S 36 U 13/99

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
36
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 13/99
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
verbunden mit S 36 U 14/99
Die Bescheide der Beklagten vom 06.05.98 jeweils in Gestalt des entsprechenden Widerspruchsbescheids vom 29.12.98 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.12.87 eine Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 10 v.H. vom 29.10.96 bis 31.05.98 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.10.96 eine Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 10 v.H. vom 11.11.97 bis 31.05.98 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger 20 % seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob dem 1938 geborenen Kläger wegen der Folgen der anerkannten Arbeitsunfälle vom 10. Dezember 1987 und 29. Oktober 1996 Verletztenrente zu gewähren ist.

Der Kläger erlitt beide Unfälle während seiner beruflichen Tätigkeit als Fräser.

Am 10. Dezember 1987 rutschte laut Durchgangsarztbericht des Herrn Dr. Sch. ein etwa 30 kg schwerer Stahlklotz von einer Palette herunter auf den rechten Vorfuß des Klägers – nach der späteren Darstellung des Klägers fiel eine noch ungleich schwerere große Metallplatte auf den Fuß – und führte zu einer Quetschverletzung mit Bruch des Mittelfußköpfchens I und nachfolgender Ausbildung eines dystrophischen Syndroms mit deutlichen Schwellungen, wässrigen Einlagerungen, abgeschwächtem Fußpuls, Hautverfärbung, Umfangsvermehrung des rechten Unterschenkels und der Fußregion sowie Bewegungseinschränkung im unteren und oberen Sprunggelenk.

Nach intensiver krankengymnastischer Mobilisation und hydrophysikalischer Therapie sowie Versorgung mit Einlagen – nach späterer Darstellung des Klägers handelte es sich nicht nur um Einlagen, sondern um orthopädische Schuhe – wurde sein Fuß laut Abschlußbericht des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses in H.-B. vom 24. Mai 1988 wieder belastungsfähig, so dass an diesem Tag die Behandlung abgeschlossen wurde und wieder Arbeitsfähigkeit in seiner früheren Tätigkeit bestand. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Sinne werde – so das Berufsgenossenschaftliche Unfallkrankenhaus – nicht verbleiben.

In dem ersten Rentengutachten vom 25. August 1988 stellten die Ärzte Dr. Z., Dr. L. und B. fest, dass der Kläger noch über Belastungsschmerzen und Schwellungen zum Abend hin klage, und benannten als Unfallfolgen einen in regelrechter Stellung knöchern vollständig verheilten Bruch des ersten Mittelfußknochens, eine Bewegungseinschränkung bei Kippbewegungen des rechten Fußes, eine hälftig eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen rechts sowie eine diskrete Muskelminderung im Bereich des rechten Oberschenkels. Die MdE betrage vom 23. Mai 1988 bis 22. Juni1988, dem Tag der Untersuchung, und voraussichtlich bis 23. November 1988 20 v.H., danach bis auf weiteres voraussichtlich 10 v.H ... Eine Besserung sei nicht zu erwarten.

Auf dieser Grundlage erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 05. Oktober 1988 das Ereignis vom 10. Dezember 1987 als Arbeitsunfall mit den im ersten Rentengutachten genannten Folgen an sowie eine daraus resultierende MdE vom 24. Mai bis 23. November 1988 in Höhe von 20 v.H. mit einem daraus resultierenden Rentenanspruch, der im Wege der Gesamtvergütung nach § 603 der Reichsversicherungsordnung (RVO) abgegolten werde.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass voraussichtlich über den genannten Zeitpunkt hinaus eine entschädigungspflichtige MdE verbleiben werde, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Gesamtvergütung nicht vorliegen. Die MdE dürfte über 50 v.H. liegen. Er könne sich im Gegensatz zur Zeit vor dem Unfall nicht mehr dauerhaft belasten, müsse daher bei seiner beruflichen Tätigkeit mitunter längere Pausen einlegen.

Daraufhin lies die Beklagte von den Ärzten Dr. Z., Dr. P. und B. ein weiteres erstes Rentengutachten unter dem 30. Dezember 1988 erstellen, in dem diese nunmehr die MdE vom 24. November 1988, dem Tag der Untersuchung, bis voraussichtlich 24. August 1989 mit 20 v.H., danach mit voraussichtlich 10 v.H. einschätzten.

