Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 459/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 319/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
verbunden mit S 9 U 55/98
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger zum einen wegen einer als Berufskrankheit nach der Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung - BKVO - anerkannten Lärmschwerhörigkeit und zum anderen wegen einer Hörstörung als Folge eines als Arbeitsunfall anerkannten akustischen Traumas im Juli 1984 Verletztenrente zusteht.
Der 1926 geborene Kläger war nach seiner Berufsausbildung ab Januar 1955 als selbständiger Zahnarzt tätig. Bei der Beklagten war er ab 01.01.1969 freiwillig versichert. Ab 1993 übte er den Beruf des Zahnarztes nur noch als Vertreter in fremden Praxen aus. Bereits 1984 machte er gegenüber der Beklagten eine Schwerhörigkeit geltend. Die von dem in seiner Praxis verwendeten Turbinenbohrgerät ausgehende Lärmeinwirkung habe zu einer Berufskrankheit geführt. Der technische Aufsichtdienst der Beklagten - TAD - schätzte die Lärmbelastung während der Berufsausübung des Klägers in der Zeit bis 1974 mit 91 dB(A) und danach mit 89 dB(A) ein. In einem HNO-ärztlichen Gutachten bewertete Dr.D. am 05.08.1985 die gesamte Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - auf seinem Fachgebiet mit 10 vH. Der lärmbedingte Anteil liege noch darunter. Lärmunabhängig bestehe eine rechtsseitige Labyrintherkrankung. Mit Bescheid vom 05.12.1985 erkannte die Beklagte zwar eine leichte Schwerhörigkeit als Berufskrankheit an, lehnte jedoch zugleich Leistungen ab, weil eine MdE von mindestens 20 vH zur Zeit nicht bestehe. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger beim Sozialgericht - SG - Augsburg Klage. Das SG holte ein Gutachten des HNO-Arztes Prof.Dr.L. ein. Dieser führte am 08.08.1987 aus, neben einer Labyrintherkrankung rechts, welche er für die Folge einer Grippeerkrankung halte, lasse sich an beiden Ohren eine lärmbedingte Hörschädigung feststellen. Zudem bestehe der Verdacht, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit einen akustischen Unfall erlitten habe. Die Hörorganschädigung rechts sei nämlich stärker ausgeprägt als links. Es sei nachgewiesen, dass die symmetrische Schwerhörigkeit bereits im Jahre 1985 und damit vor dem Labyrinthausfall bestanden habe. Der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, er habe im Jahre 1984 während der Arbeit schlagartig einen zusätzlichen starken Hörverlust rechts empfunden. Aufgrund einer Fehlbelastung der Halswirbelsäule und der damit verbundenen Minderdurchblutung eines Ohres sei es wohl bei gleichzeitiger Lärmeinwirkung zu einer zusätzlichen Innenohrschädigung gekommen. Es liege eine Berufskrankheit vor. Die MdE betrage 25 vH. Dieser Auffassung widersprach der Beratungsarzt der Beklagten, der HNO-Arzt Dr.G. in einer Stellungnahme vom 07.01.1988. Dass der Kläger einen akustischen Unfall erlitten habe, halte er eher für unwahrscheinlich. Denn der HNO-Arzt Dr.R. , den der Kläger am 25.07.1984 aufgesucht habe, habe im Krankenblatt bezüglich der Genese der damals erkennbaren Schwerhörigkeit nichts eingetragen. Zudem sei die Hörverschlechterung in den Jahren 1984 und 1985 nicht auf eine berufliche Lärmeinwirkung zurückzuführen, denn der Hörverlust links betreffe vorwiegend mittlere und tiefere Frequenzen. Mit Bescheid vom 24.08.1988 lehnte es die Beklagte ab, einen akustischen Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage. Das SG verband die beiden Verfahren (Az.:S 3 U 260/88 und S 3 U 265/88) miteinander und beauftragte Prof.Dr.S. , HNO Klinik der Universität M. , mit der Erstattung eines Gutachtens. Die Sachverständige nahm eine Schwerhörigkeit als Berufskrankheit an und schätzte die dadurch verursachte MdE auf unter 10 vH. Ein akustischer Unfall sei zwar anzunehmen, jedoch werde die MdE dadurch um weniger als 10 vH gemindert. Mit Urteil vom 10.04.1990 wies das SG beide Klagen ab, weil die feststellbare Lärmschwerhörigkeit keine MdE um 20 oder 10 vH verursache. Es liege auch kein Stützrententatbestand vor. Denn unabhängig von der Frage, ob ein akustischer Unfall stattgefunden habe, fehle es jedenfalls am Schadensausmaß, nämlich an einer MdE von wenigstens 10 vH. Im dagegen betriebenen Berufungsverfahren (L 3 U 143/90) schlossen die Beteiligten am 27.08.1996 einen Vergleich, in dem sich die Beklagte bei Übernahme eines Viertels der außergerichtlichen Kosten verpflichtete, einen akustischen Unfall vom Juli 1984 anzuerkennen. Der Kläger behielt sich vor, im Falle einer ihm günstigen ärztlichen Stellungnahme einen Antrag nach § 44 des 10. Sozialgesetzbuchs - SGB X - auf Verletztenrente zu stellen. Im übrigen erklärten die Beteiligten den gesamten Rechtstreit für erledigt.
