine ausgeprägte Selbstbeobachtung, Verdacht auf Aggravation sowie eine reaktiv depressive Verstimmung.

Ein MRT der Brustwirbelsäule vom 05.06.1996 ergab keinen Hinweis für eine Myelomalazie, nur eine kleine Bandscheibenprotrusion bei BWK 4/5 und eine ausgeprägte Kyphosierung der Brustwirbelsäule. Ferner wurde der Verdacht auf einen Morbus Scheuermann geäußert. Im MRT der Halswirbelsäule vom 18.06.1996 zeigten sich leichte degenerative Veränderungen im HWK 6/7.

Der Beratungsarzt, der Chirurg Dr.B. , vertrat in der Stellungnahme vom 23.01.1997 die Auffassung, da die Kernspintomographie vom 10.03.1995 keinen pathologischen Befund ergeben habe und auch bei der Begutachtung am 17.08.1995 keine Veränderungen fassbar geworden seien, könne man mit genügender Sicherheit feststellen, dass es bei dem Unfall zu keiner nachhaltigen Verletzung gekommen sei. Es bestehe ein psychovegetatives Cervikalsyndrom, das wahrscheinlich vor dem Hintergrund einer bereits vorbestehenden Polyneuropathie zur Vorstellung gebracht worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat zur Begründung der Klage vom 05.03.1997 auf ein Attest des Neurochirurgen Dr.M. vom 11.12.1996 verwiesen.

Es sei zu einer Überdehnung der Bänder bei C 4/C 5 gekommen, so dass hier eine Gefügeinstabilität bestehe, die das Cervikalsyndrom verursache. Es werde eine operative Stabilisierung vorgeschlagen.

Am 10.03.1997 erfolgte eine Titanplattenosteosynthese in Höhe C 4/C 5. Am 24.04.1997 wurde mitgeteilt, der Kläger sei über das Verschwinden der Beschwerdesymptomatik, die er vor der Operation gehabt habe, sehr glücklich. Das Tragen einer Halskrawatte sei nicht mehr erforderlich. Vom 03.04. bis 01.05.1997 wurde der Kläger erneut in der Fachklinik E. stationär behandelt. Er klagte über bewegungsabhängige Cervikalgien. Die Reklination und Inklination war im Bereich der Halswirbelsäule nur angedeutet möglich, die Rotation etwa um die Hälfte eingeschränkt. Neurologische Ausfälle ließen sich nicht feststellen.

Der Radiologe Dr.V. stellte am 16. und 17.07.1997 im MRT der oberen Halswirbelsäule eine Ruptur der Ligamenta alaria fest.

Das SG hat Befundberichte von Dr.M. , Dr.R. und Dr.M. beigezogen, außerdem Gutachten und ärztliche Stellungnahmen aus dem Schwerbehindertenverfahren. Der Neurologe Dr.H. stellte fest, es bestünde eine geringe Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule ohne radikuläre Symptomatik. Der Neurologe Dr.B. verwies darauf, die geklagten Beschwerden seien keineswegs mit den objektivierbaren Befunden zu erklären. Selbst wenn eine Gefügestörung vorliegen sollte, habe diese zu keinerlei neurologischen Ausfällen geführt. Der Chirurg Dr.P. erklärte, Dr.M. habe zwar eine mittelgradige Funktionseinschränkung der Halwirbelsäule festgestellt, Muskelverspannungen seien aber nicht beschrieben, auch hätten sich keine motorischen oder sensiblen Ausfälle gefunden.

Der Neurochirurg Dr.B. vertrat im Schreiben vom 04.06.1998 die Auffassung, aufgrund einer nachgewiesenen Kapsel-Bandverletzung bestehe die Indikation für eine stabilisierende Operation. In der Schulthess-Klinik Zürich wurde geäußert, ein Beweis für die Ursache der Beschwerden liege nicht vor. Immerhin seien sie derart, dass etwas unternommen werden müsse. Am 05.11.1998 erfolgte eine Infiltration des Gelenkes C 1/2, am 06.11.1998 eine probatorische Verschraubung und am 13.11.1998 eine definitive Spananlagerung. Vom 27.04. bis 01.06.1999 wurde der Kläger im Neurologischen Rehabilitationskrankenhaus Kliniken S. stationär behandelt. Es hätten nur geringgradige Verbesserungen erzielt werden können. Der Versuch, den Kläger von der Halskrawatte zu entwöhnen, sei nur teilweise gelungen. Im Rahmen der Therapien sei es leicht zu Schmerzexacerbationen gekommen.

