Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 12 BL 6/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 BL 2/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 19. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Beginn der Zahlung des Nachteilsausgleichs für schwerstbehinderte Kinder nach dem Gesetz über die Gewährung eines Landesblindengeldes und anderer Nachteilsausgleiche vom 11.02.1992 (SächsGVBl. S.53) in der Fassung des Gesetzes vom 11.12.1995 (SächsGVBl. S.385) - LBlindG - streitig.
Der am ... geborene Kläger ist schwerbehindert. Mit Bescheid vom 02.12.1993 stellte der Beklagte ein Ausmaß der Behinderung von 100 Grad und das Vorliegen der Voraussetzungen der Merkzeichen G, H und B fest. Am 24.11.1995 beantragte der Kläger beim Beklagten die erneute Ausstellung eines Ausweisbeiblattes für die Freifahrtberechtigung mit Wertmarke ab Dezember 1995. In der für Schwerbehindertenangelegenheiten zuständigen Abteilung des Amtes für Familie und Soziales Dresden ging dieser Antrag am 27.11.1995 ein und wurde dort am 28.11.1995 bearbeitet. Der Versand des Beiblattes mit Wertmarke erfolgte am 30.11.1995. Ein Hinweis auf die zwischenzeitliche Änderung des LBlindG erfolgte nicht.
Am 26.11.1997 ging beim Beklagten der Antrag des Klägers auf Gewährung des Nachteilsausgleichs für schwerstbehinderte Kinder ein, dem der Beklagte mit Bescheid vom 11.12.1997 für die Zeit seit dem 01.11.1997 entsprach. Gegen diesen Zeitpunkt des Leistungsbeginns erhob der Kläger Widerspruch mit dem Hinweis auf fehlende Informationen über die Möglichkeit, einen solchen Nachteilsausgleich bereits eher zu erhalten. Ihn wies der Beklagte mit Bescheid vom 03.02.1998 zurück. Über die Novellierung des LBlindG zum 01.01.1996 sei in der Presse ausreichend informiert worden.
Hiergegen richtet sich die am 02.03.1998 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage, mit der die Zahlung des Nachteilsausgleichs bereits ab dem 01.01.1996 begehrt wird. Bei den Hilfeplänen bzw. Kontrollberichten für ihn durch das Ortsamt K ... in D ... (Jugend/soziale Dienste) am 15.1.1996 und 24.3.1997 sei er bisher in keiner Weise auf die Möglichkeit von sozialen Leistungen für schwerstbehinderte Kinder angesprochen worden. Da er ständige Verbindung zu diesem Amt habe, und bei Antrag auf Pflegschaft um Hilfe und Unterstützung gebeten habe, was ihm auch vom Jugendamt zugesichert worden sei, erwarte er, dass derart wichtige Informationen an die Betroffenen weitergeleitet würden. Der Beklagte hat dem entgegengehalten, das Jugendamt sei nicht für den Vollzug des LBlindG zuständig.
Mit Urteil vom 19. Oktober 1998 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 10.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.1998 geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger den Nachteilsausgleich für schwerstbehinderte Kinder nach dem Sächsischen Landesblindengeldgesetz auch für die Zeit vom 01.01.1996 bis zum 31.10.1997 zu zahlen. Zur Begründung hat das SG u.a. aufgeführt: Zwar habe der Kläger einen Antrag auf die begehrte Leistung erst im November 1997 gestellt. Die Anspruchsvoraussetzungen des am 01.01.1996 in Kraft getretenen § 1 Abs. 4 LBlindG habe der Kläger jedoch bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift erfüllt. Die fehlende frühere Antragstellung könne über das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs rückwirkend herbeigeführt werden. Der Beklagte habe nämlich die sich aus § 14 SGB I - der wegen § 6 Abs. 1 LBlindG entsprechend anzuwenden ist - ergebende Pflicht, dem Kläger Fürsorge und Betreuung zuteil werden zu lassen (Hinweis auf Bley, Sozialrecht, 6. Aufl. S.42) verletzt. Aus dieser Pflicht des Beklagten erwachse das Recht des Klägers, vom Beklagten Ratschläge und Auskünfte über seine sozialen Rechte zu erhalten, jedenfalls soweit der Rechtskreis der dem Beklagten obliegenden Aufgaben dem Kläger gegenüber reiche. Innerhalb dieses Aufgabenkreises des Amtes für Familie und Soziales hätten sowohl die Bearbeitung der Schwerbehindertenangelegenheit als auch die Bearbeitung von Angelegenheiten nach dem LBlindG gelegen. Der Beklagte könne sich gegenüber dem Kläger nicht darauf berufen, die eine Abteilung des Amtes für Familie und Soziales habe keine Kompetenz hinsichtlich der jeweils anderen Aufgabenstellung gehabt. Insoweit sei ihm der Grundsatz der Einheit der Verwaltung entgegenzuhalten. Einzuräumen sei zwar, dass in den Fällen, in denen kein ausdrücklicher Beratungs- bzw. Auskunftsbedarf des Bürgers der Verwaltung gegenüber geäußert werde, nicht ohne weiteres eine Pflicht zum Hinweis auf sozialrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bestehe. Im vorliegenden Fall habe jedoch die Pflicht des Beklagten - hier der für die Schwerbehindertenangelegenheiten zuständigen Sachbearbeitung - bestanden, den Kläger von sich aus "spontan" dahin zu beraten, dass er einen Antrag auf Nachteilsausgleich stellen könne. Bei der Bearbeitung des Antrages auf Ausstellung des Beiblatts zum Schwerbehindertenausweis und die Vergabe der Wertmarke zur Inanspruchnahme der Freifahrtberechtigung sei diese Antragstellung als offensichtlich zweckmäßige Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage getreten, so dass eine Spontanberatung angezeigt gewesen sei. Da das Landesamt für Familie und Soziales am 23.11.1995 über dem Gesetzesbeschluss informiert gewesen sei, hätte es die schnellstmögliche Weiterleitung dieser Information an die nachgeordneten Bereiche sicherstellen müssen; und es hätte im Zeitalter des Telefaxgerätes bereits am 24.11.1995 die entsprechende Information nebst entsprechenden Anweisungen zur Beratung von Bürgern, die von den neu ins Gesetz aufgenommenen Leistungsnormen erfasst worden seien, auf dem Tisch der Sachbearbeitungen liegen können. Dass dies möglicherweise nicht so gewesen ist, könne als Organisationsmangel in der Sphäre des Beklagten nicht zu Lasten des Klägers gehen. Auch könne sich der Beklagte durch Wahrnehmung der in § 13 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) normierten Pflicht zur allgemeinen Aufklärung der Bevölkerung über soziale Rechte - u.a. durch Presseveröffentlichungen - nicht der Pflicht zur Beratung im Einzelfall entziehen. Im vorliegenden Fall habe es klar zu Tage gelegen, dass der Kläger das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt und einen GdB von 100 aufgewiesen habe. Bei Aufruf der entsprechenden Maske auf dem Computerbildschirm hätte es nur eines Blicks nach links und nach oben - jeweils von der Stelle aus gesehen, an der die Merkzeichen stehen - bedurft, um dies zu erkennen. Einen solchen Blick zu tun, überfordere auch eine "Massenverwaltung" nicht und sei mithin geboten gewesen.
Gegen das ihm am 19.1.1999 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2.2.1999 Berufung eingelegt und hält dem insbesondere entgegen: Die Anforderungen des SG seien überspitzt und es werde das eigenverantwortliche Handeln des Bürgers negiert. Zunächst sei festzustellen, das Gericht meine, dass in der allgemeinen Aufklärungspflicht des § 13 SGB I auch eine Beratungspflicht enthalten sei. Dem könne nicht gefolgt werden. Eine Beratungspflicht könne sich, schon vom Wortlaut her, nur aus § 14 SGB I ergeben. § 14 SGB I normiere einen Anspruch auf Beratung, für dessen Erfüllung es, wie bei anderen Ansprüchen im Sozialrecht auch, zumindest einer Willensäußerung des Antragstellers auf Erbringung diese Beratungsleistung bedürfe. Dies sei eine "Holschuld". Das bewusste Verlangen des Klägers auf eine Beratung habe aber ohne Zweifel hier nicht vorgelegen. Allerdings könne sich eine Spontanberatung ergeben, wenn in einem laufenden Verfahren hierzu Gestaltungsmöglichkeiten klar zu Tage träten (Hinweis auf Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht Allgemeiner Teil S. 149). Dabei werde einhellig davon ausgegangen, dass sich die "ins Auge springende" Gestaltungsmöglichkeit in dem Verfahren zeigen müsse. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich daraus im vorliegenden Fall eine "persönliche Spontanaufklärung" entwickeln könne, denn es fehle an der Offensichtlichkeit. Das SG vertrete aber die Auffassung, dass eine Spontanberatung geboten gewesen sei. Dazu würden Computermasken beschrieben. Es sei aber so, dass der Antragsteller einen Vordruck, einen so genannten "Kurzantrag" einreiche. Auf diesem seien neben dem Namen und dem Geburtsdatum als relevante Daten nur noch das Datum des Gültigkeitsbeginns der Wertmarke enthalten. Nach Eingang des Antrages werde in die Startmaske die gewünschte Verarbeitungsart hier: Nr. 17 - eingetragen. In dieser Maske würden angezeigt: Name, Anschrift und die für die Vergabe des Beiblattes relevanten Daten. Darin komme weder das Geburtsdatum noch der GdB vor. Dieser Aufruf sei in diesem Bearbeitungsablauf nicht notwendig. Somit sei der Tatbestand der "klar zu Tage getretenen Gestaltungsmöglichkeit" nicht gegeben. Bei der Ausreichung der Wertmarke handle es sich um eine Routinebearbeitung, bei der aus zeitlichen und arbeitstechnischen Gründen nicht verlangt werden könne, dass über den konkreten Anlass hinaus mit diesem Vorgang nicht im Zusammenhang stehende Nachforschungen über etwaige Rechte des Antragstellers angestellt würden. Eine Forderung, dass die Verwaltung in diesem Einzelfall eine weitere Maske hätte aufblenden sollen oder "fix die Akte mal durchschauen" können, sei durch § 14 SGB I nicht gedeckt. Zu bedenken sei auch nicht allein die im Klageverfahren vorliegende Konstellation. Es würde den Bearbeitungsrahmen sprengen, wenn nach allen denkbaren Möglichkeiten gesucht werden müsste. Einen derartigen Aufwand habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen und werde auch in der Rechtsprechung des BSG nicht gefordert. Im Übrigen führe die Argumentation des Sozialgerichtes, dass das Amt für Familie und Soziales eine Verwaltungseinheit darstelle und damit alles, was in diesem Amt eingehe, sich auf alles beziehe, was das Amt zu vollziehen habe, dazu, z.B. einen nach dem Schwerbehindertenrecht gestellten Antrag auch als einen Antrag auf Familienhilfe zu betrachten, unabhängig von der Formulierung des Antrages und des Willens des Antragstellers. Selbst wenn man von einer Pflichtverletzung ausgehe, fehle der ursächliche Zusammenhang. Denn bereits vor Verkündung des Gesetzes im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 30/1995 vom 12.12.1995 seien Pressemitteilungen ergangen, in deren Folge die regionalen Tageszeitungen mehrfach über die Leistungen und die Anspruchsvoraussetzungen berichtet hätten (z. B. Sächsische Zeitung aus Dresden vom 26.01.96). Auch das Sächsische Landesamt habe sich wiederholt an die Presse gewandt und sei damit seiner Aufklärungspflicht nachgekommen. Dass dies die richtige Vorgehensweise gewesen sei, zeige sich daran, dass allein im Raum Dresden in diesem Zeitraum über 1.000 Betroffene den Aufrufen in den Tageszeitungen gefolgt seien und einen entsprechenden Antrag für ihre schwerstbehinderten Kinder gestellt hätten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Dresden vom 19. Oktober 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat dem Senat eine Kopie des Mitteilungsblattes des Sächsischen Landesjugendamtes (SLJA) 01/96 S. 33 über "Empfehlungen zu einmaligen Leistungen § 39 (3) SGB VIII der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII" übersandt (LSG-Akten Bl. 33).
Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten vor.
Entscheidungsgründe:
Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG der Klage stattgegeben, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch zu.
Die hier maßgebenden Normen hat das SG zutreffend genannt. Darauf wird Bezug genommen. Den Ausführungen des SG zur Sache dagegen kann sich der Senat nicht voll anschließen.
