L 3 AL 81/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 9 AL 833/94
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 81/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. April 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) vom 01.01.1994 bis 23.01.1995 streitig.

Der am ...1942 geborene, verheiratete Kläger ist ausgebildeter Kfz-Meister. Zwischen April 1960 und Juli 1990 war er in dem erlernten Beruf zunächst als Kfz-Mechaniker und -meister und anschließend als Kfz-Lehrmeister, zuletzt als Bereichsleiter eines Betriebsteiles der PGH-Kfz O ... beschäftigt.

Zum 01.08.1990 errichtete der Kläger mit drei weiteren Mitarbeitern der PGH-Kfz O ... die Autohaus Sch ... GmbH (im Folgenden: S. GmbH). An dem Stammkapital dieser GmbH von 50.000,00 DM war der Kläger selbst mit 20.000,00 DM, die weiteren Mitgesellschafter mit jeweils 10.000,00 DM beteiligt. Auf der Gründungsversammlung der S. GmbH wurde der Kläger zum alleinigen, alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer (GF) bestellt (Abschnitt B der notariellen Errichtungsurkunde vom 19.07.1990). Als solcher war er von den Beschränkungen des § 56 Abs. 3 des Zivilgesetzbuches befreit. Am 12.11.1991 ist er als alleinvertretungsbefugter und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreiter GF in das Handelsregister eingetragen worden. Der GmbH-Vertrag vom 19.07.1990 sah vor, dass die Beschlussfassung in der Gesellschaft grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 7 Nr. 1) erfolge, wobei je 1.000,00 DM eines Geschäftsanteiles eine Stimme ergab (§ 7 Nr. 2). Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung war nach § 6 des Vertrages bei Anwesenheit von mindestens 60 v.H. des Kapitals gegeben. Nach § 11 Abs. 1 des Vertrages war für Entscheidungen über die Einziehung des Geschäftsanteiles eines GF unter im Einzelnen genannten weiteren Voraussetzungen eine Mehrheit von 80 % der nichtbetroffenen Geschäftsanteile erforderlich. Die Vertretung der Gesellschaft erfolgte nach § 5.1 des Vertrages durch jeweils einzelvertretungsbevollmächtigte GF, deren Stellung im Innenverhältnis sich durch den Anstellungsvertrag mit der Gesellschaft bestimmte (§ 5 Nr. 3 des Vertrages). Zum Abschluss eines geplanten, schriftlichen Anstellungsvertrages zwischen dem Kläger und der S. GmbH ist es bis zum Ausscheiden des Klägers aus der GmbH nicht gekommen. Die Tätigkeit des Klägers und der in der GmbH mitarbeitenden anderen Mitgesellschafter erfolgte vielmehr nach allgemeinen bzw. für Einzelfälle getroffenen mündlichen Absprachen. Ein im Auftrage des Klägers vom Steuerberater der GmbH ausgearbeiteter und den Gesellschaftern im Juni 1993 vorgelegter Entwurf eines GF-Vertrages wurde von den anderen Mitgesellschaftern nicht unterschrieben.

Nachdem es zwischen den Gesellschaftern der S. GmbH zu Meinungsverschiedenheiten gekommen war, wurde das GF-Anstellungsverhältnis des Klägers mit der S. GmbH von dieser fristlos zum 04.10.1993 gekündigt. Bis zum Ende des Jahres 1993 werde er bei Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freigestellt. In der Folgezeit ist der Kläger nach einem Anschlussbeschluss der Gesellschafter vom 18.10.1993 auch als Gesellschafter aus der S. GmbH ausgeschieden.

Am 23.12.1993 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.01.1994 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Nach der Arbeitsbescheinigung der S. GmbH vom 04.01.1994 wurde für den Kläger als im Zeitpunkt des Ausscheidens am 04.10.1993 abgerechnetes Arbeitsentgelt für die Monate August bis Oktober 1993 ein festes Monatsgehalt von 4.000,00 DM brutto bescheinigt und die Weiterzahlung von Arbeitsentgelt bis zum 31.12.1993 mitgeteilt. In einem auf Anforderung der Beklagten am 17.02.1994 ausgefüllten "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH mit einem Kapital-/Stimmanteil von weniger als 50 v.H." gab der Kläger u. a. an, in seiner Tätigkeit als GF dem Weisungsrecht der Gesellschaft hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterworfen gewesen zu sein. Dieses Weisungsrecht sei auch tatsächlich laufend ausgeübt worden. Er habe aber als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse verfügt (zu Nr. 2.9) und sei (im Umfang des GF-Vertrages) befugt gewesen, selbstständig Personal einzustellen und/oder zu entlassen (zu Nr. 2.12). Seinen Urlaub habe er nicht genehmigen lassen müssen (zu Nr. 2.13), seine Abberufung sei jederzeit bzw. nur aus wichtigem Grund möglich gewesen (zu Nr. 2.14), er habe eine von der Ertragslage des Unternehmens unabhängige, gleichbleibende Vergütung in Höhe von 4.000,00 DM erhalten (zu Nr. 2.16), von welcher Lohnsteuern entrichtet worden seien (zu Nr. 2.18). Am Geschäftsgewinn sei er entsprechend seines Kapitalanteils von 40 % beteiligt gewesen (zu Nr. 2.20).

Auf Anfrage der Beklagten teilte die BARMER-Ersatzkasse als zuständige Beitragseinzugsstelle mit, für den Kläger seien auf Grund einer Meldung durch die GmbH ohne eine eigene Betriebsprüfung Beiträge u.a. zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden.

Mit Bescheid vom 28.03.1994 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg wegen fehlender Erfüllung einer Anwartschaftszeit ab. Der Kläger habe keine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt. Zur Begründung des hiergegen am 19.04.1994 eingelegten Widerspruchs wies der Kläger zunächst auf seine unter 50 v.H. des Stammkapitals liegende Kapitalbeteiligung und die durch die eingereichten Gehaltsunterlagen nachgewiesene Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen hin. Er habe tatsächlich seine Arbeitstätigkeit nach dem von den Gesellschaftern nicht unterzeichneten GF-Vertrag verrichtet. Auf Anfrage der Beklagten teilte der nunmehrige GF der S. GmbH am 30.06.1994 fernmündlich mit, der Kläger habe als im Handelsregister eingetragener, alleinvertretungsberechtigter GF bestimmt, was in der Firma zu geschehen habe. Einige Einschränkungen seien durch den GF-Vertrag vorgegeben gewesen. Der GF-Vertrag sei von der GmbH nicht unterzeichnet worden und somit nicht wirksam geworden. Auch ohne einen solchen Vertrag habe der Kläger in der Funktion eines GF gearbeitet. Dabei habe er überwiegend die gleiche Arbeitszeit (wie die übrigen Mitgesellschafter) eingehalten. Jahresurlaub habe er nicht genommen, seine Zeit vielmehr fast ausschließlich für die Firma verwandt. Wenn er freie Tage in Anspruch genommen habe, habe er dies selbst bestimmt. Durch die Gesellschafter sei er mehrmals darauf hingewiesen worden, größere Geschäfte vorher mit ihnen zu besprechen, was er jedoch nicht getan habe. Er habe versucht, durch ein Grundstückgeschäft mit seinem Sohn seinen Stimmenanteil auf über 50 % zu erweitern und seinen Einfluss auf die Gesellschaft zu vergrößern, um Beschlüsse der Gesellschafter-Versammlung zu Fall bringen zu können. Dadurch hätte er die Gesellschaft allein beherrscht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.1994 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Bewilligung von Alg sei zu Recht abgelehnt worden, da der Kläger die dafür gesetzlich geforderte Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Er habe als GF keine beitragspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt. Nach den Gesamtumständen habe er vielmehr auch ohne eine Mehrheit am Gesellschaftskapital die Gesellschaft faktisch beherrscht.

Gegen die dem Kläger am 07.09.1994 zugestellte Widerspruchsentscheidung hat er über seinen Prozessbevollmächtigten am 07.10.1994 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Die Ablehnung der Gewährung von Arbeitslosengeld sei rechtswidrig. Der Kläger habe auf Grund seiner Erwerbstätigkeit als GF, auf Grund welcher Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien, eine Anwartschaft auf diese Leistung erworben. Er sei beitragspflichtig beschäftigt gewesen, da er in der Gesellschaft keine Sperrminorität gehabt und im Innenverhältnis der Zustimmung der anderen Gesellschafter bedurft habe. In den häufig ohne Anfertigung eines Protokolls abgehaltenen Gesellschafter-Versammlungen sei ein bestimmtes Vorgehen beschlossen worden, welches von ihm umgesetzt worden sei. Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte das Autohaus Dahlen GmbH (Rechtsnachfolgerin der S. GmbH) über Bevollmächtigte mit Schreiben vom 08.03.1995 mit, ein schriftlicher GF-Anstellungsvertrag sei mit dem Kläger nicht geschlossen worden. Dieser habe erst nach der Kündigung die Gesellschafter ersucht, mit ihm einen solchen Anstellungsvertrag abzuschließen und hierzu einen vorgefertigten Vertrag vorgelegt, welcher von den (anderen) Gesellschaftern jedoch nicht gegengezeichnet worden sei. Der Kläger sei in der Gestaltung seiner GF-Tätigkeit somit im Wesentlichen frei gewesen. Er habe Arbeitsbeginn und -ende sowie Dauer und Umfang der Tätigkeit im Wesentlichen selbst bestimmt. Gesellschafter-Beschlüsse, die als rechtswirksame Weisung gegenüber dem GF anzusehen gewesen seien, gäbe es nicht. Es habe insoweit lediglich freie Meinungsäußerungen der Mitgesellschafter zu bestimmten anstehenden Problemen gegeben. Auf Grund seiner Branchenkenntnisse habe der Kläger ungeachtet der Festlegungen im GF-Vertrag im Wesentlichen die Geschicke der Gesellschaft bestimmt. Dies sei letztendlich Grund für die Kündigung und seinen Ausschluss aus der Gesellschaft gewesen. Die Firmierung der Gesellschaft (Aufnahme des Familiennamens des Klägers in die Firma) sei im Hinblick auf dessen gegenüber den Mitgesellschaftern früheren Stammkapital von 40 v.H. und seinen im Vergleich größeren Bekanntheitsgrad gewählt worden. Ausweislich einer in Ablichtung vorgelegten Niederschrift über eine "Außerordentliche Gesellschafterversammlung" vom 18.10.1993 ergibt sich, dass der Kläger durch einstimmigen Gesellschafter-Beschluss wegen eines "in seiner Person liegenden wichtigen Grundes" ausgeschlossen wurde.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hierzu in einer Stellungnahme vom 07.04.1995 Ablichtungen von Niederschriften über formlose Gesellschafter-Versammlungen zwischen September 1990 und Oktober 1992 vorgelegt.

Das Sozialgericht hat zur weiteren Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse in Verhandlungsterminen am 10.01.1996, am 18.07.1996 und am 21.04.1998 den Kläger selbst zu den betrieblichen Verhältnissen in der GmbH und seiner Stellung als GF befragt, sowie die weiteren Mitgesellschafter O. B ..., H. G ... und J. T ... und den Mitarbeiter der Sparkasse T ... H.-J. K ... uneidlich als Zeugen angehört. Wegen der Angaben der ergänzenden Auskünfte des Klägers sowie der Bekundungen der Zeugen wird auf den Inhalt der Niederschriften des Sozialgerichts Bezug genommen. Von dem als Rechtsberater bei der Errichtung der Autohaus Sch ... GmbH tätig gewordenen Rechtsanwalt J. O. W ... hat es eine schriftliche Auskunft (vom 05.01.1997) zu der rechtlichen Gestaltung und der tatsächlichen Handhabung des Verhältnisses zwischen der GmbH und dem GF eingeholt. Der Kläger hat zur weiteren Unterstützung seines Vorbringens eine schriftliche Bestätigung des für die Gesellschafter der GmbH beratend tätig gewordenen Organisations-Inspektors der V ...-Versicherung B. R ... vom 25.03.1998 zu Vorgängen in laufenden Versicherungsfragen und Angeboten für die Altersvorsorge der Gesellschafter und des GF, eine schriftliche Erklärung des Inhabers des Baubetriebes H ... R ... (vom 15.04.1998) über die Beauftragung und Durchführung von Baumaßnahmen im Betriebsgelände der GmbH sowie einer Bestätigung des GF des Baubetriebes R ... R ...-GmbH, A. R ... (vom 20.04.1998) über die Durchführung eines Umbaues der Werkstatträume im (ehemaligen) Autohaus Sch ... GmbH eingereicht.

Mit Urteil vom 21.04.1998 hat das Sozialgericht die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, dem Kläger Alg ab dem 01.01.1994 zu gewähren. Der Kläger sei entgegen der Ansicht der Beklagten während seiner Tätigkeit als GF der GmbH beitragspflichtig beschäftigt gewesen. Er sei auf Grund der Kapitalbeteiligung von lediglich 40 v.H. nicht in der Lage gewesen, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern. Diese Kapitalbeteiligung habe nach der vertraglichen Regelung des Stimmrechts nicht ausgereicht, um generell die für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit zu vermeiden. Er habe auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, auf Grund derer er im Stande gewesen wäre, sich gegenüber Weisungen der Gesellschaft und insbesondere auch einer Abberufung als GF durch die übrigen Gesellschafter zu widersetzen. Nach § 8 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages sei der Kläger gegenüber den Gesellschaftern weisungsgebunden gewesen. Da eine Ausgestaltung des GF-Verhältnisses durch (schriftlichen) Vertrag nicht erfolgt sei, sei auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen sei der Kläger bei seiner Tätigkeit hinsichtlich der Arbeitszeit nicht frei, sondern in die von den Gesellschaftern vorgegebene Betriebsordnung eingegliedert gewesen. Zwar habe er dabei eine hohe Entscheidungsverantwortlichkeit hinsichtlich der Finanzen und der Organisation gehabt, ohne dass diese aber uneingeschränkt gewesen sei. So sei in der Regel Personal nach Absprache mit den anderen Gesellschaftern eingestellt bzw. entlassen worden. Nach den Ermittlungen habe der Kläger zwar einen - im Vergleich zu den anderen Mitgesellschaftern - wesentlich höheren Einfluss auf die Mitgesellschafter gehabt. Sein tatsächlicher Einfluss auf die Gesellschaft sei aber nicht über das ihm auf Grund des Gesellschaftsanteiles an sich zustehenden Einfluss hinaus wesentlich größer gewesen. Eine (absolute) Beherrschung der Gesellschaft habe nicht vorgelegen, vielmehr hätten auch die anderen Mitgesellschafter tatsächlich Einfluss auf das Wohl und Wehe der Gesellschaft genommen. Die Vereinbarung einer festen Lohnzahlung für die GF-Tätigkeit spreche für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, auch wenn nicht abschließend habe geklärt werden können, ob dem Kläger auch im Falle einer Erkrankung der Lohn fortgezahlt worden wäre. Die Kammer habe bei der Annahme der Abhängigkeit der Beschäftigung wesentliche Bedeutung dem Umstand beigemessen, dass der Kläger als GF nicht nur aus wichtigem Grund habe abberufen werden können und deshalb letztendlich gegenüber den anderen Gesellschaftern abhängig gewesen sei. Auch das bisherige Berufsleben des Klägers spreche für eine abhängige Beschäftigung. Zwar sei er zuvor Leiter einer PGH-Nebenstelle, als solcher aber lediglich als Arbeitnehmer angestellt gewesen. Auch wenn das Gericht nicht verkannt habe, dass einige Indizien für eine Selbstständigkeit des Klägers sprächen, namentlich die Befreiung von der Beschränkung gemäß § 56 Abs. 3 Zivilgesetzbuch (Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot), die vereinbarte Gewinnbeteiligung, das Fehlen einer Regelung über Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle sowie Auswirkungen der Nicht-Inanspruchnahme des Jahresurlaubs, habe nach ihrer Überzeugung nach den Gesamtumständen eine abhängige Beschäftigung vorgelegen. Zu beachten sei dabei, dass der Kläger, soweit er versucht haben sollte, eine Kapitalbeteiligung einer Gesellschaft von mindestens 50 v.H. zu erlangen, dies nicht erreicht habe.

Gegen das ihr am 22.06.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.07.1998 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Verpflichtung zur Bewilligung von Alg ausgesprochen. Die Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf diese Leistung lägen mangels einer Anwartschaftszeit nicht vor. Nach den zur rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit als GF festgestellten Gesamtumständen sprächen wesentlich mehr Indizien für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers als für eine beitragspflichtige Beschäftigung. Mit seiner Kapitalbeteiligung von 40 v.H. habe der Kläger in den Gesellschafterversammlungen seinen Willen durchsetzen können, sobald ein - anderer - Mitgesellschafter an einer solchen Versammlung nicht teilgenommen habe. Damit sei er bereits auf Grund der Höhe seiner Kapitalbeteiligung in der Lage gewesen, die Geschicke der GmbH maßgeblich zu beeinflussen. Der Auffassung des SG, dass der Kläger abhängig beschäftigt gewesen sei, weil er seine Abberufung als GF nicht habe verhindern können, werde nicht gefolgt. Gegen die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers spräche aber auch die tatsächliche Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit. Nach eigener Angabe habe er sein Gehalt lediglich mit dem Steuerberater abgestimmt, ohne dies mit den Mitgesellschaftern abzusprechen oder ihnen auch nur Auskunft darüber zu erteilen. Als Kfz-Meister und vormaliger Leiter eines Betriebsteiles der PGH habe er auch als einziger Gesellschafter die für die Ausübung der GF-Tätigkeit erforderlichen Branchenkenntnisse gehabt. Nach den Aussagen der vom Sozialgericht vernommenen Zeugen sei er auf Grund der früheren Leitungstätigkeit in der PGH für diese eine Respektsperson gewesen. Er habe die anderen Gesellschafter nicht in die Geschäftsführung hineinschauen lassen. Nach eigener Angabe habe er die Höhe seines Gehaltes lediglich mit dem Steuerberater abgestimmt und nach den Bekundungen der übrigen Gesellschafter weder mit ihnen abgesprochen noch ihnen darüber Auskunft erteilt. Gesellschafter-Versammlungen mit ordnungsgemäßer Einladung hätten nicht stattgefunden, (nur) im Einzelfall seien gemeinsame Entscheidungen getroffen worden. Beim Kauf größerer Gegenstände sei keine Abstimmung erfolgt. Für das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft des Klägers spräche demgegenüber lediglich, dass er im Wesentlichen die betriebsübliche Arbeitszeit eingehalten habe. Jedoch habe er den Zeitpunkt seines Urlaubes frei wählen können. Zwar habe er tatsächlich keinen Urlaub in Anspruch genommen, sondern seine ganze Arbeitskraft der GmbH zur Verfügung gestellt, was aber für einen gewöhnlichen Arbeitnehmer nicht üblich sei. Zur Entlassung des Klägers als GF sei es letztlich deshalb gekommen, weil er den Kauf eines Grundstückes, über den die Gesellschafter zwar miteinander gesprochen hätten, eigenmächtig realisiert habe, ohne die Mitgesellschafter zu informieren. Nach dem Ausscheiden des Klägers habe man nach Bekundungen der Zeugen in der GmbH für ihn keinen Ersatz gehabt, woraus deutlich werde, dass er tatsächlich sehr wohl maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH gehabt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. April 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat sich dem angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen vollinhaltlich angeschlossen. Für die Frage der abhängigen Beschäftigung spiele keine Rolle, dass er bei Abwesenheit eines oder mehrerer anderer Gesellschafter in einer Gesellschafterversammlung eine Mehrheit habe erreichen können. Jeder Gesellschafter habe sich bei Gesellschafter-Versammlungen auch vertreten lassen können. Viel wichtiger für die Beurteilung sei, dass er bei wesentlichen Entscheidungen der Gesellschaft (nach der Kapitalbeteiligung) immer auf die Zustimmung der Gesellschafter-Versammlung angewiesen gewesen sei und eine solche auch tatsächlich eingeholt habe. Bei Bauvorhaben, Versicherungsabschlüssen, Personaleinstellungen und vergleichbaren Entscheidungen habe er jeweils Entscheidungen der Gesellschafter herbeigeführt, welche teilweise auch gegen seinen Willen ausgefallen seien, wie beispielsweise hinsichtlich der Anschaffung bzw. Beibehaltung eines Abschleppwagens. Es werde nicht verkannt, dass der Kläger auf Grund der Beteiligung am Stammkapital und seiner Tätigkeit als GF einen erheblichen Einfluss auf die GmbH gehabt habe, jedoch könne man diesen nicht als maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft bezeichnen. Nach dem Ausscheiden des Klägers sei der Betrieb ohne ihn fortgeführt worden, was belege, dass auch die übrigen Gesellschafter über die notwendigen Branchenkenntnisse zur Weiterführung verfügten. Im Übrigen könne man einen GF einer GmbH nicht als deren Chef ansehen, wenn er gegen seinen Willen diese Position durch Beschluss der Mehrheit der (übrigen) Gesellschafter verlieren könne. Das werde insbesondere dadurch deutlich, dass der Kläger als GF durch die Gesellschafter tatsächlich abberufen worden sei. Die Zeugenaussagen der Mitgesellschafter müssten unter Berücksichtigung der zwischen diesen und dem Kläger geführten zivilgerichtlichen Auseinandersetzung wegen der Abfindung seines Kapitalanteils gewürdigt werden.

Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung im Verhandlungstermin am 22.03.2001 ergänzend noch einmal den Kläger selbst angehört sowie die Zeugen U. K ..., kaufmännische Angestellte der S. GmbH und R. F ..., gewerblicher Mitarbeiter der S. GmbH, uneidlich zu der GF-Tätigkeit des Klägers befragt. Wegen der Einzelheiten der Angaben des Klägers sowie der Aussagen der Zeugen wird auf den Inhalt der Niederschrift Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Verfahrensakten aus beiden Rechtszügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). In der Sache ist die Berufung jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat mit dem angegriffenen Urteil die Ablehnungsbescheide der Beklagten im Ergebnis zu Recht aufgehoben und diese verurteilt, dem Kläger das beantragte Arbeitslosengeld zu gewähren. Auf Grund der im Berufungsverfahren durchgeführten ergänzenden Ermittlungen steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger der von der Beklagten abgelehnte Leistungsanspruch zusteht.

Gemäß § 100 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) hat Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg), wer arbeitslos ist und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Die Anwartschaftszeit hat nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AFG erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre (§ 104 Abs. 3 1. Halbs. AFG) und geht dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind (§ 104 Abs. 2 AFG). Im Falle des Klägers ergibt sich hieraus unter Berücksichtigung der mit Wirkung zum 01.01.1993 erfolgten Arbeitslosmeldung und Antragstellung, dass innerhalb der dadurch ausgelösten gesetzlichen Rahmenfrist von drei Jahren die notwendige Antwartschaftsbegründung erfolgt ist. Während dieses Zeitraumes war der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen seiner seit 01.08.1990 ausgeübten Geschäftsführertätigkeit in der S. GmbH beitragspflichtig beschäftigt und hat dadurch die Anwartschaft auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt. Auf Grund des Ergebnisses der ausdrücklichen Befragung des Klägers durch den Senat steht auch fest, dass er im maßgeblichen Zeitraum auch die übrigen gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen erfüllt hat, insbesondere arbeitslos und arbeitssuchend gewesen war und für Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden hat.

Die als Rechtsgrundlagen für den vom Kläger verfolgten Leistungsanspruch heranzuziehenden Rechtsnormen hat das Sozialgericht in den Entscheidungsgründen des Urteils im Übrigen zutreffend und vollständig benannt. Das betrifft im vorliegenden Fall insbesondere die Regelungen der Beitragspflichtigkeit einer Beschäftigung in § 168 Abs. 1 Satz 1 AFG. Ebenso hat das Sozialgericht die durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die Beurteilung der Beitragspflichtigkeit einer Tätigkeit als Gesellschafter/Geschäftsführer einer GmbH als maßgeblich herausgearbeiteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zutreffend dargestellt. Daraus folgt insbesondere grundsätzlich, dass eine abhängige Beschäftigung eines Geschäftsführers einer GmbH weder bereits wegen seiner Organstellung noch deshalb ausgeschlossen ist, weil er gegenüber Arbeitnehmern dieser Gesellschaft im gewissen Umfang Arbeitgeberfunktionen ausübt. Auch wer Arbeitgeberaufgaben (teilweise) wahrnimmt, kann nämlich seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend bleibt daher für die Beurteilung der Beitragspflichtigkeit im Einzelfall die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ der GmbH, in der Regel also die Gesamtheit der Gesellschafter (vgl. BSGE 70, 81; BSG vom 09.02.1995, Die Beiträge 1995, S. 358). Für den vorliegenden Fall ist hierzu nur noch ergänzend hervorzuheben, dass die Beklagte und - im nachfolgenden Rechtsstreit - die Gerichte bei der Überprüfung einer beitragspflichtigen Beschäftigung als Voraussetzung eines Leistungsanspruches auch nicht an vorausgegangene Entscheidungen der zuständigen Beitragseinzugsstellen zur Frage eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gebunden sind (vgl. dazu etwa BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8), sondern die gesamte Sach- und Rechtslage selbstständig festzustellen und zu werten haben.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend den Erwerb einer Anwartschaft im Sinne von § 104 Abs. 1 AFG durch den Kläger festgestellt. Die vom Senat zur weiteren Überprüfung durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen haben keine tatsächlichen und rechtlichen Anhaltspunkte für eine davon abweichende Entscheidung erbracht. Zunächst hat das Sozialgericht tatsächlich und rechtlich fehlerfrei festgestellt, dass der Kläger mit seinem Kapitalanteil von - lediglich - 40 v.H. an dem Stammkapital der GmbH unter Berücksichtigung der Stimmrechtsregelung des Gesellschaftsvertrages vom 19.07.1990 (insbesondere § 6 Nr. 3) auch im Hinblick auf die weiteren Bestimmungen dieses Vertrages nicht in der Lage war, allein und gegen die anderen Gesellschafter die Geschicke der GmbH im Wesentlichen zu beeinflussen und insbesondere auch nicht, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern.

Der Kläger verfügte demnach aufgrund seiner Kapitalbeteiligung von 40 v.H. unter Berücksichtigung der Stimmrechtsregelungen im Gesellschaftsvertrag weder über eine Stimmenmehrheit noch über eine so genannte Sperrminorität. Bei der Wertung dieser Frage muss entgegen der von der Beklagten vorgetragenen Ansicht von den bei Gesellschafterversammlungen im Regelfall gegebenen Abstimmungsverhältnissen ausgegangen werden und darf nicht darauf abgestellt werden, dass ein Gesellschafter mit einer relativ höchsten Einzelkapitalbeteiligung in einer Gesellschafterversammlung gegebenenfalls dann seinen Willen gegenüber den anderen Gesellschaftern durchsetzen kann, wenn andere Gesellschafter bei einer Abstimmung nicht anwesend/vertreten sind oder an der Abstimmung nicht teilnahmen. Eine derartige Betrachtungsweise müsste zu Zufälligkeitsergebnissen führen und ist deshalb nicht geeignet, die tatsächlichen Macht-/Leitungsverhältnisse in einer GmbH zutreffend wiederzugeben. Ausgehend von diesen Verhältnissen war bei der weiteren Prüfung der Beitragspflichtigkeit der GF-Tätigkeit des Klägers an die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse in der GmbH anzuknüpfen. Ausschlaggebend ist dabei, ob er im Rahmen seiner Tätigkeit als GF beim Einsatz seiner eigenen Arbeitskraft nach der praktizierten Ausgestaltung über Arbeitsort und Arbeitszeit im Wesentlichen frei verfügen konnte oder nicht. Ersteres ist der Fall, wenn der GF praktisch auch unabhängig von einer einvernehmlich im Rahmen einer gedeihlichen Zusammenarbeit getroffenen betrieblichen Arbeitsteilung über eine autonome Dispositionsbefugnis verfügt. Dies hat das Sozialgericht nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren hierzu durchgeführten ergänzenden Ermittlungen im Ergebnis zu Recht verneint. Auch zur Überzeugung des Senats steht aufgrund einer Gesamtwürdigung der ermittelten tatsächlichen Verhältnisse in der GmbH fest, dass der Kläger ungeachtet einer in gewissen Teilbereichen gegenüber den anderen Mitgesellschaftern herausgehobenen Position und größeren Einflussmöglichkeit insgesamt nicht in der Lage war, die Geschicke der GmbH im konkreten Fall auch gegen den Willen der anderen Gesellschafter maßgeblich zu beeinflussen und hierbei insbesondere auch ihm nicht genehme Beschlüsse, welche etwa seine eigene Stellung als GF betrafen, erfolgreich zu verhindern. Die Beklagte hat hierzu im Ausgangspunkt zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger als langjähriger Kfz-Meister und Ausbilder sowie vormaliger Teilbetriebsleiter der PGH größere und umfassendere berufliche Vorkenntnisse als seine Mitgesellschafter vorweisen konnte. Damit verfügte er im Zeitpunkt der Ausgründung der GmbH aus der ehemaligen PGH möglicherweise als Einziger der daran beteiligten Gesellschafter über Vorkenntnisse, die ihn für die Übernahme der Funktion des GF geeignet erscheinen ließen. Die Befragung der Zeugen im Klage- und Berufungsverfahren hat insoweit auch bestätigt, dass der Kläger für die Mitgesellschafter und weiteren Mitarbeiter aufgrund der früheren Leitungstätigkeit in der PGH auch - jedenfalls im Zeitpunkt der Gründung der GmbH - eine Respektsperson gewesen war. Aus diesen Feststellungen lässt sich jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht folgern, dass der Kläger damit auch als Einziger über Branchenkenntnisse, Qualifikation und eine sonstige faktische Machtposition verfügt hätte, die ihn in die Lage versetzt hätten, unabhängig von Zustimmung und Weisungen der Mitgesellschafter die GmbH zu führen. Die im Klageverfahren von den Mitgesellschaftern als Zeugen gemachte Aussage, der Kläger habe keine Gesellschafterversammlungen einberufen, hat sich durch die dazu vorgelegten Unterlagen als unrichtig erwiesen. Allerdings sind diese nach Sachlage oft in einer sehr unformellen Weise erfolgt und belegen eher eine unzureichende Betriebsführungs- und Durchsetzugnsfähigkeit des GF. Selbst wenn unter Berücksichtigung der Befragung des Klägers selbst sowie der Angaben der Zeugen mit der Beklagten davon ausgegangen werden könnte, dass der Kläger möglicherweise nach der Gründung der GmbH versucht haben mag, auf die Leitungsverhältnisse in der Gesellschaft durch eine Veränderung der Kapitalbeteiligungen zu seinen Gunsten höheren Einfluss zu gewinnen und auch tatsächlich bestrebt gewesen sein mag, wesentliche Geschäftsvorgänge eigenmächtig und ohne - ordnungsgemäße oder vollständige - Beteiligung der Mitgesellschafter zu bestimmen, so beweist dies gerade unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklung des Unternehmens nicht die unabhängige Stellung des Klägers. Sowohl die im Zusammenhang mit dem vorübergehend beschlossenen, rechtlich jedoch nicht wirksam gewordenen Ausschluss des Mitgesellschafters Träger ersichtlicher Versuche, über die Verteilung des dadurch vermeintlich verfügbar gewordenen Kapitalanteils eine Kapitalsmehrheit zu erreichen, als auch die gegen die Vorschläge bzw. den Willen des Klägers getroffenen Entscheidungen über die Bestellung und den Einbau eines Hallentores oder den Verkauf bzw. die Ersetzung eines Abschleppwagens belegen vielmehr, dass der Kläger als GF weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage war, bei Betriebsvorgängen von gewisser Bedeutung in der Gesellschaft seine Vorstellungen durchzusetzen. Die genannten Geschehnisse sowie die Unzufriedenheit der Mitgesellschafter über die als unzureichend empfundende Informationsbereitschaft des Klägers u.a. über den Erwerb eines Grundstücks und über die GF-Bezüge des Klägers waren nach Sachlage für diese Anlass, unter Nutzung der gemeinsamen Kapital- und Stimmenmehrheit zunächst den GF-Vertrag des Klägers zu kündigen und schließlich diesen aus der Gesellschaft auszuschließen. Soweit die Beklagte zur Stützung ihrer Auffassung darauf hinweist, der Kläger habe in einer für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer nicht üblichen Weise seine gesamte Arbeitskraft der GmbH zur Verfügung gestellt, so ist dies sachlich zutreffend, lässt jedoch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der GmbH und der Gesamtumstände den Schluss auf eine selbstständige Erwerbstätigkeit nicht zu. Der Kläger hat zur Vorgeschichte der Gründung der GmbH vor dem Senat glaubwürdig geschildert, dass die Errichtung dieser Gesellschaft aus der ehemaligen PGH nicht maßgeblich auf seine eigene Initiative, sondern auf Drängen des damaligen Vorgesetzten zurückgegangen und wesentlich durch das Bestreben gekennzeichnet war, für sich und die früheren Mitarbeiter die Arbeitsplätze zu erhalten. Hierbei wurden sowohl die Gestaltung der einzelnen Kapitalanteile als auch die Regelungen im Gesellschaftsvertrag weitgehend nicht durch unternehmerische Vorstellungen des Klägers selbst bestimmt, sondern durch Übernahme von Vorschlägen seitens des ehemaligen Vorsitzenden der Gesamt-PGH bzw. der bei der Gesellschaftsgründung beigezogenen Rechtsberater. Aus den im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens beigezogenen Unterlagen und den Aussagen der Zeugen lässt sich damit weder für den Zeitpunkt der Gründung der GmbH noch für die Dauer GF-Tätigkeit des Klägers in der Gesellschaft eine sich gegenüber der Stellung der übrigen Mitgesellschafter deutlich heraushebende Unternehmerrolle des Klägers feststellen. Auch aus seinem möglicherweise in zeitlicher Hinsicht sogar größeren Arbeitseinsatz kann daher unter Berücksichtigung der weiteren Umstände keine überwiegend im Eigeninteresse ausgeübte selbstständige Tätigkeit abgeleitet werden. Vielmehr handelte es sich hierbei um eine nach Aussage des Zeugen Baumann "aus der PGH übernommene" Vorstellung und im Übrigen um eine den betrieblichen Anforderungen entsprechende Eingliederung in den Betriebsablauf und Teilhabe am Arbeitsprozess. Diese Einschätzung der Position des Klägers wird auch durch den sich aus den schriftlichen Unterlagen belegten Umstand bestätigt, dass der Kläger ungeachtet der vertraglichen Regelungen etwa bei Entscheidungen über Personaleinstellungen und -entlassungen konkret den Mitgesellschafter O. Baumann einbezogen hat. Dieser war nach den schriftlichen Bestätigungen der Vertragspartner auch maßgeblich an der Vergabe und Durchführung von Bauaufträgen der S. GmbH beteiligt. Eine Beurteilung der Tätigkeit des Klägers im Sinne einer selbstständigen Erwerbstätigkeit kann entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages den Zeitpunkt seines Urlaubs frei wählen konnte und sich auch faktisch einen Urlaub nicht genehmigen lassen musste. Unabhängig davon, dass diese vertragliche Regelung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Errichtung der Gesellschaft und der Ausformulierung der einzelnen Gestaltungsmerkmale im Überzeugung des Senats nicht auf eine bewusste Gestaltung dieser Gesichtspunkte durch den Kläger zurückzuführen war, ist insoweit eine Sonderstellung vom Kläger faktisch nicht in Anspruch genommen worden, da er während seiner Tätigkeit aufgrund der betrieblichen Erfordernisse und der Gesellschaftsentwicklung tätsächliche keinen Urlaub genommen hat.

Da aufgrund des Ergebnisses der Ermittlungen das Gesamtbild der Verhältnisse in der GmbH somit in Übereinstimmung mit der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung zu einer abhängigen Beschäftigung des Klägers als GF führt, musste die gegen das angefochtene Urteil gerichtete Berufung ohne Erfolg bleiben. Sie war daher mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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