Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KA 77/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 22/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 96/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.01.2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass nicht rechtswidrige Sterilisationen nach § 24 b SGB V nur dann Bestandteil der vertragsärztlichen Leistungspflicht sind, wenn sie medizinisch notwendig sind.
Der Kläger ist Arzt für Urologie und in D ... zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Bezirksstelle D ... der Beklagten schrieb den Kläger am 02.06.2000 an und teilte ihm mit, der VdAK habe ihr mitgeteilt, dass er keine nicht rechtswidrigen Sterilisationen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung anbiete, sondern diese den Versicherten privat in Rechnung stellen würde. Nicht rechtswidrige Sterilisationen seien jedoch nach § 11 in Verbindung mit § 24 b SGB V vertragsärztliche Leistungen. Der Kläger wurde um Stellungnahme zu diesem Sachverhalt gebeten. Im Übrigen enthielt dieses Schreiben einen Hinweis auf eine Entscheidung des erkennenden Senates - Az. L 11 B 35/98 KA.
Der Kläger hat am 12.03.2001 Feststellungsklage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, ihm drohe ein Disziplinarverfahren und es sei ihm nicht zuzumuten, die streitige Rechtsfrage im Rahmen eines Disziplinarverfahrens gerichtlich überprüfen zu lassen. Er vertrete die Auffassung, dass § 24 b Abs. 1 SGB V einem gesetzlich Krankenversicherten keinen Anspruch auf eine sogenannte Wunschsterilisation gebe. Dem stehe die Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V entgegen, der bestimme, dass Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, vom Versicherten nicht beansprucht werden können; bei dieser Vorschrift handele es sich um eine vor die Klammer gezogene allgemeine Regelung, die auch für Sterilisationen gelte.
Im Übrigen verpflichte § 70 Abs. 1 SGB V alle Leistungserbringer - also auch ihn als Vertragsarzt - § 12 SGB V zu beachten. Er führe im Rahmen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nur medizinisch notwendige Sterilisationen bei gesetzlich krankenversicherten Männern durch. Soweit das LSG Schleswig-Holstein im Urteil vom 15.09.1998 - L 6 KA 52/97 - eine andere Rechtsauffassung vertreten habe, sei diese unrichtig, da das LSG § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht entsprechend berücksichtigt habe.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die nicht rechtswidrige Sterilisation gemäß § 24 b SGB V nur dann Bestandteil der vertragsärztlichen Leistungspflicht ist, wenn sie medizinisch notwendig ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, dass sie die Klage für unzulässig halte, da ein Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Das Schreiben ihrer Bezirksstelle habe den Kläger lediglich zu einer Stellungnahme aufgefordert. Dies sei dem Kläger auch zuzumuten. Die Klage sei auch unbegründet, da § 11 Abs. 1 Nr. 2 und § 24 b Abs. 1 SGB V bestimme, dass die nicht rechtswidrige Sterilisation eine Leistung der Krankenversicherung sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.01.2002 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen, da ein Feststellungsinteresse nicht bestehe. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen verwiesen.
Mit seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.01.2002 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Auf den Inhalt der Gerichtsakte wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass kein berechtigtes Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung besteht. Dieses sogenannte Feststellungsinteresse ist ein Sonderfall des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 57, 184; 58, 134; 58, 150, 153; NZS 1996, 39) muss grundsätzlich vorher ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dem ein feststellender Verwaltungsakt zum streitigen Rechtsverhältnis ergangen ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Beklagte konkreten Anlass gegeben hat, der den Kläger berechtigt, sofort zu klagen (z. B. schriftliche Mitteilung, dass Verjährung eingetreten sei) oder wenn es dem Betroffenen nicht zuzumuten ist, die Entscheidung der Behörde abzuwarten (BSG NJW 1992, 1717; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. § 55 Randnr. 15). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn der Kläger ist lediglich durch die Beklagte zu einer Stellungnahme auf Grund einer Beschwerde des VdAK aufgefordert worden. Damit hat die Beklagte allein die Rechtsansicht des VdAK mitgeteilt und nicht bereits ihre eigene Ansicht zu der relevanten Rechtsfrage geäußert. Auch der Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senates lässt insoweit keine Rückschlüsse dahin zu, ob die Beklagte sog. Wunschsterilisationen als vertragsärztliche Leistungen ansieht. Denn der Hinweis beinhaltet allein die Feststellung, dass ärztliche Leistungen, die zum Katalog der vertragsärztlichen Leistungen zählen, nicht nur privat Versicherten angeboten werden dürfen. Damit ist jedoch noch keine Aussage dazu getroffen, ob die streitigen Wunschsterilisationen vertragsärztliche Leistungen sind oder nicht.
