B 8 KN 10/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 KN 10/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. April 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger - dessen Rentenbezug wegen Erfüllung der gesetzlichen Zivildienstpflicht unterbrochen war - ab 1. September 1999 erneut Halbwaisenrente zu zahlen ist.

Die Beklagte bewilligte dem im November 1976 geborenen Kläger, Sohn des im März 1983 in Polen verstorbenen K. R , nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland ab 1. September 1986 Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Rente). Von demselben Zeitpunkt an bewilligte ihm die Bergbau-Berufsgenossenschaft (BG) Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-Rente). Die von der Beklagten mit Bescheid vom 20. Januar 1988 vorgenommene Anrechnung der UV-Rente führte dazu, dass nur noch der von der Anrechnung ausgenommene Erhöhungsbetrag (§ 76 Abs 4 Satz 1, § 69 Abs 6 Satz 3, § 60 Abs 4 Reichsknappschaftsgesetz (RKG)) zur Auszahlung gelangte. Nach Vollendung des 18. Lebensjahres durchlief der Kläger bis 30. Juni 1997 eine Ausbildung zum Steuerfachgehilfen und besuchte danach bis zum 31. Juli 1998 die Fachoberschule. Vom 1. August 1998 bis 31. August 1999 leistete er Zivildienst und nahm am 1. September 1999 ein Fachhochschulstudium (Mindeststudiendauer 6 Semester) auf. Zuletzt beruhte die Rentenzahlung auf dem Bescheid der Beklagten vom 25. August 1997, mit dem sie die Rente befristet bis 31. Juli 1998 (ohne Neufeststellung der Entgeltpunkte) gewährte; dabei rechnete sie die UV-Rente in Anwendung von § 311 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) an und zahlte den Erhöhungsbetrag, der zuletzt monatlich 163,43 DM betrug. Nachdem sie mit Bescheid vom 10. Juni 1998 den Wegfall der Rente zum 31. Juli 1998 festgestellt hatte, nahm sie auf den im August 1999 gestellten Wiedergewährungsantrag des Klägers im Bescheid vom 27. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2000 eine Neufeststellung der Halbwaisenrente vor. Die ebenfalls wieder gewährte UV-Rente rechnete sie jetzt in Anwendung von § 93 SGB VI an und beschied den Kläger, ihm stehe zwar ein Anspruch auf die Halbwaisenrente befristet ab 1. September 1999 bis 31. August 2002 zu; es ergebe sich jedoch wegen Zusammentreffens mit der UV-Rente gemäß § 93 Abs 1 Nr 2 und Abs 3 SGB VI kein Zahlbetrag.

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 12. September 2000 die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheids verurteilt, die ab 1. September 1999 bewilligte Halbwaisenrente unter Anwendung der Vorschriften des § 311 SGB VI neu zu berechnen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 26. April 2001 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Verurteilung des SG beziehe sich nicht lediglich auf eine Neuberechnungsverpflichtung der Beklagten, sondern auf die erneute Zahlung der bis Juli 1998 gewährten Halbwaisenrente. Dazu sei die Beklagte auch verpflichtet. Der früher bereits festgestellte Anspruch des Klägers auf Halbwaisenrente sei wegen der mit dem Bescheid vom 25. August 1997 erfolgten Befristung zum 31. Juli 1998 mit dem Ende der Fachhochschulausbildung zu diesem Zeitpunkt nicht entfallen, und es sei mit der Aufnahme des Studiums zum 1. September 1999 kein neuer, originärer Anspruch auf Halbwaisenrente entstanden. Das Gesetz ermächtige die Beklagte nicht, wegen eines "neuen Rentenbeginns" bzw "neuen Anspruchsbeginns" abweichend von § 306 Abs 1 und 2 SGB VI die Rente neu festzustellen. Die Beklagte habe dafür auch mit ihren früheren bindenden Bescheiden keine Voraussetzungen geschaffen; denn sie habe damit das Recht auf die Waisenrente nicht entzogen. Mit dem angefochtenen Bescheid habe sie entschieden, dass dem Kläger mit Beginn des Verlängerungstatbestands "Aufnahme des Studiums" zum 1. September 1999 wiederum - befristet für eine Studiendauer von 6 Semestern - ein Zahlungsanspruch auf Halbwaisenrente zustehe. Insoweit sei der Bescheid nicht angefochten und damit bindend. Die - hier allein angefochtene - Höhe der Rente sei, da lediglich die alte, bereits früher festgestellte und durch §§ 311, 307, 306 SGB VI in ihrem Bestand geschützte Rente gewährt werde, ebenso wenig neu festzustellen, wie dies die Beklagte auch in den nach Inkrafttreten des SGB VI erlassenen Bescheiden über die (nahtlose) Weitergewährung der zuvor bewilligten Rente getan habe.

