L 1 RA 160/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RA 329/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 160/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 155/03 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 23.01.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte als Versorgungsträger verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten (hier: 01.02.1967 - 30.06.1990) als Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (vgl. Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG -) und die in diesem Zeitraum daraus erzielten Arbeitsentgelte nach §§ 5, 6 und 8 AAÜG festzustellen.

Der am 1940 geborene Kläger hat am 23.07.1964 den akademischen Grad als Diplom-Wirtschaftler erlangt. Nach seinen Angaben und den vorgelegten Unterlagen war er in der DDR im volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat S. als Absolvent (01.09.1964 - 31.12.1964), als Planungsökonom (01.01.1965 - 31.12.1966), als Systemorganisator (01.02.1967 - 31.12.1967), als Organisator II (01.01.1968 - 30.09.1972), als Organisator I (01.10.1972 - 30.06.1980), als EDV-Organisator (01.07.1980 - 30.04.1981), als Fachbearbeiter Nebenanlagen (01.05.1981 - 30.06.1981) und als Abteilungsleiter Planung/Bilanzierung/Instandhaltung (01.07.1981 - 31.12.1991) beschäftigt. Seit 01.03.2000 bezieht er Altersrente von der Bundesknappschaft.

An 20.07.1999 beantragte er die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für seine Beschäftigung im Kombinat S. in der Zeit vom 01.09.1964 - 30.06.1990. Einem Zusatzversorgungssystem habe er nicht angehört.

Mit Bescheid vom 20.06.2000 lehnte der Beklagte den Antrag ab, eine positive Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Der Kläger gehöre als Diplomwirtschaftler nicht zu den Angehörigen der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950 (GBl. I S. 844). Die Qualifikation als Diplomwirtschaftler entspreche nach dem Wortlaut der Verordnung nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Es seien auch keine allgemeinen Regelungen der Versorgungsordnung bekannt, nach denen dieser Berufskreis generell dem Ingenieur oder Techniker gleichgestellt worden sei, von einigen berufsspezifischen Regelungen abgesehen, die aber nicht in den Rang einer allgemeinen gleichartigen Verwaltungspraxis der DDR gehoben werden könnten. Die Beschäftigung müsse zudem in einem Produktionsbetrieb oder diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein (vgl. Zweite Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951, GBl. I S. 487).

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Ungleichbehandlung von Hochschulabsolventen der ökonomischen und technischen Fakultäten verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Speziell die ab 1971 geleistete Arbeit sei vorwiegend ingenieurmäßig geprägt gewesen, ausschließlich im technischen Bereich angesiedelt gewesen und ausschließlich in einem Produktionsbetrieb des Bergbaus ausgeübt worden. Bei absoluter Gleichstellung in Aufgabeninhalten und Bezahlung (sog. einheitliche D-Gehaltsgruppen) gerade auch in der Abteilung Datenverarbeitung könnten Diplomökonome und Diplomingenieure nicht unterschiedlich behandelt werden. Als parteiloser Mitarbeiter mit Hochschulabschluss habe er im Betrieb niemals systemnah gearbeitet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2000 wies der Beklagte den Widerspruch zurück, der Kläger sei im maßgeblichen Zeitraum nicht einem Zusatzversorgungssystem in der ehemaligen DDR zugehörig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genüge es, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei, d.h. die ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit müsse konkret in einem der Texte (Versorgungsordnung, etc.) der in der Anlage 1 zum AAÜG genannten Zusatzversorgungssysteme Nrn. 1 bis 27 - ohne Einschränkung - aufgelistet sein. Maßgeblich sei daher die Art der ausgeübten Tätigkeit, die erforderliche Qualifikation (Berufsabschluss) und der zutreffende Beschäftigungsbereich. Aufgrund der Beschäftigung im VEB Kombinat S. komme die Zuordnung zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem Nr. 1) in Betracht. Voraussetzung für die Einbeziehung in dieses Zusatzversorgungssystem sei ein Hoch- oder Fachschulabschluss als Ingenieur bzw. Techniker gewesen. Die Qualifikation des Klägers als Diplom-Wirtschaftler erfülle diese Voraussetzung nicht.

