L 19 RJ 504/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 511/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 504/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.09.2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 09.12.1999 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid vom 22.05.2000 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die der Rentenberechnung zugrundeliegende Beitragszeit vom 07.07.1961 bis 17.03.1989 ohne Kürzung mit 6/6 anzurechnen und dem Kläger ab 01.06.1998 eine entsprechend höhere Rente zu zahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang in Rumänien zurückgelegte Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) bei der Berechnung der Altersrente zu berücksichtigen sind.

Der am 1934 geborene Kläger ist am 26.05.1989 aus Rumänien in die Bundesrepublik eingereist und Inhaber des Vertriebenenausweises A. In seiner Heimat hat er - unterbrochen durch den Wehrdienst vom 24.06.1954 bis 06.12.1956 - von 1953 bis 1989 versicherungspflichtig gearbeitet.

Im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens 1990 legte der Kläger die Adeverinta Nr 9585 vom 06.05.1989 vor, ausgestellt vom Unternehmen N. (S./Rumänien), in der bestätigt ist, dass er vom 02.09.1953 bis 17.03.1989 beschäftigt war. Außerdem legte der Kläger die Adeverinta Nr 642 vom 23.03.1995 vor, ausgestellt von der Handelsgesellschaft für Landwirtschaft in E. (Rumänien), in der die gearbeiteten Tage von Dezember 1956 bis Juni 1961 bestätigt sind. Mit Bescheiden vom 14.12.1994 und 31.07.1995 merkte die Beklagte die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten jeweils zu 5/6 vor.

Auf den Antrag vom 10.06.1998 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 06.08.1998 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit Wirkung ab 01.06.1998, wobei sie die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten zu 5/6 berücksichtigte. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger die Adeverinta Nr 20 vom 05.01.1996 vor, ausgestellt von der Handelsgesellschaft N. , in der die Krankheitstage für die Jahre 1963, 1969/70, 1977, 1981, 1985 und 1989 bestätigt wurden. Die Beklagte erließ den Neufeststellungsbescheid vom 04.11.1998, in dem die streitige Zeit von 1961 bis 1989 wiederum zu 5/6 berücksichtigt wurde. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (S 11 RJ 354/99) legte der Kläger die Adeverinta Nr 2328 vom 24.12.1998 vor, in der - gegliedert nach Krankenurlaub, unbezahltem Urlaub und anderen unbezahlten Fehltagen - für die Zeit von 1961 bis 1989 lediglich für das Jahr 1983 insgesamt von Mai bis Juli 29 Fehltage wegen Krankenurlaubs bestätigt wurden. Nachdem das SG im Temin vom 09.09.1999 den Kläger und dessen Sohn angehört hatte und der Vorsitzende auf die nach seiner Ansicht weiterhin bestehenden begründeten Zweifel an dem Inhalt der vorgelegten Bescheinigungen als Nachweismittel hingewiesen hatte, erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt.

Am 22.11.1999 legte der Kläger bei der Beklagten die Adeverinta Nr 1496 vom 28.09.1999 vor, ausgestellt von der Handelsgesellschaft N. , in der - gegliedert nach den einzelnen Jahren und nach Monaten - die gearbeiteten Tage, der Jahresurlaub, Krankenurlaub, unbezahlter Urlaub, Studienurlaub, Feiertage, unentschuldigtes Fernbleiben und die Arbeitsstunden für die Jahre 1961 bis 1989 bestätigt werden, und beantragte Neufeststellung der Altersrente.

Mit Bescheid vom 09.12.1999 und Widerspruchsbescheid vom 22.05.2000 lehnte die Beklagte die Vollanrechnung der streitigen Versicherungszeiten gem § 44 SGB X ab. Die streitige Zeit sei nach wie vor nur glaubhaft gemacht.

Seine dagegen erhobene Klage hat der Kläger in erster Linie mit Hinweis auf die bei der Beklagten vorgelegte Adeverinta vom 28.09.1999 begründet. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2002 den Kläger informatorisch angehört und die Klage mit Urteil vom gleichen Tage abgewiesen. Zur Überzeugung des Gerichts könne die Adeverinta Nr 1496 vom 28.09.1999 nicht als Nachweis für eine ununterbrochene Beitrags- oder Beschäftigungszeit angesehen werden, weil es vom Wahrheitsgehalt dieser Bescheinigung nicht überzeugt sei. Im Vergleich zu der Adeverinta vom 28.09.1999 könne nicht ignoriert werden, dass in früheren Jahren anderslautende Adeverintas ausgestellt worden seien. Da sich hierzu auch Widersprüche seitens der Angaben des Klägers ergeben hätten, habe dies schließlich im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Gericht dazu geführt, dass der vorgelegten dritten Arbeitgeberbescheinigung keine Nachweisqualität zugemessen werden könne.

