Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 6 AL 803/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 42/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Januar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten - auch für das Berufungsverfahren - sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Teil-Arbeitslosengeld (Teil-Alg) für den Zeitraum vom 07. Mai 1998 bis 31. Juli 1998.
Die am ... geborene Klägerin arbeitete vom 01. September 1995 bis 31. August 1997 als Sozialpädagogin beim Fortbildungswerk S ... GmbH mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich. Danach verlängerte sich das Arbeitsverhältnis bis 31. Juli 1998, wobei die Klägerin im September 1997 20 Stunden, vom 01. Oktober 1997 bis 28. Februar 1998 40 Stunden und ab 01. März 1997 erneut wieder 20 Stunden wöchentlich arbeitete.
Die Klägerin beantragte am 06. Mai 1998 bei der Beklagten Teil-Alg. Sie verrichte eine Teilzeittätigkeit und suche daneben eine weitere Arbeitsstelle, wobei sie hinsichtlich der Arbeitszeit flexibel sei.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17. Juni 1998 ab. Die Klägerin stehe der Vermittlung des Arbeitsamtes auf Grund eines Studiums nur an bestimmten Wochentagen und damit nicht zu den üblichen Vollzeit- bzw. Teilzeitarbeitsmarktbedingungen zur Verfügung.
Dagegen legte die Klägerin am 25. Juni 1998 Widerspruch ein. Sie betreibe weder ein Studium noch sei die Vermittlung auf bestimmte Wochentage beschränkt. Mit der Reduzierung der Arbeitszeit habe sie den vollständigen Verlust ihres Arbeitsplatzes verhindert. Daneben stehe sie dem Arbeitsmarkt für 20 Wochenstunden zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 16. Juli 1998 nahm die Beklagte den Bescheid vom 17. Juni 1998 zurück und lehnte den Antrag auf Teil-Alg gemäß § 150 Abs. 3 SGB III ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Leistung. Sie habe keine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren, die sie neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausübe. Die Klägerin habe lediglich den zeitlichen Umfang innerhalb einer versicherungspflichtigen Beschäftigung reduziert.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1998, der Klägerin mit Übergabe-Einschreiben zugestellt, als unbegründet zurück. Die Klägerin sei nicht teilarbeitslos und erfülle deshalb die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teil-Alg nach § 150 Abs. 1 SGB III nicht. Als teilarbeitslos definiere das Gesetz denjenigen, der eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren hat, die er neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt hat und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht. Der Versicherungsfall setze damit voraus, dass ein Arbeitnehmer, der zunächst zwei versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse hatte, eines verliere und in dem anderen weiter tätig sei. Das sei bei einer Reduzierung der Arbeitszeit um die Hälfte nicht der Fall.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin im August 1998 und nach einer versicherungspflichtigen Tätigkeit erneut vom 01. Januar 1999 bis 30. November 1999 Alg, zuletzt in Höhe von 388,01 DM wöchentlich.
Die Klägerin hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1998 am 31. August 1998 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben. Sie ist der Ansicht, § 150 Abs. 2 Satz 1 SGB III verletze den Gleichheitsgrundsatz und sei deshalb verfassungswidrig. Es könne keine zulässige Begründung dafür geben, Teil-Alg zwar dann zu bewilligen, wenn 20 Stunden von insgesamt 40 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit bei einem von zwei Arbeitgebern entfielen, jedoch Teil-Alg zu versagen, wenn die gleiche Stundenreduzierung bei nur einem Arbeitgeber eintrete. Die Sozialversicherungsabgaben seien in beiden Konstellationen in gleicher Höhe zu entrichten. Entscheidend sei allein der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt im Umfang von 20 Stunden. § 150 Abs. 3 Nr. 1 SGB III müsse deshalb verfassungsgemäß wie folgt lauten: "Teilarbeitslos ist, wer aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens 15 Wochenarbeitsstunden verloren habe, weiterhin versicherungspflichtig tätig sei und im Umfang von mindestens 15 Wochenarbeitsstunden eine versicherungspflichtige Beschäftigung suche."
Das Sozialgericht Dresden hat die Klage ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 21. Januar 2000 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Teil-Alg. Teilarbeitslosigkeit setze gemäß § 150 Abs. 2 Ziffer 1 SGB III den Verlust einer versicherungspflichtigen Beschäftigung neben der Ausübung einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus. Die Regelung über das Teil-Alg sei auch nicht analog anzuwenden. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Reformgesetzgebers liege keine planwidrige Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber habe nur den Personenkreis, der mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen ausgeübt habe und vor Schaffung des § 150 SGB III bei Verlust der einen versicherungspflichtigen Tätigkeit und Fortführung der anderen keinen Anspruch auf Alg begründen konnte, obwohl aus beiden Arbeitsverhältnissen Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit entrichtet wurden, erfassen wollen. Der Gleichheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Zwar hätten Arbeitnehmer in zwei versicherungspflichtigen Beschäftigungen mit jeweils 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit im Vergleich zu einem Arbeitnehmer in nur einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden die gleichen Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit entrichten. Die Voraussetzungen für die versicherungsrechtlichen Ansprüche seien jedoch verschieden. Eine Differenzierung nach der Anzahl der versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse erscheine jedoch zur Vorbeugung von Manipulationen und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht sachwidrig.
Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGG zugelassen.
Gegen das am 28. Januar 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Februar 2000 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Die Klägerin bezieht sich zu Begründung auf die Ausführungen im Klageverfahren und trägt ergänzend vor: Das Sozialgericht habe zu Unrecht einen Anspruch auf Teil-Alg analog § 150 SGB III verneint. Der Gesetzgeber habe bei der Regelung des Teil-Alg die Teilarbeitslosigkeit durch Verlust der Hälfte eines bisherigen Beschäftigungsverhältnisses nicht bedacht. Selbst wenn man unterstellt, der Gesetzgeber habe für den Anspruch auf Teil-Alg bewusst die in § 150 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB III definierte Teilarbeitslosigkeit vorausgesetzt, wäre die Vorschrift wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verfassungswidrig. Das Sozialgericht habe zu Unrecht eine sachliche Rechtfertigung der Differenzierung angenommen. Zur Vermeidung von Manipulationen sei die Differenzierung nicht gerechtfertigt. Die Norm eröffne vielmehr Manipulationsmöglichkeiten. So bestehe z.B. die Möglichkeit, ein Beschäftigungsverhältnis zu beenden und im zweiten Beschäftigungsverhältnis einkommenssteigernde Überstunden abzuleisten, die den Anspruch auf Teil-Alg nicht mindern oder aufheben. Ein Gesetzesmissbrauch ließe sich mit der Verpflichtung, Arbeitsbescheinigungen vorzulegen, ausschließen. Auch die behauptete Verwaltungsvereinbarung könne keine sachliche Rechtfertigung begründen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Januar 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Juli 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1998 zu verpflichten, der Klägerin dem Grunde nach für den Zeitraum vom 07. Mai 1998 bis 31. Juli 1998 Teil-Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf das erstinstanzliche Vorbringen und die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Dresden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten (Stamm-Nr. 409572) und die Gerichtsakte des Sozialgerichts Dresden (Az: S 6 AL 803/98) haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch auf Teil-Alg im Zeitraum vom 07. Mai 1998 bis 31. Juli 1998 verneint. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin erfüllt die in § 150 Abs. 1 SGB III normierten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teil-Alg nicht.
Danach hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Teil-Alg, der
1. teilarbeitslos ist,
2. sich teilarbeitslos gemeldet und,
3. die Anwartschaftszeit für Teil-Alg erfüllt hat.
Hier liegt weder Teilarbeitslosigkeit im Sinne der Legaldefinition des § 150 Abs. 2 Nr. 1 SGB III vor, noch erfüllt die Klägerin die Anwartschaftszeit für Teil-Alg nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III.
Teilarbeitslos ist, wer eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren hat, die er neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt hat, und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht, § 150 Abs.2 Nr. 1 SGB III. Die Klägerin hat seit 01. Januar 1996 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Sozialpädagogin ausgeübt, wobei sie zuletzt Teilzeit, nämlich 20 Stunden wöchentlich, arbeitete. Ein weiteres versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestand daneben nicht. Folglich hat die Klägerin damit nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren, die sie neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt hat.
Die Anwartschaftszeit für Teil-Alg hat erfüllt, wer in der Teil-Alg-Rahmenfrist von zwei Jahren neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens zwölf Monate eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, § 150 Abs.2 Nr. 2 SGB III. Die Klägerin stand innerhalb der Rahmenfrist nur in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht die Voraussetzung für eine Analogie des § 150 SGB III mangels planwidriger Regelungslücke verneint. Der Gesetzgeber hat mit dem Teil-Alg eine eigenständige Leistung der Arbeitslosenversicherung geschaffen. Er wollte damit eine Lücke im System der Arbeitslosenversicherung für Personen schließen, die mehrere Beschäftigungsverhältnisse nebeneinander ausüben. Denn nach bisherigem Recht war der Bezug von Alg ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer eines von zwei Beschäftigungsverhältnissen, die beide die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit begründeten, verlor, da er mit dem verbleibenden Beschäftigungsverhältnis die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit nicht erfüllte (vgl. BT-Drucks. 13/4941 S. 181 zu § 151). Die Anspruchsvoraussetzungen für Alg bei nur einem Arbeitsverhältnis wollte der Gesetzgeber damit gerade nicht ändern.
§ 150 SGB III ist in der Gestalt Gesetz geworden, die er als § 151 i.d.F. des 1. und 2. AFRG-Entwurfs erhalten hatte. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat keine Änderungen vorgeschlagen. Zur Begründung des Versicherungsfalles heißt es im Gesetzgebungsverfahren:
"Die Vorschrift definiert den Versicherungsfall der Teilarbeitslosigkeit. Er liegt vor, wenn der Arbeitnehmer eine von mehreren versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigungen verloren hat. Die bloße Verminderung der Arbeitszeit eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ist nicht als Verlust in diesem Sinne anzusehen", (BT-Drucks. a.a.O.).
Das Sozialgericht hat auch zutreffend einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verneint.
Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG setzt voraus, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anderes behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn im konkreten Fall nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gewählt worden ist, sondern erst dann, wenn die Entscheidung willkürlich (BVerfGE 4, 144, 155; 83, 395, 401) und unverhältnismäßig ist (BVerfGE 88, 87, 96; BVerfG, NJW 2000, 310, 311).
Eine Ungleichbehandlung besteht darin, dass § 150 Abs. 2 Nr. 1 SGB III an den Verlust einer von mehreren versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigungen anknüpft und damit Teil-Alg bei einer dauernden Verminderung der Arbeitszeit nur eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ausschließt.
Die Interessenlage der beiden Gruppen von Normadressaten ist unter dem Gesichtspunkt der sozialen Schutzbedürftigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung auch vergleichbar. Denn beide Gruppen sind um eine zur Kompensation des Einkommensausfalles ergänzende, versicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung bemüht.
Die beiden Gruppen von Normadressaten unterscheiden sich aber insoweit als der Teilarbeitslose i.S.v. § 150 SGB III bereits während der Teil-Alg-Rahmenfrist in einem anderen Beschäftigungsmodell als dem der lebenslangen Vollzeitbeschäftigung bei ein- und demselben Arbeitgeber gestanden hat. Der Teilarbeitslose hat folglich über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr die mit zwei Beschäftigungsverhältnissesn verbundene erhöhte Flexibilität gezeigt. Zwar besteht ein arbeitsrechtliches Benachteilgungsverbot des Teilzeitbeschäftigten gegenüber dem Vollzeitbeschäftigten. Tatsächlich sind Teilzeitbeschäftigungen aber mit faktischen Beschränkungen verbunden. Diese wirken sich nicht nur bei Begründung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern auch bei Verteilung der Arbeitszeiten, Überstundenvereinbarungen o.ä. aus. Insgesamt wird damit ein deutlich höheres Maß an Flexibilität bei den Teilzeitarbeitslosen i.S.v. § 150 SGB III als bei einem Vollzeitbeschäftigten oder einer Stundenreduzierung in einem Beschäftigungsverhältnis vorausgesetzt.
Dieses erhöhte Maß an Flexibilität hat der Teilarbeitslose i.S.v. § 150 SGB III bereits in der Vergangenheit gezeigt. Daran knüpft der arbeitsförderungsrechtliche Ausgleich an. Insoweit kommt es nämlich darauf an, daß der Anspruch "erarbeitet" wurde, d.h. die Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen und nicht erst künftig erworben werden. Das verdeutlicht die Anwartschaft im weiteren Sinne. Dabei handelt es sich um die Rechtsposition dessen, der die Voraussetzung dafür erfüllt hat, den konkreten Anspruch auf die Leistung zu erwerben, sobald der Ausgleichstatbestand eingetreten ist. Das ist beim Teil-Alg die Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 150 Abs.2 Nr. 2 SGB III). Erst mit dem Eintritt des Ausgleichstatbestandes, der Teilarbeitslosigkeit und Teilarbeitslosmeldung, entsteht das Stammrecht. Die Anwartschaft im weiteren Sinne ist dann verbraucht und hat sich in eine Berechtigung umgewandelt.
Das Teil-Alg unterscheidet sich insofern nicht grundsätzlich von anderen arbeitsförderungsrechtlichen Ansprüchen. Auch beim Anspruch auf Alg oder Alhi sind diese Rechtspositionen zu unterscheiden, die jeweils bestimmte Berechtigungen kennzeichnen. So entsteht die Anwartschaft im weiteren Sinne beim Alg mit Erfüllung der Anwartschaftszeit und damit der Zurücklegung von versicherungspflichtiger Zeiten (§ 123 SGB III). Mit der Arbeitslosigkeit und Antragstellung entsteht sodann das Stammrecht.
Der Senat sieht die soziale Rechtfertigung der Ungleichbehandlung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht in der Vorbeugung von Manipulationen oder einer Verwaltungsvereinfachung. Die diesbezüglichen Einwände der Klägerin sind deshalb nicht entscheidungserheblich.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der Gleichheit auf der Beitragsseite nichts anderes. Denn aus der Beitragspflicht der Beschäftigung folgt keine spiegelbildliche Gleichbehandlung der Beitragsverpflichteten auf der Leistungsseite. Einen derartigen Grundsatz kennt das Arbeitsförderungsrecht nicht.
Die vorgenommene Differenzierung ist nach Ansicht des Senats weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 150 SGB III Teilzeitarbeitnehmer vor einem wesentlichen Einkommensausfall schützen, den sie gerade nach längerer paralleler Ausübung von mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen infolge des Wegfalles einer Beschäftigung erleiden. Der Gesetzgeber bezweckt damit einen verstärkten sozialen Schutz der Teilzeitbeschäftigten, der angesichts der wachsenden Bedeutung von Teilzeitarbeitsverhältnissen und dem Wandel zu flexiblen Gestaltungen der Arbeitszeitregelungen sozialpolitisch erwünscht war.
Der Gesetzgeber hält sich mit der Regelung des Teil-Alg in den Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit. Er musste den Versicherungsfall nicht auf die Verminderung der Arbeitszeit eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ausdehnen. Er konnte, insbesondere auch aus Kostengründen, die Weiterentwicklung des Arbeitsförderungsrechts auf die geschaffene Regelung beschränken.
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.1 Nr. 1, 2 SGG), lagen nicht vor. Der Senat verneint einen Klärungsbedarf und damit eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus folgenden Gründen: Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teil-Alg sind in § 150 SGB III unmittelbar und eindeutig gesetzlich geregelt. Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesmaterialien dabei auch keine Regelungslücke geschaffen. Die Verfassungsmäßigkeit der Norm ist zur Überzeugung des Senats auch nicht klärungsbedürftig.
II. Außergerichtliche Kosten - auch für das Berufungsverfahren - sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Teil-Arbeitslosengeld (Teil-Alg) für den Zeitraum vom 07. Mai 1998 bis 31. Juli 1998.
Die am ... geborene Klägerin arbeitete vom 01. September 1995 bis 31. August 1997 als Sozialpädagogin beim Fortbildungswerk S ... GmbH mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich. Danach verlängerte sich das Arbeitsverhältnis bis 31. Juli 1998, wobei die Klägerin im September 1997 20 Stunden, vom 01. Oktober 1997 bis 28. Februar 1998 40 Stunden und ab 01. März 1997 erneut wieder 20 Stunden wöchentlich arbeitete.
Die Klägerin beantragte am 06. Mai 1998 bei der Beklagten Teil-Alg. Sie verrichte eine Teilzeittätigkeit und suche daneben eine weitere Arbeitsstelle, wobei sie hinsichtlich der Arbeitszeit flexibel sei.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17. Juni 1998 ab. Die Klägerin stehe der Vermittlung des Arbeitsamtes auf Grund eines Studiums nur an bestimmten Wochentagen und damit nicht zu den üblichen Vollzeit- bzw. Teilzeitarbeitsmarktbedingungen zur Verfügung.
Dagegen legte die Klägerin am 25. Juni 1998 Widerspruch ein. Sie betreibe weder ein Studium noch sei die Vermittlung auf bestimmte Wochentage beschränkt. Mit der Reduzierung der Arbeitszeit habe sie den vollständigen Verlust ihres Arbeitsplatzes verhindert. Daneben stehe sie dem Arbeitsmarkt für 20 Wochenstunden zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 16. Juli 1998 nahm die Beklagte den Bescheid vom 17. Juni 1998 zurück und lehnte den Antrag auf Teil-Alg gemäß § 150 Abs. 3 SGB III ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Leistung. Sie habe keine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren, die sie neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausübe. Die Klägerin habe lediglich den zeitlichen Umfang innerhalb einer versicherungspflichtigen Beschäftigung reduziert.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1998, der Klägerin mit Übergabe-Einschreiben zugestellt, als unbegründet zurück. Die Klägerin sei nicht teilarbeitslos und erfülle deshalb die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teil-Alg nach § 150 Abs. 1 SGB III nicht. Als teilarbeitslos definiere das Gesetz denjenigen, der eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren hat, die er neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt hat und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht. Der Versicherungsfall setze damit voraus, dass ein Arbeitnehmer, der zunächst zwei versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse hatte, eines verliere und in dem anderen weiter tätig sei. Das sei bei einer Reduzierung der Arbeitszeit um die Hälfte nicht der Fall.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin im August 1998 und nach einer versicherungspflichtigen Tätigkeit erneut vom 01. Januar 1999 bis 30. November 1999 Alg, zuletzt in Höhe von 388,01 DM wöchentlich.
Die Klägerin hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1998 am 31. August 1998 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben. Sie ist der Ansicht, § 150 Abs. 2 Satz 1 SGB III verletze den Gleichheitsgrundsatz und sei deshalb verfassungswidrig. Es könne keine zulässige Begründung dafür geben, Teil-Alg zwar dann zu bewilligen, wenn 20 Stunden von insgesamt 40 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit bei einem von zwei Arbeitgebern entfielen, jedoch Teil-Alg zu versagen, wenn die gleiche Stundenreduzierung bei nur einem Arbeitgeber eintrete. Die Sozialversicherungsabgaben seien in beiden Konstellationen in gleicher Höhe zu entrichten. Entscheidend sei allein der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt im Umfang von 20 Stunden. § 150 Abs. 3 Nr. 1 SGB III müsse deshalb verfassungsgemäß wie folgt lauten: "Teilarbeitslos ist, wer aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens 15 Wochenarbeitsstunden verloren habe, weiterhin versicherungspflichtig tätig sei und im Umfang von mindestens 15 Wochenarbeitsstunden eine versicherungspflichtige Beschäftigung suche."
Das Sozialgericht Dresden hat die Klage ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 21. Januar 2000 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Teil-Alg. Teilarbeitslosigkeit setze gemäß § 150 Abs. 2 Ziffer 1 SGB III den Verlust einer versicherungspflichtigen Beschäftigung neben der Ausübung einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus. Die Regelung über das Teil-Alg sei auch nicht analog anzuwenden. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Reformgesetzgebers liege keine planwidrige Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber habe nur den Personenkreis, der mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen ausgeübt habe und vor Schaffung des § 150 SGB III bei Verlust der einen versicherungspflichtigen Tätigkeit und Fortführung der anderen keinen Anspruch auf Alg begründen konnte, obwohl aus beiden Arbeitsverhältnissen Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit entrichtet wurden, erfassen wollen. Der Gleichheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Zwar hätten Arbeitnehmer in zwei versicherungspflichtigen Beschäftigungen mit jeweils 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit im Vergleich zu einem Arbeitnehmer in nur einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden die gleichen Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit entrichten. Die Voraussetzungen für die versicherungsrechtlichen Ansprüche seien jedoch verschieden. Eine Differenzierung nach der Anzahl der versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse erscheine jedoch zur Vorbeugung von Manipulationen und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht sachwidrig.
Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGG zugelassen.
Gegen das am 28. Januar 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Februar 2000 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Die Klägerin bezieht sich zu Begründung auf die Ausführungen im Klageverfahren und trägt ergänzend vor: Das Sozialgericht habe zu Unrecht einen Anspruch auf Teil-Alg analog § 150 SGB III verneint. Der Gesetzgeber habe bei der Regelung des Teil-Alg die Teilarbeitslosigkeit durch Verlust der Hälfte eines bisherigen Beschäftigungsverhältnisses nicht bedacht. Selbst wenn man unterstellt, der Gesetzgeber habe für den Anspruch auf Teil-Alg bewusst die in § 150 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB III definierte Teilarbeitslosigkeit vorausgesetzt, wäre die Vorschrift wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verfassungswidrig. Das Sozialgericht habe zu Unrecht eine sachliche Rechtfertigung der Differenzierung angenommen. Zur Vermeidung von Manipulationen sei die Differenzierung nicht gerechtfertigt. Die Norm eröffne vielmehr Manipulationsmöglichkeiten. So bestehe z.B. die Möglichkeit, ein Beschäftigungsverhältnis zu beenden und im zweiten Beschäftigungsverhältnis einkommenssteigernde Überstunden abzuleisten, die den Anspruch auf Teil-Alg nicht mindern oder aufheben. Ein Gesetzesmissbrauch ließe sich mit der Verpflichtung, Arbeitsbescheinigungen vorzulegen, ausschließen. Auch die behauptete Verwaltungsvereinbarung könne keine sachliche Rechtfertigung begründen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Januar 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Juli 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1998 zu verpflichten, der Klägerin dem Grunde nach für den Zeitraum vom 07. Mai 1998 bis 31. Juli 1998 Teil-Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf das erstinstanzliche Vorbringen und die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Dresden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten (Stamm-Nr. 409572) und die Gerichtsakte des Sozialgerichts Dresden (Az: S 6 AL 803/98) haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch auf Teil-Alg im Zeitraum vom 07. Mai 1998 bis 31. Juli 1998 verneint. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin erfüllt die in § 150 Abs. 1 SGB III normierten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teil-Alg nicht.
Danach hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Teil-Alg, der
1. teilarbeitslos ist,
2. sich teilarbeitslos gemeldet und,
3. die Anwartschaftszeit für Teil-Alg erfüllt hat.
Hier liegt weder Teilarbeitslosigkeit im Sinne der Legaldefinition des § 150 Abs. 2 Nr. 1 SGB III vor, noch erfüllt die Klägerin die Anwartschaftszeit für Teil-Alg nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III.
Teilarbeitslos ist, wer eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren hat, die er neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt hat, und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht, § 150 Abs.2 Nr. 1 SGB III. Die Klägerin hat seit 01. Januar 1996 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Sozialpädagogin ausgeübt, wobei sie zuletzt Teilzeit, nämlich 20 Stunden wöchentlich, arbeitete. Ein weiteres versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestand daneben nicht. Folglich hat die Klägerin damit nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren, die sie neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt hat.
Die Anwartschaftszeit für Teil-Alg hat erfüllt, wer in der Teil-Alg-Rahmenfrist von zwei Jahren neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens zwölf Monate eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, § 150 Abs.2 Nr. 2 SGB III. Die Klägerin stand innerhalb der Rahmenfrist nur in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht die Voraussetzung für eine Analogie des § 150 SGB III mangels planwidriger Regelungslücke verneint. Der Gesetzgeber hat mit dem Teil-Alg eine eigenständige Leistung der Arbeitslosenversicherung geschaffen. Er wollte damit eine Lücke im System der Arbeitslosenversicherung für Personen schließen, die mehrere Beschäftigungsverhältnisse nebeneinander ausüben. Denn nach bisherigem Recht war der Bezug von Alg ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer eines von zwei Beschäftigungsverhältnissen, die beide die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit begründeten, verlor, da er mit dem verbleibenden Beschäftigungsverhältnis die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit nicht erfüllte (vgl. BT-Drucks. 13/4941 S. 181 zu § 151). Die Anspruchsvoraussetzungen für Alg bei nur einem Arbeitsverhältnis wollte der Gesetzgeber damit gerade nicht ändern.
§ 150 SGB III ist in der Gestalt Gesetz geworden, die er als § 151 i.d.F. des 1. und 2. AFRG-Entwurfs erhalten hatte. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat keine Änderungen vorgeschlagen. Zur Begründung des Versicherungsfalles heißt es im Gesetzgebungsverfahren:
"Die Vorschrift definiert den Versicherungsfall der Teilarbeitslosigkeit. Er liegt vor, wenn der Arbeitnehmer eine von mehreren versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigungen verloren hat. Die bloße Verminderung der Arbeitszeit eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ist nicht als Verlust in diesem Sinne anzusehen", (BT-Drucks. a.a.O.).
Das Sozialgericht hat auch zutreffend einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verneint.
Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG setzt voraus, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anderes behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn im konkreten Fall nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gewählt worden ist, sondern erst dann, wenn die Entscheidung willkürlich (BVerfGE 4, 144, 155; 83, 395, 401) und unverhältnismäßig ist (BVerfGE 88, 87, 96; BVerfG, NJW 2000, 310, 311).
Eine Ungleichbehandlung besteht darin, dass § 150 Abs. 2 Nr. 1 SGB III an den Verlust einer von mehreren versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigungen anknüpft und damit Teil-Alg bei einer dauernden Verminderung der Arbeitszeit nur eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ausschließt.
Die Interessenlage der beiden Gruppen von Normadressaten ist unter dem Gesichtspunkt der sozialen Schutzbedürftigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung auch vergleichbar. Denn beide Gruppen sind um eine zur Kompensation des Einkommensausfalles ergänzende, versicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung bemüht.
Die beiden Gruppen von Normadressaten unterscheiden sich aber insoweit als der Teilarbeitslose i.S.v. § 150 SGB III bereits während der Teil-Alg-Rahmenfrist in einem anderen Beschäftigungsmodell als dem der lebenslangen Vollzeitbeschäftigung bei ein- und demselben Arbeitgeber gestanden hat. Der Teilarbeitslose hat folglich über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr die mit zwei Beschäftigungsverhältnissesn verbundene erhöhte Flexibilität gezeigt. Zwar besteht ein arbeitsrechtliches Benachteilgungsverbot des Teilzeitbeschäftigten gegenüber dem Vollzeitbeschäftigten. Tatsächlich sind Teilzeitbeschäftigungen aber mit faktischen Beschränkungen verbunden. Diese wirken sich nicht nur bei Begründung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern auch bei Verteilung der Arbeitszeiten, Überstundenvereinbarungen o.ä. aus. Insgesamt wird damit ein deutlich höheres Maß an Flexibilität bei den Teilzeitarbeitslosen i.S.v. § 150 SGB III als bei einem Vollzeitbeschäftigten oder einer Stundenreduzierung in einem Beschäftigungsverhältnis vorausgesetzt.
Dieses erhöhte Maß an Flexibilität hat der Teilarbeitslose i.S.v. § 150 SGB III bereits in der Vergangenheit gezeigt. Daran knüpft der arbeitsförderungsrechtliche Ausgleich an. Insoweit kommt es nämlich darauf an, daß der Anspruch "erarbeitet" wurde, d.h. die Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen und nicht erst künftig erworben werden. Das verdeutlicht die Anwartschaft im weiteren Sinne. Dabei handelt es sich um die Rechtsposition dessen, der die Voraussetzung dafür erfüllt hat, den konkreten Anspruch auf die Leistung zu erwerben, sobald der Ausgleichstatbestand eingetreten ist. Das ist beim Teil-Alg die Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 150 Abs.2 Nr. 2 SGB III). Erst mit dem Eintritt des Ausgleichstatbestandes, der Teilarbeitslosigkeit und Teilarbeitslosmeldung, entsteht das Stammrecht. Die Anwartschaft im weiteren Sinne ist dann verbraucht und hat sich in eine Berechtigung umgewandelt.
Das Teil-Alg unterscheidet sich insofern nicht grundsätzlich von anderen arbeitsförderungsrechtlichen Ansprüchen. Auch beim Anspruch auf Alg oder Alhi sind diese Rechtspositionen zu unterscheiden, die jeweils bestimmte Berechtigungen kennzeichnen. So entsteht die Anwartschaft im weiteren Sinne beim Alg mit Erfüllung der Anwartschaftszeit und damit der Zurücklegung von versicherungspflichtiger Zeiten (§ 123 SGB III). Mit der Arbeitslosigkeit und Antragstellung entsteht sodann das Stammrecht.
Der Senat sieht die soziale Rechtfertigung der Ungleichbehandlung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht in der Vorbeugung von Manipulationen oder einer Verwaltungsvereinfachung. Die diesbezüglichen Einwände der Klägerin sind deshalb nicht entscheidungserheblich.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der Gleichheit auf der Beitragsseite nichts anderes. Denn aus der Beitragspflicht der Beschäftigung folgt keine spiegelbildliche Gleichbehandlung der Beitragsverpflichteten auf der Leistungsseite. Einen derartigen Grundsatz kennt das Arbeitsförderungsrecht nicht.
Die vorgenommene Differenzierung ist nach Ansicht des Senats weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 150 SGB III Teilzeitarbeitnehmer vor einem wesentlichen Einkommensausfall schützen, den sie gerade nach längerer paralleler Ausübung von mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen infolge des Wegfalles einer Beschäftigung erleiden. Der Gesetzgeber bezweckt damit einen verstärkten sozialen Schutz der Teilzeitbeschäftigten, der angesichts der wachsenden Bedeutung von Teilzeitarbeitsverhältnissen und dem Wandel zu flexiblen Gestaltungen der Arbeitszeitregelungen sozialpolitisch erwünscht war.
Der Gesetzgeber hält sich mit der Regelung des Teil-Alg in den Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit. Er musste den Versicherungsfall nicht auf die Verminderung der Arbeitszeit eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ausdehnen. Er konnte, insbesondere auch aus Kostengründen, die Weiterentwicklung des Arbeitsförderungsrechts auf die geschaffene Regelung beschränken.
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.1 Nr. 1, 2 SGG), lagen nicht vor. Der Senat verneint einen Klärungsbedarf und damit eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus folgenden Gründen: Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teil-Alg sind in § 150 SGB III unmittelbar und eindeutig gesetzlich geregelt. Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesmaterialien dabei auch keine Regelungslücke geschaffen. Die Verfassungsmäßigkeit der Norm ist zur Überzeugung des Senats auch nicht klärungsbedürftig.
Rechtskraft
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