Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
36
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 97/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger vom 07. bis 14.11.1999 Verletztengeld wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 30.10.1999 zu gewähren ist.
Der Kläger ist selbständiger Rechtsanwalt und als solcher bei der Beklagten freiwillig seit 1989 unfallversichert, zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls mit einer Versicherungssumme von DM 10.800,-. Darüber hinaus bestand zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls eine private Krankenversicherung des Klägers bei der Deutschen Krankenversicherungs AG mit einem Anspruch auf Geldleistungen ab dem achten Tag der Arbeitsunfähigkeit in Höhe von DM 300,- täglich.
Am 30.10.1999 stürzte der Kläger mit dem Rad auf dem Weg zu einer Mandantin und erlitt eine Schultereckgelenkssprengung Typ Tossy III, wurde mit dem Rettungstransportwagen ins Allgemeine Krankenhaus A. gebracht, dort untersucht und zunächst ambulant weiterbehandelt. Am 04.11.1999 wurde der Kläger stationär zur Operation am selben Tag aufgenommen und am Folgetag, dem 05.11.1999, aus der stationären Behandlung wieder entlassen. Arbeitsunfähigkeit wegen der Folgen des Unfalls wurde ärztlicherseits bescheinigt vom 02.11. bis 14.11.1999. Der Kläger erklärte, dass Arbeitsunfähigkeit vom Unfallzeitpunkt bis zum 14.11.1999 bestanden habe, dass er in dieser Zeit nur nicht aufschiebbare Angelegenheiten erledigt und am 15.11.1999 seine Arbeit wieder voll aufgenommen habe.
Mit Bescheid vom 16.12.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst Verletztengeld vom Beginn der stationären Behandlung am 04.11.1999 "bis zum Ende der stationären Behandlung am 04.11.1999", mithin für einen Tag, in Höhe von DM 240,-.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch führte der Kläger aus, dass Verletztengeld zumindest ab dem achten Tag der Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden müsse, weil ab diesem Tag Anspruch auf Krankentagegeld im Rahmen seiner privaten Krankenversicherung bestehe. Er bezog sich auf den – tatsächlich nicht existenten - § 43 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten und meinte, dass eine Differenzierung zwischen gesetzlich und privat Krankenversicherten nicht gewollt sein dürfte, jedenfalls eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen würde.
Mit Teilabhilfebescheid vom 27.01.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld für den tatsächlichen Zeitraum der Dauer der stationären Behandlung vom 04. bis 05.11.1999, mithin für zwei Tage, in Höhe von insgesamt DM 480,-.
Unter dem selben Datum erging ein Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch im Übrigen zurück gewiesen wurde. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit § 46 Abs. 2 Satz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) die Unfallversicherungsträger ausdrücklich zur Einführung einer Karenzzeit von bis zu 13 Wochen für privat krankenversicherte Unternehmer legitimiert habe. Hiervon sei durch die Selbstverwaltungsorgane der Beklagten durch Einführung einer Karenzzeit von 21 Tagen in geringem Maße Gebrauch gemacht worden. Die Ausnahmeregelung in § 45 Abs. 2 Satz 4 der Satzung der Beklagten beziehe sich nur auf Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert seien, nicht jedoch auf privat Krankenversicherte. Gerade durch die vom Kläger selbst gewählte Form des Schutzes der privaten Krankenversicherung habe er sich dem System der gesetzlich geregelten sozialen Sicherung wesentlich entzogen. Dem werde durch die Satzungsregelung Rechnung getragen. Im Übrigen gelte eine Karenzzeit von 21 Tagen auch für gesetzlich Versicherte, wenn kein Anspruch auf Krankengeld versichert sei.
Mit der hiergegen gerichteten Klage rügt der Kläger weiterhin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gesetzlich und privat Krankenversicherter sei nicht ersichtlich. Im Übrigen äußert der Kläger die Ansicht, dass die Beklagte bei Einführung der Karenztageregelung auf diese Schlechterstellung ausdrücklich hätte hinweisen müssen, weil bei Abschluss der freiwilligen Versicherung im Jahr 1989 eine solche Regelung nicht bestanden habe, und behauptet, dass die Beklagte dies nicht in ausreichender Form getan habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1999 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 27.01.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich EUR 122,71 (entsprechend DM 240,00) auch für den Zeitraum vom 07.11.1999 bis zum 14.11.1999 zu zahlen, insgesamt mithin EUR 981,68 (entsprechend DM 1.920,00).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und weist ergänzend darauf hin, dass es zwar richtig sei, dass die Karenztageregelung erst mit Wirkung vom 01.01.1998 eingeführt wurde, dass sie jedoch in der satzungsmäßig vorgesehenen und ausreichenden Form in ihrem offiziellen Mitteilungsblatt, im Sicherheitsreport – Ausgabe 4/1997 –, auf die bevorstehende Satzungsänderung hingewiesen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 06.05.2002 sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist statthaft (vgl. § 54 Abs. 1, 2 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Verletztengeld wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30.10.1999 auch für den Zeitraum vom 07.11.1999 bis zum 14.11.1999. Ein solcher Anspruch ist nach § 46 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VII i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Neufassung 1998 ausgeschlossen. Auch im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lässt sich ein solcher Anspruch nicht begründen.