Der Neurochirurg Dr.G. hat im Gutachten vom 29.10.1999 die Auffassung vertreten, Anamnese und Befunde ergäben die klassische Diagnose einer Halswirbelsäulendistorsion Grad I bis II nach Erdmann. Es habe ein schmerzfreies Intervall von ein bis zwei Stunden bestanden, Schluckschmerzen seien nicht vorhanden gewesen, eine totale Insuffizienz der Kopfhaltemuskulatur ebenfalls nicht. Es habe sich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule gezeigt, dagegen keine Schmerzen zwischen den Schulterblättern. Neurologische Defizite seien zu keinem Zeitpunkt festzustellen gewesen. Ein eindeutiger Kausalzusammenhang zwischen einer Verletzung der Flügelbänder und Beschwerden nach HWS-Distorsion sei bis jetzt medizinisch nicht belegt. Im Übrigen habe sich die Symptomatik auch nach der zweiten Operation nicht verbessert. Im Gegenteil bestehe jetzt eine nahezu vollständige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, was zumindest bis 1996 nicht der Fall gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass beim Kläger ein Cervikalsyndrom bestehe, das nicht mehr als unfallbedingt angesehen werden könne. Zu berücksichtigen seien die vorbestehende Polyneuropathie und Fehlstellung bei HWK 4/5. Eine psychovegetative Überlagerung könne nicht ausgeschlossen werden. Die MdE betrage 0 v.H.

Der Kläger hat einen Brief des Chirurgen Dr.K. vom 13.02.1998 übersandt, in dem ausgeführt wird, eine Stabilisierung von C 0/C 2 sei nicht indiziert, auch wenn die Beschwerdesymptomatik erheblich sei. Eine Besserung nach Fusion sei fraglich, da die muskuläre Situation sich eher verschlechtern werde. Dr.B. hat im Attest vom 17.02.1999 darauf hingewiesen, die Operation habe keine wesentliche Besserung erbracht. Dr.M. hat am 14.05.1997, 12.06.1997, 02.03.1998 und 06.03.1998 geäußert, es bestehe der Verdacht, dass das Ligamentum alaria rechts durch den Unfall gerissen sei. Es habe sich um einen schweren Verkehrsunfall gehandelt.

Mit Urteil vom 07.02.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe am 11.11.1994 unstreitig eine Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule erlitten. Es habe sich aber nur um eine Distorsion Grad I bis II gehandelt. Der Kausalzusammenhang sei nicht dadurch bewiesen, dass sich die Beschwerden zeitlich nach dem Arbeitsunfall eingestellt hätten. Zu berücksichtigen seien die vorbestehende Polyneuropathie und eine Knickkyphose. Funktionelle Einschränkungen, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, lägen unfallbedingt nicht vor. Dr.M. beschreibe im Arztbrief vom 11.12.1996 eine endgradig zwar schmerzhafte, im Übrigen jedoch nicht eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule.

Zur Begründung der Berufung vom 28.02.2000 übersandte der Kläger einen Bericht der Fachklinik E. über die stationäre Behandlung vom 08.12. bis 29.12.1999. Der Verlauf sei sehr problematisch gewesen, da bei fast jeder Therapieform die konsequente Durchführung abgelehnt worden sei. Dr.B. äußerte im Bericht vom 02.02.2000, man müsse davon ausgehen, dass trotz der operativen Eingriffe eine mechanisch relevante Stabilisierung bei primär nachgewiesener Instabilität der oberen HWS-Segmente noch nicht erreicht worden sei. Es werde daher vorgeschlagen, das Segment C 0/1 zusätzlich operativ zu immobilisieren.

Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.O. führte im Gutachten vom 05.03.2001 aus, eine strukturelle Verletzung, die mit bildgebenden Verfahren sichtbar gemacht werden könnte, könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Diese fehlende objektive Nachweisbarkeit gelte jedoch auch schon für die unmittelbar dem Unfall folgende Zeit, in der aber alle Ärzte ohne den geringsten Zweifel eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit angenommen hätten. Eine ausgeprägte chronifizierte Schmerzkrankheit mit mittleren bis schweren neuropsychologischen Funktionsausfällen sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Die von Prof.Dr.B. angeführte unfallunabhängige Vorerkrankung im Sinne einer Kyphose sei nicht in der Lage, derartige Beschwerden, wie sie beim Kläger bestünden, hervorzurufen. Außerdem habe der Kläger diese Wirbelsäulenform schon seit Jahren gehabt, ohne unter Beschwerden zu leiden. Die zweimalige Arbeitsunfähigkeit wegen Lendenwirbelsäulenbeschwerden habe keine Bedeutung im Sinne einer konkurrierenden Kausalität. Wenn Dr.G. von einer psychovegetativen Überlagerung spreche, so sei ihm entgegenzuhalten, dass er diesen Befund nicht geklärt habe. Unfallunabhängige Ursachen für die nunmehr eindeutig vorhandene Schmerzkrankheit mit mittleren bis schweren neuropsychologischen Funktionsausfällen hätten nicht aktenkundig gemacht werden können. Nach Beenden der Arbeitsunfähigkeit am 31.12.1994 sei eine MdE von 40 v.H. verblieben. 1995 seien Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 23.02. bis 28.02., vom 16.05. bis 26.05., vom 19.06 bis 23.06. und vom 17.10. bis 27.10. eingetreten. 1996 seien die Behandlung in der Fachklinik E. erfolgt sowie Krankschreibungen und der Versuch einer Wiedereingliederung bis zum 31.08.1996. Für diese Zeit sei eine 100 %ige MdE anzunehmen. Bis zum Beenden der Berufstätigkeit, d.h. dem letzten Arbeitstag am 07.03.1997, sei eine MdE von 80 v.H., ab da 100 v.H. anzunehmen.

Der Diplompsychologe Dr.V. äußerte im Gutachten vom 04.01. 2001, beim Kläger lägen mittelschwere bis schwere neuropsychologische Beeinträchtigungen vor. Eine allgemeine Aggravationsneigung sei unwahrscheinlich. Hinsichtlich der Verursachung der neuropsychologischen Defizite könne ein Zusammenhang mit dem HWS-Schleudertrauma als wahrscheinlich angesehen werden. Folgen des zweiten HWS-Schleudertraumas von 1996 oder Interaktionen mit dem ersten Trauma könnten nicht vollständig separiert werden. Eine Verschlimmerung der Symptomatik sei aufgrund der Aktenlage nicht sicher auszuschließen.

Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Neurologe und Psychiater Dr.K. kam im Gutachten vom 20.11.2001 zusammenfassend zu dem Ergebnis, klinisch-neurologische Ausfälle hätten beim Kläger nie vorgelegen. Auffällig sei, dass der Kläger die Halswirbelsäule auch nach Ablegen der Halskrawatte nicht aktiv bewegt habe, bei dem Versuch, sie passiv zu bewegen, aber sofort heftigen aktiven Widerstand entgegengesetzt habe. Am 11.11.1994 sei es lediglich zu einer leichten Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule gekommen. Eine Verletzung diskoligamentärer Strukturen sei auszuschließen. Denn eine Verletzung des Bandapparates gehe ebenso wie eine Läsion der Flügelbänder obligat mit einer klinischen Sofortsymptomatik einher und sei mit einem symptomfreien Intervall, wie es der Kläger stets geschildert habe, nicht zu vereinbaren. Im Übrigen seien derartige Komplikationen in den ersten Jahren nach dem Unfall von keinem Untersucher festgestellt worden. Wenn eine ligamentäre Verletzung stattgefunden hätte, hätte zumindest die Kernspintomographie vom 18.06.1996 Sekundärerscheinungen sichtbar machen müssen. Beim Kläger liege eine sehr lange subjektive Beschwerdesymptomatik vor, die nur bedingt durch objektive Befunde erklärbar sei. Bis zur Untersuchung durch Dr.M. hätten nur objektive Befunde vorgelegen, die eine traumatisch bedingte Instabilität mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen würden. Die von Dr.M. festgestellte Instabilität könne nicht mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht werden, ebenso wenig die Entscheidung zu den Operationen. Die von Dr.V. übermittelten Befunde, die er in unzulässiger Weise interpretiere, würden einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Der Stellenwert der Kernspintomographie, die an sich ein hoch sensibles Verfahren darstelle, sei bei der Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule noch nicht ausreichend definiert. Leistungseinbußen bei einer neuropsychologischen Testuntersuchung könnten eine Hirnläsion nicht beweisen. Sie seien stark von der Kooperation des Untersuchten abhängig, von der Stimmungslage, der Tageszeit und den sonstigen psychischen Befindlichkeiten. Aus psychiatrischer Sicht habe sich kein als krankhaft zu bewertender Befund gezeigt. Der Kläger sei lediglich auf die Kausalität seiner Beschwerden mit dem Unfallereignis fixiert. Neurologische Folgen des Unfalles vom 11.11.1994 lägen nicht vor, insofern sei eine MdE nicht zu begründen.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.F. hat im Gutachten vom 26.11.2001 zusammenfassend ausgeführt, da an der Halswirbelsäule immerhin vier Bewegungssegmente noch erhalten und auch die Wirbelgelenke nur vereinzelt verschleißgeschädigt seien, erkläre sich die vom Kläger gezeigte komplette Versteifung nicht ausreichend. Ein schmerzfreies Intervall von 1 1/2 Stunden, wie es der Kläger schildere, sei mit einer Zerrung der Halswirbelsäule des Schweregrades 1 zu vereinbaren, obwohl in der neueren medizinischen Literatur ein schmerzfreies Intervall grundsätzlich als verletzungsatypisch bezeichnet werde. Im Übrigen habe der Kläger die Fahrt nach Hause fortsetzen können. Auch dies spreche gegen ein schwereres Unfallereignis. Es seien keine Schluckschmerzen beschrieben, keine Haltungsinsuffizienz, kein steifer Hals, keine Schmerzen zwischen den Schulterblättern und keine primären Parästhesien. Die Halswirbelsäule sei trotz Bewegungsschmerzhaftigkeit frei beweglich gewesen. Die Röntgenaufnahmen des Durchgangsarztes zeigten eine Fehlhaltung der Halswirbelsäule in Form einer Kyphose, außerdem degenerative Veränderungen, die also schon am Unfalltag bestanden hätten. Die Fehlhaltung könne nicht als spezifisches Verletzungszeichen aufgefasst werden, da sie auch ohne äußere Einflüsse außerordentlich häufig vorliege. Auch am 17.12.1994 sei nur eine endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule gefunden worden. Die Nackenmuskulatur sei nicht verhärtet gewesen. Noch am 28.12.1994 habe freie Beweglichkeit bestanden. Erstmals im Bericht vom 27.01.1995 werde ein Crescendoeffekt beschrieben. Klinisch seien die Beschwerden allerdings nicht zu objektivieren gewesen. Neurologisch, szintigraphisch und durch ein CT des Schädels hätten morphologische Strukturveränderungen ausgeschlossen werden können. Auch im Februar 1995 sei die Halswirbelsäule von Dr.H. als frei beweglich beschrieben worden. Die Kernspintomographie vom 10.03. 1995 habe keinen pathologischen Befund erbracht. Die bei den kernspintomographischen Untersuchungen vom 05.06.1996 und 18.06.1996 festgestellten Protrusionen seien im Alter des Klägers nicht als eindeutiger pathologischer Befund zu identifizieren, zumal diese Diagnose erst in erheblichem zeitlichen Abstand zum Unfallgeschehen gestellt worden sei. Die Kernspintomographie vom 17.07.1997 interpretiere Dr.V. dahin, dass eine Traumatisierung der Kopfgelenke festzustellen sei. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, dass eine derartige Verletzung mit der anfänglich geringfügigen Symptomatik, einer sich rasch einstellenden freien Beweglichkeit der Halswirbelsäule und einem späteren Crescendoeffekt zu vereinbaren wäre. Leider sei aus dieser Diagnose die Indikation zu mehrfachen operativen Behandlungen abgeleitet worden, mit dem bekannten ungünstigen Resultat. Aufgrund des eindeutigen klinischen Verlaufs und der in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen durchgeführten technischen Untersuchungen sei eine Distorsion der Halswirbelsäule des Schweregrades 1 als Unfallfolge gegeben. Distorsionen des Schweregrades 1 heilten innerhalb weniger Wochen folgenlos aus. Eine unfallbedingte messbare MdE sei weder auf neurologischem noch orthopädischem Gebiet gegeben.

