Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 6 AL 187/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 39/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin zu gewährenden Arbeitslosenhilfe (Alhi) für den Zeitraum vom 26.06.1996 bis zum 05.10.1997. Streitig ist hierbei speziell die Höhe des Freibetrages für die der Klägerin wegen eines Arbeitsunfalles vom 21.09.1963 gezahlte Verletztenrente.
Die am ...1945 geborene und geschiedene Klägerin war bis zum 31.12.1991 als Textilzeichnerin und zuletzt als Stepperin beschäftigt. Sie bezog Arbeitslosengeld (Alg) vom 03.01.1992 bis zum 18.01.1994. Am 06.01.1994 stellte die Klägerin erstmals einen Antrag auf Alhi. Als weiteres Einkommen gab sie zwei Verletztenrenten, ausgezahlt von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, in Höhe von jeweils monatlich 612,00 DM an.
Diese Verletztenrenten haben folgende Grundlagen:
(1) Durch Bescheid des FDGB-Kreisvorstandes, Verwaltung der Sozialversicherung, vom 12.12.1990 wurde bei der Klägerin ab Juni 1989 eine chronisch obstruktive Bronchitis durch Formaldehydexposition als Berufskrankheit mit einem Körperschaden von 20 % anerkannt. Wegen der Folgen der zuerkannten Berufskrankheit gewährte die Beigeladene gemäß § 1154 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H.
(2) Durch Bescheid des FGDB-Kreisvorstandes, Verwaltung der Sozialversicherung, vom 15.05.1964 war der Klägerin auf Grund eines Arbeitsunfalles vom 21.09.1963 ab dem 27.01.1964 eine Rente nach einem Grad des Körperschadens von 30 % bewilligt worden. Als Folgen des Unfalles waren anerkannt worden: Zustand nach Amputation des 5. Fingers und Teilamputation des Metacarpale V rechts. Ausgedehnte Narben, teilweise mit Keloidbildung im Bereich des Handrückens rechts. Einschränkung der Beweglichkeit des 4. Fingers rechts. Weiter enthält der Bescheid den Vermerk, dass der Körperschaden vorübergehend in dieser Höhe festgesetzt sei und eine Neufestsetzung nach Untersuchung erfolge. Durch Schreiben der Überleitungsanstalt Sozialversicherung, ärztliches Begutachtungswesen, vom 27.03.1991 teilte MR Dr. K ... der LVA Sachsen mit, nach Angaben der Klägerin sei etwa ein Jahr später eine Nachuntersuchung durchgeführt worden, nach welcher die Rente von rund 80 DM auf ungefähr 60 DM herabgesetzt worden sei. Ein diesbezüglicher Bescheid könne jedoch nicht vorgelegt werden. Diese Rentenzahlung wurde auf Grund des anerkannten Arbeitsunfalles von der Sozialversicherung der DDR durch die Überleitungsanstalt Sozialversicherung und anschließend die beigeladene BG entsprechend dem ausgezahlten Zahlbetrag, ausgehend von einem Grad des Körperschadens in Höhe von 20 %, übernommen. Die Beigeladene ging hierbei gemäß § 1154 Abs. 1 RVO von einer MdE um 20 v.H. aus. Am 13.12.1999 stellte die Klägerin bei der Beigeladenen den Antrag auf Erhöhung der letzten Rente betreffend den Unfall aus dem Jahre 1963. Dies lehnte die Beigeladene durch Bescheid vom 11.02.2000 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beigeladene durch Widerspruchsbescheid vom 30.11.2000 als unbegründet zurück, da auf Grund der Überleitungsvorschriften der RVO die Zahlung der Unfallrente von der Sozialversicherung der DDR im März 1991 nach einem Körperschaden von 20 v.H. übernommen worden sei. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben. (Diese ist unter dem Az: S 8 U 349/2000 anhängig).
Durch Bescheid vom 04.02.1994 bewilligte die Beklagte Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 450,00 DM nach der Leistungsgruppe A sowie dem allgemeinen Leistungssatz. Dabei nahm sie eine vollständige Anrechnung der Verletztenrenten vor. Dies führte zu einem Auszahlungsbetrag von 25,56 DM wöchentlich.
Nach dem gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch nahm die Beklagte mehrfach unterschiedliche Berechnungen vor: Nach einer vollständigen Aufhebung der Anrechnung (LA Bl. 29) ermittelte sie einen Anrechnungsbetrag von monatlich 476,58 DM (LA Bl. 32). Dem widersprach die Klägerin erneut.
Nach Vorlage der letzten beiden Rentenbescheide vom 22.12.1993, betreffend die Anpassung der Zahlungen zum 01.01.1994, nahm die Beklagte erneut eine geänderte Berechnung vor: In dem Bescheid vom 11.10.1994 bewilligte sie der Klägerin einen wöchentlichen Betrag von 166,90 DM, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 450,00 DM, der Leistungsgruppe A/allgemeiner Leistungssatz sowie einem Anrechnungsbetrag von 48,86 DM wöchentlich. Im Übrigen wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 08.11.1995 den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Dieser Widerspruchsbescheid wurde bestandskräftig.
In der Zeit vom 27.12.1994 bis zum 26.12.1995 hatte die Klägerin ein Beschäftigungsverhältnis im Rahmen einer AB-Maßnahme bei der Gemeindeverwaltung C ... Im Anschluss daran beantragte sie ab dem 27.12.1995 erneut Alg. Diese Leistung bewilligte die Beklagte nach einer fiktiven Einstufung gemäß § 112 Abs. 7 AFG. Zuletzt ergab sich hierbei ein wöchentlicher Betrag von 239,40 DM, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 580,00 DM, der Leistungsgruppe A und dem allgemeinen Leistungssatz. Mit Ablauf des 25.06.1996 war dieser Anspruch erschöpft.
Daran anschließend beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Alhi. Inzwischen betrugen die von ihr ebenfalls bezogenen Verletztenrenten jeweils 361,50 DM.
Am 22.07.1996 erließ die Beklagte hierzu zwei Bewilligungsbescheide. Für die Zeit vom 26.06. bis zum 29.06.1996 bewilligte sie, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 580,00 DM einen wöchentlichen Betrag in Höhe von 45,00 DM, unter Anrechnung eines Teilbetrages der Verletztenrente von 166,80 DM wöchentlich. Für die Zeit ab dem 01.07.1996 bewilligte die Beklagte, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 560,00 DM einen wöchentlichen Betrag in Höhe von 39,60 DM, ebenfalls unter Anrechnung von 166,80 DM.
