L 5 B 37/00 RJ-PKH

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 14 RJ 362/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 B 37/00 RJ-PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 19. Januar 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 1999 wies die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 02. Juni 1999 zur Post gegeben. Die hiergegen erhobene Klage ging am 12. Juli 1999 beim Sozialgericht Leipzig ein. Die Klägerin trägt vor, den Widerspruchsbescheid am 14. Juni 1999 erhalten zu haben. Mit Beschluss vom 29. Februar 2000 wies das Sozialgericht Leipzig den Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe zurück, da die Klage verspätet erhoben worden sei. Nach Mitteilung der Deutschen Post vom 23. Februar 2000 kam es im betreffenden Zeitraum im zuständigen Zustellstützpunkt zu keinerlei Unregelmäßigkeiten.

Mit Beschluss vom 29. Februar 2000 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, da die Klage verspätet erhoben worden sei. Hiergegen hat die Klägerin am 28. März 2000 Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Leipzig der Klägerin - beim derzeitigen Stand der Sach- und Rechtslage - keine Prozesskostenhilfe bewilligt.

Einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten zur Prozessführung nicht aufbringen kann, ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und die Klage nicht mutwillig erscheint, § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Vorliegend dürfte die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben, da die Klage wohl unzulässig ist. Die Klageerhebung erfolgte nach dem derzeitigen Stand der Sach- und Rechtslage nicht fristgemäß; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gewährt.

Die Klage ist binnen eines Monats nach Zustellung, oder, wenn nicht zugestellt wird, nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben, § 87 Abs. 1 SGG. Die Behörde konnte den Widerspruchsbescheid durch einfachen Brief übersenden, da die Zustellung gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, § 85 Abs. 3 SGG. Ein Bescheid gilt bei Zusendung durch einfachen Brief mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn das Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zuganges nachzuweisen, § 37 II SGB X.

Die Beklagte führt den ihr obliegenden Beweis der Zustellung nach den allgemeinen Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins, wenn sie die Tatsachen beweist, die für einen typischen Geschehensablauf sprechen. Das sind Tatsachen, aus denen aufgrund der Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit gefolgert werden kann, dass der Adressat den Bescheid innerhalb von drei Tagen nach dessen Aufgabe zur Post erhalten hat. Hat die Behörde diese Tatsachen bewiesen, so ist es Sache des Adressaten, diese Tatsachen zu entkräften, indem er die Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs dartut. Der Adressat darf sich dabei nicht darauf beschränken, den Zugang innerhalb der drei Tage zu bestreiten, er muss vielmehr substantiiert vortragen. Denn der "Zweifel" im Sinne von § 37 Abs. 2 SGB X muss ein berechtigter sein. Andernfalls wäre die in § 37 Abs. 2 1. Halbsatz SGB X aufgestellte wiederlegbare Vermutung von vornherein sinnlos. Diese Vermutung beruht auf der Erfahrung des täglichen Lebens, dass eine gewöhnliche Postsendung den Empfänger binnen weniger Tage erreicht (Bundesverwaltungsgericht vom 24. April 1987 - AZ 5 B 132/86). Erst wenn berechtigte Zweifel entstehen, muss die Beklagte den vollen Beweis erbringen, dass das Schriftstück innerhalb von drei Tagen zugegangen ist (vgl. Bundesfinanzhof vom 14. August 1975 - IV R 150/71; Recht in Hauck SGB X 1, 2, K § 37 Rn 18 m. w. N.).

Der angefochtene Widerspruch wurde am Mittwoch, den 02. Juni 1999 bei der Post aufgegeben und innerhalb des Ortes der Postaufgabe auch zugestellt. Es konnte daher bei normalem Geschehensablauf damit gerechnet werden, dass das Schriftstück bis spätestens Samstag, den 05. Juni 1999 zugegangen ist. Andere Umstände, die den Zugang innerhalb dieser Frist in Frage stellen, wurden bisher nicht vorgetragen; sie sind auch aufgrund der Auskunft der Deutschen Post vom 23. Februar 2000 nicht erkennbar.

Die Klagefrist begann somit am 05. Juni 1999 und endete nach Ablauf eines Monats am 05. Juli 1999. Die am 12. Juli 1999 eingegangene Klage war damit verspätet. Gründe für eine Wiedereinsetzung wurden bisher nicht vorgetragen, sind bisher auch nicht erkennbar.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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