Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 830/98
Datum
-
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 53/00 AL-PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des SG Leipzig vom 04.04.2000 aufgehoben und der Beschwerdeführerin Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Prozesskos- tenhilfe (PKH), insbesondere darüber, ob die eingereichte Klage hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet. In dem beim Sozialgericht (SG) Leipzig anhängigen Hauptsacheverfahren ist streitig, ob der Beschwerdeführerin (Bf.) nach einer Tätigkeit als Geschäftsführerin ab 13.02.1997 Arbeitslosengeld (Alg) zusteht.
Die am 13.03.1944 geborene und im maßgeblichen Zeitraum mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Universalbau G ... GmbH F ... R ... (F. R.) verheiratete Bf. war von 1964 bis 1974 als Kindergärtnerin, von 1974 bis 1982 als Mitarbeiterin des Rates des Kreises L ... und in der Zeit von 1982 bis 1990 wiederum als Kindergärtnerin tätig.
Die Bf. gründete laut notariellem Vertrag vom 24.10.1990 (Urkunde des Notars V ..., H ..., UR-Nr. 2559/90) gemeinsam mit dem weiteren Gesellschafter W ... L ... (W. L.) die Universalbau ... GmbH. Das Stammkapital betrug laut § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages 100.000,00 DM. Davon übernahm die Bf. zunächst 40.000,00 DM, der weitere Gesellschafter W. L. 60.000,00 DM (§ 4 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag). Die Bf. wurde zur alleinigen Geschäftsführerin berufen. Sie war von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit (§§ 5, 6 Gesellschaftsvertrag). Laut § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages war zu den darin aufgeführten Rechtsgeschäften eine vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen. In diesen Fällen erfolgte die Entscheidung der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Veräußerung von Geschäftsanteilen bedurfte der Genehmigung der Gesellschafterversammlung, die hierüber mit einer Mehrheit von drei Vierteln der vertretenen Stimmen zu beschließen hatte (§ 7 Gesellschaftsvertrag). Die Gesellschafter waren am Gewinn der Gesellschaft im Verhältnis der Geschäftsanteile beteiligt (§ 11 Gesellschaftsvertrag).
Nach Auskunft der DAK war die Bf. dort vom 01.01.1991 bis 31.12.1992 sowie vom 01.10.1996 bis 31.01.1997 als beitragspflichtiges und vom 01.01.1993 bis 30.09.1996 sowie vom 01.02.1997 bis 15.10.1997 als freiwilliges Mitglied gemeldet.
Den Geschäftsanteil des Gesellschafters W. L. übernahm der Ehegatte der Bf. F. R. zum 03.07.1992.
Die Bf. wurde durch Gesellschaftsbeschluss vom 30.09.1992 mit Wirkung ab 01.10.1992 zur Geschäftsführerin und zugleich zur Stellvertreterin des nunmehrigen Vorsitzenden der Geschäftsführung F. R. bestellt. Sie war alleinvertretungs- und geschäftsführungsbefugt für den ihr zugeordneten Geschäftsbereich Betriebs- und Finanzwirtschaft. Im Falle einer längeren Abwesenheit des Vorsitzenden der Geschäftsführung F. R. stand der Bf. die alleinige Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis zu (§ 1 Abs. 2 Anstellungsvertrag). Die Befugnis zur Geschäftsführung umfasste die Vornahme von Maßnahmen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Anstellungsvertrag). Die Vornahme derjenigen Rechtsgeschäfte, die bereits im Gesellschaftsvertrag vom 24.10.1990 genannt waren sowie die Veräußerung und Stilllegung des Betriebes oder wesentlicher Betriebsteile und die Errichtung von Zweigniederlassungen bedurfte der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 2 Abs. 2 Anstellungsvertrag). Die Bf. war gem. § 3 des Anstellungsvertrages von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Sie erhielt ein Jahresgehalt von 36.000,00 DM sowie Tantiemen i. H. v. 6 % des Jahresgewinns der Gesellschaft (§ 7 Anstellungsvertrag). Im Falle einer Erkrankung erhielt sie vertragsgemäße Bezüge für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt. Danach stand ihr im Falle unverschuldeter Dienstverhinderung für die Dauer weiterer sechs Monate ein Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem gewährten Krankengeld und der vereinbarten Monatsvergütung zu (§ 8 Abs. 1 Anstellungsvertrag). Die Gesellschaft stellte ihr einen Dienstwagen zur Verfügung (§ 9 Abs. 3 Anstellungsvertrag). Ihr stand ein Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen pro Kalenderjahr zu (§ 10 Abs. 1 Anstellungsvertrag).
Mit notariellem Vertrag vom 09.12.1993 (Urkunde des Notars G ..., L ..., UR-Nr. 1718/1993) übertrug die Bf. einen Geschäftsanteil von 20.000,00 DM mit Wirkung zum 01.01.1994 an ihren Ehemann F. R. Mit weiterem notariellen Vertrag vom selben Tag (Urkunde des Notars Georgi, Leipzig, UR-Nr. 1719/1993) änderten die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag dahingehend ab, dass der Gesellschafter F. R. am Stammkapital der Gesellschaft 80.000,00 DM und die Bf. 20.000,00 DM hielten.
Laut Änderungsvertrag vom 09.12.1993 zum Anstellungsvertrag war die Bf. nunmehr lediglich im "kleinen Geschäftsverkehr sowie im kleinen Bankverkehr" unterschriftsbefugt. Die Gesellschaft wurde nunmehr allein durch den Geschäftsführer F. R. vertreten (§ 1 Änderungsvertrag). Die Alleinvertretungsbefugnis konnte der Bf. lediglich durch schriftliche Vollmacht im Falle längerer Abwesenheit des Geschäftsführers F. R. übertragen werden (§ 1 Änderungsvertrag). Auch stand der Bf. ab diesem Zeitpunkt lediglich ein monatliches Gehalt i. H. v. 3.000,00 DM brutto zu (§ 3 Änderungsvertrag). Laut § 6 des Änderungsvertrages war sie dem Geschäftsführer F. R. direkt unterstellt.
Mit einem an die Geschäftsleitung der Universalbau GmbH gerichteten Schreiben vom 12.09.1996 begehrte die Bf. die Entbindung von der Tätigkeit als Geschäftsführerin mit sofortiger Wirkung aufgrund gesundheitlicher Probleme. Daraufhin schlossen die Bf. und die GmbH, vertreten durch ihren Ehemann F. R., am 14.09.1996 mit Wirkung zum selben Tag einen "Arbeitsvertrag für Angestellte". Danach war die Bf. fortan als ökonomische Mitarbeiterin tätig. Sie war dem Geschäftsführer unterstellt. Sie erhielt Unterschriftsbefugnis im kleinen Geschäfts- und Bankverkehr (§ 1 des Arbeitsvertrages). Die regelmäßige Arbeitszeit wurde durch die Geschäftsordnung geregelt (§ 4 Arbeitsvertrag). Die Bf. erhielt laut § 5 des Arbeitsvertrages ein Bruttoarbeitsentgelt i. H. v. 3.000,00 DM monatlich. Ihr stand ein Erholungsurlaub von 30 Tagen pro Kalenderjahr zu (§ 8 Arbeitsvertrag).
Die Gesellschafter der Universalbau G ... GmbH veräußerten die Firma am 19.12.1996 an A ... Sch ..., der den Betrieb 1997 liquidierte. Mit Schreiben vom selben Tag kündigte die Universalbau GmbH der Bf. zum nächstmöglichen Termin das Arbeitsverhältnis wegen vollständiger Einstellung der gesamten Betriebstätigkeit. Die Beteiligten gingen übereinstimmend von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens zum 31.01.1997 aus.
Am 13.02.1997 meldete sich die Bf. bei der Bg. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. In den Monaten Februar und März 1997 sowie September 1997 war die Bf. wegen der Diagnose "Angststörung" in ärztlicher Behandlung.
Trotz Aufforderung durch die Bg. reichte die Bf. den Feststellungsbogen zur Tätigkeit als Geschäftsführer-Gesellschafterin zunächst nicht ein. Aus diesem Grund versagte die Bg. wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht die Gewährung von Alg ab 13.02.1997 (Bescheid vom 13.08.1997).
Den Antrag des Ehemanns der Bf. vom 12.02.1997 auf Gewährung von Alg lehnte die Bg. mit Bescheid vom 27.02.1997 wegen Nichterfüllung der Anwartschaftszeit ebenfalls ab.
Am 24.03.1998 meldete sich die Bf. erneut bei der Bg. arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag beschied die Bg. wegen Nichterfüllung der Anwartschaftszeit ablehnend (Bescheid vom 03.04.1998).
Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Bf. vom 11.04.1998, den die Bg. als Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X auslegte.
Mit Bescheid vom 21.04.1998 lehnte die Bg. eine Leistungsgewährung im Wege der Überprüfung erneut ab. Der Feststellungsbogen zur Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern sei noch immer nicht bei der Bg. eingegangen.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Bf. vom 23.04.1998. Der Bescheid vom 13.08.1997 sei ihr nicht zugegangen. Laut Bescheinigung von Dr. S ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 02.04.1998 sei die Bf. nach stationärer psychotherapeutischer Behandlung wegen einer depressiven Störung bis auf weiteres weder vernehmungs- noch verhandlungsfähig.
Nach den Angaben in dem nunmehr eingereichten Feststellungsbogen vom 23.04.1998 ist die Universalbau GmbH durch notarielle Urkunde vom 01.11.1990 gegründet worden. Am Stammkapital der Gesellschaft waren F. R. - ab 03.07.1992 - mit 80.000,00 DM und die Bf. mit 20.000,00 DM beteiligt gewesen. Der Ehemann der Bf. sei für die gesamte GmbH alleinvertretungsberechtigt gewesen; die Vertretungsbefugnis der Bf. habe sich nur auf den ökonomischen Bereich bezogen. Beschlüsse der Gesellschaft seien mit einfacher Mehrheit zu treffen gewesen. Die durchschnittliche Arbeitszeit der Bf. habe 40 Stunden pro Woche betragen und damit der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit entsprochen. Die Bf. sei dem Direktionsrecht der Gesellschaft nach Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterworfen gewesen. Die Bf. habe nicht als einzige Gesellschafterin über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse verfügt. Die Befugnis zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Personal habe lediglich dem Geschäftsführer F. R. zugestanden.
Mit Bescheid vom 23.07.1998 lehnte die Bg. den Antrag der Bf. vom 13.02.1997 wegen Nichterfüllung der Anwartschaftszeit ab.
Am 19.10.1998 erließ die Bg. einen ablehnendenden Widerspruchsbescheid. Bei Gesamtbetrachtung der Umstände sei die Bf. nicht als abhängige Arbeitnehmerin für die Universalbau GmbH tätig gewesen. Zwar habe die Bf. nicht über die Hälfte des Stammkapitals verfügt. Sie habe auch keine Sperrminorität gehabt, weil die Beschlüsse der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit zu fassen gewesen seien. Folgende Merkmale sprächen jedoch gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung: Die Bf. sei für den Geschäftsbereich Betriebs- und Finanzwirtschaft alleinvertretungs- und geschäftsführungsberechtigt gewesen. In diesem Bereich habe ihr niemand Weisungen erteilen können. Die Geschäftsführertätigkeit der beiden Ehegatten sei mehr durch familienhafte Rücksichtnahme und ein gleichberechtigtes Nebeneinander als durch einen für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis typischen Interessengegensatz gekennzeichnet gewesen. In der Art der Aufgabenerledigung sei die Bf. frei gewesen. Die Bf. habe neben einem Festgehalt eine Tantieme von 6 % des Jahresgewinns der Gesellschaft erhalten. Im Falle einer Erkrankung sei ihr das Gehalt für die Dauer von sechs Monaten fortzuzahlen gewesen. Überdies sei sie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Zudem seien für die Bf. innerhalb der Rahmenfrist keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung habe allenfalls während der Tätigkeit als ökonomische Mitarbeiterin bestanden.
Am 19.11.1998 hat die Bf. Klage zum SG Leipzig erhoben und am 11.01.1999 PKH beantragt. Lediglich der Geschäftsführer F. R. sei alleinvertretungsberechtigt gewesen. Der Bf. habe nur Unterschriftsbefugnis für den kleinen Bank- und Geschäftsverkehr zugestanden. Ferner sei sie dem Geschäftsführer F. R. unterstellt gewesen. Dies habe auch für den Geschäftsbereich Betriebs- und Finanzwirtschaft gegolten. Eine Tantieme von 6 % habe ihr laut dem Änderungsvertrag vom 09.12.1993 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zugestanden.
Die Bg. ist der Auffassung, über den Leistungsantrag der Bf. vom 13.02.1997 sei durch Bescheid vom 23.07.1998 bindend entschieden worden. Ein Rechtsmittel sei hiergegen nicht eingelegt worden. Der Bescheid sei auch nicht gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden.
Mit Beschluss vom 04.04.2000 hat das SG die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die Bg. habe im Widerspruchsbescheid vom 19.10.1998 eine umfangreiche rechtliche Würdigung anhand der vorliegenden Unterlagen vorgenommen und daraus den Schluss gezogen, eine Arbeitnehmereigenschaft der Bf. liege nicht vor. Dem schließe sich das SG an.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Bf. ausweislich Empfangsbekenntnisses am 19.04.2000 zugestellten Beschluss hat dieser am 18.05.2000 Beschwerde beim SG Leipzig eingereicht. Der PKH-Beschluss sei nicht nachvollziehbar. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und den Rechtsstreit dem Sächsischen LSG zur Entscheidung vorgelegt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Verfahrensakten beider Instanzen und der Leis- tungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 73a SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO -) ist zulässig und in der Sache begründet. Der Bf. steht ab Antragstellung PKH zu, weil ihre Rechtsverfolgung nach dem sich aus den Verfahrensunterlagen ergebenden Sachverhalt hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO).
Gemäß § 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO ist auf Antrag PKH zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig ist.
Das Wort hinreichend kennzeichnet, dass sich das Gericht mit einer vorläufigen Prüfung der Erfolgsaussicht begnügen darf und muss (BVerfG, NJW 1997 S. 2745; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Auflage, Rdnr. 80 zu § 114). Der Erfolg braucht also nicht gewiss zu sein, er muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben (Hartmann, a.a.O.). Bei der im PKH-Verfahren durchzuführenden summarischen Prüfung ist eine hinreichende Erfolgsaussicht zu verneinen, wenn sich aus den Verfahrensunterlagen unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Entscheidung ergeben. Wenn das Gericht allerdings weitere Ermittlungen von Amts wegen für erforderlich erachtet, ist die Erfolgsaussicht regelmäßig gegeben.
Hiervon ausgehend war - entgegen der vom SG vertretenen Auffassung bei der gebotenen summarischen Überprüfung - der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach dem bisherigen Sachstand eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abzusprechen.
Der Bescheid vom 23.07.1998 ist gem. § 86 SGG Gegenstand des zum Zeitpunkt des Erlasses anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden. Zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides hatte die Bf. Widerspruch gegen die ihren Antrag vom 24.03.1998 ablehnenden Bescheide vom 03.04.1998 und 21.04.1998 eingelegt. Den Antrag vom 24.03.1998 hatte sie nach ihrem Vorbringen gestellt, weil über ihren Antrag vom 13.02.1997 bis dato aus ihrer Sicht - ihr war der Ablehnungsbescheid vom 13.08.1997 nicht zugegangen - nicht entschieden worden war. Aus dem Bescheid vom 21.04.1998 ging auch nicht deutlich hervor, dass damit lediglich über den Antrag auf Alg vom 24.03.1998 entschieden worden war. In der Begründung des Bescheides ging die Bg. vielmehr auch auf den Bescheid vom 13.02.1997 ein. Alle Bescheide der Bg. behandelten die Frage, ob die Bf. während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Universalbau GmbH Arbeitnehmereigenschaft hatte. Folglich lagen ihren Anträgen vom 13.02.1997 und 24.03.1998 dieselben Tatbestände zugrunde. Weil in den Bescheiden vom 03.04.1998, 21.04.1998 und 23.07.1998 letztlich über dieselbe Frage entschieden wurde, ist der Bescheid vom 23.07.1998 gem. § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.
Gemäß § 100 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - i. d. F. des Artikels 11 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594, hat Anspruch auf Alg, wer arbeitslos ist, der Arbeitsverwaltung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Die Bf. meldete sich am 13.02.1997 bei der Bg. arbeitslos und beantragte Alg. Abgesehen von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit stand die Bf. ab 13.02.1997 der Arbeitsverwaltung zur Verfügung.
Gemäß § 104 Abs. 1 AFG hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist von drei Jahren 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat. Nach § 104 AFG geht die Rahmenfrist dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind.
Gemäß §§ 168 Abs. 1 Satz 1, 173a AFG i. V. m. § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist Arbeitnehmer, wer als Arbeiter oder Angestellter gegen Entgelt eine nichtselbstständige Arbeit verrichtet, insbesondere also in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt ist (vgl. BSG SozR 3 4100 § 168 Nr. 18 m. w. N.).
Hiervon ausgehend ist nach den von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis entwickelten Grundsätzen Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, was insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass er in den Betrieb des Unternehmers eingegliedert und dessen Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitstätigkeit unterworfen ist (vgl. dazu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Die selbstständige, nicht der Beitragspflicht zu der gesetzlichen Sozialversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung unterliegende Tätigkeit ist demgegenüber durch das Recht und die Möglichkeit bestimmt, über die eigene Arbeitskraft, den Arbeitsort und die -zeit frei zu verfügen, andererseits aber auch grundsätzlich einem unternehmerischen Risiko ausgesetzt zu sein.
Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Prüfung und Bewertung der Verhältnisse ist die für die Tätigkeit zwischen den Beteiligten getroffene (arbeits-)vertragliche Regelung, welche allerdings zurücktritt, wenn die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse in der Tätigkeitspraxis entscheidend davon abweicht. Im Zweifel ist darauf abzustellen, welche Merkmale der Tätigkeit überwiegen.
Die Rahmenfrist dauerte im vorliegenden Fall vom 13.02.1994 bis 12.02.1997. In der Zeit vom 13.02.1994 bis 13.09.1996 war die Bf. als Geschäftsführerin für den Bereich Betriebs- und Finanzwirtschaft der Universalbau G ... GmbH tätig. Sie war dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, ihrem Ehemann F. R., gem. § 6 des Änderungsvertrages zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993 unterstellt. Dieser vertrat die Gesellschaft gem. § 1 des genannten Vertrages allein. Vom 14.09.1996 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war die Bf. als ökonomische Mitarbeiterin bei der Universalbau Großdeuben GmbH tätig. Mit Wirkung ab dem 01.10.1996 ist für sie von der GmbH auch wieder bei der DAK ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angemeldet worden.
Die Zeit der Tätigkeit als ökonomische Mitarbeiterin reicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht aus. Maßgeblich für den Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache ist daher, ob die Bf. in der Zeit vom 13.02.1994 bis 13.09.1996 Arbeitnehmereigenschaft hatte.
Die Arbeitnehmereigenschaft der Bf. scheidet nicht bereits deswegen aus, weil sie gleichzeitig Gesellschafterin der Universalbau G ... GmbH war. Zwar ist grundsätzlich eine Weisungsgebundenheit und somit Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft dann zu verneinen, wenn der Geschäftsführer aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung am Stammkapital oder wenigstens aufgrund des Besitzes einer so genannten Sperrminorität maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben und somit ihm nicht genehme Weisungen vermeiden kann. Wer - allein schon - kraft seiner Gesellschafterrechte die für den Arbeitnehmerstatus typische Weisungsabhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden kann, kann grundsätzlich nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein. Ein derartiger Fall liegt jedoch bei der Bf., welche am Stammkapital der GmbH nur mit einem Anteil von 20 % beteiligt war, unter Berücksichtigung der Stimmrechtsregelung - Beschlüsse bedurften der einfachen Mehrheit - nicht vor.
