Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KR 116/02 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.07.2002 gegen den Bescheid vom 10.07.2002 anzuordnen, wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verpflichtungsbescheid der Antragsgegnerin.
Sie ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und unterliegt der Aufsicht der Antragsgegnerin. In einer Informationsschrift aus dem Monat April 2001 wies die Antragstellerin ihre Mitglieder unter der Überschrift "Medikamente: Zuzahlung muss nicht sein, Europas erste Internet-Apotheke E garantiert günstige Qualität" darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, bei der genannten Apotheke per Telefon, Internet oder Fax Medikamente zu bestellen, ohne dass Zuzahlungen anfallen würden. Zu dem genauen Inhalt dieser Information wird auf Blatt 20 der Verwaltungsakten Bezug genommen. Diesbezüglich gingen Anfang des Jahres 2002 entsprechende Hinweise bei der Antragsgegnerin verbunden mit der Bitte ein, gegen die Antragstellerin aufsichtsrechtlich vorzugehen. Daraufhin teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass nach ihrer Rechtsauffassung der Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken gegen die §§ 43 Abs. 1 und 73 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) verstoßen würde. Sie bat um Bestätigung, dass in Zukunft die Inanspruchnahme von Internetapotheken durch Versicherte von der Antragstellerin nicht mehr gefördert würde. Eine entsprechende Erklärung gab die Antragstellerin nicht ab, sondern vertrat in einem Schreiben vom 05.04.2002 die Auffassung, ihre Versicherten seien auf Grundlage des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG berechtigt, Arzneimittel aus dem europäischen Ausland zu beziehen. Mit Schreiben vom 29.05.2002 führte die Antragsgegnerin unter nochmaliger Darlegung ihrer Rechtsauffassung eine aufsichtsrechtliche Beratung der Antragstellerin durch und forderte diese erneut zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Ferner kündigte sie an, im Falle der Nichtabgabe der Erklärung einen entsprechenden Verpflichtungsbescheid zu erlassen und die sofortige Vollziehbarkeit dieses Bescheides anzuordnen. Die Antragstellerin wandte im Juni 2002 dagegen ein, der Erlass eines Verpflichtungsbescheides wie auch die Anordnung dessen sofortiger Vollziehung wären rechtswidrig. Vor dem Hintergrund der Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts - insbesondere der Rechtsprechung des EuGH - sei nicht ersichtlich, weswegen den Versicherten der Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken und die Kostenerstattung durch die Krankenkassen verwehrt sein soll, zumal die in der Europäischen Union zugelassenen Apotheken grundsätzlich seriös seien.
Am 10.07.2002 erließ die Antragsgegnerin den angekündigten Bescheid. Darin verpflichtete sie die Antragstellerin, es zu unterlassen, den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden, zu fördern sowie ihren Versicherten apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise zu finanzieren. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet. Dabei stützte sich die Antragsgegnerin auf §§ 89 Abs. 1 Satz 2, 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. In der Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin verstoße durch die Art und Weise ihrer Bekanntmachungen gegen das Gebot der umfassenden und vollständigen Beratungspflicht ihrer Versicherten nach § 1 Satz 3 SGB V. Es werde verschwiegen, dass über Internetapotheken erworbene Arzneimittel nicht finanziert werden dürften. Ferner würde gegen den Grundsatz verstoßen, dass nur solche Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürften, die das geltende Recht beachteten. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil das Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG dem entgegenstehe. Dieses Verbot werde auch entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht durch § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG eingeschränkt. Durch die Nichtabgabe der Unterlassungserklärung werde der Verdacht erhärtet, dass die Antragsstellerin beabsichtige, ihr rechtswidriges Verhalten fortzusetzen. Ein aufsichtsbehördliches Einschreiten sei auch dadurch geboten, dass zwischen den Kassen zwischenzeitlich ein erheblicher Wettbewerb bestehe und alle Kassen gleich behandelt werden müssten. Auch gegen andere Kassen sei zwischenzeitlich eingeschritten worden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides wurde mit der besonderen Bedeutung des Versandhandelsverbotes für die Arzneimittelsicherheit und das Rechtsgut der Volksgesundheit begründet. Dabei komme es nicht darauf an, ob eine einzelne Internetapotheke seriös oder verlässlich sei, sondern auf die Aufrechterhaltung des Versandhandelsverbots als solches, welches im System der Arzneimittelversorgung beispielsweise mit einer umfangreichen Bevorratungspflicht der inländischen Apotheken im Zusammenhang stehe. Demgegenüber könne eine kurzfristige Kosteneinsparung bei der Antragstellerin nicht zur Annahme eines überwiegenden Interesses an dem Aufschub der Maßnahme führen.
Am 02.08.2002 hat die Antragstellerin bei dem erkennenden Gericht gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sowie Klage gegen den Verpflichtungsbescheid vom 10.07.2002 eingereicht.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist ihr Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtet. Nach Auffassung der Antragstellerin sind die Gründe, die zur Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verpflichtungsbescheides führten, unzutreffend. Ferner seien die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache als positiv zu beurteilen und eine Abwägung der widerstreitenden Interessen führe dazu, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen sei.
Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung treffe es nicht zu, dass durch den Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken eine Gefahr für die Volksgesundheit resultieren könne. Insofern weist die Antragstellerin darauf hin, dass es auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene bereits eine Vielzahl von harmonisierenden Regelungen für die Herstellung, Zulassung, Überwachung und Abgabe von Arzneimitteln gebe. Ferner bestehe keine Gefahr aufgrund möglicherweise unzureichender Beratung der hier in Rede stehenden Apotheke 0000 E. Eine ausreichende Beratung sei im Zeitraum von montags bis freitags von 8.00 bis 20.00 Uhr und an Samstagen von 8.00 bis 13.00 Uhr sichergestellt. Eine Wettbewerbsverzerrung zwischen den einzelnen Krankenkassen könne ebenfalls kein Argument für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sein, weil jeder in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte nach geltendem Recht die Möglichkeit habe, von seiner Krankenkasse zu verlangen, ihn mit Arzneimitteln über Internetapotheken zu versorgen. Schließlich können auch mangelnde gesetzliche Rahmenregelungen für den Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken in Deutschland nicht dazu führen, vorläufig den Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken zu unterbinden. Der Gesetzgeber könne insoweit jederzeit tätig werden. Demgegenüber sei es die Pflicht der nationalen Gerichte, einstweiligen Rechtsschutz bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlagefrage zu gewähren, um zu verhindern, dass bis dahin vollendete Tatsachen im Hinblick auf das Verbot des Bezugs von Arzneimitteln über Internetapotheken geschaffen würden.
Die Aufsichtsklage hat nach Auffassung der Antragstellerin in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg, weil die Antragsgegnerin ihr Aufsichtsrecht überschritten habe. Es fehle an einer Rechtsverletzung im Sinne von § 89 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV. Weder sozial- noch arzneimittelrechtliche Regelungen stünden dem Handeln der Antragstellerin entgegen. Die Legitimation des Versandhandels mit Arzneimitteln ergebe sich aus § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG. Dementsprechend sei es der Antragstellerin auch erlaubt, ihre Versicherten auf die entsprechenden Möglichkeiten hinzuweisen und Abrechnungen vorzunehmen.
