Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 Kr 64/93
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 44/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 30/00 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. Juni 1995 aufgehoben. Die Klage gegen den an den Beigeladenen zu 1) gerichteten Bescheid vom 26. Januar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 1993 wird abgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 1. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 1998 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger als gegen Arbeitsentgelt beschäftigter Arbeiter Mitglied der Beklagten ist.
Der Kläger war seit 1980 bei der Beklagten aufgrund der Mitgliedschaft seiner Ehefrau familienversichert. Mindestens seit 1990 nahm er für den Beigeladenen zu 1 regelmäßig Aushilfstätigkeiten als Maler und Trockenbauer auf der Grundlage geringfügiger Beschäftigung wahr.
Am 02.03.1992 erlitt der Kläger auf einer Baustelle des Beigeladenen zu 1 einen Arbeitsunfall (schwere Schnittverletzung mit Sehnenteildurchtrennung am linken Unterarm), aufgrund dessen er bis 18.10.1992 arbeitsunfähig war. Am 19.03.1992 ging bei der Beklagten rückwirkend zum 02.03.1992 die Anmeldung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers durch den Beigeladenen zu 1 ein.
Der Beigeladene zu 1 gewährte dem Kläger vom 02.03.1992 bis 13.04.1992 Lohnfortzahlung infolge Krankheit. Im Anschluss daran erhielt der Kläger Verletztengeld der Bau-Berufsgenossenschaft bis einschließlich 18.10.1992, ausgezahlt durch die Beklagte. Nach Beendigung dieser Arbeitsunfähigkeit verletzte sich der Kläger am 19.10.1992 erneut, als er seine Tochter in den Kindergarten brachte. Aufgrund dieser Verletzung und weiterer hinzutretender Krankheiten war er auch in der Folge arbeitsunfähig. Nachdem eine im Anschluss an den Arbeitsunfall ausgesprochene Kündigung durch den Beigeladenen zu 1 von diesem zurückgenommen worden war, hat der Beigeladene zu 1 das Arbeitsverhältnis zum 29.11.1992 gekündigt.
Mit Bescheid vom 26.01.1993 stellte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1 fest, dass die Beschäftigung des Klägers ab dem 02.03.1992 keine Versicherungspflicht zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung begründet habe. Bei der Beschäftigung habe es sich lediglich um ein fingiertes Arbeitsverhältnis gehandelt, um dem Kläger die Leistungen der Sozialversicherungsträger zu erschließen.
Gegen diesen Bescheid legten der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 1 am 19.02.1993 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass es sich bei dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beigeladenen zu 1 um ein normales, geregeltes und angemeldetes Beschäftigungsverhältnis handele. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.1993 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses komme es weniger auf die vertragstechnische Ausgestaltung, sondern vielmehr auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Danach sei aufgrund der bisher nur geringfügigen Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen zu 1 ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis nicht anzunehmen. Die Anmeldung sei erst nach dem Arbeitsunfall des Klägers erfolgt. Insbesondere sei der Kläger auch gegen die Kündigungen durch den Beigeladenen zu 1 nicht vorgegangen, was naheläge, da dieser nicht von einem bestehenden Arbeitsverhältnis ausgegangen sei.
Gegen diesen an den Beigeladenen zu 1 gerichteten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger unter Vorlage einer "Abtretungserklärung" vom 22.05.1993 am 25.05.1993 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG). Zur Begründung trug er vor, dass er am 01.03.1992 (Faschingssonntag) von dem Beigeladenen zu 1 in seiner Wohnung aufgesucht und gefragt worden sei, ob er infolge eines gehäuften Auftragsanfalles in Zukunft fest für diesen arbeiten wolle. Er, der Kläger, habe dieses Angebot am 01.03. in seiner Privatwohnung angenommen. Die Arbeitspapiere seien am darauffolgenden Tag, unabhängig von seinem Arbeitsunfall, an den Steuerberater des Beigeladenen zu 1 zur Anmeldung bei der Beklagten weitergegeben worden.
Mit Urteil vom 23.06.1995 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 26.01. und 22.04.1993 aufgehoben und festgestellt, dass durch die Arbeitsaufnahme beim Beigeladenen zu 1 am 02.03.1992 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen sei. Das SG ist aufgrund der Vernehmung der Ehefrau des Klägers und des Beigeladenen zu 1 zu dem Ergebnis gelangt, es lasse sich nicht widerlegen, dass am 01.03.1992 in der Wohnung des Klägers ein festes Arbeitsverhältnis mündlich vereinbart worden sei. Dass eine Anmeldung tatsächlich erst zwei Wochen später erfolgt sei, bewege sich im zeitlich üblichen Rahmen; dass der Kläger nach Ablauf der Arbeitsunfähigkeit nicht wieder zur Arbeit angetreten sei, sondern sein Kind zur Schule gebracht habe, spreche nicht gegen die Aufnahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislastverteilung müsse das Gericht die Echtheit der Meldung durch den Beigeladenen zu 1 unterstellen.
Dagegen hat die Beklagte am 23.08.1995 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Beweiskraft der Aussagen des Beigeladenen zu 1 sowie der Ehefrau des Klägers die Entscheidung des SG nicht tragen würden. Die Aussage der Ehefrau sei wegen ihrer familiären Bindungen nicht glaubwürdig. Die Aussage des Beigeladenen zu 1 sei deshalb anzuzweifeln, weil dieser nach eigenen Angaben unter erheblichem Druck von seiten des Klägers stehe. Außerdem habe das SG auf die Einvernahme der Schwiegermutter des Klägers verzichtet, die sich nach Aussage des Klägers und seiner Ehefrau bereit erklärt hatte, die gemeinsame Tochter während der Anstellung des Klägers zu betreuen, obwohl ihr dies schon aufgrund der tatsächlichen Umstände nicht möglich sein dürfte. Gegen eine feste Anstellung des Klägers spreche zuletzt auch, dass er nach der angeblichen Anstellung bei dem Beigeladenen zu 1 bis heute keinen festen Arbeitsplatz mehr angenommen habe. Vielmehr habe er sich - ausweislich zweier polizeilicher Vernehmungsprotokolle - mit der Errichtung von Schwarzbauten im Zusammenhang mit illegaler Ausländerbeschäftigung sein Einkommen gesichert.
Der Senat hat der Beklagten aufgegeben, das Widerspruchsverfahren bezüglich der Person des Klägers nachzuholen. Mit Bescheid vom 01.09.1997 und Widerspruchsbescheid vom 14.12.1998 hat die Beklagte auch gegenüber dem Kläger festgestellt, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ihrer Ansicht nach nicht bestanden hat.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.06.1995 aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte hat die Berufung gegen das Urteil des SG frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist statthaft (§ 143 SGG) und begründet.
Da die Beklagte über die hier streitige Frage der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung beginnend mit der Arbeitsaufnahme im März bzw. Oktober 1992 gegenüber dem Kläger erstmals mit den Bescheiden vom 01.09.1997 und 14.12. 1998 entschieden hat, also nach Einlegung der Berufung, hat der Senat insoweit auf die Klage hin zu entscheiden. Der Senat legt den Antrag des Klägers so aus (§ 123 SGG), dass er sich auch auf die Aufhebung dieser Bescheide richtet.
Das SG hat zwar erkannt, dass die Bescheide vom 26.01. und 22.04.1993 gegenüber dem Beigeladenen zu 1) und nicht gegenüber dem Kläger ergangen sind. Der Senat ist jedoch entgegen dem SG nicht der Auffassung, dass hier eine gewillkürte Prozessstandschaft zulässig war und hat deswegen das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Klage gegen die Bescheide vom 26.01.1993 und 24.04.1993 abgewiesen. Er hat gegenüber dem Kläger das Widerspruchsverfahren (§ 78 SGG) nachholen lassen; denn diese Bescheide haben sich an den Beigeladenen zu 1) gerichtet (§ 37 Abs.1 Sozialgesetzbuch X - SGB X) und nicht an den Kläger, der hierdurch nicht beschwert war.
Außerdem war die Erklärung über die Abtretung der Ansprüche des Beigeladenen zu 1) auf Feststellung des Bestehens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses an den Kläger vom 22.05.1993 rechtlich unwirksam mit der Folge, dass die Klage gegen den Bescheid vom 26.01.1993 und den Widerspruchsbescheid vom 24.04.1993 aus einem weiteren Grund unzulässig war. Denn es können nur Forderungen auf Sozialleistungen abgetreten werden, aber nicht das Recht auf Feststellung, dass ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist (§ 53 Sozialgesetzbuch I - SGB I -, § 398 Bürgerliches Gesetzbuch). Nach § 53 SGB I können Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen nicht übertragen werden und Ansprüche auf Geldleistungen können nur unter den in § 53 Abs.2, 3 SGB I genannten einschränkenden Voraussetzungen übertragen werden. Selbst wenn der in der Vereinbarung enthaltene Passus "mit allen Rechten" auf die Erlangung von Krankengeld und als hinreichend konkret angesehen wird (vgl. Palandt, BGB, § 398, 14), sind die Voraussetzungen für die gewillkürte Prozessstandschaft nicht erfüllt. Denn eine gewillkürte Prozessstandschaft ist im Verwaltungsprozess nur ausnahmsweise zulässig, jedoch nicht, soweit es sich um höchstpersönliche Rechte handelt (Kopp, VwGO, Vorb § 40, Rz.25). Grundsätzlich ist bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen eine gewillkürte Prozessstandschaft nicht möglich, soweit nicht durch Gesetz Ausnahmen vorgesehen oder zugelassen sind (Kopp, a.a.O.). Derartige Ausnahmen liegen nicht vor (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., § 54, Rn.11 m.w.Nachw.).