Mit Schreiben vom 14.04.1997 begehrte der Kläger eine Neufeststellung und Überprüfung der früheren Entscheidungen. Er bezog sich auf ein beigefügtes HNO-Gutachten von Prof.Dr.T. vom 15.01.1997. Dieser schätzte die MdE wegen der anerkannten Lärmschwerhörigkeit auf 45 % und die Teil-MdE infolge des akustischen Traumas auf 25 %. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr.G ... Dieser führte am 30.06.1997 aus, die Lärmschwerhörigkeit des Klägers sei in der Zeit von 1985 bis 1989 gleichgeblieben. Sie habe sich erst in den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit, während der er mit sehr leisen Turbinenbohrern gearbeitet habe, verschlechtert. Diese Hörabnahme müsse deshalb andere Ursachen haben. Dies gelte um so mehr, als auch der Hörkurvenverlauf und der Vestibularisbefund atypisch seien. Vermutlich seien cervikale Durchblutungsstörungen für die Zunahme der Hörstörung verantwortlich. Eine MdE von mindestens 10 vH erreiche die Lärmschwerhörigkeit nach wie vor nicht. Mit Bescheiden jeweils vom 07.08.1997 lehnte es die Beklagte ab, die früheren Entscheidungen vom 05.12.1985 bzw. vom 26.11.1996 zurück zunehmen bzw. eine Neufeststellung wegen einer Verschlimmerung zu treffen. Die Voraussetzungen der hierfür maßgebenden §§ 44 und 45 SGB X lägen nicht vor. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Prof. Dr.T. lasse keine andere Entscheidung zu. Denn dieser habe eine Innenohrschwerhörigkeit mit einer Gesamt-MdE von 45 vH diagnostiziert, ohne darzulegen, welcher Anteil auf die Lärmschädigung bzw. auf das akustische Trauma oder auf andere Ursachen zurückzuführen sei. Die Widersprüche blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheide vom 20.11.1997 und vom 15.01.1998).
Dagegen hat der Kläger erneut beim SG Augsburg Klagen erhoben. Dieses hat ein Gutachten von Prof.Dr.J. , HNO Klinik der Universität U. eingeholt. Der Sachverständige hat am 23.11.1998 ausgeführt, die Folgen der Lärmschwerhörigkeit sowie die Folgen des akustischen Unfalls seien jeweils mit einer MdE von weniger als 10 vH zu bewerten. Mit Urteil vom 11.06.1999 hat das SG die miteinander verbundenen Klagen (Az.:S 9 U 459/97 und S 9 U 55/98) abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf die im bisherigen Verwaltungsverfahren und im früheren Klageverfahren eingeholten Gutachten sowie auf das Gutachten von Prof.Dr.J. gestützt. Der Auffassung von Prof.Dr.T. hat es sich nicht angeschlossen, weil dieser eine Begründung dafür schuldig geblieben sei, welcher Anteil der verschiedenen Hörstörungen auf welche Ursachen zurückzuführen sei.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er stützt sich im Wesentlichen auf das seinem Überprüfungsantrag vom 14.04.1997 beigefügte Gutachten von Prof.Dr.T ... Auf seinen Antrag (§ 109 Sozialgerichtgesetz - SGG -) hat der Senat Prof.Dr.F. , ehemaliger Direktor der Universitäts-HNO-Klinik M. , zum Sachverständigen ernannt. In seinem nach Lage der Akten erstatteten Gutachten vom 21.08.2000 hat dieser eingehend dargelegt, auch unter der Annahme, es habe 1984 ein akustischer Unfall stattgefunden, könne aufgrund der Hörwerte von 1984 und 1985 nur von einer gering- bis mittelgradigen Lärmschwerhörigkeit auf dem rechten Ohr bei einer MdE unter 10 vH ausgegangen werden. Die berufsbedingte Lärmeinwirkung habe lediglich einen Hörschaden in den höchsten Frequenzen und allenfalls einen Hörverlust verursachen können, der das altersgemäße Ausmaß praktisch nicht überschreite. Die Lärmpegelein- schätzungen des TAD seien auf den Beruf des Klägers bezogen unzutreffend. Der TAD habe eine Lärmexposition zugrundegelegt, wie sie im Allgemeinen bei Lärmarbeitern der verschiedensten Industriezweige beobachtet worden sei. Hingegen träten bei der Benutzung von Bohrmaschinen im zahnärztlichen Bereich ausschließlich Hochfrequenzgeräusche auf. Diese könnten nur in die untersten Abschnitte der Hörschnecke eindringen und nur diese schädigen. Das beim Kläger bestehende Schadensbild stimme damit nicht überein. Eine MdE um weniger als 10 vH sei daher angemessen. Das spätere Fortschreiten der Hörstörung sei nicht auf Berufslärm sondern auf andere davon abgrenzbare Faktoren zurückzuführen, welche einerseits in der normalen Altersentwicklung und zum anderen in den massiven Veränderungen der Halswirbelsäule mit Beeinträchtigung der Durchblutung zu sehen seien. Schließlich sei auch die Tatsache, dass der Kläger seit vielen Jahrzehnten Jäger sei, mit zu berücksichtigen. Hierbei habe er mit Sicherheit mehrmals ein Knalltrauma erlitten. Der Kläger hat dagegen eingewandt, das Gutachten sei ohne Untersuchung erstattet worden, es sei nicht gründlich genug, lasse wesentliche Fakten ausser Acht, würdige die vorliegenden Beweismittel nur unzulänglich, lasse unzureichende Literaturkenntnisse vermuten und stützte sich auf veraltete Forschungsergebnisse. Der Senat hat sich daraufhin veranlasst gesehen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Es hat damit Prof.Dr.L. , ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für HNO-Heilkunde der Universität F. , beauftragt. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines von ihm angeregten neuroradiologischen Zusatzgutachtens und aufgrund einer Untersuchung des Klägers die Auffassung von Prof.Dr.F. bestätigt. Er hat sogar gemeint, in Zusammenschau der Anamnese, der Befunde, der Aktenlage und der wissenschaftlichen Literatur liege mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weder ein berufsbedingter akustischer Unfall noch eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit vor. Insbesondere seien der auch am linken Ohr über alle Frequenzen verteilte Hörverlust, die Widersprüche zwischen objektiven und subjektiven Testverfahren und der objektiv nachgewiesene Hörverlust beidseits nicht durch zahnärztlichen Turbinenbohrlärm erklärbar. Allenfalls könne eine geringgradige Hochtonschwerhörigkeit lärmbedingt sein. Der dadurch verursachte Hörverlust liege, wie bereits von den Vorgutachtern Dr.D. und Prof.Dr.S. 1985 und 1989 beschrieben, unter einer MdE von 10 vH. Das Gutachten ist den Beteiligten am 16.10.2002 zur Kenntnis gegeben worden. Während sich die Beklagte dadurch in ihrer Auffassung bestätigt gesehen hat, hat sich der Kläger hierzu nicht geäußert. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2002 ist weder er selbst noch sein Bevollmächtigter erschienen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.1999 und der Bescheide vom 7.08.1997 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20.11.1997 und vom 15.01.1998 zu verurteilen, ihm wegen einer Lärmschwerhörigkeit und wegen der Folgen eines akustischen Unfalls von 1984 Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.1999 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf die Akten der Beklagten (Aktenzeichen 8-80-V 0487 und 08-30-V 105957 B), der Akten des SG Augsburg sowie des Bayerischen Landessozialgerichts bezüglich der früheren Verfahren (Az.:S 3 U 260/99; S 3 U 265/88; L 3 U 143/90) und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz des jetzigen Verfahrens Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt - weder gemäß § 44 SGB X noch gemäß § 48 SGB X - Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aufgrund der von der Beklagten anerkannten Lärmschwerhörigkeit bzw. aufgrund des im Vergleich vom 27.08. 1996 anerkannten akustischen Unfalls von 1984; denn seine Erwerbsfähigkeit wird durch Folgen dieser Versicherungsfälle nicht in rentenberechtigendem Ausmaß gemindert (§§ 548, 551, 580, 581 Abs. 1 und 2 Reichsversicherungsordnung - RVO - i.V.m. § 212 des 7. Sozialgesetzbuchs - SGB VII -). Dies hat das SG im angefochtenen Urteil bereits zutreffend und eingehend dargelegt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Urteilsgründe Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung insoweit ab.
Im Übrigen bestätigt die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme die Auffassung des SG im angefochtenen Urteil. Die in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Gutachten der Professoren Dr.F. und Dr.L. lassen keinen Raum für die vom Kläger begehrte Entscheidung. Die Einwände des Klägers in seinem Schreiben vom 06.12.2000 gegen das Gutachten von Prof.Dr.F. konnte Prof.Dr.L. entkräften. Der Sachverständige setzte sich - im Gegensatz zu Prof.Dr.T. - eingehend mit den möglichen Ursachen der beim Kläger festzustellenden Hörschädigung auseinander. Was den akustischen Unfall betrifft, so lässt sich hierfür ein typisches Schädigungsmuster nicht verifizieren. Ein akustischer Unfall tritt nämlich als plötzliche, einseitige Innenohrschwerhörigkeit auf, wobei zwei Komponenten vorhanden sein müssen, nämlich eine Lärmbelastung und eine körperliche Belastung mit Torquierung der Halswirbelsäule. Dies führt zu einer Kombination zwischen der akuten Lärmbelastung und einer Minderdurchblutung des Innenohrs. Im Ergebnis kommt es dann zu einem akuten Funktionsverlust des Innenohrs, wobei cochleäre Symptome dominieren. Ein solches typisches Verletzungsmuster konnte beim Kläger zu keinem Zeitpunkt gesichert werden. Wenn auch ein definitiver Ausschluß eines akustischen Unfalls nicht möglich ist, so lässt sich jedenfalls eine rentenberechtigende MdE aus dem unfallbedingten Schaden nicht ableiten.
Bezüglich der Frage, ob die als Berufskrankheit anerkannte Lärmschwerhörigkeit zu einem Hörverlust in rentenberechtigendem Ausmaß geführt hat, schließt sich der Senat den Ausführungen von Prof.Dr.L. , welche mit denen von Prof.Dr.F. völlig übereinstimmen, an. Den Vorwurf des Klägers, letzterer habe die neuere Literatur zum Ausmaß lärmbedingter Hörschädigungen bei Zahnärzten nicht berücksichtigt, konnte Prof.Dr.L. ausräumen. Auch er bezieht sich auf Literaturstellen, die von Prof.Dr.F. bereits zitiert wurden. Er stimmt Prof. Dr.F. auch insoweit zu, als dieser bereits auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse hingewiesen hat, dass dentale Turbinenbohrer Geräusche mit schmalbandigem Frequenzspektrum erzeugen. Dies - so Prof.Dr.L. - kann mittels der Terzanalyse festgestellt werden, die Auskunft über die frequenzabhängige Zusammensetzung von Geräuschen gibt. Schallpegelmessungen bei Arbeiten an dentalen Turbinenbohrern zeigten, dass in keiner Form 85 dB(A) erreicht wurden und der durchschnittliche Pegel nahezu immer unter 80 dB lag. Allein dies zeigt, dass das Risiko einer berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit bei einem Zahnarzt nahezu ausgeschlossen ist. Neben dem Schallpegel ist auch die tägliche Benutzungsdauer der Turbinen von Bedeutung. Dabei kommt der Tatsache, dass die Tätigkeit eines Zahnarztes in der Regel nicht eine ganztägige sondern nur eine intermittierende Belastung mit sich bringt, besonderes Gewicht zu. Nach den in der wissenschaftlichen Literatur bekannten Ergebnissen ließ sich bei Zahnärzten eine tägliche Laufzeit dentaler Bohrmaschinen im Bereich von Stunden nicht belegen. Vielmehr fanden sich über längere Beobachtungszeiträume mittlere Betriebszeiten zwischen 4 Minuten 30 Sekunden und 7 Minuten 26 Sekunden im Tagesdurchschnitt. Obwohl in der medizinischen Wissenschaft unbestritten ist, dass hohe Frequenzanteile im Lärm das Gehör besonders stark schädigen, ist daraus nicht zu schließen, dass sich die Schädigung auch auf die mittleren oder gar tiefen Tonlagen erstreckt. Pathophysiologisch ist eine solche Schädigung gar nicht möglich. Denn die in den Schallwellen enthaltene Energie wird durch die Wanderwelle in der Schnecke an die Abschnitte des Cortischen Organs transportiert und dort abgeladen, die den jeweiligen Frequenzen zugeordnet sind. Bei hohen Frequenzen sind nur die untersten Abschnitte der Basalmembrane betroffen. Die Energie hoher Frequenzen gelangt also rein physikalisch gar nicht in den Bereich der mittleren Frequenzen und kann deshalb dort auch keine Schäden verursachen. Grundsätzlich ist es so, dass die Einwirkung einer bestimmten Frequenz auf das Innenohr nur diejenigen Haarzellen schädigen kann, die auf der Basilarmembran von der Wanderwelle bis zum Erreichen des frequenzspezifischen Abschnittes überrollt oder erreicht werden, also nur diejenigen oberhalb der einwirkenden Frequenz und die dieser Frequenz direkt zugeordneten Haarzellen. Umfangreiche Untersuchungen zeigten, dass Zahnärzte sehr unterschiedlicher Altersgruppen im Vergleich zu normalen Kontrollpersonen nicht stärker - durch dentale Turbinen - hörgeschädigt waren. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen von Prof.Dr.L. an. Er kommt zum Ergebnis, dass sich unter Berücksichtigung sämtlicher Gutachten auf HNO-ärztlichem Gebiet ein rentenberechtigendes Ausmaß der beim Kläger als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit nicht begründen läßt. Ob überhaupt eine Berufskrankheit der Nr. 2301 bzw. ob ein akustischer Unfall vorliegt, war vom Senat nicht zu entscheiden. Denn dies steht infolge des Anerkenntnisses der Beklagten über das Vorliegen einer Berufskrankheit im Bescheid vom 05.12.1985 bzw. infolge des Anerkenntnisses eines akustischen Arbeitsunfalls im Vergleich vom 27.08.1996 außer Streit. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente gem. der §§ 548, 551, 580 Abs. 1 und 581 Abs. 1 oder Abs. 3 RVO ist nicht zu begründen. Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.1999 war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger zum einen wegen einer als Berufskrankheit nach der Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung - BKVO - anerkannten Lärmschwerhörigkeit und zum anderen wegen einer Hörstörung als Folge eines als Arbeitsunfall anerkannten akustischen Traumas im Juli 1984 Verletztenrente zusteht.
