L 3 AL 164/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 17 AL 1076/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 164/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 02. September 1999 insoweit aufgehoben, als damit in Abänderung der Bescheide der Beklagten die Dauer der Anspruchsminderung auf 195 Tage herabgesetzt wird. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind für beide Verfahrenszüge nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Arbeitlosengeld (Alg) bereits ab 01. August 1998 und wendet sich deshalb gegen den Eintritt einer Sperrzeit, die Minderung der Anspruchsdauer sowie das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.

Die am ... geborene, geschiedene Klägerin war vom 01. August 1962 bis 31. Juli 1964 als Lehrerin, vom 01. August 1964 bis 14. November 1965 als Erzieherin und vom 26. September 1966 bis 31. Juli 1998 erneut als Lehrerin, zuletzt an der ... Grundschule in D ... beschäftigt.

Sie war zunächst vollzeitbeschäftigt. Ab 01.08.1992 betrug ihre wöchentliche Arbeitszeit entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen und der GEW Sachsen über die freiwillige Teilzeitbeschäftigung von Lehrkräften und Erziehern vom 15. Juni 1992 82,5 % eines vergleichbaren vollbeschäftigten Arbeitnehmers.

Im Jahr 1996 verhandelten die Tarifvertragsparteien erneut über Teilzeitbeschäftigungen. Die Klägerin erhielt in diesem Zusammenhang einen Entwurf zur Änderung ihres Arbeitsvertrages zur Kenntnis, der weitere Stundenreduzierungen für die folgenden Schuljahre (1997/1998: 71,42 %, 1998/1999: 60,71 %, 1999/2000: 57,14%, 2000/2001: 57,14 %, ab 2009/2010; 60,71%) vorsah.

Am 19.03.1997 unterschrieb die Klägerin einen Auflösungsvertrag zum 31. Juli 1998 unter Einhaltung der nach dem BAT-O für die ordentliche Kündigung maßgebenden Frist. Sie erhielt zum Ausgleich für die sozialen Folgen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindungssumme i. H. v. 35.000,00 DM.

Die Klägerin meldete sich am 07. Juli 1998 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Der Arbeitgeber bescheinigte im Abrechnungszeitraum August 1997 bis Juli 1998 folgendes Bruttoarbeitsentgelt:

August 1997: 3.996,85 DM, September bis Dezember 1997: je 4.044,76 DM monatlich, Januar bis Juli 1998: je 4.105,81 DM monatlich.

Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erklärte die Klägerin, sie habe den Aufhebungsvertrag unterschrieben, da sie die Teilzeitvereinbarung aufgrund erheblicher finanzieller Einbußen nicht angenommen habe und einer Kündigung zuvorkommen wollte. Außerdem sei sie der Tätigkeit nervlich kaum noch gewachsen gewesen. Sie habe zudem ihren Arbeitsplatz jüngeren Kollegen zur Verfügung gestellt.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 19. August 1998 den Eintritt einer Sperrzeit vom 01. August 1998 bis 23. Oktober 1998 (12 Wochen) fest. Die Klägerin habe ihre Beschäftigung mit Abschluss des Aufhebungsvertrages selbst aufgegeben. Dabei sei es unerheblich, ob die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrages von ihr oder ihrem ehemaligen Arbeitgeber ausgegangen sei. Die Sperrzeit mindere ihren Anspruch um 242 Tage (§ 128 SGB III).

Die Beklagte stellte ferner mit Bescheid vom 19. August 1998 das Ruhen des Leistungsanspruchs gemäß § 117a AFG in der Zeit vom 24. Oktober 1998 bis 25. November 1998 fest.

Die Klägerin legte gegen die beiden Bescheide vom 25. August 1998 Widerspruch ein. Ihr Arbeitsverhältnis sei auf Veranlassung des Arbeitgebers aufgelöst worden. Nach 35 Dienstjahren sei weder eine Arbeitszeitreduzierung bis auf 57,14 % noch der Eintritt in das Rentenalter unter diesen Bedingungen akzeptabel. Mit dem Aufhebungsvertrag habe sie die betriebsbedingte Kündigung umgehen wollen.

