Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 (25) KA 107/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 66/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.04.2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungs- und Klageverfahren. Der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2003 wird aufgehoben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Aufhebungs- und Rückforderungsbescheiden betreffend die Quartale IV/1981 bis I/1985.
Der Kläger ist als Orthopäde im R ... zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den Jahren ab 1980 war er gemeinsam mit den Kassenärzten Dr. K ... und Dr. T ... tätig, ob im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft ist offen. Er wurde durch Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19.02.1992 wegen Betruges in vierzehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 350 Tagessätzen verurteilt. Die gegen das Urteil eingelegte Revision wurde vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.03.1993 - 3 StR 461/92 - verworfen. Wegen betrügerischer Abrechnungen der Praxis Dres. K ..., B ... und T ... wurden von den Primärkassen gegenüber der Beklagten mehrere Millionen Deutsche Mark an Gesamtvergütung für nachfolgende Quartale einbehalten. Die diesbezüglichen Rechtstreitigkeiten S 25 KA 73/92, S 25 KA 81/92 und S 25 KA 150/92 wurden durch die vergleichsweise Vereinbarung einer Einbehaltung in Höhe von 500.000,- DM am 08.06.1994 beendet.
Auch zwischen dem Kläger, vertreten durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten, und der Beklagten, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. R ..., fanden Vergleichsverhandlungen statt. Mit Schreiben vom 08.03.1994 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit, seine Mandanten - Dres. K ..., B ... und T ... - seien bereit, 100.000,- DM an die Beklagte zu zahlen. Mit Schreiben vom 20.05.1994 bat Rechtsanwalt Dr. R ... um verbindliche Bestätigung, dass die Zahlungen binnen eines Monats nach Vergleichsabschluss erfolgen würden. Der Prozeßbevollmächtigte bestätigte daraufhin mit Schreiben vom 06.06.1994, dass seine Mandanten je 33.333,33 DM binnen eines Monats nach Vergleichsabschluss zahlen würden. Die Zahlung werde mit der Maßgabe erfolgen, dass damit alle gebührenordnungsmäßigen Unrichtigkeiten im Hinblick auf die Quartale, die Gegenstand der obengenannten Rechtsstreite waren, erledigt seien. Dr. R ... antwortete mit Schreiben vom 09.06.1994, dass unzweifelhaft eine gesamtschuldnerische Haftung der Dres. K ..., B ... und T ... gegeben sei. Die Beklagte sei nicht bereit, sich lediglich auf die Zahlungsansprüche gegen die einzelnen Ärzte verweisen zu lassen. Der Vorgang könne möglicherweise dadurch erledigt werden, dass die Mandanten veranlaßt würden, den Betrag von 100.000,- DM insgesamt an die Beklagte zu zahlen. Ferner könnten nur die Ansprüche erledigt werden, die Gegenstand der bisherigen Rechtsstreite gewesen seien. In seinem Schreiben vom 28.07.1994 stimmte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers der vorgeschlagenen Erledigungsklausel zu und teilte ferner mit, dass er davon ausgehe, dass die 100.000,- DM getilgt würden, so dass sich die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung erledige. Er gehe davon aus, dass gegenüber Dres. K ... und B ... eine Verrechnung erfolge und Dr. T ... den ausstehenden Betrag überweise. In der Folgezeit wurde der Betrag von 100.000,- DM von den drei Ärzten insgesamt beglichen.