Der Kläger erklärte im Schriftsatz vom 17.01.2002, die Folgen fehlerhaften ärztlichen Handelns - die nach Auffassung von Dr.G. , Dr.K. und Dr.F. nicht indizierten Operationen - seien mittelbare Unfallfolgen. Es werde beantragt, Dr.K. und Dr.F. zur Erläuterung ihrer Gutachten vorzuladen.

Die Beklagte wies im Schreiben vom 06.02.2002 darauf hin, dass nach dem 01.01.1995 Unfallfolgen nicht mehr vorgelegen hätten, so dass spätere Behandlungen nicht mehr in Unfallzusammenhang zu sehen sein.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 22.04.2002 erklärte Dr.O. , eine falsche Behandlung des Schleudertraumas könne es nicht geben, da entsprechende Therapiempfehlungen fehlten. Die von Erdmann 1973 vorgeschlagene und teilweise auch aktuell noch verwandte Klassifikation habe die Probleme nicht lösen können. Aus der primären Bezeichnung des Schweregrades eines Schleudertraumas, egal nach welchem Schema, resultiere keine bestimmte Beschwerdeentwicklung. Wichtig seien die Befunde bei den Nachuntersuchungen, die als Bindeglied zwischen Unfall und späteren Beschwerden dienten. Die Ausführungen Dr.F. zu den regelhaft harmlosen Verletzungsmustern und günstigen posttraumatischen Verläufen seien zutreffend. Es seien aber auch gravierende Ausnahmeverläufe zu beklagen. Dr.F. nehme an, nach 7 Wochen habe keine Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden, d.h. also nach 35 Tagen, ab dem 17.12.1994; Arbeitsunfähigkeit sei aber bestätigt bis 31.12.1994.

Im Befundbericht vom 28.07.2002 berichtete der Allgemeinmediziner Dr.R. , der Kläger sei wegen eines Traumas vom 10.08.1996 zunächst bis 14.08.1996 im Kreiskrankenhaus M. behandelt worden. Es sei eine Distorsion der Halswirbelsäule festgestellt worden. Dadurch sei es zu einer Verschlechterung der vorbestehenden HWS-Beschwerden gekommen.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 12.08.2002 erklärte Dr.K. , die entscheidende Frage der Kausalität werde von Dr.O. nicht berührt. Er gehe nicht auf das primäre Verletzungssubstrat ein, auf die initiale Beschwerdefreiheit und die objektiven Befunde. Eine Schmerzkrankheit im Unfallzusammenhang sei nur dann gegeben, wenn der Unfall zu einer schwerwiegenden Schädigung der Halswirbelsäule geführt hätte. Dies sei aber nach allen vorliegenden Unterlagen nicht der Fall. Zu einer Ausweitung der Schmerzkrankheit sei es offensichtlich durch die beiden Operationen, die nicht im Unfallzusammenhang zu sehen seien, gekommen. Die von Dr.O. festgestellten neuropsychologischen Funktionsstörungen seien im Unfallzusammenhang nicht erklärbar. Es bestünden keine begründeten Zweifel daran, dass die Beschwerden auch im Rahmen der Begutachtung aggraviert würden. Das heißt, dass bei einem durchaus nicht zu leugnenden organischen Kern eine zielgerichtete und nicht unbewusste Übertreibung der subjektiven Symptomatik vorliege. Jedenfalls sei eine schwerwiegende Verletzung der Halswirbelsäule, die in der Lage wäre, ein andauerndes Beschwerdebild zu erklären und zu den Operationen zu führen, definitiv auszuschließen.

