L 1 RA 31/00

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 3 RA 681/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RA 31/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 31. Januar 2000 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 08. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 1998 verurteilt, der Klägerin ab 01. August 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. August 1998 zu gewähren ist.

Die am ... 1962 geborene Klägerin besuchte bis 30. Juni 1978 die Schule und schloss diese mit der 10. Klasse ab. Vom 01. September 1978 bis 15. Juli 1980 erlernte sie den Beruf einer Fachverkäuferin. Das Facharbeiterzeugnis wurde ihr am 15. Juli 1980 verliehen. Anschließend arbeitete sie als Fachverkäuferin für Obst und Gemüse beim VEB Einzelhandel Waren des täglichen Bedarfes (HO WtB) Berlin beziehungsweise beim VE HO - WtB T., ab 01. Juli 1990 als Verkäuferin bei dem Nachfolgeunternehmen H. Handelsgesellschaft mbH und als Kassiererin und Verkäuferin ab 01. Januar 1992 bei der Firma K. Kaffee-Geschäft AG. Die Vergütung erfolgte zuletzt nach Gehaltsgruppe K 2 des Tarifvertrages über die Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel in den östlichen Verwaltungsbezirken des Landes Berlin, abgeschlossen zwischen dem Gesamtverband des Einzelhandels Land Berlin e. V. und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft sowie der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, gültig ab 01. Mai 1994. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung zum 30. Juni 1994. Im Anschluss bezog die Klägerin Krankengeld und Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit.

Am 22. Juli 1996 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, wegen Erwerbsunfähigkeit sowie nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes. Die Beklagte zog u. a. den Reha-Entlassungsbericht vom 25. Oktober 1995 über den stationären Aufenthalt vom 19. Juli bis 16. August 1995 bei, in dem die Klägerin für in der Lage gehalten wurde, leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Tätigkeiten mit einseitiger Körperhaltung, Überkopfarbeiten, Bücken, Hocken, Knien sowie Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten von mehr als 15 kg zu verrichten, da bei ihr ein akutes LW/S 1-Syndrom, ein Fibromyalgiesyndrom sowie ein infektallergisches Asthma bronchiale vorliege. Die Fachärztin für Orthopädie L. führte in ihrem am 21. Oktober 1996 erstatteten Gutachten u. a. aus, bei der Klägerin läge entsprechend der Diagnosestellung durch die Rheumatologie B.-B. ein Fibromyalgiesyndrom, ein chronisches Halswirbelsäulensyndrom beziehungsweise Schulterarmsyndrom beidseits, Cephalgien, chronische Lumbago beziehungsweise Lumboischialgie beidseits, Meniskusoperation links medial, beginnende sekundäre Arthrosis deformans des linken Knies, beginnende Coxarthrose beidseits und Gonarthrose rechts, beginnende Omarthrose beidseits und Epicondylitis radialis humeri links vor. Die Klägerin könne als Verkäuferin für Obst und Gemüse sowie als Kassiererin keine Tätigkeit mehr verrichten. Zurzeit sei eine geregelte berufliche Tätigkeit nicht möglich. Später seien eventuell leichte körperliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, bei der die Klägerin jedoch auch zeitweilig aufstehen könne, ohne längere Zwangshaltung, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Nässe und Kälte zumutbar. Diese Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe seit zirka 1990. Mit einer Besserung sei in ein bis zwei Jahren zu rechnen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. führte in seinem am 10. März 1997 erstatteten Gutachten u. a. aus, bei der Klägerin läge eine diagnostizierte Fibromyalgie und ein Wirbelsäulensyndrom mit radikulärem Schmerz sowohl im Bereich der Halswirbelsäule als auch im Bereich Lendenwirbelsäule vor. Neuropsychiatrischerseits seien keine psychopathologischen Symptome vorhanden. Aufgrund der orthopädischen Erkrankungen könne die Klägerin jedoch weder als Verkäuferin noch in anderen Tätigkeiten Arbeiten verrichten.

Mit Bescheid vom 26. März 1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 01. Februar 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit befristet bis zum 31. Juli 1998. Mit Bescheid vom 10. Juli 1997 lehnte sie die Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation ab, da die Klägerin zurzeit nicht belastbar sei.

Am 03. März 1998 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung ihrer Rente. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei. Der Arzt für Orthopädie, Chirotherapie, Sozialmedizin und Akupunktur Dr. Z. führte in seinem am 30. April 1998 erstatteten Gutachten u. a. aus, es lägen auf fachorthopädischem Gebiet eine chronische Lumboischialgie, Coccygodynie sowie ein chronisches Halswirbelsäulensyndrom vor. Die Klägerin könne als Verkäuferin für Obst und Gemüse nicht mehr tätig sein. Leichte körperliche Frauenarbeiten mit wechselnder Körperhaltung, auch als Verkäuferin, zum Beispiel für Tickets, könne sie vollschichtig verrichten. Der Arzt für Nervenheilkunde Dr. Z. führte in seinem am 17. Juni 1998 erstatteten Gutachten u. a. aus, bei isolierter Betrachtung würden sich erneut fast unauffällige psychische Befunde finden. Die Klägerin könne noch vollschichtig leichte Arbeiten als Verkäuferin verrichten. Auch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne erheblichen Zeitdruck und ohne besondere Verantwortung könnten vollschichtig verrichtet werden.

Mit Bescheid vom 08. Juli 1998 lehnte die Beklagte den Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit über den Monat Juli 1998 hinaus ab, da die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Sie könne in ihrem bisherigen Berufsbereich wieder vollschichtig tätig sein. Auch bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes. Den am 20. Juli 1998 eingelegten Widerspruches wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 1998 zurück.

Die Klägerin hat am 12. Oktober 1998 vor dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben, das das Verfahren durch Beschluss vom 10. November 1998 an das Sozialgericht Cottbus verwiesen hat.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie könne Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht mehr verrichten. Ergänzend hat sie ärztliche Unterlagen und ihre berufliche Tätigkeit betreffende Unterlagen eingereicht, wegen deren Inhaltes auf Blatt 11 bis 17, 23 bis 38 und 54 bis 59 der Gerichtsakten verwiesen wird.

Sie hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 1998 zu verurteilen, ihr über den 31. Juli 1998 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne eine Tätigkeit als Telefonistin, die ihr sozial zumutbar sei, verrichten. Darüber hinaus seien ihr Verkaufstätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch möglich. Auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kassiererin bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Das Sozialgericht hat Behandlungs- und Befundberichte eingeholt von dem Facharzt für Orthopädie A.-B ... vom 26. Januar 1999, von Dr. R. vom 19. Februar 1999 und von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. D. vom 10. März 1999. Die K. Kaffee-Geschäft AG hat am 02. Februar 1999 eine Arbeitgeberauskunft erstattet und den oben genannten Tarifvertrag in Kopie beigefügt, wegen deren Inhaltes auf Blatt 65 bis 70 der Gerichtsakten verwiesen wird. Beigezogen worden sind darüber hinaus Unterlagen des Arbeitsamtes Cottbus zum Beruf und den Tätigkeiten einer Verkäuferin.

Der als Sachverständige bestellte Chefarzt der Orthopädischen Klinik des C.-T.-Klinikums C. Dr. med. K. T. hat in seinem Gutachten vom 26. Oktober 1999 u. a. ausgeführt, es lägen ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom und Pseudoradikulärsyndrom links, ein Cervikobranchialsyndrom und Cervikokranialsyndrom bei Schwingungsanomalie der Halswirbelsäule sowie eine Coccygodynie vor. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Ein Wechsel der Belastungsmuster zwischen Sitzen, Stehen und Gehen sei wünschenswert, jedoch keinesfalls Bedingung. Länger dauernde einseitige körperliche Belastungen beziehungsweise Zwangshaltungen sowie dauerhafte Hebe- und Tragebelastungen mit Gewichten über 15 kg seien nicht zumutbar. Knien, Hocken und Bücken sei möglich. Dies gelte auch für Gerüst- und Leiterarbeiten. Tätigkeiten könnten im Freien unter Witterungsschutz verrichtet werden. Es könnten geringe bis durchschnittliche Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, die Übersicht, die Aufmerksamkeit und das Verantwortungsbewusstsein sowie die Zuverlässigkeit gestellt werden. Arbeiten in Wechselschicht und Nachtschicht, nicht jedoch Akkord- und Fließbandarbeiten, seien zumutbar. Auch sei häufiger Publikumsverkehr möglich. Von einer Tätigkeit als Verkäuferin müsse abgeraten werden, da in diesem Beruf körperliche Schwerarbeiten sowie monotone Hebe- und Tragebelastungen nicht auszuschließen seien. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit bestehe nicht.

Mit Urteil vom 31. Januar 2000 hat das Sozialgericht Cottbus die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Klägerin sei weder erwerbs- noch berufunfähig. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fachverkäuferin und Kassiererin könne sie aus medizinischen Gründen nicht mehr ausüben. Aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Tätigkeit sei sie in die zweite Stufe des so genannten Mehrstufenschemas einzuordnen und sozial zumutbar auf die Tätigkeit einer Angestellten am Packtisch mit Preis- und Warenkontrolle verweisbar. Diese Tätigkeit erfolge im Wechsel der Haltungsarten und sei nicht mit ständigen Hebe- und Tragebelastungen verbunden. Die Vergütung entspreche der der Tarifgruppe K 2.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 24. Februar 2000 zugestellte Urteil am 24. März 2000 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Sie macht geltend, die Tätigkeit einer Angestellten am Packtisch mit Preis- und Warenkontrolle könne sie nicht verrichten. Auch aus der Rehabilitationskur vom 30. Oktober bis 20. November 2002 sei sie arbeitsunfähig entlassen worden.

