Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 9 P 58/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 (16) P 40/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 31. Oktober 2002 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob die beklagte Pflegekasse der Klägerin das Pflegegeld nach § 37 Sozialgesetzbuch -Elftes Buch (SGB XI) jeweils am ersten Tag des Monats für den laufenden Monat zur Verfügung stellen muss.
Die 1942 geborene Klägerin erhält von der Beklagten Pflegegeld nach Pflegestufe l in Höhe von 205 Euro monatlich. Das Pflegegeld wird von der Beklagten mit Wertstellung zum ersten Werktag des Monats, in dem das Pflegegeld geschuldet ist, auf ein bei der C ...bank geführtes Konto der Klägerin überwiesen. Diese Anweisungs- und Wertstellungspraxis wird von der Beklagten einheitlich für alle von ihr geschuldeten Pflegegeldzahlungen (ca. 17.000 Überweisungen) vorgenommen.
Die Klägerin hat am 03.04.2002 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg (Az. S 9 P 32/02) mit dem schriftsätzlich gefassten Antrag erhoben, die Beklagte zu verurteilen, an sie 200 Euro Pflegegeld (fällig am 01.04.2002) plus 15 % Zinsen ab dem 01.04.2002 bis zum Eingang des Pflegegeldes zu zahlen. Gleichermaßen hat sie mit weiteren Klagen am 01.05.2002 (Az. S 9 P 45/02), am 02.06.2002 (Az. S 9 P 58/02) und 02.10.2002 (Az. S 9 P 106/02) jeweils den Betrag von 205 Euro zuzüglich 15 % Zinsen vom ersten Tag des jeweiligen Monats bis zum Zahlungseingang geltend gemacht.
Das SG hat diese Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 9 P 58/02 verbunden.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass Pflegegeld in Höhe von 205 Euro dem Konto der Klägerin am 02.04.2002, 02.05.2002, 03.06.2002 und 01.10.2002 (dem jeweils ersten Werktag dieser Monate) wertgestellt worden sei. Hierauf hat die Klägerin entgegnet, sie habe am ersten Kalendertag eines jeden Monats Anspruch auf ihr Pflegegeld. Die Klage werde nicht zurückgenommen, bevor die Zinsforderungen nicht beglichen seien, damit die Beklagte lerne, das Pflegegeld so pünktlich zu überweisen, dass es ihr am Ersten des Monats zur Verfügung stehe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.10.2002 abgewiesen und in den Gründen festgestellt, das die Beklagte nicht verpflichtet sei, der Klägerin das Pflegegeld am ersten Kalendertag des Monats zur Verfügung zu stellen. Wenn das Pflegegeld auch am Anfang des Monats fällig werde, so bedeute dies nicht, dass es sich auch am Ersten eines jeden Monats auf dem Konto der Klägerin befinden müsse. Es erscheine völlig ausreichend, wenn die Wertstellung jeweils am ersten Arbeitstag des Monats erfolge.
Gegen das am 07.11.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.11.2002 "Beschwerde" eingelegt, die sie im Weiteren nicht näher begründet hat.
Die Klägerin ist ausweislich der Postzustellungsurkunde am 29.03.2003 zu dem Termin am 06.05.2003 mit dem Hinweis geladen worden, dass trotz ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen und hat sich auch nicht vertreten lassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 31. Oktober 2002 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sich die erhobenen Klagen in der Hauptsache erledigt haben, da das Pflegegeld in den streitigen Monaten an die Klägerin gezahlt worden sei. Eine Verzinsung komme nicht in Betracht, da ein Verzinsungsanspruch nach § 44 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB l) erst nach sechs Monaten nach Fälligkeit entstehen könne. Hier sei das Pflegegeld der Klägerin aber bereits einen bzw. zwei Tage nach Monatsanfang wertgestellt worden. Abgesehen davon sei die Höhe einer Verzinsung auf 4 % begrenzt. Im Übrigen finde sich im Gesetz keine besondere Regelung zur Fälligkeit oder zum Zahlungsmodus von Pflegegeld. Zwar spreche viel dafür, dass das Pflegegeld zum Monatsanfang fällig werde. Es könne jedoch ausgeschlossen werden, dass die Klägerin einen Anspruch darauf habe, dass das Pflegegeld bereits am Ersten eines Monats für den laufenden Monat auf dem Kontoauszug ersichtlich sein müsse. Vielmehr genüge eine Wertstellung am ersten Arbeitstag im Monat, wie dies die Beklagte für Tausende von Berechtigten einschließlich der Klägerin veranlasse.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Diese war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache in Abwesenheit der persönlich geladenen Klägerin entscheiden, ohne ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zu verletzen. Auf diese Möglichkeit ist sie in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung ausdrücklich hingewiesen worden. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens diente allein dem Zweck, der Klägerin die Rechtslage zu verdeutlichen.
Der Senat sieht die von der Klägerin mit "Beschwerde" bezeichnete Eingabe vom 08.11.2002 "gegen die Gerichtsbescheide des SG Duisburg vom 05.11.2002" als Berufung an, weil dies nach der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils das zulässige Rechtsmittel wäre. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Berufung überhaupt zulässig und die Rechtsmittelbelehrung damit falsch ist. Der Senat hätte die Berufung jedenfalls aufgrund der Beschwerde auch gem. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Die danach zulässig Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die von der Klägerin in den Monaten April, Mai, Juni und Oktober 2002 erhobenen und vom Sozialgericht verbundenen Leistungsklagen haben in der Hauptsache schon deshalb keinen Erfolg, weil die Beklagte das in diesen Monaten geschuldete Pflegegeld gezahlt und den Anspruch damit erfüllt hat. Das ist nicht mehr streitig und bedarf auch keiner weiteren Darlegung.
Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen. Die Verzinsung von Sozialleistungen richtet sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Vielmehr gelten ausschließlich die Vorschriften des § 44 SGB l. Hiernach sind Ansprüche auf Geldleistungen erst nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit zu verzinsen. In den vier streitigen Monaten hat die Beklagte der Klägerin das Pflegegeld jeweils spätestens am zweiten bzw. dritten Kalendertag mit gleichzeitiger Wertstellung angewiesen. Eine Pflicht zur Verzinsung des vermeintlich zu spät gezahlten Pflegegeldes besteht schon von daher nicht.
Soweit die Klägerin immer wieder eine Zahlungspflicht für den ersten Kalendertag eines Monats anspricht, bringt sie damit sinngemäß ein Feststellungsbegehren zum Ausdruck. Auch das Sozialgericht hat dies im Ergebnis so gesehen. Die insoweit gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr das Pflegegeld in jedem Monat bereits am ersten Kalendertag zur Verfügung steht. Vielmehr genügt die Beklagte ihrer gesetzlichen Pflicht zur Leistungserbringung, wenn sie - wie bisher - das Pflegegeld am ersten Werktag eines jeden Monats anweist.
Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB l sind die Leistungsträger der Sozialleistungen verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Leistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält. Besteht ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung, so muss der Sozialleistungsträger die Leistung spätestens dann bewirken, wenn der Anspruch auf diese Leistung fällig geworden ist.
Das SGB XI enthält keine ausdrückliche Regelung zur Fälligkeit des hier streitigen Anspruchs auf Pflegegeld. Aus § 37 Abs. 1 S. 3 SGB XI ergibt sich lediglich, dass das Pflegegeld "je Kalendermonat" zu zahlen ist. § 33 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB XI stellen hinsichtlich des Leistungsbeginns auf die Antragstellung bzw. im Einzelfall auf den Beginn des Monats der Antragstellung ab. Damit aber ist für den Fall der Bewilligung des Pflegegeldes als laufende Leistung der Zeitpunkt der Fälligkeit der monatlichen Zahlungen nicht geregelt (Kasseler Kommentar-Leitherer, § 37 SGB XI, Rdnr. 31; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung / Pflegeversicherung, Kommentar, § 37 SGB XI, Rdnr. 7). Anzuwenden sind daher die allgemeinen Regelungen in § 41 SGB l i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB l.
Gemäß § 41 SGB l werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig, soweit die besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs - wie hier das SGB XI - keine Regelung enthalten. Gemäß § 40 Abs. 1 SGB l entstehen Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Danach hängt die Fälligkeit des Pflegegeldes davon ab, wann die in § 37 SGB XI genannten Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Für die bis zum Inkrafttreten des Leistungsrechts des SGB XI geltende Vorschrift des § 57 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zur Gewährung von Pflegegeld bei Schwerpflegebedürftigkeit hat das Bundessozialgericht angenommen, dass der Anspruch jeweils am Anfang und nicht erst am Ende eines Kalendermonats fällig wird (BSG, Urteil vom 25.10.1994, 3/1 RK 51/93 = BSG SozR 3-2500 § 57 Nr. 4). Zur Begründung hat das BSG darauf verwiesen, dass Voraussetzung des Anspruchs auf Pflegegeld lediglich das Vorliegen von Schwerpflegebedürftigkeit und die Sicherstellung der Pflege sei. Nicht hingegen könne die tatsächliche Erbringung einer Pflegeleistung als zusätzliche Anspruchsvoraussetzung angenommen und daraus abgeleitet werden, dass das Pflegegeld erst nach Ablauf des Tages der Leistungserbringung bzw. am Ende des jeweiligen Monats fällig werde. Darüber hinaus seien monatlich bemessene laufende Geldleistungen im Sozialrecht durchweg am Monatsanfang fällig und Ausnahmen von diesem Grundsatz jeweils ausdrücklich geregelt.
Die Spitzenverbände der Pflegekassen haben insoweit zwar ihre Bedenken geäußert, schließlich aber in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung bzw. Klarstellung durch den Gesetzgeber empfohlen, das Pflegegeld monatlich im Voraus auszuzahlen (Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Pflegeversicherungsgesetzes vom 28.10.1996, zuletzt: Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften vom 10.10.2002, § 37 SGB XI Anm. 2.1). Die Ausführungen des BSG zu dem gemäß § 57 SGB V a.F. gewährten Pflegegeld treffen auf das gemäß § 37 SGB XI zu zahlende Pflegegeld gleichermaßen zu. Auch diese Leistungen werden daher am Monatsanfang fällig.
