Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 102/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 137/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. April 2002 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten einer stationären Behandlung der Klägerin in einem nicht zugelassenen Krankenhaus.
Bei der 1955 geborenen Klägerin wurde erstmals am 19.08.1999 der Verdacht auf ein Mamma-Karzinom (CA) links gestellt. Aufgrund des entsprechenden sonographischen Befundes stellte sie sich am 19.08.1999 in der Senologie (Brustklinik), Ärztlicher Direktor Dr. R ..., des L ...krankenhauses D ..., vor, welche weder in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen noch einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hat. Dort wurde am 08.09.1999 eine Jetbiopsie durchgeführt, welche ebenso wie der kernspintomographische Befund ein multizentrisch wachsendes Mamma-CA links ergab und in der rechten Brust im oberen äußeren Quadranten ein Anreicherungsmuster zeigte. Nach der Durchführung von vier EC-Chemotherapiekursen in der Zeit vom 20.09. bis 01.11.1999 und einer erneuten kernspintomographischen Untersuchung empfahl Dr. R ... am 24.11.1999 eine Sanierungs-Mastektomie der linken und Abklärung des Befundes der rechten Brust, letztere mittels computertomographisch-(CT)-gesteuerter Mamma-Markierung. Wegen der Kostenübernahme wandte sich die Klägerin am 01.12.1999 an die Beklagte. Diese lehnte den Antrag aufgrund einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. J ..., wonach die Behandlung in jedem Vertragskrankenhaus möglich sei, mit formlosem Bescheid vom 08.12.1999 ab, weil es sich bei dem L ...krankenhaus nicht um ein zugelassenes Krankenhaus handele.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 12.12.1999 Widerspruch ein und machte geltend, sie sei bereits vor drei Jahren in der Universitätsklinik L ... untersucht worden, wo eine Hormonbehandlung eingeleitet worden sei, obwohl die damaligen Mammographien bereits eine maligne Veränderung gezeigt hätten, die einen entsprechenden Eingriff indiziert hätten. In einer weiteren Stellungnahme vom 17.12.1999 beurteilte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Durchführung einer CT-gesteuerten Mamma-Markierung, wobei mit Hilfe eines Kontrastmittels bei meist besonders schwierigen Gewebeverhältnissen der Tumor genau abgegrenzt und mit Draht für den operierenden Arzt markiert wird, als eine Methode, die seit höchstens zwei Jahren beschrieben und in Vertragskrankenhäusern so gut wie nicht zum Einsatz komme, im Einzelfall aber im Rahmen der Fallpauschale bzw. als Auftragsleistung für ein anderes Vertragskrankenhaus abgerechnet werden könne, als nicht zwingend indiziert.
Am 18.01.2000 erfolgte die Entfernung der linken Brust bei Verschluss der Entnahmestelle durch Advancementlappen und eine Teildrüsenentfernung im Bereich der rechten Brust bei CT-gesteuerter Lokalisation.
Die Klägerin wies die Beklagte darauf hin, dass Dr. R ... eine internationale Kapazität auf seinem Fachgebiet sei und sie selbst keine höheren Kosten geltend mache, als üblicherweise für eine vergleichbare Operation gezahlt werde. Gleichzeitig reichte sie Rechnungen des L ...krankenhauses vom 24.01.2000 über 3.042,51 DM (Pflegesatz für 5 Tage) sowie eine Pauschalrechnung für Anästhesie in Höhe von 1.425,00 DM ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil die Behandlung auch in einem Vertragskrankenhaus möglich gewesen sei, wobei die CT-gesteuerte Mamma-Markierung zwar medizinisch sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich gewesen sei und im Übrigen ebenfalls im Rahmen des Pflegesatzes bzw. einer Fallpauschale hätte abgerechnet werden können.