In der mündlichen Verhandlung am 30. April 2003 hat die Klägerin erklärt, ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit werde nicht mehr geltend gemacht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 31. Januar 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01. August 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der von der Klägerin erworbene Berufsabschluss als Fachverkäuferin werde nach dem Berufsausbildungsgesetz einer anerkannten Berufsausbildung zur Verkäuferin mit zweijähriger Ausbildung gleichgesetzt. Nur eine Ausbildung im Bereich Fleischerei oder Bäckereiwesen entspreche einer dreijährigen Ausbildung zur Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk. Aufgrund der bisherigen beruflichen Tätigkeit sei der Klägerin damit der Berufsschutz der oberen Gruppe der Angelernten zuzubilligen. Sie könne noch als einfache Pförtnerin beziehungsweise Auskunftsassistentin in Pförtnerlogen in Bürodienstgebäuden von Behörden oder von Wirtschaftsbetrieben sowie als Bürohilfskraft in einer Poststelle und in der Rechnungsprüfung mit Vergütung nach Vergütungsgruppe IX BAT arbeiten. Den Ausführungen des im Berufungsverfahren beauftragten berufskundigen Sachverständigen L. könne nicht folgt werden, da im Beitrittsgebiete bis 1990 die Ausbildung zur Verkäuferin grundsätzlich nur zwei Jahre gedauert habe. In der Bundesrepublik Deutschland würden nach dem Berufsbildungsgesetz drei Ausbildungsformen im Bereich des Einzelhandels unterschieden, nämlich die Kauffrau im Einzelhandel, die Verkäuferin und die Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk. Die absolvierte Berufsausbildung im Bereich Obst/Gemüse sei dem allgemeinen Lebensmittelbereich zuzuordnen und deshalb mit einem Ausbildungsgang der Bundesrepublik Deutschland mit dreijähriger Ausbildung nicht vergleichbar. Auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin in einem Supermarkt entspreche der Tätigkeit einer Verkäuferin mit einer zweijährigen Berufsausbildung. Die zuletzt bezogene Vergütung nach Gehaltsgruppe K 2 würde zu keiner anderen Beurteilung führen, da in diese Gehaltsgruppe sowohl gelernte Verkäuferinnen als auch Einzelhandelskauffrauen eingestuft würden. Würde man der Auffassung des Sachverständigen L. folgen, könne die Klägerin leichte Büroarbeiten in einer Registratur verrichten, die der Vergütungsgruppe VIII BAT zuzuordnen seien. Ergänzend hat die Beklagte weitere berufskundliche Unterlagen, u. a. das Gutachten des Herrn L. vom 11. Juli 2001, eingereicht, wegen deren Inhaltes auf Blatt 427 bis 447 und 451 bis 459 der Gerichtsakten Bezug genommen wird.

Das Gericht hat Behandlungs- und Befundberichte eingeholt von dem Facharzt für Orthopädie A.-B ... vom 03. Mai 2000, von der Fachärztin für Allgemeinmedizin D. vom 09. Juni 2000, von dem Arzt Dr. R. vom 14. Juni 2000 und von dem Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. H. vom 01./02. Juli 2000. Beigezogen worden sind Kopien der Sozialversicherungsausweise.

Der Sachverständige Dr. T. hat am 29. Mai 2000 ergänzend ausgeführt, die Klägerin könne körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten verrichten. Ein Wechsel des Belastungsmusters zwischen Sitzen, Stehen und Gehen sei wünschenswert, jedoch nicht Bedingung. Eine exakte Zeitangabe hinsichtlich der Dauer sei nicht möglich. Ein Wechsel nach drei bis vier Stunden sei jedoch zu wünschen. Eine ausschließlich sitzende Tätigkeit sei zumutbar. Das dauerhafte Heben und Tragen von Gewichten über 15 kg müsse vermieden werden. Die Klägerin könne vollschichtig an einer Kasse als Kassiererin tätig sein.

Die K. Kaffee-Geschäft AG hat Kopien aus der Personalakte, insbesondere Arbeitsverträge, übersandt. Beigezogen worden ist darüber hinaus der Bericht vom 18. August 1998 über den stationären Aufenthalt im A.-Krankenhaus, HNO-Abteilung, vom 11. August bis 13. August 1998. Aus der Akte des Arbeitsamtes Königs Wusterhausen sind Kopien zu den Gerichtsakten genommen worden.

Der als Sachverständige bestellte Facharzt für Orthopädie Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 03. August 2001 u. a. ausgeführt, es lägen degenerative Wirbelsäulenveränderungen bei statisch-muskulärer Fehlhaltung mit Cervikobrachialsyndrom und wiederkehrender pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung, Lumboischialgie mit zeitweise pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung und wiederkehrendem L 4-Syndrom links, Steißbeinschmerz bei Zustand nach Teilresektion 1976 und beginnende Kniegelenksabnutzung mit Betonung Kniescheibengleitlager/Kniescheibengleitringe links mehr als rechts bei Zustand nach Teilmeniskusentfernung links 1996 vor. Die Klägerin könne noch leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten, maximaler Zeitanteil 50 %, verrichten. Es könnten einfache bis mittelschwierige Anforderungen an die geistigen Fähigkeiten gestellt werden. Ideal wäre eine Tätigkeit im Wechselrhythmus. Ein Wechsel der Körperhaltungen sollte mindestens nach 15 Minuten möglich sein. Der Anteil des Gehens oder Stehens beziehungsweise Sitzens sollte etwa zur Hälfte möglich sein. Extreme, die Atmungsorgane reizende Stoffe sollten vermieden werden. Es könnten noch geringe bis durchschnittliche Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, die Übersicht, die Aufmerksamkeit, das Verantwortungsbewusstsein sowie die Zuverlässigkeit gestellt werden. Arbeiten mit Publikumsverkehr seien möglich. Diese Tätigkeiten könnten vollschichtig verrichtet werden. Auch Wegstrecken von 750 m seien viermal täglich in weniger als 20 Minuten möglich. Es könnte auch während der Hauptverkehrszeit ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt werden. Die auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen würden auf Dauer bestehen.

Der als Sachverständige bestellte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 15. März 2002 u. a. ausgeführt, auf neurologischem Fachgebiet würden sich keine Störungen von Krankheitswert finden. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine so genannte Somatisierungsstörung. Es handele sich um eine eher leichte Störung. Die Klägerin könne sich von der Vorstellung, nicht mehr erwerbstätig sein zu können, aus eigener Kraft lösen. Sie könne körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, geistig nur einfacher Art, im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, mit gelegentlichen einseitigen körperlichen Belastungen und Zwangshaltungen, nicht jedoch mit Gerüst-, Überkopf- und Leiterarbeiten verrichten. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen Räumen erfolgen. Arbeiten in Kälte, Nässe, Zugluft sowie mit Lärmeinwirkungen und die Atemorgane reizenden Stoffen sollten vermieden werden. Es könnten noch durchschnittliche Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, das Verantwortungsbewusstsein und die Zuverlässigkeit gestellt werden. Arbeiten in Wechselschicht seien durchführbar, nicht aber in Nachtschicht. Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck seien nicht zumutbar. Gegen Publikumsverkehr würden keine Einwände bestehen. Dieses Leistungsvermögen bestehe bereits seit August 1998.

