L 3 U 1/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 978/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 1/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2001 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung eines Unfallereignisses vom 7. Januar 1994 im Wege der Neufeststellung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).

Der Kläger - geboren 1973 - war ab 1993 als Aufzugsmonteur bei der Firma M S tätig. Laut ärztlichem Attest des Praktischen Arztes und Arztes für Chirurgie W F M war er am 7. Januar 1994 wegen einer Schulterluxation rechts von ihm untersucht und konservativ behandelt worden. In dem 3 ½ Jahre später erstellten Durchgangsarztbericht vom 10. Oktober 1997 gab Dr. H, Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften Berlin, an, der Kläger habe gemäß vorgelegter Arztbescheinigung am 7. Januar 1994 eine fragliche passagere Schulterluxation rechts erlitten. Eine Reposition sei damals angeblich nicht notwendig gewesen, weil sich das Schultergelenk spontan wieder einkugelte. Der damals behandelnde Praktische Arzt habe eine Durchgangsarztvorstellung nicht veranlasst, weil der Kläger weniger als drei Tage arbeitsunfähig gewesen sei. Der Kläger habe sich Anfang 1997 wegen gelegentlicher Schulterbeschwerden beim Kampfsport dem Orthopäden und Sportarzt Dr. Mu vorgestellt. Das von diesem veranlasste MRT vom 31. Januar 1997 habe einen angeblichen Knorpelschaden ergeben. Die von Dr. H veranlassten Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenkes zeigten eine regelrechte Gelenkstellung und keinen Hinweis auf eine durchgemachte Fraktur bzw. wesentliche vorzeitige Arthrose oder gelenkkapselnahe Weichteilverkalkungen.

Der Kläger führte in dem Fragebogen vom 26. Oktober 1997 zum Unfallhergang aus, ihm sei am 7. Januar 1994 bei Arbeiten im Aufzugsschacht des S-Bahnhofs Innsbrucker Platz beim Holen seines Rucksacks die Leiter weggerutscht und er habe sich dabei seinen rechten Arm verdreht. Er habe im Schockzustand seine Schulter gegen die Wand gestoßen und dabei habe sich das Schultergelenk wieder eingerenkt. Er habe am Unfalltag den Praktischen Arzt M aufgesucht, der keinen Unfallbericht aufgenommen habe. Dieser habe eine Schulterluxation diagnostiziert und ihn weder krankgeschrieben noch weiterbehandelt. Er selbst habe sieben Jahre lang Kampfsport betrieben, jedoch seit dem Unfall ihn nur noch selten ausgeübt. Die Firma M S teilte auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 24. November 1997 mit, sie könnten über den oben genannten Unfall keine näheren Angaben machen, da sie selbst erst kürzlich davon in Kenntnis gesetzt worden seien und der Unfall in ihren Unterlagen nicht dokumentiert worden sei. Der damals behandelnde Praktische Arzt M bestätigte in einem Vermerk vom 10. Dezember 1997 die Behandlung des Klägers vom 7. Januar 1994 wegen Schulterluxation rechts, wobei von einem Arbeitsunfall damals nichts berichtet worden sei. Der vom Kläger benannte Arbeitskollege C A gab in seiner schriftlichen Befragung vom 29. Januar 1998 an, der Unfall, bei dem er nicht Augenzeuge gewesen sei, habe sich am 10. Januar 1994 im Maschinenraum des Aufzuges S-Bahnhof Innsbrucker Platz beim Absteigen von einer Leiter ereignet. Er habe keine Verletzungen des Klägers gesehen. Die Ehefrau des Klägers berichtete in ihrem Schreiben vom 18. Februar 1998, ihr Ehemann habe sie am Unfalltag telefonisch über den Arbeitsunfall informiert und sich wegen der erheblichen Schmerzen in ärztliche Behandlung bei Dr. M begeben. Dieser habe lediglich eine Salbe und Bestrahlungen durch Rotlicht auf die schmerzende Stelle verordnet. Obwohl ihr Ehemann über sehr ernstzunehmende Beschwerden wie Übelkeit, Schweißausbrüche, Blässe und vor allem die selbstkurierte, ausgekugelte Schulter berichtet habe, sei ihr Mann von Dr. M nicht krankgeschrieben und es seien auch keine Röntgenbilder veranlasst worden.

