L 4 B 174/02 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 KR 174/02 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 174/02 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf Euro 5.000,00 festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Antragsgegnerin (Ag.), einer Betriebskrankenkasse, im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen ist, ihre Versicherten zum Bezug von Arzneimitteln bei der niederländischen Apotheke D. aufzufordern.

Dem Antragsteller (Ast.) gehören 80 % der bayerischen Apothe- ken an. Der Ast. schloss mit den bayerischen Landeskassen bzw. deren Verbänden (u.a. dem BKK Landesverband Bayern, dem die Ag. angehört), am 24.05.2000 den Apothekenvertrag für Bayern - Ergänzungsvereinbarung zu Bundesrahmenverträgen (AV-Bay). § 1 Abs.1 Satz 1 des Vertrags lautet: Die Versicherten und die Vertragsärzte/Vertragszahnärzte (im Folgenden "Vertragsärzte" genannt) dürfen weder von den Apotheken zulasten der Krankenkassen noch von den Krankenkassen zugunsten bestimmter Apotheken oder anderer Lieferanten beeinflusst werden.

Der Vorstand der Ag. hat im Magazin der Betriebskrankenkasse "Gesundheit" 53. Jahrgang Nr.1 Februar 2002 Seite 3 mitgeteilt, die Ag. habe mit der Versandapotheke D. einen neuen Vertragspartner gefunden, der nicht nur der Ag., sondern auch den Versicherten verhelfe, Kosten einzusparen. Auf Seite 12 des Magazins wird unter der Überschrift: "Die Medikamentenzuzahlung muss nicht sein" darauf hingewiesen, die Apotheke D. sorge mit einem neuartigen Vertriebssystem für zuzahlungsfreie Arzneimittel. Die ärztliche Verordnung könne mit einer ausgefüllten Begleitkarte portofrei per Freiumschlag an D. gesendet werden. Das erste Freikuvert (inklusive Begleitschein) sei bei der BKK-KBA-Geschäftsstelle erhältlich.

Am 06.03.2002 hat der Ast. beim Sozialgericht Würzburg einen eiligen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Das Verfahren wurde an das örtlich zuständige Sozialgericht München verwiesen. Der Ag. sollte im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache untersagt werden, ihre Versicherten zum Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandhandels bei der niederländischen Apotheke D. anzuleiten. Der vertragliche Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 1 Abs.2 Satz 1 des Apothekenvertrags. Anordnungsgrund im Sinne von § 86 b Abs.2 Satz 1 SGG sei, dass ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung die Gefahr bestehe, dass Mitgliedern des Ast. Schaden in Form von Umsatzausfällen entstehen könnte.

Das Sozialgericht hat der Ag. mit Beschluss vom 4. April 2002 im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache untersagt, ihre Versicherten durch entsprechende Hinweise in Mitteilungsblättern, durch Ausgabe von Freikuverts inklusive Bestellschein oder in sonstiger Weise zum Bezug von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels bei der niederländischen Apotheke D. aufzufordern.

Der Antrag sei gemäß § 86 b Abs.2 SGG in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung zulässig. Der Antrag sei auch begründet. Es liege sowohl ein Anordnungsgrund wie ein Anordnungsanspruch vor. Der Anordnungsanspruch ergebe sich nicht aus Wettbewerbsrecht, sondern aus Verletzung des Apothekenvertrags. Die vom Ast. gerügte Aufforderung zum Bezug von Arzneimitteln über die Internet-Apotheke D. erfülle den Tatbestand der Beeinflussung von Versicherten im Sinne des § 1 Abs.2 Satz 1 des Vertrages. Es handele sich nicht lediglich um eine sachliche Information, der Text stelle sich für den objektiven Betrachter als Beeinflussung im Sinne einer Werbung für den Bezug über die Internet-Apotheke D. dar.

Anordnungsgrund sei, dass zu befürchten sei, dass den Mitgliedern des Ast. Umsatzeinbußen entstehen. Ausschlaggebend für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sei unter summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten einer Hauptsacheklage insbesondere, dass sich die Ag. mit dem Aufruf, Arzneimittel im Wege des Versandhandels zu beziehen, in Widerspruch zur geltenden Rechtslage setze.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Ag. Sie macht geltend, der Ast. als Interessenverband sei nicht aktiv legitimiert, dies habe das Bundessozialgericht bereits entschieden. Außerdem bestehe kein Unterlassungsanspruch, die vom Sozialgericht getroffene Regelung stelle einen Verstoß gegen die europäischen Wettbewerbsregeln dar. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sei abzuwarten, wegen der Maßgeblichkeit dieser Entscheidung wird angeregt, das Verfahren auszusetzen.