In nicht ausdrücklich durch Gesetz geregelten Fällen ist für die Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft neben der Ermächtigung, im eigenen Namen das Recht geltend zu machen, weiterhin erforderlich, dass der prozessführende Beteiligte auch selbst ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung des Rechts im eigenen Namen hat. Demgemäß sind an das für die gewillkürte Prozessstandschaft zu fordernde rechtliche Interesse erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Prozessführungsermächtigung kann nicht unbeschränkt erteilt werden. Der Begriff des rechtlichen Interesses, der ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, muss dabei nach seiner Aufgabe ausgelegt werden, die darin besteht, dem Interessierten zur Erleichterung der Rechtsverfolgung die Herrschaft als Partei über einen Prozess zu sichern. Das an sich verständliche Streben, sich eine günstigere prozessuale Situation zu schaffen oder den Ermächtigenden aus einer ungünstigen prozessualen Lage zu befreien, reicht allein nicht aus (Stein/Jonas, ZPO, vor § 50 IV, Rdnr.42). Diese im Zivilprozess geltenden eingeschränkten Voraussetzungen können im sozialgerichtlichen Verfahren nicht unterschritten werden, da dem Prozess ein Verwaltungsverfahren mit der Möglichkeit der Hinzuziehung Dritter vorauszugehen hat. Damit wird erreicht, dass der rechtlich bzw. wirtschaftlich Betroffene eine Position erlangt, aus der er den Rechtsweg beschreiten kann. Ein derartiges Interesse fehlt hier. Auch wenn der Kläger an der Klärung des Versichertenstatus als Voraussetzung für Leistungsansprüche interessiert ist, ist die gewillkürte Prozessstandschaft kein geeignetes Instrument, die von der Beklagten begangenen Verfahrensfehler zu beseitigen. Sowohl für die Feststellung der Versicherungspflicht, als auch für die Entscheidungen über den Anspruch auf Krankengeld und Übernahme der Kosten der stationären Behandlung hätte die Beklagte den Kläger am Verwaltungsverfahren beteiligen müssen. Bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verwaltungsverfahrens hätte der Kläger als Adressat des Bescheides und Widerspruchsbescheides klagen können, ohne dass es einer Abtretung und Vereinbarung einer Prozessstandschaft bedurft hätte.
Die Klage ist unbegründet; die angefochtenen Bescheide vom 01.09.1997 und 14.12.1998 sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Durch die Arbeitsaufnahmen am 01.03.1992 und 18.10.1992 ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht zustande gekommen (§ 5 Abs.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch V - SGB V - i.V.m. § 7 Abs.1 Sozialgesetzbuch IV - SGB IV; §§ 1 Abs.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch VI, 24 Abs.1 Sozialgesetzbuch III). Versicherungspflichtig sind danach Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
In der Regel begründet ein wirksames Arbeitsverhältnis auch eine sozialversicherungsrechtlich bedeutsame Beschäftigung. Hierbei handelt es sich aber lediglich um einen Grundsatz, der in bestimmten Fällen eine Beschäftigung trotz wirksamen Arbeitsverhältnisses ausschließt. Ein derartiger Fall war nach der früheren Rechtsprechung der sogenannte missglückte Arbeitsversuch. Im Fall eines arbeitsrechtlich wirksamen Arbeitsverhältnisses bestand danach keine Beschäftigung, wenn objektiv feststand, dass der Beschäftigte bei Aufnahme der Arbeit diese nur unter schwerwiegender Gefährdung seiner Gesundheit, etwa unter der Gefahr der weiteren Verschlimmerung seines Leidens, würde verrichten können und wenn er die Arbeit entsprechend der darauf zu gründenden Erwartung vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit aufgegeben hat (vgl. Kasseler Kommentar-Seewald, § 7 SGB IV, Rdnr.17 mit Hinweis auf die frühere, ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)).
Das BSG hat mit dem Urteil vom 11.05.1993 (BSGE 72, 221 f.) Bedenken gegen die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs in einer die Versicherungs- und Beitragspflicht verneinenden Wirkung gesehen. Es hat sodann mit Urteil vom 04.12.1997 (SozR 3-2500 § 5 Nr.37 = BSGE 81, 231) entschieden, dass die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs seit In-Kraft-Treten des SGB V (01.01.1989) nicht mehr anzuwenden ist. Es hat allerdings in dieser Entscheidung für Recht erkannt, dass an den Nachweis der Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn der Verdacht von Manipulationen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen besteht. Der kann, zumal wenn weitere Umstände hinzutreten, der Fall sein, wenn bei Beginn der Arbeitsaufnahme Arbeitsunfähigkeit besteht, dieser Umstand bekannt ist und die Arbeit alsbald aufgegeben wird. Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt derjenige, der sich auf sie beruft. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast trägt jeder Beteiligte für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten prozessualen Anspruch begründen, das Beweisrisiko. Wenn trotz Ausschöpfung aller Beweismittel eine Ungewissheit (non liquet) bleibt, geht dies zu seinen Lasten. Das SG verkennt in seinem Urteil insofern diesen Grundsatz, als es die Beweislast für die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist, der Beklagten auferlegt. Die Frage, ob ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist, ist aber eine Grundvoraussetzung für die Versicherteneigenschaft des Klägers und damit für das von ihm letztlich begehrte Krankengeld. Der Kläger trägt somit die Feststellungslast für das Vorliegen nichtselbständiger Arbeit (§ 7 Abs.1 Satz 1 SGB IV) als Grundvoraussetzung für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, da er Klage auf diese Feststellung erhoben hat. Soweit die Beklagte ein Scheingeschäft bzw. ein "fingiertes Arbeitsverhältnis" vermutet, ist dies keine Einwendung einer anspruchshemmenden oder anspruchsvernichtenden Gegennorm (für deren Voraussetzungen die Beweislast bei der Beklagten liegen würde), sondern das substantiierte Bestreiten der vom Kläger vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen (s. hierzu insgesamt Meyer-Ladewig, a.a.O., § 103, Rdnr.19 ff.).
Außerdem hat das BSG im o.g. Urteil vom 04.12.1997 daran festgehalten bzw. betont, dass eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs.1 SGB IV nicht vorliegt bei einer familienhaften Mithilfe, einer selbständigen Tätigkeit als Mitunternehmer oder Mitgesellschafter, bei einem Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB und bei einer geringfügigen Beschäftigung (§ 8 Abs.1 Nr.1, 2 SGB IV).
Im vorliegenden Fall ist nach der Überzeugung des Senats ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass im Nachhinein eine Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen zu 1), die wie bisher geringfügig gewesen ist, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgestaltet werden sollte, um dem Kläger einen Krankengeldanspruch gegen die Beklagte zu verschaffen. Es handelt sich um eine Manipulation zu Lasten der Beklagten.
Auch wenn der Senat eine Kontaktaufnahme des Beigeladenen zu 1) mit dem Kläger am 01.03.1992 zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit als wahr unterstellt, ergibt sich hieraus nicht das Vorliegen eines entgeltlichen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bzw. die festgestellten Tatsachen sprechen dagegen.
Insbesondere spricht gegen das Zustandekommen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses am 02.03.1992, dass der Kläger nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) vor dem SG lediglich eine vorübergehende Aushilfstätigkeit aufnehmen sollte. Der Kläger sollte bei dem Umbau des Hauses des Beigeladenen zu 1) eingesetzt werden (Anbringung von Rigipsplatten), und er erklärte sich zur Hilfe bereit. Dieser zeitlich und von der Aufgabenstellung begrenzte Einsatz lässt noch nicht auf ein Beschäftigungsverhältnis schließen, das die Grenzen der Geringfügigkeit überschreiten sollte. Denn ein schriftlicher Arbeitsvertrag über die angebliche Beschäftigung liegt nicht vor. Der Senat hat ferner berücksichtigt, dass der Kläger vor dem März 1992 für den Beigeladenen zu 1) öfters unter anderem mit Rücksicht auf die Familie geringfügig tätig gewesen ist. Es ist nicht ersichtlich, weshalb bezüglich dieser Umstände eine wesentliche Änderung eingetreten war.
Auch spricht die Anmeldung nach über zwei Wochen nach Eintritt des Versicherungsfalles gegen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Dieser Umstand legt vielmehr den Schluss nahe, dass der Kläger und der Beigeladene zu 1) die Tätigkeit des Klägers als Schwarzarbeit behandelt wissen wollten. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass eine Anmeldung bei der Krankenkasse erst nach Arbeitsaufnahme erfolgen kann. Eine rückwirkende Anmeldung nach Eintritt des Versicherungsrisikos begegnet aber erheblichen Bedenken an den Willen der Beteiligten, dass ein Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungs- und Beitragspflicht gewollt war. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass nach Eintritt des versicherten Risikos eine entsprechende Versicherung nicht mehr geschlossen werden kann (vgl. hierzu § 2 Abs.2 VVG), besteht bei einem derartigen Verhalten der gravierende Verdacht, dass Manipulationen zu Lasten der Krankenkasse angestellt werden sollten.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich nicht schon gegen die erste Kündigung durch den Beigeladenen zu 1) gewandt hat, sondern erst nachdem er nach Wegfall der Lohnfortzahlung im Anschluss an den Unfall im Oktober 1992 erkannt hat, dass ein Krankengeldanspruch nicht mehr besteht. Der Kläger hat sich also erst gegen die Kündigung gewandt, als feststand, dass er nach Ablauf der Lohnfortzahlung und des Verletztengeldes sowie einer weiteren Lohnfortzahlung eine Geldleistung (durch die Beklagte) nicht erhalten würde. Auffällig in diesem Zusammenhang ist auch, dass der Beigeladene zu 1) es dem Kläger überlassen hat, den Inhalt der Kündigung durch den Arbeitgeber selbst zu formulieren.
Auch die Angaben des Beigeladenen zu 1) im Fragebogen vom 10.12.1992 bezüglich der Feststellung der Versicherungspflicht/ -freiheit zur Sozialversicherung für den Kläger begründen erhebliche Zweifel an einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, da sie widersprüchlich sind. Zwar hat der Beigeladene zu 1) hier angegeben, der Kläger sollte fünf Arbeitstage zu 40 Arbeitsstunden regelmäßig wöchentlich beschäftigt werden. Er hat allerdings auf die Fragen, ob der Arbeitnehmer beabsichtige, die Aushilfstätigkeit zu wiederholen, die Aushilfstätigkeit fortzusetzen oder in Zukunft dauernd tätig zu sein, jeweils mit "nein" geantwortet.
Diese Gründe sind zumindest in ihrer Gesamtheit ein Beleg dafür, dass der Kläger und der Beigeladene zu 1) mit der Arbeitsaufnahme am 02.03.1992 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht angestrebt haben. Der Senat schließt aus diesen Umständen, dass nach Eintritt eines zu versicherndes Risikos die Rechtsgrundlagen konstruiert werden sollten, um dem Kläger Krankengeldansprüche zu verschaffen.