Die Klägerin hat am 05.05.2000 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die CT-gesteuerte Lokalisation sei zwingend erforderlich geworden, um den Operationsablauf sicherzustellen. Die Beklagte habe ihr besonderes Vertrauensverhältnis zu dem behandelnden Arzt Dr. R ... nicht berücksichtigt. Angesichts der fehlerhaften Behandlung durch die Universitätsklinik L ... sei zur Sicherstellung einer sachgerechten und erfolgreichen Operation die Durchführung der Behandlung bei diesem Arzt erforderlich gewesen. In jedem Fall habe die Beklagte die Kosten zu tragen, die in einem Vertragskrankenhaus entstanden wären, deren Erstattung mindestens hilfsweise geltend gemacht werde.
Schließlich hat sie die Auffassung vertreten, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gelte der Grundsatz, dass jedenfalls dann eine
Kostenerstattung stattfinden müsse, wenn hierdurch eine Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit ausgeschlossen sei. Dies treffe auch in ihrem Fall zu.
Das SG hat einen Befundbericht von Dr. R ... eingeholt. Wegen dessen Angaben wird auf den Bericht vom 01.09.2000 verwiesen. Das SG hat sodann ein Gutachten von Prof. Dr. M ..., Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität zu K ... eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 12.06.2001 zu dem Ergebnis gelangt, dass die modifizierte radikale Mastektomie ein Standardverfahren in der Operation des Mamma- Karzinoms sei und an sämtlichen Plan- und Vertragskrankenhäusern durchgeführt werde. Die Defektdeckung durch einen Advancementlappen sei eine Methode, die sicherlich nicht in allen Vertragskrankenhäusern beherrscht werde, dies stelle aber keinen Grund dar, sich nicht in anderen Vertragskrankenhäusern behandeln zu lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Mit Urteil vom 16.04.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihr am 27.05.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.06.2000 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, die Operation in dem gewählten Krankenhaus sei deshalb erforderlich gewesen, weil die durchgeführte Defektabdeckung nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht in allen Vertragskrankenhäusern beherrscht werde. Ein solcher Eingriff sei aber aus psychologischen und ästhetischen Gründen erforderlich gewesen, um die Lebensqualität nicht zu beeinträchtigen. Die Verweigerung dieser Behandlung stelle eine Diskriminierung der Frauen dar und sei mit der Menschenrechtskonvention nicht in Einklang zu bringen. Schon die Reichsversicherungsordnung (RVO) habe geregelt, dass in entsprechenden Fällen der Versicherte nur die Mehrkosten für die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu tragen habe. Es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte keine alternativen Krankenhäuser benannt habe, in denen die Behandlung entsprechend habe durchgeführt werden können. Schließlich sei bei gegenteiliger Auffassung die Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH indiziert zwecks Abgleichung der unterschiedlichen sozialrechtlichen Normen in den einzelnen Mitgliedsstaaten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.04.2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.12.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2000 zu verurteilen, die Kosten der stationären Behandlung im Luisenkrankenhaus Düsseldorf in der Zeit vom 18.01.2000 bis zum 22.01.2000 in Höhe von 3.785,93 DM (entsprechend 1.935,71 Euro) zu erstatten,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zusteht.
Nach § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), der hier allein als Anspruchsnorm in Betracht kommt, sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ein Notfall i.S.d. 1. Alternative dieser Vorschrift hat nicht vorgelegen, weil ein solcher nur angenommen werden kann, wenn es der Versicherten unmöglich oder zumindest unzumutbar ist, sich vor der Leistungsbeschaffung mit der Krankenkasse ins Benehmen zu setzen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 S. 105 f.). Die Beklagte hat ihre Einstandspflicht jedoch bezüglich der streitigen Leistung geprüft und verneint.
Die Beklagte hat die Leistung auch nicht i. S. d. 2. Alternative zu Unrecht verweigert, denn der Klägerin stand kein Anspruch auf Behandlung durch Dr. R ... im Luisenkrankenhaus D ... zu. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Satz 2 haben Versicherte Anspruch auch auf Krankenhausbehandlung. § 39 Abs. 1 Satz 2 beschränkt diesen Anspruch jedoch auf eine vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108). Die Krankenkassen dürfen daher Krankenhausbehandlung nur durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen, sofern nicht eine Notfallsituation besteht (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 12 S. 57). Das Luisenkrankenhaus D ... ist kein zugelassenes Krankenhaus, weil es weder eine Hochschulklinik (§ 108 Nr. 1 SGB V) noch ein in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenes Krankenhaus (§ 108 Nr. 2 SGB V) noch ein Krankenhaus ist, das einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hat (§ 108 Nr. 3 SGB V).