Da das Sozialgericht auch nicht von einem wesentlichen Schaden ausgehe, seien die Voraussetzungen des § 86 b Abs.2 SGG nicht gegeben. Der Ast. selbst könne keinen denkbaren Schaden aus der Handlungsweise der Ag. erleiden. Ein allenfalls denkbarer Schaden könne nur bei den Mitgliedern, nicht aber bei dem Verband selbst entstehen. Schließlich fehle eine substantiierte Erklärung dahingehend, welche tatsächliche Beeinträchtigung auf die Mitglieder zukomme.

Die Antragsgegnerin beantragt, auf ihre Beschwerde hin den Beschluss des Sozialgerichts München vom 04.04.2002 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Das Sozialgericht habe die angefochtene einstweilige Anordnung zu Recht erlassen. Dem Ast. stehe ein vertraglicher Unterlassungsanspruch aus dem Apothekenvertrag für Bayern zu, dessen Verwirklichung ohne einstweiligen Rechtsschutz irreparabel vereitelt würde. Die durch das Verhalten der Ag. für lange Zeit geschädigten Mitglieder des Ast. hätten keine realistische Möglichkeit, die ihnen bei Verweigerung einstweiligen Rechtschutzes über Monate, wenn nicht Jahre hinweg entstehenden Umsatzausfälle gegenüber der Ag. zu beziffern und in einem Schadenersatzprozess erstattet zu erhalten. Auf das sozialgerichtliche Hauptsacheverfahren dürfe der Ast. schon wegen der gegenwärtigen Dauer derartiger Klageverfahren beim Sozialgericht München nicht verwiesen werden.

Der vertragliche Unterlassungsanspruch bestehe unabhängig davon, dass die beanstandete Werbetätigkeit der Ag. für die niederländische Apotheke D. gegen das gesetzliche Versandhandelsverbot nach §§ 43 Abs.1, 73 AMG und gegen das korrespondierende Werbeverbot des § 8 HWG verstoße. Das Sozialgericht habe allerdings zutreffend ausgeführt, dass die Ag. nicht nur eine Vertragsverletzung begangen habe, sondern sich auch noch über geltende gesetzliche Verbote hinwegsetze, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts wiege ein vorsätzlicher Rechtsbruch dieser Art besonders schwer. Der Ag. sei unbenommen, im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts auf der politischen Ebene für eine Änderung des Versandhandelsverbots zu plädieren. Die Ag. müsse jedoch daran gehindert werden, diese von ihr gewünschte Gesetzesänderung durch die Missachtung der bis auf weiteres uneingeschränkt geltenden gesetzlichen Verbote vorwegzunehmen.

Im Einzelnen führt der Ast. zur Argumentation der Ag. aus, das Sozialgericht habe die Aktivlegitimation völlig zu Recht bejaht. Für Ansprüche aus einer vertraglich übernommenen Unterlassungsverpflichtung sei der Gläubiger dieser vertraglichen Verpflichtung aktiv legitimiert. Dies sei selbstverständlich die jeweils andere Vertragspartei. Der Ast. sei Vertragspartei des Apothekenvertrags für Bayern. Seine Stellung ergebe sich bereits aus dem Gesetz, nämlich aus § 129 Abs.5 SGB V. Dies habe nichts mit der wettbewerbsrechtlichen Klagebefugnis und der Entscheidung des BSG vom 25.09.2001 (B 3 KR 3/01 R) zu tun. Hierbei hätten vertragliche Ansprüche bekanntlich nicht die geringste Rolle gespielt.

Der Unterlassungsanspruch folge unmittelbar aus der in § 1 Abs.2 Satz 1 des Apothekenvertrags für Bayern übernommenen Verpflichtung der Krankenkassen, die Versicherten nicht zugunsten bestimmter Apotheken zu beeinflussen. Bei der niederländischen Apotheke D. handele es sich um eine Apotheke im Sinne der obigen Unterlassungsverpflichtung. Die Ausführungen zu einem angeblichen Standortnachteil, zu europäischen Wettbewerbsregeln und auch zu verfassungsrechtlichen Fragen seien unverständlich, da sie mit dem vorliegenden Streitfall nichts zu tun hätten.

Zum Anordnungsgrund wird ausgeführt, auch insoweit griffen die Beschwerdeangriffe nicht durch. Die Ag. verkenne, dass § 86 b Abs.2 Satz 1 SGG den Wortlaut des § 935 ZPO übernehme, zudem unstreitig sei, dass auch und gerade vertragliche Ansprüche als Anordnungsanspruch in Betracht kämen. Im Übrigen zitiere die Ag. in der Beschwerdeschrift die gesetzliche Bestimmung falsch, nicht eine Beeinträchtigung von Rechten sei entscheidend, sondern die Gefahr der Vereitelung der Rechtsverwirklichung. Diese Gefahr liege schon deshalb auf der Hand, weil die Ag. ohne gerichtliche Anordnung Tat für Tag weitere Bestellscheine der Apotheke D. an ihre Versicherten ausgeben würde. Die Vertragsverletzungen und der dadurch entstehende Schaden würden sich laufend ausweiten.

Es komme auch nicht auf einen eigenen Schaden des Ast. an. Als unmittelbarer Vertragspartner und kraft Gesetzes zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen berufene Organisation sei er nicht nur materiell-rechtlich aktiv legitimiert, sondern auch befugt, die einstweilige Sicherung des Unterlassungsanspruches zu beantragen.

Die vom Sozialgericht vorgenommene Interessenabwägung sei zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings scheine die Gewichtung des Interesses des Ast. an der Unterbindung der Werbe- und Bestellhilfeaktion der Ag. noch viel zu zurückhaltend bewertet. Es müsse vor allem der zeitliche Rahmen in die Interessenabwägung einbezogen werden. Es gehe nicht nur um eine zeitlich knapp begrenzte Vertragsverletzung und Schadenszufügung, sondern um einen ganz beträchtlichen Zeitraum in die Zukunft hinein, während dessen den Mitgliedern des Ast. ganz erhebliche Umsatzausfälle drohen würden.

Schließlich komme die Aussetzung mangels Vorgreiflichkeit gemeinschaftsrechtlicher Fragen nicht in Betracht. Der vertragliche Unterlassungsanspruch des Ast. bestehe unabhängig von der gemeinschaftsrechtlichen Bewertung des Versandhandelsverbotes.

Zum Streitwert wird ausgeführt, der Senat sei für das Beschwerdeverfahren nicht an die Entscheidung der Erstinstanz gebunden. Es wird beantragt, den Streitwert auf einen angemessenen Betrag festzusetzen, der zumindest Euro 100.000,00 nicht unterschreiten sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte des Sozialgerichts und der Landessozialgerichtsakte Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 172 SGG statthafte, gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG) ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.

Der Beschluss des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat mit Wirkung vom 02.01.2002 (Art.19 Sechstes SGG-Änderungsgesetz) Eingang in das Sozialgerichtsgesetz gefunden. Danach kann gemäß § 86 b Abs.2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast. vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Zur Stellung dieses Antrags ist der Ast. aktiv legitimiert. Die Klagebefugnis der Verbände zur Sozialgerichtsbarkeit ergibt sich zwar seit dem 01.01.2000 aufgrund der Neuregelung des § 69 SGB V nicht mehr aus § 13 UWG (BSG, Urteil vom 25.02. 2001, Az.: B 3 KR 3/01 R), weil gemäß § 69 SGB V in allen Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den unmittelbar und mittelbar betroffenen Leistungserbringern nur noch öffentliches Recht Anwendung findet. Im hier zu entscheidenden Fall, der sich insoweit von dem Tatbestand, der der BSG-Entscheidung zugrunde liegt, unterscheidet, wird jedoch die Verletzung der Vertragskompetenz des § 129 Abs.5 SGB V gerügt. Nach dieser Vorschrift können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Einen solchen Vertrag hat der Ast. geschlossen. Die Vertragskompetenz hat, wie der Bevollmächtigte des Ast. zutreffend ausführt, zur Folge, dass der Ast. das Recht hat, die Einhaltung des Vertrages zu verlangen und gerichtlich gegen Vertragsverletzungen vorzugehen. Der Ast. selbst und nicht etwa die Mitglieder des Bayerischen Apothekerverbands hat damit einen Unterlassungsanspruch bei Vertragsverletzung.

Die rechtlichen Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung gemäß § 86 b Abs.2 SGG sind gegeben. Es muss ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bestehen (§ 920 ZPO). Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf das materielle Recht, für das vorläufiger Rechtsschutz beantragt wird, der Anordnungsgrund ist bei der Sicherungsanordnung die Gefahr einer Rechtsvereitlung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 86 b Anm.27, 28 mwN).

Der Anordnungsanspruch ergibt sich, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, aus § 1 Abs.2 Satz 1 des Apothekenvertrags vom 24. Mai 2000. Die dort getroffene vertragliche Regelung hat die Ag. verletzt, indem sie ihre Versicherten auf die Bezugsmöglichkeit von Arzneimitteln bei D. hingewiesen hat, den Bezug erleichtert hat durch den Hinweis auf die entfallende Zuzahlung und schließlich durch die Zurverfügungstellung eines portofreien Bestellformulars. Dabei handelt es sich um eine Beeinflussung der Versicherten zugunsten der Apotheke D ... Der Senat ist wie das Sozialgericht der Auffassung, dass durch den Vertrag auch die Beeinflussung der Mitglieder zugunsten von Versandapotheken untersagt ist, die nicht Mitglieder des Ast. sind. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des Vertrags lassen eine andere Auslegung zu.

Entgegen der Auffassung der Ag. ist für den Unterlassungsanspruch rechtlich irrelevant, ob der Versandhandel mit Arzneimitteln gegen das Arzneimittelgesetz verstößt oder ob europarechtlich entschieden wird, dass der Versandhandel zur Vermeidung warenrechtlicher Diskriminierung zugelassen werden muss. Der Text des § 1 Abs.2 Satz 1 AV-Bay untersagt die Beeinflussung zugunsten bestimmter Apotheken. Der Wortlaut umfasst damit alle Apotheken, unabhängig davon, in welchem Land sie sich befinden und auf welche Weise sie die Versicherten versorgen. Konkret bedeutet dies, dass der Vertrag Maßnahmen, wie sie die Ag. durchgeführt hat, untersagt, auch wenn bundes- oder europarechtlich klargestellt würde, dass Versandapotheken zur Versorgung der Versicherten zugelassen sind.

Es liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Bei dessen Überprüfung ist zu berücksichtigen, dass Antragsteller und Antragsgegner Vertragspartner eines öffentlich-rechtlichen Vertrages sind. Das Bundessozialgericht hat in der bereits zitierten Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Leistungsbeschaffungsverträge der Krankenkassen mit den Leistungserbringern als öffentich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind. Die Vertragspartner des öffentlich-rechtlichen Vertrages sind grundsätzlich an die abgeschlossene Vereinbarung gebunden (pacta sunt servanda) (Engelmann in von Wulffen SGB X, 4. Auflage, Rdz.2 zu § 59). Die Bindung steht unter dem Vorbehalt gleich bleibender Verhältnisse (clausula rebus sic stantibus), der auch im Verwaltungsrecht gilt (Engelmann aaO). Bei veränderten Verhältnissen ist gemäß § 59 Abs.1 SGB X eine Anpassung oder Kündigung möglich. Die Ag. hat sich durch ihr Verhalten, auf dessen Unterlassen der Ast. klagt, über die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen hinweggesetzt. Es ist nach Auffassung des Senats bei Verletzung öffentlich-rechtlicher Verträge durch einen Vertragspartner grundsätzlich das Interesse des Verletzers nicht schutzwürdig. Dies bedeutet, dass in der Vertragsverletzung eine Gefahr der Rechtsvereitelung liegt und eine entsprechende Anordnung zur Verhinderung auszusprechen ist. Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von der im Beschluss vom 16.08.2002 (L 4 B 193/02 KR ER) geäußerten Meinung ab. Der Entscheidung liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Die dortige Antragsgegnerin hat in einem Einzelfall auf telefonische Anfrage eines Versicherten Auskunft über D. gegeben. Die Krankenkassen sind hierzu gemäß §§ 14, 15 SGB I berechtigt. Eine Beeinflussung war nicht belegt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 197 a SGG iVm § 154 VwGO.

Da sich ein Gegenstandswert weder aus der Kostenordnung er- gibt und auch sonst nicht feststeht, wird der Streitwert für das Beschwerdeverfahren gemäß § 13 Abs.1 GKG ebenfalls auf Euro 5.000,00 festgesetzt. Grundsätzlich ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Ast. für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von Euro 4.000,00 anzunehmen. Dies gilt für das Hauptsacheverfahren. Der Senat geht grundsätzlich beim vorläufigen Rechtsschutz von einem Streitwert von einem Drittel des Hauptsacheverfahrens aus. Mit der Festsetzung des Beschwerdewerts von Euro 5.000,00 berücksichtigt der Senat damit die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts zur wohl geringen Bedeutung der Streitsache ebenso wie die hiergegen erhobenen Bedenken des Ast.

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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