Außerdem ist nicht zu erkennen, dass der Kläger nach Beendigung der ersten Arbeitsunfähigkeit am 19.10.1992 wieder eine Beschäftigung bei dem Beigeladenen zu 1) aufgenommen hat. Es ergeben sich also auch hier keine leistungsrechtlichen Konsequenzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 1. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 1998 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger als gegen Arbeitsentgelt beschäftigter Arbeiter Mitglied der Beklagten ist.
Der Kläger war seit 1980 bei der Beklagten aufgrund der Mitgliedschaft seiner Ehefrau familienversichert. Mindestens seit 1990 nahm er für den Beigeladenen zu 1 regelmäßig Aushilfstätigkeiten als Maler und Trockenbauer auf der Grundlage geringfügiger Beschäftigung wahr.
Am 02.03.1992 erlitt der Kläger auf einer Baustelle des Beigeladenen zu 1 einen Arbeitsunfall (schwere Schnittverletzung mit Sehnenteildurchtrennung am linken Unterarm), aufgrund dessen er bis 18.10.1992 arbeitsunfähig war. Am 19.03.1992 ging bei der Beklagten rückwirkend zum 02.03.1992 die Anmeldung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers durch den Beigeladenen zu 1 ein.
Der Beigeladene zu 1 gewährte dem Kläger vom 02.03.1992 bis 13.04.1992 Lohnfortzahlung infolge Krankheit. Im Anschluss daran erhielt der Kläger Verletztengeld der Bau-Berufsgenossenschaft bis einschließlich 18.10.1992, ausgezahlt durch die Beklagte. Nach Beendigung dieser Arbeitsunfähigkeit verletzte sich der Kläger am 19.10.1992 erneut, als er seine Tochter in den Kindergarten brachte. Aufgrund dieser Verletzung und weiterer hinzutretender Krankheiten war er auch in der Folge arbeitsunfähig. Nachdem eine im Anschluss an den Arbeitsunfall ausgesprochene Kündigung durch den Beigeladenen zu 1 von diesem zurückgenommen worden war, hat der Beigeladene zu 1 das Arbeitsverhältnis zum 29.11.1992 gekündigt.
Mit Bescheid vom 26.01.1993 stellte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1 fest, dass die Beschäftigung des Klägers ab dem 02.03.1992 keine Versicherungspflicht zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung begründet habe. Bei der Beschäftigung habe es sich lediglich um ein fingiertes Arbeitsverhältnis gehandelt, um dem Kläger die Leistungen der Sozialversicherungsträger zu erschließen.
Gegen diesen Bescheid legten der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 1 am 19.02.1993 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass es sich bei dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beigeladenen zu 1 um ein normales, geregeltes und angemeldetes Beschäftigungsverhältnis handele. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.1993 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses komme es weniger auf die vertragstechnische Ausgestaltung, sondern vielmehr auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Danach sei aufgrund der bisher nur geringfügigen Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen zu 1 ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis nicht anzunehmen. Die Anmeldung sei erst nach dem Arbeitsunfall des Klägers erfolgt. Insbesondere sei der Kläger auch gegen die Kündigungen durch den Beigeladenen zu 1 nicht vorgegangen, was naheläge, da dieser nicht von einem bestehenden Arbeitsverhältnis ausgegangen sei.
Gegen diesen an den Beigeladenen zu 1 gerichteten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger unter Vorlage einer "Abtretungserklärung" vom 22.05.1993 am 25.05.1993 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG). Zur Begründung trug er vor, dass er am 01.03.1992 (Faschingssonntag) von dem Beigeladenen zu 1 in seiner Wohnung aufgesucht und gefragt worden sei, ob er infolge eines gehäuften Auftragsanfalles in Zukunft fest für diesen arbeiten wolle. Er, der Kläger, habe dieses Angebot am 01.03. in seiner Privatwohnung angenommen. Die Arbeitspapiere seien am darauffolgenden Tag, unabhängig von seinem Arbeitsunfall, an den Steuerberater des Beigeladenen zu 1 zur Anmeldung bei der Beklagten weitergegeben worden.
Mit Urteil vom 23.06.1995 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 26.01. und 22.04.1993 aufgehoben und festgestellt, dass durch die Arbeitsaufnahme beim Beigeladenen zu 1 am 02.03.1992 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen sei. Das SG ist aufgrund der Vernehmung der Ehefrau des Klägers und des Beigeladenen zu 1 zu dem Ergebnis gelangt, es lasse sich nicht widerlegen, dass am 01.03.1992 in der Wohnung des Klägers ein festes Arbeitsverhältnis mündlich vereinbart worden sei. Dass eine Anmeldung tatsächlich erst zwei Wochen später erfolgt sei, bewege sich im zeitlich üblichen Rahmen; dass der Kläger nach Ablauf der Arbeitsunfähigkeit nicht wieder zur Arbeit angetreten sei, sondern sein Kind zur Schule gebracht habe, spreche nicht gegen die Aufnahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislastverteilung müsse das Gericht die Echtheit der Meldung durch den Beigeladenen zu 1 unterstellen.
