L 14 KG 9/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KG 210/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 9/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30. November 1998 und die Bescheide der Beklagten vom 26. März 1996 und 31. Januar 1997 in Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 23. September 1997 dahingehend abgeändert, dass die Aufhebung der Kindergeld- bewilligung erst mit Wirkung ab 1. April 1996 erfolgt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeld für drei Kinder für die Zeit ab 01.01.1996.

Der im Jahre 1945 geborene Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, war bei der V. AG als Prokurist zum 01.03.1988 eingestellt und als Leiter der Rechtsabteilung in D. beschäftigt; er wurde von dieser für die Zeit ab 01.07.1994 in die USA entsandt, um dort als "president" die Leitung der V. Corporation, einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der V. AG, zu übernehmen. Er bezog aufgrund der Kindergeldbewilligungen der Beklagten vom 16.09.1976, 28.11.1979 und 10.07.1984 Kindergeld für drei in den Jahren 1976, 1979 und 1984 geborene und später in Schulausbildung stehende Kinder. Nachdem er der Beklagten mit Schreiben vom 09.09.1994 mitgeteilt hatte, dass er auf fünf Jahre in die USA entsandt worden sei, er mit seinen Familienangehörigen einen Wohnsitz in den USA begründet habe und die Kinder dort zur Schule gingen, und er um Weiterzahlung des Kindergelds wegen "vorübergehenden Auslandsaufenthalts" bat, erteilte die Beklagte zunächst den Bescheid vom 11.04.1995. Hierin wurde ausgesprochen, dass die Kindergeldbewilligungen vorläufig ab 01.03.1995 aufgehoben würden, weil die weitere Berechtigung des Klägers noch geprüft werden müsse.

Weitere Ermittlungen der Beklagten bei der V. AG, die auch zur Beiziehung des Entsendungsvertrags vom 25.03.1994 führten, ergaben unter anderem, dass die Entsendungsdauer zunächst fünf Jahre betrug, das Gehalt des Klägers bis Ende 1994 von der V. AG und dann von der V. Corporation gezahlt wurde, eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach deutschem Recht nicht bestand und Pflichtbeiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden. Der Arbeitgeber legte unter anderem auch eine Bescheinigung der H. Ersatzkasse über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften auf die in die Vereinigten Staaten von Amerika entsandten Arbeitnehmer (nur betreffend die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung) vor.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 26.03.1996, abgesandt mit einfachem Brief per Luftpost, hob die Beklagte die Kindergeldbewilligungen gemäß § 48 des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X) mit Wirkung ab 01.03.1995 auf, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der Entsendung, aufgrund derer ausnahmsweise Kindergeld ins Ausland gezahlt werden könne (§ 1 Abs.1 Nr.2 des Bundeskindergeldgesetzes alte Fassung - BKGG a.F.), nicht gegeben seien. Ein Anspruch auf Kindergeld ab 01.01.1996 gemäß dem neu gefassten § 1 Abs.1 BKGG n.F. bestehe aber nicht, weil der Kläger, der nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei oder so behandelt werde (§ 1 Abs.1 und 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -), nicht eine der Beitragspflicht der Bundesanstalt für Arbeit unterliegende oder nach § 169c Nr.1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) beitragsfreie Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübe. Unabhängig davon bestehe auch gemäß § 2 Abs.5 BKGG n.F. kein Anspruch auf Kindergeld mehr für Kinder, die sich im Ausland aufhielten. Das zu Unrecht gewährte Kindergeld für die Zeit von Oktober 1994 bis Februar 1995 werde aus Vertrauensschutzgründen nicht zurückgefordert. Über die Zeit von Juli 1994 bis September 1994 werde noch entschieden.

Mit dem hiergegen erhobenen, am 17.04.1996 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass eine Entsendung vorliege; so würden unter anderem nur das monatliche Arbeitsentgelt von der V. Corporation übernommen und alle anderen Kostenerstattungen und Vergütungen (Schulkosten, Umzugskosten, Jahresabschlussvergütung, alle zwei Jahre Heimaturlaub, usw.) über die V. AG abgewickelt. Die früheren arbeits- und dienstrechtlichen Beziehungen im Inland bestünden auch fort. Über § 4 des Sozialgesetzbuches Teil IV (SGB IV) bleibe er auch unter anderem arbeitslosen-, kranken-, pflege- und unfallversichert. Für die Kindergeldregelung ab 01.01.1996 sei zu sehen, dass Verfassungswidrigkeit vorliege, weil Kinder von Entwicklungshelfern und entsandten Beamten privilegiert seien.

Die Beklagte setzte sich mit der H. Krankenkasse in Verbindung, die klarstellte, dass die "Entsendungsbescheinigung zum Deutsch-Amerikanischen Abkommen über Soziale Sicherheit" lediglich die Rentenversicherungspflicht betreffe, worüber sie als zuständige Einzugsstelle für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge entschieden habe. Ob Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung und anderen Zweigen der Sozialversicherung bestehe, sei nach § 4 SGB IV zu beurteilen. Hiernach bestehe ihrer Auffassung nach Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung und eine (weiterhin) bestehende freiwillige Versicherung in der Krankenversicherung.

Mit Bescheid vom 31.01.1997 wurde unter Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.05.1996 - 10 RKg 20/94 - zum Entsendungsbegriff der Bescheid vom 26.03.1996 dahingehend abgeändert, dass dem Kläger das Kindergeld noch für die Zeit von März bis Dezember 1995 zustehe. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies dann den eingelegten Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.1997 zurück. Für den Kindergeldanspruch nach dem ab 01.01.1996 geltenden Recht komme es allein auf das Vorliegen der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit an, unabhängig von der inhaltlichen Ausgestaltung des früher im Gesetz verwendeten Entsendungsbegriffs. Der Widerspruchsführer sei seit Juli 1994 Präsident der rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft V. Corporation in New York; eine der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliegende Beschäftigung als Arbeitnehmer könne nicht festgestellt werden. Letztlich beruhe die Versagung des Kindergelds ab Januar 1996 aber auch auf einer anderen fehlenden Anspruchsvoraussetzung; die im ausländischen Haushalt des Klägers aufgenommenen Kinder könnten nicht berücksichtigt werden.

Mit der Klage beim Sozialgericht Nürnberg beantragte der Kläger, den Bescheid vom 26.03.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom September 1997 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, auch über den 31.12.1995 hinaus Kindergeld zu gewähren, und machte verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Vorgelegt wurde auch eine Bescheinigung der V. AG vom 26.01.1998, dass regelmäßig monatlich über die Krankenkasse Beiträge an die Bundesanstalt für Arbeit abgeführt würden.

Mit Urteil vom 30.11.1998 wies das Sozialgericht die Klage ab. Für das auf gegenüber den Leistungen nach dem EStG subsidiäres sozialrechtliches Kindergeld gerichtete Begehren - (nur) hierfür sei die Zuständigkeit der Sozialgerichte gemäß § 15 BKGG n.F. eröffnet - bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Ein Kindergeldanspruch nach dem BKGG n.F. sei jedoch nicht gegeben. Zwar übe der Kläger im Ausland eine der Beitragspflicht der Bundesanstalt für Arbeit unterliegende Beschäftigung als Arbeitnehmer aus, weder er noch die Kinder hätten aber einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Die Regelung, dass Kinder im Ausland nicht berücksichtigt würden, verstoße auch nicht gegen Art.3, 14, 6 und 20 des Grundgesetzes (GG). Grundsätzlich stehe es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Regelungsbefugnis und Gestaltungsfreiheit frei, steuerfinanzierte Leistungen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen zu ändern oder ganz wegfallen zu lassen, soweit er damit nicht in andere Grundrechte des Berechtigten eingreife. Die Gewährung von Familienlastenausgleichsleistungen wie dem Kindergeld schafften für die Berechtigten keine eigentumsbegründenden oder eigentumsähnlichen Rechte wie etwa diejenigen, die Versicherte durch die Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung erlangten. Kindergeld werde den Berechtigten vielmehr aus allgemeinen Haushaltsmitteln gewährt.