Am 12.08.1996 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Es sei bekannt, dass Verletztenrenten nicht auf die Alhi angerechnet würden. Nach einer nochmaligen Prüfung der Berechnung änderte die Beklagte durch Bescheid vom 11.11.1996 die Höhe der Leistung für die Zeit vom 26.06. bis zum 29.06.1996 und durch Bescheid vom 14.11.1996 für die Zeit ab dem 01.07.1996. Für die Zeit vom 26.06.1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin einen wöchentlichen Betrag in Höhe von 93,06 DM. Hierzu ging sie von einem Bemessungsentgelt von 560,00 DM, der Leistungsgruppe A/allgemeiner Leistungssatz und einem Anrechnungsbetrag in Höhe von 113,31 DM aus. In entsprechender Höhe erfolgte die Bewilligung ab dem 01.07.1996.
Dem widersprach die Klägerin erneut. Bei der Verletztenrente handele es sich nicht um Einkommen.
Durch weiteren Bescheid vom 03.01.1997 nahm die Beklagte ab dem 01.01.1997 eine Anpassung an die Leistungsverordnung des Jahres 1997 vor. Hierbei ergab sich ein wöchentlicher Betrag von 90,06 DM, die übrigen Berechnungsparameter blieben unverändert.
Durch Widerspruchsbescheid vom 10.02.1997 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Voraussetzung für einen Anspruch auf Alhi gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG sei das Vorliegen von Bedürftigkeit. Gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG sei im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des Arbeitslosen zu berücksichtigen. Dazu sei in § 11 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung ausgeführt, dass Einkommen aus einer Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, nicht als Einkommen gelte. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. sei ein Betrag von 2/3 der Mindestgrundrente nicht anzurechnen. Hieraus ermittelte die Beklagte einen wöchentlichen Anrechnungsbetrag von 113,31 DM.
1. Rente: 361,50 DM./. 116,00 DM Freibetrag (174,00 DM x 2: 3) = 245,50 DM Anrechnungsbetrag monatlich
2. Rente: 361,50 DM./. 116,00 DM Freibetrag = 245,50 DM Anrechnungsbetrag monatlich
1. und 2. Anrechnungsbetrag: 245,50 DM + 245,50 DM = 491,00 DM monatlich 491,00 DM monatlich: 13 x 3 = 113,31 DM wöchentlich
Hiergegen hat sich die Klägerin am 07.03.1997 an das Sozialgericht Chemnitz gewandt. Bezüglich der Amputation des 5. Fingers bestehe mindestens eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. Hierzu beantrage sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die Verletztenrente werde nach einer MdE um 20 v.H. bemessen. Dies ergebe sich auch aus den Rentenanpassungsbescheiden vom 20.12.1995. Im Übrigen käme es bei einer Änderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. lediglich zu einer Verringerung des Anrechnungsbetrages.
Durch weiteren Bescheid vom 19.06.1997 hat die Beklagte ab dem 25.06.1997 eine Neuberechnung vorgenommen. Darin ist sie weiterhin von einem Bemessungsentgelt in Höhe von 560,00 DM sowie einem wöchentlichen Anrechnungsbetrag der Verletztenrenten in Höhe von 113,31 DM ausgegangen. Zudem seien als Einkommen auch die Zinsen des Sparkontos in Höhe von jährlich 93,00 DM/wöchentlich 1,79 DM anzurechnen. Der anzurechnende Einkommensbetrag belaufe sich damit auf 115,10 DM. Dies ergab einen wöchentlichen Leistungsbetrag von 88,32 DM.
Auch hiergegen hat die Klägerin am 14.07.1997 Widerspruch eingelegt.
Hieran anschließend hat die Beklagte nochmals eine Neuberechnung vorgenommen, weil sich ab dem 01.07.1997 die Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) auf 184,00 DM erhöht hatte. Daher seien nunmehr nur noch 110,23 DM wöchentlich anzurechnen. Durch Bescheid vom 01.09.1997 hat die Beklagte für die Zeit vom 26.06. bis zum 30.06.1997 einen wöchentlichen Betrag von 86,61 DM bewilligt. Hierbei ist sie von einem Bemessungsentgelt von 560,00 DM, einer ungekürzten Leistung in Höhe von 203,40 DM sowie einem Anrechnungsbetrag von 114,79 DM (113,00 DM der Verletztenrenten und 1,79 DM Zinsen des Sparkontos) ausgegangen. Durch weiteren Bescheid vom 04.09.1997 hat die Beklagte ab dem 01.07.1997 den wöchentlichen Betrag auf 90,38 DM angehoben. Dabei ist sie von einem Anrechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 112,02 DM (110,23 DM der Verletztenrenten und 1,79 DM Zinsen) ausgegangen.
Ab dem 06.10.1997 hat die Klägerin Unterhaltsgeld (Uhg) bis einschließlich dem 03.07.1998 bezogen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 02.12.1997 hat die Beklagte auch den weiteren Widerspruch aus den bisherigen Gründen als unbegründet zurückgewiesen. Hierin ist die Berechnung der Anrechnungsbeträge wie folgt erfolgt:
Anrechnungsbetrag ab 26.06.1997 1. Rente: 361,50 DM Rente./. 116,67 DM (Freibetrag 175,00 DM x 2: 3) = 244,83 DM Anrechnungsbetrag monatlich
2. Rente: 361,50 DM Rente./. 116,67 DM Freibetrag = 244,83 DM Anrechnungsbetrag monatlich
1. und 2. Anrechnungsbetrag: 244,83 DM + 244,83 DM = 489,66 DM monatlich 489,66 DM monatl.: 13 x 3 = 113,00 DM wöchentl. + 1,79 DM (Zinsen) = 114,79 DM
Anrechnungsbetrag ab 01.07.1997 1. Rente: 361,50 DM./. 122,67 DM (184,00 DM x 2: 3) = 238,83 DM
361,50 DM./. 122,67 DM = 238,83 DM
1. und 2. Anrechnungsbetrag: 238,83 DM + 238,83 DM = 477,66 DM: 13 x 3 = 110,23 DM + 1,79 DM (Zinsen) = 112,02 DM
Hiergegen hat die Klägerin am 05.01.1998 ebenfalls Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben. Die Anrechnung der Verletztenrente wegen der Amputation des 5. Fingers rechts sei zu Unrecht erfolgt, da diesbezüglich eine MdE um 30 v.H. vorliege. Bei nach dem DDR-Recht anerkannten Arbeitsunfällen gelte der Grad des Körperschadens weiter als MdE.