Aus der angeführten Rechtsprechung des BSG zur Fälligkeit des Pflegegeldes erschließt sich indes nicht, dass das Pflegegeld grundsätzlich auch genau am ersten Kalendertag des Monats zur Verfügung stehen muss. Fälligkeit bezeichnet im Sozialrecht wie im Zivilrecht (§ 271 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) den Zeitpunkt, ab dem der Berechtigte die Möglichkeit hat, die Leistung sofort beim Versicherungsträger -mit Erfolg - geltend zu machen (BSG, Urteil vom 13.10.1983, 11 RA 49/82 = BSG SozR 1200 § 44 Nr. 9) bzw. den Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Leistung spätestens bewirken muss (BSG, Urteil vom 22.02.1995, 4 RA 88/94). Die Frage wiederum, wann eine Leistung bewirkt ist, hängt von der Art der geschuldeten Leistung ab. Für die Rechtzeitigkeit der Leistung bei Geldschulden ist grundsätzlich entscheidend, wann der Schuldner das zur Übermittlung des Geldes Erforderliche getan hat (Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Auflage 2003, § 270 Rn 6 m.w.N,), also wann die Leistungshandlung erfolgt ist. Bei Zahlung durch Überweisung ist die Leistungshandlung rechtzeitig, wenn der Überweisungsauftrag vor Fristablauf (also hier bei Fälligkeit) bei dem übermittelnden Geldinstitut eingegangen und auf dem Konto Deckung vorhanden ist (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn 7 m.w.N.). Danach genügt die Beklagte ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin bereits dann, wenn sie das Pflegegeld am Ersten eines Kalendermonats anweist und zwar unabhängig davon, wann dieses Geld auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben wird. Hier erfolgt die Gutschrift sogar taggleich.
Von der Klägerin beanstandet wird allerdings nicht ein Auseinanderfallen zwischen dem Tag, an dem die Beklagte das Pflegegeld anweist und dem Tag, an dem ihr das Pflegegeld wertgestellt wird. Streitig sind vielmehr die Monate, in denen die Beklagte eine Anweisung am Ersten des Kalendermonats nicht vornimmt, weil es sich bei diesem Tag um einen Samstag, Sonntag oder Feiertag handelt. An diesen Tagen ist es der Beklagten faktisch nicht möglich, die Leistung zu bewirken. Mangels Geschäftsverkehrs könnte die Beklagte der Klägerin das Pflegegeld schon nicht unmittelbar im Wege der Barauszahlung aushändigen. Ebenso wird eine Leistungsbewirkung im bargeldlosen Verkehr durch die oben genannte Praxis der Geldinstitute, Wertstellungen lediglich an Werktagen vorzunehmen, verhindert. Die faktische Unmöglichkeit der Leistungsbewirkung an Samstagen, Sonn- und Feiertagen führt dazu, dass die Beklagte in diesen Fällen ihrer Leistungsverpflichtung genügt, wenn sie das Pflegegeld am erstmöglichen Termin nach Fälligkeit, also dem ersten Werktag im Monat, anweist.
Die Klägerin kann auch nicht verlangen, dass die Beklagte das Pflegegeld mit Wertstellung am letzten Werktag des Vormonats zur Verfügung stellt. Dies würde im Grundsatz bedeuten, dass die Beklagte entgegen den obigen Ausführungen bei Fälligkeit nicht lediglich die Leistungshandlung, sondern bereits den Leistungserfolg schulden würde und damit wegen der Wertstellungspraxis der Geldinstitute zu einer Zahlung bereits vor Fälligkeit gedrängt würde. Eine solche zeitlich vorverlagerte Zahlungsverpflichtung sieht weder das Gesetz vor, noch führt eine gesetzeskonforme Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Zahlung des Pflegegeldes nach dem SGB IX am ersten Kalendertag bewirkt sein muss. Die Gegenüberstellung mit anderen Leistungsgesetzen, die den Zahlungszeitpunkt ausdrücklich regeln, verdeutlicht vielmehr, dass eine Zahlung des Pflegegeldes am ersten Kalendertag nicht geboten ist. So sehen § 118 a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) und § 96 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) ausdrücklich vor, dass "laufende Geldleistungen mit Ausnahme von Übergangsgeld (SGB VI) bzw. Verletzten- und Übergangsgeld (SGB VII) zum letzten Bankarbeitstag des Monats ausgezahlt werden, der dem Monat vorausgeht, in dem sie fällig werden". Im Versorgungsrecht ist in § 66 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgelegt, dass die Versorgungsbezüge monatlich im Voraus gezahlt werden. Dies präzisiert Nr. 3 der zu § 66 BVG ergangenen Verwaltungsvorschrift dahingehend, dass die Versorgungsbezüge am letzten Arbeitstag des Monats, der dem Monat vorausgeht, für den sie bestimmt sind, ausgezahlt werden (Zahltag). Auch in § 3 Abs. 5 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) ist normiert, dass die Dienstbezüge im Voraus gezahlt werden. Diese Vorschriften rechtfertigen den Schluss, dass der Gesetzeswortlaut auch des SGB XI eine eindeutige Regelung enthielte, wenn beim Pflegegeld eine entsprechende Auszahlungsverpflichtung vor Fälligkeit beabsichtigt wäre.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des SGB XI lediglich versehentlich unterlassen hat, eine Zahlungsverpflichtung der Pflegekasse in dem von der Klägerin gewünschten Sinn zu normieren. Wäre dies der Fall, so hätte in den acht Jahren seit Inkrafttreten des SGB XI am 01.04.1995 ausreichend Zeit und Gelegenheit bestanden, gesetzgeberische Klarheit durch eine entsprechende Nachbesserung des § 37 SGB XI zu schaffen. Hier sei insbesondere auf das Gesetz zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege vom 09.09.2001 (Pflege-Qualitätssicherungsgesetz), ergänzt durch das Gesetz zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf vom 14.12.2001 (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz) hingewiesen. Mit dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz wurde durch die Neuschaffung des § 87 a SGB XI (dort Abs. 3) ausdrücklich eine Regelung über die Fälligkeit des von den Pflegekassen unmittelbar an das Pflegeheim zu entrichtenden Heimentgelts normiert, somit nachträglich eine Sonderregelung gegenüber den allgemeinen Vorschriften der §§ 40, 41 SGB l geschaffen. Gerade hier hätte es sich - bei entsprechendem gesetzgeberischen Wunsch - angeboten, neben einer Fälligkeitsregelung im Verhältnis Pflegeheim - Pflegekasse auch eine Regelung zur Zahlungsverpflichtung der Pflegekasse im Verhältnis zu den Pflegebedürftigen mit Anspruch auf Pflegegeld zu treffen.