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Festsetzung der Sperrzeit und Minderung des Alg-Anspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 03. November 1998 und den Widerspruch gegen das Ruhen des Alg-Anspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 1998 zurück. Gemäß § 144 SGB III trete eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne einen wichtigen Grund für sein Verhalten zu haben. Die Klägerin habe mit Abschluss des Auflösungsvertrages das Arbeitsverhältnis beendet und ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Ein wichtiger Grund habe ihr nicht zur Seite gestanden. Die Klägerin habe die angekündigte Kündigung des Arbeitgebers abwarten müssen. Diese wäre mangels Sozialauswahl unzulässig gewesen. Außerdem habe das Oberschulamt Dresden in langjähriger Praxis keine Entlassungen gegen den Willen der Arbeitnehmer durchgeführt. Der Auflösungsvertrag sei ferner auch nicht gegen den Willen der Arbeitnehmerin geschlossen worden. Die Minderung des Anspruchs um 242 Tage folge aus § 128 SGB III. Der Anspruch auf Alg ruhe gemäß § 117a AFG in der bis 31. März 1997 geltenden Fassung, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Abfindung erhalte und eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten ist. Der Umfang des Ruhenszeitraumes betrage gemäß § 117a Abs. 2 AFG 33 Kalendertage, mithin den Zeitraum vom 24. Oktober 1998 bis 25. November 1998.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 03. November 1998 hat die Klägerin am 11. Dezember 1998 und gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. November 1998 am 21. Dezember 1998 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben. Das Sozialgericht hat die Verfahren mit Beschluss vom 21. April 1999 verbunden.

Die Klägerin trägt ergänzend vor, sie hätte nach weiterer Stundenreduzierung nicht mehr als Klassenlehrerin tätig sein können. Das sei aufgrund ihres Dienstalters nicht zumutbar. Ein Kündigungsschutzprozess sei ihr aufgrund der Ungewissheit des Erfolges, der damit verbundenen Kosten und der langjährigen Dienstzugehörigkeit ebensowenig zumutbar gewesen.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Oberschulamtes D ... eingeholt, wonach Lehrkräfte an Grundschulen erst mit Wirkung zum 01. Juli 1999 betriebsbedingt gekündigt worden seien, wenn Teilzeitverträge aufgrund der Vereinbarung über die Gestaltung eines sozialverträglichen Personalabbau an Grundschulen des Freistaates Sachsen nicht zustande gekommen seien. Im Jahr 1997 seien 165 Aufhebungsverträge mit Grundschullehrern im Geschäftsbereich des ehemaligen Oberschulamtes D ... geschlossen worden. Bis 31. Juli 1998 seien 705 Arbeitsverhältnisse von Grundschullehrern auf diese Art beendet worden.

Das Sozialgericht Dresden hat den Bescheid vom 19. August 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 1998 mit Urteil vom 02. September 1999 dahingehend abgeändert, dass die Minderung der Anspruchsdauer 195 Tage beträgt. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen.

Zu Recht sei die Beklagte vom Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgegangen. Die Klägerin habe ihr beim Freistaat Sachsen bestehendes Beschäftigungsverhältnis durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages gelöst und dadurch ihre Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt. Der Klägerin habe dafür kein wichtiger Grund zur Seite gestanden. Die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag stelle keinen wichtigen Grund dar, da es dem Arbeitnehmer in der Regel zuzumuten sei, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten. Etwas anderes könne zwar dann gelten, wenn eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden sei, diese Kündigung zum gleichen Zeitpunkt wirksam geworden und arbeitsrechtlich zulässig gewesen wäre. Nach den Angaben des Regionalschulamtes D ... seien betriebsbedingte Kündigungen erstmals zum 01. Juli 1999 ausgesprochen worden. Eine arbeitgeberseitige Kündigung sei zum 31. Juli 1998 aber auch arbeitsrechtlich nicht zulässig gewesen. Bei Abschluss des Aufhebungsvertrages sei weder der Personalrat beteiligt noch eine Sozialauswahl zwischen der Klägerin und anderen Lehrkräften im Bezirk des Regionalschulamtes Dresden vorgenommen worden. Auch die Lösung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung von 35.000,00 DM brutto könne keinen wichtigen Grund begründen. Das sei bei älteren Arbeitnehmern nur dann gerechtfertigt, wenn bei einem größeren Betrieb der Zwang zu einem kurzfristigen und drastischen Personalabbau bestehe, um den Betrieb und damit die verbleibenden Arbeitsplätze zu erhalten (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 14). Eine derartige Sachlage liege hier jedoch nicht vor. Eine besondere Härte i. S. d. § 144 Abs. 3 SGB III sei auch nicht gegeben.