Mit den Beschlüssen vom 29.05.1990 und 12.07.1990 habe das Bundesverfassungsgericht jedoch entschieden (Bundessteuerblatt II, S.653 und 664), dass bei der Besteuerung von Familien mit Kindern ein Einkommensbetrag in Höhe des Existenzminimums der Kinder steuerfrei belassen werden müsse. Auf welchem Wege diese Vorgabe erreicht würde, bliebe dem Gesetzgeber freigestellt. Durch das Jahressteuergesetz 1996 (vom 11.10.1995, BGBl.I, S.1250, geändert durch das Jahressteuer-Ergänzungsgesetz 1996 vom 18.12.1995, BGBl.I, S.1959) sei die laufende Zahlung des Kindergelds als Steuervergütung (§ 37 der Abgabenordnung - AO -) anstelle eines sozialrechtlichen Rechtsanspruches (§§ 25 Abs.1, 38 SGB I) ausgestaltet worden. Die Kindergeldsätze und die Kinderfreibeträge seien angehoben worden. Damit sei nach Auffassung der Kammer der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Vorgaben nachgekommen. Grundsätzlich sei es daher systemgerecht, allen denjenigen, bei denen ein steuerlicher Zugriff auf das Erwerbseinkommen nicht stattfinde, im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Freistellung des auf die Kinder entfallenden Existenzminimums keine Leistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs zu gewähren. Gleichfalls systemgerecht sei es, für Personen, bei denen kein steuerlicher Zugriff auf das Erwerbseinkommen stattfinde, grundsätzlich keine Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs bereit zu stellen und eine solche Leistung von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen.

Dass der Gesetzgeber einen sozialrechtlichen Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG n.F. weiterhin für bestimmte Personen vorgesehen habe, sei sachgerecht. Zum einen könnten elternlose Kinder - wie vor dem 01.01.1996 - Kindergeld für sich selbst beanspruchen. Die Aufrechterhaltung eines sozialrechtlichen Kindergeldanspruches auf der Grundlage eines BKGG sei auch aus anderen Gründen geboten gewesen: Denn zu den Leistungen gemäß Art.73 ff. der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 gehöre gemäß der Erklärung des Bundesregierung zu Art.5 der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 das Kindergeld auf der Grundlage des BKGG in der jeweils gültigen Fassung (vgl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 139/6 und C 139/7 vom 09.06.1980).

Dass der Gesetzgeber darüber hinaus den in § 1 Abs.1 BKGG ausdrücklich genannten Personengruppen einen Anspruch auf das sozialrechtliche Kindergeld einräume, begegne nach Auffassung der Kammer keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Rahmen der dem Gesetzgeber eingeräumten Regelungsbefugnis stehe es ihm frei, bestimmten Personengruppen aufgrund sachlicher Erwägungen einen Anspruch einzuräumen. Grundsätzlich anspruchsberechtigt seien gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG auch entsandte Arbeitnehmer, die beitragspflichtig im Sinne von § 168 AFG zur Bundesanstalt für Arbeit seien gemäß § 173a AFG i.V.m. § 4 SGB IV.

Auch die Differenzierung im Rahmen des § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F., die im Ergebnis bei entsandten Arbeitnehmern zu keinem Anspruch auf Kindergeld für ihre im ausländischen Haushalt lebenden Kinder (bei Verlust des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland) führe, begegne nach Auffassung der Kammer keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F. begünstige den Personenkreis nach § 1 Abs.1 Nr.2 und 3 BKGG n.F., also Entwicklungshelfer, die Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes (EhfG) erhielten, und nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) eine bei einer Einrichtung außerhalb Deutschland zugewiesene Tätigkeit ausübende Beamte. Durch die Ergänzung des § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. würde klargestellt, dass Missionare unabhängig von ihrem Status von § 1 Abs.1 BKGG n.F. erfasst würden. Anders als vor Januar 1996 seien sie den Entwicklungshelfern gleichgestellt worden. Diese Gleichstellung beruhe auf der gesetzgeberischen Erwägung, dass ihre Besoldung oder Vergütung wie bei Entwicklungshelfern in der Regel weniger Entgelt für Aktion als vielmehr den Charakter einer Entschädigung für den Lebensunterhalt habe.

Diese Differenzierung erscheine der Kammer sachgerecht, weil diese Personenkreise im unmittelbaren staatlichen Interesse im Ausland tätig seien. Entwicklungshelfer erhielten im Gegensatz zu den entsandten Arbeitnehmern keine marktgerechte Entlohnung. Bei den im Rahmen des § 123a BRRG im Ausland tätigen Beamten sehe die Kammer einen weiteren sachlichen Grund für die Kindergeldgewährung (für die in den ausländischen Haushalt aufgenommenen Kinder) darin, dass auf der Grundlage des verfassungsrechtlich verankerten Alimentationsprinzips wesentliche Einkommensbestandteile und auch der Beihilfeanspruch dieser Beamten von der Kindergeldgewährung abhängig sei und der Gesetzgeber im Rahmen der ihn treffenden Alimentationspflicht bei Entfall des Kindergeldanspruches eine andere sachgerechte Besoldungslösung hätte finden müssen. Die Nichtberücksichtigung der im Haushalt lebenden Kinder betreffe (vgl. Vial/Schwetz, Die Sozialgerichtsbarkeit 1996, S.245) im Wesentlichen nur beitragspflichtige Arbeitnehmer in Ost-, Südost- und außereuropäischen Staaten, denn Ausnahmen ergäben sich aus dem EG-Recht und dem Abkommensrecht. Danach habe ein in einem anderen EU- bzw. EWR-Staat beschäftigter Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines EU- bzw. EWR-Staates oder anerkannter Flüchtling bzw. Staatenloser sei und nach Art.14 bzw. 17 der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliege, aufgrund der Wohnsitzfiktion von Art.73 der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 Anspruch auf Kindergeld auch für solche Kinder, die zwar nicht in Deutschland, aber in einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat wohnten. Auch dies rechtfertige im Ergebnis eine Differenzierung zu den Entwicklungshelfern und Beamten nach § 123a BRRG, für die Art.73 der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 ebenso wenig Anwendung finde wie Abkommensrecht.