Ebenfalls hätte sich eine Regelung der Zahlungsverpflichtung bezüglich des Pflegegeldes im Gesetz zur Sicherstellung der Rentenauszahlung im Vormonat (Rentenauszahlungsgesetz) vom 27.06.2000 sachdienlich anschließen lassen. Mit diesem Gesetz wurde die genannte Zahlungsverpflichtung der Renten- und Unfallversicherungsträger vor Fälligkeit in die § 118 Abs. 1 SGB VI und § 96 Abs. 1 SGB VII ausdrücklich aufgenommen. Wäre es gesetzgeberisch gewünscht gewesen, hätte mit diesem Gesetz auch die Zahlungsverpflichtung der Pflegegeldkassen entgegen der bekannten Anweisungspraxis festgeschrieben werden können. Im Umkehr-schluss folgt aus der auf das Renten- und Unfallversicherungsrecht beschränkten Regelung des frühen Zahlungszeitpunktes, dass eine entsprechende Regelung im Pflegeversicherungsrecht nicht getroffen werden sollte.
Schließlich lässt auch ein Vergleich der unterschiedlichen Ausprägung von Sinn und Zweck der jeweiligen Leistungen - Renten bzw. Versorgungsbezüge einerseits und Pflegegeld andererseits - ein anderes Ergebnis in dem von der Klägerin gewünschten Sinn nicht zu. Die Renten aus der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung, die Beschädigtenrenten nach dem BVG und die Versorgungsbezüge nach dem BBesG dienen der Deckung des laufenden Lebensunterhalts. Aus diesem Grund sehen die maßgeblichen Vorschriften eine Vorauszahlung und damit einen Leistungserfolg bereits bei Fälligkeit vor. Diese Vorauszahlungspflicht hat die Rechtsprechung - im Rentenrecht bereits vor der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung in § 118 Abs. 1 SGB VI - dahingehend ausgelegt, dass die Leistung zugunsten des Versicherten so rechtzeitig bewirkt sein muss, dass der Rentenbetrag schon mit Beginn des nächsten Monats zur Verfügung stehe. Grund hierfür sei, dass dieser Betrag für die Lebensführung im nächsten Monat benötigt werde (BSG, Urteil vom 23.06.1994, 4 RA 70/93 = BSG SozR 3-2600 § 300 SGB VI Nr. 3; Urteil vom 22.02.1995, 4 RA 88/94). Entsprechend haben auch die Versicherungsträger bereits vor der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung in der Praxis über Jahre hinweg die Rentenzahlungen am letzten Werktag des Vormonats geleistet. Als diese Praxis durch die Fortschritte im Zahlungsverkehr und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur taggleichen Gutschrift von Überweisungen (BGH, Urteil vom 06.05.1997, XI ZR 208/96 = NJW 1997, 2042 f.; Urteil vom 17.06.1997, XI ZR 239/96 = NJW 1997, 3168 f.) teilweise von den Banken aufgegeben wurde, hat sich der Gesetzgeber mit dem Rentenauszahlungsgesetz vom 27.06.2000 durch die Neufassung der § 118 Abs. 1 SGB VI und § 96 Abs. 1 SGB VII klar für eine Vorauszahlung bei den für die Lebensführung benötigten Renten ausgesprochen. In den Gesetzesmaterialien wird als Grund für die Neuformulierung deutlich genannt, dass das Vertrauen der Rentner in die Wertstellung der Rentenzahlungen bereits vor dem regulären Fälligkeitstermin geschützt werden solle, (BR-Drucksache 125/00, BT-Drucksache 14/3159, 14/3330).
Im Gegensatz zu den Renten und Versorgungsbezügen dient das Pflegegeld nicht der Deckung des laufenden Lebensunterhalts. Es ist sogar bewusst so bemessen worden/ dass es im Regelfall nicht einmal sämtliche für die Pflege anfallenden Kosten abdeckt. Das Pflegegeld ist auch nicht in erster Linie für den "Einkauf" fremder professioneller Hilfe gedacht. Diesem Zweck dient vorrangig die Gestellung von Pflegekräften. Mit der Gewährung von Pflegegeld will der Gesetzgeber indirekt vor allem die Motivation der Familienangehörigen, Freunde oder Bekannten des Pflegebedürftigen stärken, um eine sonst drohende vermehrte Inanspruchnahme von stationärer Pflege zu vermeiden. Wegen seiner relativ geringen Höhe stellt das Pflegegeld aber nur eine Anerkennung oder einen Anreiz, nicht aber eine echte Gegenleistung für Pflegedienste dar (BSG, Urteil vom 25.10.1994, 3/1 RK 51/93 = BSG SozR 3-2500 § 57 Nr. 4). Sinn und Zweck des Pflegegeldes ergeben von daher auch keine Notwendigkeit dergestalt, dass das Pflegegeld dem Pflegebedürftigen immer bereits am ersten Kalendertag statt am ersten Werktag des Monats zur Verfügung stehen muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG als gegeben angesehen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob die beklagte Pflegekasse der Klägerin das Pflegegeld nach § 37 Sozialgesetzbuch -Elftes Buch (SGB XI) jeweils am ersten Tag des Monats für den laufenden Monat zur Verfügung stellen muss.