Der als arbeitsmarkt- und berufskundiger Sachverständige bestellte Verwaltungsbeamte Manfred L. hat in seinem Gutachten vom 20. September 2002 u. a. ausgeführt, die Fachverkäuferin mit vier Spezialisierungsrichtungen der damaligen DDR sei vom Ausbildungsgang her hinsichtlich der Ausbildungsberufe der Bundesrepublik Deutschland der Einzelhandelskauffrau und Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk, Schwerpunkt Fleischerei oder Bäckerei/Konditorei, vergleichbar. Hieraus leite er für die Klägerin eine dreijährige Ausbildungsdauer im Lebensmittelbereich ab, losgelöst von der Vergleichbarkeit der durchgängig zweijährigen Ausbildungsgänge der früheren DDR mit den durchgängig dreijährigen Ausbildungszeiten der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin habe eine entsprechende Ausbildung im Lebensmittelbereich absolviert, habe über langjährige Berufserfahrung im erlernten Beruf verfügt und sei auf Facharbeiterebene entlohnt worden. Die Tätigkeit einer Kassiererin habe für die Klägerin eine Ausübungsform im erlernten Beruf als Verkäuferin dargestellt. Er halte die Facharbeiterebene im rentenrechtlichen Sinne aufgrund der Berufsausbildung und der ausbildungsgerechten Beschäftigung für erreicht. Mit dem ermittelten Leistungsvermögen könne die Klägerin Tätigkeiten im Verkaufs- und Kassierbereich nicht mehr verrichten. Einfache Aufgabeninhalte könne die Klägerin verrichten. Weitergehende Aufgaben würden die Klägerin jedoch überfordern, weil sie für diese kaufmännisch orientierten Aufgaben keine verwertbaren fachlichen Vorkenntnisse mitbringe. Aufgrund der qualitativen Einschränkungen auf Arbeiten ohne erhöhte Stressbelastung wie Akkord- und Fließbandtätigkeiten, ohne Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit, die Aufmerksamkeit, die Reaktionsfähigkeit sowie ohne erhöhte Anforderungen an die Verantwortungsfähigkeit seien diese Arbeiten nicht zumutbar. Arbeiten am Packtisch im Einzelhandel könne die Klägerin nicht verrichten, weil sich hierbei ein Wechsel der Körperhaltungen nicht ergäbe. Mit dem beschriebenen Wechselrhythmus, dass idealer Weise eine Tätigkeit im Wechselrhythmus zu gestalten sei, so dass dies bedeute, dass der Anteil des Sitzens, Gehens und Stehens in ausgewogenem Maße möglichst selbstbestimmt gestaltet werde und dass ein Wechsel der Körperposition nach mindestens 15 Minuten möglich sein solle, sei die Verrichtung von Produktionsarbeiten an Arbeitsflächen oder Maschinen praktisch nicht möglich. Mit diesem Leistungsvermögen könnten lediglich einfache beobachtende und kontrollierende Arbeiten (Wach- und Aufsichtsarbeiten oder einfache Pförtnertätigkeiten) verrichtet werden. Diesen Anforderungen sei die Klägerin gewachsen. Weitergehenden Aufgaben, die zur Anlernebene rechnen würden, könne sei die Klägerin dagegen nicht erfüllen. Ergänzend hat der Sachverständige L. in seiner Stellungnahme vom 24. November 2002 ausgeführt, die Beurteilung der Ausbildungsgänge im Einzelhandel sei 1990 mit dem Ergebnis erfolgt, dass der von der Klägerin in der früheren DDR erlernte Beruf der Fachverkäuferin Obst und Gemüse mit dem in der Bundesrepublik Deutschland existierenden Ausbildungsberuf der Kauffrau im Einzelhandel mit einer dreijährigen Ausbildungsdauer vergleichbar sei, wie sich auch aus den Ausführungen auf der beigezogenen Seite 49 des Werkes "Bildung und Beruf" der Bundesanstalt für Arbeit sowie der zu den Gerichtsakten beigezogenen tabellarischen Gegenüberstellung der Ausbildungsberufe ergäbe. Die Klägerin habe durch die Verkaufs- und Kassierarbeiten im Einzelhandel Waren- und Produktkenntnisse im Lebensmittelbereich erworben und Erfahrungen im Umgang mit Kunden erlangt. Für kaufmännische Innendienstarbeiten in Form von Büro- und Schreibtischarbeiten fehle es ihr jedoch an übertragbaren Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Um sich in dieses völlig andersartige Aufgabenfeld einarbeiten zu können, wäre in besonderem Maße Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit erforderlich. Darüber hinaus ließe sich der erforderliche Wechsel der Körperhaltungen im praktischen Arbeitsalltag nicht einhalten. Dadurch, dass die Klägerin im Zuge einer tätigkeitsbezogenen Einarbeitung im Wesentlichen nicht auf erworbenes Wissen und Können zurückgreifen könne, würde eine Einarbeitung in erster Linie die Vermittlung von Grundlagen beinhalten. In einem Zeitraum von drei Monaten könne die Anlernebene damit nicht erreicht werden. Ganz sicher sei die Vergütungsgruppe VIII des BAT nicht erreichbar.

Beigezogen worden sind die Auskünfte der Industrie- und Handelkammer Potsdam aus einem anderen Verfahren vom 28. Juni 2001, nach der die Ausbildung als Fachverkäuferin Lebensmittel nach dem Berufsbildungsgesetz der dreijährigen Ausbildung als Kauffrau im Einzelhandel gleichstehe und die IHK Potsdam eine Gleichstellung vornehmen würde. Inhaltlich sei die damalige Ausbildung zur Fachverkäuferin im Vergleich zur heutigen zweijährigen Verkäuferausbildung als höherwertig anzusehen. Ergänzend sind aus dem Werk "Bildung und Beruf" Unterlagen über DDR-Ausbildungsberufe beigezogen worden sowie ein Bescheid aus einem anderen Verfahren der Industrie- und Handelskammer Cottbus über die Gleichwertigkeit einer Facharbeiterprüfung als Fachverkäufer (Lebensmittel) mit der Abschlussprüfung im Beruf Kauffrau im Einzelhandel.

Ergänzend hat das Gericht den Reha-Entlassungsbericht vom 28. November 2002 über den stationären Aufenthalt vom 30. Oktober bis 20. November 2002 beigezogen, nach dem die Klägerin als Verkäuferin sechs Stunden und mehr, jedoch nur für leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen und überwiegend im Sitzen, einsatzfähig sei. Die endgültige Leistungseinschätzung könne erst nach diagnostischer Abklärung erfolgen. Voraussichtlich sei die Klägerin danach für leichte körperliche Arbeiten mit sinnvollem Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Tragen, Heben und Bewegen von schweren und mittelschweren Lasten, ohne Arbeiten in Körperzwangshaltungen, insbesondere bückende, hockende und kniende Tätigkeiten, und ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft einsatzfähig.