Auch eine allgemeine Abwägung des Interesses der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verpflichtungsbescheides führe zu einem Überwiegen des Aufschubinteresses der Antragstellerin. Sie befürchtet eine Kosten- und Prozesslawine, wenn sie daran gehindert wird, wie bisher ihren Mitgliedern die Möglichkeit zu eröffnen, über die Internetapotheke 0000 E Arzneimittel zu beziehen. Auch auf die Sozialgerichte würden in erheblichem Umfang Prozesse zukommen, wenn Versicherte der Antragstellerin versuchten, ihren Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln aus Internetapotheken durchzusetzen, was die Sozialgerichtsbarkeit in der Funktionsfähigkeit beeinträchtigen könne. Ferner stehe die Antragstellerin unter einem erheblichen Kostendruck, weswegen es ihr ermöglicht werden müsse, mögliche Einsparpotentiale zu nutzen. Schließlich sei es auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht geboten, das Aufschubinteresse als überwiegend anzusehen. Nur so bestehe die Möglichkeit effektiver Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts. Jedenfalls bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlagefrage des Landgerichts Frankfurt dürfe die Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts nicht durch die Anordnung des Sofortvollzuges unmöglich gemacht werden. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Schließlich beruft sich die Antragstellerin auf einen Beschluss des Landessozialgerichts München vom 14.08.2002, durch den in einem vergleichbaren Verfahren die Aussetzung der Vollziehung eines Bescheides der Antragsgegnerin mit der Begründung angeordnet wurde, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht korrekt begründet worden.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 25.07.2002 erhobenen Aufsichtsklage der Antragstellerin gegen die Verpflichtungsanordnung der Antragsgegnerin vom 10.07.2002 (Az. II 00000.0 0000/0000), hinsichtlich der dortigen Punkte I. und II. anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.07.2002 zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung hat die Klage in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, weil der angefochtene Verpflichtungsbescheid rechtmäßig ist. Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf in Parallelverfahren bereits ergangene Entscheidungen der Sozialgerichte Münster, München, Hannover und Ulm sowie das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 29.05.2001 (Aktenzeichen 5 U 10150/00). Danach verstoße die Praxis der Antragstellerin gegen das arzneimittelrechtlich geregelte Versandhandelsverbot. Dieses Versandhandelsverbot verstoße nicht gegen europarechtliche Bestimmungen. Sie führt ergänzend aus, die Haltung der Antragsgegnerin zum Versandhandelsverbot sei eindeutig. Nach geltendem Recht sei Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, auch wenn er grenzüberschreitend erfolge, gemäß § 43 Abs. 1 AMG verboten. Soweit Verträge auf diesbezüglich verbotenes Verhalten gerichtet seien, seien sie nicht zulässig. Nach Auffassung der Antragsgegnerin kann sich die Antragstellerin auch nicht auf § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG stützen. Die genannte Vorschrift, die ohnehin nur nichtzugelassene Arzneimittel betreffe, verlange, dass vorher ein Präsenzkauf stattgefunden habe. Deswegen seien sowohl die Werbemaßnahmen der Antragstellerin als auch die Finanzierung von Leistungen der Internetapotheke 0000 E zu unterbinden gewesen. Die Antragstellerin könne die von ihr vertretene Rechtsauffassung nicht als verbindlich voraussetzen, wenn in Wirklichkeit bisher lediglich eine Vorlagefrage beim EuGH anhängig sei. Die eigenmächtige Nichtanwendung nationaler Vorschriften im Vorgriff auf eine erhoffte Entscheidung des EuGH sei der Rechtsordnung fremd. Die Antragsgegnerin habe ihr Aufsichtsrecht auch nicht überschritten, weil im Hinblick auf die Eindeutigkeit des Rechtsverstoßes und im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin von allen ihrer Aufsicht unterstehenden Krankenkassen die Einhaltung der Rechtslage verlange, ein Einschreiten geboten war.
Das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides überwiege auch eindeutig das Aufschubinteresse der Antragstellerin. Die im Abschnitt C des angefochtenen Bescheides formulierten Gründe seien höherrangig und treffen zumindest so lange zu, als nicht der Gesetzgeber bezüglich des Versandhandels eine qualifizierte Regelung treffe. Demgegenüber bestünde das entgegenstehende Interesse der Antragstellerin lediglich in einem relativ kurzfristigen finanziellen Interesses eines Teiles der Mitglieder.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Prozessakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin.
II.
Der nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Antrag ist unbegründet. Die aufschiebende Wirkung der Aufsichtsklage vom 02.08.2002 war nicht anzuordnen, weil die Anordnung der sofortigen Vollziehung als solche rechtmäßig ist (dazu 1.), bei differenzierender Betrachtungsweise die Klage in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg hat bzw. die Erfolgsaussichten zumindest offen sind (vgl. dazu 2.) und eine Abwägung des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aufschubinteresse der Antragstellerin dazu führt, dass das Vollzugsinteresse überwiegt (vgl. dazu 3.).
Entsprechend dem seit dem 01.01.2002 geltenden Recht hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzes im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit, das im Wesentlichen der Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nachgebildet ist, ist bei Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz gegen Bescheide, die gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG für sofort vollziehbar erklärt worden sind, zunächst die formale Richtigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu überprüfen (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage 2002 § 86b Randziff. 12). In dieser Hinsicht, d.h. Zuständigkeit, Begründung und Anhörung, bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine Bedenken. Die Antragsgegnerin war gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zuständig, da sie den Verpflichtungsbescheid erlassen hat. Die streitige Frage, ob eine Anhörung vor der Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderlich ist, kann hier dahinstehen, da diese zumindest durch den Hinweis in dem Schreiben vom 19.02.2002 erfolgt ist. Auch die von der Antragsgegnerin gegebene Begründung ist nicht zu beanstanden. Im Recht der VwGO entspricht eine Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung dann den Anforderungen, wenn sie schriftlich vorgenommen wird und sich aus ihr das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Einzelfall ergibt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Antragsgegnerin hat unter dem Punkt "C" des Bescheides eine eigenständige auf den Einzelfall bezogene Begründung dafür gegeben, weswegen sie die Anordnung der sofortigen Vollziehung für notwendig hält. Dabei hat sie sich insbesondere darauf gestützt, dass gerade durch die Finanzierung des Bezuges von Arzneimitteln bei der Internetapotheke 0000 E, das Gefahrenpotential bezogen auf die Arzneimittelsicherheit und das Schutzgut der Volksgesundheit erhöht werde. Ferner hat Sie den Schutz des Endverbrauchers bis zur Schaffung einer klaren gesetzlichen Grundlage für den Internethandel für höherrangig gehalten. Schließlich hat sie darauf hingewiesen, dass die Praxis der Antragstellerin zu einer Störung des Gleichgewichts von Rechten und Pflichten, die Apothekern auferlegt seien führen könne und damit eine Gefahr für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung insgesamt darstelle. Demgegenüber hat sie das Interesse der Antragstellerin an kurzfristigen Kosteneinsparungen als nachrangig angesehen. Diese von der Antragsgegnerin gegebene Begründung geht über das hinaus, was für die Rechtfertigung des Verpflichtungsbescheides notwendig war.