Der Kläger hat hierzu im Schreiben vom 19.09.2002 eingewandt, das Gutachten Dr.K. sei nicht verwertbar. Hilfsweise hat er beantragt, Dr.K. zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Weiter hat er beantragt, Dr.F. um Stellungnahme zum Gutachten des Dr.O. sowie um Beantwortung der im Schreiben vom 17.01.2002 gestellten Fragen zu bitten.

Er übersandte Unterlagen des Landgerichts Kempten zum Rechtsstreit des Klägers gegen die G.-Versicherungs AG. Bei der Einvernahme als Zeuge erklärte Dr.H. , wegen Halswirbelsäulenbeschwerden sei der Kläger erstmals am 06.02.1995 behandelt worden. Er habe bei der Untersuchung an diesem Tag einen Muskelhartspann festgestellt bei ansonsten freier Bewegung der Halswirbelsäule. Bis zum Ende des Jahres 1995 habe sich keine Verschlechterung ergeben, aber auch keine befriedigende Verbesserung. Die Halswirbelsäule sei schon 1993 geröntgt worden; sie sei endgradig bewegungseingeschränkt gewesen, und es habe ein mäßiger Hartspann bestanden. Es treffe zu, dass dieser Befund kein anderer sei als 1995. 1995 seien aber noch die subjektiven Beschwerden hinzugekommen. Dr.R. gab als Zeuge an, vor dem Unfall sei der Kläger nicht wegen HWS-Beschwerden behandelt worden. Die HWS-Problematik habe sich nach der weiteren Verletzung vom 10.08.1996 zeitweise verschlechtert.

Der Kläger stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.02.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.12.1995 in Gestalt des Widerspuchsbescheides vom 05.02.1997 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB 7 i.V.m. § 580 RVO).

Ein Arbeitsunfall setzt gemäß § 548 Abs.1 RVO einen Unfall voraus, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten versicherten Tätigkeiten erleidet. Der Begriff des Unfalls erfordert ein äußeres Ereignis, d.h. einen von außen auf den Körper einwirkenden Vorgang, der rechtlich wesentlich den Körperschaden verursacht hat (vgl. BSGE 23, 139, 141). Das äußere Ereignis muss mit der die Versicherteneigenschaft begründenden Tätigkeit rechtlich wesentlich zusammenhängen. Dabei bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises, d.h. sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl.BSGE 45, 285). Die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt nur insoweit als der ursächliche Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden und zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie der Zusammenhang betroffen ist, der im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall und der maßgebenden Verletzung stehen muss (vgl. Krasney, VSSR 1993 81, 114).

Der Arbeitsunfall des Klägers vom 11.11.1994 hat über den 31.12.1994 hinaus keine bleibenden Gesundheitsstörungen, die eine MdE von wenigstens 20 v.H. der Vollrente bedingen würden, zurückgelassen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den schlüssigen Gutachten der ärztlichen Sachverständigen Dr.F. , Dr.K. und Dr.G. sowie aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof.Dr.B. und der Stellungnahme des Dr.B. , die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden.

Unstreitig hat der Kläger am 11.11.1994 einen Arbeitsunfall erlitten. Ebenso ist Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.12.1994 unstreitig. Wie Dr.F. erläutert hat, ist bei einer Halswirbelsäulendistorsion, wie sie der Kläger erlitten hat, von einer Arbeitsunfähigkeit von 6 bis 7 Wochen auszugehen. Der Zeitraum vom 11.11.1994 bis 31.12.1994 beträgt 7 Wochen und einen Tag. Auch Dr.G. ist bei seiner Einschätzung der Arbeitsunfähigkeitszeit nur unwesentlich von den Einschätzungen der anderen ärztlichen Sachverständigen abgewichen, wenn er eine sechswöchige Arbeitsunfähigkeitszeit für gegeben hielt. Nicht überzeugen können insofern die Ausführungen von Dr.O. , eine siebenwöchige Arbeitsunfähigkeitszeit würde nur 35 Tage, also nur bis zum 17.12.1994 gedauert haben; zu Recht haben die anderen Sachverständigen die Arbeitsunfähigkeit nach Kalenderwochen berechnet. Über den 31.12.1994 hinaus waren aber keine Unfallfolgen gegeben.