Selbst wenn - entgegen dieser Rechtsauffassung - für die Erhaltung des Bestandsschutzes eine nahtlose Rentengewährung erforderlich wäre, gälte dies jedenfalls nicht, wenn - wie hier - die Unterbrechung der Rentenzahlung auf einer gesetzlichen Verpflichtung iS des § 48 Abs 5 SGB VI (bis zum 31. Dezember 1991: § 67 Abs 1 Satz 3 RKG) beruhe, weil solche unvermeidlichen Zwangspausen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) den Rentenberechtigten nicht benachteiligen dürften. Schließlich bedeute auch eine dem Gesetz zu entnehmende Befugnis, nach einer Unterbrechung im Leistungsbezug das subjektive Recht auf Halbwaisenrente neu festzustellen, nicht zwingend, dass der übergangsrechtliche Bestandsschutz damit entfiele; der Bestandsschutz könnte dann aus einer erweiterten Auslegung des § 88 Abs 2 SGB VI entnommen werden, weil der dort jedenfalls für eine Unterbrechung bis zu 24 Monaten angeordnete Bestandsschutz leer liefe, wenn wegen der Anwendung neuer Anrechnungsvorschriften kein effektiver Zahlbetragsschutz gegeben wäre.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 311 SGB VI. Sie trägt vor, der Rentenanspruch des Klägers richte sich ab dem 1. September 1999 insgesamt nach SGB VI und somit auch nach § 93 SGB VI. Dies folge aus § 300 Abs 1 SGB VI. Die höchstrichterliche Rechtsprechung verstehe diese Regelung dahin, dass das SGB VI bei jeder nach dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens am 1. Januar 1992 stattfindenden Rechtsanwendung heranzuziehen sei. Die Anwendung von § 311 SGB VI setze voraus, dass am 31. Dezember 1991 ein Zahlungsanspruch auf Rente bestanden habe. Dieser Anspruch sei im Fall des Klägers durch die am 25. August 1997 ausgesprochene Befristung nach Beendigung der Berufsausbildung am 31. Juli 1998 untergegangen. Bei der dem Kläger ab 1. September 1999 zustehenden Rente habe es sich mithin nicht um die Rente gehandelt, auf die "am 31. Dezember 1991 Anspruch" bestanden habe, sondern um eine hiervon unabhängige, wieder (neu) bewilligte Rente. § 266 SGB VI sei nicht anwendbar, weil diese Norm entweder eine Neufeststellung der Rente oder eine unmittelbar anschließende Folgerente fordere, die hier bewilligte Halbwaisenrente sich aber nicht nahtlos an die Rentengewährung bis 31. Juli 1998 angeschlossen habe. Die Auffassung des 4. Senats im Urteil vom 31. März 1998 (B 4 RA 114/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 1), wonach die Rechtsqualität des Begriffs Anspruch danach zu bestimmen sei, ob die Waise Wehr- bzw Zivildienst geleistet habe, lasse sich weder mit dem gesetzgeberischen Willen noch mit Sinn und Zweck der Regelung des § 311 SGB VI begründen. Im Übrigen sei § 48 Abs 4 SGB VI so konzipiert, dass in Fällen der Ableistung von Wehr- oder Ersatzdienst die Nichtleistung der Rente vorgesehen sei; eine "Ruhensvorschrift" gebe es nicht. Das Gesetz enthalte auch keine planwidrige Lücke, die durch richterliche Rechtsfortbildung zu schließen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. April 2001 sowie das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17. Oktober 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er stützt sich im Wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils sowie die Rechtsprechung des 4. Senats.