Die vom Beklagten erhobenen Einwände überzeugen den Senat insoweit, als sich aus dem Kurzantrag vom 17.11.1995 auf Ausstellung eines Ausweis-Beiblattes mit unentgeltlicher Wertmarke kein Anlass zur Spontanberatung in Hinblick auf mögliche Ansprüche nach dem LBlindG ableiten lässt. Der Senat akzeptiert den entsprechenden Vortrag der Beklagten, wonach sich die beratungserheblichen Daten erst bei einem zusätzlichen, für die Ausstellung der Wertmarke nicht erforderlichen Arbeitsgang erschließen.
Gleichwohl hat der Kläger nach § 1 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 LBlindG auch für die Zeit ab Januar 1996 bis Oktober 1997 Anspruch auf den Nachteilsausgleich für schwerstbehinderte Kinder. Denn die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind aus einem anderen Grunde erfüllt. Sie lassen sich allgemein und so auch im Falle des Klägers aus einer Verletzung einer Beratungspflicht herleiten, die allerdings nicht den Beklagten als Träger des (Landes-)Amt für Familie und Soziales trifft, jedoch in seiner Eigenschaft als Träger der überörtlichen Jugendhilfe. Dies ergibt sich aus folgendem:
Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist sowohl in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (im Folgenden: BSG; siehe Urt. v. 24. April 1980, BSGE 50, 88, 91 m.w.N.) als auch durch die Literatur (z.B. KassKomm-Seewald, vor §§ 38 bis 47 SGB I, Rn. 30 ff.) allgemein anerkannt und beruht auf der Erwägung, dass aus einem zwischen Bürger und Verwaltung bestehenden Sozialrechtsverhältnis bestimmte Nebenpflichten, insbesondere Fürsorgepflichten, für die Verwaltung erwachsen. Verletzt die Verwaltung eine ihr obliegende Nebenpflicht und ist diese Pflichtverletzung ursächlich für einen Schaden des Bürgers, steht letzterem ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu. Eines vorwerfbaren Verschuldens der für die Verwaltung handelnden Person(en) bedarf es dagegen nicht (BSG, Urt. v. 04. September 1979, BSGE 49, 30, 33). Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches vor, so besteht ein Anspruch des Bürgers auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn die Verwaltung die ihr aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (BSGE 50, 88, 91).
Ein Herstellungsanspruch kann sich dabei auch auf Fehler anderer Behörden stützen (BSGE 51, 89; BSG SozR 1200 § 14 Nr. 19), wenn diese es versäumt haben, den Betroffenen auf sich aufdrängende Nachteile in anderen Rechtsbereichen zumindest hinzuweisen (BSG, Urt. v. 25. August 1993 - 13 RJ 27/92 - BSGE 73, 56, 60; BSG SozR 1200 § 14 Nr. 29; zum arbeitsteiligen Zusammenwirken bei der Wahrnehmung der zugewiesenen Aufgaben im Sinne einer Funktionseinheit s. zuletzt BSG, Urt. v. 15.8.2000 - B 9 VG 1/99 R - SozR 3- 3100 § 60 Nr. 3 m.w.N.; Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht, 4. Aufl. 1999 S. 144).
Nach dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung vom 25.8.1993 zugrunde lag, hatte die dortige Klägerin Kontakt mit der Bundesanstalt für Arbeit durch ein Gespräch zwischen der Klägerin und einem Vermittler des AA W ..., in dem die Klägerin erklärte, dass sie wegen der Betreuung ihres erwerbsunfähigen Ehemannes künftig nur eine verminderte Arbeitszeit leisten könne. Einen Arbeitsplatz könne sie aber nicht aus eigener Kraft erreichen, da die nächste Busstation 1,5 Kilometer entfernt sei, sie diesen Weg weder zu Fuß noch mit dem Fahrrad zurücklegen könne und auch keine Fahrgelegenheit habe. Die Klägerin wurde alsdann ausweislich der Akten des AA Würzburg am 1. August 1984 durch den beratenden Arzt des AA untersucht und für fähig befunden, die Strecke zur Bushaltestelle zu Fuß und mit dem Fahrrad zurückzulegen. Im Rahmen dieser Begutachtung soll die Klägerin deutlich gemacht haben, dass sie erwäge, einen Antrag auf EU-Rente zu stellen. Dem folgte die Ablehnung des Antrags auf Arbeitslosenhilfe vom 5. Juli 1984 wegen fehlender Verfügbarkeit. Die Ablehnung bewirkte, dass die der Klägerin im Anschluss an ihre letzte Tätigkeit noch bis 19. Juli 1984 gewährten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht weitergewährt wurden. Nach Auffassung des BSG konnte bei dieser Situation ein Beratungsfehler des AA Würzburg vorliegen, wenn es die Klägerin nicht zumindest darauf hingewiesen hat, sich beim Rentenversicherungsträger über die Sicherung ihrer Ansprüche auf BU- bzw. EU-Rente beraten zu lassen.
Nach Auffassung des Senats befand sich der Kläger in einer vergleichbaren Situation, als dessen Pflegemutter im Laufe des Jahres 1996 wiederholt Kontakt mit dem Jugendamt D ... hatte, erstmals aus Anlass der Aufstellung des Hilfeplanes am 15.1.1996 gem. § 36 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII).
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Jugendamt D ... von sich aus dafür Sorge tragen muss, dass es Informationen über Änderungen des LBlindG erhält. Hier liegt jedenfalls ein doppelter Beratungsfehler vor. Das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales hätte über das Sächsische Landesjugendamt das Jugendamt D ... entsprechend beraten müssen. Das Jugendamt D ... hätte auf dieser Grundlage den Kläger am 15.01.1996 über die eingetretenen Rechtsänderungen informieren müssen.
Träger der örtlichen Familienhilfe freilich sind nach § 1 Abs. 1 Landesjugendhilfegesetz (LJHG) die Landkreise und kreisfreien Städte, welche die Jugendhilfe als Selbstverwaltungsaufgabe des eigenen Wirkungskreises durchführen. Anders dagegen verhält es sich mit dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe. Dieser ist gem. § 10 Abs. 1 LJHG der Freistaat Sachsen, also der Beklagte des anhängigen Verfahrens, der ein Landesjugendamt (SLJA) errichtet. Damit bildet eben dieser Freistaat die rechtliche Klammer, die seine Ämter SLJA und Sächsisches Landesamt für Familie und Soziales (SLAFS) schon zu einer organisatorischen Funktionseinheit verbindet. Darüber hinaus besteht zwischen diesen beiden Behörden auch eine sachliche Funktionseinheit. § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII weist dem überörtlichen Träger als Aufgabe "die Beratung der örtlichen Träger und die Entwicklung von Empfehlungen zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch" zu. In diesem Rahmen hat das SLJA im Mitteilungsblatt 01/96 Empfehlungen an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Sachsen gerichtet über ab 1.1.1996 zu gewährende einmalige Beihilfen oder Zuschüsse gem. § 39 Abs. 3 und § 33 SGB VIII. Bereits in Nr. 3 der Empfehlungen ("Zusätzliche Hinweise") jedoch überschreiten diese den unmittelbaren Rahmen des SGB VIII mit der Nennung von § 13 Abs. 4 SäKitaG. In Hinblick auf die übereinstimmende Funktion von Leistungen der Jugendhilfe und dem Nachteilsausgleich für schwerstbehinderte Kinder nach dem Landesblindengeldgesetz - u.a. dazu beizutragen, Benachteiligungen junger Menschen mit sozialrechtlichen Maßnahmen zu vermeiden oder abzubauen (vgl. dazu § 8 SGB I, § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII und §§ 1 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2, 6 Abs. 1 LBlindG) - wäre aber das SLJA gehalten gewesen, die örtlichen Träger auf die zuvor in Kraft getretene Regelung hinzuweisen. Dass sie dem Amt bekannt war, kann unterstellt werden. Ein solcher Hinweis war um so mehr erforderlich, als § 4 Abs. 2 LBlindG die Zahlung der Leistung frühestens mit dem Antragsmonat beginnen lässt, jede Verzögerung also mit einer Einbuße für das zu fördernde Kind verbunden ist. Da dieses Wissen im Amt vorhanden war - der Beklagte meint ja sogar, der Kläger bzw. dessen Pflegemutter hätten es auch wissen können -, wäre es ein Leichtes gewesen, einen entsprechenden Passus in die Empfehlungen aufzunehmen. Damit wären die örtlichen Träger in die Lage versetzt worden, dieses Wissen zeitnah an die Begünstigten weiterzugeben.
Dieselbe objektive Verpflichtung traf auch das Jugendamt. Gelegenheit dazu bestand bereits am 15.1.1996, dem Tag, an der der Hilfeplan (vgl. dazu § 36 SGB VIII) mit der Pflegemutter unter Anwesenheit eines Vertreters der Schulträgers erörtert wurde. Auch wenn es bei dem Plan zunächst um das Sozialverhalten des Kläger und seine Weiterentwicklung ging, durfte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen, auf die ab 1.1.1996 eingetretenen Leistungsverbesserungen nach dem LBlindG hinzuweisen. Denn dieser Behördentermin ist nicht mit der Stellung eines Kurzantrags auf Ausstellung eines Ausweis-Beiblattes vergleichbar. Er war wesentlich intensiver. Hier stand erkennbar die schulische und damit auch psychosoziale Entwicklung des Klägers im Mittelpunkt. Akzessorisch gehört dazu aber auch, auf naheliegende sozialrechtliche Absicherungsmöglichkeiten hinzuweisen. Denn finanzielle Erleichterungen bedeuten für den Schwerstbehinderten die Chance besserer Entfaltungsmöglichkeiten und damit auch einer besseren psychosoziale Entwicklung und Eingliederung in die Gesellschaft. Dies gilt umso mehr dann, wenn es sich um gerade neu eingeführte Leistungsverbesserungen handelt und ein informierter Amtswalter deswegen mit der guten Möglichkeit rechnen muss, dass der von ihm beratende Hilfebedürftige diese gesetzliche Neuregelung noch nicht kennt.
Wegen des übereinstimmenden Anknüpfungspunktes - Ausgleich von Benachteiligungen von behinderten Kindern und Jugendlichen - bestand hier auch eine sachliche Funktionseinheit zwischen an sich getrennten Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts (Bundesland / Gemeinde). Nach § 1 Abs. 1 LBlindG dient die an schwerstbehinderte Kinder zu erbringende Leistung dazu, die durch eben diese Behinderung entstandenen Nachteile, insbesondere die behinderungsbedingten Mehraufwendungen (wenigstens teilweise) auszugleichen. § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII bestimmt in teilweise nahezu wörtlicher Übereinstimmung, die Jugendhilfe solle dazu beitragen, Benachteiligungen junger Menschen zu vermeiden oder abzubauen. Das gemeinsame Ziel und der gemeinsame Aufgabenbereich "Abbau der Benachteiligungen von Kindern" erfordert ein arbeitsteiliges Zusammenwirken der dafür zuständigen Behörden. Beide waren aufgerufen, "am selben Strang" zum Wohle des benachteiligten Kindes zu ziehen. Geht es um das Gesamtwohl des Kindes, dann sind die zuständigen Sozialleistungsträger auch gehalten, das Gesamtleistungsspektrum zu überblicken, um das gesetzliche Ziel des SGB insgesamt zu erreichen, wie es in § 2 Abs. 2 SGB I mit der Formulierung zum Ausdruck gekommen ist, es sei "sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden". Dies verbietet eine Beschränkung der jeweils handelnden Verwaltungsstelle, jedenfalls was die Nachteilsbeseitigung der besonders schutzbedürftigen behinderten Kinder betrifft, allein auf den eigenen unmittelbaren Leistungsbereich.
Die Uninformiertheit des Jugendamtes, auch wenn diese auf die Unterlassung des SLJA zurückzuführen ist, ändert nichts an der objektiven Pflichtverletzung, der Pflicht, aus gegebenen Anlass - der neuen Regelung im LBlindG - auf das Stellen eines entsprechenden Antrags hinzuwirken. Das spätere Verhalten der Pflegemutter zeigt die Kausalität des Unterlassens der Beratung. Im Übrigen aber wird der Beklagte durch die Zuerkennung des Anspruchs nicht entgegen der Rechtslage belastet. Er hat lediglich das zu leisten, was nach den materiellrechtlichen Voraussetzungen des LBlindG ohnehin zu zahlen gewesen wäre. Insbesondere ist hier eine Rückwirkung der Antragstellung auf den Januar 1996 im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Hier ist die Möglichkeit der "Naturalrestitution" gegeben. Der Kläger muss sich nicht auf einen eventuellen Amtshaftungsanspruch verweisen lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
II. Der Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Beginn der Zahlung des Nachteilsausgleichs für schwerstbehinderte Kinder nach dem Gesetz über die Gewährung eines Landesblindengeldes und anderer Nachteilsausgleiche vom 11.02.1992 (SächsGVBl. S.53) in der Fassung des Gesetzes vom 11.12.1995 (SächsGVBl. S.385) - LBlindG - streitig.
Der am ... geborene Kläger ist schwerbehindert. Mit Bescheid vom 02.12.1993 stellte der Beklagte ein Ausmaß der Behinderung von 100 Grad und das Vorliegen der Voraussetzungen der Merkzeichen G, H und B fest. Am 24.11.1995 beantragte der Kläger beim Beklagten die erneute Ausstellung eines Ausweisbeiblattes für die Freifahrtberechtigung mit Wertmarke ab Dezember 1995. In der für Schwerbehindertenangelegenheiten zuständigen Abteilung des Amtes für Familie und Soziales Dresden ging dieser Antrag am 27.11.1995 ein und wurde dort am 28.11.1995 bearbeitet. Der Versand des Beiblattes mit Wertmarke erfolgte am 30.11.1995. Ein Hinweis auf die zwischenzeitliche Änderung des LBlindG erfolgte nicht.
Am 26.11.1997 ging beim Beklagten der Antrag des Klägers auf Gewährung des Nachteilsausgleichs für schwerstbehinderte Kinder ein, dem der Beklagte mit Bescheid vom 11.12.1997 für die Zeit seit dem 01.11.1997 entsprach. Gegen diesen Zeitpunkt des Leistungsbeginns erhob der Kläger Widerspruch mit dem Hinweis auf fehlende Informationen über die Möglichkeit, einen solchen Nachteilsausgleich bereits eher zu erhalten. Ihn wies der Beklagte mit Bescheid vom 03.02.1998 zurück. Über die Novellierung des LBlindG zum 01.01.1996 sei in der Presse ausreichend informiert worden.
Hiergegen richtet sich die am 02.03.1998 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage, mit der die Zahlung des Nachteilsausgleichs bereits ab dem 01.01.1996 begehrt wird. Bei den Hilfeplänen bzw. Kontrollberichten für ihn durch das Ortsamt K ... in D ... (Jugend/soziale Dienste) am 15.1.1996 und 24.3.1997 sei er bisher in keiner Weise auf die Möglichkeit von sozialen Leistungen für schwerstbehinderte Kinder angesprochen worden. Da er ständige Verbindung zu diesem Amt habe, und bei Antrag auf Pflegschaft um Hilfe und Unterstützung gebeten habe, was ihm auch vom Jugendamt zugesichert worden sei, erwarte er, dass derart wichtige Informationen an die Betroffenen weitergeleitet würden. Der Beklagte hat dem entgegengehalten, das Jugendamt sei nicht für den Vollzug des LBlindG zuständig.
Mit Urteil vom 19. Oktober 1998 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 10.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.1998 geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger den Nachteilsausgleich für schwerstbehinderte Kinder nach dem Sächsischen Landesblindengeldgesetz auch für die Zeit vom 01.01.1996 bis zum 31.10.1997 zu zahlen. Zur Begründung hat das SG u.a. aufgeführt: Zwar habe der Kläger einen Antrag auf die begehrte Leistung erst im November 1997 gestellt. Die Anspruchsvoraussetzungen des am 01.01.1996 in Kraft getretenen § 1 Abs. 4 LBlindG habe der Kläger jedoch bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift erfüllt. Die fehlende frühere Antragstellung könne über das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs rückwirkend herbeigeführt werden. Der Beklagte habe nämlich die sich aus § 14 SGB I - der wegen § 6 Abs. 1 LBlindG entsprechend anzuwenden ist - ergebende Pflicht, dem Kläger Fürsorge und Betreuung zuteil werden zu lassen (Hinweis auf Bley, Sozialrecht, 6. Aufl. S.42) verletzt. Aus dieser Pflicht des Beklagten erwachse das Recht des Klägers, vom Beklagten Ratschläge und Auskünfte über seine sozialen Rechte zu erhalten, jedenfalls soweit der Rechtskreis der dem Beklagten obliegenden Aufgaben dem Kläger gegenüber reiche. Innerhalb dieses Aufgabenkreises des Amtes für Familie und Soziales hätten sowohl die Bearbeitung der Schwerbehindertenangelegenheit als auch die Bearbeitung von Angelegenheiten nach dem LBlindG gelegen. Der Beklagte könne sich gegenüber dem Kläger nicht darauf berufen, die eine Abteilung des Amtes für Familie und Soziales habe keine Kompetenz hinsichtlich der jeweils anderen Aufgabenstellung gehabt. Insoweit sei ihm der Grundsatz der Einheit der Verwaltung entgegenzuhalten. Einzuräumen sei zwar, dass in den Fällen, in denen kein ausdrücklicher Beratungs- bzw. Auskunftsbedarf des Bürgers der Verwaltung gegenüber geäußert werde, nicht ohne weiteres eine Pflicht zum Hinweis auf sozialrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bestehe. Im vorliegenden Fall habe jedoch die Pflicht des Beklagten - hier der für die Schwerbehindertenangelegenheiten zuständigen Sachbearbeitung - bestanden, den Kläger von sich aus "spontan" dahin zu beraten, dass er einen Antrag auf Nachteilsausgleich stellen könne. Bei der Bearbeitung des Antrages auf Ausstellung des Beiblatts zum Schwerbehindertenausweis und die Vergabe der Wertmarke zur Inanspruchnahme der Freifahrtberechtigung sei diese Antragstellung als offensichtlich zweckmäßige Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage getreten, so dass eine Spontanberatung angezeigt gewesen sei. Da das Landesamt für Familie und Soziales am 23.11.1995 über dem Gesetzesbeschluss informiert gewesen sei, hätte es die schnellstmögliche Weiterleitung dieser Information an die nachgeordneten Bereiche sicherstellen müssen; und es hätte im Zeitalter des Telefaxgerätes bereits am 24.11.1995 die entsprechende Information nebst entsprechenden Anweisungen zur Beratung von Bürgern, die von den neu ins Gesetz aufgenommenen Leistungsnormen erfasst worden seien, auf dem Tisch der Sachbearbeitungen liegen können. Dass dies möglicherweise nicht so gewesen ist, könne als Organisationsmangel in der Sphäre des Beklagten nicht zu Lasten des Klägers gehen. Auch könne sich der Beklagte durch Wahrnehmung der in § 13 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) normierten Pflicht zur allgemeinen Aufklärung der Bevölkerung über soziale Rechte - u.a. durch Presseveröffentlichungen - nicht der Pflicht zur Beratung im Einzelfall entziehen. Im vorliegenden Fall habe es klar zu Tage gelegen, dass der Kläger das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt und einen GdB von 100 aufgewiesen habe. Bei Aufruf der entsprechenden Maske auf dem Computerbildschirm hätte es nur eines Blicks nach links und nach oben - jeweils von der Stelle aus gesehen, an der die Merkzeichen stehen - bedurft, um dies zu erkennen. Einen solchen Blick zu tun, überfordere auch eine "Massenverwaltung" nicht und sei mithin geboten gewesen.
Gegen das ihm am 19.1.1999 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2.2.1999 Berufung eingelegt und hält dem insbesondere entgegen: Die Anforderungen des SG seien überspitzt und es werde das eigenverantwortliche Handeln des Bürgers negiert. Zunächst sei festzustellen, das Gericht meine, dass in der allgemeinen Aufklärungspflicht des § 13 SGB I auch eine Beratungspflicht enthalten sei. Dem könne nicht gefolgt werden. Eine Beratungspflicht könne sich, schon vom Wortlaut her, nur aus § 14 SGB I ergeben. § 14 SGB I normiere einen Anspruch auf Beratung, für dessen Erfüllung es, wie bei anderen Ansprüchen im Sozialrecht auch, zumindest einer Willensäußerung des Antragstellers auf Erbringung diese Beratungsleistung bedürfe. Dies sei eine "Holschuld". Das bewusste Verlangen des Klägers auf eine Beratung habe aber ohne Zweifel hier nicht vorgelegen. Allerdings könne sich eine Spontanberatung ergeben, wenn in einem laufenden Verfahren hierzu Gestaltungsmöglichkeiten klar zu Tage träten (Hinweis auf Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht Allgemeiner Teil S. 149). Dabei werde einhellig davon ausgegangen, dass sich die "ins Auge springende" Gestaltungsmöglichkeit in dem Verfahren zeigen müsse. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich daraus im vorliegenden Fall eine "persönliche Spontanaufklärung" entwickeln könne, denn es fehle an der Offensichtlichkeit. Das SG vertrete aber die Auffassung, dass eine Spontanberatung geboten gewesen sei. Dazu würden Computermasken beschrieben. Es sei aber so, dass der Antragsteller einen Vordruck, einen so genannten "Kurzantrag" einreiche. Auf diesem seien neben dem Namen und dem Geburtsdatum als relevante Daten nur noch das Datum des Gültigkeitsbeginns der Wertmarke enthalten. Nach Eingang des Antrages werde in die Startmaske die gewünschte Verarbeitungsart hier: Nr. 17 - eingetragen. In dieser Maske würden angezeigt: Name, Anschrift und die für die Vergabe des Beiblattes relevanten Daten. Darin komme weder das Geburtsdatum noch der GdB vor. Dieser Aufruf sei in diesem Bearbeitungsablauf nicht notwendig. Somit sei der Tatbestand der "klar zu Tage getretenen Gestaltungsmöglichkeit" nicht gegeben. Bei der Ausreichung der Wertmarke handle es sich um eine Routinebearbeitung, bei der aus zeitlichen und arbeitstechnischen Gründen nicht verlangt werden könne, dass über den konkreten Anlass hinaus mit diesem Vorgang nicht im Zusammenhang stehende Nachforschungen über etwaige Rechte des Antragstellers angestellt würden. Eine Forderung, dass die Verwaltung in diesem Einzelfall eine weitere Maske hätte aufblenden sollen oder "fix die Akte mal durchschauen" können, sei durch § 14 SGB I nicht gedeckt. Zu bedenken sei auch nicht allein die im Klageverfahren vorliegende Konstellation. Es würde den Bearbeitungsrahmen sprengen, wenn nach allen denkbaren Möglichkeiten gesucht werden müsste. Einen derartigen Aufwand habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen und werde auch in der Rechtsprechung des BSG nicht gefordert. Im Übrigen führe die Argumentation des Sozialgerichtes, dass das Amt für Familie und Soziales eine Verwaltungseinheit darstelle und damit alles, was in diesem Amt eingehe, sich auf alles beziehe, was das Amt zu vollziehen habe, dazu, z.B. einen nach dem Schwerbehindertenrecht gestellten Antrag auch als einen Antrag auf Familienhilfe zu betrachten, unabhängig von der Formulierung des Antrages und des Willens des Antragstellers. Selbst wenn man von einer Pflichtverletzung ausgehe, fehle der ursächliche Zusammenhang. Denn bereits vor Verkündung des Gesetzes im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 30/1995 vom 12.12.1995 seien Pressemitteilungen ergangen, in deren Folge die regionalen Tageszeitungen mehrfach über die Leistungen und die Anspruchsvoraussetzungen berichtet hätten (z. B. Sächsische Zeitung aus Dresden vom 26.01.96). Auch das Sächsische Landesamt habe sich wiederholt an die Presse gewandt und sei damit seiner Aufklärungspflicht nachgekommen. Dass dies die richtige Vorgehensweise gewesen sei, zeige sich daran, dass allein im Raum Dresden in diesem Zeitraum über 1.000 Betroffene den Aufrufen in den Tageszeitungen gefolgt seien und einen entsprechenden Antrag für ihre schwerstbehinderten Kinder gestellt hätten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Dresden vom 19. Oktober 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat dem Senat eine Kopie des Mitteilungsblattes des Sächsischen Landesjugendamtes (SLJA) 01/96 S. 33 über "Empfehlungen zu einmaligen Leistungen § 39 (3) SGB VIII der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII" übersandt (LSG-Akten Bl. 33).
Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten vor.
Entscheidungsgründe:
Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG der Klage stattgegeben, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch zu.
Die hier maßgebenden Normen hat das SG zutreffend genannt. Darauf wird Bezug genommen. Den Ausführungen des SG zur Sache dagegen kann sich der Senat nicht voll anschließen.
Die vom Beklagten erhobenen Einwände überzeugen den Senat insoweit, als sich aus dem Kurzantrag vom 17.11.1995 auf Ausstellung eines Ausweis-Beiblattes mit unentgeltlicher Wertmarke kein Anlass zur Spontanberatung in Hinblick auf mögliche Ansprüche nach dem LBlindG ableiten lässt. Der Senat akzeptiert den entsprechenden Vortrag der Beklagten, wonach sich die beratungserheblichen Daten erst bei einem zusätzlichen, für die Ausstellung der Wertmarke nicht erforderlichen Arbeitsgang erschließen.
Gleichwohl hat der Kläger nach § 1 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 LBlindG auch für die Zeit ab Januar 1996 bis Oktober 1997 Anspruch auf den Nachteilsausgleich für schwerstbehinderte Kinder. Denn die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind aus einem anderen Grunde erfüllt. Sie lassen sich allgemein und so auch im Falle des Klägers aus einer Verletzung einer Beratungspflicht herleiten, die allerdings nicht den Beklagten als Träger des (Landes-)Amt für Familie und Soziales trifft, jedoch in seiner Eigenschaft als Träger der überörtlichen Jugendhilfe. Dies ergibt sich aus folgendem:
Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist sowohl in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (im Folgenden: BSG; siehe Urt. v. 24. April 1980, BSGE 50, 88, 91 m.w.N.) als auch durch die Literatur (z.B. KassKomm-Seewald, vor §§ 38 bis 47 SGB I, Rn. 30 ff.) allgemein anerkannt und beruht auf der Erwägung, dass aus einem zwischen Bürger und Verwaltung bestehenden Sozialrechtsverhältnis bestimmte Nebenpflichten, insbesondere Fürsorgepflichten, für die Verwaltung erwachsen. Verletzt die Verwaltung eine ihr obliegende Nebenpflicht und ist diese Pflichtverletzung ursächlich für einen Schaden des Bürgers, steht letzterem ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu. Eines vorwerfbaren Verschuldens der für die Verwaltung handelnden Person(en) bedarf es dagegen nicht (BSG, Urt. v. 04. September 1979, BSGE 49, 30, 33). Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches vor, so besteht ein Anspruch des Bürgers auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn die Verwaltung die ihr aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (BSGE 50, 88, 91).
Ein Herstellungsanspruch kann sich dabei auch auf Fehler anderer Behörden stützen (BSGE 51, 89; BSG SozR 1200 § 14 Nr. 19), wenn diese es versäumt haben, den Betroffenen auf sich aufdrängende Nachteile in anderen Rechtsbereichen zumindest hinzuweisen (BSG, Urt. v. 25. August 1993 - 13 RJ 27/92 - BSGE 73, 56, 60; BSG SozR 1200 § 14 Nr. 29; zum arbeitsteiligen Zusammenwirken bei der Wahrnehmung der zugewiesenen Aufgaben im Sinne einer Funktionseinheit s. zuletzt BSG, Urt. v. 15.8.2000 - B 9 VG 1/99 R - SozR 3- 3100 § 60 Nr. 3 m.w.N.; Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht, 4. Aufl. 1999 S. 144).
Nach dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung vom 25.8.1993 zugrunde lag, hatte die dortige Klägerin Kontakt mit der Bundesanstalt für Arbeit durch ein Gespräch zwischen der Klägerin und einem Vermittler des AA W ..., in dem die Klägerin erklärte, dass sie wegen der Betreuung ihres erwerbsunfähigen Ehemannes künftig nur eine verminderte Arbeitszeit leisten könne. Einen Arbeitsplatz könne sie aber nicht aus eigener Kraft erreichen, da die nächste Busstation 1,5 Kilometer entfernt sei, sie diesen Weg weder zu Fuß noch mit dem Fahrrad zurücklegen könne und auch keine Fahrgelegenheit habe. Die Klägerin wurde alsdann ausweislich der Akten des AA Würzburg am 1. August 1984 durch den beratenden Arzt des AA untersucht und für fähig befunden, die Strecke zur Bushaltestelle zu Fuß und mit dem Fahrrad zurückzulegen. Im Rahmen dieser Begutachtung soll die Klägerin deutlich gemacht haben, dass sie erwäge, einen Antrag auf EU-Rente zu stellen. Dem folgte die Ablehnung des Antrags auf Arbeitslosenhilfe vom 5. Juli 1984 wegen fehlender Verfügbarkeit. Die Ablehnung bewirkte, dass die der Klägerin im Anschluss an ihre letzte Tätigkeit noch bis 19. Juli 1984 gewährten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht weitergewährt wurden. Nach Auffassung des BSG konnte bei dieser Situation ein Beratungsfehler des AA Würzburg vorliegen, wenn es die Klägerin nicht zumindest darauf hingewiesen hat, sich beim Rentenversicherungsträger über die Sicherung ihrer Ansprüche auf BU- bzw. EU-Rente beraten zu lassen.
Nach Auffassung des Senats befand sich der Kläger in einer vergleichbaren Situation, als dessen Pflegemutter im Laufe des Jahres 1996 wiederholt Kontakt mit dem Jugendamt D ... hatte, erstmals aus Anlass der Aufstellung des Hilfeplanes am 15.1.1996 gem. § 36 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII).
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Jugendamt D ... von sich aus dafür Sorge tragen muss, dass es Informationen über Änderungen des LBlindG erhält. Hier liegt jedenfalls ein doppelter Beratungsfehler vor. Das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales hätte über das Sächsische Landesjugendamt das Jugendamt D ... entsprechend beraten müssen. Das Jugendamt D ... hätte auf dieser Grundlage den Kläger am 15.01.1996 über die eingetretenen Rechtsänderungen informieren müssen.
Träger der örtlichen Familienhilfe freilich sind nach § 1 Abs. 1 Landesjugendhilfegesetz (LJHG) die Landkreise und kreisfreien Städte, welche die Jugendhilfe als Selbstverwaltungsaufgabe des eigenen Wirkungskreises durchführen. Anders dagegen verhält es sich mit dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe. Dieser ist gem. § 10 Abs. 1 LJHG der Freistaat Sachsen, also der Beklagte des anhängigen Verfahrens, der ein Landesjugendamt (SLJA) errichtet. Damit bildet eben dieser Freistaat die rechtliche Klammer, die seine Ämter SLJA und Sächsisches Landesamt für Familie und Soziales (SLAFS) schon zu einer organisatorischen Funktionseinheit verbindet. Darüber hinaus besteht zwischen diesen beiden Behörden auch eine sachliche Funktionseinheit. § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII weist dem überörtlichen Träger als Aufgabe "die Beratung der örtlichen Träger und die Entwicklung von Empfehlungen zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch" zu. In diesem Rahmen hat das SLJA im Mitteilungsblatt 01/96 Empfehlungen an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Sachsen gerichtet über ab 1.1.1996 zu gewährende einmalige Beihilfen oder Zuschüsse gem. § 39 Abs. 3 und § 33 SGB VIII. Bereits in Nr. 3 der Empfehlungen ("Zusätzliche Hinweise") jedoch überschreiten diese den unmittelbaren Rahmen des SGB VIII mit der Nennung von § 13 Abs. 4 SäKitaG. In Hinblick auf die übereinstimmende Funktion von Leistungen der Jugendhilfe und dem Nachteilsausgleich für schwerstbehinderte Kinder nach dem Landesblindengeldgesetz - u.a. dazu beizutragen, Benachteiligungen junger Menschen mit sozialrechtlichen Maßnahmen zu vermeiden oder abzubauen (vgl. dazu § 8 SGB I, § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII und §§ 1 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2, 6 Abs. 1 LBlindG) - wäre aber das SLJA gehalten gewesen, die örtlichen Träger auf die zuvor in Kraft getretene Regelung hinzuweisen. Dass sie dem Amt bekannt war, kann unterstellt werden. Ein solcher Hinweis war um so mehr erforderlich, als § 4 Abs. 2 LBlindG die Zahlung der Leistung frühestens mit dem Antragsmonat beginnen lässt, jede Verzögerung also mit einer Einbuße für das zu fördernde Kind verbunden ist. Da dieses Wissen im Amt vorhanden war - der Beklagte meint ja sogar, der Kläger bzw. dessen Pflegemutter hätten es auch wissen können -, wäre es ein Leichtes gewesen, einen entsprechenden Passus in die Empfehlungen aufzunehmen. Damit wären die örtlichen Träger in die Lage versetzt worden, dieses Wissen zeitnah an die Begünstigten weiterzugeben.
Dieselbe objektive Verpflichtung traf auch das Jugendamt. Gelegenheit dazu bestand bereits am 15.1.1996, dem Tag, an der der Hilfeplan (vgl. dazu § 36 SGB VIII) mit der Pflegemutter unter Anwesenheit eines Vertreters der Schulträgers erörtert wurde. Auch wenn es bei dem Plan zunächst um das Sozialverhalten des Kläger und seine Weiterentwicklung ging, durfte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen, auf die ab 1.1.1996 eingetretenen Leistungsverbesserungen nach dem LBlindG hinzuweisen. Denn dieser Behördentermin ist nicht mit der Stellung eines Kurzantrags auf Ausstellung eines Ausweis-Beiblattes vergleichbar. Er war wesentlich intensiver. Hier stand erkennbar die schulische und damit auch psychosoziale Entwicklung des Klägers im Mittelpunkt. Akzessorisch gehört dazu aber auch, auf naheliegende sozialrechtliche Absicherungsmöglichkeiten hinzuweisen. Denn finanzielle Erleichterungen bedeuten für den Schwerstbehinderten die Chance besserer Entfaltungsmöglichkeiten und damit auch einer besseren psychosoziale Entwicklung und Eingliederung in die Gesellschaft. Dies gilt umso mehr dann, wenn es sich um gerade neu eingeführte Leistungsverbesserungen handelt und ein informierter Amtswalter deswegen mit der guten Möglichkeit rechnen muss, dass der von ihm beratende Hilfebedürftige diese gesetzliche Neuregelung noch nicht kennt.
Wegen des übereinstimmenden Anknüpfungspunktes - Ausgleich von Benachteiligungen von behinderten Kindern und Jugendlichen - bestand hier auch eine sachliche Funktionseinheit zwischen an sich getrennten Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts (Bundesland / Gemeinde). Nach § 1 Abs. 1 LBlindG dient die an schwerstbehinderte Kinder zu erbringende Leistung dazu, die durch eben diese Behinderung entstandenen Nachteile, insbesondere die behinderungsbedingten Mehraufwendungen (wenigstens teilweise) auszugleichen. § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII bestimmt in teilweise nahezu wörtlicher Übereinstimmung, die Jugendhilfe solle dazu beitragen, Benachteiligungen junger Menschen zu vermeiden oder abzubauen. Das gemeinsame Ziel und der gemeinsame Aufgabenbereich "Abbau der Benachteiligungen von Kindern" erfordert ein arbeitsteiliges Zusammenwirken der dafür zuständigen Behörden. Beide waren aufgerufen, "am selben Strang" zum Wohle des benachteiligten Kindes zu ziehen. Geht es um das Gesamtwohl des Kindes, dann sind die zuständigen Sozialleistungsträger auch gehalten, das Gesamtleistungsspektrum zu überblicken, um das gesetzliche Ziel des SGB insgesamt zu erreichen, wie es in § 2 Abs. 2 SGB I mit der Formulierung zum Ausdruck gekommen ist, es sei "sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden". Dies verbietet eine Beschränkung der jeweils handelnden Verwaltungsstelle, jedenfalls was die Nachteilsbeseitigung der besonders schutzbedürftigen behinderten Kinder betrifft, allein auf den eigenen unmittelbaren Leistungsbereich.
Die Uninformiertheit des Jugendamtes, auch wenn diese auf die Unterlassung des SLJA zurückzuführen ist, ändert nichts an der objektiven Pflichtverletzung, der Pflicht, aus gegebenen Anlass - der neuen Regelung im LBlindG - auf das Stellen eines entsprechenden Antrags hinzuwirken. Das spätere Verhalten der Pflegemutter zeigt die Kausalität des Unterlassens der Beratung. Im Übrigen aber wird der Beklagte durch die Zuerkennung des Anspruchs nicht entgegen der Rechtslage belastet. Er hat lediglich das zu leisten, was nach den materiellrechtlichen Voraussetzungen des LBlindG ohnehin zu zahlen gewesen wäre. Insbesondere ist hier eine Rückwirkung der Antragstellung auf den Januar 1996 im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Hier ist die Möglichkeit der "Naturalrestitution" gegeben. Der Kläger muss sich nicht auf einen eventuellen Amtshaftungsanspruch verweisen lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
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