Mit angefochtenem Bescheid vom 28.02.1996 hob die Beklagte die Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/1981 bis I/1985 im Bereich der Primärkassen auf. Das Honorar für die genannten Quartale werde vermindert um jeweils 1/14 von 500.000,- DM in jedem Quartal neu festgesetzt. Das zuviel gezahlte Honorar in Höhe von 500.000,- DM werde zurückgefordert. Die Beklagte bezog sich dabei auf die durch Urteil des BGH vom 10.03.1993 nunmehr rechtskräftig festgestellten Falschabrechnungen sowie darauf, dass ihr Schaden 500.000,- DM betrage. Der gezahlte Betrag in Höhe von 33.333,33 DM werde als Teilleistung auf den zu zahlenden Betrag von 500.000,- DM angerechnet. Der Kläger sei verpflichtet, den Betrag von 466.666,67 DM zurückzuzahlen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, dass durch die vergleichsweise Vereinbarung der Zahlung von 100.000,- DM alle Ansprüche erledigt sein. Die Beklagte habe die Zahlung auch widerspruchslos entgegengenommen. Die Höhe der Rückforderung sei nicht nachvollziehbar, weil er nur einer von drei Beteiligten sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen richtete sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger sich im wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren bezog. Es sei ein Vergleich mit der Beklagten abgeschlossen worden, der in der Folgezeit auch vollzogen worden sei. Die Berufung darauf, dass der Vergleich nicht wirksam sei, verstoße gegen Treu und Glauben, denn die Zahlungen seien von der Beklagten unwidersprochen entgegengenommen worden. Der Betrag von 500.000,- DM sei von der Beklagten gegenüber den Krankenkassen nur akzeptiert worden, weil ihr durch die hohen Einbehaltungen der Primärkassen Zinsverluste gedroht hätten. Gegenüber Dr. T ... habe die Beklagte keine Maßnahme ergriffen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28.02.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.10.1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2002 den Bescheid der Beklagten aufgehoben und zur Begründung - wie der erkennende Senat zum Urteil vom 07.03.2001 - L 11 KA 77/99 - ausgeführt, dass der Abschluss eines Vergleichsvertrages hier dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid entgegenstehe. Die Beteiligten hätten sich außergerichtlich darauf geeinigt, dass die Dres. T ..., B ... und K ... insgesamt 100.000,- DM an die Beklagte zahlen sollten. Zwar habe man zunächst über die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung gestritten, die Beteiligten hätten sich aber letztendlich dahingehend geeinigt, dass im Fall der tatsächlichen Zahlung von 100.000,- DM eine Einigung über die gesamtschuldnerische Haftung nicht erforderlich sei. Da alle Ärzte ihren Anteil an die Beklagte gezahlt hätten, sei der Vergleich vollzogen und die Einigung wirksam geworden. Den Schriftformer- fordernissen sei genügt. Eine Urkundeneinheit sei nicht erforderlich.
Mit Bescheid vom 30.04.2002 hat die Beklagte unter Abänderung des Erstbescheides vom 28.02.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.1997 die Honorarbescheide für die Quartale IV/1981 bis I/1985 für den Bereich der RVO-Krankenkassen teilweise aufgehoben und Honorar in Höhe von 204.516,75 Euro zurückgefordert.
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, es fehle für die Annahme eines Vergleichsvertrages an übereinstimmenden Willenserklärungen. Die Beklagte habe das Angebot im Schreiben vom 06.06.1994 nicht angenommen, sondern klargestellt, dass der Kläger sich mit einer gesamtschuldnerischen Haftung über 100.000,- DM sowie mit einer Änderung der Erledigungserklärung einverstanden erklären müsse. Hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Haftung sei jedoch keine Einverständniserklärung abgegeben worden. Eine Einigung darüber, dass im Fall der Zahlung von 100.000,- DM eine Einigung über die gesamtschuldnerische Haftung nicht mehr erforderlich sei, sei nie erzielt worden. In der Entgegennahme von Geldbeträgen könne keine Zustimmung zum Abschluss eines entsprechenden Vergleichs gesehen werden. An die Schriftform seien nicht deshalb geringere Anforderungen zu stellen, weil beide Beteiligte anwaltlich vertreten gewesen seien. Die Rückforderung scheitere auch nicht an der Frist in § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X, da die Beklagte aufgrund der vertragsärztlichen Sondervorschriften im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung das Honorar noch neu berechnen könne.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.04.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage gegen den Bescheid vom 30.04.2002 abzuweisen.
Er weist demgegenüber darauf hin, dass der Rückforderungsbescheid zu einem Zeitpunkt ergangen sei, als bereits 100.000,- DM gezahlt worden seien. Ein Drittel der Summe sei von ehemaligen Praxisgemeinschaftspartner Dr. T ... gezahlt worden, die restliche Summe sei von der Bezirksstelle gegenüber Dr. B ... und dem Kläger verrechnet worden. Da sowohl die Voraussetzungen der gesamtschuldnerischen Haftung als auch die der Änderung der Erledigungsklausel vorgelegen hätten, habe für den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid kein Raum mehr bestanden. Im Falle ihres Obsiegens sei die Beklagte unrechtmäßig bereichert, weil sie sowohl von Dr. B ... als auch vom Kläger 500.000,- DM fordere. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten S 26 Ka 81/92, S 25 Ka 150/92, S 25 Ka 73/93 verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war. Er trägt weiter vor, die Beklagte besitze für die Berufung kein Rechtsschutzbedürfnis, da sie durch den Erlass des Zweitbescheides die Rechtswirdrigkeit des Erstbescheides anerkannt habe; die erneute Honoraraberichtigung sei im Übrigen wegen Verfristung ausgeschlossen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den angefochtenen Bescheid der Beklagten aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2002 ist ebenfalls rechtswirdrig und beschwert den Kläger im Sinne von § 54 SGG. Der Bescheid vom 30.04.2002 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, da er den Ausgangsbescheid vom 28.02.1996 ausdrücklich abändert. Denn die Beklagte hat die Honorarrückforderung in diesem Bescheid neu berechnet und auf 204.516,75 Euro reduziert.
Der Senat hat im Urteil vom 07.03.2001 - L 11 KA 77/99 - im Verfahren des Orthopäden Dr. K ... gegen die Beklagte ausgeführt:
"Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem angefochtenen Bescheid bereits der zwischen den Beteiligten geschlossene Vergleichsvertrag entgegensteht. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers in seinem Schreiben vom 28.07.1994 dem allein noch streitigen Punkt einer gesamtschuldnerischen Haftung nicht zugestimmt. Gleichzeitig wurde aber mitgeteilt, dass die Forderung von 100.000,- DM durch Zahlung von je 33.333,- DM getilgt werde. Diese praktische Möglichkeit, die Festschreibung einer gesamtschuldnerischen Haftung zu umgehen, hatte der Bevollmächtigte der Beklagten im Schreiben vom 09.06.1994 ausdrücklich aufgezeigt. Einigkeit bestand damit jedenfalls darin, dass die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung nach der Befriedigung der Forderung keine Rolle mehr spielen sollte. Es bestand dann offensichtlich auch nicht mehr das Sicherungsbedürfnis, dem die Forderung nach einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten entsprang. Der Betrag von 100.000,- DM wurde in der Folgezeit von den drei Ärzten gezahlt. Für eine weitere Rückforderung bestand damit kein Raum mehr. Der Senat ist mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass eine Urkundeneinheit nicht erforderlich ist. Unabhängig von der Frage, ob ein solches Erfordernis überhaupt besteht (offen gelassen von BSGE 69, 238, 241), kann jedenfalls davon abgesehen werden, wenn es dieses besonderen Schutzes angesichts der anwaltlichen Vertretung der Beteiligten nicht bedarf.
Selbst wenn man aber den Vergleichsvertrag außer acht läßt, kann der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben. Sofern es sich bei der Aufhebung und Rückforderung der Beklagten um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung handeln sollte, fehlt es an einer nachvollziehbaren Darlegung zur Höhe der Rückforderung und Neufestsetzung. Die Beklagte hat sich bei ihrer Schätzung erkennbar nicht daran ausgerichtet, in welchem Umfang abgerechnetes Honorar tatsächlich nicht erwirtschaftet wurde, sondern am Ergebnis des Vergleichs mit den Primärkassen orientiert. Dass dieser Vergleich jedoch vor allem dem Bestreben entsprach, drohende Zinsverluste zu verhindern, ergibt sich u.a. aus dem Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten vom 30.11.1995. Ein Bezug zum Umfang der Falschabrechnung, der vom Landgericht für den Kläger auf ca. 17.000,- DM geschätzt wurde, ist nicht erkennbar. Der Kläger weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Beklagte sowohl von ihm als auch von Dr. B ... 500.000,- DM zurückfordert. Die Beklagte geht aber selbst davon aus, dass allenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung in Betracht kommt. Hierzu fehlt es in dem Bescheid an jedem Hinweis. Es müßten im übrigen den Gesamtschuldnern sämtliche Zahlungen, d.h. insgesamt 100.000,- DM, jeweils angerechnet werden. Offen läßt der Senat dabei, ob überhaupt im Hinblick auf den Zeitablauf - seit März 1993 stand die rechtskräftige Verurteilung des Klägers fest - hier nicht auch ein sachlich-rechnerische Berichtigung ausgeschlossen ist.
Sofern es sich um eine sonstige Rückforderung handelt, wofür die angegebene Rechtsgrundlage des § 45 SGB X und die Anknüpfung an den durch den Vergleich entstandenen Schaden sprechen, scheitert die Rückforderung der Beklagten an der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Danach war die Aufhebung nur ein Jahr, nachdem die Beklagte Kenntnis von den Falschabrechnungen bekommen hatte, möglich. Das Urteil des BGH datiert aber aus März 1993. Ein Rückforderungsbescheid konnte 1996 hierauf nicht mehr gestützt werden."
Dieser Entscheidung schließt sich der Senat nach nochmaliger eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage an.
Aus den gleichen Gründen ist der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2002 rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2002.
Anlass für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Aufhebungs- und Rückforderungsbescheiden betreffend die Quartale IV/1981 bis I/1985.
Der Kläger ist als Orthopäde im R ... zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den Jahren ab 1980 war er gemeinsam mit den Kassenärzten Dr. K ... und Dr. T ... tätig, ob im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft ist offen. Er wurde durch Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19.02.1992 wegen Betruges in vierzehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 350 Tagessätzen verurteilt. Die gegen das Urteil eingelegte Revision wurde vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.03.1993 - 3 StR 461/92 - verworfen. Wegen betrügerischer Abrechnungen der Praxis Dres. K ..., B ... und T ... wurden von den Primärkassen gegenüber der Beklagten mehrere Millionen Deutsche Mark an Gesamtvergütung für nachfolgende Quartale einbehalten. Die diesbezüglichen Rechtstreitigkeiten S 25 KA 73/92, S 25 KA 81/92 und S 25 KA 150/92 wurden durch die vergleichsweise Vereinbarung einer Einbehaltung in Höhe von 500.000,- DM am 08.06.1994 beendet.
Auch zwischen dem Kläger, vertreten durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten, und der Beklagten, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. R ..., fanden Vergleichsverhandlungen statt. Mit Schreiben vom 08.03.1994 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit, seine Mandanten - Dres. K ..., B ... und T ... - seien bereit, 100.000,- DM an die Beklagte zu zahlen. Mit Schreiben vom 20.05.1994 bat Rechtsanwalt Dr. R ... um verbindliche Bestätigung, dass die Zahlungen binnen eines Monats nach Vergleichsabschluss erfolgen würden. Der Prozeßbevollmächtigte bestätigte daraufhin mit Schreiben vom 06.06.1994, dass seine Mandanten je 33.333,33 DM binnen eines Monats nach Vergleichsabschluss zahlen würden. Die Zahlung werde mit der Maßgabe erfolgen, dass damit alle gebührenordnungsmäßigen Unrichtigkeiten im Hinblick auf die Quartale, die Gegenstand der obengenannten Rechtsstreite waren, erledigt seien. Dr. R ... antwortete mit Schreiben vom 09.06.1994, dass unzweifelhaft eine gesamtschuldnerische Haftung der Dres. K ..., B ... und T ... gegeben sei. Die Beklagte sei nicht bereit, sich lediglich auf die Zahlungsansprüche gegen die einzelnen Ärzte verweisen zu lassen. Der Vorgang könne möglicherweise dadurch erledigt werden, dass die Mandanten veranlaßt würden, den Betrag von 100.000,- DM insgesamt an die Beklagte zu zahlen. Ferner könnten nur die Ansprüche erledigt werden, die Gegenstand der bisherigen Rechtsstreite gewesen seien. In seinem Schreiben vom 28.07.1994 stimmte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers der vorgeschlagenen Erledigungsklausel zu und teilte ferner mit, dass er davon ausgehe, dass die 100.000,- DM getilgt würden, so dass sich die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung erledige. Er gehe davon aus, dass gegenüber Dres. K ... und B ... eine Verrechnung erfolge und Dr. T ... den ausstehenden Betrag überweise. In der Folgezeit wurde der Betrag von 100.000,- DM von den drei Ärzten insgesamt beglichen.
Mit angefochtenem Bescheid vom 28.02.1996 hob die Beklagte die Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/1981 bis I/1985 im Bereich der Primärkassen auf. Das Honorar für die genannten Quartale werde vermindert um jeweils 1/14 von 500.000,- DM in jedem Quartal neu festgesetzt. Das zuviel gezahlte Honorar in Höhe von 500.000,- DM werde zurückgefordert. Die Beklagte bezog sich dabei auf die durch Urteil des BGH vom 10.03.1993 nunmehr rechtskräftig festgestellten Falschabrechnungen sowie darauf, dass ihr Schaden 500.000,- DM betrage. Der gezahlte Betrag in Höhe von 33.333,33 DM werde als Teilleistung auf den zu zahlenden Betrag von 500.000,- DM angerechnet. Der Kläger sei verpflichtet, den Betrag von 466.666,67 DM zurückzuzahlen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, dass durch die vergleichsweise Vereinbarung der Zahlung von 100.000,- DM alle Ansprüche erledigt sein. Die Beklagte habe die Zahlung auch widerspruchslos entgegengenommen. Die Höhe der Rückforderung sei nicht nachvollziehbar, weil er nur einer von drei Beteiligten sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen richtete sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger sich im wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren bezog. Es sei ein Vergleich mit der Beklagten abgeschlossen worden, der in der Folgezeit auch vollzogen worden sei. Die Berufung darauf, dass der Vergleich nicht wirksam sei, verstoße gegen Treu und Glauben, denn die Zahlungen seien von der Beklagten unwidersprochen entgegengenommen worden. Der Betrag von 500.000,- DM sei von der Beklagten gegenüber den Krankenkassen nur akzeptiert worden, weil ihr durch die hohen Einbehaltungen der Primärkassen Zinsverluste gedroht hätten. Gegenüber Dr. T ... habe die Beklagte keine Maßnahme ergriffen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28.02.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.10.1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2002 den Bescheid der Beklagten aufgehoben und zur Begründung - wie der erkennende Senat zum Urteil vom 07.03.2001 - L 11 KA 77/99 - ausgeführt, dass der Abschluss eines Vergleichsvertrages hier dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid entgegenstehe. Die Beteiligten hätten sich außergerichtlich darauf geeinigt, dass die Dres. T ..., B ... und K ... insgesamt 100.000,- DM an die Beklagte zahlen sollten. Zwar habe man zunächst über die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung gestritten, die Beteiligten hätten sich aber letztendlich dahingehend geeinigt, dass im Fall der tatsächlichen Zahlung von 100.000,- DM eine Einigung über die gesamtschuldnerische Haftung nicht erforderlich sei. Da alle Ärzte ihren Anteil an die Beklagte gezahlt hätten, sei der Vergleich vollzogen und die Einigung wirksam geworden. Den Schriftformer- fordernissen sei genügt. Eine Urkundeneinheit sei nicht erforderlich.
Mit Bescheid vom 30.04.2002 hat die Beklagte unter Abänderung des Erstbescheides vom 28.02.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.1997 die Honorarbescheide für die Quartale IV/1981 bis I/1985 für den Bereich der RVO-Krankenkassen teilweise aufgehoben und Honorar in Höhe von 204.516,75 Euro zurückgefordert.
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, es fehle für die Annahme eines Vergleichsvertrages an übereinstimmenden Willenserklärungen. Die Beklagte habe das Angebot im Schreiben vom 06.06.1994 nicht angenommen, sondern klargestellt, dass der Kläger sich mit einer gesamtschuldnerischen Haftung über 100.000,- DM sowie mit einer Änderung der Erledigungserklärung einverstanden erklären müsse. Hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Haftung sei jedoch keine Einverständniserklärung abgegeben worden. Eine Einigung darüber, dass im Fall der Zahlung von 100.000,- DM eine Einigung über die gesamtschuldnerische Haftung nicht mehr erforderlich sei, sei nie erzielt worden. In der Entgegennahme von Geldbeträgen könne keine Zustimmung zum Abschluss eines entsprechenden Vergleichs gesehen werden. An die Schriftform seien nicht deshalb geringere Anforderungen zu stellen, weil beide Beteiligte anwaltlich vertreten gewesen seien. Die Rückforderung scheitere auch nicht an der Frist in § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X, da die Beklagte aufgrund der vertragsärztlichen Sondervorschriften im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung das Honorar noch neu berechnen könne.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.04.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage gegen den Bescheid vom 30.04.2002 abzuweisen.
Er weist demgegenüber darauf hin, dass der Rückforderungsbescheid zu einem Zeitpunkt ergangen sei, als bereits 100.000,- DM gezahlt worden seien. Ein Drittel der Summe sei von ehemaligen Praxisgemeinschaftspartner Dr. T ... gezahlt worden, die restliche Summe sei von der Bezirksstelle gegenüber Dr. B ... und dem Kläger verrechnet worden. Da sowohl die Voraussetzungen der gesamtschuldnerischen Haftung als auch die der Änderung der Erledigungsklausel vorgelegen hätten, habe für den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid kein Raum mehr bestanden. Im Falle ihres Obsiegens sei die Beklagte unrechtmäßig bereichert, weil sie sowohl von Dr. B ... als auch vom Kläger 500.000,- DM fordere. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten S 26 Ka 81/92, S 25 Ka 150/92, S 25 Ka 73/93 verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war. Er trägt weiter vor, die Beklagte besitze für die Berufung kein Rechtsschutzbedürfnis, da sie durch den Erlass des Zweitbescheides die Rechtswirdrigkeit des Erstbescheides anerkannt habe; die erneute Honoraraberichtigung sei im Übrigen wegen Verfristung ausgeschlossen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den angefochtenen Bescheid der Beklagten aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2002 ist ebenfalls rechtswirdrig und beschwert den Kläger im Sinne von § 54 SGG. Der Bescheid vom 30.04.2002 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, da er den Ausgangsbescheid vom 28.02.1996 ausdrücklich abändert. Denn die Beklagte hat die Honorarrückforderung in diesem Bescheid neu berechnet und auf 204.516,75 Euro reduziert.