m

II

Die zulässige Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2000, soweit darin über die Höhe des monatlichen Zahlungsanspruchs des Klägers für die Zeit vom 1. September 1999 bis 31. August 2002 entschieden ist. Was die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Halbwaisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahrs angeht, den die Beklagte (dem Grunde nach) für die genannte Zeit bejaht hat, ist der Bescheid hingegen nicht angefochten und daher bindend geworden (zu den beim Rentenanspruch zu unterscheidenden Verfügungssätzen vgl BSG Urteile vom 18. Juli 1996 - 4 RA 108/94 - SozR 3-2600 § 300 Nr 7 und vom 23. Juni 1999 - B 5 RJ 4/98 R - BSGE 84, 120, 121 = SozR 3-2600 § 311 Nr 4). Soweit der Bescheid angefochten ist, ist er rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dies haben die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend erkannt. Die Beklagte hat den Betrag, in dessen Höhe sie die dem Kläger zuerkannte Halbwaisenrente ab 1. September 1999 wegen des Zusammentreffens mit einer entsprechenden UV-Rente noch zu zahlen hat, auf der Grundlage einer Neufeststellung der Rentenhöhe nach den Vorschriften des SGB VI und in Anwendung von § 93 SGB VI ermittelt. Dazu war sie nicht berechtigt. Der durch § 311 SGB VI für eine Waisenrente eingeräumte Bestandsschutz entfällt jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - die Rente über den 31. Dezember 1991 hinaus und danach nur deswegen nicht fortlaufend geleistet wird, weil der Berechtigte seine gesetzliche Zivildienstpflicht erfüllt.

1. Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des SGB VI (§ 300 Abs 1 SGB VI). § 311 SGB VI enthält für das Zusammentreffen eines Anspruchs auf Rente mit einer UV-Rente eine besondere, vom sonstigen Recht des SGB VI abweichende Regelung (Sonderregelung) für die Anrechnung von Leistungen aus der Unfallversicherung für Fälle, in denen sich ohne diese Regelung andere Rentenleistungen als nach dem durch das SGB VI abgelösten Recht - hier des RKG - ergeben. Dies trifft auf die Situation des Klägers zu.

a) Beim Zusammentreffen mit einer UV-Rente blieb nach dem RKG bei der Halbwaisenrente der Erhöhungsbetrag freigestellt: Nach § 76 Abs 4 RKG (ebenso § 1279 Abs 4 Reichsversicherungsordnung (RVO), § 56 Abs 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG)) ruhte in diesem Fall die RV-Rente ohne Erhöhungsbetrag insoweit, als sie zusammen mit der UV-Rente jährlich ein Fünftel der allgemeinen Bemessungsgrundlage, die für das Todesjahr des Versicherten galt, überstieg. Der Erhöhungsbetrag für die Halbwaisenrente war am Kinderzuschuss ausgerichtet (§ 69 Abs 6 Satz 3, § 60 Abs 4 RKG). Wie sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten ergibt und zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, war unter der Anwendung des alten Rechts die RV-Rente des Klägers lediglich in Höhe dieses anrechnungsfreien Teils zu zahlen.

b) Das SGB VI hat den Erhöhungsbetrag iS des § 69 Abs 6 Satz 3 RKG für Waisenrenten nicht übernommen, sondern in § 78 SGB VI den - an der Beitragsleistung des Versicherten orientierten - Zuschlag eingeführt. Die völlig andere Berechnungsweise des Zuschlags verbietet, ihn dem Erhöhungsbetrag iS des früheren Rechts gleichzustellen (vgl Senatsurteil aaO - B 5 RJ 4/98 R - BSGE 84, 120 = SozR 3-2600 § 311 Nr 4).

Beim Zusammentreffen mit einer UV-Rente wird nach der Grundvorschrift des § 93 SGB VI die RV-Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge für RV- und UV-Rente vor Einkommensanrechnung den jeweiligen - nach Maßgabe des § 93 Abs 2 und 3 ermittelten Grenzbetrag - übersteigt (§ 93 Abs 1 SGB VI). Dabei ist der Zuschlag für die Waisenrente nicht freigestellt; es kann daher - wie vorliegend - dazu kommen, dass kein Zahlbetrag verbleibt.