Nach § 46 Abs. 1 SGB VII wird Verletztengeld von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.
Die Satzung kann bestimmen, dass für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Abs. 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Dies gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind (§ 46 Abs. 2 Satz 2 SGB VII).
Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte mit Schaffung des § 45 Abs. 1 Satz 1, wonach die nach § 41 der Satzung freiwillig versicherten Personen Leistungen wie die gesetzlich Versicherten nach dem § 26 ff. SGB VII erhalten, soweit Abs. 2 nichts anderes bestimmt, in Verbindung mit dem dortigen Absatz 2 Gebrauch gemacht.
Danach wird Verletztengeld für die Dauer der ersten drei Wochen nachdem sich aus Satz 2 ergebenden Zeitpunkt nicht gezahlt. Die Frist nach Satz 1 beginnt am Tag, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, wenn sie an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert. Abweichend hiervon wird Verletztengeld für die Dauer der wegen eines Versicherungsfalls erforderlichen stationären Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen gezahlt. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.
Ausgehend von dieser Satzungsbestimmung hat die Beklagte zu Recht lediglich für die beiden Tage der stationären Heilbehandlung Krankengeld gewährt, im Übrigen jedoch nicht, weil der gesamte Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit innerhalb der ersten drei Wochen nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit lag.
Die Satzungsregelung ist auch weder formell noch materiell zu beanstanden.
Die Satzung in der Neufassung 1998 ist ordnungsgemäß in der Vertreterversammlung der Beklagten vom 25.06.1998 beschlossen, vom Bundesversicherungsamt unter dem 27.08.1998 genehmigt worden und mit Wirkung vom 15.10.1998 in Kraft getreten.
Materiell stimmt sie in vollem Umfang mit der Ermächtigung in § 46 Abs. 2 SGB VII überein, abgesehen davon, dass die Karenzzeit "lediglich" drei Wochen statt der nach der Ermächtigungsgrundlage möglichen 13 Wochen beträgt.
Auch die Ermächtigungsgrundlage in § 46 Abs. 2 SGB VII ist rechtmäßig, verstößt insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht, wie der Kläger unter Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) meint.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte liegt dann nicht vor, wenn der Gesetzgeber "sachlich vertretbar" und "nicht sachfremd" diejenigen Sachverhalte auswählt, an die er dieselben bzw. verschiedene Rechtsfolgen knüpft (vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 4. Aufl. 1997, Art. 3 Rn. 11 m.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG -). Auf keinen Fall verlangt Artikel 3 Abs. 1 GG, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (Jarass a.a.O., Art. 3 Rn. 11 m.N.). Als Differenzierungsgrund kommt jede vernünftige Erwägung in Betracht, z.B. die Praktikabilität einer Regelung (Jarass, a.a.O., Art. 3 Rn. 12 m.N.).
Dies hat der Gesetzgeber vorliegend beachtet. Ein sachlicher Grund für die Ermächtigung zur Einführung einer Karenzzeit u.a. bei Unternehmern ist darin zu sehen, dass deren Einkommen nicht im selben Maße von der eigenen körperlichen Arbeit und Leistung abhängt so wie z. B. bei Arbeitern. Bei diesem Personenkreis kommt es oft zunächst zu keinen Einkommenseinbußen, u.a., weil z.B. dringende Maßnahmen vom Krankenbett aus möglich sind (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 46 SGB VII Rz. 8). Auch der Kläger räumt ein, während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit nicht aufschiebbare Angelegenheiten erledigt zu haben.
Ein sachlicher Grund für die Regelung in § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, wonach eine mögliche Karenzzeit nicht für Versicherte gelten soll, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind, liegt darin, dass ansonsten das unvertretbare Ergebnis eintreten könnte, dass bei einer Allgemeinerkrankung ein Anspruch des gesetzlich Versicherten auf Krankengeld bestünde, bei einem Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung aber wegen der Regelung in § 11 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach kein Anspruch auf Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, wenn solche als Folge einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind, weder ein Anspruch auf Krankengeld noch auf Verletztengeld. Diese Regelung des SGB V gilt nicht für nicht gesetzlich Krankenversicherte.