Die von der Klägerin angeführte besondere Sachkunde des Dr. R ... rechtfertigt keine Ausnahme von diesem Grundsatz. Eine solche gilt nur dann, wenn die erforderliche und ausreichende Behandlung rechtzeitig nur in einem Nichtvertragskrankenhaus erbracht werden kann (BSG a.a.O.). Nach dem gesamten Ermittlungsergebnis hat der Senat jedoch keinen Zweifel daran, dass die erforderliche Operation der linken Brust und Gewebeentnahme in der rechten Brust der Klägerin in jedem Vertragskrankenhaus hätte durchgeführt werden könne. Nach den Darlegungen des Sachverständigen ist die notwendige radikale Mastektomie ein Standardverfahren in der Operation des Mamma-Karzinoms. Folglich ist es plausibel, dass derartige Eingriffe in sämtlichen Plan- und Vertragskrankenhäusern durchgeführt werden, wie der Sachverständige des weiteren ausgeführt hat. Dem hat auch Dr. R ... nicht widersprochen.
Etwas anderes gilt auch nicht für die Defektdeckung mittels Advancementlappen. Auch insoweit besteht nicht die von der Klägerin behauptete Versorgungslücke. Nach den Ausführungen des Sachverständigen wird diese Versorgung lediglich nicht in allen Vertragskrankenhäusern beherrscht, damit stehen aber zugelassene Krankenhäuser zur Verfügung, in denen diese medizinische Versorgung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversorgung sowohl beherrscht als auch erbracht werden kann. Wenn die Klägerin geltend macht, solche Krankenhäuser seien ihr vor der Ablehnung ihres Antrages nicht benannt worden, kann sie hieraus keine Rechte herleiten. Eine entsprechende Anfrage hat sie zunächst an die Beklagte nicht gerichtet. Angesichts des eindeutigen Begehrens der Klägerin, nur von Dr. R ... als "besondere Kapazität" behandelt zu werden, brauchte die Beklagte sich nicht veranlasst zu sehen, Alternativen von sich aus zu benennen, zumal die Klägerin offensichtlich wusste, dass entsprechende Eingriffe in zugelassenen Krankenhäusern durchgeführt wurden.
Die Klägerin kann auch keine (Teil-)Kostenerstattung im Hinblick darauf geltend machen, dass ihre Behandlung in einem Vertragskrankenhaus ebenfalls Kosten verursacht hätte. Seit dem Inkrafttreten des SGB V zum 01.01.1989 sind Kostenerstattungsabsprüche nur nach den in diesem Gesetzbuch ausdrücklich aufgeführten Sondertatbeständen durchsetzbar (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S. 12). Bei der Inanspruchnahme nicht zugelassener Leistungserbringer sind jedoch solche Erstattungsansprüche außerhalb der Bestimmung des § 13 Abs. 3 SGB V nicht vorgesehen.
Etwas anderes gilt schließlich auch nicht bezüglich der Behandlung mittels CT-gesteuerter Mamma-Markierung. Zum einen hätte auch eine solche Leistung in zugelassenen Krankenhäusern erbracht werden können, wie die Feststellungen des MDK sowie des Sachverständigen belegen. Zum anderen konnte die Klägerin diese Versorgung von der Beklagten nicht beanspruchen, weil es sich nicht um eine unverzichtbare Behandlung handelte. Nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V umfasst die Krankenhausbehandlung alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Leistungen die nicht notwendig sind, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Demzufolge muss die Krankenbehandlung dem Mindeststandard genügen, darüber hinausgehende aufwendige Versorgungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung können nicht beansprucht werden (Höfler, Kasseler Kommentar, Rdn. 22 zu § 12 SGB V). Schon die von der Beklagten beratend gehörte Ärztin Dr. K ... hat die CT-gesteuerte Mamma-Markierung zwar als sinnvoll, nicht aber als zwingend erforderlich beurteilt. Dies findet seine Bestätigung in den Angaben von Dr. R ... gegenüber dem SG, der die CT-Markierung ebenfalls nicht als unverzichtbar bei der Diagnostik, sondern lediglich als besonders vorteilhaft gegenüber konventionellen Untersuchungen beschrieben hat, ohne dass er bescheinigt hätte, dass gerade im Fall der Klägerin eine konventionelle Untersuchung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Damit muss diese Leistung aber als optimale Versorgung, nicht jedoch als notwendig eingestuft werden.