Dagegen hat der Kläger am 01.10.2002 Berufung eingelegt. Zur Begründung führte er an, die Beweiswürdigung durch die Beklagte und das SG erscheine nicht zwingend. Er bitte den Senat um eine sorgfältige und kritische Überprüfung der gesamten Angelegenheit.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 05.09.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die der Rentenberechnung des Klägers zugrunde gelegte Beitragszeit in Rumänien vom 07.07.1961 bis 17.03.1989 mit 6/6 anzurechnen und eine entsprechende höhere Rente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt mit Hinweis auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen in der erstgerichtlichen Entscheidung, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die vom Senat beigezogenen Unterlagen der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel erweist sich auch als begründet. Auf den Antrag des Klägers waren das angefochtene Urteil und der Bescheid der Beklagten vom 09.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten vom 07.07.1961 bis 17.03.1989 als nachgewiesen zu berücksichtigen. Denn diese Beschäftigungszeiten sind zur Überzeugung des Senats nicht nur glaubhaft gemacht, sondern nachgewiesen.

Bindend gewordene Bescheide wie der Rentenbescheid vom 06.08.1998 sowie der Neufeststellungsbescheid vom 04.11.1998 können nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X zurückgenommen werden, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieser Bescheide das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Bei Würdigung aller für den vorliegenden Fall maßgebenden Gesichtspunkte ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte bei Erlass des Rentenbescheids und des Neufeststellungsbescheids die streitige in Rumänien zurückgelegte Beitragszeit zu Unrecht nur für glaubhaft gemacht angesehen hat und somit die Voraussetzungen für eine Rücknahme der genannten Bescheide vorliegen.

Nach § 22 Abs 3 FRG, der die Kürzung der Zeiten nach § 19 Abs 2 FRG aF ersetzt, werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. Vorliegend sind die streitigen Zeiten als Beitragszeiten in Rumänien nachgewiesen und somit ungekürzt zu berücksichtigen. Nachweis im Sinne des § 22 Abs 3 FRG bedeutet die Führung des vollen Beweises, der auch im Sozialversicherungsrecht mit allen Beweismitteln erbracht werden kann, soweit nicht der Kreis zulässiger Beweismittel gesetzlich eingeschränkt ist. Eine solche Einschränkung auf bestimmte Beweismittel findet aber im Rahmen der Prüfung, ob Zeiten nach §§ 15, 16 FRG nachgewiesen oder nur glaubhaft gemacht sind, nicht statt (Urteil des BSG vom 07.03.1964, Amtl Sammlung Band 20 S 255).

Nachgewiesen sind Zeiten dann, wenn mit der für den vollen Beweis erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststeht, dass sie (ohne relevante Unterbrechnungen) zurückgelegt sind. Dies kann zB angenommen werden, wenn eine Arbeitsbescheinigung nicht nur konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungs- bzw Beitragszeiten, sondern auch über dazwischenliegende Ausfallzeiten enthält. Der Beweis einer (gemessen am Monatsprinzip) lückenlosen Beitragsleistung zum Rentenversicherungssystem eines nichtdeutschen (hier des rumänischen) Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung bzw der Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit, die nach dem ab 01.03.1957 geltenden Recht der Bundesrepublik Deutschland Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgelöst hätte, wird in erster Linie durch Urkunden, amtliche Auskünfte und Zeugenaussagen geführt. Dabei wird der Urkundenbeweis regelmäßig als das zuverlässigste Beweismittel gelten. Sowohl öffentliche Urkunden als auch die von früheren Arbeitgebern ausgestellten Bescheinigungen (Adeverintas) und die in der Regel ebenfalls von den Arbeitgebern vorgenommenen Eintragungen in den rumänischen Arbeitsbüchern sind grundsätzlich geeignet, den vollen Beweiswert der darin bezeugten Tatsachen zu erbringen.

Enthalten aber die Beweismittel - wie in der Regel die rumänischen Arbeitsbücher und wie vorliegend die im Kontenklärungsverfahren 1990 vorgelegte Adeverinta Nr 9585 vom 06.05.1989 - nur Angaben über Beginn und Ende der Beschäftigung, ohne erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beitrags- oder Beschäftigungszeiten durch Fehlzeiten (zB Krankheit, Mutterschutz, Arbeitslosigkeit, unbezahlter Urlaub) unterbrochen wurden, sind sie nur als Mittel der Glaubhaftmachung geeignet (BSG Urteile vom 21.04.1982 - 4 RJ 33/81 - und vom 09.11.1982 - 11 RA 64/81 -). Sie können dann nur zu einer gekürzten Anrechnung führen. Deswegen hat die Beklagte im Kontenklärungsbescheid vom 14.12.1994 und nachfolgend im Bescheid vom 31.07.1995 die vom Kläger in Rumänien zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu Recht nur mit 5/6 vorgemerkt, da in den vom Kläger vorgelegten Unterlagen keine konkreten Angaben über einzelne Fehlzeiten im streitigen Zeitraum enthalten waren.