Die Beklagte sei hingegen zu Unrecht von einer Minderung der Anspruchsdauer des Anspruchs auf Alg von 242 Tagen ausgegangen. Nach §§ 128 Abs. 1 Nr. 4, 127 Abs. 2, 339 SGB III mindere sich der Anspruch bei einer Sperrzeit von 12 Wochen um ein Viertel der Anspruchsdauer. Die Klägerin habe einen Alg-Anspruch von 26 Monaten/780 Kalendertagen. Der Anspruch sei damit um lediglich 195 Kalendertage zu mindern.

Die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs auf Alg nach § 427 SGB III, § 242x Abs. 3 AFG i. V. m. § 117a AFG seien gegeben. Die Klägerin habe wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Abfindung erhalten. Aus gleichem Grund sei eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten. Der Anspruch ruhe deshalb nach dem Ende Sperrzeit um weitere 33 Kalendertage.

Das Sozialgericht hat das Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich der Empfangsbekenntnisse am 24. September 1999 und der Beklagten am 28. September 1999 zugestellt.

Die Klägerin und die Beklagte haben gegen das Urteil am 22. Oktober 1999 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt.

Die Klägerin wendet sich gegen den Eintritt der Sperrzeit und ist der Ansicht, sie habe das Arbeitsverhältnis mit wichtigem Grund beendet. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung ihrer Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft sei ihr eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 02. September 1999 aufzuheben und die Bescheide vom 19. August 1998 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03. November 1998 und vom 20. November 1998 aufzuheben und der Klägerin Arbeitslosengeld unter Abänderung des Bescheides vom 03. Dezember 1998 bereits ab 01. August 1998 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 02. September 1999 insoweit abzuändern, als die Minderungstage verkürzt worden sind.

Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht habe die Minderung des Anspruchs auf Alg unzutreffend berechnet. Hier sei gemäß § 427 Abs. 6 SGB III die Vorschrift des § 424x Abs. 3, Abs. 4 AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Die Klägerin habe einen Anspruch auf 832 Tage Arbeitslosengeld, der sich um ein Viertel, nämlich um 242 Tage, mindere. Im Übrigen bezieht sie sich auf die Ausführungen des Sozialgerichts. Die Klägerin habe die Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht dargelegt. Es sei ihr durchaus zumutbar gewesen, vor einvernehmlicher Lösung des Arbeitsverhältnisses Auskünfte über deren Folgen einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr.:0 ...) und die Gerichtsakten beider Verfahrenszügen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Prüfungsgegenstand sind hier die Berufung der Klägerin vom 22. Oktober 1999 und die Berufung der Beklagten vom selben Tag. Es handelt sich um zwei selbstständige Berufungen.

I. Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs.1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben und auch im übrigen zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,- DM. Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 01. August 1998 bis 23. Oktober 1998 und damit eine Zahlung von 3.974,88 DM (12 x 331,24 DM).

Die Berufung ist aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat den Eintritt einer Sperrzeit für den Zeitraum vom 01. August 1998 bis 23. Oktober 1998 und das Ruhen des Anspruchs auf Alg zu Recht bestätigt. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für den Eintritt der Sperrzeit ist § 144 Abs.1 Nr. 1 SGB III. Danach tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Vor der Feststellung des Sperrzeittatbestandes war eine Anhörung nicht erforderlich. Die Anhörungspflicht besteht gem. § 24 Abs.1 SGB X nur vor Erlaß eines Verwaltungsaktes, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift. Mit der Verhängung einer Sperrzeit vor einer Bewilligungsentscheidung wird zwar eine Sozialleistung abgelehnt. Ein Eingriff in eine bestehende Rechtsposititon ist damit aber nicht verbunden. Denn mit der Sperrzeit und dem anschließenden Anspruch auf Alg wird hier erst über Bestehen und Umfang eines Anspruchs entschieden. Damit wird eine Rechtsposition gewährt (vgl. BSG SozR 3-4100 § 139 a Nr. 1) und nicht in eine bestehende Rechtsposition eingegriffen.