Durch Beschluss vom 14.05.1999 hat das Sozialgericht die beiden anhängigen Klagen verbunden, gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Durch weiteren Beschluss vom 14.05.1999 hat das SG die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, Erfurt, gemäß § 75 Abs. 2 SGG beigeladen.
Die Beigeladene hat zu der Problematik ausgeführt, die Zahlung der Rente sei auf Grund der Übernahme der Zahlungsmitteilung durch die Sozialversicherung der DDR erfolgt. Danach sei der Klägerin eine Rente nach einem Körperschaden von 20 % gezahlt worden. Dieser gelte gemäß § 1154 Abs. 1 RVO als Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).
Die Klägerin hat ausgeführt, eine Herabsetzung der Rente sei ihr nicht mehr erinnerlich. Sie habe lediglich Mitteilungen über die Anpassungen der Rente zum 01.07.1990 (152,00 DM) und zum 01.01.1991 (175,00 DM) erhalten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28.10.1999 hat der Vertreter der Beigeladenen dargestellt, dass dem Rentenzahlbetrag ab dem 01.07.1990 in Höhe von 152,00 DM auf der Grundlage von § 4 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28. Juni 1990 ein Grad des Körperschadens von 20 % zu Grunde lag.
Die Klägerin hat in dieser Verhandlung ihr Begehren darauf reduziert, bei der Anrechnung der Unfallrente von einer MdE um 30 v.H. auszugehen.
Entsprechend hat das SG durch Urteil vom 28. Oktober 1999 die Beklagte verurteilt, bei der Anrechnung der Unfallrente der Klägerin bis zum 05.10.1997 von einer MdE um 30 % auszugehen. Da kein Herabsetzungsbescheid feststellbar sei, der den Bescheid vom 15.05.1964 abgeändert habe, sei nicht die tatsächlich gezahlte Rente maßgeblich, sondern die Höhe der MdE nach der die Rente hätte gezahlt werden müssen.
Hiergegen hat die Beklagte am 22.02.2000 Berufung eingelegt. Die Beigeladene habe als zuständiger Versicherungsträger von der Sozialversicherung der ehemaligen DDR eine Rentenzahlung übernommen, die nach einem Grad des Körperschadens von 20 % erfolgt sei; dementsprechend sei die Weiterzahlung erfolgt. Berücksichtigung bei der Berechnung könne dieser jedoch nur in der Höhe finden, wie er von der zuständigen Berufsgenossenschaft auch bestätigt worden sei.
Die Beigeladene hat am 29.02.2000 Anschlussberufung eingelegt.
Die Klägerin hat hierzu geltend gemacht, ihr habe eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 % zugestanden. Die Höhe der tatsächlichen Zahlung sei irrelevant. Nach dem Bescheid vom 15.05.1964 sei es zwar noch einmal zu einer Nachuntersuchung gekommen, ein abändernder schriftlicher Bescheid sei jedoch nicht ergangen. Die Klägerin sei vielmehr davon ausgegangen, dass die ihr gewährte Rente einer MdE von 30 % entspreche. Aus § 215 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 1150 RVO sowie aus Artikel 19 des Einigungsvertrages folge, dass zu Zeiten der ehemaligen DDR zugebilligte Unfallrenten weiterzuzahlen seien, selbst für den Fall, dass gar kein Arbeitsunfall oder keine Berufskrankheit vorgelegen habe.
Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, über die Höhe der MdE könne nur die Beigeladene eine Entscheidung treffen. Soweit von dieser eine höhere MdE anerkannt werde und entsprechend eine höhere Rente gezahlt werde, werde die Alhi entsprechend der festgesetzten MdE neu berechnet. Die Regelung des § 11 Alhi-VO solle bewirken, dass in bestimmten Einkommenssituationen gewisse Einkommensgrößen nicht auf die Alhi angerechnet würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Wegen den weiteren Einzelheiten zum Sach- und Rechtsstreit wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Band I und II), Auzüge aus der BG-Akte (U 6/05808/38S) sowie die Ablichtung dieser Akte von Blatt 1 bis 85, die Akten des Sozialgerichts (Az: S 6 AL 6/98 und S 6 AL 187/97) sowie die Akten des LSG (L 3 AL 44/00 und L 3 AL 39/00), die Gegenstand der Verhandlung, Beratung und Entscheidung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG).
Entsprechendes gilt auch für die Anschlussberufung der Beigeladenen, die gemäß § 202 SGG i.V.m. §§ 521, 522 Zivilprozessordnung (ZPO) möglich ist. Zwar ist die Beigeladene durch das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1999 nicht unmittelbar beschwert, denn der Urteilstenor verpflichtet lediglich die Beklagte zur Vornahme einer Änderung der Berechnung des Anrechnungsbetrages bzw. der Höhe der auszuzahlenden Arbeitslosenhilfe (Alhi). Für die (unselbstständige) Anschlussberufung ist jedoch eine Beschwer nicht erforderlich (BSG, Breithaupt 82, 920; BSGE 63, 167).
Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Anschlussberufung der Beigeladenen sind begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, bei der Anrechnung der Unfallrente der Klägerin von einer MdE um 30 % auszugehen. Die diesbezüglichen, im Urteilstenor genannten Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Auf die ungekürzten Leistungsbeträge von 206,40 DM (1996: allgemeiner Leistungssatz für Alhi bei einem BE von 560,00 DM) sowie 203,40 DM (1997: allgemeiner Leistungssatz für Alhi bei einem BE von 560,00 DM) waren die Verletztenrenten der Klägerin teilweise anzurechnen, so dass sich der von der Beklagten auszuzahlende Leistungsbetrag um die entsprechenden Anrechnungsbeträge minderte.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Alhi ist § 134 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die Klägerin war arbeitslos und stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Sie hatte sich auch arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt (§ 134 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Zudem hat die Klägerin innerhalb der geforderten Vorfrist Alg bezogen, ohne dass der Anspruch nach § 119 Abs. 3 AFG erloschen war, § 134 Abs. 1 Nr. 4 AFG. Darüberhinaus ist für den Anspruch auf Alhi erforderlich, dass der Arbeitslose bedürftig ist, § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG. Bei der Feststellung des Umfanges der Bedürftigkeit waren die Verletztenrenten der Klägerin zu berücksichtigen.
Der Arbeitslose ist nach § 137 Abs. 1 AFG bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht.
Gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG ist im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des Arbeitslosen, soweit § 115 AFG nichts anderes bestimmt, zu berücksichtigen. § 138 Abs. 3 AFG führt darüber hinaus jedoch Leistungen an, die nicht als Einkommen gelten. Zwar sind Verletztenrenten in dieser Norm nicht genannt, das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung kann jedoch nach § 138 Abs. 4 AFG auch weitere, als die in Abs. 3 genannten Einnahmen bestimmen, die nicht als Einkommen gelten. Dabei kann auch Näheres über die Berechnung des Einkommens und über die abzusetzenden Pauschbeträge festgelegt werden. In Ausführung dieser Ermächtigung wurde die Alhi-VO vom 07.08.1994 (BGBl. I S. 6929) geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Reform der Alhi vom 24.06.1996 (BGBl. I S. 878) erlassen. Nach § 11 Nr. 2 Alhi-VO gilt über die § 138 Abs. 3 AFG genannten Einnahmen hinaus nicht als Einkommen die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente und Kriegsbeschädigtenzulage gewährt würde; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. ist ein Betrag von 2/3 bei einer MdE um 10 v.H. ist ein Betrag in Höhe von 1/3 der Mindestgrundrente anzusetzen.
In Anwendung dieser Vorschrift hat die Beklagte zutreffend lediglich einen Anteil von 20 % der jeweiligen Mindestgrundrente nach dem BVG gemäß § 31 Abs. 1 BVG i.V.m. der Anlage I zum Einigungsvertrag vom 31.08.1990 (BGBl. II S. 885 ff.) Kapitel VIII, Sachgebiet K, Abschnitt III Nr. 1 nicht als Einkommen angerechnet. Es war demgegenüber nicht von einer Beschädigten-Grundrente nach einer MdE um 30 v.H. auszugehen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 11 Nr. 2 Alhi-VO. Danach bestimmt sich der Freibetrag der Verletztenrente nach dem dieser entsprechenden Vom-Hundert-Satz der Mindestgrundrente. Es besteht also insoweit eine Kongruenz. Auch der Zweck der Norm des § 11 Nr. 2 Alhi-VO spricht für eine Übereinstimmung zwischen dem prozentualen Betrag der tatsächlich gewährten Verletztenrente und dem auf diese anzurechnenden Freibetrag einer BVG-Grundrente. Die Vorschrift steht im Zusammenhang der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 134 Abs. 1 Nr. 3, §§ 137, 138 AFG. Sie macht deutlich, dass jeweils ein bestimmter Anteil der Verletztenrente als (reiner) Ausgleich für pauschalierte Mehraufwendungen auf Grund der Schädigung nicht als Einkommen zu bewerten ist und daher einer Bedürftigkeit nicht entgegensteht. Dieser, nach dem BVG errechnete, Freibetrag der Verletztenrente erhöht sich proportional mit dem Ansteigen der Verletztenrente, d.h. bei einer höheren Verletztenrente ergibt sich jeweils ein verhältnismäßig höherer Freibetrag. Würde man demgegenüber dem Begehren der Klägerin folgen, ergäbe sich in eben jenem Verhältnis eine diesem nicht entsprechende Verschiebung: Von einer tatsächlich niedrigen Verletztenrente (nach einer MdE um 20 v.H.) würde ein unverhältnismäßig höherer Freibetrag (nach einer MdE um 30 v.H.) abgezogen.
Zudem ergibt sich auch aus den gesetzlichen Zuständigkeiten, dass es - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - nicht auf die materiell-rechtlich zutreffende MdE ankommt, bzw. diese von der Beklagten im Rahmen von § 11 Nr. 2 Alhi-VO zu prüfen wäre, sondern die tatsächliche Höhe der von der BG gewährten Verletztenrente. Die auf Grund von anerkannten Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten im Beitrittsgebiet ehemals von der Sozialversicherung der DDR gezahlten Renten wurden anhand des Rentenbestandes für den Zahlmonat Januar 1991 auf die gewerblichen Berufsgenossenschaften verteilt, vgl. § 1159 RVO i.V.m. Anlage I zum Einigungsvertrag vom 31.08.1990, Kapitel VIII, Sachgebiet I, Abschnitt III Nr. 1 und 2 dazu. Für die weitere Höhe der Rentenzahlung ist § 1154 Abs. 1 Satz 1 RVO maßgebend. Danach gilt bei vor dem 01. Januar 1992 im Beitrittsgebiet festgestellten Renten der zu Grunde gelegte Grad des Körperschadens als Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch. Es hat daher die auf Grund der Verteilung jeweils zuständige gewerbliche Berufsgenossenschaft zu prüfen, welcher Grad des Körperschadens der Rente zu Grunde lag. Für diese, hieraus folgende Bestimmung der MdE ist folglich die Beigeladene und nicht die Beklagte zuständig. Im Übrigen würde - allgemein betrachtet - die Auffassung der Klägerin, der das Sozialgericht gefolgt ist, dazu führen, dass die Beklagte bei einer Anwendung von § 11 Nr. 2 Alhi-VO jeweils in eigener Zuständigkeit eine Feststellung über die materiell-richtige Höhe der MdE zu treffen hätte. Die Zuständigkeit für diese Feststellung fällt jedoch nach den Regelungen des SGB VII in den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherungsträger.
Auch die von der Beklagten ebenfalls berücksichtigten Zinsen für das Sparguthaben der Klägerin stellen Einkommen im Sinne von § 138 Abs. 2 AFG dar (Niesel, AFG, 2. Auflage, Rdnr. 21 zu § 138).
Abschließend war auch die Reduzierung des Bemessungsentgeltes auf 560,00 DM zutreffend, da gemäß § 242v AFG i. V. m. § 136 Abs. 2b AFG eine Anpassung mit dem Faktor 0,97 (580,00 x 0,97: tatsächlich also eine Minderung) zu erfolgen hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin zu gewährenden Arbeitslosenhilfe (Alhi) für den Zeitraum vom 26.06.1996 bis zum 05.10.1997. Streitig ist hierbei speziell die Höhe des Freibetrages für die der Klägerin wegen eines Arbeitsunfalles vom 21.09.1963 gezahlte Verletztenrente.
Die am ...1945 geborene und geschiedene Klägerin war bis zum 31.12.1991 als Textilzeichnerin und zuletzt als Stepperin beschäftigt. Sie bezog Arbeitslosengeld (Alg) vom 03.01.1992 bis zum 18.01.1994. Am 06.01.1994 stellte die Klägerin erstmals einen Antrag auf Alhi. Als weiteres Einkommen gab sie zwei Verletztenrenten, ausgezahlt von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, in Höhe von jeweils monatlich 612,00 DM an.
Diese Verletztenrenten haben folgende Grundlagen:
(1) Durch Bescheid des FDGB-Kreisvorstandes, Verwaltung der Sozialversicherung, vom 12.12.1990 wurde bei der Klägerin ab Juni 1989 eine chronisch obstruktive Bronchitis durch Formaldehydexposition als Berufskrankheit mit einem Körperschaden von 20 % anerkannt. Wegen der Folgen der zuerkannten Berufskrankheit gewährte die Beigeladene gemäß § 1154 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H.
(2) Durch Bescheid des FGDB-Kreisvorstandes, Verwaltung der Sozialversicherung, vom 15.05.1964 war der Klägerin auf Grund eines Arbeitsunfalles vom 21.09.1963 ab dem 27.01.1964 eine Rente nach einem Grad des Körperschadens von 30 % bewilligt worden. Als Folgen des Unfalles waren anerkannt worden: Zustand nach Amputation des 5. Fingers und Teilamputation des Metacarpale V rechts. Ausgedehnte Narben, teilweise mit Keloidbildung im Bereich des Handrückens rechts. Einschränkung der Beweglichkeit des 4. Fingers rechts. Weiter enthält der Bescheid den Vermerk, dass der Körperschaden vorübergehend in dieser Höhe festgesetzt sei und eine Neufestsetzung nach Untersuchung erfolge. Durch Schreiben der Überleitungsanstalt Sozialversicherung, ärztliches Begutachtungswesen, vom 27.03.1991 teilte MR Dr. K ... der LVA Sachsen mit, nach Angaben der Klägerin sei etwa ein Jahr später eine Nachuntersuchung durchgeführt worden, nach welcher die Rente von rund 80 DM auf ungefähr 60 DM herabgesetzt worden sei. Ein diesbezüglicher Bescheid könne jedoch nicht vorgelegt werden. Diese Rentenzahlung wurde auf Grund des anerkannten Arbeitsunfalles von der Sozialversicherung der DDR durch die Überleitungsanstalt Sozialversicherung und anschließend die beigeladene BG entsprechend dem ausgezahlten Zahlbetrag, ausgehend von einem Grad des Körperschadens in Höhe von 20 %, übernommen. Die Beigeladene ging hierbei gemäß § 1154 Abs. 1 RVO von einer MdE um 20 v.H. aus. Am 13.12.1999 stellte die Klägerin bei der Beigeladenen den Antrag auf Erhöhung der letzten Rente betreffend den Unfall aus dem Jahre 1963. Dies lehnte die Beigeladene durch Bescheid vom 11.02.2000 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beigeladene durch Widerspruchsbescheid vom 30.11.2000 als unbegründet zurück, da auf Grund der Überleitungsvorschriften der RVO die Zahlung der Unfallrente von der Sozialversicherung der DDR im März 1991 nach einem Körperschaden von 20 v.H. übernommen worden sei. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben. (Diese ist unter dem Az: S 8 U 349/2000 anhängig).
Durch Bescheid vom 04.02.1994 bewilligte die Beklagte Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 450,00 DM nach der Leistungsgruppe A sowie dem allgemeinen Leistungssatz. Dabei nahm sie eine vollständige Anrechnung der Verletztenrenten vor. Dies führte zu einem Auszahlungsbetrag von 25,56 DM wöchentlich.
Nach dem gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch nahm die Beklagte mehrfach unterschiedliche Berechnungen vor: Nach einer vollständigen Aufhebung der Anrechnung (LA Bl. 29) ermittelte sie einen Anrechnungsbetrag von monatlich 476,58 DM (LA Bl. 32). Dem widersprach die Klägerin erneut.
Nach Vorlage der letzten beiden Rentenbescheide vom 22.12.1993, betreffend die Anpassung der Zahlungen zum 01.01.1994, nahm die Beklagte erneut eine geänderte Berechnung vor: In dem Bescheid vom 11.10.1994 bewilligte sie der Klägerin einen wöchentlichen Betrag von 166,90 DM, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 450,00 DM, der Leistungsgruppe A/allgemeiner Leistungssatz sowie einem Anrechnungsbetrag von 48,86 DM wöchentlich. Im Übrigen wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 08.11.1995 den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Dieser Widerspruchsbescheid wurde bestandskräftig.
In der Zeit vom 27.12.1994 bis zum 26.12.1995 hatte die Klägerin ein Beschäftigungsverhältnis im Rahmen einer AB-Maßnahme bei der Gemeindeverwaltung C ... Im Anschluss daran beantragte sie ab dem 27.12.1995 erneut Alg. Diese Leistung bewilligte die Beklagte nach einer fiktiven Einstufung gemäß § 112 Abs. 7 AFG. Zuletzt ergab sich hierbei ein wöchentlicher Betrag von 239,40 DM, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 580,00 DM, der Leistungsgruppe A und dem allgemeinen Leistungssatz. Mit Ablauf des 25.06.1996 war dieser Anspruch erschöpft.
Daran anschließend beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Alhi. Inzwischen betrugen die von ihr ebenfalls bezogenen Verletztenrenten jeweils 361,50 DM.
Am 22.07.1996 erließ die Beklagte hierzu zwei Bewilligungsbescheide. Für die Zeit vom 26.06. bis zum 29.06.1996 bewilligte sie, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 580,00 DM einen wöchentlichen Betrag in Höhe von 45,00 DM, unter Anrechnung eines Teilbetrages der Verletztenrente von 166,80 DM wöchentlich. Für die Zeit ab dem 01.07.1996 bewilligte die Beklagte, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 560,00 DM einen wöchentlichen Betrag in Höhe von 39,60 DM, ebenfalls unter Anrechnung von 166,80 DM.
Am 12.08.1996 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Es sei bekannt, dass Verletztenrenten nicht auf die Alhi angerechnet würden. Nach einer nochmaligen Prüfung der Berechnung änderte die Beklagte durch Bescheid vom 11.11.1996 die Höhe der Leistung für die Zeit vom 26.06. bis zum 29.06.1996 und durch Bescheid vom 14.11.1996 für die Zeit ab dem 01.07.1996. Für die Zeit vom 26.06.1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin einen wöchentlichen Betrag in Höhe von 93,06 DM. Hierzu ging sie von einem Bemessungsentgelt von 560,00 DM, der Leistungsgruppe A/allgemeiner Leistungssatz und einem Anrechnungsbetrag in Höhe von 113,31 DM aus. In entsprechender Höhe erfolgte die Bewilligung ab dem 01.07.1996.
Dem widersprach die Klägerin erneut. Bei der Verletztenrente handele es sich nicht um Einkommen.
Durch weiteren Bescheid vom 03.01.1997 nahm die Beklagte ab dem 01.01.1997 eine Anpassung an die Leistungsverordnung des Jahres 1997 vor. Hierbei ergab sich ein wöchentlicher Betrag von 90,06 DM, die übrigen Berechnungsparameter blieben unverändert.
Durch Widerspruchsbescheid vom 10.02.1997 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Voraussetzung für einen Anspruch auf Alhi gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG sei das Vorliegen von Bedürftigkeit. Gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG sei im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des Arbeitslosen zu berücksichtigen. Dazu sei in § 11 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung ausgeführt, dass Einkommen aus einer Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, nicht als Einkommen gelte. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. sei ein Betrag von 2/3 der Mindestgrundrente nicht anzurechnen. Hieraus ermittelte die Beklagte einen wöchentlichen Anrechnungsbetrag von 113,31 DM.
1. Rente: 361,50 DM./. 116,00 DM Freibetrag (174,00 DM x 2: 3) = 245,50 DM Anrechnungsbetrag monatlich
2. Rente: 361,50 DM./. 116,00 DM Freibetrag = 245,50 DM Anrechnungsbetrag monatlich
1. und 2. Anrechnungsbetrag: 245,50 DM + 245,50 DM = 491,00 DM monatlich 491,00 DM monatlich: 13 x 3 = 113,31 DM wöchentlich
Hiergegen hat sich die Klägerin am 07.03.1997 an das Sozialgericht Chemnitz gewandt. Bezüglich der Amputation des 5. Fingers bestehe mindestens eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. Hierzu beantrage sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die Verletztenrente werde nach einer MdE um 20 v.H. bemessen. Dies ergebe sich auch aus den Rentenanpassungsbescheiden vom 20.12.1995. Im Übrigen käme es bei einer Änderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v.H. lediglich zu einer Verringerung des Anrechnungsbetrages.
Durch weiteren Bescheid vom 19.06.1997 hat die Beklagte ab dem 25.06.1997 eine Neuberechnung vorgenommen. Darin ist sie weiterhin von einem Bemessungsentgelt in Höhe von 560,00 DM sowie einem wöchentlichen Anrechnungsbetrag der Verletztenrenten in Höhe von 113,31 DM ausgegangen. Zudem seien als Einkommen auch die Zinsen des Sparkontos in Höhe von jährlich 93,00 DM/wöchentlich 1,79 DM anzurechnen. Der anzurechnende Einkommensbetrag belaufe sich damit auf 115,10 DM. Dies ergab einen wöchentlichen Leistungsbetrag von 88,32 DM.
Auch hiergegen hat die Klägerin am 14.07.1997 Widerspruch eingelegt.
Hieran anschließend hat die Beklagte nochmals eine Neuberechnung vorgenommen, weil sich ab dem 01.07.1997 die Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) auf 184,00 DM erhöht hatte. Daher seien nunmehr nur noch 110,23 DM wöchentlich anzurechnen. Durch Bescheid vom 01.09.1997 hat die Beklagte für die Zeit vom 26.06. bis zum 30.06.1997 einen wöchentlichen Betrag von 86,61 DM bewilligt. Hierbei ist sie von einem Bemessungsentgelt von 560,00 DM, einer ungekürzten Leistung in Höhe von 203,40 DM sowie einem Anrechnungsbetrag von 114,79 DM (113,00 DM der Verletztenrenten und 1,79 DM Zinsen des Sparkontos) ausgegangen. Durch weiteren Bescheid vom 04.09.1997 hat die Beklagte ab dem 01.07.1997 den wöchentlichen Betrag auf 90,38 DM angehoben. Dabei ist sie von einem Anrechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 112,02 DM (110,23 DM der Verletztenrenten und 1,79 DM Zinsen) ausgegangen.
Ab dem 06.10.1997 hat die Klägerin Unterhaltsgeld (Uhg) bis einschließlich dem 03.07.1998 bezogen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 02.12.1997 hat die Beklagte auch den weiteren Widerspruch aus den bisherigen Gründen als unbegründet zurückgewiesen. Hierin ist die Berechnung der Anrechnungsbeträge wie folgt erfolgt:
Anrechnungsbetrag ab 26.06.1997 1. Rente: 361,50 DM Rente./. 116,67 DM (Freibetrag 175,00 DM x 2: 3) = 244,83 DM Anrechnungsbetrag monatlich
2. Rente: 361,50 DM Rente./. 116,67 DM Freibetrag = 244,83 DM Anrechnungsbetrag monatlich
1. und 2. Anrechnungsbetrag: 244,83 DM + 244,83 DM = 489,66 DM monatlich 489,66 DM monatl.: 13 x 3 = 113,00 DM wöchentl. + 1,79 DM (Zinsen) = 114,79 DM
Anrechnungsbetrag ab 01.07.1997 1. Rente: 361,50 DM./. 122,67 DM (184,00 DM x 2: 3) = 238,83 DM
361,50 DM./. 122,67 DM = 238,83 DM
1. und 2. Anrechnungsbetrag: 238,83 DM + 238,83 DM = 477,66 DM: 13 x 3 = 110,23 DM + 1,79 DM (Zinsen) = 112,02 DM
Hiergegen hat die Klägerin am 05.01.1998 ebenfalls Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben. Die Anrechnung der Verletztenrente wegen der Amputation des 5. Fingers rechts sei zu Unrecht erfolgt, da diesbezüglich eine MdE um 30 v.H. vorliege. Bei nach dem DDR-Recht anerkannten Arbeitsunfällen gelte der Grad des Körperschadens weiter als MdE.