Da demzufolge eine ausreichende medizinische Versorgung der Klägerin in zugelassenen Krankenhäusern gewährleistet gewesen ist, die auch die Defektdeckung umfasste, sind Verstöße gegen die Menschenrechtskonvention (MRK) nicht ersichtlich.
Ebensowenig verstößt die Beschränkung des SGB V, die die Versicherten bei einer Inlandsbehandlung auf die Inanspruchnahme zugelassener Krankenhäuser beschränkt, gegen die Vorschriften des EG-Vertrages über den Schutz des freien Dienstleistungsverkehrs. Es fehlt schon an dem für die Anwendung des EG-Vertrages notwendigen Auslandsbezug (vgl. BSG Beschl. vom 30.10.2002 - B 1 KR 28/01 R -), weil der Kostenerstattungsanspruch einer im Inland wohnenden Deutschen aufgrund einer in einem deutschen Krankenhaus in Anspruch genommenen Behandlung gegen einen deutschen Krankenversicherungsträger im Streit steht.
Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihres Systems der sozialen Sicherheit unberührt lässt (vgl. Urt. vom 12.07.2001, C-157/99, Rdn. 44 m.w.N.). Jeder Mitgliedsstaat kann daher die vom inländischen Krankenversicherungssystem gedeckte Versorgung auf solche Einrichtungen im Inland beschränken, mit denen vertragliche Vereinbarungen bestehen (EuGH wie vor Rdn. 107).
Die Berufung musste daher mit der auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG - beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten einer stationären Behandlung der Klägerin in einem nicht zugelassenen Krankenhaus.
Bei der 1955 geborenen Klägerin wurde erstmals am 19.08.1999 der Verdacht auf ein Mamma-Karzinom (CA) links gestellt. Aufgrund des entsprechenden sonographischen Befundes stellte sie sich am 19.08.1999 in der Senologie (Brustklinik), Ärztlicher Direktor Dr. R ..., des L ...krankenhauses D ..., vor, welche weder in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen noch einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hat. Dort wurde am 08.09.1999 eine Jetbiopsie durchgeführt, welche ebenso wie der kernspintomographische Befund ein multizentrisch wachsendes Mamma-CA links ergab und in der rechten Brust im oberen äußeren Quadranten ein Anreicherungsmuster zeigte. Nach der Durchführung von vier EC-Chemotherapiekursen in der Zeit vom 20.09. bis 01.11.1999 und einer erneuten kernspintomographischen Untersuchung empfahl Dr. R ... am 24.11.1999 eine Sanierungs-Mastektomie der linken und Abklärung des Befundes der rechten Brust, letztere mittels computertomographisch-(CT)-gesteuerter Mamma-Markierung. Wegen der Kostenübernahme wandte sich die Klägerin am 01.12.1999 an die Beklagte. Diese lehnte den Antrag aufgrund einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. J ..., wonach die Behandlung in jedem Vertragskrankenhaus möglich sei, mit formlosem Bescheid vom 08.12.1999 ab, weil es sich bei dem L ...krankenhaus nicht um ein zugelassenes Krankenhaus handele.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 12.12.1999 Widerspruch ein und machte geltend, sie sei bereits vor drei Jahren in der Universitätsklinik L ... untersucht worden, wo eine Hormonbehandlung eingeleitet worden sei, obwohl die damaligen Mammographien bereits eine maligne Veränderung gezeigt hätten, die einen entsprechenden Eingriff indiziert hätten. In einer weiteren Stellungnahme vom 17.12.1999 beurteilte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Durchführung einer CT-gesteuerten Mamma-Markierung, wobei mit Hilfe eines Kontrastmittels bei meist besonders schwierigen Gewebeverhältnissen der Tumor genau abgegrenzt und mit Draht für den operierenden Arzt markiert wird, als eine Methode, die seit höchstens zwei Jahren beschrieben und in Vertragskrankenhäusern so gut wie nicht zum Einsatz komme, im Einzelfall aber im Rahmen der Fallpauschale bzw. als Auftragsleistung für ein anderes Vertragskrankenhaus abgerechnet werden könne, als nicht zwingend indiziert.