2. Demgegenüber bezweckt die Übergangsregelung des § 311 SGB VI, dass im Ergebnis die Anrechnung der UV-Rente entsprechend den früheren Anwendungsbestimmungen vorgenommen wird; zugleich stellt die Vorschrift sicher, dass keine Neufeststellung der Rente erfolgt (vgl VerbandsKomm § 311 RdNr 3, Stand 1. Januar 1998). Erfolgt keine Neufeststellung, bleibt der Waise auch der auf den Erhöhungsbetrag entfallende Anteil ihrer RV-Rente erhalten; abweichend von § 93 SGB VI bleibt er nach § 311 Abs 2 Nr 1 Buchst c SGB VI bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Renten unberücksichtigt (vgl BSG Urteil vom 23. Juni 1999 - B 5 RJ 4/98 R - BSGE 84, 120 = SozR 3-2600 § 311 Nr 4).

a) Voraussetzung für die Anwendung des § 311 SGB VI ist, dass am 31. Dezember 1991 ein "Anspruch" auf eine Rente bestand, der mit einem entsprechenden Anspruch auf eine UV-Rente zusammentraf. Der Begriff "Anspruch", der seinem Wortlaut nach sowohl den Grundanspruch als auch den Einzelanspruch auf Rentenzahlung für einen bestimmten Zeitraum meinen kann, knüpft nach Systematik und Gesetzeszweck des § 311 SGB VI jedenfalls im Grundsatz an das Bestehen eines monatlichen Zahlungsanspruchs an (vgl BSG Urteile vom 31. März 1998 - B 4 RA 114/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 1 und vom 13. Januar 1999 - B 13 RJ 1/98 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 3). Das Bestehen eines Rentenanspruchs am 31. Dezember 1991 iS des § 311 SGB VI setzt demnach grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte zu diesem Zeitpunkt die Auszahlung der Rente beanspruchen konnte. Dies stimmt mit der Intention des Gesetzgebers des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) überein, für laufende Renten das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht über das Zusammentreffen mit Unfallrenten aufrechtzuerhalten (vgl die Gesetzesbegründung BT-Drucks 11/4124, S 207 f zu § 302, jetzt: § 311 SGB VI). Es wird dadurch das Vertrauen des Berechtigten in den Fortbestand derjenigen Berechnungsweise geschützt, die bis zum 31. Dezember 1991 bei einem Zusammentreffen von RV- und UV-Renten galt, und bei der sich die Berechtigten auf Rentenzahlungen in bestimmter Höhe eingerichtet hatten. Mithin handelt es sich um eine Bestandsschutzvorschrift (vgl auch BSG Urteil vom 23. Juni 1999 - B 5 RJ 4/98 R - BSGE 84, 120 = SozR 3-2600 § 311 Nr 4) für die Ermittlung der Höhe des am 31. Dezember 1991 bestehenden monatlichen Zahlungsanspruchs in Anrechnung der gleichzeitig geleisteten UV-Rente.

b) Im Fall des Klägers bestand am 31. Dezember 1991 ein Zahlungsanspruch auf Halbwaisenrente, mit dem ein ebensolcher Anspruch auf UV-Rente zusammentraf. In Anwendung des § 311 SGB VI hatte die Beklagte nach Inkrafttreten des SGB VI am 1. Januar 1992 von der (nach § 307 SGB VI lediglich umzuwertenden) Rente des Klägers auch weiterhin einen Teilbetrag zu zahlen. Der Bestandsschutz des § 311 SGB VI entfiel in der Folgezeit nicht schon deswegen, weil die Rente nur befristet gewährt worden war. Als - hier gesetzlich vorgesehene (§ 102 Abs 4 Satz 1 SGB VI) - Nebenbestimmung iS des § 32 Abs 2 Nr 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) regelt die Befristung als solche lediglich den Leistungszeitraum. Deshalb bleibt es grundsätzlich bei der verfügten Höhe des Zahlungsanspruchs, wenn in einem weiteren Bescheid die Befristung geändert wird. Das gilt auch für eine Wiederholung der Befristung (§ 102 Abs 4 Satz 2 SGB VI), die von der Beklagten mehrmals, zuletzt im Bescheid vom 25. August 1997 ausgesprochen wurde. Denn in diesem Bescheid wurde die Rente nicht eigenständig und voll inhaltlich erneut bewilligt, sondern lediglich bis zum 31. Juli 1998 verlängert (zum Unterschied zur Rente auf Zeit vgl BSG Urteile vom 26. Juni 1990 - 5 RJ 62/89 - SozR 3-1500 § 77 Nr 1 und vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 31/96 - SozR 3-2600 § 300 Nr 8).