Mit der zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, gerade im Bereich der Datenverarbeitung (1967 - 1981) seien Ingenieure und Ökonome nach Aufgabeninhalt und Bezahlung absolut gleichgestellt gewesen, was allgemeine Verwaltungspraxis in den Kombinaten des Bergbaus der DDR und damit eine berufsspezifische Regelung gewesen sei. Ab 01.02. 1967 sei er als Systemorganisator in die Abteilung Datenverarbeitung übernommen worden und nach der Gehaltsgruppe J III/1 (Ingenieursgehaltsgruppe) für ingenieurmäßige Tätigkeiten, ab 1968 nach D-Gruppen (Datenverarbeitung) und ab 1981 - 1990 nach H/F-Gruppen (Hoch- und Fachschulkader) nach dem "Rahmenkollektivvertrag Kohle" (gültig nur im Bergbau der DDR) bezahlt worden, was die absolute Gleichstellung mit Ingenieuren oder Technikern belege. Im streitigen Zeitraum (1967 - 1990) sei er im konkreten Tätigkeitsgebiet bei akademisch gleichrangiger Ausbildung zum Diplom-Wirtschaftler praktisch und faktisch dem Diplom-Ingenieur gleichwertig und gleichrangig zugeordnet und gleichgestellt gewesen. Damit sei die praktisch virtuelle Titelzuweisung "Dipl. Ing." in seinem konkreten Einzelfall und unter den Bedingungen der Braukohlenindustrie der DDR gegeben gewesen.

Durch Urteil vom 23.01.2002 hat das SG die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile jeweils vom 12.06.2001, B 4 RA 107/00 R und 117/00 R) könne entnommen werden, dass maßgebend das von der DDR gesetzte Recht sei, ob die Tätigkeit die Voraussetzungen für die Aufnahme in das Zusatzversorgungssystem erfüllt habe. In der Verordnung vom 17.08.1950 sei die Berufsgruppe des Klägers (Diplom-Wirtschaftler, Wirtschafts- oder Planungsökonom) nicht genannt. Andere generelle Regelungen, die diese Gruppe in die Zusatzversorgungssysteme mit einbezögen, seien nicht ersichtlich.

Die zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung hat der Kläger im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen gestützt. Das SG habe seinen untypischen beruflichen Werdegang mit ständiger und ausschließlicher Arbeit an ingenieurmäßigen Aufgaben in technischen Betriebsbereichen seit 2/67 nicht berücksichtigt, sondern für die Ablehnung der Ansprüche allein seine Qualifikation als Diplom-Wirtschaftler zugrunde gelegt. Das SG habe zudem nicht berücksichtigt, dass bereits Diplom-Wirtschaftler in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden seien. So habe in einem Fall vor dem SG Cottbus ein Diplom-Wirtschaftler eine Versorgungszusage erhalten (S 3 RA 253/99, LSG, L 1 RA 68/00, BSG, Urteil vom 09.04. 2002, B 4 RA 39/01 R). Aufgrund der Beschäftigungsstelle und seiner ausgeübten Tätigkeit und Bezahlung habe er zum 30.06. 1990 als Leiter der Abteilung Instandhaltungsbilanzierung (VEB Kombinat S. , Bereich Technik und Instandhaltung) einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf die Erteilung einer Versorgungszusage der technischen Intelligenz der DDR gehabt. Das Land Brandenburg habe zwar seinen Antrag auf beruflich Rehabilitierung abgelehnt. Aus dem Bescheid vom 14.02.2003 und der Notiz vom 05.11.1976 ergebe sich jedoch, dass er aus kaderpolitischen Gründen 1976 nicht Abschnittsleiter Materialwirtschaft geworden sei. Ohne dieses Berufsverbot wäre er in einer Einzelentscheidung in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz eingeordnet worden. Auch diese soziale Benachteiligung aus eindeutig politischen Gründen sei zu würdigen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 23.01.2002 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2000 zu verpflichten, den Zeitraum vom 01.02.1967 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur "Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz" sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Nach Ansicht des Beklagten sei der Kläger nicht in ein Versorgungssystem eingebunden gewesen noch habe er einen Anspruch auf Versorgung gehabt. Im Juni 1990 habe er nicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten nach den Regeln des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsverordnung vom 24.05.1951 angehört. Als Diplomwirtschaftler bzw. Ökonom sei er nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Nur mit einem Abschluss als Ingenieurökonom sei die Berechtigung zur Führung des Titels "Ingenieur" erlangt worden.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten. Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) durchsetzbaren Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit (allein) zum Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 01.02.1967 bis 30.06.1990, in der er als Diplom-Wirtschaftler in der Braunkohlenindustrie der DDR (VEB Kombinat S.) tätig war. Er hat damit auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte (§§ 5 bis 8 AAÜG).