Am 18.01.2000 erfolgte die Entfernung der linken Brust bei Verschluss der Entnahmestelle durch Advancementlappen und eine Teildrüsenentfernung im Bereich der rechten Brust bei CT-gesteuerter Lokalisation.
Die Klägerin wies die Beklagte darauf hin, dass Dr. R ... eine internationale Kapazität auf seinem Fachgebiet sei und sie selbst keine höheren Kosten geltend mache, als üblicherweise für eine vergleichbare Operation gezahlt werde. Gleichzeitig reichte sie Rechnungen des L ...krankenhauses vom 24.01.2000 über 3.042,51 DM (Pflegesatz für 5 Tage) sowie eine Pauschalrechnung für Anästhesie in Höhe von 1.425,00 DM ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil die Behandlung auch in einem Vertragskrankenhaus möglich gewesen sei, wobei die CT-gesteuerte Mamma-Markierung zwar medizinisch sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich gewesen sei und im Übrigen ebenfalls im Rahmen des Pflegesatzes bzw. einer Fallpauschale hätte abgerechnet werden können.
Die Klägerin hat am 05.05.2000 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die CT-gesteuerte Lokalisation sei zwingend erforderlich geworden, um den Operationsablauf sicherzustellen. Die Beklagte habe ihr besonderes Vertrauensverhältnis zu dem behandelnden Arzt Dr. R ... nicht berücksichtigt. Angesichts der fehlerhaften Behandlung durch die Universitätsklinik L ... sei zur Sicherstellung einer sachgerechten und erfolgreichen Operation die Durchführung der Behandlung bei diesem Arzt erforderlich gewesen. In jedem Fall habe die Beklagte die Kosten zu tragen, die in einem Vertragskrankenhaus entstanden wären, deren Erstattung mindestens hilfsweise geltend gemacht werde.
Schließlich hat sie die Auffassung vertreten, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gelte der Grundsatz, dass jedenfalls dann eine
Kostenerstattung stattfinden müsse, wenn hierdurch eine Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit ausgeschlossen sei. Dies treffe auch in ihrem Fall zu.
Das SG hat einen Befundbericht von Dr. R ... eingeholt. Wegen dessen Angaben wird auf den Bericht vom 01.09.2000 verwiesen. Das SG hat sodann ein Gutachten von Prof. Dr. M ..., Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität zu K ... eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 12.06.2001 zu dem Ergebnis gelangt, dass die modifizierte radikale Mastektomie ein Standardverfahren in der Operation des Mamma- Karzinoms sei und an sämtlichen Plan- und Vertragskrankenhäusern durchgeführt werde. Die Defektdeckung durch einen Advancementlappen sei eine Methode, die sicherlich nicht in allen Vertragskrankenhäusern beherrscht werde, dies stelle aber keinen Grund dar, sich nicht in anderen Vertragskrankenhäusern behandeln zu lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Mit Urteil vom 16.04.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihr am 27.05.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.06.2000 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, die Operation in dem gewählten Krankenhaus sei deshalb erforderlich gewesen, weil die durchgeführte Defektabdeckung nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht in allen Vertragskrankenhäusern beherrscht werde. Ein solcher Eingriff sei aber aus psychologischen und ästhetischen Gründen erforderlich gewesen, um die Lebensqualität nicht zu beeinträchtigen. Die Verweigerung dieser Behandlung stelle eine Diskriminierung der Frauen dar und sei mit der Menschenrechtskonvention nicht in Einklang zu bringen. Schon die Reichsversicherungsordnung (RVO) habe geregelt, dass in entsprechenden Fällen der Versicherte nur die Mehrkosten für die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu tragen habe. Es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte keine alternativen Krankenhäuser benannt habe, in denen die Behandlung entsprechend habe durchgeführt werden können. Schließlich sei bei gegenteiliger Auffassung die Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH indiziert zwecks Abgleichung der unterschiedlichen sozialrechtlichen Normen in den einzelnen Mitgliedsstaaten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.04.2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.12.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2000 zu verurteilen, die Kosten der stationären Behandlung im Luisenkrankenhaus Düsseldorf in der Zeit vom 18.01.2000 bis zum 22.01.2000 in Höhe von 3.785,93 DM (entsprechend 1.935,71 Euro) zu erstatten,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zusteht.
Nach § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), der hier allein als Anspruchsnorm in Betracht kommt, sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ein Notfall i.S.d. 1. Alternative dieser Vorschrift hat nicht vorgelegen, weil ein solcher nur angenommen werden kann, wenn es der Versicherten unmöglich oder zumindest unzumutbar ist, sich vor der Leistungsbeschaffung mit der Krankenkasse ins Benehmen zu setzen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 S. 105 f.). Die Beklagte hat ihre Einstandspflicht jedoch bezüglich der streitigen Leistung geprüft und verneint.
Die Beklagte hat die Leistung auch nicht i. S. d. 2. Alternative zu Unrecht verweigert, denn der Klägerin stand kein Anspruch auf Behandlung durch Dr. R ... im Luisenkrankenhaus D ... zu. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Satz 2 haben Versicherte Anspruch auch auf Krankenhausbehandlung. § 39 Abs. 1 Satz 2 beschränkt diesen Anspruch jedoch auf eine vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108). Die Krankenkassen dürfen daher Krankenhausbehandlung nur durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen, sofern nicht eine Notfallsituation besteht (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 12 S. 57). Das Luisenkrankenhaus D ... ist kein zugelassenes Krankenhaus, weil es weder eine Hochschulklinik (§ 108 Nr. 1 SGB V) noch ein in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenes Krankenhaus (§ 108 Nr. 2 SGB V) noch ein Krankenhaus ist, das einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hat (§ 108 Nr. 3 SGB V).
Die von der Klägerin angeführte besondere Sachkunde des Dr. R ... rechtfertigt keine Ausnahme von diesem Grundsatz. Eine solche gilt nur dann, wenn die erforderliche und ausreichende Behandlung rechtzeitig nur in einem Nichtvertragskrankenhaus erbracht werden kann (BSG a.a.O.). Nach dem gesamten Ermittlungsergebnis hat der Senat jedoch keinen Zweifel daran, dass die erforderliche Operation der linken Brust und Gewebeentnahme in der rechten Brust der Klägerin in jedem Vertragskrankenhaus hätte durchgeführt werden könne. Nach den Darlegungen des Sachverständigen ist die notwendige radikale Mastektomie ein Standardverfahren in der Operation des Mamma-Karzinoms. Folglich ist es plausibel, dass derartige Eingriffe in sämtlichen Plan- und Vertragskrankenhäusern durchgeführt werden, wie der Sachverständige des weiteren ausgeführt hat. Dem hat auch Dr. R ... nicht widersprochen.
Etwas anderes gilt auch nicht für die Defektdeckung mittels Advancementlappen. Auch insoweit besteht nicht die von der Klägerin behauptete Versorgungslücke. Nach den Ausführungen des Sachverständigen wird diese Versorgung lediglich nicht in allen Vertragskrankenhäusern beherrscht, damit stehen aber zugelassene Krankenhäuser zur Verfügung, in denen diese medizinische Versorgung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversorgung sowohl beherrscht als auch erbracht werden kann. Wenn die Klägerin geltend macht, solche Krankenhäuser seien ihr vor der Ablehnung ihres Antrages nicht benannt worden, kann sie hieraus keine Rechte herleiten. Eine entsprechende Anfrage hat sie zunächst an die Beklagte nicht gerichtet. Angesichts des eindeutigen Begehrens der Klägerin, nur von Dr. R ... als "besondere Kapazität" behandelt zu werden, brauchte die Beklagte sich nicht veranlasst zu sehen, Alternativen von sich aus zu benennen, zumal die Klägerin offensichtlich wusste, dass entsprechende Eingriffe in zugelassenen Krankenhäusern durchgeführt wurden.
Die Klägerin kann auch keine (Teil-)Kostenerstattung im Hinblick darauf geltend machen, dass ihre Behandlung in einem Vertragskrankenhaus ebenfalls Kosten verursacht hätte. Seit dem Inkrafttreten des SGB V zum 01.01.1989 sind Kostenerstattungsabsprüche nur nach den in diesem Gesetzbuch ausdrücklich aufgeführten Sondertatbeständen durchsetzbar (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S. 12). Bei der Inanspruchnahme nicht zugelassener Leistungserbringer sind jedoch solche Erstattungsansprüche außerhalb der Bestimmung des § 13 Abs. 3 SGB V nicht vorgesehen.
Etwas anderes gilt schließlich auch nicht bezüglich der Behandlung mittels CT-gesteuerter Mamma-Markierung. Zum einen hätte auch eine solche Leistung in zugelassenen Krankenhäusern erbracht werden können, wie die Feststellungen des MDK sowie des Sachverständigen belegen. Zum anderen konnte die Klägerin diese Versorgung von der Beklagten nicht beanspruchen, weil es sich nicht um eine unverzichtbare Behandlung handelte. Nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V umfasst die Krankenhausbehandlung alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Leistungen die nicht notwendig sind, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Demzufolge muss die Krankenbehandlung dem Mindeststandard genügen, darüber hinausgehende aufwendige Versorgungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung können nicht beansprucht werden (Höfler, Kasseler Kommentar, Rdn. 22 zu § 12 SGB V). Schon die von der Beklagten beratend gehörte Ärztin Dr. K ... hat die CT-gesteuerte Mamma-Markierung zwar als sinnvoll, nicht aber als zwingend erforderlich beurteilt. Dies findet seine Bestätigung in den Angaben von Dr. R ... gegenüber dem SG, der die CT-Markierung ebenfalls nicht als unverzichtbar bei der Diagnostik, sondern lediglich als besonders vorteilhaft gegenüber konventionellen Untersuchungen beschrieben hat, ohne dass er bescheinigt hätte, dass gerade im Fall der Klägerin eine konventionelle Untersuchung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Damit muss diese Leistung aber als optimale Versorgung, nicht jedoch als notwendig eingestuft werden.
Da demzufolge eine ausreichende medizinische Versorgung der Klägerin in zugelassenen Krankenhäusern gewährleistet gewesen ist, die auch die Defektdeckung umfasste, sind Verstöße gegen die Menschenrechtskonvention (MRK) nicht ersichtlich.
Ebensowenig verstößt die Beschränkung des SGB V, die die Versicherten bei einer Inlandsbehandlung auf die Inanspruchnahme zugelassener Krankenhäuser beschränkt, gegen die Vorschriften des EG-Vertrages über den Schutz des freien Dienstleistungsverkehrs. Es fehlt schon an dem für die Anwendung des EG-Vertrages notwendigen Auslandsbezug (vgl. BSG Beschl. vom 30.10.2002 - B 1 KR 28/01 R -), weil der Kostenerstattungsanspruch einer im Inland wohnenden Deutschen aufgrund einer in einem deutschen Krankenhaus in Anspruch genommenen Behandlung gegen einen deutschen Krankenversicherungsträger im Streit steht.
Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihres Systems der sozialen Sicherheit unberührt lässt (vgl. Urt. vom 12.07.2001, C-157/99, Rdn. 44 m.w.N.). Jeder Mitgliedsstaat kann daher die vom inländischen Krankenversicherungssystem gedeckte Versorgung auf solche Einrichtungen im Inland beschränken, mit denen vertragliche Vereinbarungen bestehen (EuGH wie vor Rdn. 107).
Die Berufung musste daher mit der auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG - beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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