3. Wie der 5. Senat des BSG bereits in seinem Urteil vom 23. Juni 1999 (B 5 RJ 4/98 R - BSGE 84, 120 = SozR 3-2600 § 311 Nr 4) ausgeführt hat, enthält § 311 SGB VI keine ausdrückliche Einschränkung im Hinblick auf den Leistungszeitraum oder die Leistungsdauer der Rente, auf die am 31. Dezember 1991 ein Anspruch bestand; allerdings ist danach grundsätzlich kein Raum mehr für den durch § 311 SGB VI gesicherten Bestandsschutz, wenn der geschützte Rentenanspruch entfällt und zu einem späteren Zeitpunkt nach den Vorschriften des SGB VI erneut entsteht und vollinhaltlich neu festgestellt wird. Dann folgt der monatliche Zahlungsanspruch dem neuen Recht, und die UV-Rente ist nach § 93 SGB VI anzurechnen. Dieser Fall ist grundsätzlich auch gegeben, wenn der geschützte Rentenanspruch entfällt, weil der für ihn durch eine Befristung bestimmte Leistungszeitraum endet, ohne dass ein Anspruch auf Weitergewährung besteht.

a) Im vorliegenden Fall hätte sich allerdings trotz des Bescheids vom 10. Juni 1998, mit dem der Wegfall der Rente zum 31. Juli 1998 verfügt worden war, am fortwirkenden Bestandsschutz nichts geändert, wenn ab 1. August 1998 ein weiterer Verlängerungstatbestand vorgelegen hätte. Denn der Regelungsgehalt des Bescheids vom 10. Juni 1998 erschöpft sich ausschließlich darin, den im früheren Bescheid vom 25. August 1997 schon genannten Zeitpunkt, zu dem die zuerkannte Rente endet, zu bestätigen. Ohne eine Verpflichtung zur Aufhebung nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X wäre daher die Beklagte nicht gehindert gewesen, die mit diesem Datum bestimmte Frist durch Wiederholung der Befristung gemäß § 102 Abs 4 Satz 2 SGB VI zu ändern, wenn sich herausgestellt hätte, dass die Voraussetzungen für die Weitergewährung der Rente auch über diesen Zeitpunkt hinaus und damit für eine erneute Wiederholung der Befristung gegeben waren. Der durch § 311 SGB VI geschützte Zahlungsanspruch des Klägers und damit die Möglichkeit zur Weitergewährung durch Wiederholung der Befristung war nur deswegen entfallen, weil der Kläger ab 1. August 1998 seinen Zivildienst angetreten hatte und während dieser Zeit kein Verlängerungstatbestand iS des § 48 Abs 4 Nr 2 SGB VI gegeben war.