Der Sachverständige Dr. C. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. Februar 2003 ausgeführt, der Reha-Entlassungsbericht bringe keine neuen Erkenntnisse. Es verbleibe bei der Einschätzung, dass leichte körperliche Arbeiten noch vollschichtig zumutbar seien. Der Sachverständige Dr. R. hat in seiner Stellungnahme vom 12. Februar 2003 ergänzend ausgeführt, ein ausreichendes Leistungsvermögen für Verkaufs- und Kassiertätigkeiten läge nicht vor. Dies gelte auch für Tätigkeiten am Packtisch oder Packarbeiten. Tätigkeiten als Pförtnerin seien zumutbar. Aus dem Reha-Entlassungsbericht ergäbe sich keine abweichende Einschätzung. Leichte kaufmännische Büro- und Schreibtischtätigkeiten seien aus orthopädischer Sicht noch vollschichtig möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligen wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, betreffend das Renten- und Reha-Verfahren, Versicherungsnummer ..., die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht erhoben und damit insgesamt zulässig. Sie ist auch begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich noch der Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab 01. August 1998, da die Klägerin im Übrigen ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat.

Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch insoweit begründet, als der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. August 1998 zusteht. Denn die Klägerin erfüllt die Voraussetzung des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI bei einem vor dem 01. Januar 2001 eingetretenen Leistungsfall weiterhin anzuwendenden Fassung - im Folgenden: a. F. -. Sie hat die Wartezeit von fünf Jahren sowie die beitragsbezogenen weiteren Voraussetzungen des § 43 SGB VI a. F. erfüllt, wie sich aus dem Versicherungsverlauf der Beklagten im Bescheid vom 26. März 1997 ergibt. Sie ist auch berufsunfähig.

Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Bisheriger Beruf in diesem Sinne ist in der Regel die letzte versicherungspflichtig verrichtete Tätigkeit jedenfalls dann, wenn es sich um die hochwertigste handelt.

Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt. Denn die Klägerin kann ihre zuletzt verrichtete Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr verrichten. Sie kann auch keine ihr sozial und körperlich zumutbare andere Tätigkeit vollschichtig verrichten.

Die Klägerin kann vollschichtig nur noch leichte und zeitweise mittelschwere Tätigkeiten, maximaler Zeitanteil 50 %, im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, mit der Möglichkeit des Wechsels nach 15 Minuten, geistig einfacher Art, ohne die Atmungsorgane extrem reizende Stoffe, ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg, ohne Arbeiten mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne vorn übergebeugte Körperhaltung, ohne starke Rumpfbeugung, ohne häufige Überkopftätigkeiten, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne starke Rüttelung, Stauchung, Vibration, ohne Arbeiten im Knien, Kriechen und Hocken, ohne häufige Kniebeugen, ohne extreme Kälte, Nässe, Zugluft, ohne Ziehen und Schieben schwerer Lasten, ohne erhöhte Stressbelastung wie Akkord- und Fließbandtätigkeiten, ohne Arbeiten in Nachtschicht, Arbeiten nur mit durchschnittlichen Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, die Übersicht, die Aufmerksamkeit, das Verantwortungsbewusststein, die Zuverlässigkeit, ohne Tätigkeiten mit längerem Stehen und extremer Wärmebelastung sowie ohne erhöhte Verletzungsanfälligkeit verrichten. Publikumsverkehr ist zumutbar. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R. vom 03. August 2001 sowie dem Gutachten des Sachverständigen Dr. C. vom 15. März 2002. Ihre Leistungseinschätzungen stehen im Wesentlichen im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten und Befundberichten. Auch aus dem Reha-Entlassungsbericht vom 28. November 2002 ergibt sich kein davon abweichendes Leistungsvermögen. Dr. C. hat insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. Februar 2003 ausgeführt, dass das von ihm festgestellte Leistungsvermögen durch den Reha-Entlassungsbericht bestätigt werde und keine abweichende Leistungseinschätzung zu erfolgen habe. Auch Dr. R. hielt in seiner Stellungnahme vom 12. Februar 2003 eine abweichende Einschätzung der Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung des Reha-Entlassungsberichtes für nicht möglich.

