L 17 P 24/00

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88/21 P 138/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 P 24/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. März 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist, ob die Beklagte Fahrtkosten für häusliche Krankengymnastikbehandlungen und ambulante Arztbesuche übernehmen muss.

Die Klägerin ist aufgrund einer Nervenerkrankung seit 1992 als Beamtin im Ruhestand und als Pflegebedürftige nach Pflegestufe III anerkannt. Sie ist bei der Beklagten privat kranken- und pflegeversichert.

Mit einer am 19. September 1996 beim Amtsgericht Charlottenburg erhobenen Klage hat die Klägerin 1. die Anerkennung einer von ihr beschäftigten Pflegekraft als Einzelpflegekraft und 2. die Übernahme von Fahrtkosten für ambulante Arztbehandlung sowie für Krankengymnastikbehandlung verlangt.

Mit Beschluss vom 31. Januar 1997 hat das Amtsgericht die Klage zu dem unter Ziffer 1 erhobenen Anspruch an das Sozialgericht verwiesen und zu dem unter Ziffer 2 genannten Anspruch an das örtlich zuständige Amtsgericht Schöneberg. In einer mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 1997 hat das Amtsgericht Schöneberg auch den Rechtsstreit hinsichtlich der Übernahme von Fahrtkosten an das Sozialgericht Berlin verwiesen, da die Klägerin klargestellt hatte, dass es ihr ausschließlich um eine Leistungsverpflichtung aus der Pflegeversicherung gehe.

Das Sozialgericht hat die zuletzt genannte Klage durch Gerichtsbescheid vom 17. März 2000 abgewiesen. Aus dem zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Pflegeversicherungsvertrag ergebe sich kein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten, dies sei im Übrigen auch zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Klägerin berufe sich auf einen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes (GG). Insoweit habe die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, dass auch die Pflegeversicherung im Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) lediglich in § 41 SGB XI die Kostenübernahme bei der An- und Abreise zu Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege vorsehe. Im Übrigen bestehe kein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten. Es bestehe auch keine gesetzliche Regelungslücke, da im Rahmen der Pflichtversicherung Fahrtkosten von der gesetzlichen Krankenkasse getragen würden und im Rahmen der Lohn- und Einkommensteuer Privatfahrten bei Behinderten mit einem GdB von mindestens 80 in angemessenem Umfang als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden könnten. Zusätzlich gebe es im Land Berlin die sogenannte Telebusbeförderung. Der Gesetzgeber habe somit keine Veranlassung gehabt, im Rahmen der Pflegeversicherung eine eigenständige Fahrtkostenerstattung zu normieren.

Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der die Klägerin geltend macht, selbstverständlich würden notwendige Arztfahrten in der Praxis von den gesetzlichen Kassen übernommen. Das Gericht habe sich auch nicht mit der Tatsache befasst, dass der Krankengymnastikhausbesuch nicht von der Beklagten übernommen werde. Des Weiteren hat die Klägerin ausgeführt, sie könne eine Reihe von AOK- und BKK-Patienten benennen, die Krankenversicherungsleistungen für Transporte erhielten. Sie sei seinerzeit gezwungen worden, ihre bisherige gesetzliche Krankenversicherung aufzugeben und sich privat zu versichern. Jetzt stelle sich heraus, dass die private Versicherung Deckungslücken enthalte. Es gehe darum, jetzt eindeutiges Unrecht auszuräumen, nämlich Ungleichbehandlung nach Artikel 3 GG und zwar nicht im Pflegerechtsbereich, sondern im Krankenversicherungsbereich.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ihr entstandenen Aufwendungen für Fahrtkosten für ambulante Arztbesuche und häusliche Krankengymnastikbehandlungen zu erstatten und festzustellen, dass die Beklagte auch künftig diese Kosten zu erstatten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.

Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 88/21 P 138/98 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der begehrten Fahrtkosten, wobei es sich insofern, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, nur um den Anteil der Fahrtkosten handeln kann, der nicht bereits von der Beihilfe übernommen wurde (30 %).

Ein solcher Anspruch auf Fahrtkosten ergibt sich nicht aus dem von der Klägerin mit der Beklagten geschlossenen privaten Versicherungsvertrag. Die zum Gegenstand des Vertrags gewordenen allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung der Beklagten (MB/PPV 1995) sehen in § 4, der den Umfang der Leistungspflicht regelt, die Erstattung von Fahrtkosten nicht vor. Die Beklagte ist daher nicht gemäß § 178 b Abs. 4 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) zum anteiligen Ersatz der Aufwendungen für Fahrtkosten verpflichtet.

Die vertraglichen Bestimmungen des MB/PPV 1995 entsprechen auch den Regelungen in der sozialen Pflegeversicherung, wie dies § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB XI verlangt. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass auch in der sozialen Pflegeversicherung die Erstattung von Fahrtkosten nur in zwei Ausnahmefällen möglich ist, deren Voraussetzungen die Klägerin nicht geltend macht; nämlich nach § 39 SGB XI im Falle der Verhinderungspflege und nach § 41 Abs. 1 SGB XI bei der Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zu Einrichtungen der Tages- oder der Nachtpflege. Die Tatsache, dass das SGB XI im Übrigen keine Möglichkeit zur Erstattung von Fahrtkosten aufzählt, ist als beredtes Schweigen des Gesetzgebers zu werten in dem Sinne, dass daraus geschlossen werden kann, dass eine Fahrtkostenerstattung über die im Einzelnen genannten Fälle hinaus nicht in Betracht kommt. Auch hierauf hat das Sozialgericht zutreffend verwiesen.

Soweit man dem Vortrag der Klägerin entnehmen wollte, sie begehre in diesem Verfahren hilfsweise auch die Erstattung von Fahrtkosten durch die Beklagte aus ihrem mit der Beklagten abgeschlossenen privaten Krankenversicherungsvertrag, würde es sich um eine Klageänderung handeln, die nach § 99 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unzulässig wäre, da sich die Beklagte hierauf nicht eingelassen hat und das Gericht die Änderung auch deshalb nicht für sachdienlich hält, weil das Gericht für Streitigkeiten aus der privaten Krankenversicherung nach § 51 SGG überhaupt nicht zuständig wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie entspricht der Entscheidung in der Hauptsache.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 SGG nicht vorlag.
Rechtskraft
Aus
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