Durch Beschluss vom 14.05.1999 hat das Sozialgericht die beiden anhängigen Klagen verbunden, gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Durch weiteren Beschluss vom 14.05.1999 hat das SG die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, Erfurt, gemäß § 75 Abs. 2 SGG beigeladen.
Die Beigeladene hat zu der Problematik ausgeführt, die Zahlung der Rente sei auf Grund der Übernahme der Zahlungsmitteilung durch die Sozialversicherung der DDR erfolgt. Danach sei der Klägerin eine Rente nach einem Körperschaden von 20 % gezahlt worden. Dieser gelte gemäß § 1154 Abs. 1 RVO als Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).
Die Klägerin hat ausgeführt, eine Herabsetzung der Rente sei ihr nicht mehr erinnerlich. Sie habe lediglich Mitteilungen über die Anpassungen der Rente zum 01.07.1990 (152,00 DM) und zum 01.01.1991 (175,00 DM) erhalten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28.10.1999 hat der Vertreter der Beigeladenen dargestellt, dass dem Rentenzahlbetrag ab dem 01.07.1990 in Höhe von 152,00 DM auf der Grundlage von § 4 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28. Juni 1990 ein Grad des Körperschadens von 20 % zu Grunde lag.
Die Klägerin hat in dieser Verhandlung ihr Begehren darauf reduziert, bei der Anrechnung der Unfallrente von einer MdE um 30 v.H. auszugehen.
Entsprechend hat das SG durch Urteil vom 28. Oktober 1999 die Beklagte verurteilt, bei der Anrechnung der Unfallrente der Klägerin bis zum 05.10.1997 von einer MdE um 30 % auszugehen. Da kein Herabsetzungsbescheid feststellbar sei, der den Bescheid vom 15.05.1964 abgeändert habe, sei nicht die tatsächlich gezahlte Rente maßgeblich, sondern die Höhe der MdE nach der die Rente hätte gezahlt werden müssen.
Hiergegen hat die Beklagte am 22.02.2000 Berufung eingelegt. Die Beigeladene habe als zuständiger Versicherungsträger von der Sozialversicherung der ehemaligen DDR eine Rentenzahlung übernommen, die nach einem Grad des Körperschadens von 20 % erfolgt sei; dementsprechend sei die Weiterzahlung erfolgt. Berücksichtigung bei der Berechnung könne dieser jedoch nur in der Höhe finden, wie er von der zuständigen Berufsgenossenschaft auch bestätigt worden sei.
Die Beigeladene hat am 29.02.2000 Anschlussberufung eingelegt.
Die Klägerin hat hierzu geltend gemacht, ihr habe eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 % zugestanden. Die Höhe der tatsächlichen Zahlung sei irrelevant. Nach dem Bescheid vom 15.05.1964 sei es zwar noch einmal zu einer Nachuntersuchung gekommen, ein abändernder schriftlicher Bescheid sei jedoch nicht ergangen. Die Klägerin sei vielmehr davon ausgegangen, dass die ihr gewährte Rente einer MdE von 30 % entspreche. Aus § 215 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 1150 RVO sowie aus Artikel 19 des Einigungsvertrages folge, dass zu Zeiten der ehemaligen DDR zugebilligte Unfallrenten weiterzuzahlen seien, selbst für den Fall, dass gar kein Arbeitsunfall oder keine Berufskrankheit vorgelegen habe.
Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, über die Höhe der MdE könne nur die Beigeladene eine Entscheidung treffen. Soweit von dieser eine höhere MdE anerkannt werde und entsprechend eine höhere Rente gezahlt werde, werde die Alhi entsprechend der festgesetzten MdE neu berechnet. Die Regelung des § 11 Alhi-VO solle bewirken, dass in bestimmten Einkommenssituationen gewisse Einkommensgrößen nicht auf die Alhi angerechnet würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Wegen den weiteren Einzelheiten zum Sach- und Rechtsstreit wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Band I und II), Auzüge aus der BG-Akte (U 6/05808/38S) sowie die Ablichtung dieser Akte von Blatt 1 bis 85, die Akten des Sozialgerichts (Az: S 6 AL 6/98 und S 6 AL 187/97) sowie die Akten des LSG (L 3 AL 44/00 und L 3 AL 39/00), die Gegenstand der Verhandlung, Beratung und Entscheidung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG).
Entsprechendes gilt auch für die Anschlussberufung der Beigeladenen, die gemäß § 202 SGG i.V.m. §§ 521, 522 Zivilprozessordnung (ZPO) möglich ist. Zwar ist die Beigeladene durch das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 1999 nicht unmittelbar beschwert, denn der Urteilstenor verpflichtet lediglich die Beklagte zur Vornahme einer Änderung der Berechnung des Anrechnungsbetrages bzw. der Höhe der auszuzahlenden Arbeitslosenhilfe (Alhi). Für die (unselbstständige) Anschlussberufung ist jedoch eine Beschwer nicht erforderlich (BSG, Breithaupt 82, 920; BSGE 63, 167).
Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Anschlussberufung der Beigeladenen sind begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, bei der Anrechnung der Unfallrente der Klägerin von einer MdE um 30 % auszugehen. Die diesbezüglichen, im Urteilstenor genannten Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Auf die ungekürzten Leistungsbeträge von 206,40 DM (1996: allgemeiner Leistungssatz für Alhi bei einem BE von 560,00 DM) sowie 203,40 DM (1997: allgemeiner Leistungssatz für Alhi bei einem BE von 560,00 DM) waren die Verletztenrenten der Klägerin teilweise anzurechnen, so dass sich der von der Beklagten auszuzahlende Leistungsbetrag um die entsprechenden Anrechnungsbeträge minderte.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Alhi ist § 134 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die Klägerin war arbeitslos und stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Sie hatte sich auch arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt (§ 134 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Zudem hat die Klägerin innerhalb der geforderten Vorfrist Alg bezogen, ohne dass der Anspruch nach § 119 Abs. 3 AFG erloschen war, § 134 Abs. 1 Nr. 4 AFG. Darüberhinaus ist für den Anspruch auf Alhi erforderlich, dass der Arbeitslose bedürftig ist, § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG. Bei der Feststellung des Umfanges der Bedürftigkeit waren die Verletztenrenten der Klägerin zu berücksichtigen.
Der Arbeitslose ist nach § 137 Abs. 1 AFG bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht.
Gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG ist im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des Arbeitslosen, soweit § 115 AFG nichts anderes bestimmt, zu berücksichtigen. § 138 Abs. 3 AFG führt darüber hinaus jedoch Leistungen an, die nicht als Einkommen gelten. Zwar sind Verletztenrenten in dieser Norm nicht genannt, das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung kann jedoch nach § 138 Abs. 4 AFG auch weitere, als die in Abs. 3 genannten Einnahmen bestimmen, die nicht als Einkommen gelten. Dabei kann auch Näheres über die Berechnung des Einkommens und über die abzusetzenden Pauschbeträge festgelegt werden. In Ausführung dieser Ermächtigung wurde die Alhi-VO vom 07.08.1994 (BGBl. I S. 6929) geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Reform der Alhi vom 24.06.1996 (BGBl. I S. 878) erlassen. Nach § 11 Nr. 2 Alhi-VO gilt über die § 138 Abs. 3 AFG genannten Einnahmen hinaus nicht als Einkommen die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente und Kriegsbeschädigtenzulage gewährt würde; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. ist ein Betrag von 2/3 bei einer MdE um 10 v.H. ist ein Betrag in Höhe von 1/3 der Mindestgrundrente anzusetzen.
In Anwendung dieser Vorschrift hat die Beklagte zutreffend lediglich einen Anteil von 20 % der jeweiligen Mindestgrundrente nach dem BVG gemäß § 31 Abs. 1 BVG i.V.m. der Anlage I zum Einigungsvertrag vom 31.08.1990 (BGBl. II S. 885 ff.) Kapitel VIII, Sachgebiet K, Abschnitt III Nr. 1 nicht als Einkommen angerechnet. Es war demgegenüber nicht von einer Beschädigten-Grundrente nach einer MdE um 30 v.H. auszugehen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 11 Nr. 2 Alhi-VO. Danach bestimmt sich der Freibetrag der Verletztenrente nach dem dieser entsprechenden Vom-Hundert-Satz der Mindestgrundrente. Es besteht also insoweit eine Kongruenz. Auch der Zweck der Norm des § 11 Nr. 2 Alhi-VO spricht für eine Übereinstimmung zwischen dem prozentualen Betrag der tatsächlich gewährten Verletztenrente und dem auf diese anzurechnenden Freibetrag einer BVG-Grundrente. Die Vorschrift steht im Zusammenhang der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 134 Abs. 1 Nr. 3, §§ 137, 138 AFG. Sie macht deutlich, dass jeweils ein bestimmter Anteil der Verletztenrente als (reiner) Ausgleich für pauschalierte Mehraufwendungen auf Grund der Schädigung nicht als Einkommen zu bewerten ist und daher einer Bedürftigkeit nicht entgegensteht. Dieser, nach dem BVG errechnete, Freibetrag der Verletztenrente erhöht sich proportional mit dem Ansteigen der Verletztenrente, d.h. bei einer höheren Verletztenrente ergibt sich jeweils ein verhältnismäßig höherer Freibetrag. Würde man demgegenüber dem Begehren der Klägerin folgen, ergäbe sich in eben jenem Verhältnis eine diesem nicht entsprechende Verschiebung: Von einer tatsächlich niedrigen Verletztenrente (nach einer MdE um 20 v.H.) würde ein unverhältnismäßig höherer Freibetrag (nach einer MdE um 30 v.H.) abgezogen.
Zudem ergibt sich auch aus den gesetzlichen Zuständigkeiten, dass es - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - nicht auf die materiell-rechtlich zutreffende MdE ankommt, bzw. diese von der Beklagten im Rahmen von § 11 Nr. 2 Alhi-VO zu prüfen wäre, sondern die tatsächliche Höhe der von der BG gewährten Verletztenrente. Die auf Grund von anerkannten Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten im Beitrittsgebiet ehemals von der Sozialversicherung der DDR gezahlten Renten wurden anhand des Rentenbestandes für den Zahlmonat Januar 1991 auf die gewerblichen Berufsgenossenschaften verteilt, vgl. § 1159 RVO i.V.m. Anlage I zum Einigungsvertrag vom 31.08.1990, Kapitel VIII, Sachgebiet I, Abschnitt III Nr. 1 und 2 dazu. Für die weitere Höhe der Rentenzahlung ist § 1154 Abs. 1 Satz 1 RVO maßgebend. Danach gilt bei vor dem 01. Januar 1992 im Beitrittsgebiet festgestellten Renten der zu Grunde gelegte Grad des Körperschadens als Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch. Es hat daher die auf Grund der Verteilung jeweils zuständige gewerbliche Berufsgenossenschaft zu prüfen, welcher Grad des Körperschadens der Rente zu Grunde lag. Für diese, hieraus folgende Bestimmung der MdE ist folglich die Beigeladene und nicht die Beklagte zuständig. Im Übrigen würde - allgemein betrachtet - die Auffassung der Klägerin, der das Sozialgericht gefolgt ist, dazu führen, dass die Beklagte bei einer Anwendung von § 11 Nr. 2 Alhi-VO jeweils in eigener Zuständigkeit eine Feststellung über die materiell-richtige Höhe der MdE zu treffen hätte. Die Zuständigkeit für diese Feststellung fällt jedoch nach den Regelungen des SGB VII in den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherungsträger.
Auch die von der Beklagten ebenfalls berücksichtigten Zinsen für das Sparguthaben der Klägerin stellen Einkommen im Sinne von § 138 Abs. 2 AFG dar (Niesel, AFG, 2. Auflage, Rdnr. 21 zu § 138).
Abschließend war auch die Reduzierung des Bemessungsentgeltes auf 560,00 DM zutreffend, da gemäß § 242v AFG i. V. m. § 136 Abs. 2b AFG eine Anpassung mit dem Faktor 0,97 (580,00 x 0,97: tatsächlich also eine Minderung) zu erfolgen hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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