Das Gericht hält die dargestellten Erwägungen auch in Kenntnis der Entscheidung des Landessozialgerichts München vom 14.08.2002 für ausreichend. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich anders als in § 80 Abs. 3 VwGO in § 86 b SGG keine eigenständige Regelung über die Anforderungen an die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung findet, was für eine geringere Bedeutung des Begründungserfordernisses im sozialgerichtlichen Bereich sprechen könnte. Unabhängig davon sind aber auch im Bereich der VwGO keine zu hohen Anforderungen an den Inhalt der Begründung zu stellen (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Auflage, 1998, § 80 Rz. 43). Notwendig ist lediglich, dass überhaupt eine Begründung gegeben wird, die über die Begründung des Verwaltungsakt als solches hinausgeht und die zum Ausdruck bringt, dass sich die Behörde über die Bedeutung ihrer Entscheidung sowie deren Ausnahmecharakter bewusst gewesen ist. Nicht von Bedeutung ist, wie auch das Landessozialgericht München auf Seite 9 des Beschlusse ausführt, ob die Begründung inhaltlich zutreffend ist. Den formalen Erfordernissen hat die Antragsgegnerin jedenfalls in dem hier zur Beurteilung stehenden Bescheid Rechnung getragen. Die Entscheidung, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung als solche auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig ist, ist erst im Rahmen der allgemeinen Güterabwägung zwischen Aufschub und Vollzugsinteresse zu treffen.
Die Frage, ob die Klage in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg hat, hängt, da weder die Beteiligten noch das Gericht Zweifel an der Zulässigkeit der Klage noch an der formellen Rechtmäßigkeit des Verpflichtungsbescheides haben, davon ab, ob der fragliche Bescheid hinsichtlich seiner beiden Verfügungssätze materiell rechtmäßig ist. a) Die unter II. des Bescheides vom 10.07.2002 ausgesprochene Verpflichtung der Antragstellerin, ihren Versicherten apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise zu finanzieren, ist im Wesentlichen als rechtmäßig anzusehen. Grundlage für die ausgesprochene Verpflichtung ist § 49 Abs. 1 Satz 2 des 4. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV). Entscheidendes Kriterium ist danach zunächst, ob eine Rechtsverletzung der Antragstellerin vorliegt oder nicht.
Diese Frage ist nach Auffassung des Gerichts differenzierend nach den bei der Antragstellerin versicherten Personen zu beurteilen. Auseinander zu halten sind die bei der Antragstellerin mit Sachleistungsanspruch pflichtversicherten Mitglieder und die freiwilligen Mitglieder, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V Kostenerstattung gewählt haben. Hinsichtlich der zuerst genannten Personengruppe liegt ein Rechtsverstoß der Antragstellerin im Falle der Erstattung von Kosten für selbst beschaffte Arzneimittel über die Internetapotheke 0000 E bereits darin, dass sie der gesetzgeberischen Grundentscheidung der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des Sachleistungsprinzips nicht nachkommt. Gemäß § 2 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte die Leistungen als Sach- bzw. Dienstleistungen. Darüber sind nach Maßgabe des 4. Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern zu schließen. Die Einzelheiten hierzu sind, was die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln betrifft, in den §§ 69 und 129 SGB V geregelt. Danach sind zugelassene Leistungserbringer insbesondere nur solche Apotheker, mit denen Rahmenvereinbarungen nach § 129 SGB V inklusive der darin näher bestimmten Rechte und Pflichten abgeschlossen worden sind. Eine solche Vereinbarung besteht mit der Internetapotheke 0000 E unstreitig nicht. Daraus folgt wiederum zwingend, dass die Antragstellerin ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Versorgung ihrer Versicherten mit Sachleistungen nicht nachkommt, wenn sie der genannten Versichertengruppe den Erwerb von Arzneimitteln bei der Internetapotheke erlaubt. Es handelt sich vielmehr um einen außerhalb des Gesetzes stehenden Fall der Kostenerstattung. Dieser Rechtsverstoß besteht unabhängig von der zwischen den Beteiligten vorrangig diskutierten Frage, ob ein Verstoß gegen das Versandhandelsverbot nach § 43 Abs. 1 bzw. 73 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorliegt bzw. ein solcher Verstoß wegen höherrangigen Gemeinschaftsrechts erlaubt sein muss. Denn eine Unvereinbarkeit des die deutsche gesetzliche Krankenversicherung prägenden Sachleistungsprinzips mit dem Gemeinschaftsrecht ist weder ersichtlich noch von der Antragstellerin bisher thematisiert oder behauptet worden. Zumindest im Hinblick auf den oben zuerst genannten Personenkreis läge also ein Rechtsverstoß vor, gegen den die Antragsgegnerin aufsichtsrechtlich vorgehen konnte. Was Inhalt und Art der aufsichtsrechtlichen Entscheidung der Antragsgegnerin angeht, hat das Gericht keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit. Die Entscheidung ist verhältnismäßig, da entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) zunächst eine aufsichtsbehördliche Beratung durchgeführt wurde. Der Aufforderung, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben, ist die Antragstellerin nicht nachgekommen. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin nach eigener Auskunft bereits seit geraumer Zeit entsprechende Kostenerstattungen an ihre Versicherten vornimmt, sieht das Gericht auch kein milderes gleichgeeignetes Mittel, als ihr die bisherige Praxis zu verbieten.
Auf die bei der Antragstellerin versicherten Mitglieder, die nach § 13 Abs. 1 SGB V Kostenerstattung gewählt haben, können die obigen Ausführungen nicht ausnahmslos übertragen werden. Diese Versicherten haben von vornherein keinen Sachleistungs-, sondern einen Kostenerstattungsanspruch gegen der Antragstellerin. Die Bindung an das Sachleistungssystem erfolgt lediglich über § 13 Abs. 2 Satz 2 SGB V, wonach auch die freiwilligen Mitglieder, die Kostenerstattung gewählt haben, nur die im 4. Kapitel des SGB V genannten Leistungserbringer in Anspruch nehmen dürfen. Allein für diese Gruppe kann es im Hinblick auf die Erfolgsaussichten der Aufsichtsklage in der Hauptsache darauf ankommen, ob durch den Erwerb von apothekenpflichtigen Arzneimitteln bei der Internetapotheke 0000 E eine Verletzung des arzneimittelrechtlichen Versandhandelsverbots stattfindet bzw. der Erwerb im Versandhandel durch höherrangiges Gemeinschaftsrecht gerechtfertigt ist. Schon die sehr differenzierten Ausführungen der Antragstellerin in der Antrags- als auch in der Klageschrift, das vorgelegte Rechtsgutachten des Prof. König vom 13.09.2000 und die Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.08.2001 bzw. des Kammergerichts Berlin vom 29.05.2001 zeigen, dass es sich dabei um eine komplexe und grundlegende Rechtsfrage handelt, die bisher einer endgültigen Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) noch nicht zugeführt worden ist. Eine abschließende Entscheidung dieser Frage ist im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz weder geboten noch nach Ansicht des Gerichts zulässig. Insofern stimmt das Gericht der Antragstellerin zu, dass diese Frage im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des EuGH zum Vorlagebeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main als offen zu behandeln ist. Insgesamt kann die Erfolgsaussicht der Klage, was den Bereich der bei der Beklagten freiwillig Versicherten mit Kostenerstattung angeht, nicht eindeutig beurteilt werden.
b) Die obigen Ausführungen geltend entsprechend für die unter Ziffer I. des Bescheides vom 10.07.2002 ausgesprochenen Verpflichtungen der Antragstellerin, es zu unterlassen, den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden, zu fördern. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit dieser Verpflichtung folgt letztlich zwingend der Beurteilung der unter II. des Bescheides vom 10.07.2002 ausgesprochenen Verpflichtung, da die Förderung eines Verhaltens der Versicherten, welches zwangsläufig zu einem bestimmten Verhalten bei der Antragstellerin führt, nicht anders beurteilt werden kann als dieses Verhalten der Antragstellerin selbst.