Die Beklagte holte einen Befundbericht von dem behandelnden Orthopäden Dr. med. N M vom 16. April 1998 ein, der eine Behandlung des Klägers ab 16. Januar 1997 bis 5. Februar 1997 wegen "Knacken rechte Schulter" bescheinigte. Laut dem beigefügten MRT-Befund der rechten Schulter vom 3. Februar 1997 durch Dr. med. T lag keine Ruptur der Rotatorenmanschette, ein defektes Labrum glenoidale ventral im caudalen Drittel, keine knöcherne Bankartläsion sowie eine flache Hill-Sachs’sche-Delle nach Luxation vor. Aus dem beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Berlin vom 5. Juni 1998 ergab sich, dass der Kläger vom 14. Januar 1994 bis 4. Februar 1994 wegen eines depressiven Syndroms und vom 28. November 1995 bis 9. Januar 1996 wegen multipler Prellungen arbeitsunfähig erkrankt war. Die Prellungen hatte er sich laut Durchgangsarztbericht von Dr. L, Krankenhaus A U, vom 28. November 1995 bei einem Arbeitsunfall am 28. November 1995 zugezogen, als er bei einer Materialanlieferung im V Klinikum in einen Schacht gefallen war.

Mit Bescheid vom 27. August 1998 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung ab, da ein Arbeitsunfall vom 7. Januar 1994 mit der Folge einer Verletzung des rechten Schultergelenkes nicht nachgewiesen worden sei. Aus den Angaben des erstbehandelnden Arztes M vom 7. Januar 1994 gehe nicht hervor, dass der Kläger den Unfall während der Arbeit erlitten habe. Auch der damalige Kollege A habe nicht bestätigen können, dass er als

Augenzeuge den Unfall, den er auf den 10. Januar 1994 datiert habe, gesehen habe. Das vom Kläger behauptete Ereignis habe durch sämtliche erreichbaren Beweismittel nicht wahrscheinlich gemacht werden können, so dass er die Folgen der objektiven Beweislosigkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen zu tragen habe.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch bat der Kläger um Überprüfung des Sachverhalts und verwies auf den vorgelegten Durchgangsarztbericht von Dr. H vom 8. September 1998, der darin ein cervikal ausgelöstes Schulter-Arm-Syndrom rechts sowie differentialdiagnostisch fraglich durchgemachte passagere Schulterluxation rechts ("seinerzeit nicht ausreichend dokumentiert") aufführte. Auf dem beigefügten MRT-Befund vom 3. Februar 1997 vermerkte er handschriftlich, dass eine Schulterluxation mit hoher Wahrscheinlichkeit stattgefunden habe. Der Kläger machte weiterhin geltend, er sei für die Fehlleistung des damalig behandelnden Arztes Dr. M nicht verantwortlich zu machen. Sein Arbeitskollege habe den Arbeitsunfall nicht geleugnet, sondern sich lediglich im Datum des Geschehens geirrt. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Nach der Vernehmung des Zeugen A in der mündlichen Verhandlung vom 6. September 1999 nahm der Kläger auf Anregung des Gerichts im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme die Klage zurück. Der Zeuge hatte bekundet, der Kläger habe ihm über eine Beeinträchtigung der Schulter bei der Arbeit berichtet, ob am gleichen Tage oder erst tags darauf, wisse er nicht mehr genau, ein konkretes Unfallereignis habe er nicht in Erinnerung. Es könne sein, dass er sich beim ursprünglich aus dem Gedächtnis angegebenen Unfalldatum geirrt habe. Er habe nicht bemerkt, dass der Kläger bei der Verrichtung seiner Arbeiten nach dem Unfall behindert gewesen sei. Nach seiner Erinnerung habe der Kläger nur zwei Tage an der fraglichen Baustelle gearbeitet und die Arbeitsstelle nicht vorzeitig verlassen. Arbeitsschluss sei freitags um 12.30 Uhr gewesen.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2000 beantragte der Kläger die Überprüfung der bestandkräftigen Bescheide nach § 44 SGB X. Er berief sich auf die Feststellungen von Dr. H, der die bei dem Kläger später aufgetretenen Schulter- und Brustwirbelsäulenbeschwerden als zu dem Unfallereignis passend bewertet habe. Auch die behandelnden Ärzte M und Dr. T hätten einen Zustand nach Luxation bestätigt. Er habe Dr. M, der freitags nur bis 14.00 Uhr geöffnet habe, nach dem Arbeitsunfall gegen Mittag aufgesucht. Es habe zwischen der Ableistung der Arbeit und dem Aufsuchen des Arztes ein unmittelbarer Zusammenhang bestanden, der ebenfalls Rückschluss auf den Arbeitsunfall zulasse. Er habe auch seiner Ehefrau nach der Rückkehr vom Arzt den Unfallhergang geschildert, so dass sich auch hieraus ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ergebe. Es sei deshalb eine Zusammenhangsbegutachtung erforderlich, da er vor dem Unfall in keiner Behandlung wegen Schulterbeschwerden gestanden habe.

Mit Bescheid vom 13. Juli 2000 lehnte es die Beklagte ab, den bestandskräftigen Bescheid vom 27. August 1998 nach § 44 Abs. 1 SGB X aufzuheben. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass mit dem von ihm vorgetragenen Sachverhalt die erheblichen Zweifel, die am Vorliegen eines Arbeitsunfalls bestünden, nicht hätte beseitigt werden können. Nach wie vor sprächen die Tatsachen, dass der Unfall weder dem Arbeitgeber gemeldet noch gegenüber dem behandelnden Arzt Dr. M nachweisbar angegeben worden seien, gegen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, er habe seinerzeit gegenüber dem Arbeitgeber den Unfall nicht gemeldet, weil er nach Aufsuchen von Dr. M davon ausgegangen sei, dass die Schulterluxation ohne nennenswerte Spätfolgen ausheilen würde und im Übrigen seine Ehefrau auch bestätigen könnte, dass er ihr gegenüber am Tage des Arbeitsunfalls einen genauen Unfallhergang geschildert habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2000 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt, da er nach wie vor unter Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks nach Luxation im Rahmen des Arbeitsunfalls leide. Er legt zur Stützung seines Begehrens ein Schreiben von Dr. H vom 15. März 2000 vor, worin dieser ein Zusammenhangsgutachten hinsichtlich der Unfallfolgen des fraglichen Arbeitsunfalls vom 7. Januar 1994 anregt.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Berlin durch Gerichtsbescheid vom 23. November 2001 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sich am 7. Januar 1994 bei einer versicherten Arbeitstätigkeit eine Luxation der rechten Schulter zugezogen habe. Gegen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls spreche jedoch, dass ein solcher weder vom Kläger dem Arbeitgeber gemeldet worden, noch von dem erstbehandelnden Arzt M eine Unfallanzeige erstattet worden sei. Auch die Tatsache, dass der Kläger in der Folgezeit nach dem Unfall trotz der nach seinen Angaben stetig zunehmenden Beschwerden über mehrere Jahre hinweg weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber seinem Arbeitgeber oder seinen Ärzten auf den Arbeitsunfall als Ursache hingewiesen habe, spreche gegen die Existenz eines solchen Unfalles. Bei der Behandlung durch Dr. M am 16. Januar 1997 habe der Kläger zwar einen Arbeitsunfall als Ursache seiner Beschwerden angegeben, diesen jedoch - laut Bericht von Dr. M vom 16. April 1998 - auf das Jahr 1996 datiert. In dem von Dr. M eingereichten Sonographiebefundbogen sei von einem Zustand nach Schulterluxation Ende 1995 die Rede. Zwar habe der Kläger am 28. November 1995 tatsächlich einen dokumentierten Arbeitsunfall erlitten, bei dem sich jedoch weder Hinweise auf aktuelle Schulterverletzungen noch Hinweise auf frühere arbeitsunfallbedingte Schulterverletzungen hätten finden lassen. Die aufgrund der vorbestehenden Überlegung verbliebenen Zweifel hätten weder durch die vom Kläger vorgebrachten Gesichtspunkte - insbesondere die Darlegungen seiner Ehefrau - noch die Aussagen seines Arbeitskollegen - ausgeräumt werden können.