Daraufhin erkannt die Beklagte entsprechend dem Gutachten als Folgen des Arbeitsunfalls eine Belastungsschwäche des rechten Fußes nach dem in regelrechter Stellung knöchern vollständig verheilten Bruch des ersten Mittelfußknochens, eine Schwellneigung des Vorfußes, eine Bewegungseinschränkung bei Kippbewegung des rechten Fußes sowie eine deutlich eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen rechts an und stellte eine vorläufige Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 20 v.H. vom 24. November 1988 bis auf weiteres fest.

Unter dem 22. August 1989 erstellten die Ärzte Dr. Z., Dr. P. und B. ein zweites Rentengutachten. Hierin stellten sie als Unfallfolgen noch fest eine Belastungsschwäche des rechten Fußes nach in regelrechter Stellung knöchern vollständig verheiltem Bruch des ersten Mittelfußknochens mit verbliebener mäßiger Schwellneigung sowie eine hälftig eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen rechts. Die MdE betrage 10 v.H. Eine Besserung sei nicht zu erwarten.

Nach entsprechendem Anhörungsschreiben entzog die Beklagte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 27. September 1989 die vorläufige Rente mit Ablauf des Monats Oktober 1989. Ein Anspruch auf Dauerrente anstelle der vorläufigen Rente bestehe nicht. Unter der Überschrift "Begründung" führte sie u.a. folgendes aus:

Die ärztliche Begutachtung hat ergeben, dass noch nachstehende Unfallfolgen vorliegen:

Belastungsschwäche des rechten Fußes nach in regelrechter Stellung knöchern vollständig verheiltem Bruch des ersten Mittelfußknochens mit verbliebener mäßiger Schwellneigung. Um die Hälfte eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen rechts.

Hierdurch wird ihre Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert.

Die Erwerbsminderung beträgt zur Zeit 10 v.H. der Vollrente.

Als Folgen ihres Arbeitsunfalls werden nicht anerkannt:

Anlagebedingtes Bandscheibenleiden. Senk-, Spreiz-, Knickfuß beiderseits.

Mit Befundberichten vom 07. November 1995 und 20. Februar 1996 teilte Dr. Br. mit, dass der Kläger sich wegen einer Schwellung des Vorfußes im Bereich des zweiten Metatarsal-Phalangial-Gelenks mit Gelenkspaltverschmälerung im Sinne einer posttraumatischen Arthrose, wurstförmiger Schwellung der zweiten Zehe und Druckschmerzhaftigkeit im Zehen- und Vorfußbereich vorgestellt habe. Über eine operativen Intervention sei gesprochen worden.

Herr M.-C. führte in der daraufhin von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 24. April 1996 aus, dass der Bruch des ersten Mittelfußknochens ausgeheilt sei. Unfallunabhängig sei schon von den Vorgutachtern eine Fußfehlform festgestellt worden, insbesondere ein Spreizfuß mit Hammerzehen. Hierbei handele es sich um keine Unfallfolge. Ebenso wenig bei der Arthrose des zweiten Mittelfußknochens. Es handele sich hier nach Aktenlage um die typische Zerstörung des Grundgelenkes der zweiten Zehe bei Spreizfuß, jedoch nicht um Unfallfolgen.

Am 29. Oktober 1996 fiel dem Kläger eine Stahlplatte auf das linke Bein und den linken Mittelfuß, wobei er sich multiple Schürfwunden am linken Bein und eine Mittelfußknochenfraktur II und III links zuzog. Es wurde eine ambulante Behandlung mit Belastungssteigerung eingeleitet.

Unter dem 30. Januar 1997 teilte Professor Dr. E. in einem Zwischenbericht mit, dass die Frakturen knöchern verheilt seien. Es bestehe noch eine Schwellung im Bereich des Fußrückens. Der Kläger klage über starke Schmerzen im Bereich des linken Fußes. An Vollbelastung sei nicht zu denken. Den Beruf könne er nicht wieder aufnehmen.

Herr M.-C. kam hingegen in beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 14. Februar 1997 und 20. März 1997 zu der Auffassung, dass nach dem klinischen Befund bei ausgeheilten Frakturen eine vollständige Belastung möglich sei. Es bestehe Arbeitsfähigkeit im bisherigen Beruf. Eine messbare MdE sei nicht zu erwarten.

Nachdem Dr. S. in einem Bericht vom 10. April 1997 einen deutlich verzögerten Heilverlauf mit rezidivierender Schwellneigung beschrieben hatte, berichtete Dr. Le. unter dem 27. Mai 1997 nach einer Vorstellung im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus, dass der Bruch des rechten ersten Mittelfußknochens als Folge des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 folgenlos verheilt sei, der Bruch des linken zweiten und dritten Mittelfußknochens als Folge des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1996 in anatomischer Stellung verheilt sei. Es bestehe ein erheblich gestörtes Gangbild bei endgradiger Bewegungseinschränkung des linken unteren und oberen Sprunggelenks. Es würden spezielle Einlagen verordnet sowie eine ambulante Weiterbehandlung mit Belastungstraining durchgeführt.