Die 1942 geborene Klägerin erhält von der Beklagten Pflegegeld nach Pflegestufe l in Höhe von 205 Euro monatlich. Das Pflegegeld wird von der Beklagten mit Wertstellung zum ersten Werktag des Monats, in dem das Pflegegeld geschuldet ist, auf ein bei der C ...bank geführtes Konto der Klägerin überwiesen. Diese Anweisungs- und Wertstellungspraxis wird von der Beklagten einheitlich für alle von ihr geschuldeten Pflegegeldzahlungen (ca. 17.000 Überweisungen) vorgenommen.
Die Klägerin hat am 03.04.2002 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg (Az. S 9 P 32/02) mit dem schriftsätzlich gefassten Antrag erhoben, die Beklagte zu verurteilen, an sie 200 Euro Pflegegeld (fällig am 01.04.2002) plus 15 % Zinsen ab dem 01.04.2002 bis zum Eingang des Pflegegeldes zu zahlen. Gleichermaßen hat sie mit weiteren Klagen am 01.05.2002 (Az. S 9 P 45/02), am 02.06.2002 (Az. S 9 P 58/02) und 02.10.2002 (Az. S 9 P 106/02) jeweils den Betrag von 205 Euro zuzüglich 15 % Zinsen vom ersten Tag des jeweiligen Monats bis zum Zahlungseingang geltend gemacht.
Das SG hat diese Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 9 P 58/02 verbunden.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass Pflegegeld in Höhe von 205 Euro dem Konto der Klägerin am 02.04.2002, 02.05.2002, 03.06.2002 und 01.10.2002 (dem jeweils ersten Werktag dieser Monate) wertgestellt worden sei. Hierauf hat die Klägerin entgegnet, sie habe am ersten Kalendertag eines jeden Monats Anspruch auf ihr Pflegegeld. Die Klage werde nicht zurückgenommen, bevor die Zinsforderungen nicht beglichen seien, damit die Beklagte lerne, das Pflegegeld so pünktlich zu überweisen, dass es ihr am Ersten des Monats zur Verfügung stehe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.10.2002 abgewiesen und in den Gründen festgestellt, das die Beklagte nicht verpflichtet sei, der Klägerin das Pflegegeld am ersten Kalendertag des Monats zur Verfügung zu stellen. Wenn das Pflegegeld auch am Anfang des Monats fällig werde, so bedeute dies nicht, dass es sich auch am Ersten eines jeden Monats auf dem Konto der Klägerin befinden müsse. Es erscheine völlig ausreichend, wenn die Wertstellung jeweils am ersten Arbeitstag des Monats erfolge.
Gegen das am 07.11.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.11.2002 "Beschwerde" eingelegt, die sie im Weiteren nicht näher begründet hat.
Die Klägerin ist ausweislich der Postzustellungsurkunde am 29.03.2003 zu dem Termin am 06.05.2003 mit dem Hinweis geladen worden, dass trotz ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen und hat sich auch nicht vertreten lassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 31. Oktober 2002 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sich die erhobenen Klagen in der Hauptsache erledigt haben, da das Pflegegeld in den streitigen Monaten an die Klägerin gezahlt worden sei. Eine Verzinsung komme nicht in Betracht, da ein Verzinsungsanspruch nach § 44 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB l) erst nach sechs Monaten nach Fälligkeit entstehen könne. Hier sei das Pflegegeld der Klägerin aber bereits einen bzw. zwei Tage nach Monatsanfang wertgestellt worden. Abgesehen davon sei die Höhe einer Verzinsung auf 4 % begrenzt. Im Übrigen finde sich im Gesetz keine besondere Regelung zur Fälligkeit oder zum Zahlungsmodus von Pflegegeld. Zwar spreche viel dafür, dass das Pflegegeld zum Monatsanfang fällig werde. Es könne jedoch ausgeschlossen werden, dass die Klägerin einen Anspruch darauf habe, dass das Pflegegeld bereits am Ersten eines Monats für den laufenden Monat auf dem Kontoauszug ersichtlich sein müsse. Vielmehr genüge eine Wertstellung am ersten Arbeitstag im Monat, wie dies die Beklagte für Tausende von Berechtigten einschließlich der Klägerin veranlasse.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Diese war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache in Abwesenheit der persönlich geladenen Klägerin entscheiden, ohne ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zu verletzen. Auf diese Möglichkeit ist sie in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung ausdrücklich hingewiesen worden. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens diente allein dem Zweck, der Klägerin die Rechtslage zu verdeutlichen.
Der Senat sieht die von der Klägerin mit "Beschwerde" bezeichnete Eingabe vom 08.11.2002 "gegen die Gerichtsbescheide des SG Duisburg vom 05.11.2002" als Berufung an, weil dies nach der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils das zulässige Rechtsmittel wäre. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Berufung überhaupt zulässig und die Rechtsmittelbelehrung damit falsch ist. Der Senat hätte die Berufung jedenfalls aufgrund der Beschwerde auch gem. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Die danach zulässig Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die von der Klägerin in den Monaten April, Mai, Juni und Oktober 2002 erhobenen und vom Sozialgericht verbundenen Leistungsklagen haben in der Hauptsache schon deshalb keinen Erfolg, weil die Beklagte das in diesen Monaten geschuldete Pflegegeld gezahlt und den Anspruch damit erfüllt hat. Das ist nicht mehr streitig und bedarf auch keiner weiteren Darlegung.
Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen. Die Verzinsung von Sozialleistungen richtet sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Vielmehr gelten ausschließlich die Vorschriften des § 44 SGB l. Hiernach sind Ansprüche auf Geldleistungen erst nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit zu verzinsen. In den vier streitigen Monaten hat die Beklagte der Klägerin das Pflegegeld jeweils spätestens am zweiten bzw. dritten Kalendertag mit gleichzeitiger Wertstellung angewiesen. Eine Pflicht zur Verzinsung des vermeintlich zu spät gezahlten Pflegegeldes besteht schon von daher nicht.
Soweit die Klägerin immer wieder eine Zahlungspflicht für den ersten Kalendertag eines Monats anspricht, bringt sie damit sinngemäß ein Feststellungsbegehren zum Ausdruck. Auch das Sozialgericht hat dies im Ergebnis so gesehen. Die insoweit gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr das Pflegegeld in jedem Monat bereits am ersten Kalendertag zur Verfügung steht. Vielmehr genügt die Beklagte ihrer gesetzlichen Pflicht zur Leistungserbringung, wenn sie - wie bisher - das Pflegegeld am ersten Werktag eines jeden Monats anweist.
Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB l sind die Leistungsträger der Sozialleistungen verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Leistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält. Besteht ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung, so muss der Sozialleistungsträger die Leistung spätestens dann bewirken, wenn der Anspruch auf diese Leistung fällig geworden ist.
Das SGB XI enthält keine ausdrückliche Regelung zur Fälligkeit des hier streitigen Anspruchs auf Pflegegeld. Aus § 37 Abs. 1 S. 3 SGB XI ergibt sich lediglich, dass das Pflegegeld "je Kalendermonat" zu zahlen ist. § 33 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB XI stellen hinsichtlich des Leistungsbeginns auf die Antragstellung bzw. im Einzelfall auf den Beginn des Monats der Antragstellung ab. Damit aber ist für den Fall der Bewilligung des Pflegegeldes als laufende Leistung der Zeitpunkt der Fälligkeit der monatlichen Zahlungen nicht geregelt (Kasseler Kommentar-Leitherer, § 37 SGB XI, Rdnr. 31; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung / Pflegeversicherung, Kommentar, § 37 SGB XI, Rdnr. 7). Anzuwenden sind daher die allgemeinen Regelungen in § 41 SGB l i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB l.
Gemäß § 41 SGB l werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig, soweit die besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs - wie hier das SGB XI - keine Regelung enthalten. Gemäß § 40 Abs. 1 SGB l entstehen Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Danach hängt die Fälligkeit des Pflegegeldes davon ab, wann die in § 37 SGB XI genannten Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Für die bis zum Inkrafttreten des Leistungsrechts des SGB XI geltende Vorschrift des § 57 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zur Gewährung von Pflegegeld bei Schwerpflegebedürftigkeit hat das Bundessozialgericht angenommen, dass der Anspruch jeweils am Anfang und nicht erst am Ende eines Kalendermonats fällig wird (BSG, Urteil vom 25.10.1994, 3/1 RK 51/93 = BSG SozR 3-2500 § 57 Nr. 4). Zur Begründung hat das BSG darauf verwiesen, dass Voraussetzung des Anspruchs auf Pflegegeld lediglich das Vorliegen von Schwerpflegebedürftigkeit und die Sicherstellung der Pflege sei. Nicht hingegen könne die tatsächliche Erbringung einer Pflegeleistung als zusätzliche Anspruchsvoraussetzung angenommen und daraus abgeleitet werden, dass das Pflegegeld erst nach Ablauf des Tages der Leistungserbringung bzw. am Ende des jeweiligen Monats fällig werde. Darüber hinaus seien monatlich bemessene laufende Geldleistungen im Sozialrecht durchweg am Monatsanfang fällig und Ausnahmen von diesem Grundsatz jeweils ausdrücklich geregelt.
Die Spitzenverbände der Pflegekassen haben insoweit zwar ihre Bedenken geäußert, schließlich aber in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung bzw. Klarstellung durch den Gesetzgeber empfohlen, das Pflegegeld monatlich im Voraus auszuzahlen (Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Pflegeversicherungsgesetzes vom 28.10.1996, zuletzt: Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften vom 10.10.2002, § 37 SGB XI Anm. 2.1). Die Ausführungen des BSG zu dem gemäß § 57 SGB V a.F. gewährten Pflegegeld treffen auf das gemäß § 37 SGB XI zu zahlende Pflegegeld gleichermaßen zu. Auch diese Leistungen werden daher am Monatsanfang fällig.