Die erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken (Boochs/Rausch in Hambüchen, Kindergeld/Erziehungsgeld, BKGG § 2 Rdnr.2; Vial/ Schwetz, a.a.O.), dass dem Personenkreis der in § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG Genannten zwar Kindergeld für die im Inland lebenden (zurückgebliebenen) Kinder zustehe, nicht dagegen für die ins Ausland mitgenommenen, im Haushalt lebenden Kinder, teile die Kammer nicht. Es stehe dem vorbezeichneten Personenkreis frei, wie er (in Hinblick auf Art.6 GG) seinen Erziehungsauftrag wahrnehme; das BKGG lasse es den Familien offen, ob sie ihre Kinder im ausländischen Haushalt erzögen oder im Inland zurück ließen. Zwar treffe zu, dass bei beiden Sachverhaltsgestaltungen der Entsandte nach deutschem Zivilrecht Unterhaltsaufwendungen für das Kind zu erbringen habe, doch verlange ein im ausländischen Haushalt eines Entsandten lebendes Kind nicht zwingend nach einem Familienleistungsausgleich. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Kind seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe und daher für dieses (dem Grunde nach unbeschränkt einkommensteuerpflichtige) Kind die Lebensverhältnisse in Deutschland maßgeblich und prägend seien. Für Entwicklungshelfer sowie für bei ausländischen Einrichtungen tätigen deutschen Beamten bestehe jedoch über den verfassungsrechtlich nicht gebotenen Familienleistungsausgleich eine besondere Fürsorgepflicht des deutschen Staates, der der Gesetzgeber sachgerecht durch die Leistungsgewährung des sozialrechtlichen Kindergeldes nachkommen dürfe. Auch Art.20 GG sei nicht verletzt: Ein allgemeiner Vertrauensschutz in den Fortbestand eines sozialrechtlichen Leistungsgesetzes bestehe nicht.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung bringt der Kläger vor, nach dem Entsendungs- und Verlängerungsvertrag sei der Aufenthalt des Klägers und der Kinder in den USA lediglich ein vorübergehender. Hierzu werde auf das Urteil des BSG vom 30.09.1996 - 10 RKg 29/95 (SozR 3-5870 § 2 Nr.25) verwiesen, nach dem ein Kind von Migranten, das zum Zwecke einer zeitlich begrenzten Ausbildung ein Internat im Heimatland der Eltern besuche, seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in Deutschland habe, wenn nicht Umstände erkennen ließen, dass der Aufenthalt im Heimatland nicht nur vorübergehend sein werde. Der Kläger sei in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert, weil, wie der Arbeitgeber bestätigt habe, Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung abgeführt worden seien. Eine Entsendung im Sinne von § 4 Abs.1 SGB IV liege unter anderem deshalb vor, weil bei Abschluss des Entsendungsvertrags die Frage einer Verlängerung völlig offen gewesen sei und nach Beendigung des Auslandsaufenthalts der (teilweise) ruhende Dienstvertrag wieder voll in Kraft treten sollte. Eine Verlängerung des Vertrags sei seinerzeit auch offen gewesen, weil es sich für den Kläger um eine neue Funktion, noch dazu im Ausland, gehandelt habe, die Tochtergesellschaft in den USA noch nicht lange bestanden habe und zwecks Erweiterung der Aktivi- täten diese Gesellschaft erst im Sommer 1994 von Texas nach New York verlegt worden sei. Für die Ungewissheit einer Vertragsverlängerung spreche auch, dass erst nach einem Gesprächstermin des Klägers bei dem Vorstandsvorsitzenden der V. AG in Düsseldorf am 03.03.1999 dann der Vertrag mit Schreiben vom 16.04.1999 bis 30.06.2004 verlängert worden sei. Unabhängig von dieser Verlängerung sei der Auslandsentsendungsvertrag und das Dienstverhältnis mit der V. AG in Zusammenhang mit der V./V.-Fusion zum 30.06.2000 aufgehoben worden. Der Kläger habe von der im Vertrag vorgesehenen Rückkehrmöglichkeit nicht Gebrauch gemacht und eine Ausscheidungsvereinbarung vorgezogen. Er und seine Familie wollten einstweilen in den USA bleiben, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, die Ausbildung geordnet zu beenden. Eine neue berufliche Tätigkeit sei vom Kläger angestrebt, aber noch nicht gefunden worden.

Für eine Ausstrahlung spreche im Übrigen auch, dass mit der USA-Gesellschaft keine schriftliche Vereinbarung bestanden habe, und dass der Kläger als "president" der US-Gesellschaft dem "board" gegenüber berichtspflichtig gewesen sei, wobei letzteres ausschließlich aus Vorstandsmitgliedern der V. AG bestanden habe. Auch sei der Kläger weiterhin während seiner Entsendung von dem Bereich "Führungskräfte" der Muttergesellschaft betreut worden. Im Zusammenhang mit seinem Vortrag legt der Kläger den Dienstvertrag vom 17./18.03.1988, den Aufhebungsvertrag vom 29.06. 2000, das Schreiben der V. AG vom 16.04.1999 (Vertragsverlängerung vom 01.07.1999 bis 30.06.2004) und zwei Bescheinigungen des Finanzamts D. vom 06.07.1994 und 10.01.1997 vor, aus denen hervorgeht, dass er wegen Art.15 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-USA nicht einkommensteuerpflichtig sei.

Der Kläger bringt weiterhin vor, bei Anwendung der ihn betreffenden Vorschriften des BKGG n.F., wie sie die Beklagte vornehme, bestünden verfassungsrechtliche Bedenken. Die ins Ausland entsandten Arbeitnehmer der Privatwirtschaft würden ungleich behandelt, je nachdem ob sie ihre Kinder im Inland beließen oder ins Ausland mitnähmen, obwohl gleichermaßen Unterhaltsaufwendungen für das Kind anfielen. Nach der Erziehungspflicht der Eltern und ihrer höchstpersönlichen Verantwortung stehe es den Eltern frei, ob sie bei Entsendung ihre Kinder im Inland erziehen ließen oder ins Ausland mitnähmen. Eine steuerrechtliche Schlechterstellung dürfe hierdurch nicht eintreten.

Die Beklagte trägt vor, dass der Kläger ab 01.01.1996 aus verschiedenen Gründen nicht pflichtversichert in der Arbeitslosenversicherung sei, dessen Kinder nur einen ständigen Aufenthalt in den USA hätten - das Urteil des BSG vom 30.09.1996, a.a.O., sei insoweit nicht einschlägig - und dass auch der vom BSG in der Entscheidung vom 28.05.1997 - 14/10 Rkg 14/94 (SozR 3-5870 § 2 Nr.36) - vorgegebene Zeitrahmen von drei Jahren für eine Entsendung bei weitem überschritten sei. Die Ausschlussnorm des § 2 Abs.5 Satz 1 BKGG sei nicht verfassungswidrig. Außerdem sei der Vergleich des Klägers mit den Entwicklungshelfern und den entsandten Beamten eher ferneliegend. Vergleichsmaßstab seien vielmehr Antragsteller mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, die trotz Ausübung einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Inland für ihre Kinder im Ausland - ausgenommen EWG- und Vertragsstaaten - ebenfalls keinen Kindergeldanspruch geltend machen könnten (§ 63 Abs.1 Satz 3 EStG). Eine Ungleichbehandlung gegenüber dieser Vergleichsgruppe vermöge die Beklagte nicht zu erkennen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.11.1998 und den Bescheid der Beklagten vom 26.03.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.1997 aufzuheben, soweit dem Widerspruch nicht durch Bescheid vom 31.01.1997 abgeholfen wurde.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge und die zu Beweiszwecken beigezogene Kindergeldakte der Beklagten vor. Hierauf wird zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten und des Inhalts der vom Kläger vorgelegten Verträge, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), in der Sache jedoch - ausgenommen den Leistungszeitraum Januar bis März 1996 - unbegründet. Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass ein Anspruch des Klägers auf Kindergeld gemäß dem BKGG n.F. für die Zeit ab 01.01.1996 nicht zusteht; unter Beachtung der Verfahrensvorschriften des SGB X konnten die ehemaligen Kindergeldbewilligungen aus den Jahren 1976, 1979 und 1984 von der Beklagten jedoch erst mit Wirkung ab 01.04.1996 aufgehoben werden. In dem Teil-Abhilfebescheid vom 31.01.1997 selbst lag keine Bewilligung im Sinne eines Dauerverwaltungsakts, weil hier nur die ehemalige Aufhebung mit Wirkung ab 01.03.1995 für die Zeit von März bis Dezember 1995 rückgängig gemacht und ausdrücklich kenntlich gemacht worden ist, dass für die Zeit ab 01.01.1996 im Widerspruchsverfahren (versehentlich wurde hier der Rechtsbehelf des Einspruches statt des Widerspruchs genannt) entschieden werde.