Der Senat hat im Urteil vom 07.03.2001 - L 11 KA 77/99 - im Verfahren des Orthopäden Dr. K ... gegen die Beklagte ausgeführt:
"Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem angefochtenen Bescheid bereits der zwischen den Beteiligten geschlossene Vergleichsvertrag entgegensteht. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers in seinem Schreiben vom 28.07.1994 dem allein noch streitigen Punkt einer gesamtschuldnerischen Haftung nicht zugestimmt. Gleichzeitig wurde aber mitgeteilt, dass die Forderung von 100.000,- DM durch Zahlung von je 33.333,- DM getilgt werde. Diese praktische Möglichkeit, die Festschreibung einer gesamtschuldnerischen Haftung zu umgehen, hatte der Bevollmächtigte der Beklagten im Schreiben vom 09.06.1994 ausdrücklich aufgezeigt. Einigkeit bestand damit jedenfalls darin, dass die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung nach der Befriedigung der Forderung keine Rolle mehr spielen sollte. Es bestand dann offensichtlich auch nicht mehr das Sicherungsbedürfnis, dem die Forderung nach einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten entsprang. Der Betrag von 100.000,- DM wurde in der Folgezeit von den drei Ärzten gezahlt. Für eine weitere Rückforderung bestand damit kein Raum mehr. Der Senat ist mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass eine Urkundeneinheit nicht erforderlich ist. Unabhängig von der Frage, ob ein solches Erfordernis überhaupt besteht (offen gelassen von BSGE 69, 238, 241), kann jedenfalls davon abgesehen werden, wenn es dieses besonderen Schutzes angesichts der anwaltlichen Vertretung der Beteiligten nicht bedarf.
Selbst wenn man aber den Vergleichsvertrag außer acht läßt, kann der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben. Sofern es sich bei der Aufhebung und Rückforderung der Beklagten um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung handeln sollte, fehlt es an einer nachvollziehbaren Darlegung zur Höhe der Rückforderung und Neufestsetzung. Die Beklagte hat sich bei ihrer Schätzung erkennbar nicht daran ausgerichtet, in welchem Umfang abgerechnetes Honorar tatsächlich nicht erwirtschaftet wurde, sondern am Ergebnis des Vergleichs mit den Primärkassen orientiert. Dass dieser Vergleich jedoch vor allem dem Bestreben entsprach, drohende Zinsverluste zu verhindern, ergibt sich u.a. aus dem Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten vom 30.11.1995. Ein Bezug zum Umfang der Falschabrechnung, der vom Landgericht für den Kläger auf ca. 17.000,- DM geschätzt wurde, ist nicht erkennbar. Der Kläger weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Beklagte sowohl von ihm als auch von Dr. B ... 500.000,- DM zurückfordert. Die Beklagte geht aber selbst davon aus, dass allenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung in Betracht kommt. Hierzu fehlt es in dem Bescheid an jedem Hinweis. Es müßten im übrigen den Gesamtschuldnern sämtliche Zahlungen, d.h. insgesamt 100.000,- DM, jeweils angerechnet werden. Offen läßt der Senat dabei, ob überhaupt im Hinblick auf den Zeitablauf - seit März 1993 stand die rechtskräftige Verurteilung des Klägers fest - hier nicht auch ein sachlich-rechnerische Berichtigung ausgeschlossen ist.
Sofern es sich um eine sonstige Rückforderung handelt, wofür die angegebene Rechtsgrundlage des § 45 SGB X und die Anknüpfung an den durch den Vergleich entstandenen Schaden sprechen, scheitert die Rückforderung der Beklagten an der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Danach war die Aufhebung nur ein Jahr, nachdem die Beklagte Kenntnis von den Falschabrechnungen bekommen hatte, möglich. Das Urteil des BGH datiert aber aus März 1993. Ein Rückforderungsbescheid konnte 1996 hierauf nicht mehr gestützt werden."
Dieser Entscheidung schließt sich der Senat nach nochmaliger eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage an.
Aus den gleichen Gründen ist der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2002 rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2002.
Anlass für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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