Es besteht auch kein Interesse an baldiger Feststellung. Ein derartiges Interesse besteht nur dann, wenn eine Rechtsfrage alsbald geklärt werden muss, weil dem Kläger ansonsten bereits durch den Zeitablauf Nachteile entstehen (Jung in Jansen, Berliner Kommentare, SGG, 1. Aufl., 2003, § 55 Randnr. 16). Diese Voraussetzung sieht der Senat ebenfalls nicht als gegeben an, da der Kläger auf das Schreiben der Bezirksstelle der Beklagten aus Juni 2000 erst mit der Feststellungsklage im März 2001 reagiert hat. Dieser deutliche Abstand zwischen dem auslösenden Ereignis und der Erhebung der Feststellungsklage zeigt, dass dem Kläger durch Zeitablauf keine Nachteile drohten. Denn ansonsten hätte er unverzüglich die Feststellungsklage erheben müssen.
Letztlich wird auch nicht durch das Verhalten der Beklagten im Klageverfahren ein Feststellungsinteresse begründet. Zwar kann grundsätzlich das Verhalten des Beklagten im Rechtsstreit für die Beurteilung des Feststellungsinteresses von Bedeutung sein (Meyer-Ladewig, a. a. O., § 55 Randnr. 15), jedoch kann ein Feststellungsinteresse aus dem Verhalten des Beklagten dann nicht hergeleitet werden, wenn der Beklagte in seiner Klageerwiderung lediglich seine Rechtsansicht darlegt, ohne dem Kläger konkret Rechtsnachteile (z. B. Einleitung eines Disziplinarverfahrens, Honorarkürzung, etc.) in Aussicht zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2001.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass nicht rechtswidrige Sterilisationen nach § 24 b SGB V nur dann Bestandteil der vertragsärztlichen Leistungspflicht sind, wenn sie medizinisch notwendig sind.
Der Kläger ist Arzt für Urologie und in D ... zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Bezirksstelle D ... der Beklagten schrieb den Kläger am 02.06.2000 an und teilte ihm mit, der VdAK habe ihr mitgeteilt, dass er keine nicht rechtswidrigen Sterilisationen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung anbiete, sondern diese den Versicherten privat in Rechnung stellen würde. Nicht rechtswidrige Sterilisationen seien jedoch nach § 11 in Verbindung mit § 24 b SGB V vertragsärztliche Leistungen. Der Kläger wurde um Stellungnahme zu diesem Sachverhalt gebeten. Im Übrigen enthielt dieses Schreiben einen Hinweis auf eine Entscheidung des erkennenden Senates - Az. L 11 B 35/98 KA.
Der Kläger hat am 12.03.2001 Feststellungsklage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, ihm drohe ein Disziplinarverfahren und es sei ihm nicht zuzumuten, die streitige Rechtsfrage im Rahmen eines Disziplinarverfahrens gerichtlich überprüfen zu lassen. Er vertrete die Auffassung, dass § 24 b Abs. 1 SGB V einem gesetzlich Krankenversicherten keinen Anspruch auf eine sogenannte Wunschsterilisation gebe. Dem stehe die Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V entgegen, der bestimme, dass Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, vom Versicherten nicht beansprucht werden können; bei dieser Vorschrift handele es sich um eine vor die Klammer gezogene allgemeine Regelung, die auch für Sterilisationen gelte.