Auch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann der Kläger die Zahlung von Verletztengeld vom 07. bis 14.11.1999 nicht verlangen. Ein derartiger Anspruch steht ihm gegen die Beklagte nicht zu.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine gesetzliche oder aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis folgende Verpflichtung objektiv rechtswidrig verletzt hat, die ihm gerade gegenüber dem Betroffenen oblag. Diese Pflichtverletzung muss als nicht hinwegdenkbare Bedingung – zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen – ursächlich einen Nachteil für den Betroffenen bewirkt haben. Die verletzte Pflicht muss gerade darauf gerichtet sein, den Betroffenen vor den eingetretenen Maßnahmen zu bewahren. Die Nachteile müssen durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil v. 02.05.2001, Az.: B 2 U 19/00 R m.w.N.).
Vorliegend ist schon keine Pflichtverletzung erkennbar. Die Satzung in der Neufassung 1998 ist ordnungsgemäß durch Veröffentlichung in dem gemäß § 53 der Satzung amtlichen Mitteilungsblatt der Beklagten, dem "Sicherheitsreport" im letzten Quartal 1997 bekannt gemacht worden.
Darüber hinaus können die Nachteile nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden. Die begehrte Verletztengeldzahlung könnte nur durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt erfolgen, weil die Leistungen gerade nach der Satzung der Beklagten ausgeschlossen ist.
Der Kläger könnte als durch eine mögliche Pflichtverletzung entstandene Folge allenfalls geltend machen, dass er im Falle der Kenntnisnahme von der beabsichtigten Satzungsänderung die freiwillige Versicherung gekündigt hätte. In diesem Falle hätte er auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Verletztengeld gehabt. Die gegebenenfalls ersparten Beiträge zur freiwilligen Versicherung könnten allenfalls als Schadensersatz im Wege der Amtshaftung geltend gemacht werden, wobei es jedoch auch an einem Schaden schon fehlen dürfte. Den gezahlten Beiträgen stand während des gesamten Zeitraums ein Versicherungsschutz durch die Beklagte gegenüber.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger vom 07. bis 14.11.1999 Verletztengeld wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 30.10.1999 zu gewähren ist.
Der Kläger ist selbständiger Rechtsanwalt und als solcher bei der Beklagten freiwillig seit 1989 unfallversichert, zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls mit einer Versicherungssumme von DM 10.800,-. Darüber hinaus bestand zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls eine private Krankenversicherung des Klägers bei der Deutschen Krankenversicherungs AG mit einem Anspruch auf Geldleistungen ab dem achten Tag der Arbeitsunfähigkeit in Höhe von DM 300,- täglich.
Am 30.10.1999 stürzte der Kläger mit dem Rad auf dem Weg zu einer Mandantin und erlitt eine Schultereckgelenkssprengung Typ Tossy III, wurde mit dem Rettungstransportwagen ins Allgemeine Krankenhaus A. gebracht, dort untersucht und zunächst ambulant weiterbehandelt. Am 04.11.1999 wurde der Kläger stationär zur Operation am selben Tag aufgenommen und am Folgetag, dem 05.11.1999, aus der stationären Behandlung wieder entlassen. Arbeitsunfähigkeit wegen der Folgen des Unfalls wurde ärztlicherseits bescheinigt vom 02.11. bis 14.11.1999. Der Kläger erklärte, dass Arbeitsunfähigkeit vom Unfallzeitpunkt bis zum 14.11.1999 bestanden habe, dass er in dieser Zeit nur nicht aufschiebbare Angelegenheiten erledigt und am 15.11.1999 seine Arbeit wieder voll aufgenommen habe.
Mit Bescheid vom 16.12.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst Verletztengeld vom Beginn der stationären Behandlung am 04.11.1999 "bis zum Ende der stationären Behandlung am 04.11.1999", mithin für einen Tag, in Höhe von DM 240,-.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch führte der Kläger aus, dass Verletztengeld zumindest ab dem achten Tag der Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden müsse, weil ab diesem Tag Anspruch auf Krankentagegeld im Rahmen seiner privaten Krankenversicherung bestehe. Er bezog sich auf den – tatsächlich nicht existenten - § 43 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten und meinte, dass eine Differenzierung zwischen gesetzlich und privat Krankenversicherten nicht gewollt sein dürfte, jedenfalls eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen würde.