Die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit gem. § 144 Abs.1 Nr. 1 SGB II liegen vor.

Die Klägerin hat mit dem Freistaat Sachsen einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Nach gefestigter Rechtsprechung löst ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis dann, wenn er einen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Vertrag schließt (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 28 und 33; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 9). Mit dem Aufhebungsvertrag vereinbarte die Klägerin die Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses zum 31. Juli 1998.

Die Klägerin hat ihre Arbeitslosigkeit auch vorsätzlich herbeigeführt. Denn sie hatte bei Abschluß des Aufhebungsvertrages keine Aussicht auf einen Anschlußarbeitsplatz (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 28 ). Sie beabsichtigte vielmehr, bis zum Eintritt in das Rentenalter Leistungen des Arbeitsamtes zu beziehen.

Der Klägerin stand kein wichtiger Grund für ihr Verhalten zur Seite.

Nach Sinn und Zweck der Sperrzeittatbestände soll unter Abwägung der Interessen der Versicherten mit denen der Versichertengemeinschaft eine Sperrzeit dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles kein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Bei der Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses ist ein wichtiger Grund dann gegeben, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sein Interesse ansonsten in unbilliger Weise geschädigt würde (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 17; BSG Urt. vom 18.03.1997, Az.:n 11 RAr 25/96 und 11 RAr 17/96). Der wichtige Grund muß im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses objektiv vorgelegen haben.

Die festgestellten Umstände begründen eine solche Unzumutbarkeit nicht.

Die Klägerin hat den Aufhebungsvertrag hauptsächlich abgeschlossen, um die mit der bevostehenden Stundenreduzierung verbundenen finanziellen Nachteile auszuschließen. Die seitens des Arbeitgebers angestrebte Teilzeitvereinbarung bedurfte jedoch der Zustimmung der Klägerin. Eine Änderung des Arbeitsvertrages wäre hierzu erforderlich gewesen. Die Klägerin war nicht verpflichtet, den Änderungsvertrag abzuschließen. Damit hätte sie nicht nur den Eintritt des Versicherungsfalles zum 31. Juli 1998, sondern auch die Einkommensminderung und die rentenrechtlichen Folgen zunächst ausschließen können.

Die alternativ erwartete arbeitgeberseitige Kündigung wäre nach Angaben des Regionalschulamtes nicht zum 31. Juli 1998 erfolgt. Betriebsbedingte Kündigungen erfolgten erst zum 01.07.1999. Unabhängig davon ist es dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch zumutbar, eine Kündigung abzuwarten und deren Rechtmäßigkeit nach Ausspruch zu prüfen und ggf. ein Kündigungsschutzverfahren durchzuführen (vgl. Niesel, AFG, 2. Aufl., § 117 Rn. 69). Die damit verbundenen Belastungen wie Kosten, Dauer des Klageverfahrens und das Risiko hinsichtlich der Erfolgsaussichten sind Kündigungsschutzverfahren immanent und belasten jeden Arbeitnehmer. Dennoch ist es insoweit geboten, effektiven Rechtsschutz zu suchen. Die finanziellen Risiken sind im Vergleich zu den mit Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen Nachteilen eher gering. Denn bei Bedürftigkeit und Erfolgsaussichten der Klage besteht ggf. ein Anspruch auf Prozeßkostenhilfe. Entgegen der Ansicht der Klägerin zweifelt der Senat nicht an der Zumutbarkeit eines Kündigungsschutzverfahrens. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Arbeitsmarktes, insbesondere die Vermittlungsschwierigkeiten älterer Arbeitnehmer, erscheint ein Kündigungsschutzprozeß vielmehr erforderlich.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine angekündigte arbeitgeberseitige Kündigung zum selben Zeitpunkt arbeitsrechtlich zulässig gewesen wäre. Das ist hier nicht der Fall. Unabhängig davon, daß es einer solchen Ankündigung des Arbeitgebers fehlte, wäre die hypothetische Kündigung rechswidrig gewesen. Denn hier wurde weder der Personalrat beteiligt noch eine entsprechende Sozialauswahl vorgenommen.