Auch durch ihre Stellung als Geschäftsführerin des Geschäftsbereiches Betriebs- und Finanzwirtschaft war eine Abhängigkeit der Bf. gegenüber der Gesellschaft nicht bereits zu verneinen. Beachtlich ist, dass bezüglich der Geschäftsführung ein abgestuftes System vorhanden war. Vorsitzender der Geschäftsführung war der Ehemann der Bf. F. R. Die Bf. war nach bisherigem Sachstand lediglich Geschäftsführerin eines Geschäftsbereiches. Lediglich in diesem Rahmen war sie unterschriftsbefugt (§ 1 Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993), während F. R. unbeschränkt alleinvertretungs- und geschäftsführungsbefugt war. Die Bf. unterstand gem. § 6 Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993 dem Geschäftsführer F. R. Er war ihr gegenüber weisungsbefugt. Die genannten vertraglichen Regelungen sprachen folglich gegen eine im Wesentlichen freie und nicht durch Weisungen beschränkte Geschäftsführertätigkeit der Bf.
Zudem verfügte die Bf. nach dem bisherigen Sachstand auch nicht als einzige Gesellschafterin über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Die Bf. war von 1964 bis 1974 als Kindergärtnerin, von 1974 bis 1982 als Mitarbeiterin des Rates des Kreises L ... und von 1982 bis 1990 wiederum als Kindergärtnerin tätig. Vor der Gründung der GmbH war sie folglich nicht im Baugewerbe tätig. Anderseits verfügte der Vorsitzende der Geschäftsführung F. R. als ehemaliger Maurer und Handwerksmeister nach Aktenlage über die notwendigen Branchenkenntnisse.
Laut Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern vom 23.04.1998 betrug die Arbeitszeit der Bf. 40 Stunden und entsprach damit der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit. Die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Personal stand lt. diesem Feststellungsbogen allein dem Geschäftsführer F. R., nicht jedoch der Bf., zu. Entgegen der Auffassung der Bg. und des SG stand der Bf. nach Abschluss des Änderungsvertrages zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993 kein Anspruch auf Tantiemen mehr zu. Laut § 3 des Vertrages erhielt sie für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin lediglich ein monatliches Bruttogehalt i. H. v. 3.000,00 DM.
Zwar liegen bei der Bf. auch Merkmale vor, die gegen eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen. So war sie lt. § 3 des Anstellungsvertrages von 1992 von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Im Falle der Erkrankung wurde ihr Gehalt für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt (§ 8 Anstellungsvertrag von 1992). Nach dieser Zeit erhielt sie im Falle unverschuldeter Dienstverhinderung für die Dauer weiterer sechs Monate einen Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen Krankengeld und der vereinbarten Monatsvergütung.
Bei dem somit bisher festgestellten Sachverhalt ist der Ausgang des Rechtsstreits von der weiteren Sachaufklärung der tatsächlichen Verhältnisse abhängig, wozu das SG nach seinem Ermessen notwendige Ermittlungen durchzuführen haben wird.
Ein Erfolg in der Hauptsache kann damit vor Durchführung dieser Ermittlungen nicht ausgeschlossen werden. Die Klage war nach Sachlage auch nicht mutwillig.
Die Bf. war nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung zu tragen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Beschlusses des SG (Thomas-Putzo, ZPO, 9. Auflage, Rdnr. 3 zu § 119). Die Klägerin verfügte zu diesem Zeitpunkt über ein Einkommen von 572,69 DM (Arbeitslosengeld i. H. v. 132,16 DM wöchentlich x 13: 3). Von diesem Einkommen waren abzusetzen: 1. nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG die Versicherungsprämie zur Haftpflichtversicherung i. H. v. 34,13 DM insgesamt, anteilig unter Berücksichtigung des Familieneinkommens zu einem Viertel, mithin i. H. v. 8,50 DM, 2. nach § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein Viertel der Miete einschl. Nebenkosten i. H. v. 253,87 DM, 3. nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ein eigener Lebenshaltungsfreibetrag für die Bf. i. H. v. 672,00 DM, 4. anteiliger Unterhaltsfreibetrag für das Kind i. H. v. 50,75 DM. Der Bf. verblieb folglich kein einzusetzendes Einkommen.
Die Bf. verfügte auch nicht über ein nach § 115 Abs. 2 ZPO einsetzbares Vermögen, weil sie nach § 1360a Abs. 4 BGB keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenvorauszahlung gegenüber ihrem Ehemann hatte. Nach dieser Vorschrift ist der Ehegatte verpflichtet, der Bf. die Kosten des Rechtsstreites, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, vorzuschießen, sofern dies der Billigkeit entspricht. Ein Rechtsstreit über die Bewilligung von Alg betrifft nach überwiegender Auffassung der Sozialgerichte eine "persönliche Angelegenheit" im Sinne dieser Vorschrift.
Für die Beurteilung, ob eine solche Prozesskostenvorschusspflicht der Billigkeit entspricht, ist das Einkommen der Bf. demjenigen ihres Ehegatten gegenüberzustellen. Dieser Vergleich ergibt, dass der Ehemann einen Prozesskostenvorschuss nicht zu leisten hatte, weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen selbst PKH mit Raten erhalten hätte (LSG Baden Württemberg, Beschluss vom 16.05.1990, L 1 PKH 59/90 B; Sächsisches LSG, Beschluss vom 20.08.1999, L 5 B 27/99 RJ-PKH; Sächsisches LSG, Beschluss vom 13.01.1999, L 3 B 8/98 AL-PKH).
Der Ehemann der Bf. verfügte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des SG über ein Nettoeinkommen von 2.070,00 DM. Von diesem Einkommen waren abzusetzen: 1. nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG eine angemessene Versicherungsprämie für die Haftpflichtversicherung (anteilmäßig) i. H. v. 25,50 DM, 2. nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ein eigener Unterhaltsfreibetrag i. H. v. 672,00 DM sowie ein anteiliger Unterhaltsfreibetrag für das Kind i. H. v. 152,25 DM (Unterhaltsfreibetrag des Kindes i. H. v. 473,00 DM - Kindergeld i. H. v. 270,00 DM = 203,00 DM zu drei Viertel), 3. nach § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Kosten für Unterkunft und Heizung (anteilig am Familieneinkommen) i. H. v. 761,62 DM. Der Ehemann verfügte folglich zum maßgeblichen Zeitpunkt über ein verbleibendes Einkommen von 458,63 DM (Einkommen i. H. v. 2.070,00 DM minus Abzüge i. H. v. insgesamt 1.611,37 DM). Dies hätte nach der Tabelle zu § 115 ZPO eine Monatsrate von 150,00 DM ergeben. Auch § 115 Abs. 3 ZPO wäre im Falle des Ehemanns der Bf. nicht zum Tragen gekommen. Danach wird PKH nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten voraussichtlich nicht übersteigen.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten haben sich seit der Beschlussfassung des SG nicht wesentlich geändert. Auch nach den nunmehr vorliegenden Verhältnissen wäre der Bf. PKH zu bewilligen.