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 AAÜG und fällt somit nicht unter den Anwendungsbereich des AAÜG, so dass die §§ 5 ff AAÜG nicht im Einzelnen zu prüfen sind. Einschlägig ist das AAÜG nur, wenn aus bundesrechtlicher Sicht zum 1. August 1991 Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften bestanden haben (bzw. die Voraussetzungen hierfür am 30.06. 1990 vorgelegen haben) oder wenn einmal vor dem 30.06.1990 nach den Gegebenheiten in der DDR in deren Systemen eine Versorgungsanwartschaft erlangt worden war, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme bei einem Ausscheiden entfiel (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AAÜG). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz "für Ansprüche und Anwartschaften", die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. "Erworben worden" sind in diesem Sinne aus der Perspektive des am 01.08.1991 in Kraft getretenen AAÜG (Art 3 RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl I S. 1606) Versorgungsanwartschaften, wenn die Nichteinbezogenen rückschauend nach den Regeln der Versorgungssysteme, soweit diese aufgrund des Einigungsvertrages (EV) Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 am 03.10. 1990 zu Bundesrecht geworden sind, praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30.06.1990 (vgl. EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8, § 22 Rentenangleichungsgesetz vom 28.06.1990, GBl I S. 495) hätten einbezogen werden müssen. Hierzu gehören Rechtspositionen ohne erfolgte Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag), wenn aus bundesrechtlicher Sicht ein Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage nach den Regelungen der Versorgungssysteme unter Beachtung des Gleichheitsgebots bestanden hätte. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gilt das AAÜG auch in Fällen, in denen nach dieser Vorschrift eine Versorgungsanwartschaft fingiert wird. Das ist der Fall, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt einmal eine durch Einzelfallregelung konkretisierte Aussicht bestand, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten, diese Aussicht (Anwartschaft) aber auf Grund der Regelungen der Versorgungssysteme vor dem 01.07.1990 wieder entfallen war.

Eine Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatten grundsätzlich all diejenigen, die am 30.06.1990 eine Versorgungszusage hatten, die - wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten - Leistungen aus dem Versorgungssystem hätten beziehen können. Denn gemäß Art 19 Satz 1 EV blieben vor dem Beitritt (03.10.1990) ergangene Verwaltungsakte der ehemaligen DDR, zu denen auch die Versorgungszusage zählt (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 1 S 5), wirksam, es sei denn, sie seien mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Eine solche Versorgungszusage hat beim Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht bestanden.

Eine Versorgungsanwartschaft hatten darüber hinaus auch diejenigen, denen vor dem 30.06.1990 eine solche durch Einzelfallregelung zuerkannt worden war, die mangels tatsächlicher oder rechtlicher Änderungen auch noch bis zum 30.06.1990 hätte fortbestehen müssen, die jedoch vor dem 30.06.1990 rechtsstaatswidrig zurückgenommen worden war. Im Hinblick auf Art 19 Satz 2 EV ist eine derartige "Rücknahme" nicht beachtlich (und aufzuheben). Dass Vorliegen einer solchen Einzelfallregelung, die in dem vom Kläger angesprochenen Fall des SG Cottbus für einen bestimmten Zeitraum vorgelegen hat (vgl. BSG, Urteil vom 09.04. 2002, B 4 RA 39/01 R), hat der Kläger für sich nicht behauptet und ist auch aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.

Darüber hinaus hatten nach den o.g. Kriterien auch alle diejenigen eine Versorgungsanwartschaft "erworben", denen aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, d.h. nach den insoweit vom EV noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebots umgesetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30.06.1990 hätte zuerkannt werden müssen. Hierzu zählen alle diejenigen, die, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, zum 01.07. 1990 im (jetzt) rechtsstaatlichen Umfeld ("kraft Gesetzes") Leistungen aus dem Versorgungssystem hätten beanspruchen können.

Unter den Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG fallen somit auch diejenigen, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme obligatorisch i.S. einer "gebundenen Verwaltung" und ohne Entscheidung des Versorgungsträgers in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätten einbezogen werden müssen, weil sie die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür insoweit erfüllt hatten. Dies war der Fall bei denjenigen, die am 30. Juni 1990 (und deswegen auch am 01.08.1991) nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Qualifikation sowie der "Beschäftigungsstelle" aus bundesrechtlicher Sicht in das Versorgungssystem einzubeziehen waren und denen eine Zusage auf Versorgung hätte erteilt werden müssen. Aus bundesrechtlicher Sicht waren hingegen zu diesem Zeitpunkt nicht einbezogen diejenigen, die nach den Versorgungsordnungen oder Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelungen der ehemaligen DDR lediglich durch Einzelvertrag oder Einzelentscheid oder Ermessensentscheidung hätten einbezogen werden können. Denn eine derartige (Ermessens-)Entscheidung, die auch der Erzeugung politischen und gesellschaftlichen Wohlverhaltens diente, könnte allein aus der Sicht der DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden. Sie darf infolgedessen mangels sachlicher, objektivierbarer, bundesrechtlich nicht nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger weder eine Versorgungszusage noch eine Bewilligung eines Rechts auf Versorgungsrente erhalten. Die "Zugehörigkeit" ergibt sich auch nicht aus der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950 (GBl I S 844) in Verbindung mit der nach § 5 erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24.05.1951 (GBl I S. 487) und § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.04.1962 GBl I S. 278). Denn der Kläger als Diplomwirtschaftler bzw. Ökonom war nicht berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Nur mit einem Abschluss als Ingenieurökonom ist die Berechtigung zur Führung des Titels "Ingenieur" erlangt worden (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2001, B 4 RA 107/00; BSG, Urteil vom 12.06.2001, B 4 RA 117/00 R; BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 39/01 R).

Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen (abstrakt) von der Versorgungsordnung erfassten Beruf tatsächlich ausgeübt. Die Verordnung vom 17.08.1950 und die zu ihrer Umsetzung erlassene 2. DB benennen als dem Kreis der (unmittelbar, d.h. ohne gesonderten Gleichstellungsakt des zuständigen Fachministeriums o.ä.) Begünstigten zugehörig u.a. "Ingenieure" (§ 1 Satz 1, 2. DB). Aus Satz 3 a.a.O. ist dabei zu entnehmen, dass es hierfür wesentlich auf den entsprechenden "Titel" ankommt. Insofern bestimmt § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Berufsbezeichnung "Ingenieur" ausdrücklich, dass auch Diplom-Ingenieur-Ökonomen bezüglich der Berechtigung zur Führung des Titels "Ingenieur" den Diplom-Ingenieuren gleichgestellt waren. Letztlich enthielt auf diese Weise die 2. DB eine gleitende Verweisung auf diejenigen abstrakt-generellen Regelungen, aus denen sich jeweils die Befugnis zur Führung des Titels ergab. Nicht erfasst waren jedoch Diplom-Wirtschaftler bzw. Ökonomen. Der Kläger hat damit dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten nicht angehört. Damit kann es dahinstehen, ob der Kläger im streitigen Zeitraum durchgehend in einem von der Versorgungsordnung erfassten Betrieb beschäftigt war und ob er in dieser Zeit Aufgaben erfüllt hat, welche die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Ingenieurs oder Technikers erfordert haben.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, es sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, dass Personen mit gleichwertiger beruflicher Qualifikation und gleichwertiger beruflicher Tätigkeit keine "Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" erlangen könnten, ist dem entgegenzuhalten, dass - auch bei einer derartigen möglichen Ungleichbehandlung - der Einigungsvertragsgesetzgeber nicht gehalten war, solche bereits in den einzelnen Versorgungsordnungen möglicherweise angelegten Ungleichbehandlungen zu korrigieren. Denn er durfte im Rahmen der Rentenüberleitung an die insoweit vorgefundenen Versorgungsordnungen, wie sie am 02.10.1990 vorgelegen haben, anknüpfen (vgl. hierzu entsprechend BVerfGE 100, 138 (193 f.)). Im Übrigen ist es nicht Aufgabe der gesetzesgebundenen Staatsorgane, Regelungen zu beschließen, um nachträglich eine eine Ungleichbehandlung beseitigende Einzelfallentscheidung zu ermöglichen. Denn dabei könnten wiederum entsprechende (willkürliche) Abgrenzungsprobleme gegenüber anderen Personengruppen auftreten.

Schließlich kann der Kläger mit dem Einwand, die Nichternennung als Abschnittsleiter Materialwirtschaft im Jahre 1976 aus politischen Gründen habe auch die Einordnung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz verhindert und diese Benachteiligung müsse im Rentenrecht ausgeglichen werden, nicht gehört werden. Diese Frage der beruflichen Rehabilitation richtet sich allein nach dem beruflichen Rehabilitierungsgesetz vom 01.07.1997 (BGBl I S. 1625). Dem Kläger bleibt es unbenommen, gegen den ablehnenden Bescheid des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg vom 14.02. 2003 im Rechtsbehelfswege vorzugehen.

Nach alledem hat der Kläger keine Versorgungsanwartschaft i.S. des § 1 AAÜG "erworben", so dass ihm auch ein Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gemäß § 5 AAÜG nicht zusteht. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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