Soweit die Klägerin ferner die nervliche Belastung im Arbeitsalltag anführt, ist damit ebenfalls kein wichtiger Grund im Sinne des § 144 SGB III gegeben. Zwar können Gründe im persönlichen Bereich insoweit ausreichen. Bei gesundheitlichen Gründen ist der Arbeitnehmer aber zunächst gehalten, diese Gründe zu beseitigen oder ggf. eine Umsetzung zu erreichen. Die Leistungseinschränkungen müssen außerdem von erheblichem Umfang sein, damit die Fortführung der Beschäftigung unzumutbar erscheint. Die von der Klägerin vorgetragene nervliche Belastung hat sie zum maßgebenden Zeitpunkt nicht an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert. Sie war vor Abschluß des Aufhebungsvertrages nicht in erheblichem Umfang arbeitsunfähig. Vielmehr hatte die Klägerin nach eigenem Vortrag zu diesem Zeitpunkt ein Interesse an einer vollschichtigen Tätigkeit und war mit einer weiteren Stundenreduzierung nicht einverstanden. Die Tatsache, daß sich ihr Gesundheitszustand später, erst nach Beendigung der Beschäftigung, verschlechtert hat und sie nunmehr seit 01. April 1000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, ändert daran nichts. Abzustellen ist hier auf den Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages, weil sie damit die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Damals wurde sie wegen Schmerzzuständen im Bereich des Magens behandelt. Sie war aber tatsächlich in der Lage, ihre Tätigkeit auszuüben. Die Schmerzzustände standen einer Beschäftigung im Umfang von 82,5 % eines vergleichbaren vollbeschäftigten Arbeitnehmers nicht entgegen.

Schließlich liegt auch in der Absicht, mit dem Abschluß des Aufhebungsvertrages einem jüngeren Kollegen einen Arbeitsplatz zu erhalten, kein objektiv wichtiger Grund im Sinne des § 144 SGB III vor. Denn es ist - auch bei subjektiv nachvollziehbaren Solidaritätserwägungen - nicht die Aufgabe des einzelnen Arbeitnehmers, unter Verzicht auf eigene Rechtsansprüche Arbeitmarktpolitik zu betreiben (vgl. BSG, Urt. v. 15.06.1988, Az.: 7 RAr 3/87). Gerade die freiwillige Arbeitsaufgabe älterer Arbeitnehmer ist lediglich in Ausnahmefällen ein sozialversicherungsrechtlich anzuerkennendes Verhalten. Denn es besteht im Hinblick auf die tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Vermittlung älterer Arbeitnehmer gerade ein besonderes Interesse der Solidargemeinschaft daran, diese vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren (vgl. BSG , Urt. v. 13.03. 1997, Az.: 11 RAr 17/96).

Nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen bedeutet die 12 wöchige Sperrzeit keine besondere Härte im Sinne des § 144 Abs.3 Satz 1 SGB III. Eine besondere Härte liegt vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalles die Regeldauer im Hinblick auf die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist. Maßgebende Tatsachen sind dabei solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichem Zusammenhang stehen (BSG SozR 4100 § 119 Rn. 32). Derartige Umstände liegen nicht vor. Eine über den Regelfall hinausgehende besondere Härte konnte nicht festgestellt werden. Die Regeldauer der Sperrfrist erscheint deshalb nicht unverhältnismäßig.

Rechtsgrundlage für das Ruhen des Anspruchs auf Alg ist § 427 Abs.3 SGB III i.V.m. § 242 x Abs.3 i.V.m. § 117 a AFG in der bis zum 31. März 1997 gültigen Fassung.

Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Abfindung erhalten und ist wegen der Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses eine Sperrzeit von zwölf Wochen eingetreten, so ruht der Anspruch auf Alg während des Zeitraumes nach Absatz 2, der mit dem Ende der Sperrzeit beginnt, § 117 a Abs.1 S. 1 AFG. Die Klägerin hat hier anläßlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Abfindung von 35.000,- DM erhalten.

Der Ruhenzeitraum bestimmt sich nach § 117 a Abs.2 AFG. Der Zeitraum umfaßt die Zeit, in der der Arbeitslose bei Weiterzahlung des kalendertäglichen Arbeitsentgelts nach § 117 Abs.3 Satz 2 Nr.1 AFG einen Betrag in Höhe von 20 % der um den Freibetrag nach Satz 2 verminderten Abfindung als Arbeitsentgelt verdient hätte. Der Freibetrag nach Satz 1 beträgt das 90-fache des kalendertäglichen Arbeitsentgelts nach § 117 Abs.3 Satz 2 Nr. 1 AFG. Bei einem kalendertäglichen Arbeitsengelt von 132,25 DM (4.105,81 DM Bruttovergütung monatlich) ergibt sich ein Freibetrag von 12.182,07 DM. Die Abfindung (35.000,- DM), gekürzt um den Freibetrag , ergibt einen Betrag in Höhe von 22.817,93 DM. Bei der Berechnung ist von 20 % und damit 4.563,58 DM auszugehen. Die Klägerin hätte diesen Betrag in 33,74 Tagen verdient. Folglich ruht der Anspruch auf Alg um weitere 33 Kalendertage.

II. Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs.1 Nr. 1 SGG ebenfalls statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,- DM. Das Sozialgericht hat die Minderung des Anspruchs auf Alg von 242 Tagen um 47 Tage auf 195 Tage verkürzt. Der Anspruch auf Alg besteht in Höhe von 47,32 DM täglich. Die Beschwerdegegenstandswert beträgt somit 2.224,04 DM. Die auch im übrigen zulässige Berufung ist begründet.

Das Sozialgericht hat die Minderung der Anspruchsdauer zu Unrecht abgeändert. Denn die angefochtenen Bescheide sind auch insoweit rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Anspruchsminderung ist bei dem hier streitigen Anspruch ab 01.08.1998 § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III. Die Übergangsvorschriften (§ 242 x AFG) verweisen nicht auf die entsprechende Regelung des AFG. Nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von 12 Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die den Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht.

Die Dauer des Anspruchs auf Alg berechnet sich hier aber nicht nach § 127 SGB III. Vielmehr ergibt sich aus § 427 Abs. 6 S. 1 und 2 SGB III die Anwendung des § 242 x Abs. 3 und 4 AFG in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung. § 242 x Abs. 4 IV AFG enthält eine den Versicherten begünstigende Sonderegelung hinsichtlich der durch § 127 SGB III gegenüber § 106 AFG herabgesetzten Dauer des Anspruchs auf Alg. Danach sind die §§ 106, 110 S.1Nr. 1a, 117 II, III, IIIa, IV, 117a, 155 II S.2 2. Teilsatz, soweit er sich auf den Zeitraum bezieht, während dessen der Anspruch nach § 117 a ruht, in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung für Ansprüche auf Alg weiterhin anzuwenden für Personen, die innerhalb der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage vor dem 01. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden haben. Die Klägerin hat innerhalb der Rahmenfrist ununterbrochen in einer solchen Beschäftigung gestanden. Daraus ergibt sich ihre gegenüber der Regelung in § 127 SGB III längere Gesamtanspruchsdauer.

Gem. § 106 Abs.1 S. 1 AFG in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung beträgt die Dauer des Anspruchs auf Alg 156 Tage. Die Anspruchsdauer verlängert sich nach Maßgabe der Dauer der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung innerhalb der auf 7 Jahre erweiterten Rahmenfrist und des Lebensjahres, das der Arbeitslose bei Entstehung des Anspruchs vollendet hat, § 106 Abs.1 S.2 AFG. Sie beträgt bei 1920 Kalendertagen einer beitragspflichtigen Beschäftigung und nach Vollendung des 57. Lebensjahres 832 Tage. Der Höchstanspruch besteht, weil die am 02.12.1941 geborene Klägerin bei Entstehung des Anspruchs (01.08.1998) das 57. Lebensjahr vollendet hat.

Gem. § 128 Abs.1 Nr. 4 SGB III ergibt sich somit allerdings bei einer Anspruchsdauer von 832 Tagen, die gem. § 427 IV SGB III auf die Wochenberechnung des GB III umzustellen ist und damit 971 Tagen entspricht, eine Minderung von 242 Tagen (971:4 = 242), wie sie in den angefochtenen Bescheiden festgestellt wurde.

Nach alldem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts abzuändern und die Verkürzung der Minderung der Anspruchsdauer aufzuheben und die Klage dagegen als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs.2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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