Nachdem die Ärzte Dr. P. und N. vom Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus unter dem 05. August 1997 einen links stagnierenden Heilungsverlauf mit weiterhin bestehenden belastungsabhängigen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk beschrieben hatten, der zur stationären Aufnahme mit intensiver Physiotherapie geführt habe, berichteten sie unter dem 26. August 1997, dass wegen internistischer Probleme an diesem Tag eine Verlegung ins Krankenhaus R. erfolgt sei, wo eine Herzschrittmacherimplantation vorgenommen wurde, der sich eine Bypassoperation anschloss. Das BG-liche Heilverfahren sei damit abgeschlossen. Im Rahmen der Reha sei der Kläger von Seiten des linken Fußes als vollbelastbar anzusehen. Eine rentenfähige MdE werde nicht verbleiben.

Unter dem 18. November 1997 berichtete das Berufsgenossenschaftliche Unfallkrankenhaus, dass der Kläger sich dort am 10. November 1997 ambulant vorgestellt habe und über Belastungsinsuffizienz des linken Mittelfußes geklagt habe. Die klinische Untersuchung sei unauffällig gewesen. Es bestehe eine geringgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes gegenüber dem rechten. Die unteren Sprunggelenke seien beidseits frei beweglich. Die MdE betrage voraussichtlich 20 v.H.

Entsprechendes wurde von diesem Krankenhaus unter dem 05. Dezember 1997 nach einer erneuten ambulanten Vorstellung des Klägers am 01. Dezember 1997 mitgeteilt.

Mit einem Bericht vom 23. Februar 1998 teilte Dr. Br. mit, dass er bei einer ambulanten Untersuchung am 20. Februar 1998 eine Schwellneigung des linken Mittelfußes und der Fußwurzel mit Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der Basis der Mittelfußknochen I bis III und im unteren Sprunggelenksbereich festgestellt habe. Die Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk sei schmerzhaft eingeschränkt.

Daraufhin erstellten unter dem 17.März 1998 die Ärzte Dr. P. und T. ein erstes Rentengutachten und stellten hierin als Folgen des Unfalls vom 29. Oktober 1996 im Bereich des linken Fußes folgendes fest: Achsengerecht knöchern verheilte Mittelfußbrüche II und III mit Beteiligung der Basen und Verdacht auf knöcherne Ankylose der entsprechenden Mittelfuß-, Fußwurzelgelenke II und III bei inzwischen ausgeglichener Dystrophie des linken Fußes, Teileinsteifung des linken unteren Sprunggelenkes, teilbedingte Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes, teilbedingte Störung des Barfußganges bei anteiliger Verschlimmerung eines Senk-, Spreizfußes mit Hammerzehenkontrakturen. Diese Beschwerden seien zum Teil überlagert durch hinzugekommene unfallunabhängige Veränderungen als Folge der koronaren Bypassoperation. Die MdE betrage vom 11. November 1997 bis zum 08. Februar 1998, dem Tag der Untersuchung, und danach bis auf weiteres 10 v.H. Zu den Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 im Bereich des rechten Fußes führen die Gutachter aus, dass die damals verbliebene Schwellneigung nicht mehr bestehe. Eine teilbedingte Verschlimmerung des vorbestehenden Senk-Spreizfußes mit Verschlimmerung der Zehenhebung mit verbleibenden Beugekontrakturen und Hammerzehenentwicklung rechtfertige jedoch bei großzügiger Bewertung weiterhin eine MdE von 10 v.H.

Herr M.-C. schrieb in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 03. April 1998, dass der Unfall vom 10. Dezember 1987 keine Folgen bis auf eine eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen hinterlassen habe. Hieraus resultiere eine MdE von weniger als 10 v.H. Er wies darauf hin, dass bereits 1989 Senk-, Spreiz- und Knickfüße als unfallunabhängig festgestellt worden seien. Hierauf seien die statischen Probleme zurückzuführen. Im übrigen sei die eingeschätzte MdE nicht zu beanstanden.

Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 06. Mai 1998 fest, dass kein Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1996 bestehe, weil die MdE 10 v.H. betrage und keine weiteren Versicherungsfälle mit einer MdE von mindestens 10 v.H. vorliegen.