Im Übrigen verpflichte § 70 Abs. 1 SGB V alle Leistungserbringer - also auch ihn als Vertragsarzt - § 12 SGB V zu beachten. Er führe im Rahmen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nur medizinisch notwendige Sterilisationen bei gesetzlich krankenversicherten Männern durch. Soweit das LSG Schleswig-Holstein im Urteil vom 15.09.1998 - L 6 KA 52/97 - eine andere Rechtsauffassung vertreten habe, sei diese unrichtig, da das LSG § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht entsprechend berücksichtigt habe.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die nicht rechtswidrige Sterilisation gemäß § 24 b SGB V nur dann Bestandteil der vertragsärztlichen Leistungspflicht ist, wenn sie medizinisch notwendig ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, dass sie die Klage für unzulässig halte, da ein Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Das Schreiben ihrer Bezirksstelle habe den Kläger lediglich zu einer Stellungnahme aufgefordert. Dies sei dem Kläger auch zuzumuten. Die Klage sei auch unbegründet, da § 11 Abs. 1 Nr. 2 und § 24 b Abs. 1 SGB V bestimme, dass die nicht rechtswidrige Sterilisation eine Leistung der Krankenversicherung sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.01.2002 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen, da ein Feststellungsinteresse nicht bestehe. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen verwiesen.
Mit seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.01.2002 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Auf den Inhalt der Gerichtsakte wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass kein berechtigtes Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung besteht. Dieses sogenannte Feststellungsinteresse ist ein Sonderfall des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 57, 184; 58, 134; 58, 150, 153; NZS 1996, 39) muss grundsätzlich vorher ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dem ein feststellender Verwaltungsakt zum streitigen Rechtsverhältnis ergangen ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Beklagte konkreten Anlass gegeben hat, der den Kläger berechtigt, sofort zu klagen (z. B. schriftliche Mitteilung, dass Verjährung eingetreten sei) oder wenn es dem Betroffenen nicht zuzumuten ist, die Entscheidung der Behörde abzuwarten (BSG NJW 1992, 1717; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. § 55 Randnr. 15). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn der Kläger ist lediglich durch die Beklagte zu einer Stellungnahme auf Grund einer Beschwerde des VdAK aufgefordert worden. Damit hat die Beklagte allein die Rechtsansicht des VdAK mitgeteilt und nicht bereits ihre eigene Ansicht zu der relevanten Rechtsfrage geäußert. Auch der Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senates lässt insoweit keine Rückschlüsse dahin zu, ob die Beklagte sog. Wunschsterilisationen als vertragsärztliche Leistungen ansieht. Denn der Hinweis beinhaltet allein die Feststellung, dass ärztliche Leistungen, die zum Katalog der vertragsärztlichen Leistungen zählen, nicht nur privat Versicherten angeboten werden dürfen. Damit ist jedoch noch keine Aussage dazu getroffen, ob die streitigen Wunschsterilisationen vertragsärztliche Leistungen sind oder nicht.
Es besteht auch kein Interesse an baldiger Feststellung. Ein derartiges Interesse besteht nur dann, wenn eine Rechtsfrage alsbald geklärt werden muss, weil dem Kläger ansonsten bereits durch den Zeitablauf Nachteile entstehen (Jung in Jansen, Berliner Kommentare, SGG, 1. Aufl., 2003, § 55 Randnr. 16). Diese Voraussetzung sieht der Senat ebenfalls nicht als gegeben an, da der Kläger auf das Schreiben der Bezirksstelle der Beklagten aus Juni 2000 erst mit der Feststellungsklage im März 2001 reagiert hat. Dieser deutliche Abstand zwischen dem auslösenden Ereignis und der Erhebung der Feststellungsklage zeigt, dass dem Kläger durch Zeitablauf keine Nachteile drohten. Denn ansonsten hätte er unverzüglich die Feststellungsklage erheben müssen.
Letztlich wird auch nicht durch das Verhalten der Beklagten im Klageverfahren ein Feststellungsinteresse begründet. Zwar kann grundsätzlich das Verhalten des Beklagten im Rechtsstreit für die Beurteilung des Feststellungsinteresses von Bedeutung sein (Meyer-Ladewig, a. a. O., § 55 Randnr. 15), jedoch kann ein Feststellungsinteresse aus dem Verhalten des Beklagten dann nicht hergeleitet werden, wenn der Beklagte in seiner Klageerwiderung lediglich seine Rechtsansicht darlegt, ohne dem Kläger konkret Rechtsnachteile (z. B. Einleitung eines Disziplinarverfahrens, Honorarkürzung, etc.) in Aussicht zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2001.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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