Mit Teilabhilfebescheid vom 27.01.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld für den tatsächlichen Zeitraum der Dauer der stationären Behandlung vom 04. bis 05.11.1999, mithin für zwei Tage, in Höhe von insgesamt DM 480,-.
Unter dem selben Datum erging ein Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch im Übrigen zurück gewiesen wurde. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit § 46 Abs. 2 Satz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) die Unfallversicherungsträger ausdrücklich zur Einführung einer Karenzzeit von bis zu 13 Wochen für privat krankenversicherte Unternehmer legitimiert habe. Hiervon sei durch die Selbstverwaltungsorgane der Beklagten durch Einführung einer Karenzzeit von 21 Tagen in geringem Maße Gebrauch gemacht worden. Die Ausnahmeregelung in § 45 Abs. 2 Satz 4 der Satzung der Beklagten beziehe sich nur auf Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert seien, nicht jedoch auf privat Krankenversicherte. Gerade durch die vom Kläger selbst gewählte Form des Schutzes der privaten Krankenversicherung habe er sich dem System der gesetzlich geregelten sozialen Sicherung wesentlich entzogen. Dem werde durch die Satzungsregelung Rechnung getragen. Im Übrigen gelte eine Karenzzeit von 21 Tagen auch für gesetzlich Versicherte, wenn kein Anspruch auf Krankengeld versichert sei.
Mit der hiergegen gerichteten Klage rügt der Kläger weiterhin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gesetzlich und privat Krankenversicherter sei nicht ersichtlich. Im Übrigen äußert der Kläger die Ansicht, dass die Beklagte bei Einführung der Karenztageregelung auf diese Schlechterstellung ausdrücklich hätte hinweisen müssen, weil bei Abschluss der freiwilligen Versicherung im Jahr 1989 eine solche Regelung nicht bestanden habe, und behauptet, dass die Beklagte dies nicht in ausreichender Form getan habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1999 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 27.01.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich EUR 122,71 (entsprechend DM 240,00) auch für den Zeitraum vom 07.11.1999 bis zum 14.11.1999 zu zahlen, insgesamt mithin EUR 981,68 (entsprechend DM 1.920,00).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und weist ergänzend darauf hin, dass es zwar richtig sei, dass die Karenztageregelung erst mit Wirkung vom 01.01.1998 eingeführt wurde, dass sie jedoch in der satzungsmäßig vorgesehenen und ausreichenden Form in ihrem offiziellen Mitteilungsblatt, im Sicherheitsreport – Ausgabe 4/1997 –, auf die bevorstehende Satzungsänderung hingewiesen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 06.05.2002 sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist statthaft (vgl. § 54 Abs. 1, 2 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Verletztengeld wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30.10.1999 auch für den Zeitraum vom 07.11.1999 bis zum 14.11.1999. Ein solcher Anspruch ist nach § 46 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VII i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Neufassung 1998 ausgeschlossen. Auch im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lässt sich ein solcher Anspruch nicht begründen.
Nach § 46 Abs. 1 SGB VII wird Verletztengeld von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.
Die Satzung kann bestimmen, dass für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Abs. 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Dies gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind (§ 46 Abs. 2 Satz 2 SGB VII).
Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte mit Schaffung des § 45 Abs. 1 Satz 1, wonach die nach § 41 der Satzung freiwillig versicherten Personen Leistungen wie die gesetzlich Versicherten nach dem § 26 ff. SGB VII erhalten, soweit Abs. 2 nichts anderes bestimmt, in Verbindung mit dem dortigen Absatz 2 Gebrauch gemacht.
Danach wird Verletztengeld für die Dauer der ersten drei Wochen nachdem sich aus Satz 2 ergebenden Zeitpunkt nicht gezahlt. Die Frist nach Satz 1 beginnt am Tag, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, wenn sie an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert. Abweichend hiervon wird Verletztengeld für die Dauer der wegen eines Versicherungsfalls erforderlichen stationären Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen gezahlt. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.
Ausgehend von dieser Satzungsbestimmung hat die Beklagte zu Recht lediglich für die beiden Tage der stationären Heilbehandlung Krankengeld gewährt, im Übrigen jedoch nicht, weil der gesamte Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit innerhalb der ersten drei Wochen nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit lag.
Die Satzungsregelung ist auch weder formell noch materiell zu beanstanden.
Die Satzung in der Neufassung 1998 ist ordnungsgemäß in der Vertreterversammlung der Beklagten vom 25.06.1998 beschlossen, vom Bundesversicherungsamt unter dem 27.08.1998 genehmigt worden und mit Wirkung vom 15.10.1998 in Kraft getreten.
Materiell stimmt sie in vollem Umfang mit der Ermächtigung in § 46 Abs. 2 SGB VII überein, abgesehen davon, dass die Karenzzeit "lediglich" drei Wochen statt der nach der Ermächtigungsgrundlage möglichen 13 Wochen beträgt.
Auch die Ermächtigungsgrundlage in § 46 Abs. 2 SGB VII ist rechtmäßig, verstößt insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht, wie der Kläger unter Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) meint.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte liegt dann nicht vor, wenn der Gesetzgeber "sachlich vertretbar" und "nicht sachfremd" diejenigen Sachverhalte auswählt, an die er dieselben bzw. verschiedene Rechtsfolgen knüpft (vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 4. Aufl. 1997, Art. 3 Rn. 11 m.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG -). Auf keinen Fall verlangt Artikel 3 Abs. 1 GG, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (Jarass a.a.O., Art. 3 Rn. 11 m.N.). Als Differenzierungsgrund kommt jede vernünftige Erwägung in Betracht, z.B. die Praktikabilität einer Regelung (Jarass, a.a.O., Art. 3 Rn. 12 m.N.).
Dies hat der Gesetzgeber vorliegend beachtet. Ein sachlicher Grund für die Ermächtigung zur Einführung einer Karenzzeit u.a. bei Unternehmern ist darin zu sehen, dass deren Einkommen nicht im selben Maße von der eigenen körperlichen Arbeit und Leistung abhängt so wie z. B. bei Arbeitern. Bei diesem Personenkreis kommt es oft zunächst zu keinen Einkommenseinbußen, u.a., weil z.B. dringende Maßnahmen vom Krankenbett aus möglich sind (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattkommentar, § 46 SGB VII Rz. 8). Auch der Kläger räumt ein, während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit nicht aufschiebbare Angelegenheiten erledigt zu haben.
Ein sachlicher Grund für die Regelung in § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, wonach eine mögliche Karenzzeit nicht für Versicherte gelten soll, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind, liegt darin, dass ansonsten das unvertretbare Ergebnis eintreten könnte, dass bei einer Allgemeinerkrankung ein Anspruch des gesetzlich Versicherten auf Krankengeld bestünde, bei einem Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung aber wegen der Regelung in § 11 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach kein Anspruch auf Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, wenn solche als Folge einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind, weder ein Anspruch auf Krankengeld noch auf Verletztengeld. Diese Regelung des SGB V gilt nicht für nicht gesetzlich Krankenversicherte.
Auch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann der Kläger die Zahlung von Verletztengeld vom 07. bis 14.11.1999 nicht verlangen. Ein derartiger Anspruch steht ihm gegen die Beklagte nicht zu.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine gesetzliche oder aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis folgende Verpflichtung objektiv rechtswidrig verletzt hat, die ihm gerade gegenüber dem Betroffenen oblag. Diese Pflichtverletzung muss als nicht hinwegdenkbare Bedingung – zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen – ursächlich einen Nachteil für den Betroffenen bewirkt haben. Die verletzte Pflicht muss gerade darauf gerichtet sein, den Betroffenen vor den eingetretenen Maßnahmen zu bewahren. Die Nachteile müssen durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil v. 02.05.2001, Az.: B 2 U 19/00 R m.w.N.).
Vorliegend ist schon keine Pflichtverletzung erkennbar. Die Satzung in der Neufassung 1998 ist ordnungsgemäß durch Veröffentlichung in dem gemäß § 53 der Satzung amtlichen Mitteilungsblatt der Beklagten, dem "Sicherheitsreport" im letzten Quartal 1997 bekannt gemacht worden.
Darüber hinaus können die Nachteile nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden. Die begehrte Verletztengeldzahlung könnte nur durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt erfolgen, weil die Leistungen gerade nach der Satzung der Beklagten ausgeschlossen ist.
Der Kläger könnte als durch eine mögliche Pflichtverletzung entstandene Folge allenfalls geltend machen, dass er im Falle der Kenntnisnahme von der beabsichtigten Satzungsänderung die freiwillige Versicherung gekündigt hätte. In diesem Falle hätte er auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Verletztengeld gehabt. Die gegebenenfalls ersparten Beiträge zur freiwilligen Versicherung könnten allenfalls als Schadensersatz im Wege der Amtshaftung geltend gemacht werden, wobei es jedoch auch an einem Schaden schon fehlen dürfte. Den gezahlten Beiträgen stand während des gesamten Zeitraums ein Versicherungsschutz durch die Beklagte gegenüber.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved