L 3 AL 91/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AL 1075/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 91/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. April 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am ...1968 geborene Kläger, mosambikanischer Staatangehöriger kam im Dezember 1987 als so genannter Kontraktarbeiter in die damalige DDR. Die nach entsprechender Ausbildung aufgenommene Beschäftigung als Drucker, zuletzt bei der D ... Druck- und Verlagshaus GmbH und Co. KG wurde mit Wirkung zum 05.12.1991 beendet.

Auf einen bereits am 15.08.1991 gestellten Antrag bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in F ... (ZAV) vom 25.11.1991 Förderungsleistungen aus Mitteln des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit für eine zwischen Ende November/Anfang Dezember 1991 und Juli 1992 durchgeführte berufliche Bildungsmaßnahme (Kaufmännische Fortbildung für Existenzgründer). Die Leistungsgewährung umfasste die Bewilligung von Teilnehmergebühren für den Besuch der Maßnahme i. H. v. 21.600,00 DM, ein Stipendium für die Inlandsphase vom 01.12.1991 bis 31.07.1992 i. H. v. 600,00 DM monatlich, Reisekostenerstattung, die Beitragskosten einer Kranken- und Unfallversicherung sowie einer Haftpflichtversicherung. In einer vom Kläger am 18.11.1991 im Zusammenhang mit der Leistungsbeantragung unterzeichneten "Teilnehmererklärung" bestätigte der Kläger u. a., über die Zielsetzung des Programmes und über die Voraussetzungen für die finanziellen Leistungen informiert worden zu sein, und verpflichtete sich, vorbehaltlich einer ausdrücklichen abweichenden schriftlichen Vereinbarung, innerhalb von 12 Monaten nach Beendigung der Maßnahme in sein Heimatland oder ein anderes Entwicklungsland auf Dauer zurückzukehren und dort seinen Wohnsitz aufzunehmen bzw. für den Fall einer nicht dauerhaften Rückkehr die gewährten Leistungen zurückzuzahlen. Der Bewilligungsbescheid der Beklagten enthielt den Hinweis, dass die Leistungsgewährung unter der Bedingung erfolge, dass der Empfänger innerhalb von 12 Monaten nach Beendigung der Fortbildung in sein Heimatland oder ein anderes Entwicklungsland zurückkehre, um dort einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten. Die dem Bescheid als Anlage beigefügten Nebenbestimmungen seien Bestandteil der Bewilligungsentscheidung.

Nach Abschluß der geförderten Bildungsmaßnahme suchte der Kläger - nach seinem Vorbringen im Klageverfahren - "im Herbst 1992", nach späteren Angaben auch in den Jahren 1994 bis 1997 mehrfach kurzzeitig sein Heimatland auf, um die Möglichkeit einer Existenzgründung dort zu prüfen. Eine Ausreise mit Aufgabe seines Wohnsitzes oder Beendigung seines ständigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte nicht. Die am 02.10.1992 geschlossene Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen wurde im Jahre 1998 geschieden, nachdem es bereits Ende 1995 zu einer Trennung gekommen war. Seither lebt der Kläger - nach eigenen Angaben - mit einer mosambikanischen Staatsangehörigen zusammen.

Nach Feststellung des weiteren Aufenthalts des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland führte die Beklagte mit zwei Schreiben vom 05.11.1993 und 24.11.1993 ein Anhörungsverfahren zu der von ihr beabsichtigten Rückforderung der bewilligten Förderungsleistungen durch. In diesen Schreiben wies sie den Kläger darauf hin, er sei entgegen der Zielstetzung der gewährten Reintegrationsförderung nicht innerhalb der gesetzten Frist von 12 Monaten (nach Beendigung der Maßnahme) in sein Heimatland zurückgekehrt. Deshalb stünden die ausgezahlten Leistungen zur Rückzahlung an. Das an die im Antrag angegebene, inzwischen nicht mehr zutreffende Anschrift des Klägers gerichtete Schreiben vom 05.11.1993 konnte dem Kläger nicht zugestellt werden. Eine Äußerung des Klägers auf das weitere Schreiben vom 24.11.1993 erfolgte zunächst nicht.

Mit Bescheid vom 18.03.1994 erließ die Beklagte daraufhin einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit welchem sie den Bewilligungsbescheid vom 21.11.1991 gestützt auf § 151 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und § 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) widerrief und vom Kläger die Erstattung von Leistungen in Gesamthöhe von 27.659,04 DM forderte. Der mit der Gewährung der Förderung verfolgte Zweck sei nicht erreicht worden, da der Kläger die ihm im Bewilligungsbescheid gemachte Auflage, innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Beendigung der Maßnahme in sein Heimatland oder ein anderes Entwicklungsland zurückzukehren, nicht erfüllt habe. Zu einer solchen Rückkehr habe sich der Kläger jedoch am 18.11.1991 rechtsverbindlich verpflichtet.

In einem Schreiben vom 29.03.1994 trug der Kläger zur Begründung seines weiteren Verbleibs in Deutschland daraufhin vor, er habe bei einer Erkundung der wirtschaftlichen Lage seines Landes nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme festgestellt, dass nur mit den dabei erlangten Kenntnissen und ohne finanzielle und materielle Unterstützung keine Grundlage für den Aufbau eines eigenen Unternehmens gegeben sei. Seine Pläne bezüglich der Rückkehr in sein Heimatland seien auch durch die Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen im Oktober 1992, mit der er in seinem Heimatland keine tieferen Beziehungen habe eingehen können, beeinflusst worden. Daraufhin führte die Beklagte eine interne Überprüfung ihrer Entscheidung gemäß § 44 SGB X durch. Mit Bescheid vom 09.06.1994 lehnte sie eine Änderung ihres Bescheides vom 18.03.1994 jedoch ab. Auch unter Einbeziehung der Ausführungen im Schreiben vom 28.03.1994 könne keine andere Entscheidung getroffen werden, so dass es bei der Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung der Leistungen verbleibe. Sollte er nicht in der Lage sein, den Betrag in einer Summe zurückzuzahlen, könne er Antrag auf Ratenzahlung stellen.

Den gegen diesen Bescheid am 22.06.1994 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger im Wesentlichen erneut auf die bereits im Schreiben vom 28.03.1994 mitgeteilten persönlichen Verhältnisse hinwies, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.1996 als unbegründet zurück. Mit dem überprüften Bescheid vom 18.03.1994 sei die vorausgegangene Leistungsbewilligung zu Recht wegen Verfehlung des Förderungszwecks widerrufen worden. Die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers werde bereits durch seine Nichtrückkehr in das Heimatland bzw. ein anderes Entwicklungsland ausgelöst. Die von ihm vorgetragenen persönlichen Gründe bzw. der Gedanke eines Vertretenmüssens der unterbliebenen Rückkehr spielten grundsätzlich keine Rolle. Die vom Kläger angegebene ca. 4-wöchige Rückkehr in das Heimatland reiche nicht aus, um die im Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage zu erfüllen. Auch im Rahmen der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens komme sie zu keinem anderen Ergebnis. Die vom Kläger vorgetragenen familiären Gründe führten nicht dazu, von einer Erstattung abzusehen. Die Beklagte sei auch durch den Schutz von Ehe und Familie in Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht gehalten, von der Leistungsrückforderung abzusehen. Der Kläger habe nicht erwarten können, durch die Eheschließung von seiner bei der Leistungsbeantragung und Bewilligung eingegangenen Pflicht zur Rückkehr bzw. zur Verpflichtung der Erstattung der Leistungsförderung bei Nichterfüllung dieser Pflicht freigestellt zu werden. Der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie umfasse nicht jede Rechtsfolge, die sich (lediglich) mittelbar negativ auf die Ehe und Familie auswirken könne. Die Widerspruchsentscheidung wurde dem Kläger, ausweislich der Postzustellungsurkunde, am 04.07.1996 an die der Beklagten bekannte Anschrift durch Niederlegung unter Hinterlassung einer Nachricht zugestellt. Am 08.10.1996 gelangte das Schreiben mit dem Widerspruchsbescheid an die Beklagte mit dem Vermerk die Sendung sei vom Kläger nicht abgefordert worden, zurück. Am 21.10.1996 veranlasste die Beklagte daraufhin eine nochmalige Zustellung des Widerspruchsbescheids an eine neue Anschrift des Klägers. Ein bei der Beklagten am 24.10.1996 eingegangenes Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.10.1996, in welchem "Rechtsmittel" gegen den Widerspruchsbescheid vom 01.07.1996 eingelegt und gleichzeitig Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wurde, leitete die Beklagte nach Rückfrage und entsprechender Zustimmungserklärung seitens des Klägers dem Sozialgericht Dresden (SG) als Klage zu. In der Klagebegründung vom 03.12.1997 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers zur Frage der Fristwahrung vorgetragen, der Kläger habe im Zeitpunkt der Niederlegung des Widerspruchsbescheides am 04.07.1996 bereits eine neue Anschrift gehabt. Deshalb sei zu Unrecht davon ausgegangen worden, die Zustellung könne durch Benachrichtigung der getrennt lebenden Ehefrau und Niederlegung des Schriftstücks bei dem nach Meinung der Beklagten zuständigen Zustellpostamt bewirkt werden. In der Sache hat der Prozessbevollmächtigte geltend gemacht, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger in einer ihm zuzurechnenden Weise nicht in sein Heimatland oder ein anderes Entwicklungsland zurückgekehrt sei. Vielmehr sei er im Herbst 1992 zur Prüfung der Möglichkeit einer Existenzgründung in sein Heimatland ausgereist, wobei sich aber herausgestellt habe, dass eine Rückkehr nur bei weiterer finanzieller Unterstützung für die Existenzgründung sinnvoll sei. Eine solche sei ihm aber entgegen den bei der Antragstellung genannten Bedingungen nicht gegeben worden. Im Übrigen sei die Bedingung für die Rückforderung der Leistungen in den dem Kläger zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht mit ausreichender Klarheit formuliert worden. Insbesondere sei ihm der Eindruck vermittelt worden, er erhalte durch die Maßnahme eine reelle Chance, im Heimatland eine Arbeit zu finden oder eine Existenz zu gründen. Die ihm gewährte, bloße berufliche Weiterbildung in der Bundesrepublik Deutschland reiche aber für eine Reintegration nicht aus. Nach den mit der Leistungsgewährung verknüpften Bedingungen sei er lediglich zur Rückkehr verpflichtet gewesen, um (in seinem Heimtland) einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten. Daher habe er davon ausgehen dürfen, nur dann zur Rückzahlung verpflichtet zu sein, wenn er sich nicht in hinreichender Form um seine Rückkehr bemühen würde. Gerade das habe er aber getan. Im Übrigen sei der Kläger auch im Hinblick auf seine Eheschließung in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt in dem Glauben, hier seine Ehefrau versorgen zu müssen. Insgesamt habe die Beklagte deshalb nicht ausreichend überprüft und in ihre Ermessensentscheidung einbezogen, ob es für den weiteren Verbleib des Klägers in Deutschland anerkennenswerte Gründe gegeben habe bzw. gebe. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Belege über Reisen des Klägers in sein Heimatland in den Jahren 1992, 1994 und 1997 eingereicht. Das SG hat nach Überprüfung des Inhalts und der Grundlagen der dem Kläger bewilligten Bildungsmaßnahme Auskünfte des Maßnahmeträgers sowie der Beklagten eingeholt und diese zur Stellungnahme zu den rechtlichen Grundlagen der angefochtenen Entscheidungen aufgefordert.

Im Verhandlungstermin am 26.09.1996 hat das SG zur Frage der Klagefristwahrung sowie zur Klärung der persönlichen und familiären Verhältnisse des Klägers in der Zeit nach Abschluss der Bildungsmaßnahme den Kläger selbst angehört und seine - damalige - Ehefrau uneidlich als Zeugin vernommen. Diese hat hierzu angegeben, der Kläger habe sich seit Dezember 1995 nicht mehr regelmäßig in der gemeinsamen Wohnung aufgehalten und im Juli/August 1996 seine persönlichen Sachen und Möbel aus der Wohnung abgeholt. Eine Benachrichtigung des Postzustellers über die Zustellung des Widerspruchsbescheides an den Kläger habe sie im fraglichen Zeitpunkt nicht in ihrem Briefkasten vorgefunden.

Nach Einholung von Einwilligungserklärungen der Beteiligten hat das SG die Klage mit Urteil vom 22.04.1999 (ohne mündliche Verhandlung) als unbegründet abgewiesen. Da nach dem Ergebnis seiner Ermittlungen die Zustellung des Widerspruchsbescheides durch Niederlegung bei dem für die frühere, jedoch im Zeitpunkt der Zustellung nicht mehr gültige Anschrift des Klägers zuständigen Postamt nicht wirksam gewesen sei, sei die Klage fristgerecht erhoben worden und somit zulässig. Die Beklagte habe mit den angegriffenen Bescheiden aber in der Sache zu Recht eine Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18.03.1994 zu Gunsten des Klägers abgelehnt. Dieser Bescheid sei nicht rechtswidrig gewesen. Diese Entscheidung lasse sich zwar nicht auf einen Widerruf gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB X stützen, weil eine Zweckverfehlung der Leistungsgewährung im Sinne dieser Vorschrift nicht vorliege. Der Kläger habe die empfangene Leistung nicht entgegen der Zwecksetzung verwendet. Jedoch sei ein Widerruf der Leistungsgewährung wegen Nichterfüllung einer Auflage gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X gerechtfertigt. Der Bewilligungsbescheid vom 22.11.1991 sei zulässigerweise mit einer Auflage verbunden gewesen, welche der Kläger nicht erfüllt habe. Auf einen Vertrauensschutz i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 2 SGB X könne sich der Kläger bei dem gegebenen Sachverhalt nicht berufen. Durch die Entscheidung der Beklagten sei er insbesondere nicht gezwungen, ohne seine Ehefrau in sein Heimatland zurückzukehren, vielmehr stehe es ihm frei, in der Bundesrepublik Deutschland zu verbleiben, dies allerdings mit der Folge, die erhaltenen Leistungen an die Beklagte zurückzuerstatten. Die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung auch das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt und die hierfür maßgeblichen Gründe angegeben.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten am 04.06.1999 zugestellte Urteil richtet sich die von diesem am Montag, den 05.07.1999 beim Sozialgericht Dresden eingereichte und am 08.07.1999 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen nochmals auf seine - erfolglosen - Bemühungen hingewiesen, nach Abschluss der Bildungsmaßnahme in seinem Heimatland eine eigene Existenz aufzubauen. Der Senat hat den Kläger hierzu sowie zur Entwicklung seiner beruflichen und persönlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland seit 1992 im Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzend befragt und mit den Beteiligten die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Heimatland des Klägers erörtert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22.04.1999 sowie den Bescheid vom 18.03.1994 in Gestalt des Bescheides vom 09.06.1994 und des Widerspruchsbescheides vom 01.07.1996 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat sich dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts angeschlossen und ergänzend unter Hinweis auf ein Auskunftsschreiben der für die Durchführung der Fortbildungsmaßnahmen zuständigen Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte GmbH vom 04.02.2000 vorgetragen, durch die von dieser Stelle vorgelegten Zahlen sei bewiesen, dass abgesehen von dem Fall des Kurses VI (an welchem der Kläger teilgenommen hatte) nahezu alle Teilnehmer dieser Fortbildungsmaßnahme anschließend in ihr Heimatland zurückgekehrt seien. Daraus ergebe sich, die (grundsätzliche) Geeignetheit der angebotenen Fortbildung.

Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Förderungsakte der Beklagten sowie die Verfahrensunterlagen aus beiden Rechtszügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die durch §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht ausgeschlossene und somit statthafte Berufung ist fristgemäß eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. In der Sache die Klage gegen die streitbefangenen Bescheide der Beklagten zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten beinhalten keinen rechtswidrigen Eingriff in die Rechte des Klägers.

Das Sozialgericht hat zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Sachentscheidung bejaht. Zu Recht hat es für die Klage den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht. Bei dem dadurch zwischen den Beteiligten anhängig gewordenem Rechtsstreit handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der übrigen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit im Sinne von § 51 Abs. 1 SGG. Zwar wurden die von der Beklagten gewährten und nunmehr vom Kläger zurückgeforderten Förderungsleistungen nicht nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes vergeben und stammten auch nicht aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung, sondern aus dem Haushalt des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, jedoch ist die Bundesanstalt für Arbeit mit der Durchführung der für das Reintegrationsprogramm Fach- und Führungskräfte aus Entwicklungsländern vorgesehenen beruflichen Bildungsmaßnahmen und der Vergabe der hierfür anfallenden Forderungsleistungen beauftragt worden (vgl. Richtlinien des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit für die Förderung der Wirtschaft in Entwicklungsländern durch Zuschüsse an zurückkehrende Fach- und Führungskräfte vom 16.04.1987, i. V. mit der 22. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 11.05.1967 - 22. Durchführungs-VO und §§ 3 Abs. 5, 242 Abs. 3 AFG). Diese Zuständigkeitszuweisung im Sinne einer sonstigen Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit erfasst auch Entscheidungen über die Aufhebung und Erstattung von Förderungsleistungen (vgl. dazu im Übrigen BSG vom 21.10.1999 - B 11 AL 25/99R -).

Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Sozialgericht auf die Klage eine Entscheidung in der Sache getroffen hat. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Befragung der Zeugin A. S. ist es fehlerfrei davon ausgegangen, dass mangels des Nachweises einer ordnungsgemäßen Zustellung des Widerspruchsbescheides an den Kläger durch Niederlegung bei dem für die frühere Wohnanschrift des Klägers zuständigen Postamt die einmonatige Klagefrist bei Eingang des Klageschriftsatzes beim Sozialgericht am 24.10.1996 noch nicht abgelaufen war.

Das mit der Berufung angegriffene Urteil des Sozialgerichts sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind auch in der Sache nicht zu beanstanden. Die im Berufungsverfahren vom Senat durchgeführte ergänzende tatsächliche und rechtliche Prüfung hat Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit dieser Entscheidungen nicht ergeben. Die für die angefochtenen Bescheide der Beklagte maßgeblichen Rechtsgrundlagen hat das Sozialgericht in den Gründen des Urteils zutreffend benannt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit darauf Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Hiervon ausgehend hat die Beklagte entgegen der Ansicht des Klägers zu Recht mit den hier unmittelbar angegriffenen Bescheiden eine Aufhebung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 18.03.1994 im Wege einer Überprüfung gemäß § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) abgelehnt. Dieser (Ausgangs-)Bescheid war nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Der nach Abschluss der von der Beklagten geförderten Qualifikation (Bescheid vom 22.11.1991) innerhalb der nachfolgenden 12 Monate eingetretene Sachverhalt berechtigte vielmehr die Beklagte dazu, diese Leistungsgewährung wegen Zweckverfehlung gemäß § 47 Abs. 2 SGB X zu widerrufen. Dieses Widerrufsrecht ergibt sich, wie das Sozialgericht festgestellt hat, zum einen aus § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X, weil die von der Beklagten mit dem Bewilligungsbescheid vom 22.11.1991 rechtlich zulässigerweise verbundene Auflage, mit welcher der Kläger verpflichtet wurde, nach Abschluss der Qualifikationsmaßnahme innerhalb von 12 Monaten in sein Heimatland zurückzukehren oder in ein anderes Entwicklungsland auszureisen, nicht erfüllt hat. Die Berechtigung der Beklagten, die Gewährung der Förderungsmittel mit einer gesetzlichen Nebenbestimmung im Sinne einer Auflage (gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X) zu verbinden, hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt. Insoweit ist im Hinblick auf die im Bewilligungsbescheid vorgenommene Bezeichnung als "Bedingung" ergänzend darauf hinzuweisen, dass im Falle einer Unklarheit, ob eine mit einem Verwaltungsakt getroffene Nebenbestimmung eine Bedingung oder eine - für den Betroffenen in der Regel weniger belastende - Auflage beinhaltet, grundsätzlich von dem Regelungsinhalt auszugehen ist, von dem der Adressat vom Standpunkt eines objektiven Betrachters vernünftigerweise ausgehen durfte. Im Übrigen ist im Zweifelsfalle die für den Betroffenen weniger belastende Auslegungsweise, dies ist im Verhältnis zur (auflösenden) Bedingung grundsätzlich die Auflage, auszugehen (vgl. dazu Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/Wiesner/von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 3. Aufl., § 32 Rdnr. 4, 16 m.w.N.). Dem Sozialgericht war auch darin zu folgen, dass der Inhalt der dem Kläger bei der Leistungsgewährung auferlegten Auflage hinreichend bestimmt und verständlich war. Die Bedeutung dieser Auflage ergab sich einerseits bereits aus den dem Kläger im Zusammenhang mit der Antragstellung erteilten Hinweisen, seiner ihm in diesem Zusammenhang zur Unterschrift vorgelegten und am 18.11.1991 auch unterzeichneten Teilnehmererklärung und schließlich aus der im Bewilligungsbescheid ausdrücklich zum Bestandteil erklärten und dem Bescheid beigefügten Anlage (mit den Nebenbestimmungen).

Bei diesem Sachverhalt konnte der Senat letztlich dahingestellt lassen, ob die Beklagte entgegen der Auffassung des Sozialgerichts darüber hinaus auch gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X zum Widerruf der gegenüber dem Kläger erlassenen Förderungsentscheidung wegen Verfehlung des Förderungszweckes berechtigt war. In dem Bewilligungsbescheid vom 22.11.1991 wurde zweifach ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ihm bewilligten "personenbezogene(n) Leistungen zur Fortbildungs- und Beratungsmaßnahmen" der Förderung der "Rückkehr und berufliche(n) Eingliederung von Ausbildungsabsolventen und Arbeitnehmern aus Entwicklungsländern" bestimmt waren und erwartet werde, dass der Leistungsempfänger nach Beendigung der Fortbildung in sein "Heimatland oder ein anderes Entwicklungsland" zurückkehrt, um dort einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten. Bei einer mit einer solchen Zielsetzung verbundenen, geförderten beruflichen Qualifikation kann eine Zweckverfehlung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 2 SGB X nach Sinn und Zweck dieser Regelung entgegen der vom Sozialgericht dargelegten Auffassung kaum ausschließlich darauf eingeschränkt werden, dass die Zweckverfehlung schon während der Förderungszeit offensichtlich wird. Für die Prüfung und Feststellung der Erreichung des Förderungszweckes, nämlich der Rückkehr des Leistungsempfängers in sein Heimatland, bzw. die Aufenthaltnahme in einem anderen Entwicklungsland, muss vielmehr aus der Sicht des Leistungsträgers auch der in der Nebenbestimmung zur Bewilligung genannte Zeitraum nach Abschluss der Maßnahme einbezogen werden dürfen (so wohl auch LSG Baden-Würtemberg vom 25.05.1994 - L 5 Ar 563/93). Der Senat musste insoweit jedoch nicht abschließend entscheiden, da die Berechtigung der Beklagten zum Widerruf der Förderungsgewährung bereits durch § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X getragen wird.

Die mit der Förderungsbewilligung an den Kläger verbundene Auflage ist auch nach ihrem Inhalt rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere war sie geeignet, den angestrebten Förderungszweck zu sichern und war mit ihren Auswirkungen nicht unverhältnismäßig. Unabhängig davon, dass der Kläger im Zeitpunkt der Bewilligung der Förderungsleistungen im November 1991 nicht verheiratet war, so dass dabei hinsichtlich der Auflage Erwägungen aus dem Gesichtspunkt des Schutzes von Ehe und Familie (Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG-) gar nicht angestellt werden konnten, bedeutet diese Auflage inhaltlich auch keinen Eingriff in die durch die spätere Eheschließung des Klägers begründete verfassungsrechtliche Rechtsposition. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen.

Auf Grund des Ergebnisses der im Berufungsverfahren durchgeführten eigenen Überprüfung war nach Überzeugung des Senats auch die Ermessensausübung durch die Beklagte als rechtsfehlerfrei zu bestätigen. In Ergänzung der hierzu vom Sozialgericht getroffenen Feststellungen war insoweit ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Beklagte von einem Widerruf der Leistungsbewilligung im Wege des Ermessens insbesondere nicht im Hinblick auf die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Heimatland des Klägers absehen musste. Begründete Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der Rückkehr des Klägers in sein Heimatland auf Grund der 1992 und in den Folgejahren herrschenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse konnten den hierüber zur Verfügung stehenden Informationsquellen (der Senat hat insoweit die Angaben im Munzinger-Archiv, Landesteil Mosambique, herangezogen und zum Gegenstand der Erörterung im Entscheidungstermin gemacht) nicht entnommen werden. Auch sonstige, einem Widerruf der Leistungsbewilligung durch die Beklagte im Ermessenswege entgegenstehende gewichtige Gründe sind von der Beklagten bei ihren Entscheidungen nicht außer Betracht gelassen worden. Insbesondere konnten derartige Gründe nicht aus den vom Kläger vorgetragenen, erfolglosen Bemühungen um den Aufbau einer beruflichen Existenz in seinem Heimatland abgeleitet werden. Selbst wenn davon abgesehen wird, dass sich diese Versuche des Klägers nach dessen eigenen Angaben entgegen der ihm mit dem Bewilligungsbescheid erteilten Auflage lediglich auf sein Heimatland Mosambique und nicht auf andere Entwicklungsländer erstreckt haben, konnte auch im Übrigen von nachweislichen, hinreichend nachhaltigen Bemühungen des Klägers nicht ausgegangen werden. Insbesondere war hierbei zu beachten, dass innerhalb des für den Widerruf maßgeblichen Zeitraumes von 12 Monaten nach Abschluss der Maßnahme auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers lediglich ein einmaliger Besuch seines Heimatlandes (zwischen Ende Oktober und 27.11.1992) stattgefunden hat. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger überdies nach seinem eigenen Vorbringen der Auffassung, wegen einer angemessenen Aufrechterhaltung der kurz zuvor mit einer Deutschen eingegangenen Ehe in Deutschland verbleiben zu müssen, konnte also gar nicht ernsthaft eine Ausreise aus Deutschland anstreben. Die erst im Klageverfahren geltend gemachten weiteren Reisen nach Mosambique in den Jahren 1994 bis 1997 sind dann erst nach Ablauf der 12-Monats-Frist, und insbesondere auch erst nach Ausübung des Widerrufs durch die Beklagte und Einleitung des Rücknahme- und Erstattungsverfahrens, durchgeführt worden. Auch die vom Kläger nicht bereits während der Teilnahme, sondern erst im Verlauf des Klage- bzw. des Berufungsverfahrens gegen die Geeignetheit der ihm bewilligten Qualifizierungsmaßnahme vorgetragenen Einwendungen können bereits im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf nicht zu der Feststellung eines Ermessensfehlgebrauches durch die Beklagte führen. Im Übrigen steht diese nachträgliche Kritik des Klägers an dem Inhalt und der Durchführung dieser Maßnahme im Widerspruch zu dem von der Beklagten vorgelegten Ergebnis der Überprüfung durch die Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte gGmbH (Bericht an die ZAV vom 04.02.2000) im Widerspruch und können nicht als belegt angesehen werden.

Da nach alldem eine tatsächliche oder rechtliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht festzustellen war, musste der Berufung des Klägers der Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten folgt unter Berücksichtigung des Verfahrensausganges aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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