Nach alledem war der Bf. PKH zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG). Er ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 183 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Prozesskos- tenhilfe (PKH), insbesondere darüber, ob die eingereichte Klage hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet. In dem beim Sozialgericht (SG) Leipzig anhängigen Hauptsacheverfahren ist streitig, ob der Beschwerdeführerin (Bf.) nach einer Tätigkeit als Geschäftsführerin ab 13.02.1997 Arbeitslosengeld (Alg) zusteht.
Die am 13.03.1944 geborene und im maßgeblichen Zeitraum mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Universalbau G ... GmbH F ... R ... (F. R.) verheiratete Bf. war von 1964 bis 1974 als Kindergärtnerin, von 1974 bis 1982 als Mitarbeiterin des Rates des Kreises L ... und in der Zeit von 1982 bis 1990 wiederum als Kindergärtnerin tätig.
Die Bf. gründete laut notariellem Vertrag vom 24.10.1990 (Urkunde des Notars V ..., H ..., UR-Nr. 2559/90) gemeinsam mit dem weiteren Gesellschafter W ... L ... (W. L.) die Universalbau ... GmbH. Das Stammkapital betrug laut § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages 100.000,00 DM. Davon übernahm die Bf. zunächst 40.000,00 DM, der weitere Gesellschafter W. L. 60.000,00 DM (§ 4 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag). Die Bf. wurde zur alleinigen Geschäftsführerin berufen. Sie war von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit (§§ 5, 6 Gesellschaftsvertrag). Laut § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages war zu den darin aufgeführten Rechtsgeschäften eine vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen. In diesen Fällen erfolgte die Entscheidung der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Veräußerung von Geschäftsanteilen bedurfte der Genehmigung der Gesellschafterversammlung, die hierüber mit einer Mehrheit von drei Vierteln der vertretenen Stimmen zu beschließen hatte (§ 7 Gesellschaftsvertrag). Die Gesellschafter waren am Gewinn der Gesellschaft im Verhältnis der Geschäftsanteile beteiligt (§ 11 Gesellschaftsvertrag).
Nach Auskunft der DAK war die Bf. dort vom 01.01.1991 bis 31.12.1992 sowie vom 01.10.1996 bis 31.01.1997 als beitragspflichtiges und vom 01.01.1993 bis 30.09.1996 sowie vom 01.02.1997 bis 15.10.1997 als freiwilliges Mitglied gemeldet.
Den Geschäftsanteil des Gesellschafters W. L. übernahm der Ehegatte der Bf. F. R. zum 03.07.1992.
Die Bf. wurde durch Gesellschaftsbeschluss vom 30.09.1992 mit Wirkung ab 01.10.1992 zur Geschäftsführerin und zugleich zur Stellvertreterin des nunmehrigen Vorsitzenden der Geschäftsführung F. R. bestellt. Sie war alleinvertretungs- und geschäftsführungsbefugt für den ihr zugeordneten Geschäftsbereich Betriebs- und Finanzwirtschaft. Im Falle einer längeren Abwesenheit des Vorsitzenden der Geschäftsführung F. R. stand der Bf. die alleinige Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis zu (§ 1 Abs. 2 Anstellungsvertrag). Die Befugnis zur Geschäftsführung umfasste die Vornahme von Maßnahmen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Anstellungsvertrag). Die Vornahme derjenigen Rechtsgeschäfte, die bereits im Gesellschaftsvertrag vom 24.10.1990 genannt waren sowie die Veräußerung und Stilllegung des Betriebes oder wesentlicher Betriebsteile und die Errichtung von Zweigniederlassungen bedurfte der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 2 Abs. 2 Anstellungsvertrag). Die Bf. war gem. § 3 des Anstellungsvertrages von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Sie erhielt ein Jahresgehalt von 36.000,00 DM sowie Tantiemen i. H. v. 6 % des Jahresgewinns der Gesellschaft (§ 7 Anstellungsvertrag). Im Falle einer Erkrankung erhielt sie vertragsgemäße Bezüge für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt. Danach stand ihr im Falle unverschuldeter Dienstverhinderung für die Dauer weiterer sechs Monate ein Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem gewährten Krankengeld und der vereinbarten Monatsvergütung zu (§ 8 Abs. 1 Anstellungsvertrag). Die Gesellschaft stellte ihr einen Dienstwagen zur Verfügung (§ 9 Abs. 3 Anstellungsvertrag). Ihr stand ein Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen pro Kalenderjahr zu (§ 10 Abs. 1 Anstellungsvertrag).
Mit notariellem Vertrag vom 09.12.1993 (Urkunde des Notars G ..., L ..., UR-Nr. 1718/1993) übertrug die Bf. einen Geschäftsanteil von 20.000,00 DM mit Wirkung zum 01.01.1994 an ihren Ehemann F. R. Mit weiterem notariellen Vertrag vom selben Tag (Urkunde des Notars Georgi, Leipzig, UR-Nr. 1719/1993) änderten die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag dahingehend ab, dass der Gesellschafter F. R. am Stammkapital der Gesellschaft 80.000,00 DM und die Bf. 20.000,00 DM hielten.
Laut Änderungsvertrag vom 09.12.1993 zum Anstellungsvertrag war die Bf. nunmehr lediglich im "kleinen Geschäftsverkehr sowie im kleinen Bankverkehr" unterschriftsbefugt. Die Gesellschaft wurde nunmehr allein durch den Geschäftsführer F. R. vertreten (§ 1 Änderungsvertrag). Die Alleinvertretungsbefugnis konnte der Bf. lediglich durch schriftliche Vollmacht im Falle längerer Abwesenheit des Geschäftsführers F. R. übertragen werden (§ 1 Änderungsvertrag). Auch stand der Bf. ab diesem Zeitpunkt lediglich ein monatliches Gehalt i. H. v. 3.000,00 DM brutto zu (§ 3 Änderungsvertrag). Laut § 6 des Änderungsvertrages war sie dem Geschäftsführer F. R. direkt unterstellt.
Mit einem an die Geschäftsleitung der Universalbau GmbH gerichteten Schreiben vom 12.09.1996 begehrte die Bf. die Entbindung von der Tätigkeit als Geschäftsführerin mit sofortiger Wirkung aufgrund gesundheitlicher Probleme. Daraufhin schlossen die Bf. und die GmbH, vertreten durch ihren Ehemann F. R., am 14.09.1996 mit Wirkung zum selben Tag einen "Arbeitsvertrag für Angestellte". Danach war die Bf. fortan als ökonomische Mitarbeiterin tätig. Sie war dem Geschäftsführer unterstellt. Sie erhielt Unterschriftsbefugnis im kleinen Geschäfts- und Bankverkehr (§ 1 des Arbeitsvertrages). Die regelmäßige Arbeitszeit wurde durch die Geschäftsordnung geregelt (§ 4 Arbeitsvertrag). Die Bf. erhielt laut § 5 des Arbeitsvertrages ein Bruttoarbeitsentgelt i. H. v. 3.000,00 DM monatlich. Ihr stand ein Erholungsurlaub von 30 Tagen pro Kalenderjahr zu (§ 8 Arbeitsvertrag).
Die Gesellschafter der Universalbau G ... GmbH veräußerten die Firma am 19.12.1996 an A ... Sch ..., der den Betrieb 1997 liquidierte. Mit Schreiben vom selben Tag kündigte die Universalbau GmbH der Bf. zum nächstmöglichen Termin das Arbeitsverhältnis wegen vollständiger Einstellung der gesamten Betriebstätigkeit. Die Beteiligten gingen übereinstimmend von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens zum 31.01.1997 aus.
Am 13.02.1997 meldete sich die Bf. bei der Bg. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. In den Monaten Februar und März 1997 sowie September 1997 war die Bf. wegen der Diagnose "Angststörung" in ärztlicher Behandlung.
Trotz Aufforderung durch die Bg. reichte die Bf. den Feststellungsbogen zur Tätigkeit als Geschäftsführer-Gesellschafterin zunächst nicht ein. Aus diesem Grund versagte die Bg. wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht die Gewährung von Alg ab 13.02.1997 (Bescheid vom 13.08.1997).
Den Antrag des Ehemanns der Bf. vom 12.02.1997 auf Gewährung von Alg lehnte die Bg. mit Bescheid vom 27.02.1997 wegen Nichterfüllung der Anwartschaftszeit ebenfalls ab.
Am 24.03.1998 meldete sich die Bf. erneut bei der Bg. arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag beschied die Bg. wegen Nichterfüllung der Anwartschaftszeit ablehnend (Bescheid vom 03.04.1998).
Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Bf. vom 11.04.1998, den die Bg. als Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X auslegte.
Mit Bescheid vom 21.04.1998 lehnte die Bg. eine Leistungsgewährung im Wege der Überprüfung erneut ab. Der Feststellungsbogen zur Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern sei noch immer nicht bei der Bg. eingegangen.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Bf. vom 23.04.1998. Der Bescheid vom 13.08.1997 sei ihr nicht zugegangen. Laut Bescheinigung von Dr. S ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 02.04.1998 sei die Bf. nach stationärer psychotherapeutischer Behandlung wegen einer depressiven Störung bis auf weiteres weder vernehmungs- noch verhandlungsfähig.
Nach den Angaben in dem nunmehr eingereichten Feststellungsbogen vom 23.04.1998 ist die Universalbau GmbH durch notarielle Urkunde vom 01.11.1990 gegründet worden. Am Stammkapital der Gesellschaft waren F. R. - ab 03.07.1992 - mit 80.000,00 DM und die Bf. mit 20.000,00 DM beteiligt gewesen. Der Ehemann der Bf. sei für die gesamte GmbH alleinvertretungsberechtigt gewesen; die Vertretungsbefugnis der Bf. habe sich nur auf den ökonomischen Bereich bezogen. Beschlüsse der Gesellschaft seien mit einfacher Mehrheit zu treffen gewesen. Die durchschnittliche Arbeitszeit der Bf. habe 40 Stunden pro Woche betragen und damit der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit entsprochen. Die Bf. sei dem Direktionsrecht der Gesellschaft nach Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterworfen gewesen. Die Bf. habe nicht als einzige Gesellschafterin über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse verfügt. Die Befugnis zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Personal habe lediglich dem Geschäftsführer F. R. zugestanden.
Mit Bescheid vom 23.07.1998 lehnte die Bg. den Antrag der Bf. vom 13.02.1997 wegen Nichterfüllung der Anwartschaftszeit ab.
Am 19.10.1998 erließ die Bg. einen ablehnendenden Widerspruchsbescheid. Bei Gesamtbetrachtung der Umstände sei die Bf. nicht als abhängige Arbeitnehmerin für die Universalbau GmbH tätig gewesen. Zwar habe die Bf. nicht über die Hälfte des Stammkapitals verfügt. Sie habe auch keine Sperrminorität gehabt, weil die Beschlüsse der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit zu fassen gewesen seien. Folgende Merkmale sprächen jedoch gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung: Die Bf. sei für den Geschäftsbereich Betriebs- und Finanzwirtschaft alleinvertretungs- und geschäftsführungsberechtigt gewesen. In diesem Bereich habe ihr niemand Weisungen erteilen können. Die Geschäftsführertätigkeit der beiden Ehegatten sei mehr durch familienhafte Rücksichtnahme und ein gleichberechtigtes Nebeneinander als durch einen für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis typischen Interessengegensatz gekennzeichnet gewesen. In der Art der Aufgabenerledigung sei die Bf. frei gewesen. Die Bf. habe neben einem Festgehalt eine Tantieme von 6 % des Jahresgewinns der Gesellschaft erhalten. Im Falle einer Erkrankung sei ihr das Gehalt für die Dauer von sechs Monaten fortzuzahlen gewesen. Überdies sei sie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Zudem seien für die Bf. innerhalb der Rahmenfrist keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung habe allenfalls während der Tätigkeit als ökonomische Mitarbeiterin bestanden.
Am 19.11.1998 hat die Bf. Klage zum SG Leipzig erhoben und am 11.01.1999 PKH beantragt. Lediglich der Geschäftsführer F. R. sei alleinvertretungsberechtigt gewesen. Der Bf. habe nur Unterschriftsbefugnis für den kleinen Bank- und Geschäftsverkehr zugestanden. Ferner sei sie dem Geschäftsführer F. R. unterstellt gewesen. Dies habe auch für den Geschäftsbereich Betriebs- und Finanzwirtschaft gegolten. Eine Tantieme von 6 % habe ihr laut dem Änderungsvertrag vom 09.12.1993 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zugestanden.
Die Bg. ist der Auffassung, über den Leistungsantrag der Bf. vom 13.02.1997 sei durch Bescheid vom 23.07.1998 bindend entschieden worden. Ein Rechtsmittel sei hiergegen nicht eingelegt worden. Der Bescheid sei auch nicht gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden.
Mit Beschluss vom 04.04.2000 hat das SG die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die Bg. habe im Widerspruchsbescheid vom 19.10.1998 eine umfangreiche rechtliche Würdigung anhand der vorliegenden Unterlagen vorgenommen und daraus den Schluss gezogen, eine Arbeitnehmereigenschaft der Bf. liege nicht vor. Dem schließe sich das SG an.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Bf. ausweislich Empfangsbekenntnisses am 19.04.2000 zugestellten Beschluss hat dieser am 18.05.2000 Beschwerde beim SG Leipzig eingereicht. Der PKH-Beschluss sei nicht nachvollziehbar. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und den Rechtsstreit dem Sächsischen LSG zur Entscheidung vorgelegt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Verfahrensakten beider Instanzen und der Leis- tungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 73a SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO -) ist zulässig und in der Sache begründet. Der Bf. steht ab Antragstellung PKH zu, weil ihre Rechtsverfolgung nach dem sich aus den Verfahrensunterlagen ergebenden Sachverhalt hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO).
Gemäß § 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO ist auf Antrag PKH zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig ist.
Das Wort hinreichend kennzeichnet, dass sich das Gericht mit einer vorläufigen Prüfung der Erfolgsaussicht begnügen darf und muss (BVerfG, NJW 1997 S. 2745; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Auflage, Rdnr. 80 zu § 114). Der Erfolg braucht also nicht gewiss zu sein, er muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben (Hartmann, a.a.O.). Bei der im PKH-Verfahren durchzuführenden summarischen Prüfung ist eine hinreichende Erfolgsaussicht zu verneinen, wenn sich aus den Verfahrensunterlagen unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Entscheidung ergeben. Wenn das Gericht allerdings weitere Ermittlungen von Amts wegen für erforderlich erachtet, ist die Erfolgsaussicht regelmäßig gegeben.
Hiervon ausgehend war - entgegen der vom SG vertretenen Auffassung bei der gebotenen summarischen Überprüfung - der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach dem bisherigen Sachstand eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abzusprechen.
Der Bescheid vom 23.07.1998 ist gem. § 86 SGG Gegenstand des zum Zeitpunkt des Erlasses anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden. Zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides hatte die Bf. Widerspruch gegen die ihren Antrag vom 24.03.1998 ablehnenden Bescheide vom 03.04.1998 und 21.04.1998 eingelegt. Den Antrag vom 24.03.1998 hatte sie nach ihrem Vorbringen gestellt, weil über ihren Antrag vom 13.02.1997 bis dato aus ihrer Sicht - ihr war der Ablehnungsbescheid vom 13.08.1997 nicht zugegangen - nicht entschieden worden war. Aus dem Bescheid vom 21.04.1998 ging auch nicht deutlich hervor, dass damit lediglich über den Antrag auf Alg vom 24.03.1998 entschieden worden war. In der Begründung des Bescheides ging die Bg. vielmehr auch auf den Bescheid vom 13.02.1997 ein. Alle Bescheide der Bg. behandelten die Frage, ob die Bf. während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Universalbau GmbH Arbeitnehmereigenschaft hatte. Folglich lagen ihren Anträgen vom 13.02.1997 und 24.03.1998 dieselben Tatbestände zugrunde. Weil in den Bescheiden vom 03.04.1998, 21.04.1998 und 23.07.1998 letztlich über dieselbe Frage entschieden wurde, ist der Bescheid vom 23.07.1998 gem. § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.
Gemäß § 100 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - i. d. F. des Artikels 11 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594, hat Anspruch auf Alg, wer arbeitslos ist, der Arbeitsverwaltung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Die Bf. meldete sich am 13.02.1997 bei der Bg. arbeitslos und beantragte Alg. Abgesehen von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit stand die Bf. ab 13.02.1997 der Arbeitsverwaltung zur Verfügung.
Gemäß § 104 Abs. 1 AFG hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist von drei Jahren 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat. Nach § 104 AFG geht die Rahmenfrist dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind.
Gemäß §§ 168 Abs. 1 Satz 1, 173a AFG i. V. m. § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist Arbeitnehmer, wer als Arbeiter oder Angestellter gegen Entgelt eine nichtselbstständige Arbeit verrichtet, insbesondere also in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt ist (vgl. BSG SozR 3 4100 § 168 Nr. 18 m. w. N.).
Hiervon ausgehend ist nach den von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis entwickelten Grundsätzen Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, was insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass er in den Betrieb des Unternehmers eingegliedert und dessen Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitstätigkeit unterworfen ist (vgl. dazu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Die selbstständige, nicht der Beitragspflicht zu der gesetzlichen Sozialversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung unterliegende Tätigkeit ist demgegenüber durch das Recht und die Möglichkeit bestimmt, über die eigene Arbeitskraft, den Arbeitsort und die -zeit frei zu verfügen, andererseits aber auch grundsätzlich einem unternehmerischen Risiko ausgesetzt zu sein.
Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Prüfung und Bewertung der Verhältnisse ist die für die Tätigkeit zwischen den Beteiligten getroffene (arbeits-)vertragliche Regelung, welche allerdings zurücktritt, wenn die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse in der Tätigkeitspraxis entscheidend davon abweicht. Im Zweifel ist darauf abzustellen, welche Merkmale der Tätigkeit überwiegen.
Die Rahmenfrist dauerte im vorliegenden Fall vom 13.02.1994 bis 12.02.1997. In der Zeit vom 13.02.1994 bis 13.09.1996 war die Bf. als Geschäftsführerin für den Bereich Betriebs- und Finanzwirtschaft der Universalbau G ... GmbH tätig. Sie war dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, ihrem Ehemann F. R., gem. § 6 des Änderungsvertrages zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993 unterstellt. Dieser vertrat die Gesellschaft gem. § 1 des genannten Vertrages allein. Vom 14.09.1996 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war die Bf. als ökonomische Mitarbeiterin bei der Universalbau Großdeuben GmbH tätig. Mit Wirkung ab dem 01.10.1996 ist für sie von der GmbH auch wieder bei der DAK ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angemeldet worden.
Die Zeit der Tätigkeit als ökonomische Mitarbeiterin reicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht aus. Maßgeblich für den Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache ist daher, ob die Bf. in der Zeit vom 13.02.1994 bis 13.09.1996 Arbeitnehmereigenschaft hatte.
Die Arbeitnehmereigenschaft der Bf. scheidet nicht bereits deswegen aus, weil sie gleichzeitig Gesellschafterin der Universalbau G ... GmbH war. Zwar ist grundsätzlich eine Weisungsgebundenheit und somit Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft dann zu verneinen, wenn der Geschäftsführer aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung am Stammkapital oder wenigstens aufgrund des Besitzes einer so genannten Sperrminorität maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben und somit ihm nicht genehme Weisungen vermeiden kann. Wer - allein schon - kraft seiner Gesellschafterrechte die für den Arbeitnehmerstatus typische Weisungsabhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden kann, kann grundsätzlich nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein. Ein derartiger Fall liegt jedoch bei der Bf., welche am Stammkapital der GmbH nur mit einem Anteil von 20 % beteiligt war, unter Berücksichtigung der Stimmrechtsregelung - Beschlüsse bedurften der einfachen Mehrheit - nicht vor.
Auch durch ihre Stellung als Geschäftsführerin des Geschäftsbereiches Betriebs- und Finanzwirtschaft war eine Abhängigkeit der Bf. gegenüber der Gesellschaft nicht bereits zu verneinen. Beachtlich ist, dass bezüglich der Geschäftsführung ein abgestuftes System vorhanden war. Vorsitzender der Geschäftsführung war der Ehemann der Bf. F. R. Die Bf. war nach bisherigem Sachstand lediglich Geschäftsführerin eines Geschäftsbereiches. Lediglich in diesem Rahmen war sie unterschriftsbefugt (§ 1 Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993), während F. R. unbeschränkt alleinvertretungs- und geschäftsführungsbefugt war. Die Bf. unterstand gem. § 6 Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993 dem Geschäftsführer F. R. Er war ihr gegenüber weisungsbefugt. Die genannten vertraglichen Regelungen sprachen folglich gegen eine im Wesentlichen freie und nicht durch Weisungen beschränkte Geschäftsführertätigkeit der Bf.
Zudem verfügte die Bf. nach dem bisherigen Sachstand auch nicht als einzige Gesellschafterin über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Die Bf. war von 1964 bis 1974 als Kindergärtnerin, von 1974 bis 1982 als Mitarbeiterin des Rates des Kreises L ... und von 1982 bis 1990 wiederum als Kindergärtnerin tätig. Vor der Gründung der GmbH war sie folglich nicht im Baugewerbe tätig. Anderseits verfügte der Vorsitzende der Geschäftsführung F. R. als ehemaliger Maurer und Handwerksmeister nach Aktenlage über die notwendigen Branchenkenntnisse.
Laut Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern vom 23.04.1998 betrug die Arbeitszeit der Bf. 40 Stunden und entsprach damit der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit. Die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Personal stand lt. diesem Feststellungsbogen allein dem Geschäftsführer F. R., nicht jedoch der Bf., zu. Entgegen der Auffassung der Bg. und des SG stand der Bf. nach Abschluss des Änderungsvertrages zum Arbeitsvertrag vom 09.12.1993 kein Anspruch auf Tantiemen mehr zu. Laut § 3 des Vertrages erhielt sie für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin lediglich ein monatliches Bruttogehalt i. H. v. 3.000,00 DM.
Zwar liegen bei der Bf. auch Merkmale vor, die gegen eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen. So war sie lt. § 3 des Anstellungsvertrages von 1992 von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Im Falle der Erkrankung wurde ihr Gehalt für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt (§ 8 Anstellungsvertrag von 1992). Nach dieser Zeit erhielt sie im Falle unverschuldeter Dienstverhinderung für die Dauer weiterer sechs Monate einen Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen Krankengeld und der vereinbarten Monatsvergütung.
Bei dem somit bisher festgestellten Sachverhalt ist der Ausgang des Rechtsstreits von der weiteren Sachaufklärung der tatsächlichen Verhältnisse abhängig, wozu das SG nach seinem Ermessen notwendige Ermittlungen durchzuführen haben wird.
Ein Erfolg in der Hauptsache kann damit vor Durchführung dieser Ermittlungen nicht ausgeschlossen werden. Die Klage war nach Sachlage auch nicht mutwillig.
Die Bf. war nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung zu tragen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Beschlusses des SG (Thomas-Putzo, ZPO, 9. Auflage, Rdnr. 3 zu § 119). Die Klägerin verfügte zu diesem Zeitpunkt über ein Einkommen von 572,69 DM (Arbeitslosengeld i. H. v. 132,16 DM wöchentlich x 13: 3). Von diesem Einkommen waren abzusetzen: 1. nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG die Versicherungsprämie zur Haftpflichtversicherung i. H. v. 34,13 DM insgesamt, anteilig unter Berücksichtigung des Familieneinkommens zu einem Viertel, mithin i. H. v. 8,50 DM, 2. nach § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein Viertel der Miete einschl. Nebenkosten i. H. v. 253,87 DM, 3. nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ein eigener Lebenshaltungsfreibetrag für die Bf. i. H. v. 672,00 DM, 4. anteiliger Unterhaltsfreibetrag für das Kind i. H. v. 50,75 DM. Der Bf. verblieb folglich kein einzusetzendes Einkommen.
Die Bf. verfügte auch nicht über ein nach § 115 Abs. 2 ZPO einsetzbares Vermögen, weil sie nach § 1360a Abs. 4 BGB keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenvorauszahlung gegenüber ihrem Ehemann hatte. Nach dieser Vorschrift ist der Ehegatte verpflichtet, der Bf. die Kosten des Rechtsstreites, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, vorzuschießen, sofern dies der Billigkeit entspricht. Ein Rechtsstreit über die Bewilligung von Alg betrifft nach überwiegender Auffassung der Sozialgerichte eine "persönliche Angelegenheit" im Sinne dieser Vorschrift.
Für die Beurteilung, ob eine solche Prozesskostenvorschusspflicht der Billigkeit entspricht, ist das Einkommen der Bf. demjenigen ihres Ehegatten gegenüberzustellen. Dieser Vergleich ergibt, dass der Ehemann einen Prozesskostenvorschuss nicht zu leisten hatte, weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen selbst PKH mit Raten erhalten hätte (LSG Baden Württemberg, Beschluss vom 16.05.1990, L 1 PKH 59/90 B; Sächsisches LSG, Beschluss vom 20.08.1999, L 5 B 27/99 RJ-PKH; Sächsisches LSG, Beschluss vom 13.01.1999, L 3 B 8/98 AL-PKH).
Der Ehemann der Bf. verfügte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des SG über ein Nettoeinkommen von 2.070,00 DM. Von diesem Einkommen waren abzusetzen: 1. nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG eine angemessene Versicherungsprämie für die Haftpflichtversicherung (anteilmäßig) i. H. v. 25,50 DM, 2. nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ein eigener Unterhaltsfreibetrag i. H. v. 672,00 DM sowie ein anteiliger Unterhaltsfreibetrag für das Kind i. H. v. 152,25 DM (Unterhaltsfreibetrag des Kindes i. H. v. 473,00 DM - Kindergeld i. H. v. 270,00 DM = 203,00 DM zu drei Viertel), 3. nach § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Kosten für Unterkunft und Heizung (anteilig am Familieneinkommen) i. H. v. 761,62 DM. Der Ehemann verfügte folglich zum maßgeblichen Zeitpunkt über ein verbleibendes Einkommen von 458,63 DM (Einkommen i. H. v. 2.070,00 DM minus Abzüge i. H. v. insgesamt 1.611,37 DM). Dies hätte nach der Tabelle zu § 115 ZPO eine Monatsrate von 150,00 DM ergeben. Auch § 115 Abs. 3 ZPO wäre im Falle des Ehemanns der Bf. nicht zum Tragen gekommen. Danach wird PKH nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten voraussichtlich nicht übersteigen.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten haben sich seit der Beschlussfassung des SG nicht wesentlich geändert. Auch nach den nunmehr vorliegenden Verhältnissen wäre der Bf. PKH zu bewilligen.
Nach alledem war der Bf. PKH zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG). Er ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 183 SGG).
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