Aufgrund der bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen sowie des daraus resultierenden Leistungsvermögens, wie es die Sachverständigen Dr. C. und Dr. R. festgestellt haben, ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit als Verkäuferin oder Kassiererin zu verrichten. Dies gilt auch für eine Arbeit am Packtisch im Einzelhandel. Der Sachverständige L. hat in seinem Gutachten vom 20. September 2002 insoweit ausgeführt, dass diese Tätigkeiten das Leistungsvermögen der Klägerin überfordern. Denn Verkaufstätigkeiten werden weit überwiegend im Stehen beziehungsweise in der Bewegung verrichtet. Nennenswerte Sitzanteile ergeben sich nicht. Bei Kassierertätigkeiten handelt es sich um Arbeiten, die mit Publikumsverkehr, häufiger unter Zeitdruck, verrichtet werden und Verantwortungsbewusstsein, Konzentrationsfähigkeit, Flexibilität und Kontaktfähigkeit, gleichzeitig aber auch Durchsetzungsvermögen und die Fähigkeit, mit Konfliktsituationen umzugehen und mit Stresssituationen fertig zu werden, erfordern. Bei Arbeiten am Packtisch im Einzelhandel sind diese im Stehen beziehungsweise in der Bewegung zu verrichten. Sitzanteile ergeben sich nur sporadisch. Damit verfügt die Klägerin nicht über das für diese Tätigkeiten erforderliche gesundheitliche Leistungsvermögen.

Die Klägerin kann auch eine andere, ihr zumutbare Tätigkeit aufgrund ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht innerhalb von drei Monaten vollwertig verrichten.

Nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema (vgl. Urteil des BSG vom 23. Mai 1996, 13 RJ 75/95, in SozR 3-1500 § 62 Nr. 12 mit weiteren Nachweisen; Urteil des BSG vom 14. Mai 1996, 4 RA 60/94, in BSG E 78, 207 ff.) sind Versicherte, die ihre bisher verrichtete Tätigkeit nicht mehr verrichten können und bei der es sich um eine Tätigkeit handelte, die die Wertigkeit einer Tätigkeit einer Angestellten mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren - regelmäßig mit einer dreijährigen Ausbildung - hatte, nur auf eine Tätigkeit einer angelernten Angestellten beziehungsweise eine Tätigkeit, die wie die einer angelernten Angestellten vergütet wird, verweisbar (vgl. Urteil des BSG vom 14. Mai 1996, 4 RA 60/94, BSGE 78, 207 [219 f.]).

Die zuletzt von der Klägerin verrichtete Tätigkeit als Verkäuferin und Kassiererin bei der Firma Kaiser’s Kaffee-Geschäft AG entspricht einer Tätigkeit einer ausgebildeten Angestellten mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren. Zwar hat die Klägerin lediglich nach Abschluss der 10. Klasse eine Lehre vom 01. September 1978 bis 15. Juli 1980 durchlaufen. Sie hat jedoch einen Abschluss als Fachverkäuferin für Obst und Gemüse sowie Waren des täglichen Bedarfes erlangt und war als Verkäuferin langjährig tätig. Diese von ihr in der DDR durchlaufene Ausbildung ist einer dreijährigen Ausbildung in den alten Bundesländern vergleichbar. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen L. vom 20. September 2002 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. November 2002. Er hat die Ausbildungsgänge in der DDR im Einzelhandel berücksichtigt. Danach betrug in der DDR die Ausbildung als Fachverkäuferin Obst und Gemüse zwei Jahre, wie üblicherweise auch alle Facharbeiterausbildungen in der Regel in der DDR zwei Jahre betrugen. Demgegenüber wurde in der Bundesrepublik Deutschland nach zwei Jahren eine Prüfung zur Verkäuferin und nach einem weiteren Jahr erst die Prüfung zur Einzelhandelskauffrau abgelegt. Aufgrund dieser berufssystematischen Zuordnung der Ausbildungsberufe der DDR für Fachverkäufer mit Spezialisierungsrichtungen Backwaren, Fisch/Fischwaren, Fleisch/Fleischwaren, Obst und Gemüse hielt er unabhängig von den durchgängig zweijährigen Ausbildungsgängen der früheren DDR und deren Vergleichbarkeit mit durchgängig dreijährigen Ausbildungszeiten der Bundesrepublik Deutschland eine berufssystematische Zuordnung der von der Klägerin durchlaufenden Ausbildung mit einer dreijährigen Ausbildung im Lebensmittelbereich für gegeben. Die Klägerin hat auch in diesem Bereich bis zuletzt, wenn auch mit Kassieranteilen, gearbeitet und war damit im erlernten Beruf tätig. Für die Wertigkeit dieser Tätigkeit ist darüber hinaus die langjährige berufliche Tätigkeit in diesem Bereich zu berücksichtigen. Ein Wechsel in einen anderen Berufsbereich fand nicht statt. Auch die Vergütung erfolgte entsprechend der Ausbildung, da in die Vergütungsgruppe K 2 auch ausgebildete Verkäufer mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, insbesondere Einzelhandelskauffrauen, eingestuft werden. Bestätigt wird dies auch durch die beigezogenen Auskünfte der IHK Potsdam vom 30. Juli 2001, wonach die Ausbildung als Fachverkäuferin (Lebensmittel) der DDR nach dem Berufsbildungsgesetz der dreijährigen Ausbildung der Kauffrau im Einzelhandel (Fachrichtung Lebensmittel) gleichstehe und die Industrie- und Handelskammer Potsdam eine entsprechende Gleichstellung vornehmen würde. Darüber hinaus hat die IHK Potsdam in dieser Auskunft ausgeführt, dass inhaltlich die damalige Ausbildung zur Fachverkäuferin im Vergleich zur heutigen zweijährigen Verkäuferausbildung als höherwertig anzusehen sei und demzufolge die Anerkennung zu erfolgen habe. Dies wird auch durch die beigezogenen Unterlagen der DDR-Ausbildungsberufe bestätigt, nach denen Fachverkäufer mit Spezialisierungsrichtungen der DDR auch mit dem Fachbereich Lebensmittel der Kauffrau im Einzelhandel in der Bundesrepublik Deutschland zugeordnet werden. Dagegen sprechen nicht die von der Beklagten eingereichten Unterlagen. Zwar hat sich der Sachverständige L. in einem anderen Verfahren in seinem Gutachten vom 11. Juli 2001 dahin geäußert, dass eine durchlaufene Ausbildung in der DDR als Fachverkäuferin für Lebensmittel dem anerkannten Ausbildungsberuf der Verkäuferin in der BRD gleichstehe. Da er hierbei jedoch nur schematisch die Ausbildungsdauer verglichen hat, diese jedoch nicht allein für die Bestimmung der Wertigkeit des bisherigen Berufes heranzuziehen ist, besagt dies noch nichts über die Wertigkeit der von der Klägerin konkret ausgeübten Tätigkeit, die über weitere Berufserfahrungen verfügt.