Der 1926 geborene Kläger war nach seiner Berufsausbildung ab Januar 1955 als selbständiger Zahnarzt tätig. Bei der Beklagten war er ab 01.01.1969 freiwillig versichert. Ab 1993 übte er den Beruf des Zahnarztes nur noch als Vertreter in fremden Praxen aus. Bereits 1984 machte er gegenüber der Beklagten eine Schwerhörigkeit geltend. Die von dem in seiner Praxis verwendeten Turbinenbohrgerät ausgehende Lärmeinwirkung habe zu einer Berufskrankheit geführt. Der technische Aufsichtdienst der Beklagten - TAD - schätzte die Lärmbelastung während der Berufsausübung des Klägers in der Zeit bis 1974 mit 91 dB(A) und danach mit 89 dB(A) ein. In einem HNO-ärztlichen Gutachten bewertete Dr.D. am 05.08.1985 die gesamte Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - auf seinem Fachgebiet mit 10 vH. Der lärmbedingte Anteil liege noch darunter. Lärmunabhängig bestehe eine rechtsseitige Labyrintherkrankung. Mit Bescheid vom 05.12.1985 erkannte die Beklagte zwar eine leichte Schwerhörigkeit als Berufskrankheit an, lehnte jedoch zugleich Leistungen ab, weil eine MdE von mindestens 20 vH zur Zeit nicht bestehe. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger beim Sozialgericht - SG - Augsburg Klage. Das SG holte ein Gutachten des HNO-Arztes Prof.Dr.L. ein. Dieser führte am 08.08.1987 aus, neben einer Labyrintherkrankung rechts, welche er für die Folge einer Grippeerkrankung halte, lasse sich an beiden Ohren eine lärmbedingte Hörschädigung feststellen. Zudem bestehe der Verdacht, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit einen akustischen Unfall erlitten habe. Die Hörorganschädigung rechts sei nämlich stärker ausgeprägt als links. Es sei nachgewiesen, dass die symmetrische Schwerhörigkeit bereits im Jahre 1985 und damit vor dem Labyrinthausfall bestanden habe. Der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, er habe im Jahre 1984 während der Arbeit schlagartig einen zusätzlichen starken Hörverlust rechts empfunden. Aufgrund einer Fehlbelastung der Halswirbelsäule und der damit verbundenen Minderdurchblutung eines Ohres sei es wohl bei gleichzeitiger Lärmeinwirkung zu einer zusätzlichen Innenohrschädigung gekommen. Es liege eine Berufskrankheit vor. Die MdE betrage 25 vH. Dieser Auffassung widersprach der Beratungsarzt der Beklagten, der HNO-Arzt Dr.G. in einer Stellungnahme vom 07.01.1988. Dass der Kläger einen akustischen Unfall erlitten habe, halte er eher für unwahrscheinlich. Denn der HNO-Arzt Dr.R. , den der Kläger am 25.07.1984 aufgesucht habe, habe im Krankenblatt bezüglich der Genese der damals erkennbaren Schwerhörigkeit nichts eingetragen. Zudem sei die Hörverschlechterung in den Jahren 1984 und 1985 nicht auf eine berufliche Lärmeinwirkung zurückzuführen, denn der Hörverlust links betreffe vorwiegend mittlere und tiefere Frequenzen. Mit Bescheid vom 24.08.1988 lehnte es die Beklagte ab, einen akustischen Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage. Das SG verband die beiden Verfahren (Az.:S 3 U 260/88 und S 3 U 265/88) miteinander und beauftragte Prof.Dr.S. , HNO Klinik der Universität M. , mit der Erstattung eines Gutachtens. Die Sachverständige nahm eine Schwerhörigkeit als Berufskrankheit an und schätzte die dadurch verursachte MdE auf unter 10 vH. Ein akustischer Unfall sei zwar anzunehmen, jedoch werde die MdE dadurch um weniger als 10 vH gemindert. Mit Urteil vom 10.04.1990 wies das SG beide Klagen ab, weil die feststellbare Lärmschwerhörigkeit keine MdE um 20 oder 10 vH verursache. Es liege auch kein Stützrententatbestand vor. Denn unabhängig von der Frage, ob ein akustischer Unfall stattgefunden habe, fehle es jedenfalls am Schadensausmaß, nämlich an einer MdE von wenigstens 10 vH. Im dagegen betriebenen Berufungsverfahren (L 3 U 143/90) schlossen die Beteiligten am 27.08.1996 einen Vergleich, in dem sich die Beklagte bei Übernahme eines Viertels der außergerichtlichen Kosten verpflichtete, einen akustischen Unfall vom Juli 1984 anzuerkennen. Der Kläger behielt sich vor, im Falle einer ihm günstigen ärztlichen Stellungnahme einen Antrag nach § 44 des 10. Sozialgesetzbuchs - SGB X - auf Verletztenrente zu stellen. Im übrigen erklärten die Beteiligten den gesamten Rechtstreit für erledigt.