Gegen den am 6. Dezember 2001 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 7. Januar 2002 (Montag) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er macht geltend, die Zweifel des Gerichts am Vorliegen eines Arbeitsunfalls seien nicht gerechtfertigt. Alle Indizien - die von dem Praktischen Arzt M am 7. Januar 1994 festgestellte Schulterluxation, die Angaben der Ehefrau zu dem von ihm berichteten Ereignis sowie die Aussage von Dr. H, der die fortbestehenden Beschwerden im Bereich der Schulter als adäquat zum geltend gemachten Unfallereignis bewertet habe - sprächen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung - unter Berücksichtigung der typischen Beweisschwierigkeiten eines allein arbeitenden Arbeitnehmers - müsse das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bejaht werden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Juli 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2000 zu verurteilen, den Bescheid vom 27. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1998 zurückzunehmen und dem Kläger unter Anerkennung des Ereignisses vom 7. Januar 1994 als Arbeitsunfall die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung und macht geltend, die angegebenen Indizien für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls genügten den Beweisanforderungen nicht. Die anspruchsbegründende Tatsache eines Arbeitsunfalls bedürfe des vollen Beweises. Die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe, sei nach Abwägung aller Umstände nicht gegeben.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen. Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufzuheben, da sie rechtmäßig sind.

Der bestandskräftige Bescheid vom 27. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1998, mit dem die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 7. Januar 1994 als Arbeitsunfall abgelehnt hatte, erweist sich auch bei erneuter Prüfung im Rahmen des § 44 des Zehnten Buches - Sozialgesetzbuch - (SGB X) als rechtmäßig.

Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte hat sich nicht auf die Bindungswirkung des früheren Bescheides vom 27. August 1998 berufen und deshalb nicht den Überprüfungsantrag ohne weitere Sachprüfung abgelehnt. Sie hat vielmehr in dem angefochtenen Bescheid vom 13. Juli 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2000 ihre erneute ablehnende Entscheidung unter Eingehen auf das Vorbringen des Klägers begründet. Das Sozialgericht war somit nicht gehindert, in eine Sachprüfung einzutreten (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - B 5 RJ 26/00 R -).

Dem Anspruch des Klägers steht der fehlende Nachweis eines Arbeitsunfalls entgegen. Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), der hier zur Anwendung kommt, weil der behauptete Versicherungsfall vor dem Außerkrafttreten des Dritten Buches der RVO am 31. Dezember 1996 eingetreten ist (§ 212 Sozialgesetzbuch - Siebentes Buch - SGB VII), ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128). In der RVO war der Begriff des Unfalls nicht bestimmt. Nach der in der Rechtsprechung und im Schrifttum im Wesentlichen einhellig vertretenen Auffassung ist Unfall ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes Ereignis (vgl. BSGE 23, 139, 141; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56). Nach der in § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nunmehr vorgenommenen Definition sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führen.

Der Kläger hat zwar bereits im Verwaltungsverfahren und im ersten Klageverfahren einen Sachverhalt vorgetragen, der rechtlich als Arbeitsunfall zu werten wäre und eine Entschädigungspflicht der Beklagten auslösen könnte. Die Beklagte und das Sozialgericht haben aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bei dem Kläger liegt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist mit Ausnahme der Fragen der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität, für die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht, für die Feststellung der übrigen entscheidungserheblichen Tatsachen der volle Beweis erforderlich, d.h., alle Voraussetzungen des Arbeitsunfalls müssen in so hohem Grade wahrscheinlich sein, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSGE 61, 127, 128). Das Gericht muss nach dem vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt und dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles von dem Vorliegen der den geltend gemachten Arbeitsunfall begründenden Tatsachen überzeugt sein. Objektiv ist eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, also ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass ein vernünftiger Zweifel ausgeschlossen ist (BSGE 6, 142, 144).