Dagegen hat die Beklagte am 23.08.1995 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Beweiskraft der Aussagen des Beigeladenen zu 1 sowie der Ehefrau des Klägers die Entscheidung des SG nicht tragen würden. Die Aussage der Ehefrau sei wegen ihrer familiären Bindungen nicht glaubwürdig. Die Aussage des Beigeladenen zu 1 sei deshalb anzuzweifeln, weil dieser nach eigenen Angaben unter erheblichem Druck von seiten des Klägers stehe. Außerdem habe das SG auf die Einvernahme der Schwiegermutter des Klägers verzichtet, die sich nach Aussage des Klägers und seiner Ehefrau bereit erklärt hatte, die gemeinsame Tochter während der Anstellung des Klägers zu betreuen, obwohl ihr dies schon aufgrund der tatsächlichen Umstände nicht möglich sein dürfte. Gegen eine feste Anstellung des Klägers spreche zuletzt auch, dass er nach der angeblichen Anstellung bei dem Beigeladenen zu 1 bis heute keinen festen Arbeitsplatz mehr angenommen habe. Vielmehr habe er sich - ausweislich zweier polizeilicher Vernehmungsprotokolle - mit der Errichtung von Schwarzbauten im Zusammenhang mit illegaler Ausländerbeschäftigung sein Einkommen gesichert.
Der Senat hat der Beklagten aufgegeben, das Widerspruchsverfahren bezüglich der Person des Klägers nachzuholen. Mit Bescheid vom 01.09.1997 und Widerspruchsbescheid vom 14.12.1998 hat die Beklagte auch gegenüber dem Kläger festgestellt, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ihrer Ansicht nach nicht bestanden hat.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.06.1995 aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte hat die Berufung gegen das Urteil des SG frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist statthaft (§ 143 SGG) und begründet.
Da die Beklagte über die hier streitige Frage der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung beginnend mit der Arbeitsaufnahme im März bzw. Oktober 1992 gegenüber dem Kläger erstmals mit den Bescheiden vom 01.09.1997 und 14.12. 1998 entschieden hat, also nach Einlegung der Berufung, hat der Senat insoweit auf die Klage hin zu entscheiden. Der Senat legt den Antrag des Klägers so aus (§ 123 SGG), dass er sich auch auf die Aufhebung dieser Bescheide richtet.
Das SG hat zwar erkannt, dass die Bescheide vom 26.01. und 22.04.1993 gegenüber dem Beigeladenen zu 1) und nicht gegenüber dem Kläger ergangen sind. Der Senat ist jedoch entgegen dem SG nicht der Auffassung, dass hier eine gewillkürte Prozessstandschaft zulässig war und hat deswegen das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Klage gegen die Bescheide vom 26.01.1993 und 24.04.1993 abgewiesen. Er hat gegenüber dem Kläger das Widerspruchsverfahren (§ 78 SGG) nachholen lassen; denn diese Bescheide haben sich an den Beigeladenen zu 1) gerichtet (§ 37 Abs.1 Sozialgesetzbuch X - SGB X) und nicht an den Kläger, der hierdurch nicht beschwert war.
Außerdem war die Erklärung über die Abtretung der Ansprüche des Beigeladenen zu 1) auf Feststellung des Bestehens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses an den Kläger vom 22.05.1993 rechtlich unwirksam mit der Folge, dass die Klage gegen den Bescheid vom 26.01.1993 und den Widerspruchsbescheid vom 24.04.1993 aus einem weiteren Grund unzulässig war. Denn es können nur Forderungen auf Sozialleistungen abgetreten werden, aber nicht das Recht auf Feststellung, dass ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist (§ 53 Sozialgesetzbuch I - SGB I -, § 398 Bürgerliches Gesetzbuch). Nach § 53 SGB I können Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen nicht übertragen werden und Ansprüche auf Geldleistungen können nur unter den in § 53 Abs.2, 3 SGB I genannten einschränkenden Voraussetzungen übertragen werden. Selbst wenn der in der Vereinbarung enthaltene Passus "mit allen Rechten" auf die Erlangung von Krankengeld und als hinreichend konkret angesehen wird (vgl. Palandt, BGB, § 398, 14), sind die Voraussetzungen für die gewillkürte Prozessstandschaft nicht erfüllt. Denn eine gewillkürte Prozessstandschaft ist im Verwaltungsprozess nur ausnahmsweise zulässig, jedoch nicht, soweit es sich um höchstpersönliche Rechte handelt (Kopp, VwGO, Vorb § 40, Rz.25). Grundsätzlich ist bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen eine gewillkürte Prozessstandschaft nicht möglich, soweit nicht durch Gesetz Ausnahmen vorgesehen oder zugelassen sind (Kopp, a.a.O.). Derartige Ausnahmen liegen nicht vor (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., § 54, Rn.11 m.w.Nachw.).
In nicht ausdrücklich durch Gesetz geregelten Fällen ist für die Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft neben der Ermächtigung, im eigenen Namen das Recht geltend zu machen, weiterhin erforderlich, dass der prozessführende Beteiligte auch selbst ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung des Rechts im eigenen Namen hat. Demgemäß sind an das für die gewillkürte Prozessstandschaft zu fordernde rechtliche Interesse erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Prozessführungsermächtigung kann nicht unbeschränkt erteilt werden. Der Begriff des rechtlichen Interesses, der ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, muss dabei nach seiner Aufgabe ausgelegt werden, die darin besteht, dem Interessierten zur Erleichterung der Rechtsverfolgung die Herrschaft als Partei über einen Prozess zu sichern. Das an sich verständliche Streben, sich eine günstigere prozessuale Situation zu schaffen oder den Ermächtigenden aus einer ungünstigen prozessualen Lage zu befreien, reicht allein nicht aus (Stein/Jonas, ZPO, vor § 50 IV, Rdnr.42). Diese im Zivilprozess geltenden eingeschränkten Voraussetzungen können im sozialgerichtlichen Verfahren nicht unterschritten werden, da dem Prozess ein Verwaltungsverfahren mit der Möglichkeit der Hinzuziehung Dritter vorauszugehen hat. Damit wird erreicht, dass der rechtlich bzw. wirtschaftlich Betroffene eine Position erlangt, aus der er den Rechtsweg beschreiten kann. Ein derartiges Interesse fehlt hier. Auch wenn der Kläger an der Klärung des Versichertenstatus als Voraussetzung für Leistungsansprüche interessiert ist, ist die gewillkürte Prozessstandschaft kein geeignetes Instrument, die von der Beklagten begangenen Verfahrensfehler zu beseitigen. Sowohl für die Feststellung der Versicherungspflicht, als auch für die Entscheidungen über den Anspruch auf Krankengeld und Übernahme der Kosten der stationären Behandlung hätte die Beklagte den Kläger am Verwaltungsverfahren beteiligen müssen. Bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verwaltungsverfahrens hätte der Kläger als Adressat des Bescheides und Widerspruchsbescheides klagen können, ohne dass es einer Abtretung und Vereinbarung einer Prozessstandschaft bedurft hätte.
Die Klage ist unbegründet; die angefochtenen Bescheide vom 01.09.1997 und 14.12.1998 sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Durch die Arbeitsaufnahmen am 01.03.1992 und 18.10.1992 ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht zustande gekommen (§ 5 Abs.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch V - SGB V - i.V.m. § 7 Abs.1 Sozialgesetzbuch IV - SGB IV; §§ 1 Abs.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch VI, 24 Abs.1 Sozialgesetzbuch III). Versicherungspflichtig sind danach Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
In der Regel begründet ein wirksames Arbeitsverhältnis auch eine sozialversicherungsrechtlich bedeutsame Beschäftigung. Hierbei handelt es sich aber lediglich um einen Grundsatz, der in bestimmten Fällen eine Beschäftigung trotz wirksamen Arbeitsverhältnisses ausschließt. Ein derartiger Fall war nach der früheren Rechtsprechung der sogenannte missglückte Arbeitsversuch. Im Fall eines arbeitsrechtlich wirksamen Arbeitsverhältnisses bestand danach keine Beschäftigung, wenn objektiv feststand, dass der Beschäftigte bei Aufnahme der Arbeit diese nur unter schwerwiegender Gefährdung seiner Gesundheit, etwa unter der Gefahr der weiteren Verschlimmerung seines Leidens, würde verrichten können und wenn er die Arbeit entsprechend der darauf zu gründenden Erwartung vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit aufgegeben hat (vgl. Kasseler Kommentar-Seewald, § 7 SGB IV, Rdnr.17 mit Hinweis auf die frühere, ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)).
Das BSG hat mit dem Urteil vom 11.05.1993 (BSGE 72, 221 f.) Bedenken gegen die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs in einer die Versicherungs- und Beitragspflicht verneinenden Wirkung gesehen. Es hat sodann mit Urteil vom 04.12.1997 (SozR 3-2500 § 5 Nr.37 = BSGE 81, 231) entschieden, dass die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs seit In-Kraft-Treten des SGB V (01.01.1989) nicht mehr anzuwenden ist. Es hat allerdings in dieser Entscheidung für Recht erkannt, dass an den Nachweis der Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn der Verdacht von Manipulationen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen besteht. Der kann, zumal wenn weitere Umstände hinzutreten, der Fall sein, wenn bei Beginn der Arbeitsaufnahme Arbeitsunfähigkeit besteht, dieser Umstand bekannt ist und die Arbeit alsbald aufgegeben wird. Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt derjenige, der sich auf sie beruft. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast trägt jeder Beteiligte für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten prozessualen Anspruch begründen, das Beweisrisiko. Wenn trotz Ausschöpfung aller Beweismittel eine Ungewissheit (non liquet) bleibt, geht dies zu seinen Lasten. Das SG verkennt in seinem Urteil insofern diesen Grundsatz, als es die Beweislast für die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist, der Beklagten auferlegt. Die Frage, ob ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist, ist aber eine Grundvoraussetzung für die Versicherteneigenschaft des Klägers und damit für das von ihm letztlich begehrte Krankengeld. Der Kläger trägt somit die Feststellungslast für das Vorliegen nichtselbständiger Arbeit (§ 7 Abs.1 Satz 1 SGB IV) als Grundvoraussetzung für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, da er Klage auf diese Feststellung erhoben hat. Soweit die Beklagte ein Scheingeschäft bzw. ein "fingiertes Arbeitsverhältnis" vermutet, ist dies keine Einwendung einer anspruchshemmenden oder anspruchsvernichtenden Gegennorm (für deren Voraussetzungen die Beweislast bei der Beklagten liegen würde), sondern das substantiierte Bestreiten der vom Kläger vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen (s. hierzu insgesamt Meyer-Ladewig, a.a.O., § 103, Rdnr.19 ff.).
Außerdem hat das BSG im o.g. Urteil vom 04.12.1997 daran festgehalten bzw. betont, dass eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs.1 SGB IV nicht vorliegt bei einer familienhaften Mithilfe, einer selbständigen Tätigkeit als Mitunternehmer oder Mitgesellschafter, bei einem Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB und bei einer geringfügigen Beschäftigung (§ 8 Abs.1 Nr.1, 2 SGB IV).
Im vorliegenden Fall ist nach der Überzeugung des Senats ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass im Nachhinein eine Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen zu 1), die wie bisher geringfügig gewesen ist, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgestaltet werden sollte, um dem Kläger einen Krankengeldanspruch gegen die Beklagte zu verschaffen. Es handelt sich um eine Manipulation zu Lasten der Beklagten.
Auch wenn der Senat eine Kontaktaufnahme des Beigeladenen zu 1) mit dem Kläger am 01.03.1992 zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit als wahr unterstellt, ergibt sich hieraus nicht das Vorliegen eines entgeltlichen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bzw. die festgestellten Tatsachen sprechen dagegen.
Insbesondere spricht gegen das Zustandekommen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses am 02.03.1992, dass der Kläger nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) vor dem SG lediglich eine vorübergehende Aushilfstätigkeit aufnehmen sollte. Der Kläger sollte bei dem Umbau des Hauses des Beigeladenen zu 1) eingesetzt werden (Anbringung von Rigipsplatten), und er erklärte sich zur Hilfe bereit. Dieser zeitlich und von der Aufgabenstellung begrenzte Einsatz lässt noch nicht auf ein Beschäftigungsverhältnis schließen, das die Grenzen der Geringfügigkeit überschreiten sollte. Denn ein schriftlicher Arbeitsvertrag über die angebliche Beschäftigung liegt nicht vor. Der Senat hat ferner berücksichtigt, dass der Kläger vor dem März 1992 für den Beigeladenen zu 1) öfters unter anderem mit Rücksicht auf die Familie geringfügig tätig gewesen ist. Es ist nicht ersichtlich, weshalb bezüglich dieser Umstände eine wesentliche Änderung eingetreten war.
Auch spricht die Anmeldung nach über zwei Wochen nach Eintritt des Versicherungsfalles gegen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Dieser Umstand legt vielmehr den Schluss nahe, dass der Kläger und der Beigeladene zu 1) die Tätigkeit des Klägers als Schwarzarbeit behandelt wissen wollten. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass eine Anmeldung bei der Krankenkasse erst nach Arbeitsaufnahme erfolgen kann. Eine rückwirkende Anmeldung nach Eintritt des Versicherungsrisikos begegnet aber erheblichen Bedenken an den Willen der Beteiligten, dass ein Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungs- und Beitragspflicht gewollt war. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass nach Eintritt des versicherten Risikos eine entsprechende Versicherung nicht mehr geschlossen werden kann (vgl. hierzu § 2 Abs.2 VVG), besteht bei einem derartigen Verhalten der gravierende Verdacht, dass Manipulationen zu Lasten der Krankenkasse angestellt werden sollten.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich nicht schon gegen die erste Kündigung durch den Beigeladenen zu 1) gewandt hat, sondern erst nachdem er nach Wegfall der Lohnfortzahlung im Anschluss an den Unfall im Oktober 1992 erkannt hat, dass ein Krankengeldanspruch nicht mehr besteht. Der Kläger hat sich also erst gegen die Kündigung gewandt, als feststand, dass er nach Ablauf der Lohnfortzahlung und des Verletztengeldes sowie einer weiteren Lohnfortzahlung eine Geldleistung (durch die Beklagte) nicht erhalten würde. Auffällig in diesem Zusammenhang ist auch, dass der Beigeladene zu 1) es dem Kläger überlassen hat, den Inhalt der Kündigung durch den Arbeitgeber selbst zu formulieren.
Auch die Angaben des Beigeladenen zu 1) im Fragebogen vom 10.12.1992 bezüglich der Feststellung der Versicherungspflicht/ -freiheit zur Sozialversicherung für den Kläger begründen erhebliche Zweifel an einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, da sie widersprüchlich sind. Zwar hat der Beigeladene zu 1) hier angegeben, der Kläger sollte fünf Arbeitstage zu 40 Arbeitsstunden regelmäßig wöchentlich beschäftigt werden. Er hat allerdings auf die Fragen, ob der Arbeitnehmer beabsichtige, die Aushilfstätigkeit zu wiederholen, die Aushilfstätigkeit fortzusetzen oder in Zukunft dauernd tätig zu sein, jeweils mit "nein" geantwortet.
Diese Gründe sind zumindest in ihrer Gesamtheit ein Beleg dafür, dass der Kläger und der Beigeladene zu 1) mit der Arbeitsaufnahme am 02.03.1992 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht angestrebt haben. Der Senat schließt aus diesen Umständen, dass nach Eintritt eines zu versicherndes Risikos die Rechtsgrundlagen konstruiert werden sollten, um dem Kläger Krankengeldansprüche zu verschaffen.
Außerdem ist nicht zu erkennen, dass der Kläger nach Beendigung der ersten Arbeitsunfähigkeit am 19.10.1992 wieder eine Beschäftigung bei dem Beigeladenen zu 1) aufgenommen hat. Es ergeben sich also auch hier keine leistungsrechtlichen Konsequenzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
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