Mit Schreiben vom 14.04.1997 begehrte der Kläger eine Neufeststellung und Überprüfung der früheren Entscheidungen. Er bezog sich auf ein beigefügtes HNO-Gutachten von Prof.Dr.T. vom 15.01.1997. Dieser schätzte die MdE wegen der anerkannten Lärmschwerhörigkeit auf 45 % und die Teil-MdE infolge des akustischen Traumas auf 25 %. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr.G ... Dieser führte am 30.06.1997 aus, die Lärmschwerhörigkeit des Klägers sei in der Zeit von 1985 bis 1989 gleichgeblieben. Sie habe sich erst in den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit, während der er mit sehr leisen Turbinenbohrern gearbeitet habe, verschlechtert. Diese Hörabnahme müsse deshalb andere Ursachen haben. Dies gelte um so mehr, als auch der Hörkurvenverlauf und der Vestibularisbefund atypisch seien. Vermutlich seien cervikale Durchblutungsstörungen für die Zunahme der Hörstörung verantwortlich. Eine MdE von mindestens 10 vH erreiche die Lärmschwerhörigkeit nach wie vor nicht. Mit Bescheiden jeweils vom 07.08.1997 lehnte es die Beklagte ab, die früheren Entscheidungen vom 05.12.1985 bzw. vom 26.11.1996 zurück zunehmen bzw. eine Neufeststellung wegen einer Verschlimmerung zu treffen. Die Voraussetzungen der hierfür maßgebenden §§ 44 und 45 SGB X lägen nicht vor. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Prof. Dr.T. lasse keine andere Entscheidung zu. Denn dieser habe eine Innenohrschwerhörigkeit mit einer Gesamt-MdE von 45 vH diagnostiziert, ohne darzulegen, welcher Anteil auf die Lärmschädigung bzw. auf das akustische Trauma oder auf andere Ursachen zurückzuführen sei. Die Widersprüche blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheide vom 20.11.1997 und vom 15.01.1998).
Dagegen hat der Kläger erneut beim SG Augsburg Klagen erhoben. Dieses hat ein Gutachten von Prof.Dr.J. , HNO Klinik der Universität U. eingeholt. Der Sachverständige hat am 23.11.1998 ausgeführt, die Folgen der Lärmschwerhörigkeit sowie die Folgen des akustischen Unfalls seien jeweils mit einer MdE von weniger als 10 vH zu bewerten. Mit Urteil vom 11.06.1999 hat das SG die miteinander verbundenen Klagen (Az.:S 9 U 459/97 und S 9 U 55/98) abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf die im bisherigen Verwaltungsverfahren und im früheren Klageverfahren eingeholten Gutachten sowie auf das Gutachten von Prof.Dr.J. gestützt. Der Auffassung von Prof.Dr.T. hat es sich nicht angeschlossen, weil dieser eine Begründung dafür schuldig geblieben sei, welcher Anteil der verschiedenen Hörstörungen auf welche Ursachen zurückzuführen sei.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er stützt sich im Wesentlichen auf das seinem Überprüfungsantrag vom 14.04.1997 beigefügte Gutachten von Prof.Dr.T ... Auf seinen Antrag (§ 109 Sozialgerichtgesetz - SGG -) hat der Senat Prof.Dr.F. , ehemaliger Direktor der Universitäts-HNO-Klinik M. , zum Sachverständigen ernannt. In seinem nach Lage der Akten erstatteten Gutachten vom 21.08.2000 hat dieser eingehend dargelegt, auch unter der Annahme, es habe 1984 ein akustischer Unfall stattgefunden, könne aufgrund der Hörwerte von 1984 und 1985 nur von einer gering- bis mittelgradigen Lärmschwerhörigkeit auf dem rechten Ohr bei einer MdE unter 10 vH ausgegangen werden. Die berufsbedingte Lärmeinwirkung habe lediglich einen Hörschaden in den höchsten Frequenzen und allenfalls einen Hörverlust verursachen können, der das altersgemäße Ausmaß praktisch nicht überschreite. Die Lärmpegelein- schätzungen des TAD seien auf den Beruf des Klägers bezogen unzutreffend. Der TAD habe eine Lärmexposition zugrundegelegt, wie sie im Allgemeinen bei Lärmarbeitern der verschiedensten Industriezweige beobachtet worden sei. Hingegen träten bei der Benutzung von Bohrmaschinen im zahnärztlichen Bereich ausschließlich Hochfrequenzgeräusche auf. Diese könnten nur in die untersten Abschnitte der Hörschnecke eindringen und nur diese schädigen. Das beim Kläger bestehende Schadensbild stimme damit nicht überein. Eine MdE um weniger als 10 vH sei daher angemessen. Das spätere Fortschreiten der Hörstörung sei nicht auf Berufslärm sondern auf andere davon abgrenzbare Faktoren zurückzuführen, welche einerseits in der normalen Altersentwicklung und zum anderen in den massiven Veränderungen der Halswirbelsäule mit Beeinträchtigung der Durchblutung zu sehen seien. Schließlich sei auch die Tatsache, dass der Kläger seit vielen Jahrzehnten Jäger sei, mit zu berücksichtigen. Hierbei habe er mit Sicherheit mehrmals ein Knalltrauma erlitten. Der Kläger hat dagegen eingewandt, das Gutachten sei ohne Untersuchung erstattet worden, es sei nicht gründlich genug, lasse wesentliche Fakten ausser Acht, würdige die vorliegenden Beweismittel nur unzulänglich, lasse unzureichende Literaturkenntnisse vermuten und stützte sich auf veraltete Forschungsergebnisse. Der Senat hat sich daraufhin veranlasst gesehen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Es hat damit Prof.Dr.L. , ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für HNO-Heilkunde der Universität F. , beauftragt. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines von ihm angeregten neuroradiologischen Zusatzgutachtens und aufgrund einer Untersuchung des Klägers die Auffassung von Prof.Dr.F. bestätigt. Er hat sogar gemeint, in Zusammenschau der Anamnese, der Befunde, der Aktenlage und der wissenschaftlichen Literatur liege mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weder ein berufsbedingter akustischer Unfall noch eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit vor. Insbesondere seien der auch am linken Ohr über alle Frequenzen verteilte Hörverlust, die Widersprüche zwischen objektiven und subjektiven Testverfahren und der objektiv nachgewiesene Hörverlust beidseits nicht durch zahnärztlichen Turbinenbohrlärm erklärbar. Allenfalls könne eine geringgradige Hochtonschwerhörigkeit lärmbedingt sein. Der dadurch verursachte Hörverlust liege, wie bereits von den Vorgutachtern Dr.D. und Prof.Dr.S. 1985 und 1989 beschrieben, unter einer MdE von 10 vH. Das Gutachten ist den Beteiligten am 16.10.2002 zur Kenntnis gegeben worden. Während sich die Beklagte dadurch in ihrer Auffassung bestätigt gesehen hat, hat sich der Kläger hierzu nicht geäußert. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2002 ist weder er selbst noch sein Bevollmächtigter erschienen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.1999 und der Bescheide vom 7.08.1997 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20.11.1997 und vom 15.01.1998 zu verurteilen, ihm wegen einer Lärmschwerhörigkeit und wegen der Folgen eines akustischen Unfalls von 1984 Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.1999 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf die Akten der Beklagten (Aktenzeichen 8-80-V 0487 und 08-30-V 105957 B), der Akten des SG Augsburg sowie des Bayerischen Landessozialgerichts bezüglich der früheren Verfahren (Az.:S 3 U 260/99; S 3 U 265/88; L 3 U 143/90) und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz des jetzigen Verfahrens Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt - weder gemäß § 44 SGB X noch gemäß § 48 SGB X - Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aufgrund der von der Beklagten anerkannten Lärmschwerhörigkeit bzw. aufgrund des im Vergleich vom 27.08. 1996 anerkannten akustischen Unfalls von 1984; denn seine Erwerbsfähigkeit wird durch Folgen dieser Versicherungsfälle nicht in rentenberechtigendem Ausmaß gemindert (§§ 548, 551, 580, 581 Abs. 1 und 2 Reichsversicherungsordnung - RVO - i.V.m. § 212 des 7. Sozialgesetzbuchs - SGB VII -). Dies hat das SG im angefochtenen Urteil bereits zutreffend und eingehend dargelegt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Urteilsgründe Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung insoweit ab.
Im Übrigen bestätigt die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme die Auffassung des SG im angefochtenen Urteil. Die in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Gutachten der Professoren Dr.F. und Dr.L. lassen keinen Raum für die vom Kläger begehrte Entscheidung. Die Einwände des Klägers in seinem Schreiben vom 06.12.2000 gegen das Gutachten von Prof.Dr.F. konnte Prof.Dr.L. entkräften. Der Sachverständige setzte sich - im Gegensatz zu Prof.Dr.T. - eingehend mit den möglichen Ursachen der beim Kläger festzustellenden Hörschädigung auseinander. Was den akustischen Unfall betrifft, so lässt sich hierfür ein typisches Schädigungsmuster nicht verifizieren. Ein akustischer Unfall tritt nämlich als plötzliche, einseitige Innenohrschwerhörigkeit auf, wobei zwei Komponenten vorhanden sein müssen, nämlich eine Lärmbelastung und eine körperliche Belastung mit Torquierung der Halswirbelsäule. Dies führt zu einer Kombination zwischen der akuten Lärmbelastung und einer Minderdurchblutung des Innenohrs. Im Ergebnis kommt es dann zu einem akuten Funktionsverlust des Innenohrs, wobei cochleäre Symptome dominieren. Ein solches typisches Verletzungsmuster konnte beim Kläger zu keinem Zeitpunkt gesichert werden. Wenn auch ein definitiver Ausschluß eines akustischen Unfalls nicht möglich ist, so lässt sich jedenfalls eine rentenberechtigende MdE aus dem unfallbedingten Schaden nicht ableiten.
Bezüglich der Frage, ob die als Berufskrankheit anerkannte Lärmschwerhörigkeit zu einem Hörverlust in rentenberechtigendem Ausmaß geführt hat, schließt sich der Senat den Ausführungen von Prof.Dr.L. , welche mit denen von Prof.Dr.F. völlig übereinstimmen, an. Den Vorwurf des Klägers, letzterer habe die neuere Literatur zum Ausmaß lärmbedingter Hörschädigungen bei Zahnärzten nicht berücksichtigt, konnte Prof.Dr.L. ausräumen. Auch er bezieht sich auf Literaturstellen, die von Prof.Dr.F. bereits zitiert wurden. Er stimmt Prof. Dr.F. auch insoweit zu, als dieser bereits auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse hingewiesen hat, dass dentale Turbinenbohrer Geräusche mit schmalbandigem Frequenzspektrum erzeugen. Dies - so Prof.Dr.L. - kann mittels der Terzanalyse festgestellt werden, die Auskunft über die frequenzabhängige Zusammensetzung von Geräuschen gibt. Schallpegelmessungen bei Arbeiten an dentalen Turbinenbohrern zeigten, dass in keiner Form 85 dB(A) erreicht wurden und der durchschnittliche Pegel nahezu immer unter 80 dB lag. Allein dies zeigt, dass das Risiko einer berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit bei einem Zahnarzt nahezu ausgeschlossen ist. Neben dem Schallpegel ist auch die tägliche Benutzungsdauer der Turbinen von Bedeutung. Dabei kommt der Tatsache, dass die Tätigkeit eines Zahnarztes in der Regel nicht eine ganztägige sondern nur eine intermittierende Belastung mit sich bringt, besonderes Gewicht zu. Nach den in der wissenschaftlichen Literatur bekannten Ergebnissen ließ sich bei Zahnärzten eine tägliche Laufzeit dentaler Bohrmaschinen im Bereich von Stunden nicht belegen. Vielmehr fanden sich über längere Beobachtungszeiträume mittlere Betriebszeiten zwischen 4 Minuten 30 Sekunden und 7 Minuten 26 Sekunden im Tagesdurchschnitt. Obwohl in der medizinischen Wissenschaft unbestritten ist, dass hohe Frequenzanteile im Lärm das Gehör besonders stark schädigen, ist daraus nicht zu schließen, dass sich die Schädigung auch auf die mittleren oder gar tiefen Tonlagen erstreckt. Pathophysiologisch ist eine solche Schädigung gar nicht möglich. Denn die in den Schallwellen enthaltene Energie wird durch die Wanderwelle in der Schnecke an die Abschnitte des Cortischen Organs transportiert und dort abgeladen, die den jeweiligen Frequenzen zugeordnet sind. Bei hohen Frequenzen sind nur die untersten Abschnitte der Basalmembrane betroffen. Die Energie hoher Frequenzen gelangt also rein physikalisch gar nicht in den Bereich der mittleren Frequenzen und kann deshalb dort auch keine Schäden verursachen. Grundsätzlich ist es so, dass die Einwirkung einer bestimmten Frequenz auf das Innenohr nur diejenigen Haarzellen schädigen kann, die auf der Basilarmembran von der Wanderwelle bis zum Erreichen des frequenzspezifischen Abschnittes überrollt oder erreicht werden, also nur diejenigen oberhalb der einwirkenden Frequenz und die dieser Frequenz direkt zugeordneten Haarzellen. Umfangreiche Untersuchungen zeigten, dass Zahnärzte sehr unterschiedlicher Altersgruppen im Vergleich zu normalen Kontrollpersonen nicht stärker - durch dentale Turbinen - hörgeschädigt waren. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen von Prof.Dr.L. an. Er kommt zum Ergebnis, dass sich unter Berücksichtigung sämtlicher Gutachten auf HNO-ärztlichem Gebiet ein rentenberechtigendes Ausmaß der beim Kläger als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit nicht begründen läßt. Ob überhaupt eine Berufskrankheit der Nr. 2301 bzw. ob ein akustischer Unfall vorliegt, war vom Senat nicht zu entscheiden. Denn dies steht infolge des Anerkenntnisses der Beklagten über das Vorliegen einer Berufskrankheit im Bescheid vom 05.12.1985 bzw. infolge des Anerkenntnisses eines akustischen Arbeitsunfalls im Vergleich vom 27.08.1996 außer Streit. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente gem. der §§ 548, 551, 580 Abs. 1 und 581 Abs. 1 oder Abs. 3 RVO ist nicht zu begründen. Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.1999 war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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