Bereits der vom Kläger behauptete Geschehensablauf als solcher ist nicht bewiesen. Es steht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass dem Kläger - wie er behauptet - am 7. Januar 1994 bei Arbeiten im Aufzugsschacht des S-Bahnhofs I P beim Holen seines Rucksacks die Leiter weggerutscht ist und er sich dabei das Schultergelenk luxiert hat. Soweit sich der Kläger hierfür auf das Zeugnis seines Kollegen C A in seiner Vernehmung vom 6. September 1999 berufen hat, konnte dieser zum Unfallhergang selbst keine Angaben machen, da er nicht Augenzeuge des Unfalls war. Er hat dabei eher vage von "Schulterbeeinträchtigungen" bzw. "Problemen mit der Schulter" des Klägers berichtet. Er konnte sich auch nicht mehr daran erinnern, welche Gründe der Kläger für seine Schulterbeschwerden angegeben hatte. Er konnte auch nicht bestätigen, dass der Kläger die Arbeitsstelle verlassen hatte, um einen Arzt aufzusuchen.

Auch die Angaben der Ehefrau des Klägers, deren Richtigkeit der Senat unterstellt, in ihrem Schreiben vom 18. Februar 1998 über den Hergang des von ihrem Ehemann geschilderten Arbeitsunfalls vermögen die aufgrund des gesamten Vorgangs, des Zeitablaufs, des durch die Befundunterlagen dokumentierten Verhaltens des erstbehandelnden Arztes M bebestehenden Zweifel an dem Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht zu beseitigen.

Zu Recht hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt, gegen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls spreche, dass ein solcher vom Kläger weder dem Arbeitgeber noch dem erstbehandelnden Arzt M gemeldet wurde. Nach Angaben des Arztes ist in seinen Unterlagen kein Arbeitsunfall vermerkt worden. Die Ursache hierfür muss nicht - wie der Kläger behauptet - in einem Fehlverhalten des Arztes liegen, sondern kann auch auf den fehlenden Angaben des Klägers beruhen. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, weshalb der Kläger in der Folgezeit nach dem Unfall trotz angeblich zunehmender Beschwerden über mehrere Jahre hinweg weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber seinem Arbeitgeber oder seinen Ärzten auf die Ursächlichkeit seiner Schulterbeschwerden aufgrund des Arbeitsunfalls vom 7. Januar 1994 hingewiesen hat.

Auch die von Dr. med. H angeregte Zusammenhangsbegutachtung kann die Zweifel, dass der Kläger sich eine Schulterluxation gerade während der Arbeitszeit am 7. Januar 1994 und nicht z.B. an einem Tag vorher bei der Ausübung seines Kampfsportes zugezogen hat, nicht ausräumen. Da für den Unfalltag und die unmittelbar Folgezeit jegliche Röntgenaufnahmen oder sonstigen radiologischen Befunde fehlen und der erste MRT-Befund über den Zustand des rechten Schultergelenkes erst drei Jahre später am 31. Januar 1997 erstellt worden ist, kann die zeitliche Zuordnung angesichts des großen zeitlichen Abstandes von drei Jahren und der fehlenden Zwischenbefundung nur höchst spekulativ Rückschlüsse auf ein behauptetes, aber nicht bewiesenes Unfallereignis vom 7. Januar 1994 erlauben. Eine Zusammenhangsbegutachtung könnte allenfalls den Zusammenhang zwischen bestimmten Beschwerden und einem nachgewiesenen Unfallereignis klären. Sie ist aber - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - ungeeignet das Unfallereignis selbst nachzuweisen.

Da die objektive Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls als Tatbestandsvoraussetzung des geltend gemachten Anspruchs beim Kläger liegt, muss er die Beweislosigkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen tragen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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