Mit weiterem Bescheid vom 06. Mai 1998 – bei dem aufgedruckten Datum 07.05.1998 handelt es sich um einen Schreibfehler, was sich schon aus der Absendung des Bescheides am 06.05.1998 ergibt – stellte die Beklagte fest, dass kein Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 bestehe. Als Folge sei lediglich noch eine eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen festzustellen, die jedoch keine messbare MdE bedinge.

Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch und meinte hinsichtlich der Folgen des Unfalls vom 29. Oktober 1996, dass dieser eine MdE von mindestens 20 v.H. bedinge, hinsichtlich der Folgen des Unfalls vom 10. Dezember 1987, dass die daraus resultierende MdE entsprechend des ersten Rentengutachtens von Dr. P. und Herrn T. 10 v.H. betrage, wenn sie nicht noch höher anzusetzen sei.

Daraufhin ließ die Beklagte ein weiteres Gutachten erstellen von Herrn PD Dr. H. mit radiologischem Zusatzgutachten von Professor Dr. G.-F. und Herrn L. vom 30. September 1998. Bezüglich des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 hieß es hierin, dass als wesentliche Unfallfolge nur noch eine hälftig eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen rechts feststellbar sei, die eine MdE von weniger als 10 v.H. bedinge. Gegenüber dem Vorgutachten vom August 1989 sei eine wesentliche Besserung nachweisbar, weil eine deutliche Druckschmerzhaftigkeit am Köpfchen des zweiten und dritten Mittelfußknochens rechts und eine Muskelminderung von 2 cm am rechten Bein nicht mehr nachweisbar seien. Bezüglich des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1996 liegen als wesentliche Unfallfolgen noch eine Versteifung in den Gelenken des zweiten und dritten Metatarsotarsalgelenks und eine reizlose Narbenbildung an der Streckseite des linken Fußrückens vor. Die MdE betrage weniger als 10 v.H. Gegenüber dem Vorgutachten vom Februar 1998 sei eine wesentliche Besserung nachweisbar. Weder die damals festgestellte deutliche Bewegungseinschränkung im linken oberen und unteren Sprunggelenk noch eine Teileinsteifung des linken unteren Sprunggelenkes seien noch nachweisbar. Die Unfallfolgen seien funktionell ohne Bedeutung. Es haben keine objektiven Befunde erhoben werden können, die für eine Schonung des linken Beins sprechen.

Auf der Grundlage dieses Gutachtens wies die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 29. Dezember 1998 die gegen die Bescheide vom 06. Mai 1998 erhobenen Widersprüche zurück.

Die beiden hiergegen gerichteten Klagen hat das Gericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Der Kläger hält weiterhin die Einschätzungen der MdE bezogen auf die Folgen beider Arbeitsunfälle für zu gering, wiederholt im wesentlichen seine Widerspruchsbegründungen und beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Mai 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 1998 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H., hilfsweise nach einer solchen von 10 v.H., zu gewähren;

2. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Mai 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 1998 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1996 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H., hilfsweise nach einer solchen von 10 v.H., zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und äußert – nach entsprechendem gerichtlichen Hinweis – die Ansicht, dass auch aus formellen Gründen eine Stützrente nicht in Betracht komme, weil der Bescheid vom 27. September 1989, mit dem die vorläufige Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 entzogen worden war, kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung sei, so dass auch die darin festgehaltenen Unfallfolgen nicht bis zum Erlass des Bescheids vom 06. Mai 1998 als bestandskräftig festgestellt zugrunde gelegt werden können.

Das Gericht hat Befunde von Dr. S. und vom Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus B. beigezogen und weiter Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nach Untersuchung von Dr. Schm., das jener unter dem 01. November 1999 erstattete, sowie einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 12. Februar 2002. Wegen des Inhalts des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf diese Schriftstücke, insbesondere das Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 22. Juli 2002 sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist statthaft (vgl. § 54 Abs. 1, 2 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.

Die Klage ist jedoch nur in dem tenorierten Umfang begründet, im übrigen unbegründet. Der Kläger hat lediglich einen Anspruch auf die zeitlich begrenzte sogenannte Stützrente nach einer MdE von jeweils 10 v.H. aus beiden Arbeitsunfällen. Nur in diesem Umfang sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten. Im übrigen sind sie nicht zu beanstanden.