Der Kläger hat am 11.11.1994 eine Halswirbeldistorsion des Grades 1 erlitten. Das medizinische Schrifttum ist bemüht, die Halswirbelsäulenverletzungen nach Schweregraden zu klassifizieren. Die zuerst von Erdmann beschriebene Gliederung in drei Stufen vermeidet Überschneidungen, die bei einer stärkeren Differenzierung auftreten (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S.514). Bei den leichten Fällen des Schweregrades 1 sind die Bänder und Teile des Kapselbandapparates lediglich gezerrt oder gedehnt, haben aber im Übrigen ihren mechanischen Zusammenhalt im Wesentlichen behalten. In den schweren Fällen sind die Bänder vollkommen durchgerissen und die Gelenkskapseln gesprengt, der mechanische Zusammenhalt des passiven Halteapparates ist total liquidiert. Dazwischen schieben sich die mittelschweren Fälle mit mikrostrukturellen Weichteilläsionen, einer hieraus resultierenden Hämatombildung mit eventueller temporärer Raumforderung (vgl. Schoenberger- Mehrtens-Valentin a.a.O.).

Wie Dr.F. in Übereinstimmung mit der herrschenden medizinischen Lehrmeinung ausgeführt hat, ist ein schmerzfreies Intervall von eineinhalb Stunden - teilweise hat der Kläger auch mehrere Stunden angegeben - nur mit einer Zerrung der Halswirbelsäule des Schweregrades 1 bis höchstens 2 zu vereinbaren. In der neueren Literatur wird ein schmerzfreies Intervall sogar als verletzungsatypisch bezeichnet. Im Hinblick auf die Erstsymptomatik, die von Dr.K. am 12.11.1994 erhoben wurde, sind keine Zeichen einer Distorsion, die den Schweregrad 1 überschreiten würde, gegeben. Der Kläger gab keine Schluckbeschwerden an, keine Haltungsinsuffizienz, keinen steifen Hals, keine Schmerzen zwischen den Schulterblättern und keine primären Parästhesien. Die Halswirbelsäule war trotz Bewegungsschmerzhaftigkeit frei beweglich. Zudem konnte der Kläger, wie er selbst angegeben hat, nach dem Unfall im eigenen Wagen die Fahrt nach Hause fortsetzen und suchte erst am nächsten Tag gegen 10.3o Uhr das Kreiskrankenhaus M. auf.

Auffällig ist, worauf Dr.F. ebenso wie Dr.K. und Dr.G. hinweist, der weitere Verlauf der Verletzungsfolgen, der zeigt, dass sich zunächst keine Leidensverschlimmerung einstellte. Der behandelnde Arzt Dr.H. hat als Zeuge vor dem Landgericht Kempten bestätigt, dass die Beschwerden zumindest bis Ende 1995 gleichblieben. Ein Crescendoeffekt hat, wie Dr.F. erläutert, danach begonnen. In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass bereits in der Neurologischen Klinik U. im Rahmen des Heilverfahrens vom 21.05. bis 20.06. 1996 Aggravationstendenzen auffielen.

Im Hinblick darauf, dass neurologisch, szintigraphisch und durch CT s des Schädels morphologische Strukturveränderungen ausgeschlossen werden konnten und neurologische Unfallfolgen niemals festgestellt wurden, können wesentliche Unfallfolgen nicht wahrscheinlich gemacht werden. Die von Dr.M. und Dr.V. diagnostizierte Traumatisierung der Kopfgelenke ist mit der zunächst bestehenden geringfügigen Symptomatik, der festgestellten freien Beweglichkeit der Halswirbelsäule und dem späteren Crescendoeffekt nicht zu vereinbaren.

Insofern kann die Beurteilung durch Dr.O. nicht überzeugen. Die von ihm vermuteten neuropsychologischen Befunde sind nicht unfallabhängig. Leistungseinbußen bei einer neuropsychologischen Testuntersuchung sind nicht in der Lage, eine Hirnläsion zu beweisen. Sie sind, wie Dr.K. betont, stark von der Kooperation des Untersuchten abhängig. Wenn die neuropsychologischen Befunde, wie sie Dr.O. unterstellt, tatsächlich vorlägen, so hätte es durch den Unfall vom 11.11.1994 zu einer Hirnläsion kommen müssen, die aber nach allen übermittelten Befunden mit Sicherheit nicht eingetreten ist. Die von Dr.O. diagnostizierte chronifizierte Schmerzkrankheit wäre, so Dr.K. , nur dann im Unfallzusammenhang zu sehen, wenn der Unfall zu einer schwerwiegenden Schädigung der Halswirbelsäule geführt hätte. Dies ist aber nach den vorliegenden Befunden ebenfalls nicht der Fall, insbesondere nicht unter Berücksichtigung der Initialbefunde und der neurologischen Untersuchungsbefunde. Zu einer Ausweitung der Schmerzkrankheit ist es offensichtlich durch die beiden Operationen gekommen. Es handelt sich hierbei nicht um mittelbare Unfallfolgen, da, wie Dr.F. , Dr.K. , Dr.G. und Prof.Dr.B. sowie Dr. B. überzeugend ausgeführt haben, Unfallfolgen nach dem 31.12.1994 nicht mehr gegeben waren. Zu Recht weist das Bundessozialgericht (vgl. BSG vom 05.08.1993, SozSich 1995, 35 f.) auf das Erfordernis der wesentlich sachlichen oder kausalen Verknüpfung zwischen dem Arbeitsunfall und dem Zweck eines zur Gesundheitsstörung führenden ärztlichen Eingriffs hin. Dieser Zweck ergibt sich aus der Handlungstendenz des Arztes und den sie bestätigenden objektiven Umständen des Falles (vgl. BSG a.a.O.). Da Dr.M. , der die operative Stabilisierung vorgeschlagen hat, aber weder einen Durchgangsarzt einschaltete noch die Beklagte über die von ihm vorgesehene Behandlung informierte, fehlt es an jeglichen, eine etwaige auf Unfallfolgen bezogene Handlungstendenz objektivierenden Umständen. Daher kommt ein möglicher Kunstfehler oder eine überhaupt verfehlte Behandlung nicht als mittelbare Unfallfolge in Betracht.

Im Hinblick auf die vorliegenden überzeugenden ärztlichen Feststellungen, insbesondere von Dr.F. , Dr.K. und Dr.G. , sind weitere Ermittlungen nicht mehr erforderlich. Die vom Kläger angeregte ergänzende Befragung der Sachverständigen ist nicht geboten. Auf die Folgen der ihrer Meinung nach nicht indizierten Operationen kommt es hier nicht an, da die Operationen und der durch sie eingetretene Gesundheitszustand weder unmittelbare noch mittelbare Unfallfolgen sind. Ob die Operationen indiziert waren oder nicht und welche MdE durch die Operationen eingetreten ist, ist ebenfalls nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass Unfallfolgen nach dem 31.12.1994 nicht mehr festzustellen waren. Zum Gutachten von Dr.O. haben sowohl Dr.F. als auch Dr.K. bereits Stellung genommen. Dass sie eine Änderung der Gradeinteilungen nach Erdmann nicht für erforderlich halten, geht aus ihren Gutachten klar hervor. Was die in den Gutachten zitierte Fachliteratur betrifft, so sind nähere Angaben nicht erforderlich. Die Frage, ob in der Fachliteratur Ausführungen vorliegen, dass 20 % der Unfallopfer auch nach leichten HWS-Distorsionen über langwierigen Beschwerden klagen, ist für den vorliegenden Fall, in dem es um die konkreten Unfallfolgen des Klägers geht, nicht entscheidungserheblich.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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