b) Die Erfüllung einer gesetzlichen Dienstleistungspflicht darf den Dienstleistungspflichtigen aber in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zum Nachteil gereichen. Diesem Grundsatz folgt das Recht des SGB VI ebenso wie das frühere Recht der Rentenversicherung. Während des Wehr- oder Zivildienstes wird die Waisenrente zwar nicht gewährt; es liegt keine Schul- oder Berufsausbildung vor, und der Unterhalt ist durch andere öffentlich-rechtliche Leistungen gesichert (vgl BSG Urteil vom 7. Juli 1970 - 12 RJ 36/70 - SozR Nr 40 zu § 1267 RVO), jedoch besteht Versicherungspflicht, und zwar zu Lasten des Bundes und auf der Grundlage der bezogenen Verdienstausfallentschädigung bzw von 60 vH der Bezugsgröße (§ 3 Satz 1 Nr 2, § 166 Abs 1 Nr 1 und § 170 Abs 1 Nr 1 SGB VI). Ferner erhöht sich für den Fall der Unterbrechung oder Verzögerung einer Schul- oder Berufsausbildung durch gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst nach § 48 Abs 5 SGB VI die für den Waisenrentenanspruch maßgebliche Altersbegrenzung um den entsprechenden Zeitraum. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht Anspruch auf die Waisenrente auch während unvermeidbarer Zwangspausen zwischen dem Ende des Wehr- oder Zivildienstes und der Aufnahme einer weiteren Ausbildung (vgl BSG Urteile vom 15. Februar 1979 - 5 RJ 56/77 - SozR 2200 § 1290 Nr 15, vom 30. März 1994 - 4 RA 45/92 - SozR 3-2200 § 1267 Nr 3 und vom 27. Februar 1997 - 4 RA 21/96 - SozR 3-2600 § 48 Nr 1). Wie der 4. Senat in seinem Urteil vom 31. März 1998 (B 4 RA 114/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 1) ausgeführt hat, wäre es mit Art 3 GG auch nicht vereinbar, wenn Wehr- und Zivildienstleistende dadurch benachteiligt würden, dass sie im Ergebnis allein deswegen keine oder niedrigere Zahlungsansprüche haben, weil der Rentenbezug am 31. Dezember 1991 wegen Erfüllung der gesetzlichen Dienstpflicht unterbrochen war. Die gleiche Überlegung muss nach Auffassung des erkennenden Senats erst recht in Bezug auf den Wegfall des Bestandsschutzes für einen am 31. Dezember 1991 bestehenden Zahlungsanspruch gelten. Die nach früherem Recht gewährte Waisenrente ist nach Beendigung des ihre Weitergewährung unterbrechenden Zivildienstes für die Dauer der daran anschließenden Schul- oder Berufsausbildung unverändert so zu gewähren, als ob die Unterbrechung nicht eingetreten wäre.

Der Senat lässt dabei dahinstehen, ob mit dem Wegfall eines Verlängerungstatbestands vor Vollendung des 27. Lebensjahrs nur - wie das LSG unter Bezug auf die Ausführungen im Urteil des 4. Senats (aaO SozR 3-2600 § 311 Nr 1) meint - der Zahlungsanspruch entfallen ist oder auch der Grundanspruch auf die Waisenrente, wie die Beklagte geltend macht. Wie oben dargelegt, lässt § 311 Abs 1 SGB VI offen, ob der danach gewährte Bestandsschutz nur greift, wenn die Rente, auf die am 31. Dezember 1991 ein Zahlungsanspruch bestand, nach diesem Zeitpunkt kontinuierlich weitergewährt wird (vgl BSG Urteil vom 23. Juni 1999 - B 5 RJ 4/98 R - BSGE 84, 120, 125 = SozR 3-2600 § 311 Nr 4). Es ist in diesem Zusammenhang zweifelhaft, ob - wie das LSG offenbar meint - aus der Vorschrift des § 88 Abs 2 Satz 2 SGB VI und des § 306 Abs 2 SGB VI der allgemeine Rechtsgedanke abgeleitet werden kann, dass bei einer Unterbrechung des Waisenrentenbezugs bis zu 24 Monaten der Zahlbetragsschutz erhalten bleibt. § 306 Abs 2 SGB VI bestimmt, dass bei einer Unterbrechung der Rentenleistung von weniger als 24 Kalendermonaten "diese Rente" nur neu zu berechnen ist, wenn in der Zeit der Unterbrechung Entgeltpunkte für Beitragszeiten zu ermitteln sind. § 306 Abs 2 SGB VI befasst sich also ausdrücklich nur mit der unter bestimmten Voraussetzungen vorzunehmenden Neubestimmung der Entgeltpunkte und setzt voraus, dass es sich um "diese Rente", dh dieselbe Rente handelt (vgl BSG Urteil vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 31/96 - SozR 3-2600 § 300 Nr 8 - zur Rente auf Zeit; zum Erfordernis "derselben Rente" Niesel in Kasseler Komm, § 306 SGB VI, RdNr 6, Stand Juni 1998; Störmann in GesamtKomm, § 306 Anm 4b, Stand März 1996; Brachmann in Jahn, SGB für die Praxis § 306 SGB VI RdNr 4, Stand 1. August 1998). Letzteres, also ein Anspruch auf "dieselbe Rente", ist jedenfalls bei einer bloßen Unterbrechung der fortlaufenden Weitergewährung durch gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst gegeben. Demzufolge ist § 311 SGB VI in dem Sinn zu verstehen, dass diese Vorschrift bei einer Unterbrechung des Waisenrentenbezugs durch die Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder einen gleichgestellten Dienst gleichfalls gilt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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