Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 RA 282/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 9/99 RA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 06.01.1999 aufgehoben.
II. Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
In der am 21.04.1997 vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) erhobenen Klage der ... gegen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) waren Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig. Mit Beweisanordnung vom 19.03.1998 wurde der Beschwerdeführer (Ärztlicher Direktor des Fachklinikums ... - Bf.) zum ärztlichen Sachverständigen nach § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), §§ 404 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ernannt. Mit Schreiben vom 19.03.1998 wurde dem Bf. die Beweisanordnung einschließlich der Beweisfragen, ein Entschädigungsantrag für die Klägerin, eine Vorladung an die Klägerin sowie ein Band Gerichtsakten, ein Band Verwaltungsakten der Beklagten und ein Band Krankengeschichten übersandt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 24.07.1998 wurde der Bf. an die Erledigung des Gutachtensauftrages erinnert (Bl. 106 der SG-Akte). Mit Beschluss vom 06.11.1998 wurde dem Bf. zur Erstattung des in Auftrag gegebenen Gutachtens eine Nachfrist bis 20.12.1998 gesetzt. Zugleich wurde für den Fall, dass das Gutachten nicht bis spätestens 20.12.1998 bei Gericht eingegangen ist, ein Ordnungsgeld i.H.v. 1.000,00 DM angedroht. Dem Bf. wurde eine Ausfertigung dieses Beschlusses am 16.11.1998 zugestellt (Postzustellungsurkunde, Bl. 112 der SG-Akte). Bei dem SG ging daraufhin eine Mehrfertigung des Vordrucks S 100, mit welchem die Klägerin zum 10.12.1998 zur Begutachtung eingeladen wurde, ein (Bl. 113 der SG-Akte).
Mit Beschluss vom 06.01.1999, dem Bf. mit PZU am 27.01.1999 zugestellt (Bl. 121 der SG-Akte), setzte das SG ein Ordnungsgeld i.H.v. 1.000,00 DM fest. Mit Schreiben vom 01.02.1999, bei dem SG am selben Tag eingegangen, übersandte der Bf. ein schriftliches Gutachten, das aufgrund der Untersuchung am 10.12.1998 erstellt wurde. Zugleich übersandte der Bf. seine Beschwerde gegen den Beschluss vom 06.01.1999 (Bl. 122 der SG-Akte).
Zur Begründung trägt der Bf. vor, dass die zu Begutachtende nach dem ersten Beschluss vom 06.11.1998 am 10.12.1998 zur Begutachtung eingeladen und ausführlich begutachtet worden sei. Das Gutachten habe aus technischen Gründen bis zum 20.12.1998 nicht fertiggestellt werden können. Dies hänge mit dem schwierigen Wiederaufbau des Klinikums B. nach einem Konkursverfahren zusammen. Der Bf. erklärt weiter, dass er zum Zeitpunkt der Übernahme des Gutachtensauftrages seine zeitlichen Möglichkeiten überschätzt habe. Die Säumigkeit sei aus der Überlastungssituation heraus entstanden und nicht aufgrund nachlässigen Desinteresses.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die SG-Akte zu dem Rechtsstreit ... (Az.: S 3 RA 282/97), die beigezogen und Gegenstand der Entscheidung war, sowie auf die Gerichtsakte des Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den von dem Kammervorsitzenden des Sozialgerichts getroffenen Beschluss ist statthaft und zulässig (§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 411 Abs. 2 Satz 4, 409 Abs. 2 ZPO). Der Beschluss des SG Leipzig vom 06.01.1999 ist aufzuheben. Für die Auferlegung eines Ordnungsgeldes bestand aus Rechtsgründen kein Raum. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach den §§ 118 Abs. 1 SGG, 411 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Rechtliche Grundlage für das vom SG auferlegte Ordnungsgeld ist § 411 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO, der hier gem. § 106 Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4, § 118 Abs. 1 SGG Anwendung findet. Versäumt danach ein zur Gutachtenerstattung verpflichteter Sachverständiger "die Frist", besteht nach Ermessen des Gerichts die Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Mithin verlangt die gesetzliche Regelung schon nach ihrem Wortlaut neben einer "Nachfrist" eine zuvor vorzunehmende Fristsetzung für die Abgabe des in Auftrag gegebenen Gutachtens. Das Bestimmen einer Nachfrist unter Androhung von Ordnungsgeld darf daher, soll sie die Rechtsfolge des § 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO auslösen, erst erfolgen, wenn eine "Erstfrist" versäumt wurde (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO-Kommentar § 411 Rn. 5; ebenso OLG Hamm, Beschluss vom 11.10.1997, Az.: 12 W 24/97; LSG NRW, Beschluss vom 04.03.1980, Az.: L 5 28/79). Schon nach dem Gesetzeswortlaut - "Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden" - ist zwingende Voraussetzung für die Androhung eines Ordnungsgeldes, dass eine zuvor gesetzte Frist ergebnislos verstrichen ist. Die Nachfrist muss auch grundsätzlich so bemessen sein, dass sie in Verbindung mit der ersten Frist zur Anfertigung des Gutachtens genügt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O.). Damit wird klargestellt, dass die Nachfrist jeweils im Zusammenhang mit einer vorangegangenen Frist zu sehen ist. Gemessen an diesen Voraussetzungen durfte das SG gegen den Bf. kein Ordnungsgeld festsetzen. Mit Beweisanordnung vom 19.03.1998 wurde der Bf. zum ärztlichen Sachverständigen nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4 SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 i.V.m. den §§ 404 ff. ZPO ernannt. Das SG konnte dem Sachverständigen zwar - wiederholt - zur Erstellung des Gutachtens eine Frist aufgeben (§ 411 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Eine Fristsetzung nach § 411 Abs. 1 Satz 2 ZPO, die im Ermessen des Gerichts liegt, erfolgte hier jedoch nicht. Weder wurde bei Erteilung des Gutachtensauftrags eine Frist bestimmt noch bei Erinnerung mit Schreiben vom 24.07.1998 eine Frist zur Erledigung des Gutachtensauftrags festgelegt. Die einzige Fristsetzung zur Erstellung des Gutachtens erfolgte vielmehr mit Beschluss vom 06.11.1998, in dem der Kammervorsitzende die Nachfrist (20.12.1998) nach § 411 Abs. 2 Satz 1 unter gleichzeitiger Androhung eines Ordnungsgeldes gesetzt hat (§ 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Das Erfordernis einer Erstfrist ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der Androhung des Ordnungsgeldes. Da die Festsetzung eines Ordnungsgeldes die Vorwerfbarkeit des Verhaltens voraussetzt, muss die Unangemessenheit des Fristüberschreitung so deutlich sein, dass sie auch der Sachverständige bei pflichtgemäßer Abwägung erkennen konnte und musste (vgl. Kleinknecht/Meyer-Großer StPO-Komm. 43. Auflage, § 77 Rn. 5). Die Verhängung des Ordnungsgeldes kann bei § 411 Abs. 2 ZPO nur im Falle einer schuldhaften Versäumung der Gutachtenerstellung erfolgen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rn. 6). Ein Verschulden liegt beispielsweise vor, wenn ein Hinderungsgrund vom Sachverständigen nicht rechtzeitig angezeigt wurde, wenn der Sachverständige also weder unverzüglich einen Mitarbeiter vorschlägt noch einen festen Termin nennt und ihn dann auch, selbst bei Arbeitsüberlastung, einhält (vgl. Baumbach/Lauterbach a.a.O.; sowie Ehlers (Hrsg.) "Praxis der medizinischen Begutachtung im Prozeß" 1. Aufl. S.19 - 29). Der Sachverständige muß um seine Entlassung aus der Gutachtertätigkeit bitten, wenn abzusehen ist, dass eine zeitnahe Begutachtung nicht erfolgen könne. Er muß dem Gericht die Gründe für die Verzögerungen zeitnah mitteilen und entweder selbst einen Termin nennen, bis zu welchem die Gutachtenerstellung möglich ist, oder aber die Entlassung aus dem Gutachtensantrag beantragen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Sachverständige erkennen kann, innerhalb welchen Zeitraums er das Gutachten zu erstellen hat. Hierfür ist die konkrete Benennung eines Datums zwingend erforderlich. Da hier eine Frist vor der Nachfristsetzung nie bestimmt wurde, musste der Sachverständige, trotz der mit Schreiben vom 24.07.1998 erfolgten Erinnerung, nicht mit Konsequenzen wie dem Androhen eines Ordnungsgeldes rechnen.
Danach war der angefochtene Beschluss aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG. Der Bf. hatte mit seinem Begehren Erfolg (vgl. Krosney/Udsching, Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Rdnr. 58; Meyer-Ladewig, § 177 Rdnr. 5; im Ergebnis ebenso Thomas-Putzo ZPO-Kommentar, § 380 Rdnr. 12; OLG Hamm a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz in Breith. 1995, 548). Dem Bf. sind die notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten, da er mit seiner Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss in vollem Umfang obsiegt hat.
Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 177 SGG). Die Entscheidung ist endgültig.
II. Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
In der am 21.04.1997 vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) erhobenen Klage der ... gegen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) waren Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig. Mit Beweisanordnung vom 19.03.1998 wurde der Beschwerdeführer (Ärztlicher Direktor des Fachklinikums ... - Bf.) zum ärztlichen Sachverständigen nach § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), §§ 404 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ernannt. Mit Schreiben vom 19.03.1998 wurde dem Bf. die Beweisanordnung einschließlich der Beweisfragen, ein Entschädigungsantrag für die Klägerin, eine Vorladung an die Klägerin sowie ein Band Gerichtsakten, ein Band Verwaltungsakten der Beklagten und ein Band Krankengeschichten übersandt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 24.07.1998 wurde der Bf. an die Erledigung des Gutachtensauftrages erinnert (Bl. 106 der SG-Akte). Mit Beschluss vom 06.11.1998 wurde dem Bf. zur Erstattung des in Auftrag gegebenen Gutachtens eine Nachfrist bis 20.12.1998 gesetzt. Zugleich wurde für den Fall, dass das Gutachten nicht bis spätestens 20.12.1998 bei Gericht eingegangen ist, ein Ordnungsgeld i.H.v. 1.000,00 DM angedroht. Dem Bf. wurde eine Ausfertigung dieses Beschlusses am 16.11.1998 zugestellt (Postzustellungsurkunde, Bl. 112 der SG-Akte). Bei dem SG ging daraufhin eine Mehrfertigung des Vordrucks S 100, mit welchem die Klägerin zum 10.12.1998 zur Begutachtung eingeladen wurde, ein (Bl. 113 der SG-Akte).
Mit Beschluss vom 06.01.1999, dem Bf. mit PZU am 27.01.1999 zugestellt (Bl. 121 der SG-Akte), setzte das SG ein Ordnungsgeld i.H.v. 1.000,00 DM fest. Mit Schreiben vom 01.02.1999, bei dem SG am selben Tag eingegangen, übersandte der Bf. ein schriftliches Gutachten, das aufgrund der Untersuchung am 10.12.1998 erstellt wurde. Zugleich übersandte der Bf. seine Beschwerde gegen den Beschluss vom 06.01.1999 (Bl. 122 der SG-Akte).
Zur Begründung trägt der Bf. vor, dass die zu Begutachtende nach dem ersten Beschluss vom 06.11.1998 am 10.12.1998 zur Begutachtung eingeladen und ausführlich begutachtet worden sei. Das Gutachten habe aus technischen Gründen bis zum 20.12.1998 nicht fertiggestellt werden können. Dies hänge mit dem schwierigen Wiederaufbau des Klinikums B. nach einem Konkursverfahren zusammen. Der Bf. erklärt weiter, dass er zum Zeitpunkt der Übernahme des Gutachtensauftrages seine zeitlichen Möglichkeiten überschätzt habe. Die Säumigkeit sei aus der Überlastungssituation heraus entstanden und nicht aufgrund nachlässigen Desinteresses.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die SG-Akte zu dem Rechtsstreit ... (Az.: S 3 RA 282/97), die beigezogen und Gegenstand der Entscheidung war, sowie auf die Gerichtsakte des Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den von dem Kammervorsitzenden des Sozialgerichts getroffenen Beschluss ist statthaft und zulässig (§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 411 Abs. 2 Satz 4, 409 Abs. 2 ZPO). Der Beschluss des SG Leipzig vom 06.01.1999 ist aufzuheben. Für die Auferlegung eines Ordnungsgeldes bestand aus Rechtsgründen kein Raum. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach den §§ 118 Abs. 1 SGG, 411 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Rechtliche Grundlage für das vom SG auferlegte Ordnungsgeld ist § 411 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO, der hier gem. § 106 Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4, § 118 Abs. 1 SGG Anwendung findet. Versäumt danach ein zur Gutachtenerstattung verpflichteter Sachverständiger "die Frist", besteht nach Ermessen des Gerichts die Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Mithin verlangt die gesetzliche Regelung schon nach ihrem Wortlaut neben einer "Nachfrist" eine zuvor vorzunehmende Fristsetzung für die Abgabe des in Auftrag gegebenen Gutachtens. Das Bestimmen einer Nachfrist unter Androhung von Ordnungsgeld darf daher, soll sie die Rechtsfolge des § 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO auslösen, erst erfolgen, wenn eine "Erstfrist" versäumt wurde (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO-Kommentar § 411 Rn. 5; ebenso OLG Hamm, Beschluss vom 11.10.1997, Az.: 12 W 24/97; LSG NRW, Beschluss vom 04.03.1980, Az.: L 5 28/79). Schon nach dem Gesetzeswortlaut - "Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden" - ist zwingende Voraussetzung für die Androhung eines Ordnungsgeldes, dass eine zuvor gesetzte Frist ergebnislos verstrichen ist. Die Nachfrist muss auch grundsätzlich so bemessen sein, dass sie in Verbindung mit der ersten Frist zur Anfertigung des Gutachtens genügt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O.). Damit wird klargestellt, dass die Nachfrist jeweils im Zusammenhang mit einer vorangegangenen Frist zu sehen ist. Gemessen an diesen Voraussetzungen durfte das SG gegen den Bf. kein Ordnungsgeld festsetzen. Mit Beweisanordnung vom 19.03.1998 wurde der Bf. zum ärztlichen Sachverständigen nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4 SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 i.V.m. den §§ 404 ff. ZPO ernannt. Das SG konnte dem Sachverständigen zwar - wiederholt - zur Erstellung des Gutachtens eine Frist aufgeben (§ 411 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Eine Fristsetzung nach § 411 Abs. 1 Satz 2 ZPO, die im Ermessen des Gerichts liegt, erfolgte hier jedoch nicht. Weder wurde bei Erteilung des Gutachtensauftrags eine Frist bestimmt noch bei Erinnerung mit Schreiben vom 24.07.1998 eine Frist zur Erledigung des Gutachtensauftrags festgelegt. Die einzige Fristsetzung zur Erstellung des Gutachtens erfolgte vielmehr mit Beschluss vom 06.11.1998, in dem der Kammervorsitzende die Nachfrist (20.12.1998) nach § 411 Abs. 2 Satz 1 unter gleichzeitiger Androhung eines Ordnungsgeldes gesetzt hat (§ 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Das Erfordernis einer Erstfrist ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der Androhung des Ordnungsgeldes. Da die Festsetzung eines Ordnungsgeldes die Vorwerfbarkeit des Verhaltens voraussetzt, muss die Unangemessenheit des Fristüberschreitung so deutlich sein, dass sie auch der Sachverständige bei pflichtgemäßer Abwägung erkennen konnte und musste (vgl. Kleinknecht/Meyer-Großer StPO-Komm. 43. Auflage, § 77 Rn. 5). Die Verhängung des Ordnungsgeldes kann bei § 411 Abs. 2 ZPO nur im Falle einer schuldhaften Versäumung der Gutachtenerstellung erfolgen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rn. 6). Ein Verschulden liegt beispielsweise vor, wenn ein Hinderungsgrund vom Sachverständigen nicht rechtzeitig angezeigt wurde, wenn der Sachverständige also weder unverzüglich einen Mitarbeiter vorschlägt noch einen festen Termin nennt und ihn dann auch, selbst bei Arbeitsüberlastung, einhält (vgl. Baumbach/Lauterbach a.a.O.; sowie Ehlers (Hrsg.) "Praxis der medizinischen Begutachtung im Prozeß" 1. Aufl. S.19 - 29). Der Sachverständige muß um seine Entlassung aus der Gutachtertätigkeit bitten, wenn abzusehen ist, dass eine zeitnahe Begutachtung nicht erfolgen könne. Er muß dem Gericht die Gründe für die Verzögerungen zeitnah mitteilen und entweder selbst einen Termin nennen, bis zu welchem die Gutachtenerstellung möglich ist, oder aber die Entlassung aus dem Gutachtensantrag beantragen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Sachverständige erkennen kann, innerhalb welchen Zeitraums er das Gutachten zu erstellen hat. Hierfür ist die konkrete Benennung eines Datums zwingend erforderlich. Da hier eine Frist vor der Nachfristsetzung nie bestimmt wurde, musste der Sachverständige, trotz der mit Schreiben vom 24.07.1998 erfolgten Erinnerung, nicht mit Konsequenzen wie dem Androhen eines Ordnungsgeldes rechnen.
Danach war der angefochtene Beschluss aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG. Der Bf. hatte mit seinem Begehren Erfolg (vgl. Krosney/Udsching, Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Rdnr. 58; Meyer-Ladewig, § 177 Rdnr. 5; im Ergebnis ebenso Thomas-Putzo ZPO-Kommentar, § 380 Rdnr. 12; OLG Hamm a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz in Breith. 1995, 548). Dem Bf. sind die notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten, da er mit seiner Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss in vollem Umfang obsiegt hat.
Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 177 SGG). Die Entscheidung ist endgültig.
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