Nach § 547 der hier noch anzuwendenden RVO (vgl. §§ 212, 214 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – SGG VII -) gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der folgenden Vorschriften näher bezeichnete Leistungen, u.a. Verletztenrente. Nach § 580 Abs. 1 RVO erhält der Verletzte eine Rente, wenn die zu entschädigende Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus andauert. Die Rente beginnt grundsätzlich, d.h. wenn kein Fall des § 580 Abs. 3 oder 4 RVO vorliegt, mit dem Tage nach dem Wegfall der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung (§ 580 Abs. 2 RVO).

Nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wird Verletztenrente als Teilrente gewährt, solange infolge des Arbeitsunfalls die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens 1/5 gemindert ist.

Ist die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge mehrerer Arbeitsunfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze der durch die einzelnen Arbeitsunfälle verursachten Minderung zusammen wenigstens die Zahl 20, so ist für jeden, auch für einen früheren Arbeitsunfall Verletztenrente zu gewähren, wobei die Folgen eines Arbeitsunfalls nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 581 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RVO).

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (vgl. nunmehr die Legaldefinition in § 56 Abs. 2 SGB VII, die die zur RVO ergangene Rechtsprechung aufgegriffen hat).

Die Feststellung der MdE ist eine Schätzung, weil der Grad der MdE nicht völlig genau, sondern nur annäherungsweise festzustellen ist. Für das Bemessen der MdE haben sich für eine vereinfachte Beurteilung seit langem Grundlagen gebildet, die im Schrifttum u.a. bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl. 1998, zusammengefasst sind, wobei Funktionseinbußen, für die solche Anhaltspunkte fehlen, entsprechend den ihnen ähnlichen, für die bereits MdE-Werte veröffentlicht sind, eingestuft werden. Dieses vereinfachte Verfahren kann als ständige Übung Beachtung beanspruchen (vgl. zum Ganzen: Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 56 SGB VII, Rzn. 10.1 bis 10.3). Es handelt sich um die prozentuale Gewichtung der verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten bei bestimmten Funktionsbeeinträchtigungen. Die MdE-Tabellen können als antizipierte Sachverständigengutachten angesehen werden, um den unbestimmten Rechtsbegriff der MdE auszufüllen, stellen gefestigte allgemeine Erfahrungssätze dar und sind trotz fehlender Rechtsnormqualität schon deshalb zu beachten, um eine weitgehende Gleichbehandlung aller Versicherten zu gewährleisten (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Rz. 10.3 m.w.N.).

Ein Gesundheitsschaden ist bei der Bemessung der MdE nur dann zu berücksichtigen, wenn zwischen ihm und dem Unfallereignis ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht (haftungsausfüllende Kausalität).

Ausgehend von diesen Grundsätzen bedingen weder die Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 über den Zeitpunkt der Entziehung zum 31. Oktober 1989 hinaus noch die Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1996 ab dem Tag nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit, dem 11. November 1997, für sich betrachtet einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente, weil die aus den jeweiligen Arbeitsunfällen resultierende MdE jeweils unter 20 v.H. liegt.

Insoweit folgt das Gericht den schlüssigen, in sich widerspruchsfreien und gut begründeten Gutachten des Herrn PD Dr. H. sowie des Herrn Dr. Schm ...

Hinsichtlich der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 stellen beide bei ihren Untersuchungen als funktionsbeeinträchtigend nur noch eine hälftig eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen rechts fest. Weder die im zweiten Rentengutachten vom 22. August 1989 festgestellte Druckschmerzhaftigkeit, noch die Muskelminderung am rechten Bein und Schwellneigung konnten noch nachgewiesen werden. Sowohl Dr. H. als auch Dr. Schm. halten insoweit einen Besserungsnachweis für geführt. Eine hälftig eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen rechts bringt jedoch praktisch keine Funktionsbeeinträchtigungen mit sich, so dass die eingeschätzte MdE in Höhe von weniger als 10 v.H. ab dem Tag der Untersuchung durch Herrn PD Dr. H. am 22. September 1998 schlüssig ist.

Dieser Zustand lag jedoch auch zu einem früheren Zeitpunkt bereits vor. Dr. Schm. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. Januar 2000 seine ursprüngliche Angabe im Gutachten, wonach die MdE vom 01. November 1989 bis 22. September 1989 10 v.H. betrage, dahingehend korrigiert, dass dies heißen müsse "unter 20 v.H.". Nach Überzeugung des Gerichts besteht dieser Zustand zumindest seit Ende 1995/Anfang 1996. Dies ergibt sich aus den entsprechenden Befundberichten des Herrn Dr. Br., der erstmals nach 6 Jahren eine Vorstellung des Klägers wegen Schwellung im Bereich des Vorfußes im Bereich des zweiten Metatorsal-Phalangia-Gelenks mit Gelenkspaltverschmälerung im Sinne einer posttraumatischen Arthrose, einer wurstförmigen Schwellung der zweiten Zehe und Druckschmerzhaftigkeit im Zehen- und Vorfußbereich beschreibt.

Insoweit hat Herr M.-C. mit beratungsärztlicher Stellungnahme vom 24. April 1996 nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass dieser Zustand nicht wesentlich ursächlich auf die Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 zurückgeführt werden kann. Der Bruch des ersten Mittelfußknochens war zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeheilt. Schon vor dem Unfall bestanden nach übereinstimmenden Feststellungen der behandelnden Ärzte und der Gutachter eine Fußfehlform, insbesondere in Gestalt eines Spreizfußes mit Hammerzehen. Herr M.-C. weist daraufhin, dass die Zerstörung im Grundgelenk der zweiten Zehe bei einem Spreizfuß eine typische Folge darstelle. Wenn jedoch die Beschwerden auf eine Arthrose des zweiten Mittelfußknochens zurückgeführt werden, können diese in keinen Zusammenhang mit den Folgen des Bruchs am ersten Mittelfußknochen gebracht werden, sondern allein mit der unfallunabhängigen Fußfehlform des Klägers.

Damit steht für das Gericht fest, dass spätestens seit Ende 1995/1996, wahrscheinlich seit Ende 1989, keine messbare MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 10. Dezember 1987 mehr bestand.

Dieser Zustand besteht bis heute fort. Dies ergibt sich aus der ergänzenden Stellungnahme des Herrn Dr. Schm. vom 12. Februar 2002, der unter Auswertung beigezogener aktueller Befunde nachvollziehbar einschätzt, dass sich gegenüber den bei der Begutachtung 1998 und 1999 erhobenen Befunden keine Änderung ergeben habe.

Auch Dr. P. und Herr T. stellten in ihrem ersten Rentengutachten vom 17. März 1998 fest, dass die zum Zeitpunkt der Entziehung der vorläufigen Rente verbliebene Schwellneigung nicht mehr bestehe. Die von ihnen bei "großzügiger Bewertung" weiterhin angemessene MdE in Höhe von 10 v.H. wegen einer teilbedingten Verschlimmerung des vorbestehenden Senk-Spreizfußes mit Verschlimmerung der Zehenhebung bei verbleibenden Beugekontrakturen und Hammerzehenentwicklung ist für das Gericht jedoch nicht nachvollziehbar, weil ein solcher Zusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen ist, worauf Herr M.-C. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 03. April 1998 zu Recht hingewiesen hat. Bereits Ende der 80er Jahre wurden unfallunabhängig Senk-, Spreiz- und Knickfüße beim Kläger festgestellt, so dass die noch bestehenden Beschwerden allein wesentlich ursächlich auf die dadurch bedingten statischen Probleme zurückzuführen sind.

Hinsichtlich der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1996 bestand zu keinem Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit mit dem 10. November 1997 eine MdE in Höhe von mindestens 20 v.H.

Die zunächst noch feststellbare Bewegungseinschränkung im linkeren oberen und unteren Sprunggelenk mit Teileinsteifung des linken unteren Sprunggelenks bedingten eine MdE in Höhe von 10 v.H. nach der überzeugenden Einschätzung des Herrn PD Dr. H. sowie des Herrn Dr. Schm. und auch des Herrn Dr. P. und Herrn T ... Diese Einschätzung erscheint angemessen, wenn man sich die nach den einschlägigen MdE-Tabellen bei einer völligen Versteifung des unteren Sprunggelenks angemessene MdE in Höhe von 10 bis 20 v.H. (vgl. u.a. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl., 1998, Abschnitt 8.12.8) vor Augen hält, die eine stärkere Funktionsbeeinträchtigung mit sich bringt als die ursprünglich beim Kläger feststellbaren Unfallfolgen.

Diese Einschränkungen bezüglich des linkeren unteren Sprunggelenks waren jedoch seit der Begutachtung durch Herrn Dr. H. am 22. September 1998 nicht mehr nachweisbar, so dass die dann noch feststellbaren wesentlichen Unfallfolgen in Gestalt einer Versteifung in den Gelenken des zweiten und dritten Metatarsotarsalgelenks sowie reizloser Narbenbildung an der Streckseite des linken Fußrückens funktionell ohne Bedeutung sind und daher keine messbare MdE mehr bedingen. Bei erstmals von Dr. H. festgestellter beidseits regelrechter und kräftiger Fußsohlenbeschwielung sowie im wesentlichen seitengleich ausgeprägter Beinmuskulatur sind keine objektiven Befunde feststellbar, die für eine Schonung des linken Beins sprechen.

Aus formalen Gründen besteht jedoch der tenorierte Anspruch auf Gewährung einer sogenannten Stützrente.

Mit Bescheid vom 27. September 1989 hatte die Beklagte die bis dahin gewährte Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 mit Ablauf des Monats Oktober 1989 entzogen und die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt.

Unter der Überschrift "Begründung" wurden u.a. die noch bestehenden Unfallfolgen im einzelnen bezeichnet sowie ausgeführt, dass die Erwerbsminderung zur Zeit 10 v.H. der Vollrente betrage.

Nach Überzeugung des Gerichts nehmen die in diesem bestandskräftig gewordenen Bescheid bezeichneten Unfallfolgen an der materiellen Rechtskraft teil und gelten daher als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 bis Ende Mai 1998, weil erst mit Bescheid vom 6. Mai 1998 eine anderweitige Bezeichnung der Unfallfolgen vorgenommen wurde, nämlich dahingehend, dass nunmehr nur noch eine eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen vorliege.

Nach § 77 SGG ist ein Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, wenn der gegen ihn gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird.

Die Bindung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes tritt grundsätzlich nur bezüglich des Entscheidungssatzes ein, nicht jedoch wegen der Gründe, die aber unter Umständen zur Auslegung herangezogen werden müssen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 77 Rz. 5b) m.w.N.). Tragende Gründe sind in der Regel nur von der Bindung erfasst, soweit sie zu dem Entscheidungssatz geführt haben, aber nicht selbstständig und losgelöst davon, also nicht für andere Ansprüche, wobei davon ausgegangen werden muss, dass der Versicherungsträger einen umfassenden Bescheid über alle aufgrund des Sachverhalts infrage kommenden Ansprüche erteilt hat (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O. Rz. 5c).

Bindungsfähig sind feststellende Aussagen im Leistungsbescheid, die Grundlage weiterer Ansprüche bilden, wenn der im Verwaltungsakt zum Ausdruck kommende Wille der Verwaltung soweit geht (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O. Rz. 5d). Bei einem Verletztenrentenbescheid gehört in der Regel zum Verfügungssatz neben der Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes auch die Entscheidung über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Die Abgrenzung im einzelnen ist schwierig, weil ein Verwaltungsakt in der Regel nicht streng zwischen Verfügungssatz und Begründung trennt. Die Begründung muss überprüft werden, ob sie eine für einen Verwaltungsakt typische Regelung trifft (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. Rz. 5e). Dies gilt jedoch nicht für die Höhe der MdE unter einem rentenberechtigenden Grad. Bei Ablehnung einer Verletztenrente nehmen Jahresarbeitsverdienst und MdE nicht an der Bindungswirkung teil (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O. Rz. 5f) m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist entgegen der Ansicht der Beklagten die Bezeichnung der Unfallfolgen im Bescheid vom 27. September 1989 Bestandteil des Verfügungssatzes, wenn auch nicht die Feststellung der MdE in Höhe von 10 v.H. Der Beklagten ist zwar insoweit Recht zu geben als ein Bescheid mit versagenden Verfügungssätzen kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung i.S.d. § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) darstellt. Der Verfügungssatz hinsichtlich der Bezeichnung der Unfallfolgen stellt jedoch gerade keinen solchen versagenden Verfügungssatz dar. Hiermit wird vielmehr ein auch im Wege der Feststellungsklage gesondert geltend zu machender Feststellungsanspruch erfüllt (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG).

Wollte man mit der Beklagten der Feststellung der Unfallfolgen im Bescheid vom 27. September 1989 die Qualität eines Verfügungssatzes absprechen, wäre ein Versicherter – hier der Kläger – entweder deshalb in einer vom Gesetz nicht vorgesehenen schlechten Rechtsposition, weil er sich bei einer späteren Neufeststellung zu seinen Gunsten oder auch zu seinen Ungunsten nicht auf die Bestandskraft einer bereits erfolgten Feststellung von Unfallfolgen beziehen könnte. Es gäbe für ihn insoweit keinerlei Rechtssicherheit. Ein Versicherungsträger könnte dann jederzeit z.B. durch eine Fehleinschätzung aufgenommene Unfallfolgen nicht mehr berücksichtigen wollen, was jedoch der grundsätzlichen Bestandskraft der Verwaltungsakte nach § 77 SGG entgegenstünde. Diese soll vielmehr nur in den gesetzlichen Fällen der §§ 44 ff. SGB X durchbrochen werden können. Eine ursprünglich falsche Bezeichnung der Unfallfolgen wäre danach zu Ungunsten des Klägers nur nach § 45 SGB X zu korrigieren. Eine wesentliche Änderung wäre im Rahmen eines formellen Bescheides nach § 48 SGB X festzustellen.

Wenn man jedoch die Feststellung der Unfallfolgen nur in dem die Rente entziehenden und im weiteren versagenden Bescheid vom 27. September 1989 nicht als Bestandteil eines Verfügungssatzes, der der Bestandskraft fähig ist, ansehen wollte, müßte man konsequenterweise die in dem früheren Bescheid betreffend den Arbeitsunfall vom 10. Dezember 1987 vom 19. April 1989 festgestellten Unfallfolgen einer weiteren Bewertung im Wege der Überprüfung zugrunde legen, was jedoch angesichts des Bescheides vom 27. September 1989 keine Rechtsgrundlage mehr hätte und im übrigen auch nicht sachgerecht wäre.

Wenn man jedoch die Feststellung der Unfallfolgen im Bescheid vom 27. September 1989 als bestandskräftig gewordenen Verfügungssatz ansieht, müssen diese Unfallfolgen bis Ende Mai 1998 als feststehend zugrunde gelegt werden, weil erst mit Bescheid vom 06. Mai 1998 im Zusammenhang der Ablehnung eines Anspruchs auf Rente und Feststellung einer nicht mehr messbaren MdE mit den dann nur noch verbliebenen Unfallfolgen der bezüglich der Unfallfolgen bestandskräftige Bescheid mit Dauerwirkung vom 27. September 1989 konkludent nach § 48 SGB X – und materiell gerechtfertigt, wie oben bereits ausgeführt – insoweit abgeändert worden ist.

Der Beklagten ist zwar, wie bereits ausgeführt, insoweit Recht zu geben, als die Feststellung einer MdE in Höhe von 10 v.H. im Bescheid vom 27. September 1989 keinen an der Bestandskraft teilnehmenden Verfügungssatz darstellt. Diese Einschätzung der MdE in Übereinstimmung mit den insoweit schlüssigen und gut nachvollziehbaren Rentengutachten der Ärzte Dr. Z., Dr. L., Dr. P. und B. vom 25. August 1988, 30. Dezember 1988 und 22. August 1989 rechtfertigen jedoch tatsächlich eine MdE in Höhe von 10 v.H., so dass wegen der rechtlichen Fiktion des Vorliegens der mit Bescheid vom 27¨September 1989 festgestellten Unfallfolgen bis einschließlich 31. Mai 1998 bis zu diesem Zeitpunkt auch eine MdE in Höhe von 10 v.H. bezüglich der Folgen des Unfalls vom 10. Dezember 1987 zugrunde zu legen ist.

Damit besteht jedoch nach § 581 Abs. 3 RVO ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1987 nach einer MdE in Höhe von 10 v.H. ab dem Tag des zweiten Arbeitsunfalls am 29. Oktober 1996, weil dieser eine MdE von wenigstens 10 v.H. über die 26. Woche hinaus hinterlassen hat (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 56 SGB VII Rz. 7.2 m.w.N.).

Oben wurde bereits festgestellt, dass die Folgen des Unfalls vom 29. Oktober 1996 bis einschließlich 22. September 1998, dem Tag der Begutachtung durch Dr. H., eine MdE in Höhe von 10 v.H. ab dem Tag nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am 10. November 1997 bedingen.

Aus diesem Grund besteht auch wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1996 ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 10 v.H. – und zwar beginnend mit dem Tag nach Beendigung der Zahlung des Verletztengeldes (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O.), also beginnend mit dem 11. November 1997.

Die Ansprüche auf beide Renten enden mit Ablauf des Monats Mai 1998, weil nach diesem Zeitpunkt bezüglich der Folgen des Unfalls vom 10. Dezember 1987 aufgrund des Bescheides vom 05. Mai 1998 nicht mehr von Unfallfolgen ausgegangen werden kann, die eine messbare MdE bedingen, so dass auch bezüglich des Unfalls vom 29. Oktober 1996 über diesen Zeitpunkt hinaus kein sogenannter Stützrentenanspruch mehr besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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