Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AL 1195/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 53/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten - auch des Berufungsverfahrens - nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg), hilfsweise Arbeitslosenhilfe (Alhi), nach Beendigung des Wehrdienstes hat.
Der am ... geborene, ledige Kläger legte nach 12-jährigem Schulbesuch die Abiturprüfung ab. Das Abiturzeugnis wurde ihm am 04. Juli 1998 ausgehändigt.
Er meldete sich nach eigenen Angaben im August 1998 arbeitslos. Eine Vermittlung erfolgte nicht.
Der Kläger wurde mit Einberufungsbescheid vom 29. Juni 1998 zum Grundwehrdienst ab 01. September 1998 einberufen. Er verlängerte den Wehrdienst bis 31. Juli 2000.
Am 02. August 2000 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Bautzen arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08. Oktober 2000 ab. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Er habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 02. August 2000 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Ein Anspruch auf Alhi bestehe nicht, weil er innerhalb der Vorfrist von einem Jahr vor dem 02. August 2000 kein Alg bezogen habe.
Dagegen legte der Kläger am 16. Oktober 2000 Widerspruch ein. Er habe 23 Monate Wehrdienst geleistet und ist deshalb der Ansicht, die Anwartschaftszeit ausreichend erfüllt zu haben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2000 zurück. Er habe als Wehrdienstleistender nicht der Versicherungspflicht unterlegen, weil er in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Wehrdienstes seine schulische Ausbildung beendet habe, § 26 Abs. 4 SGB III.
Der Kläger hat dagegen am 08. November 2000 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben. Er habe sich vor dem Wehrdienst arbeitslos gemeldet und eine versicherungspflichtige Beschäftigung gesucht. Die Beklagte habe ihn nicht vermitteln wollen. Deshalb seien die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 SGB III erfüllt. Außerdem habe er weder den Zeitpunkt der Zeugnisausgabe noch den Einberufungstermin beeinflussen können. Die Frist von zwei Monaten zwischen Ausbildungsende und Wehrdienstbeginn führe zu Zufallsergebnissen.
Das Sozialgericht hat die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, zum Verfahren gemäß § 75 Abs. 2 SGG im Hinblick auf eine mögliche Beitragspflicht nach §§ 347 Nr. 2, 349 Abs. 2 SGB III beigeladen.
Das Sozialgericht hat die Klage nach vorheriger Anhörung am 23. Februar 2001 durch Gerichtsbescheid abgewiesen. Der Kläger habe während des Wehrdienstes nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, weil er in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Dienstes die Ausbildung am Gymnasium beendet habe. Entscheidend sei gemäß § 26 Abs. 4 Nr. 1 SGB III der Zeitpunkt der Zeugnisausgabe. Denn damit werde das Bestehen der Abiturprüfung verbindlich bekannt gegeben. Erst danach käme eine Arbeitsvermittlung in Betracht. Die Anknüpfung an den Tag der Zeugnisausgabe sei daher sachgerecht.
Gegen den am 29. Februar 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08. März 2001 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Er trägt ergänzend vor, an der in § 26 Abs.4 SGB II geregelten Frist von zwei Monaten fehlten lediglich drei Tage. Diese dürften nicht entscheidungserheblich sein. Außerdem zahle das Arbeitsamt in anderen, vergleichbaren Fällen Arbeitslosengeld. Ausweislich einer Bestätigung des Städtischen Gymnasiums R ... habe die schulpflichtige Zeit de facto bereits am 22. Juni 1998 geendet. Denn an diesem Tag habe er die letzte mündliche Prüfung abgelegt. Der Tag der Zeugnisausgabe sei lediglich als Organisationstermin zu verstehen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2000 zu verurteilen, ihm ab 02. August 2000 Arbeitslosengeld, hilfsweise Arbeitslosenhilfe, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich auf zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid. Der Gesetzgeber habe die Regelung des § 26 Abs. 4 SGB III am Versicherungsprinzip ausgerichtet. Wer aufgrund gesetzlicher Pflicht Wehr- oder Zivildienst leiste, solle auch im Bereich des Arbeitsförderungsrechts keine Nachteile erleiden. In den Fällen des § 26 Abs. 4 SGB III gehe der Gesetzgeber aber davon aus, dass ein in der Sozialversicherung auszugleichender Nachteil nicht entstanden sei. Das sei hier der Fall. Denn von einer ernsthaften Arbeitssuche des Klägers könne bei einem Zeitraum von zwei Monaten zwischen Zeugnisausgabe und Beginn des Wehrdienstes nicht ausgegangen werden. Die Bestätigung des Schulleiters vermöge daran nichts zu ändern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten (Stammnummer: ...) und die Gerichtsakten beider Verfahrenszüge haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Die Statthaftigkeit folgt aus §§ 143, 144 Abs.1 Nr. 1 SGG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,- DM. Der Kläger begehrt ab 02. August 2000 Alg, hilfsweise Alhi für Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 02. August 2000 bis 08. Oktober 2000 und vom 16. Januar 2001 bis 01. September 2001.
Die Berufung ist aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat weder einen Anpruch auf Alg noch einen Anspruch auf Alhi.
Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Alg ist § 117 SGB III. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die
1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Der Kläger war zwar nach Beendigung des Wehrdienstes arbeitslos und meldete sich am 02. August 2000 beim Arbeitsamt arbeitslos.
Er hat aber die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Gem. § 123 S. 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist
1. mindestens 12 Monate,
2. als Wehrdienstleistender oder Zivildienstleistender (§ 25 Abs.2 S.2, § 26 Abs.1 Nr. 2, 3 Abs.4 SGB III) mindestens 10 Monate oder
3. als Saisonarbeiter mindestens 6 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Die Rahmenfrist beträgt gem. § 124 Abs.1 SGB III 3 Jahre. Sie beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg.
Der Kläger hat in der Rahmenfrist vom 02. August 1997 bis zum August 2000 in keinem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Er war als Wehrdienstleistender gem. § 26 Abs.4 Nr. 1 SGB III nicht versicherungspflichtig. Nach dieser Norm tritt die in § 26 Abs.1 Nr. 2 SGB III für Wehrdienstleistende geregelte Versicherungspflicht dann nicht ein, wenn der Dienstleistende
1. in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Dienstes eine Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule beendet oder ein Studium als ordentlicher Studierender an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule unterbrochen hat und
2. innerhalb der letzten 2 Jahre vor Beginn der Ausbildung weniger als zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Die Voraussetzungen des § 26 Abs.4 Nr. 1 SGB IIII liegen hier vor. Der Kläger hat die Reifeprüfung am 04. Juli 1998 abgelegt und den Wehrdienst am 01. September 1998 aufgenommen.
Zu Recht hat das SG den Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung an der allgemeinbildenden Schule auf den Tag der Zeugnisausgabe festgelegt. Denn der Kläger hat die Hochschulreife erst mit Aushändigung des Abiturzeugnisses erworben. Zuvor hat er zwar einzelne Prüfungen bestanden. Aber erst mit Aushändigung des Zeugnisses wurde ihm die Gesamtnote bekannt gegeben und die Hochschulreife verbindlich festgestellt. In dem Zeugnis heißt es:" Herr S ... hat die Abiturprüfung bestanden und damit die Berechtigung zum Studium an einer Hochschule in der BRD erworden." Es handelt sich bei dieser Feststellung um einen Verwaltungsakt. Mit Bekanntgabe und damit Aushändigung des Zeugnisses wird der Verwaltungsakt wirksam.
Auf den Zeitpunkt der mündlichen Prüfung (22. Juni 1998) ist daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht abzustellen. Denn nach § 26 Abs.4 Nr. 1 SGB III kommt es auf die Beendigung der Ausbildung und nicht den letzten Prüfungstag an. Die Ausbildung endete mit dem Erwerb der Hochschulreife. Die mündliche Prüfung ist nur eine Teilprüfung, die in die Endnote einfließt. Daran ändert auch die Bestätigung des Schulleiters nichts. Die Beendigung der Ausbildung wird zudem auch in anderen Bereichen der Sozialversicherung auf den Tag der Zeugnisausgabe festgelegt. So enden Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung an einem Gymnasium beispielsweise im Rentenrecht grundsätzlich auch mit Ablegung der Reifeprüfung und damit am Tag der Aushändigung des Zeugnisses (vgl. BSG SozR 3-2600 § 58 Nr. 3, 14).
Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelungen über die Beitragspflicht der Wehr- und Zivildienstleistenden. Diese sind grundsätzlich dann beitragspflichtig, wenn sie vor ihrer Einberufung zum Kreis der durch die Sozialversicherung geschützten Arbeitnehmer gehört haben. Beitragspflichtig ist deshalb der Wehr- oder Zivildienstleistende, der unmittelbar vor Dienstantritt in einer mehr als geringfügigen Beschäftigung gestanden hat oder eine derartige Beschäftigung gesucht hat, sofern er nicht seinen Erscheinungsbild nach Schüler oder Student ist. Das ist der Fall, wenn er während der Beschäftigung oder während der Arbeitssuche die Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit als Schüler oder Student erfüllt. Das gleiche gilt, wenn der Wehr- oder Zivildienstleistende erst in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Dienstes die Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule beendet (vgl. BSG, SozR 4100 § 168 Nr. 22). Denn in diesen Fällen kann eine Versicherungspflicht nicht oder nur in unbedeutendem Umfang begründet werden. Der Zeitraum orientiert sich an den Schulferien. Dem sozialversicherungsrechtlichem Schutz vor Arbeitslosigkeit steht in diesen Fällen auf der Beitragsseite kein entsprechendes Äquivalent gegenüber.
Hier hat der Kläger sich nach eigenem Vortrag erst im August 1998 beim Arbeitsamt um eine Arbeit bemüht. Der Grundwehrdienst begann am 01. September 1998. Er suchte somit eine Beschäftigung für einen Monat. Das entspricht dem Umfang nach der Arbeit von Schülern oder Studenten in den Ferien. Insofern erschiene bereits eine Beschäftigungssuche i.S.v. § 26 Abs. 1 Nr. 2b SGB III zweifelhaft, denn hierfür müßten alle Voraussetzungen des § 119 Abs.1 - 4 SGB III vorliegen. Eine weitere Prüfung war diesbezüglich jedoch nicht erforderlich, da der Anspruch schließlich an § 26 Abs.4 Nr.1 SGB III scheiterte.
Weiter sind auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi gem. § 190 Abs.1 SGB III nicht erfüllt. Anspruch auf Alhi haben danach Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben,
3. einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwart schaftszeit nicht erfüllt haben,
4. in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne daß der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und
5. bedürftig sind.
Der Kläger hat bisher kein Alg bezogen und somit auch keinen Anspruch auf Alhi erworben.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs.2 Nr.1,2 SGG.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten - auch des Berufungsverfahrens - nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg), hilfsweise Arbeitslosenhilfe (Alhi), nach Beendigung des Wehrdienstes hat.
Der am ... geborene, ledige Kläger legte nach 12-jährigem Schulbesuch die Abiturprüfung ab. Das Abiturzeugnis wurde ihm am 04. Juli 1998 ausgehändigt.
Er meldete sich nach eigenen Angaben im August 1998 arbeitslos. Eine Vermittlung erfolgte nicht.
Der Kläger wurde mit Einberufungsbescheid vom 29. Juni 1998 zum Grundwehrdienst ab 01. September 1998 einberufen. Er verlängerte den Wehrdienst bis 31. Juli 2000.
Am 02. August 2000 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Bautzen arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08. Oktober 2000 ab. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Er habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 02. August 2000 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Ein Anspruch auf Alhi bestehe nicht, weil er innerhalb der Vorfrist von einem Jahr vor dem 02. August 2000 kein Alg bezogen habe.
Dagegen legte der Kläger am 16. Oktober 2000 Widerspruch ein. Er habe 23 Monate Wehrdienst geleistet und ist deshalb der Ansicht, die Anwartschaftszeit ausreichend erfüllt zu haben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2000 zurück. Er habe als Wehrdienstleistender nicht der Versicherungspflicht unterlegen, weil er in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Wehrdienstes seine schulische Ausbildung beendet habe, § 26 Abs. 4 SGB III.
Der Kläger hat dagegen am 08. November 2000 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben. Er habe sich vor dem Wehrdienst arbeitslos gemeldet und eine versicherungspflichtige Beschäftigung gesucht. Die Beklagte habe ihn nicht vermitteln wollen. Deshalb seien die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 SGB III erfüllt. Außerdem habe er weder den Zeitpunkt der Zeugnisausgabe noch den Einberufungstermin beeinflussen können. Die Frist von zwei Monaten zwischen Ausbildungsende und Wehrdienstbeginn führe zu Zufallsergebnissen.
Das Sozialgericht hat die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, zum Verfahren gemäß § 75 Abs. 2 SGG im Hinblick auf eine mögliche Beitragspflicht nach §§ 347 Nr. 2, 349 Abs. 2 SGB III beigeladen.
Das Sozialgericht hat die Klage nach vorheriger Anhörung am 23. Februar 2001 durch Gerichtsbescheid abgewiesen. Der Kläger habe während des Wehrdienstes nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, weil er in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Dienstes die Ausbildung am Gymnasium beendet habe. Entscheidend sei gemäß § 26 Abs. 4 Nr. 1 SGB III der Zeitpunkt der Zeugnisausgabe. Denn damit werde das Bestehen der Abiturprüfung verbindlich bekannt gegeben. Erst danach käme eine Arbeitsvermittlung in Betracht. Die Anknüpfung an den Tag der Zeugnisausgabe sei daher sachgerecht.
Gegen den am 29. Februar 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08. März 2001 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Er trägt ergänzend vor, an der in § 26 Abs.4 SGB II geregelten Frist von zwei Monaten fehlten lediglich drei Tage. Diese dürften nicht entscheidungserheblich sein. Außerdem zahle das Arbeitsamt in anderen, vergleichbaren Fällen Arbeitslosengeld. Ausweislich einer Bestätigung des Städtischen Gymnasiums R ... habe die schulpflichtige Zeit de facto bereits am 22. Juni 1998 geendet. Denn an diesem Tag habe er die letzte mündliche Prüfung abgelegt. Der Tag der Zeugnisausgabe sei lediglich als Organisationstermin zu verstehen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2000 zu verurteilen, ihm ab 02. August 2000 Arbeitslosengeld, hilfsweise Arbeitslosenhilfe, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich auf zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid. Der Gesetzgeber habe die Regelung des § 26 Abs. 4 SGB III am Versicherungsprinzip ausgerichtet. Wer aufgrund gesetzlicher Pflicht Wehr- oder Zivildienst leiste, solle auch im Bereich des Arbeitsförderungsrechts keine Nachteile erleiden. In den Fällen des § 26 Abs. 4 SGB III gehe der Gesetzgeber aber davon aus, dass ein in der Sozialversicherung auszugleichender Nachteil nicht entstanden sei. Das sei hier der Fall. Denn von einer ernsthaften Arbeitssuche des Klägers könne bei einem Zeitraum von zwei Monaten zwischen Zeugnisausgabe und Beginn des Wehrdienstes nicht ausgegangen werden. Die Bestätigung des Schulleiters vermöge daran nichts zu ändern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten (Stammnummer: ...) und die Gerichtsakten beider Verfahrenszüge haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Die Statthaftigkeit folgt aus §§ 143, 144 Abs.1 Nr. 1 SGG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,- DM. Der Kläger begehrt ab 02. August 2000 Alg, hilfsweise Alhi für Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 02. August 2000 bis 08. Oktober 2000 und vom 16. Januar 2001 bis 01. September 2001.
Die Berufung ist aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat weder einen Anpruch auf Alg noch einen Anspruch auf Alhi.
Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Alg ist § 117 SGB III. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die
1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Der Kläger war zwar nach Beendigung des Wehrdienstes arbeitslos und meldete sich am 02. August 2000 beim Arbeitsamt arbeitslos.
Er hat aber die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Gem. § 123 S. 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist
1. mindestens 12 Monate,
2. als Wehrdienstleistender oder Zivildienstleistender (§ 25 Abs.2 S.2, § 26 Abs.1 Nr. 2, 3 Abs.4 SGB III) mindestens 10 Monate oder
3. als Saisonarbeiter mindestens 6 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Die Rahmenfrist beträgt gem. § 124 Abs.1 SGB III 3 Jahre. Sie beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg.
Der Kläger hat in der Rahmenfrist vom 02. August 1997 bis zum August 2000 in keinem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Er war als Wehrdienstleistender gem. § 26 Abs.4 Nr. 1 SGB III nicht versicherungspflichtig. Nach dieser Norm tritt die in § 26 Abs.1 Nr. 2 SGB III für Wehrdienstleistende geregelte Versicherungspflicht dann nicht ein, wenn der Dienstleistende
1. in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Dienstes eine Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule beendet oder ein Studium als ordentlicher Studierender an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule unterbrochen hat und
2. innerhalb der letzten 2 Jahre vor Beginn der Ausbildung weniger als zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Die Voraussetzungen des § 26 Abs.4 Nr. 1 SGB IIII liegen hier vor. Der Kläger hat die Reifeprüfung am 04. Juli 1998 abgelegt und den Wehrdienst am 01. September 1998 aufgenommen.
Zu Recht hat das SG den Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung an der allgemeinbildenden Schule auf den Tag der Zeugnisausgabe festgelegt. Denn der Kläger hat die Hochschulreife erst mit Aushändigung des Abiturzeugnisses erworben. Zuvor hat er zwar einzelne Prüfungen bestanden. Aber erst mit Aushändigung des Zeugnisses wurde ihm die Gesamtnote bekannt gegeben und die Hochschulreife verbindlich festgestellt. In dem Zeugnis heißt es:" Herr S ... hat die Abiturprüfung bestanden und damit die Berechtigung zum Studium an einer Hochschule in der BRD erworden." Es handelt sich bei dieser Feststellung um einen Verwaltungsakt. Mit Bekanntgabe und damit Aushändigung des Zeugnisses wird der Verwaltungsakt wirksam.
Auf den Zeitpunkt der mündlichen Prüfung (22. Juni 1998) ist daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht abzustellen. Denn nach § 26 Abs.4 Nr. 1 SGB III kommt es auf die Beendigung der Ausbildung und nicht den letzten Prüfungstag an. Die Ausbildung endete mit dem Erwerb der Hochschulreife. Die mündliche Prüfung ist nur eine Teilprüfung, die in die Endnote einfließt. Daran ändert auch die Bestätigung des Schulleiters nichts. Die Beendigung der Ausbildung wird zudem auch in anderen Bereichen der Sozialversicherung auf den Tag der Zeugnisausgabe festgelegt. So enden Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung an einem Gymnasium beispielsweise im Rentenrecht grundsätzlich auch mit Ablegung der Reifeprüfung und damit am Tag der Aushändigung des Zeugnisses (vgl. BSG SozR 3-2600 § 58 Nr. 3, 14).
Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelungen über die Beitragspflicht der Wehr- und Zivildienstleistenden. Diese sind grundsätzlich dann beitragspflichtig, wenn sie vor ihrer Einberufung zum Kreis der durch die Sozialversicherung geschützten Arbeitnehmer gehört haben. Beitragspflichtig ist deshalb der Wehr- oder Zivildienstleistende, der unmittelbar vor Dienstantritt in einer mehr als geringfügigen Beschäftigung gestanden hat oder eine derartige Beschäftigung gesucht hat, sofern er nicht seinen Erscheinungsbild nach Schüler oder Student ist. Das ist der Fall, wenn er während der Beschäftigung oder während der Arbeitssuche die Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit als Schüler oder Student erfüllt. Das gleiche gilt, wenn der Wehr- oder Zivildienstleistende erst in den letzten zwei Monaten vor Beginn des Dienstes die Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule beendet (vgl. BSG, SozR 4100 § 168 Nr. 22). Denn in diesen Fällen kann eine Versicherungspflicht nicht oder nur in unbedeutendem Umfang begründet werden. Der Zeitraum orientiert sich an den Schulferien. Dem sozialversicherungsrechtlichem Schutz vor Arbeitslosigkeit steht in diesen Fällen auf der Beitragsseite kein entsprechendes Äquivalent gegenüber.
Hier hat der Kläger sich nach eigenem Vortrag erst im August 1998 beim Arbeitsamt um eine Arbeit bemüht. Der Grundwehrdienst begann am 01. September 1998. Er suchte somit eine Beschäftigung für einen Monat. Das entspricht dem Umfang nach der Arbeit von Schülern oder Studenten in den Ferien. Insofern erschiene bereits eine Beschäftigungssuche i.S.v. § 26 Abs. 1 Nr. 2b SGB III zweifelhaft, denn hierfür müßten alle Voraussetzungen des § 119 Abs.1 - 4 SGB III vorliegen. Eine weitere Prüfung war diesbezüglich jedoch nicht erforderlich, da der Anspruch schließlich an § 26 Abs.4 Nr.1 SGB III scheiterte.
Weiter sind auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi gem. § 190 Abs.1 SGB III nicht erfüllt. Anspruch auf Alhi haben danach Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben,
3. einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwart schaftszeit nicht erfüllt haben,
4. in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne daß der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und
5. bedürftig sind.
Der Kläger hat bisher kein Alg bezogen und somit auch keinen Anspruch auf Alhi erworben.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs.2 Nr.1,2 SGG.
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