Da nach den Ausführungen unter 2. die Erfolgsaussichten der Klage zumindest hinsichtlich eines Teiles der Versicherten der Antragstellerin nicht eindeutig beurteilt werden kann, kommt es im Ergebnis hier auch auf eine allgemeine Abwägung des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem Aufschubinteresse der Antragstellerin an (vgl. Meyer-Ladewig § 86b Randziff. 12). Das Gericht trifft dazu eine eigene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen (vgl. Kopp, VwGO, 11. Auflage 1998, § 80 Randziff. 146). Eine allgemeine Interessenabwägung unter den Gesichtspunkten des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin und des Aufschubinteresses der Antragstellerin führt zu einer Höherwertigkeit des Vollzugsinteresses. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass, wie die Antragstellerin zu Recht ausführt, hierbei von dem Grundsatz auszugehen ist, dass in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung das Aufschubinteresse grundsätzlich als vorrangig anzusehen ist. Die Interessenabwägung hat sich nach den verwaltungsprozessualen Grundsätzen insbesondere an den Folgen einer Anordnung bzw. Nichtanordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu orientieren.
Insoweit ist hinsichtlich der Folgen für den Fall einer weiterhin bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit des hier fraglichen Bescheides von der Antragstellerin ins Feld geführt worden, dass sie und damit auch die Sozialgerichte möglicherweise mit einer Vielzahl von Prozessen und Regressforderungen von Versicherten überzogen werden würde, was ihr nicht zumutbar sei. Dieses Risiko wird von dem Gericht nicht als sehr hoch eingestuft. Nach den allgemein zugänglichen Informationen hat die Apotheke 0000 E derzeit etwa einige 10.000 Nutzer in Deutschland, die rezeptpflichtige Arzneimittel dort beziehen (vgl. von der Antragstellerin vorgelegter Presseartikel "Der Spiegel" Nr. 18 vom 29.04.2002 S. 166). Es kann mangels weiterer Anhaltspunkte ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass hiervon nur ein geringer Bruchteil bei der Antragstellerin versichert ist. Darüber hinaus dürften die Klagen, wie oben bereits dargestellt, zumindest der pflichtversicherten Mitglieder ohne Aussicht auf Erfolg und damit wirkungslos sein. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass im Falle der weiteren Vollziehbarkeit der Verfügung der Umfang des Erwerbs von Arzneimitteln durch Versicherte der Antragstellerin bei der Internetapotheke zurückgehen wird. Ob die zu erwartenden Klageverfahren zu einer erheblichen Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit führen werden, ist vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ebenfalls zweifelhaft und für das Aufschubinteresse der Antragstellerin ohnehin nicht von Bedeutung, weil sie für die Funktionsfähigkeit der Sozialgerichtsbarkeit nicht einzustehen hat. Außerdem dürften die zu erwartenden Klagen im Wesentlichen gleichgelagert sein, so dass es sich anbietet, diese in Form von Musterverfahren abzuwickeln.
Der pauschale Hinweis der Antragstellerin auf ihre angespannte Kostensituation erscheint dem Gericht ebenfalls nicht geeignet, die Vorrangigkeit des Aufschubinteresses gegenüber dem Vollzugsinteresse zu begründen. Insoweit wird schon nicht hinreichend dezidiert glaubhaft gemacht, dass die im Verhältnis zu dem Gesamtbudget der Antragstellerin relativ geringen Ersparnisse zum jetzigen Zeitpunkt im Rahmen der Versorgung ihrer Versicherten mit Arzneimitteln über die Internetapotheke 0000 E zu einer nennenswerten Kostenersparnis führt. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin sich zu Recht darauf beruft, dass im Hinblick auf die Wettbewerbsbedingungen zwischen den einzelnen Krankenkassen, was die Zurverfügungstellung von Leistungen angeht, ein erhebliches Interesse an gleichen Rahmenbedingungen besteht.
Schließlich folgt das Gericht nicht der Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass die innerstaatlichen Gerichte, in Fällen der Anhängigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 234 EGV die Verpflichtung hätten, schon allein im Hinblick auf eine mögliche Feststellung einer Verletzung von Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Grundfreiheiten, die innerstaatlichen Regelungen außer Acht zu lassen und im Hinblick auf die zu erwartende oder mögliche Entscheidung einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. Ebenso wie das Sozialgericht Münster vermag das erkennende Gericht den von der Antragstellerin zitierten Entscheidungen des EuGH, einen derartigen allgemeinen Grundsatz nicht zu entnehmen. Zum Teil beschäftigen sich die fraglichen Entscheidungen schon rein thematisch nicht mit dem einstweiligen Rechtsschutz (vgl. Urteil des EuGH mit dem Az. C-158/96). Die von der Antragstellerin vertretene Auffassung erscheint aber auch schon aus logischen Gründen zweifelhaft, da der Ausgang eines Vorabentscheidungsverfahrens naturgemäß offen ist und sich dementsprechend sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner auf einen für sie positiven Ausgang des Verfahrens berufen könnten. Es kann deswegen nach Auffassung des Gerichts allenfalls im Rahmen der hier zu treffenden allgemeinen Abwägung zu berücksichtigen sein, welcher Schaden aufgrund der Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Aufsichtsklage möglicherweise entstehen könnte, falls der EuGH das Versandhandelsverbot für gemeinschaftsrechtswidrig halten sollte und ob vor diesem Hintergrund, ein Abwarten vertretbar ist. Diese Abwägung führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Frage der Vereinbarkeit des Versandhandelsverbots mit Gemeinschaftsrecht abgewartet werden kann und ggf. auch eine Umsetzung des innerstaatlichen Gesetzgebers zur Ermöglichung der Inanspruchnahme von Internetapotheken im Rahmen des Sachleistungsmodells. Eine nachhaltige wirtschaftliche Schwächung der Antragstellerin ist - wie oben bereits dargestellt - aktuell jedenfalls aufgrund des Verbots, ihren Versicherten die Inanspruchnahme von Leistungen der Internetapotheke 0000 E zu finanzieren, nicht gegeben. Darüber hinaus ist mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs innerhalb des nächsten Jahres zu rechnen, so dass die Rechtslage in naher Zukunft geklärt sein dürfte.
Demgegenüber wäre eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Aufsichtsklage mit weit höheren Verwerfungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie des Wettbewerbs der Krankenkassen untereinander verbunden. Dadurch würden nämlich schon jetzt im Hinblick auf eine, wie oben dargestellt zumindest ungeklärte Rechtslage, unterschiedliche Rahmenbedingungen für den Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassen geschaffen und durch hoheitliche Maßnahmen positiv sanktioniert. Es besteht aber gerade vor dem Hintergrund der von der Antragsgegnerin zu Recht ins Feld geführten Rechtsgüter der Versorgungssicherheit der Versicherten mit Arzneimitteln und damit letztlich dem Schutzgut der Volksgesundheit ein hohes Interesse daran, eine zuverlässige und störungsfreie Versorgung mit Arzneimitteln zu gewährleisten.
Soweit die Antragstellerin auf eine wirtschaftliche Gefährdung des Unternehmens E hinweist, ist dies im Rahmen der hier zu treffenden Abwägung unbeachtlich, da es allein um die Interessen der hier unmittelbar Beteiligten geht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verpflichtungsbescheid der Antragsgegnerin.