Entscheidend ist hier, dass die Klägerin eine entsprechende Ausbildung in der DDR als Fachverkäuferin durchlaufen hat, langjährig in diesem Beruf tätig war und zuletzt auch entsprechend ihrer Ausbildung und ihres beruflichen Werdeganges beschäftigt und bezahlt wurde. Dies rechtfertigt es, hier von einer Wertigkeit ihres bisherigen Berufes mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren bis zu drei Jahren auszugehen.

Unter Zugrundelegung des Berufsschutzes als Angestellte mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren ist die Klägerin sozial zumutbar nur auf eine Tätigkeit einer Angestellten mit einer Anlernzeit beziehungsweise einer Tätigkeit, die entsprechend entlohnt wird, verweisbar. Eine solche Tätigkeit, die die Klägerin unter Berücksichtigung ihres körperlichen Leistungsvermögens innerhalb einer Anlernzeit von bis zu drei Monaten vollwertig verrichten könnte, ist nicht ersichtlich.

Insbesondere ist die Klägerin nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Registratorin mit einer Vergütung nach BAT VIII, die ihr grundsätzlich sozial zumutbar wäre, zu verrichten. Denn zum einen fehlen ihr die hierfür erforderlichen Kenntnisse, um innerhalb einer Einarbeitungszeit von mindestens drei Monaten eine solche Tätigkeit vollwertig zu verrichten. Dies folgt aus dem völlig andersartigen Aufgabenfeld mit grundlegend anderen Anforderungen und Abläufen, wie der Sachverständige L. ausgeführt hat. Darüber hinaus sind für solche Tätigkeiten Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit erforderlich, wie sich aus der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen L. vom 24. November 2002 ergibt. Besondere Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit, die Aufmerksamkeit, die Reaktionsfähigkeit sowie erhöhte Anforderungen an das Verantwortungsbewusstsein können jedoch an die Klägerin nicht gestellt werden. Lediglich einfachere Bürotätigkeiten, die jedoch nach Vergütungsgruppe BAT IX vergütet werden, kann die Klägerin verrichten. Diese zählen jedoch nicht zu den sozial zumutbaren Tätigkeiten, da sie nicht entsprechend einer angelernten Tätigkeit vergütet werden. Schließlich ist die Klägerin auch gesundheitlich nicht in der Lage, diese Tätigkeit zu verrichten, weil - wie der Sachverständige L. ausgeführt hat - der geforderte Wechsel der Körperpositionen nach mindestens 15 Minuten mit einem Anteil des Gehens oder des Stehens im Verhältnis zu dem Anteil des Sitzens mit je etwa zur Hälfte der praktischen Ausübung dieser Tätigkeit entgegensteht.

Der damit dem Grunde nach bestehende Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab 01. August 1998 wird nicht durch den Anspruch auf Übergangsgeld während der Reha-Maßnahme vom 30. Oktober bis 20. November 2002 ausgeschlossen. Denn nach der insoweit anzuwendenden Vorschrift des § 116 Abs. 3 SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung gilt der Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lediglich bis zur Höhe des gezahlten Übergangsgeldes als erfüllt, wenn Übergangsgeld gezahlt worden ist und wenn nachträglich für denselben Zeitraum der Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit festgestellt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Klage und Berufung der Klägerin hinsichtlich der Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit Erfolg, hinsichtlich der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit jedoch keinen Erfolg gehabt hat.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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