Unter Berücksichtigung der oben angeführten Gesichtspunkte ist zur Überzeugung des Senats vorliegend der erforderliche Nachweis durch die Adeverinta Nr 1496 vom 28.09.1999 geführt. Denn sie enthält Angaben über die Tätigkeit des Klägers, die nach Monaten gerechnet gearbeiteten Tage, den Jahresurlaub, Krankenurlaub, unbezahlten Urlaub, Studienurlaub, Freitage und unentschuldigtes Fernbleiben im streitigen Zeitraum. Aus ihr ergibt sich, dass der Kläger im streitigen Zeitraum keine Fehlzeiten (über die in der Adeverinta genannten hinaus) hatte (beigefügt sind Kopien der Lohnlisten für die Monate Juli 1961, Mai bis Juli 1983 und März 1989). Die Aufzeichnungen sind den Lohnlisten aus dem Archiv der Handelsgesellschaft N. in M. entnommen. Solche qualifizierten Bescheinigungen mit den vorstehend bezeichneten Angaben bedeuten ein wesentliches Mehr an Auskunft gegenüber den Adeverintas ohne Aufstellung der Fehlzeiten bzw gegenüber Adeverintas, die nur den Beginn und das Ende des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses mit dem Hinweis auf das Nichtvorliegen von Fehlzeiten bestätigen. Im Hinblick auf die vorliegend bestätigten Angaben bestehen für den Senat keine begründeten Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der genannten Adeverinta. Diese erfüllt vielmehr insgesamt die Anforderungen an einen Nachweis der Versicherungszeiten, da neben den effektiv gearbeiteten Tagen die Fehlzeiten des Klägers aufgeschlüsselt nach Jahren und Monaten vermerkt sind.

Nach Auffassung des Senats dürfen nämlich die Anforderungen an einen Nachweis nicht überspannt werden. Das bedeutet, dass kein rechtfertigender Grund besteht, die Bestätigungen der rumänischen Arbeitgeber bezüglich der auf die Beschäftigungsverhältnisse ihrer früheren Arbeitnehmer bezogenen Angaben an wesentlich strengere formale Erfordernisse zu knüpfen als bei deutschen Arbeitgebern. Darüberhinaus kann auch nicht verlangt werden, dass nach völlig unwahrscheinlichen Fehlzeiten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses geforscht bzw gefragt werden muss.

Auch bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Inhalt der vorgelegten Adeverinta zugunsten des Klägers verfälscht worden sein könnte. Insbesondere spricht nichts für die Annahme, die Ausstellerin der Adeverinta könnte ihr bekannte Fehlzeiten des Klägers verschwiegen oder die Adeverinta aus reiner Gefälligkeit erstellt haben. Auch die vom SG angeführten Zweifel sind nach Auffassung des Senats nicht geeignet, den Beweiswert der vorgelegten Adeverinta in entscheidungserheblichem Maße einzuschränken. Unter Geltung des im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, mithin auch für die Zuordnung für Versicherungszeiten nach dem FRG anzuwendenden Monatsprinzips bleiben (mehr oder weniger unvermeidbare) Ungenauigkeiten, die sich gerade bei der "Auszählung" von Arbeitstagen für Teilmonate (und deren Eintragung in die betrieblich geführten Lohnlisten) ergeben können, im Ergebnis vollkommen bedeutungslos. Im Übrigen ist eine Vielfalt von Gründen denkbar, weshalb gerade in den vom SG ausgewählten Monaten die Zahl der tatsächlichen Arbeitstage anders ausfallen konnten als die kalendarisch möglichen Arbeitstage. Generell ist dazu anzumerken, dass in die von-bis-Angaben der von rumänischen Arbeitgebern bestätigten Zeitabschnitte am Anfang und am Ende häufig auch Tage einbezogen werden, an denen der bescheinigte Sachverhalt offensichtlich nicht erfüllt war, zB die Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses bis zum Ersten eines Monats, obwohl dieses am Letzten des Vormonats geendet hatte.

Im Ergebnis teilt der Senat auch nicht die Bedenken, welche das SG aus den "unterschiedlichen" Angaben des Klägers zu seinen Fehlzeiten insbesondere im Jahr 1983 herausliest. Zum Einen sind durch die genannte Adeverinta, insbesondere durch die vorgelegten Lohnlisten für die Monate März bis Juli 1983 die Fehlzeiten des Klägers nachgewiesen, ebenso für den Monat März 1989. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass, wenn in anderen Adeverintas bestimmte Krankheitszeiten des Klägers nicht aufgeführt sind, sich das damit erklären lässt, dass nach rumänischem Recht Krankheitszeiten bis zu drei Monaten versicherungsrechtlich ohne Bedeutung waren, da die Beschäftigungsverhältnisse dadurch nicht unterbrochen wurden.