Sie ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und unterliegt der Aufsicht der Antragsgegnerin. In einer Informationsschrift aus dem Monat April 2001 wies die Antragstellerin ihre Mitglieder unter der Überschrift "Medikamente: Zuzahlung muss nicht sein, Europas erste Internet-Apotheke E garantiert günstige Qualität" darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, bei der genannten Apotheke per Telefon, Internet oder Fax Medikamente zu bestellen, ohne dass Zuzahlungen anfallen würden. Zu dem genauen Inhalt dieser Information wird auf Blatt 20 der Verwaltungsakten Bezug genommen. Diesbezüglich gingen Anfang des Jahres 2002 entsprechende Hinweise bei der Antragsgegnerin verbunden mit der Bitte ein, gegen die Antragstellerin aufsichtsrechtlich vorzugehen. Daraufhin teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass nach ihrer Rechtsauffassung der Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken gegen die §§ 43 Abs. 1 und 73 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) verstoßen würde. Sie bat um Bestätigung, dass in Zukunft die Inanspruchnahme von Internetapotheken durch Versicherte von der Antragstellerin nicht mehr gefördert würde. Eine entsprechende Erklärung gab die Antragstellerin nicht ab, sondern vertrat in einem Schreiben vom 05.04.2002 die Auffassung, ihre Versicherten seien auf Grundlage des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG berechtigt, Arzneimittel aus dem europäischen Ausland zu beziehen. Mit Schreiben vom 29.05.2002 führte die Antragsgegnerin unter nochmaliger Darlegung ihrer Rechtsauffassung eine aufsichtsrechtliche Beratung der Antragstellerin durch und forderte diese erneut zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Ferner kündigte sie an, im Falle der Nichtabgabe der Erklärung einen entsprechenden Verpflichtungsbescheid zu erlassen und die sofortige Vollziehbarkeit dieses Bescheides anzuordnen. Die Antragstellerin wandte im Juni 2002 dagegen ein, der Erlass eines Verpflichtungsbescheides wie auch die Anordnung dessen sofortiger Vollziehung wären rechtswidrig. Vor dem Hintergrund der Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts - insbesondere der Rechtsprechung des EuGH - sei nicht ersichtlich, weswegen den Versicherten der Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken und die Kostenerstattung durch die Krankenkassen verwehrt sein soll, zumal die in der Europäischen Union zugelassenen Apotheken grundsätzlich seriös seien.
Am 10.07.2002 erließ die Antragsgegnerin den angekündigten Bescheid. Darin verpflichtete sie die Antragstellerin, es zu unterlassen, den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden, zu fördern sowie ihren Versicherten apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise zu finanzieren. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet. Dabei stützte sich die Antragsgegnerin auf §§ 89 Abs. 1 Satz 2, 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. In der Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin verstoße durch die Art und Weise ihrer Bekanntmachungen gegen das Gebot der umfassenden und vollständigen Beratungspflicht ihrer Versicherten nach § 1 Satz 3 SGB V. Es werde verschwiegen, dass über Internetapotheken erworbene Arzneimittel nicht finanziert werden dürften. Ferner würde gegen den Grundsatz verstoßen, dass nur solche Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürften, die das geltende Recht beachteten. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil das Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG dem entgegenstehe. Dieses Verbot werde auch entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht durch § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG eingeschränkt. Durch die Nichtabgabe der Unterlassungserklärung werde der Verdacht erhärtet, dass die Antragsstellerin beabsichtige, ihr rechtswidriges Verhalten fortzusetzen. Ein aufsichtsbehördliches Einschreiten sei auch dadurch geboten, dass zwischen den Kassen zwischenzeitlich ein erheblicher Wettbewerb bestehe und alle Kassen gleich behandelt werden müssten. Auch gegen andere Kassen sei zwischenzeitlich eingeschritten worden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides wurde mit der besonderen Bedeutung des Versandhandelsverbotes für die Arzneimittelsicherheit und das Rechtsgut der Volksgesundheit begründet. Dabei komme es nicht darauf an, ob eine einzelne Internetapotheke seriös oder verlässlich sei, sondern auf die Aufrechterhaltung des Versandhandelsverbots als solches, welches im System der Arzneimittelversorgung beispielsweise mit einer umfangreichen Bevorratungspflicht der inländischen Apotheken im Zusammenhang stehe. Demgegenüber könne eine kurzfristige Kosteneinsparung bei der Antragstellerin nicht zur Annahme eines überwiegenden Interesses an dem Aufschub der Maßnahme führen.
Am 02.08.2002 hat die Antragstellerin bei dem erkennenden Gericht gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sowie Klage gegen den Verpflichtungsbescheid vom 10.07.2002 eingereicht.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist ihr Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtet. Nach Auffassung der Antragstellerin sind die Gründe, die zur Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verpflichtungsbescheides führten, unzutreffend. Ferner seien die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache als positiv zu beurteilen und eine Abwägung der widerstreitenden Interessen führe dazu, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen sei.
Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung treffe es nicht zu, dass durch den Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken eine Gefahr für die Volksgesundheit resultieren könne. Insofern weist die Antragstellerin darauf hin, dass es auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene bereits eine Vielzahl von harmonisierenden Regelungen für die Herstellung, Zulassung, Überwachung und Abgabe von Arzneimitteln gebe. Ferner bestehe keine Gefahr aufgrund möglicherweise unzureichender Beratung der hier in Rede stehenden Apotheke 0000 E. Eine ausreichende Beratung sei im Zeitraum von montags bis freitags von 8.00 bis 20.00 Uhr und an Samstagen von 8.00 bis 13.00 Uhr sichergestellt. Eine Wettbewerbsverzerrung zwischen den einzelnen Krankenkassen könne ebenfalls kein Argument für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sein, weil jeder in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte nach geltendem Recht die Möglichkeit habe, von seiner Krankenkasse zu verlangen, ihn mit Arzneimitteln über Internetapotheken zu versorgen. Schließlich können auch mangelnde gesetzliche Rahmenregelungen für den Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken in Deutschland nicht dazu führen, vorläufig den Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken zu unterbinden. Der Gesetzgeber könne insoweit jederzeit tätig werden. Demgegenüber sei es die Pflicht der nationalen Gerichte, einstweiligen Rechtsschutz bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlagefrage zu gewähren, um zu verhindern, dass bis dahin vollendete Tatsachen im Hinblick auf das Verbot des Bezugs von Arzneimitteln über Internetapotheken geschaffen würden.
Die Aufsichtsklage hat nach Auffassung der Antragstellerin in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg, weil die Antragsgegnerin ihr Aufsichtsrecht überschritten habe. Es fehle an einer Rechtsverletzung im Sinne von § 89 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV. Weder sozial- noch arzneimittelrechtliche Regelungen stünden dem Handeln der Antragstellerin entgegen. Die Legitimation des Versandhandels mit Arzneimitteln ergebe sich aus § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG. Dementsprechend sei es der Antragstellerin auch erlaubt, ihre Versicherten auf die entsprechenden Möglichkeiten hinzuweisen und Abrechnungen vorzunehmen.
Auch eine allgemeine Abwägung des Interesses der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verpflichtungsbescheides führe zu einem Überwiegen des Aufschubinteresses der Antragstellerin. Sie befürchtet eine Kosten- und Prozesslawine, wenn sie daran gehindert wird, wie bisher ihren Mitgliedern die Möglichkeit zu eröffnen, über die Internetapotheke 0000 E Arzneimittel zu beziehen. Auch auf die Sozialgerichte würden in erheblichem Umfang Prozesse zukommen, wenn Versicherte der Antragstellerin versuchten, ihren Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln aus Internetapotheken durchzusetzen, was die Sozialgerichtsbarkeit in der Funktionsfähigkeit beeinträchtigen könne. Ferner stehe die Antragstellerin unter einem erheblichen Kostendruck, weswegen es ihr ermöglicht werden müsse, mögliche Einsparpotentiale zu nutzen. Schließlich sei es auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht geboten, das Aufschubinteresse als überwiegend anzusehen. Nur so bestehe die Möglichkeit effektiver Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts. Jedenfalls bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlagefrage des Landgerichts Frankfurt dürfe die Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts nicht durch die Anordnung des Sofortvollzuges unmöglich gemacht werden. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Schließlich beruft sich die Antragstellerin auf einen Beschluss des Landessozialgerichts München vom 14.08.2002, durch den in einem vergleichbaren Verfahren die Aussetzung der Vollziehung eines Bescheides der Antragsgegnerin mit der Begründung angeordnet wurde, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht korrekt begründet worden.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 25.07.2002 erhobenen Aufsichtsklage der Antragstellerin gegen die Verpflichtungsanordnung der Antragsgegnerin vom 10.07.2002 (Az. II 00000.0 0000/0000), hinsichtlich der dortigen Punkte I. und II. anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.07.2002 zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung hat die Klage in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, weil der angefochtene Verpflichtungsbescheid rechtmäßig ist. Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf in Parallelverfahren bereits ergangene Entscheidungen der Sozialgerichte Münster, München, Hannover und Ulm sowie das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 29.05.2001 (Aktenzeichen 5 U 10150/00). Danach verstoße die Praxis der Antragstellerin gegen das arzneimittelrechtlich geregelte Versandhandelsverbot. Dieses Versandhandelsverbot verstoße nicht gegen europarechtliche Bestimmungen. Sie führt ergänzend aus, die Haltung der Antragsgegnerin zum Versandhandelsverbot sei eindeutig. Nach geltendem Recht sei Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, auch wenn er grenzüberschreitend erfolge, gemäß § 43 Abs. 1 AMG verboten. Soweit Verträge auf diesbezüglich verbotenes Verhalten gerichtet seien, seien sie nicht zulässig. Nach Auffassung der Antragsgegnerin kann sich die Antragstellerin auch nicht auf § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG stützen. Die genannte Vorschrift, die ohnehin nur nichtzugelassene Arzneimittel betreffe, verlange, dass vorher ein Präsenzkauf stattgefunden habe. Deswegen seien sowohl die Werbemaßnahmen der Antragstellerin als auch die Finanzierung von Leistungen der Internetapotheke 0000 E zu unterbinden gewesen. Die Antragstellerin könne die von ihr vertretene Rechtsauffassung nicht als verbindlich voraussetzen, wenn in Wirklichkeit bisher lediglich eine Vorlagefrage beim EuGH anhängig sei. Die eigenmächtige Nichtanwendung nationaler Vorschriften im Vorgriff auf eine erhoffte Entscheidung des EuGH sei der Rechtsordnung fremd. Die Antragsgegnerin habe ihr Aufsichtsrecht auch nicht überschritten, weil im Hinblick auf die Eindeutigkeit des Rechtsverstoßes und im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin von allen ihrer Aufsicht unterstehenden Krankenkassen die Einhaltung der Rechtslage verlange, ein Einschreiten geboten war.
Das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides überwiege auch eindeutig das Aufschubinteresse der Antragstellerin. Die im Abschnitt C des angefochtenen Bescheides formulierten Gründe seien höherrangig und treffen zumindest so lange zu, als nicht der Gesetzgeber bezüglich des Versandhandels eine qualifizierte Regelung treffe. Demgegenüber bestünde das entgegenstehende Interesse der Antragstellerin lediglich in einem relativ kurzfristigen finanziellen Interesses eines Teiles der Mitglieder.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Prozessakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin.
II.
Der nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Antrag ist unbegründet. Die aufschiebende Wirkung der Aufsichtsklage vom 02.08.2002 war nicht anzuordnen, weil die Anordnung der sofortigen Vollziehung als solche rechtmäßig ist (dazu 1.), bei differenzierender Betrachtungsweise die Klage in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg hat bzw. die Erfolgsaussichten zumindest offen sind (vgl. dazu 2.) und eine Abwägung des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aufschubinteresse der Antragstellerin dazu führt, dass das Vollzugsinteresse überwiegt (vgl. dazu 3.).
Entsprechend dem seit dem 01.01.2002 geltenden Recht hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzes im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit, das im Wesentlichen der Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nachgebildet ist, ist bei Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz gegen Bescheide, die gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG für sofort vollziehbar erklärt worden sind, zunächst die formale Richtigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu überprüfen (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage 2002 § 86b Randziff. 12). In dieser Hinsicht, d.h. Zuständigkeit, Begründung und Anhörung, bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine Bedenken. Die Antragsgegnerin war gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zuständig, da sie den Verpflichtungsbescheid erlassen hat. Die streitige Frage, ob eine Anhörung vor der Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderlich ist, kann hier dahinstehen, da diese zumindest durch den Hinweis in dem Schreiben vom 19.02.2002 erfolgt ist. Auch die von der Antragsgegnerin gegebene Begründung ist nicht zu beanstanden. Im Recht der VwGO entspricht eine Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung dann den Anforderungen, wenn sie schriftlich vorgenommen wird und sich aus ihr das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Einzelfall ergibt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Antragsgegnerin hat unter dem Punkt "C" des Bescheides eine eigenständige auf den Einzelfall bezogene Begründung dafür gegeben, weswegen sie die Anordnung der sofortigen Vollziehung für notwendig hält. Dabei hat sie sich insbesondere darauf gestützt, dass gerade durch die Finanzierung des Bezuges von Arzneimitteln bei der Internetapotheke 0000 E, das Gefahrenpotential bezogen auf die Arzneimittelsicherheit und das Schutzgut der Volksgesundheit erhöht werde. Ferner hat Sie den Schutz des Endverbrauchers bis zur Schaffung einer klaren gesetzlichen Grundlage für den Internethandel für höherrangig gehalten. Schließlich hat sie darauf hingewiesen, dass die Praxis der Antragstellerin zu einer Störung des Gleichgewichts von Rechten und Pflichten, die Apothekern auferlegt seien führen könne und damit eine Gefahr für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung insgesamt darstelle. Demgegenüber hat sie das Interesse der Antragstellerin an kurzfristigen Kosteneinsparungen als nachrangig angesehen. Diese von der Antragsgegnerin gegebene Begründung geht über das hinaus, was für die Rechtfertigung des Verpflichtungsbescheides notwendig war.
Das Gericht hält die dargestellten Erwägungen auch in Kenntnis der Entscheidung des Landessozialgerichts München vom 14.08.2002 für ausreichend. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich anders als in § 80 Abs. 3 VwGO in § 86 b SGG keine eigenständige Regelung über die Anforderungen an die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung findet, was für eine geringere Bedeutung des Begründungserfordernisses im sozialgerichtlichen Bereich sprechen könnte. Unabhängig davon sind aber auch im Bereich der VwGO keine zu hohen Anforderungen an den Inhalt der Begründung zu stellen (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Auflage, 1998, § 80 Rz. 43). Notwendig ist lediglich, dass überhaupt eine Begründung gegeben wird, die über die Begründung des Verwaltungsakt als solches hinausgeht und die zum Ausdruck bringt, dass sich die Behörde über die Bedeutung ihrer Entscheidung sowie deren Ausnahmecharakter bewusst gewesen ist. Nicht von Bedeutung ist, wie auch das Landessozialgericht München auf Seite 9 des Beschlusse ausführt, ob die Begründung inhaltlich zutreffend ist. Den formalen Erfordernissen hat die Antragsgegnerin jedenfalls in dem hier zur Beurteilung stehenden Bescheid Rechnung getragen. Die Entscheidung, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung als solche auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig ist, ist erst im Rahmen der allgemeinen Güterabwägung zwischen Aufschub und Vollzugsinteresse zu treffen.
Die Frage, ob die Klage in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg hat, hängt, da weder die Beteiligten noch das Gericht Zweifel an der Zulässigkeit der Klage noch an der formellen Rechtmäßigkeit des Verpflichtungsbescheides haben, davon ab, ob der fragliche Bescheid hinsichtlich seiner beiden Verfügungssätze materiell rechtmäßig ist. a) Die unter II. des Bescheides vom 10.07.2002 ausgesprochene Verpflichtung der Antragstellerin, ihren Versicherten apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise zu finanzieren, ist im Wesentlichen als rechtmäßig anzusehen. Grundlage für die ausgesprochene Verpflichtung ist § 49 Abs. 1 Satz 2 des 4. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV). Entscheidendes Kriterium ist danach zunächst, ob eine Rechtsverletzung der Antragstellerin vorliegt oder nicht.
Diese Frage ist nach Auffassung des Gerichts differenzierend nach den bei der Antragstellerin versicherten Personen zu beurteilen. Auseinander zu halten sind die bei der Antragstellerin mit Sachleistungsanspruch pflichtversicherten Mitglieder und die freiwilligen Mitglieder, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V Kostenerstattung gewählt haben. Hinsichtlich der zuerst genannten Personengruppe liegt ein Rechtsverstoß der Antragstellerin im Falle der Erstattung von Kosten für selbst beschaffte Arzneimittel über die Internetapotheke 0000 E bereits darin, dass sie der gesetzgeberischen Grundentscheidung der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des Sachleistungsprinzips nicht nachkommt. Gemäß § 2 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte die Leistungen als Sach- bzw. Dienstleistungen. Darüber sind nach Maßgabe des 4. Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern zu schließen. Die Einzelheiten hierzu sind, was die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln betrifft, in den §§ 69 und 129 SGB V geregelt. Danach sind zugelassene Leistungserbringer insbesondere nur solche Apotheker, mit denen Rahmenvereinbarungen nach § 129 SGB V inklusive der darin näher bestimmten Rechte und Pflichten abgeschlossen worden sind. Eine solche Vereinbarung besteht mit der Internetapotheke 0000 E unstreitig nicht. Daraus folgt wiederum zwingend, dass die Antragstellerin ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Versorgung ihrer Versicherten mit Sachleistungen nicht nachkommt, wenn sie der genannten Versichertengruppe den Erwerb von Arzneimitteln bei der Internetapotheke erlaubt. Es handelt sich vielmehr um einen außerhalb des Gesetzes stehenden Fall der Kostenerstattung. Dieser Rechtsverstoß besteht unabhängig von der zwischen den Beteiligten vorrangig diskutierten Frage, ob ein Verstoß gegen das Versandhandelsverbot nach § 43 Abs. 1 bzw. 73 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorliegt bzw. ein solcher Verstoß wegen höherrangigen Gemeinschaftsrechts erlaubt sein muss. Denn eine Unvereinbarkeit des die deutsche gesetzliche Krankenversicherung prägenden Sachleistungsprinzips mit dem Gemeinschaftsrecht ist weder ersichtlich noch von der Antragstellerin bisher thematisiert oder behauptet worden. Zumindest im Hinblick auf den oben zuerst genannten Personenkreis läge also ein Rechtsverstoß vor, gegen den die Antragsgegnerin aufsichtsrechtlich vorgehen konnte. Was Inhalt und Art der aufsichtsrechtlichen Entscheidung der Antragsgegnerin angeht, hat das Gericht keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit. Die Entscheidung ist verhältnismäßig, da entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) zunächst eine aufsichtsbehördliche Beratung durchgeführt wurde. Der Aufforderung, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben, ist die Antragstellerin nicht nachgekommen. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin nach eigener Auskunft bereits seit geraumer Zeit entsprechende Kostenerstattungen an ihre Versicherten vornimmt, sieht das Gericht auch kein milderes gleichgeeignetes Mittel, als ihr die bisherige Praxis zu verbieten.
Auf die bei der Antragstellerin versicherten Mitglieder, die nach § 13 Abs. 1 SGB V Kostenerstattung gewählt haben, können die obigen Ausführungen nicht ausnahmslos übertragen werden. Diese Versicherten haben von vornherein keinen Sachleistungs-, sondern einen Kostenerstattungsanspruch gegen der Antragstellerin. Die Bindung an das Sachleistungssystem erfolgt lediglich über § 13 Abs. 2 Satz 2 SGB V, wonach auch die freiwilligen Mitglieder, die Kostenerstattung gewählt haben, nur die im 4. Kapitel des SGB V genannten Leistungserbringer in Anspruch nehmen dürfen. Allein für diese Gruppe kann es im Hinblick auf die Erfolgsaussichten der Aufsichtsklage in der Hauptsache darauf ankommen, ob durch den Erwerb von apothekenpflichtigen Arzneimitteln bei der Internetapotheke 0000 E eine Verletzung des arzneimittelrechtlichen Versandhandelsverbots stattfindet bzw. der Erwerb im Versandhandel durch höherrangiges Gemeinschaftsrecht gerechtfertigt ist. Schon die sehr differenzierten Ausführungen der Antragstellerin in der Antrags- als auch in der Klageschrift, das vorgelegte Rechtsgutachten des Prof. König vom 13.09.2000 und die Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.08.2001 bzw. des Kammergerichts Berlin vom 29.05.2001 zeigen, dass es sich dabei um eine komplexe und grundlegende Rechtsfrage handelt, die bisher einer endgültigen Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) noch nicht zugeführt worden ist. Eine abschließende Entscheidung dieser Frage ist im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz weder geboten noch nach Ansicht des Gerichts zulässig. Insofern stimmt das Gericht der Antragstellerin zu, dass diese Frage im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des EuGH zum Vorlagebeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main als offen zu behandeln ist. Insgesamt kann die Erfolgsaussicht der Klage, was den Bereich der bei der Beklagten freiwillig Versicherten mit Kostenerstattung angeht, nicht eindeutig beurteilt werden.
b) Die obigen Ausführungen geltend entsprechend für die unter Ziffer I. des Bescheides vom 10.07.2002 ausgesprochenen Verpflichtungen der Antragstellerin, es zu unterlassen, den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden, zu fördern. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit dieser Verpflichtung folgt letztlich zwingend der Beurteilung der unter II. des Bescheides vom 10.07.2002 ausgesprochenen Verpflichtung, da die Förderung eines Verhaltens der Versicherten, welches zwangsläufig zu einem bestimmten Verhalten bei der Antragstellerin führt, nicht anders beurteilt werden kann als dieses Verhalten der Antragstellerin selbst.
Da nach den Ausführungen unter 2. die Erfolgsaussichten der Klage zumindest hinsichtlich eines Teiles der Versicherten der Antragstellerin nicht eindeutig beurteilt werden kann, kommt es im Ergebnis hier auch auf eine allgemeine Abwägung des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem Aufschubinteresse der Antragstellerin an (vgl. Meyer-Ladewig § 86b Randziff. 12). Das Gericht trifft dazu eine eigene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen (vgl. Kopp, VwGO, 11. Auflage 1998, § 80 Randziff. 146). Eine allgemeine Interessenabwägung unter den Gesichtspunkten des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin und des Aufschubinteresses der Antragstellerin führt zu einer Höherwertigkeit des Vollzugsinteresses. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass, wie die Antragstellerin zu Recht ausführt, hierbei von dem Grundsatz auszugehen ist, dass in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung das Aufschubinteresse grundsätzlich als vorrangig anzusehen ist. Die Interessenabwägung hat sich nach den verwaltungsprozessualen Grundsätzen insbesondere an den Folgen einer Anordnung bzw. Nichtanordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu orientieren.
Insoweit ist hinsichtlich der Folgen für den Fall einer weiterhin bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit des hier fraglichen Bescheides von der Antragstellerin ins Feld geführt worden, dass sie und damit auch die Sozialgerichte möglicherweise mit einer Vielzahl von Prozessen und Regressforderungen von Versicherten überzogen werden würde, was ihr nicht zumutbar sei. Dieses Risiko wird von dem Gericht nicht als sehr hoch eingestuft. Nach den allgemein zugänglichen Informationen hat die Apotheke 0000 E derzeit etwa einige 10.000 Nutzer in Deutschland, die rezeptpflichtige Arzneimittel dort beziehen (vgl. von der Antragstellerin vorgelegter Presseartikel "Der Spiegel" Nr. 18 vom 29.04.2002 S. 166). Es kann mangels weiterer Anhaltspunkte ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass hiervon nur ein geringer Bruchteil bei der Antragstellerin versichert ist. Darüber hinaus dürften die Klagen, wie oben bereits dargestellt, zumindest der pflichtversicherten Mitglieder ohne Aussicht auf Erfolg und damit wirkungslos sein. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass im Falle der weiteren Vollziehbarkeit der Verfügung der Umfang des Erwerbs von Arzneimitteln durch Versicherte der Antragstellerin bei der Internetapotheke zurückgehen wird. Ob die zu erwartenden Klageverfahren zu einer erheblichen Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit führen werden, ist vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ebenfalls zweifelhaft und für das Aufschubinteresse der Antragstellerin ohnehin nicht von Bedeutung, weil sie für die Funktionsfähigkeit der Sozialgerichtsbarkeit nicht einzustehen hat. Außerdem dürften die zu erwartenden Klagen im Wesentlichen gleichgelagert sein, so dass es sich anbietet, diese in Form von Musterverfahren abzuwickeln.
Der pauschale Hinweis der Antragstellerin auf ihre angespannte Kostensituation erscheint dem Gericht ebenfalls nicht geeignet, die Vorrangigkeit des Aufschubinteresses gegenüber dem Vollzugsinteresse zu begründen. Insoweit wird schon nicht hinreichend dezidiert glaubhaft gemacht, dass die im Verhältnis zu dem Gesamtbudget der Antragstellerin relativ geringen Ersparnisse zum jetzigen Zeitpunkt im Rahmen der Versorgung ihrer Versicherten mit Arzneimitteln über die Internetapotheke 0000 E zu einer nennenswerten Kostenersparnis führt. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin sich zu Recht darauf beruft, dass im Hinblick auf die Wettbewerbsbedingungen zwischen den einzelnen Krankenkassen, was die Zurverfügungstellung von Leistungen angeht, ein erhebliches Interesse an gleichen Rahmenbedingungen besteht.
Schließlich folgt das Gericht nicht der Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass die innerstaatlichen Gerichte, in Fällen der Anhängigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 234 EGV die Verpflichtung hätten, schon allein im Hinblick auf eine mögliche Feststellung einer Verletzung von Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Grundfreiheiten, die innerstaatlichen Regelungen außer Acht zu lassen und im Hinblick auf die zu erwartende oder mögliche Entscheidung einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. Ebenso wie das Sozialgericht Münster vermag das erkennende Gericht den von der Antragstellerin zitierten Entscheidungen des EuGH, einen derartigen allgemeinen Grundsatz nicht zu entnehmen. Zum Teil beschäftigen sich die fraglichen Entscheidungen schon rein thematisch nicht mit dem einstweiligen Rechtsschutz (vgl. Urteil des EuGH mit dem Az. C-158/96). Die von der Antragstellerin vertretene Auffassung erscheint aber auch schon aus logischen Gründen zweifelhaft, da der Ausgang eines Vorabentscheidungsverfahrens naturgemäß offen ist und sich dementsprechend sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner auf einen für sie positiven Ausgang des Verfahrens berufen könnten. Es kann deswegen nach Auffassung des Gerichts allenfalls im Rahmen der hier zu treffenden allgemeinen Abwägung zu berücksichtigen sein, welcher Schaden aufgrund der Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Aufsichtsklage möglicherweise entstehen könnte, falls der EuGH das Versandhandelsverbot für gemeinschaftsrechtswidrig halten sollte und ob vor diesem Hintergrund, ein Abwarten vertretbar ist. Diese Abwägung führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Frage der Vereinbarkeit des Versandhandelsverbots mit Gemeinschaftsrecht abgewartet werden kann und ggf. auch eine Umsetzung des innerstaatlichen Gesetzgebers zur Ermöglichung der Inanspruchnahme von Internetapotheken im Rahmen des Sachleistungsmodells. Eine nachhaltige wirtschaftliche Schwächung der Antragstellerin ist - wie oben bereits dargestellt - aktuell jedenfalls aufgrund des Verbots, ihren Versicherten die Inanspruchnahme von Leistungen der Internetapotheke 0000 E zu finanzieren, nicht gegeben. Darüber hinaus ist mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs innerhalb des nächsten Jahres zu rechnen, so dass die Rechtslage in naher Zukunft geklärt sein dürfte.
Demgegenüber wäre eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Aufsichtsklage mit weit höheren Verwerfungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie des Wettbewerbs der Krankenkassen untereinander verbunden. Dadurch würden nämlich schon jetzt im Hinblick auf eine, wie oben dargestellt zumindest ungeklärte Rechtslage, unterschiedliche Rahmenbedingungen für den Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassen geschaffen und durch hoheitliche Maßnahmen positiv sanktioniert. Es besteht aber gerade vor dem Hintergrund der von der Antragsgegnerin zu Recht ins Feld geführten Rechtsgüter der Versorgungssicherheit der Versicherten mit Arzneimitteln und damit letztlich dem Schutzgut der Volksgesundheit ein hohes Interesse daran, eine zuverlässige und störungsfreie Versorgung mit Arzneimitteln zu gewährleisten.
Soweit die Antragstellerin auf eine wirtschaftliche Gefährdung des Unternehmens E hinweist, ist dies im Rahmen der hier zu treffenden Abwägung unbeachtlich, da es allein um die Interessen der hier unmittelbar Beteiligten geht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
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