Soweit das Urteil des Sozialgerichts - dies betrifft ja lediglich den Urteilsspruch (Tenor) - zu bestätigen war, so ist dennoch darauf hinzuweisen, dass die erhobene Anfechtungsklage für die Zeit von Januar bis März 1996 begründet und im Übrigen unbegründet gewesen ist, wohingegen die Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage, vom Sozialgericht nicht erkannt, unzulässig gewesen ist. Für eine Verpflichtungsklage bestand kein Rechtsschutzinteresse. Hätte die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs.1 Satz 1, Fall 1 SGG) Erfolg und würden die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten in vollem Umfange aufgehoben, so sind nach wie vor die "alten" Kindergeldbewilligungen, die begünstigende Dauerverwaltungsakte darstellen, wirksam. Die Beklagte kann daher nicht zum Erlass eines abgelehnten Verwaltungsakts (§ 54 Abs.1 Satz 1, Fall 2 SGG) verurteilt werden, der dann bereits vorliegt. Auch für die Verurteilung zur Zahlung des Kindergelds (Realakt) gemäß § 54 Abs.4 SGG besteht kein Raum, denn es ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei entsprechender Gerichtsentscheidung (Aufhebung der streitgegenständlichen Aufhebungsbescheide) ihrer Kraft früherer Kindergeldbewilligung bestehenden Zahlungsverpflichtung nachkommen wird (BSG vom 12.12.1985 - 7 RAr 75/84 und vom 15.02. 1979 - 7 RAr 69/78 in BSGE 59, 227 und 48, 33); entgegenstehende Anhaltspunkte, die einen Ausnahmefall begründen könnten, sind weder vom Kläger vorgetragen worden noch aktenkundig noch sonst wie gerichtsbekannt.

Zum Verfahrensrecht nach dem SGB X, zu dem das Sozialgericht nichts dargelegt hat, ergibt sich, dass die Beklagte bei der rückwirkenden Aufhebung § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 und/oder Nr.4 SGB X der Aufhebung der Kindergeldbewilligung zugrunde legen hätte müssen. § 48 SGB X betrifft die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieses Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, wohingegen § 45 SGB X den Fall regelt, dass der Verwaltungsakt bereits im Zeitpunkt seines Erlasses unrichtig gewesen ist, also bereits von Anfang an auf einem unzutreffenden Sachverhalt oder/und einer unrichtigen Rechtsanwendung beruht.

Vorliegend hat die Beklagte erstmals mit (konkludenten) Bescheiden aus den Jahren 1976, 1979 und 1984 Kindergeld für drei Kinder bewilligt. Diese Bewilligungen sind bis zum Jahre 1995/96 nie aufgehoben, zurückgenommen oder widerrufen worden und haben sich auch nicht durch Zeitablauf oder auf andere Weise, zum Beispiel durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung (z.B. § 25 Abs.2 Nrn.1 und 2 BKGG a.F.) erledigt (§ 39 Abs.2 SGB X). Soweit die Beklagte - lediglich aktenintern - Befristungen des Kindergeldes vorgesehen hat und bei verfügtem Wegfall des Zahlungsauftrags erneut das Kindergeld anwies, wenn die dem Kläger abverlangten Unterlagen eingingen (Schulbescheinigungen), so handelt es sich hier nicht um Verwaltungsakte, die Außenwirkung haben, also weder um Aufhebungs- bzw. Rück- nahmebescheide noch um (erneute) Kindergeldbewilligungen.

Die erste Aufhebung der Kindergeldbewilligungen (mit Wirkung ab 01.03.1995) erfolgte mit Bescheid vom 11.04.1995. Dieser Bescheid (vorläufige Aufhebung bis zur Klärung der Voraussetzungen für den weiteren Kindergeldbezug) war rechtswidrig (BSG vom 23.03.1994 - RJ 68/93), ist aber durch die nachfolgenden "endgültigen" Bescheide gegenstandslos geworden. Die Aufhebung erfolgte dann mit Bescheiden vom 26.03.1996 und 31.01.1997 letztlich mit Wirkung ab 01.01.1996. Es handelt sich auch insoweit um eine teilweise Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 48 Abs.1 Satz 2 SGB X), weil hierbei auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide an den Kläger abzustellen ist. Vom Zugang ist, nachdem laut Postvermerk in den Akten der Beklagten der Bescheid vom 26.03.1996 am selben Tage zur Post gegeben worden ist und der Kläger hierzu nichts vorgetragen hat, mit Ablauf des 30.03.1996 auszugehen (§ 37 Abs.2 SGB X). (Siehe hierzu den bereits am 16.04.1996 verfassten Widerspruch). Die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit ist nicht zu Recht erfolgt. Zwar hat der Kläger Änderungen in seinen Verhältnissen, die zu einem Wegfall der Kindergeldberechtigung führen könnten, der Beklagten nicht rechtzeitig angezeigt (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X), obwohl die bevorstehende Änderung schon seit einigen Monaten bekannt gewesen ist (s. Entsendungsvertrag vom 25.03.1994 einerseits und die erste Mitteilung des Klägers vom Wegzug vom 09.09.1994 in die USA andererseits). Aufgrund der Kindergeld-Merkblätter, die die Beklagte dem Kläger übersandt hat (schriftliche Bestätigung des Erhalts auf dem Formblatt vom 12.01.1994) musste er auch unter Umständen wissen, dass der Wohnortswechsel - insbesondere ins Ausland - von Auswirkung auf das Kindergeld sein könnte. Weiterhin konnte wahrscheinlich kein Vertrauen des Klägers in den weiteren Bezug des Kindergelds bei Auslandsaufenthalt, insbesondere ab 01.01. 1996, bestehen (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X). Die Beklagte hatte die Kindergeldzahlungen bereits früher eingestellt. Der Kläger war durch den Bescheid vom 11.04.1995 schon vorgewarnt, dass die Beklagte ein Prüfungsverfahren durchführte. Insoweit musste er damit rechnen, dass die fachkundige Beklagte eine andere Auffassung über die Vorausetzungen der Kindergeldberechtigung vertreten würde als er und sein Arbeitgeber es getan haben.

Die Beklagte hat aber die notwendige Anhörung unterlassen. Gemäß § 24 Abs.1 SGB X war dem Kläger, bevor das Kindergeld entzogen wurde, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Mangel kann im Widerspruchsverfahren geheilt werden (§ 41 Abs.1 Nr.3, § 42 SGB X), insbesondere dadurch, dass der Kläger nachträglich und formell zu den entscheidungserheblichen Tatsachen angehört wird, was aber vorliegend nicht geschehen ist. Eine Anhörung bzw. die Nachholung ist zwar dann nicht erforderlich, wenn dem Kläger alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt sind. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass er erst mit Erhalt des Bescheids vom 26.03.1996 wusste, dass es um die materiell- rechtlichen Voraussetzungen der "Entsendung" bzw. - ab 01.01. 1996 laut der Neufassung des § 1 Abs.1 BKGG - um den neu eingeführten Begriff der Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung ging, und er hatte auch Gelegenheit, sich im Widerspruchsverfahren hierzu zu äußern, was er dann auch ausführlichst getan hat. Unbekannt blieb aber, ob und inwieweit sich die Beklagte bei der Aufhebung der Kindergeldbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit auf eine verspätete Anzeige der Änderung wesentlicher Verhältnisse (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X) stützte (hier dürfte ohnehin ab einem gewissen Zeitraum die Kausalität dieser Pflichtverletzung weggefallen sein) oder auf § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X (Wissen oder grobfahrlässige Unkenntnis von der Kindergeldberechtigung im Sinne von § 1 Abs.1 BKGG n.F.) bei Auslandsaufenthalt des Klägers und seiner Kinder.

Die von der Beklagte erteilten Bescheide lassen jegliche Ausführungen hierzu vermissen, so dass der Kläger nicht im Stande war, sich (zumindest) hinsichtlich der Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit im Wege der Anhörung oder im Widerspruchsverfahren zu äußern. Auch die Tatsachen, auf die die Beklagte eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit stützt, sind entscheidungserhebliche Tatsachen im Sinne von § 24 Abs.1 SGB X.

Da die erforderliche Anhörung - maßgebend waren die Umstände des § 1 Abs.1 BKGG n.F., nachdem die Beklagte die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 BKGG a.F. bejaht hatte - weder erfolgt noch nachgeholt worden ist noch im Widerspruchsverfahren als nachgeholt gelten kann, sind die streitgegenständlichen Bescheide rechtswidrig, soweit sie die Vergangenheit (Leistungszeit bis einschließlich März 1996) betreffen, und daher aufzuheben (§ 42 Satz 2 i.V.m. mit Satz 1 SGB X).

Für die Zeit ab 01.04.1996 hat die Aufhebung der ehemaligen Kindergeldbewilligungen aber Bestand. Insoweit liegt eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft vor (§ 48 Abs.1 Satz 1 SGB X), die im Wesentlichen nur davon abhängt, ob die mate- riellrechtlichen Voraussetzungen für die Kindergeldbewilligung erfüllt oder nicht erfüllt sind. Diese waren bereits deshalb nicht gegeben, weil die Kinder des Klägers im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hatten (§ 2 Abs.5 Satz 1 und 2 BKGG n.F.: Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, werden nicht berücksichtigt. Dies gilt nicht gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nr.2 und 3, wenn sie die Kinder in ihren Haushalt aufgenommen haben.).

Der Kläger (und die Kinder) haben ihren ehemaligen Wohnsitz in der BRD aufgegeben und einen neuen Wohnsitz in den USA gegründet. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Wenn der Bevollmächtigte des Klägers - erstmals in zweiter Instanz - nunmehr geltend macht, der Kläger und seine Kinder hätten wegen vorübergehenden Aufenthalts in den USA noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD, ist dies unzutreffend. Der allein durch den Wohnsitz begründete, gleichzeitige ständige, gleichermaßen latent vorhandene Aufenthalt im Inland geht mit der Wohnsitzverlegung ins Ausland unter. Wenn § 30 des Sozialgesetzbuches Teil I (SGB I) den ständigen Aufenthalt neben dem Wohnsitz anspricht, ist der Aufenthalt - ohne (gleichzeitiges) Vorliegen eines Wohnsitzes - gemeint. Demgemäß müsste der Kläger - bei richtigem Vortrag - entweder Wohnsitze in den USA und der BRD haben, was nicht der Fall ist, oder zumindest einen Wohnsitz in den USA und einen ständigen Aufenthalt in der BRD. Die vom Kläger hierzu zitierte Rechtsprechung ist nicht einschlägig. Sie betrifft den Fall, dass ein Kind - zeitlich und im Übrigen auch dem Zweck (Ausbildung) nach begrenzt - die elterliche Wohnung im Inland verlässt und sich vorübergehend zu Ausbildungszwecken ins Ausland begibt, wobei weder die Eltern noch das Kind den inländischen Wohnsitz (und den damit latent vorhandenen ständigen Aufenthalt im Inland) aufgeben; die bisherige inländische Wohnung (mit der Nutzungsmöglichkeit für die Kinder) wird weder nach dem Willen der Beteiligten noch dem tatsächlichen Sachverhalt nach aufgegeben; es muss weiterhin der (unbedingte) Rückkehrwille, die Rückkehrmöglichkeit sowie die mehr als nur gelegentliche Nutzung der inländischen Wohnung durch das Kind gegeben sein (BSG vom 28.05.1997 - 14/10 RKg 14/94 und vom 24.06.1998 - B 14 KG 2/98 R in SozR 3-5870 § 2 Nrn.36 und 40: Bei Auslandsaufenthalt von mehr als einem Jahr reichen kurzfristige Aufenthalte im Inland zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht zwischenzeitliches Wohnen in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht aus, um einen Inlandswohnsitz zu begründen bzw. aufrecht zu erhalten.). Unter diesen Voraussetzungen ist das vorübergehende Verweilen des Kindes im Ausland zu einem bestimmten Zweck und auf absehbare Zeit unschädlich. Dasselbe gilt im Prinzip auch für den gewöhnlichen inländischen Aufenthalt, der einen regelmäßigen tatsächlichen körperlichen Aufenthalt im Sinne des nicht nur vorübergehenden Verweilens voraussetzt, und objektive Umstände, dass sich der Betreffende auf längere Zeit hier eingerichtet hat. Wer auf mehrere Jahre im Ausland verweilt und im Inland allenfalls nur kürzerdauernde Aufenthalte (Besuchs- und Dienstreisen usw.) absolviert, kann deswegen nicht schon einen (zweiten) Lebensmittelpunkt im-

Beim Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt kommt es nicht (allein) - wie im Rahmen des § 7 des Bürgerlichen Gesetzbuches - auf den Willen und die Absicht an, sondern in erster Linie - gegebenenfalls auch entgegen dem Willen des Betreffenden - auf die tatsächlichen Umstände. Insoweit ist festzustellen, dass der Kläger und seine Kinder die Wohnung bzw. den Mittelpunkt ihres Lebens in die USA verlegt haben. Nicht nur Beschäftigung bzw. Schulbesuche fanden dort statt, sondern auch der gesamte übrige Lebensbereich. Letzlich bleibt nur, wie der Bevollmächtigte des Klägers vorgetragen hat, der (anfängliche) Wille, nur "vorübergehend" in den USA zu verweilen. Maßgebend sind aber in erster Linie die tatsächlichen Umstände. So hat der Kläger (und seine Kinder) bis mindestens 30.06.1999 (erstmals geplantes Ende der "Entsendung" bei Option auf Verlängerung) den Aufenthalt in den USA geplant. Ein Ende war nicht absehbar; eine endgültige Befristung ist selbst auf die vertraglich vorgesehene lange Zeit nicht erfolgt, und es stand nicht fest, ob weitere Jahre folgen sollten. Dies stand primär im Willen der V. AG, die sich im Entsendungsvertrag ausdrücklich die Verlängerung vorbehalten hat. Entgegen der Rechtsansicht der Klagepartei, die einen vorübergehenden ausländischen Aufenthalt darlegen will, liegt in der langen Zeit von fünf Jahren bei der Ungewissheit, wie sich dann die Umstände gestalten sollten, das Argument dafür, dass die Dauer des Auslandsauf- enthalts nicht mehr vorhersehbar bzw. absehbar gewesen ist. Ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt sowohl des Klägers als auch seiner Kinder im Inland war daher bereits im Jahre 1994 nicht mehr gegeben.

Es kam nicht mehr darauf an, dass der Kläger seit 01.01.1996 nicht (oder nicht mehr) "entsandter" Arbeitnehmer ist. Gemäß § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. hat Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder, wer - ohne im Geltungsbereich dieses Gesetzes einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben - von seinem im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen Arbeitgeber oder Dienstherren zur vorübergehenden Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt, abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist (§ 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a BKGG in der bis 31.12.1995 geltenden Fassung), wobei bei den von § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.1, Nr.2 Buchst.a bis d BKGG a.F. erfassten Sondergruppen (nur bestimmte Kindergeldberechtigte mit Aufenthalt im Ausland) die weitere Ausnahme galt, dass Kinder auch dann berücksichtigt wurden, wenn sie zwar ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten, aber vom Kindergeld- berechtigten in seinen Haushalt aufgenommen waren.

Für die "Entsendung" galt vor dem 01.01.1996 ein von § 4 SGB IV abweichender Begriff (so BSG vom 30.05.1996 - 10 RKg 20/94 in SozR 3-5870 § 1 Nr.9 unter grundsätzlicher Änderung der Rechtsprechung; s. auch BSG vom 13.08.1996 - 10 RKg 28/95 in SozR 3-5870 § 1 Nr.10). Gemäß § 1 Abs.1 BKGG n.F. erhält Kindergeld für seine Kinder, wer nach § 1 Abs.1 und 2 EStG n.F. nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und (Nr.1) eine der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliegende oder nach § 169c Nr.1 AFG beitragsfreie Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübt (nach der ab 01.01.1998 geltenden inhaltlich gleichen Fassung: Wer in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesanstalt für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Nr.1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist), weiterhin (Nr.2) Entwicklungshelfer (später auch bestimmte Missionare), (Nr.3) nach § 123a BRRG entsandte Beamte und (Nr.4) bestimmte im Inland wohnende Ehegatten von Natoangehörigen. § 2 Abs.5 BKGG n.F. bestimmt hierzu, dass nurmehr in den ausländischen Haushalt des Kindergeldberechtigten aufgenommene Kinder von Entwicklungshelfern (später auch Missionaren) und "entsandten" Beamten berücksichtigt werden können.

Es kann nicht angenommen werden, dass beim Kläger Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit bestand. Zwar sieht § 4 Abs.1 SGB IV vor, dass die Vorschriften über die Versicherungspflicht, die (wie hier) eine Beschäftigung vorausetzen, auch für die Personen gelten, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Eine solche zeitliche Begrenzung liegt zwar auch vor, wenn in einem Vertrag eine Zeitspanne von "voraussichtlich drei Jahren nach dem gegenwärtigen Stand der Planungen" vorgesehen ist (BSG vom 30.05. 1996 - 10 RKg 20/94 in SozR 3-5870 § 1 Nr.9). Hieraus konnte zwar keine vereinbarte Befristung auf drei Jahre abgeleitet werden; es ergab sich jedoch aus einer solchen vertraglichen Regelung in Zusammenhang mit den anderen aus Anlass des Auslandsaufenthalts getroffenen Bestimmungen mit hinreichender Deutlichkeit, dass kein Auslandseinsatz "auf Dauer" (nicht absehbar) geplant war, sondern darüber hinaus auch eine Rückkehr in absehbarer Zeit, zumal die vom Arbeitgeber vorbehaltene Gestaltungsfreiheit für eine Verlängerung im Rahmen des billigen Ermessens auszuüben gewesen ist und geschrumpft wäre, je weiter die Frist von drei Jahren bereits überschritten gewesen wäre (Problematisch und offen gelassen wurde vom BSG eine Verlängerung um insgesamt drei Jahre). Beim Kläger liegt der Sachverhalt aber anders. Die Dauer der Entsendung war vorerst auf fünf Jahre begrenzt, einen wesentlich größeren Zeitraum, innerhalb der sich der Auslandsaufenthalt des Klägers verfestigen konnte, und bei einer möglichen Verlängerung um weitere fünf Jahre, wie auch geschehen, sieht der Senat einen nur vorübergehenden Aufenthalt in den USA nicht mehr als gegeben an. Bedeutsam erscheint im vorliegenden Falle auch, dass einerseits das Gestaltungsrecht des Arbeitgebers vereinbart worden ist, andererseits aber jegliche Hinweise dafür fehlen, dass von Anfang an voraussichtlich fünf Jahre geplant waren, dass also bereits bei Vertragsschluss äußere Umstände vorlagen, auf die die (erste) Befristung von voraussichtlich fünf Jahren bezogen war. Es sind im abgeschlossenen Entsendungsvertrag Anhaltspunkte hierfür nicht vorhanden, und der Kläger selbst hat ausführlich vorgetragen und die Gründe dargelegt, dass und warum es bei Abschluss des Entsendungsvertrags völlig unsicher bzw. offen gewesen ist, wie der Arbeit- geber nach fünf Jahren verfahren werde. Dies hing damit nicht bereits (auch) von gegenwärtigen Umständen ab, sondern von der künftigen ungewissen Entwicklung der kurz vorher gegründeten US-Tochtergesellschaft und damit auch der Entwicklung des USA- Markts, und zwar bezogen auf einen langen Zeitraum von fünf Jahren. Konsolidierte Verhältnisse, die eine ungefähre Prognose auch für die Zeit ab 1999 zuließen, lagen damit offensichtlich nicht vor. Damit kann nicht gemäß § 4 Abs.1 SGB IV Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung angenommen werden. Allein die Tatsache, dass die V. AG weiterhin, wie bisher, Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt hat (sofern diese Zahlungen nicht die V. Corporation übernommen hat), ist ohne Bedeutung. Im AFG und im SGB III gilt nicht die Tatbestandswirkung abgeführter Beiträge, das heißt, es muss nicht von der Versicherungspflicht ausgegangen werden, bis die entrichteten Beiträge "formell" vom Versicherungsträger durch Verwaltungsakt beanstandet werden oder durch einen allgemeinverbindlichen Bescheid festgestellt wird, dass keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung besteht.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die ab 01.01.1996 erfolgte gesetzliche Regelung des Kindergelds hat der Senat auch dann nicht, wenn unterstellt wird, dass entgegen den obigen Ausführungen beim Kläger Beitragspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung bestanden hat. Das Kindergeld gemäß dem BKGG a.F. stellte primär eine sozialrechtliche Leistung dar, wenn es auch meistens - wegen Ersatzes des ehemals im EStG a.F. gestrichenen Kinderfreibetrags und später dort in zu geringer Höhe wieder eingeführten Kinderfreibetrags - einen steuerrechtlichen Bezug insoweit hatte, als von den erzielten Einkünften der dem Existenzminimum für ein Kind dienende Teil von Besteuerung frei bleiben sollte (s. BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84, 4/86 und vom 02.08.1990 - 1 BvR 1431/86 in SozR 3-5870 § 10 Nr.1 und § 2 Nr.9). Dies war bei Einkünften von Steuerpflichtigen, die Einkommensteuer oder Lohnsteuer zahlten, bis 31.12.1996 nicht immer gewähr- leistet (zur Prüfung, ob das Existenzminimum besteuert oder nicht besteuert wurde, wurde das Kindergeld in einen fiktiven zusätzlichen Kinderfreibetrag umgerechnet und dem steuerlichen Kinderfreibetrag hinzugeschlagen, vgl. BVerfG, a.a.O.).

Entsprechend den Vorgaben des BVerfG vor allem in der Entscheidung vom 29.05.1990 - die Wahl des Rechtsgebiets wurde dem Gesetzgeber ausdrücklich freigestellt - wurde das Kindergeld- recht ab 01.01.1996 vorrangig im EStG geregelt. Gemäß § 31 EStG n.F. (Familienleistungsausgleich, nicht wie bisher Familienlastenausgleich) wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den (inzwischen erhöhten) Kinderfreibetrag nach § 32 EStG n.F. oder das (ebenfalls erhöhte) Kindergeld nach dem X. Abschnitt (§ 62 ff. EStG n.F.) bewirkt. Vorweg gezahltes Kindergeld wird mit dem Kinderfreibetrag verrechnet (§ 31 Satz 5 EStG n.F.). Als Berechtigte waren Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland vorgesehen, bei Fehlen dieser Voraussetzungen Personen, die unbeschränkt steuerpflichtig sind oder als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden (§ 62 Abs.1 EStG n.F.). Kinder, die weder ihren Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im ausländischen Haushalt eines "Berechtigten", der (trotz Auslandsaufenthalts) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (§ 63 Abs.1 Satz 2 EStG n.F.). Diese Regelung zeigt auf, dass der Gesetzgeber besonderen Wert darauf gelegt hat, die Hinweise des BVerfG zu beachten und das Existenzminimum nicht anzutasten. Im BKGG n.F. verblieb lediglich gegenüber den Vorschriften des EStG n.F. subsidiäres Kindergeldrecht (vgl. § 1 Abs.1 Satz 1 und § 2 Abs.4 BKGG n.F.); ein Teilbereich der rein sozialrechtlichen Leistungen wurde hier neu geregelt, wobei gegenüber den früher vorgesehenen, rein sozialrechtlichen Leistungen gewisse Einschränkungen stattfanden.

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 04.07.2000 eine gemäß Art.6 GG ungerechtfertigte steuerrechtliche Schlechterstellung geltend macht und daher am "Familienleistungsausgleich" (Anmerkung: Das ist ein Begriff des EStG n.F., vgl. dort § 31) teilhaben will, ist dies schon deshalb nicht verständlich, weil er nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird und deshalb keinerlei steuerrechtlicher Entlastung, die über das Kindergeld oder die Kinderfreibeträge nach dem EStG n.F. erfolgt, bedarf.

Mithin steht nur in Frage, ob das Grundgesetz gebietet, dem Kläger das (rein) sozialrechtliche Kindergeld zu gewähren. Insoweit knüpft das BKGG n.F., wie bereits früher das BKGG a.F., an den Territorialitätsgrundsatz an, das heißt, dass grundsätzlich beitragsunabhängige Leistungen ins Ausland nicht erbracht werden. Der Territorialitätsgrundsatz ist verfassungsgemäß, wie bereits öfters entschieden worden ist. Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der es gebieten würde, bei Aufenthalt des Kinderberechtigten und/oder des Kindes im Ausland Kindergeld zu zahlen (werden die im EStG geregelten Fälle ausgenommen). Mithin kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass auch er Unterhalt an seine Kinder leistet, und dem vom Kläger und vom Sozialgericht angesprochenen Gesichtspunkt der elterlichen Erziehungspflicht im Inland wie auch im Ausland kommt insoweit auch keine Bedeutung zu.

Der Gesetzgeber hat einen weiten Ermessensspielraum, ob und inwieweit er Leistungen nach einem Sondergesetz wie dem BKGG erbringt; hierbei muss keineswegs auf Unterhaltsleistungen bzw. Unterhaltspflichten und Unterhaltsbedürftigkeit abgestellt werden. Der weite Gestaltungsraum findet letztlich seine Grenzen nur in Art.3 GG (Willkürverbot); aus Art.6 und 20 Abs.1 GG hingegen kann - wie bereits mehrfach entschieden worden ist - keine bestimmte Leistung nach einem konkreten Gesetz wie zum Beispiel dem BKGG abgeleitet werden. Bei der Regelung beitragsunabhängiger Sozialleistungen kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Lösung gefunden hat; sachliche Gründe für die Bevorzugung einer bestimmten Gruppe, die nur auf den ersten Blick als Benachteiligung anderer Gruppen erscheinen, sind bereits ausreichend, um einen Verstoß gegen die Verfassung zu verneinen.

Soweit der Kläger die angeblich ungerechtfertigte Privilegierung von Kindergeldberechtigten anspricht, die im Ausland leben, aber in Bereichen, in denen über- oder zwischenstaatliches Recht auch hinsichtlich Familienleistungen gilt, so ist die Durchbrechung des Territorialitätsgrundsatzes bereits dadurch gerechtfertigt, dass hier aufgrund spezieller Regelungen eine Gegenseitigkeit - insbesondere durch Gleichstellung von Staatsangehörigen von zwei oder mehr Staaten und durch Gebietsgleichstellung - erfolgt. Dies ist im Verhältnis der BRD zu den USA nicht gegeben.

Auf die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern der "privaten Wirtschaft" und den nach § 123a BRRG entsandten Beamten vermag sich der Kläger auch nicht zu berufen. Es muss berücksichtigt werden, dass die Grundsätze des Berufsbeamtentums, unter anderem die besondere Fürsorgepflicht des Staates und das Alimen- tationsprinzip, im Grundgesetz selbst verankert sind, und der Staat, falls er den entsandten Beamten kein Kindergeld ins Ausland gewähren würde (was er im Übrigen auch nicht tun müsste), auf andere Weise für eine angemessene Alimentation, die sich auch auf die Familienangehörigen bezieht, Sorge zu tragen hätte, das heißt letztlich, den Verlust des Kindergelds bei Auslandsaufenthalt anderweitig ausgleichen müsste. Weiterhin wird der Beamte im Ausland im öffentlichen Interesse der Staatsverwaltung tätig; nur unter dieser Voraussetzung ist die Entsendung von Beamten zulässig.

Mit Entwicklungshelfern, die im Übrigen nicht Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind und Unterhaltsleistungen - im Wege eines gesetzlich vorgesehenen "Garantievertrags" - im Sinne von § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes (EhfG) erhalten, kann sich der Kläger ebenfalls nicht vergleichen. Die Entwicklungshelfer werden im besonderen staatlichen Interesse zu gemeinnützigen Zwecken im Ausland ohne Entgelt im arbeits- und sozialrechtlichen Sinne tätig, so dass der Gesetzgeber im EhfG sowie in vereinzelten anderen Gesetzesvorschriften Sonderregelungen zur Förderung der Entwicklungshilfe vorgesehen hat.

Wenn der Gesetzgeber mit Rückwirkung ab 01.01.1996 auch bestimmte Missionare erfasst und begünstigt hat, so liegt es nicht - wie das Sozialgericht meinte - unter anderem daran, dass diese Personengruppe unmittelbar im staatlichen Interesse im Ausland tätig wird. Bei der Missionstätigkeit handelt es sich um einen Kernbereich der Aufgaben der Kirchen und Religionsgemeinschaften, die der Staat zwar zu respektieren hat, die aber von den staatlichen Aufgaben zu trennen sind (hoheitliche Aufgaben, aber keine staatlichen Aufgaben), wenn auch dieser Kernbereich öfters in den staatlichen Rechtskreis (Schulwesen, Bauwesen, Steuern usw.) hineinwirkt (vgl. BayLSG vom 19.11.2002 - L 14 KG 1/99). § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. in der zuletzt geltenden Fassung knüpft an den Missionar an, wie er von oder über bestimmte Institutionen, Missionswerke und andere Einrichtungen entsandt wird, wenn diese Institutionen wiederum von den Kirchen, so- weit sie öffentlich-rechtliche Körperschaften sind (Art.140 GG i.V.m. der Weimarer Verfassung) getragen werden, oder diese zumindest Vereinbarungspartner sind. Insoweit kann der Staat wegen der Zusammenarbeit und wohlwollender Förderung des "Staats im Staat" (öffentlich-rechtlich korporierte Kirchen und Religionsgemeinschaften) die Missionare fördern, zumal auch mit dem Bemühen um Glaubensverbreitung regelmäßig eine caritative Zuwendung verbunden ist und der bestehende "Wohlfahrtsauftrag" der Kirche auch im Ausland durchgeführt werden kann; außerdem - so die Gesetzesbegründung - sollen die Missionare wegen ihrer finanziellen Situation den Entwicklungshelfern gleichgestellt werden.

Letztlich verbleibt nur mehr die "Rüge" des Klägers, entsandte Arbeitnehmer mit Kindern im Ausland würden gegenüber denjenigen Arbeitnehmern benachteiligt, die ihre Kinder im Inland beließen. Dieser Vergleich ist zum Teil deswegen schief, weil den entsandten Arbeitnehmern und den Selbständigen im Ausland, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, der Familienleis- tungsausgleich (nach dem EStG) für Kinder im Inland und Ausland auch zugute kommt, wenn keine Versicherungspflicht des Kindergeldberechtigten in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung bestehen sollte. Im Übrigen aber - hier weicht der Senat weitgehend von der Urteilsbegründung des Sozialgerichts ab - ist eine Differenzierung deswegen sachlich gerechtfertigt, weil das Kind sich im innerstaatlichen Bereich aufhält und deswegen enger in die dort bestehende Gesellschaft eingebunden ist; hinzu kommt, dass dem Staat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Staatsangehörigen obliegt, wenn sie sich in seinem Bereich aufhalten. Dieser Pflicht muss der Staat nachkommen, soweit es um die Gewährleistung des Existenzminimums geht; damit ist das "Geben" von Leistungen gemeint, nicht das Verbot der Besteuerung von erzielten Einkünften in Höhe des Existenzminimums, also nicht das "Nehmen"; dieser Verpflichtung kann der Staat im Übrigen auch nachkommen, um bestimmte Leistungen außerhalb des Bundessozialhilfegesetzes, zum Beispiel das Kindergeld, zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob ein Elternteil Unterhalt leistet oder nicht leistet.

Die Elemente des Aufenthalts des Kindes im Inland und der sozialen Fürsorge für die Staatsangehörigen im Inland fehlen, wenn ein deutscher Staatsangehöriger und dessen Kinder im Ausland wohnen oder sich dort gewöhnlich aufhalten. Es ist dem Territorialitätsgrundsatz immanent, dass beitragsunabhängige Sozialleistungen nicht ins Ausland erbracht werden müssen, das heißt, wenn Betroffene den staatlich begrenzten Fürsorgebereich verlassen, und ein Vergleich zu Kindergeldberechtigten und/oder Kinder, die sich im Inland aufhalten, ist sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen nicht zulässig. Ungleiches darf auch ungleich behandelt werden.

Zur Verfassungsmäßigkeit des Territorialitätsgrundsatzes, etwaiger Ausnahmen hierzu und dem freien Gestaltungsrecht des Gesetzgebers für den Fall, dass vom erzielten Einkommen das für das Kind bestimmte Existenzminimum nicht besteuert wird, vergleiche unter anderem die Entscheidungen des BVerfG vom 29.05. 1990 - 1/BvL 20/84, 26/84, 4/86 und vom 02.08.1990 - 1 BvR 1431, 86 in SozR 3-5870 § 10 Nr.1 und § 2 Nr.9, weiterhin BVerfG vom 05.11.1986 - 1 BvR 1108/86 in SozR 5870 § 2 Nr.48, ferner die Urteile des BSG - mit zahlreichen Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung des BVerfG - vom 26.10.1978 - 8 RKg 5/77, 06.12.1978 - 8 RKg 2/78, 22.01.1981 - 10/8 B RKg 7/79, 17.12.1981 - 10 RKg 4/81 und 12/81 in SozR 5870 § 2 Nrn.11, 13, 21, 24 und 25 sowie vom 25.08.1986 - 10 RKg 10/86.

Die Berufung war, soweit sie einen Kindergeldanspruch des Klägers für die Zeit ab 01.04.1996 betraf, aus den dargelegten Gründen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Im Hinblick auf den geringen Erfolg, den der Kläger im Rechtsstreit erzielt hat - bei vollem Erfolg wäre mit Kindergeldgewährung vom 01.01.1996 bis 30.06.2000 zu rechnen gewesen - hielt der Senat eine Pflicht der Beklagten zur Erstattung der außergerichten Kosten des Klägers (Kostenquotelung) nicht für gerechtfertigt.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Eine "Divergenzentscheidung" ist nicht bekannt. Lediglich scheinbare Abweichungen (beim Begriff der Entsendung) sind mit einem anders gelagerten tatsächlichen Sachverhalt und einer anderen Beweiswürdigung zu begründen. Eine grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage erscheint ebenfalls nicht gegeben. Ein Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung der Rechtseinheit in ihrem Bestand und der Förderung der Weiterentwicklung des Rechts kann vom Senat nicht bejaht werden. Die richtige Rechtshandhabung ergibt sich unmittelbar und offensichtlich aus dem Gesetz. Soweit es verfassungsrechtliche Fragen anbelangt, so haben das BSG und das BVerfG wiederholt ihre Auffassung dargelegt, unter welchen Voraussetzungen einschränkende Vorschriften über beitragsunabhängige Sozialleistungen gegen das Grundgesetz verstoßen können. Auch insoweit sieht der Senat keinen Bedarf an einer weiteren Abklärung, zumal die Neuregelung des Kindergeldrechts alle Vorgaben des BVerfG, das die bisherige Regelung beanstandet hat, berücksichtigt und vorliegend die steuerrechtliche Problematik nicht Streitgegenstand ist.
Rechtskraft
Aus
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