Gegenüber dem Aussagewert der Adeverinta Nr 1496, in der auch die nur einzelne Tage betreffenden Fehlzeiten über einen langjährigen Zeitraum festgehalten sind, kommt den Angaben des Klägers in den vorausgegangenen Verfahren über seine Krankenhausaufenthalte und sonstigen Fehlzeiten in Rumänien nur eine untergeordnete Bedeutung zu, da er naturgemäß lange zurückliegende Zeiten der Erkrankung im Jahre 1983 allein aus der Erinnerung heraus nach Jahren, Monaten oder gar Tagen nicht zuverlässig angeben konnte. Im Übrigen erscheint es dem Senat mit Rücksicht auf die Unzuverlässigkeit des menschlichen Gedächtnisses gerade nicht außergewöhnlich, dass sich der Kläger bei seinen anamnestischen Angaben im Rentenverfahren über den Zeitpunkt der in Rumänien erlittenen Erkrankung und seine Krankenhausaufenthalte geirrt hat. Es entspricht einer häufig gemachten Erfahrung, dass Versicherte ihre früheren Angaben zu Daten und Ereignissen anhand der späteren aus dem Vertreibungsland übersandten Beitragsunterlagen korrigieren müssen.

Aus diesen Gründen ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass auf Grund der Adeverinta Nr 1496 ein ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis des Klägers im streitigen Zeitraum nachgewiesen ist. Denn es liegen keinerlei Hinweise dafür vor, dass die Adeverinta in Rumänien von einer dazu nicht legitimierten Stelle erstellt oder dass die betreffenden Zeiten willkürlich (ohne Zuhilfenahme der Originalbetriebsunterlagen) bestätigt worden sein könnten. Auch wenn die Bescheinigung auf Initiative des Klägers ausgestellt wurde und auf privatem Wege nach Deutschland gelangte, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Einen die Beweisqualität der fraglichen Adeverinta beeinträchtigenden Gesichtspunkt sieht der Senat hierin nicht. Im Übrigen wäre es der Beklagten, die den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären hat, jederzeit möglich gewesen, diesbezüglich weitere Ermittlungen in Rumänien anzustellen. Die Beklagte hat aber auf den Kontenklärungsantrag des Klägers vom 19.04.1990 beim rumänischen Versicherungsträger lediglich nach den Beschäftigungszeiten von 1956 bis 1961 angefragt. Zur Zeit des Kontenklärungsverfahren war auch das Abkommen über Sozialversicherung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien noch in Kraft.

Unbehelflich ist auch der von der Beklagten im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid gegebene Hinweis darauf, dass die Archivierung der rumänischen Lohnlisten nicht personenbezogen, sondern zeitraumbezogen (nach Monat bzw Jahr) erfolgt sei und es deshalb äußerst zeitaufwändig sei, die Daten einer einzelnen Person aus den Unterlagen des jeweiligen Zeitraums, der zugleich die Lohnunterlagen aller Beschäftigten für diesen Zeitraum enthalte, herauszusuchen. Denn insoweit ist auch der Beklagten bekannt, dass es in den rumänischen Betrieben verbreitete Übung war, nicht nur Monatslisten, sondern für alle Arbeitnehmer Karteikarten für jeweils ein Kalenderjahr anzulegen und darin sämtliche das Arbeitsverhältnis und die Lohnabrechnung (einschließlich der Arbeits- und Fehltage) betreffenden Eintragungen vorzunehmen. Die Durchsicht dieser Karteikarten erfordert bei weitem nicht den von der Beklagten angenommenen Zeitaufwand.

Zusammenfassend erfüllt die Arbeitgeberbescheinigung Nr 1496 vielmehr die Anforderungen an einen Nachweis der Versicherungszeiten. Fehlzeiten haben zur Überzeugung des Senats nur in dem Umfang vorgelegen, wie sie in der Adeverinta bescheinigt sind. Da die Beklagte somit bei ihrer früheren Entscheidung vom 06.08.1998 (ebenso wie im Neufeststellungsbescheid vom 04.11.1998) von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB X), waren das angefochtene Urteil und die ihm zugrunde liegende Verwaltungsentscheidung aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Altersrente des Klägers unter ungekürzter Anrechnung der Entgeltpunkte für die Beitragszeiten vom 07.07.1961 bis 17.03.1989 zu berechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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