Aus der angeführten Rechtsprechung des BSG zur Fälligkeit des Pflegegeldes erschließt sich indes nicht, dass das Pflegegeld grundsätzlich auch genau am ersten Kalendertag des Monats zur Verfügung stehen muss. Fälligkeit bezeichnet im Sozialrecht wie im Zivilrecht (§ 271 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) den Zeitpunkt, ab dem der Berechtigte die Möglichkeit hat, die Leistung sofort beim Versicherungsträger -mit Erfolg - geltend zu machen (BSG, Urteil vom 13.10.1983, 11 RA 49/82 = BSG SozR 1200 § 44 Nr. 9) bzw. den Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Leistung spätestens bewirken muss (BSG, Urteil vom 22.02.1995, 4 RA 88/94). Die Frage wiederum, wann eine Leistung bewirkt ist, hängt von der Art der geschuldeten Leistung ab. Für die Rechtzeitigkeit der Leistung bei Geldschulden ist grundsätzlich entscheidend, wann der Schuldner das zur Übermittlung des Geldes Erforderliche getan hat (Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Auflage 2003, § 270 Rn 6 m.w.N,), also wann die Leistungshandlung erfolgt ist. Bei Zahlung durch Überweisung ist die Leistungshandlung rechtzeitig, wenn der Überweisungsauftrag vor Fristablauf (also hier bei Fälligkeit) bei dem übermittelnden Geldinstitut eingegangen und auf dem Konto Deckung vorhanden ist (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn 7 m.w.N.). Danach genügt die Beklagte ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin bereits dann, wenn sie das Pflegegeld am Ersten eines Kalendermonats anweist und zwar unabhängig davon, wann dieses Geld auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben wird. Hier erfolgt die Gutschrift sogar taggleich.
Von der Klägerin beanstandet wird allerdings nicht ein Auseinanderfallen zwischen dem Tag, an dem die Beklagte das Pflegegeld anweist und dem Tag, an dem ihr das Pflegegeld wertgestellt wird. Streitig sind vielmehr die Monate, in denen die Beklagte eine Anweisung am Ersten des Kalendermonats nicht vornimmt, weil es sich bei diesem Tag um einen Samstag, Sonntag oder Feiertag handelt. An diesen Tagen ist es der Beklagten faktisch nicht möglich, die Leistung zu bewirken. Mangels Geschäftsverkehrs könnte die Beklagte der Klägerin das Pflegegeld schon nicht unmittelbar im Wege der Barauszahlung aushändigen. Ebenso wird eine Leistungsbewirkung im bargeldlosen Verkehr durch die oben genannte Praxis der Geldinstitute, Wertstellungen lediglich an Werktagen vorzunehmen, verhindert. Die faktische Unmöglichkeit der Leistungsbewirkung an Samstagen, Sonn- und Feiertagen führt dazu, dass die Beklagte in diesen Fällen ihrer Leistungsverpflichtung genügt, wenn sie das Pflegegeld am erstmöglichen Termin nach Fälligkeit, also dem ersten Werktag im Monat, anweist.
Die Klägerin kann auch nicht verlangen, dass die Beklagte das Pflegegeld mit Wertstellung am letzten Werktag des Vormonats zur Verfügung stellt. Dies würde im Grundsatz bedeuten, dass die Beklagte entgegen den obigen Ausführungen bei Fälligkeit nicht lediglich die Leistungshandlung, sondern bereits den Leistungserfolg schulden würde und damit wegen der Wertstellungspraxis der Geldinstitute zu einer Zahlung bereits vor Fälligkeit gedrängt würde. Eine solche zeitlich vorverlagerte Zahlungsverpflichtung sieht weder das Gesetz vor, noch führt eine gesetzeskonforme Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Zahlung des Pflegegeldes nach dem SGB IX am ersten Kalendertag bewirkt sein muss. Die Gegenüberstellung mit anderen Leistungsgesetzen, die den Zahlungszeitpunkt ausdrücklich regeln, verdeutlicht vielmehr, dass eine Zahlung des Pflegegeldes am ersten Kalendertag nicht geboten ist. So sehen § 118 a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) und § 96 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) ausdrücklich vor, dass "laufende Geldleistungen mit Ausnahme von Übergangsgeld (SGB VI) bzw. Verletzten- und Übergangsgeld (SGB VII) zum letzten Bankarbeitstag des Monats ausgezahlt werden, der dem Monat vorausgeht, in dem sie fällig werden". Im Versorgungsrecht ist in § 66 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgelegt, dass die Versorgungsbezüge monatlich im Voraus gezahlt werden. Dies präzisiert Nr. 3 der zu § 66 BVG ergangenen Verwaltungsvorschrift dahingehend, dass die Versorgungsbezüge am letzten Arbeitstag des Monats, der dem Monat vorausgeht, für den sie bestimmt sind, ausgezahlt werden (Zahltag). Auch in § 3 Abs. 5 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) ist normiert, dass die Dienstbezüge im Voraus gezahlt werden. Diese Vorschriften rechtfertigen den Schluss, dass der Gesetzeswortlaut auch des SGB XI eine eindeutige Regelung enthielte, wenn beim Pflegegeld eine entsprechende Auszahlungsverpflichtung vor Fälligkeit beabsichtigt wäre.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des SGB XI lediglich versehentlich unterlassen hat, eine Zahlungsverpflichtung der Pflegekasse in dem von der Klägerin gewünschten Sinn zu normieren. Wäre dies der Fall, so hätte in den acht Jahren seit Inkrafttreten des SGB XI am 01.04.1995 ausreichend Zeit und Gelegenheit bestanden, gesetzgeberische Klarheit durch eine entsprechende Nachbesserung des § 37 SGB XI zu schaffen. Hier sei insbesondere auf das Gesetz zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege vom 09.09.2001 (Pflege-Qualitätssicherungsgesetz), ergänzt durch das Gesetz zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf vom 14.12.2001 (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz) hingewiesen. Mit dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz wurde durch die Neuschaffung des § 87 a SGB XI (dort Abs. 3) ausdrücklich eine Regelung über die Fälligkeit des von den Pflegekassen unmittelbar an das Pflegeheim zu entrichtenden Heimentgelts normiert, somit nachträglich eine Sonderregelung gegenüber den allgemeinen Vorschriften der §§ 40, 41 SGB l geschaffen. Gerade hier hätte es sich - bei entsprechendem gesetzgeberischen Wunsch - angeboten, neben einer Fälligkeitsregelung im Verhältnis Pflegeheim - Pflegekasse auch eine Regelung zur Zahlungsverpflichtung der Pflegekasse im Verhältnis zu den Pflegebedürftigen mit Anspruch auf Pflegegeld zu treffen.
Ebenfalls hätte sich eine Regelung der Zahlungsverpflichtung bezüglich des Pflegegeldes im Gesetz zur Sicherstellung der Rentenauszahlung im Vormonat (Rentenauszahlungsgesetz) vom 27.06.2000 sachdienlich anschließen lassen. Mit diesem Gesetz wurde die genannte Zahlungsverpflichtung der Renten- und Unfallversicherungsträger vor Fälligkeit in die § 118 Abs. 1 SGB VI und § 96 Abs. 1 SGB VII ausdrücklich aufgenommen. Wäre es gesetzgeberisch gewünscht gewesen, hätte mit diesem Gesetz auch die Zahlungsverpflichtung der Pflegegeldkassen entgegen der bekannten Anweisungspraxis festgeschrieben werden können. Im Umkehr-schluss folgt aus der auf das Renten- und Unfallversicherungsrecht beschränkten Regelung des frühen Zahlungszeitpunktes, dass eine entsprechende Regelung im Pflegeversicherungsrecht nicht getroffen werden sollte.
Schließlich lässt auch ein Vergleich der unterschiedlichen Ausprägung von Sinn und Zweck der jeweiligen Leistungen - Renten bzw. Versorgungsbezüge einerseits und Pflegegeld andererseits - ein anderes Ergebnis in dem von der Klägerin gewünschten Sinn nicht zu. Die Renten aus der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung, die Beschädigtenrenten nach dem BVG und die Versorgungsbezüge nach dem BBesG dienen der Deckung des laufenden Lebensunterhalts. Aus diesem Grund sehen die maßgeblichen Vorschriften eine Vorauszahlung und damit einen Leistungserfolg bereits bei Fälligkeit vor. Diese Vorauszahlungspflicht hat die Rechtsprechung - im Rentenrecht bereits vor der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung in § 118 Abs. 1 SGB VI - dahingehend ausgelegt, dass die Leistung zugunsten des Versicherten so rechtzeitig bewirkt sein muss, dass der Rentenbetrag schon mit Beginn des nächsten Monats zur Verfügung stehe. Grund hierfür sei, dass dieser Betrag für die Lebensführung im nächsten Monat benötigt werde (BSG, Urteil vom 23.06.1994, 4 RA 70/93 = BSG SozR 3-2600 § 300 SGB VI Nr. 3; Urteil vom 22.02.1995, 4 RA 88/94). Entsprechend haben auch die Versicherungsträger bereits vor der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung in der Praxis über Jahre hinweg die Rentenzahlungen am letzten Werktag des Vormonats geleistet. Als diese Praxis durch die Fortschritte im Zahlungsverkehr und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur taggleichen Gutschrift von Überweisungen (BGH, Urteil vom 06.05.1997, XI ZR 208/96 = NJW 1997, 2042 f.; Urteil vom 17.06.1997, XI ZR 239/96 = NJW 1997, 3168 f.) teilweise von den Banken aufgegeben wurde, hat sich der Gesetzgeber mit dem Rentenauszahlungsgesetz vom 27.06.2000 durch die Neufassung der § 118 Abs. 1 SGB VI und § 96 Abs. 1 SGB VII klar für eine Vorauszahlung bei den für die Lebensführung benötigten Renten ausgesprochen. In den Gesetzesmaterialien wird als Grund für die Neuformulierung deutlich genannt, dass das Vertrauen der Rentner in die Wertstellung der Rentenzahlungen bereits vor dem regulären Fälligkeitstermin geschützt werden solle, (BR-Drucksache 125/00, BT-Drucksache 14/3159, 14/3330).
Im Gegensatz zu den Renten und Versorgungsbezügen dient das Pflegegeld nicht der Deckung des laufenden Lebensunterhalts. Es ist sogar bewusst so bemessen worden/ dass es im Regelfall nicht einmal sämtliche für die Pflege anfallenden Kosten abdeckt. Das Pflegegeld ist auch nicht in erster Linie für den "Einkauf" fremder professioneller Hilfe gedacht. Diesem Zweck dient vorrangig die Gestellung von Pflegekräften. Mit der Gewährung von Pflegegeld will der Gesetzgeber indirekt vor allem die Motivation der Familienangehörigen, Freunde oder Bekannten des Pflegebedürftigen stärken, um eine sonst drohende vermehrte Inanspruchnahme von stationärer Pflege zu vermeiden. Wegen seiner relativ geringen Höhe stellt das Pflegegeld aber nur eine Anerkennung oder einen Anreiz, nicht aber eine echte Gegenleistung für Pflegedienste dar (BSG, Urteil vom 25.10.1994, 3/1 RK 51/93 = BSG SozR 3-2500 § 57 Nr. 4). Sinn und Zweck des Pflegegeldes ergeben von daher auch keine Notwendigkeit dergestalt, dass das Pflegegeld dem Pflegebedürftigen immer bereits am ersten Kalendertag statt am ersten Werktag des Monats zur Verfügung stehen muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG als gegeben angesehen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved